Wer ist auf dem bild sommerabend

Die um 1870 in der französischen Malerei entstandene Stilrichtung des Impressionismus verdankt ihren Namen dem Landschaftsbild Claude Monets 'Impression, soleil levant'. Nach anfänglicher Ablehnung trat sie einen wahren Siegeszug an.

Maler wie Claude Monet, Edgar Degas, Edouard Manet, Auguste Renoir u.a. schufen Motive aus dem täglichen Leben, Stadt- und Landschaftsszenen in einem hellen, natürlichen Licht.

Der Impressionismus ist als eine Reaktion auf die Malerei der Akademien zu sehen: Nicht die Betonung des Inhaltlichen mit einem nach festen Regeln gestalteten Bildaufbau wurde angestrebt, sondern der Gegenstand, wie er im jeweiligen Augenblick, in einem oft zufälligen Ausschnitt, erscheint, stand im Mittelpunkt. Die Wirklichkeit wurde in ihrer ganzen Farbenvielfalt in einer natürlichen Beleuchtung gesehen. An Stelle der Ateliermalerei trat die Freilichtmalerei.

Mit der Aufhellung der Palette und der Auflösung fester Konturen ging ein neuer Umgang mit der Farbe einher. Die Farben wurden vielfach nicht mehr auf der Palette gemischt, sondern auf der Leinwand so nebeneinander gesetzt, dass der endgültige Eindruck erst im Auge des Betrachters, mit gewissem Abstand, entsteht. Im "Pointillismus" (mit Malern wie Georges Seurat oder Paul Signac) wurde dieses Prinzip dann ins Extrem geführt.

Außerhalb Frankreichs wurde der Impressionismus in den Werken der Maler wie Max Slevogt, Max Liebermann oder Lovis Corinth in Deutschland oder auch von James A. M. Whistler in den USA aufgenommen.

In der Bildhauerkunst äußerte sich der Impressionismus nur bedingt. Bei den Werken von Auguste Rodin, der als einer der Hauptvertreter gilt, zeigt sich eine Auflösung der Oberflächen, bei der das Spiel von Licht und Schatten in die künstlerische Aussage einbezogen wird. Auch Degas und Renoir schufen Skulpturen.

Eines der berühmtesten Werke Heinrich Vogelers ist "Das Konzert", auch bekannt als "Sommerabend" von 1905.

Es hat gefunkt und gekracht im idyllischen Barkenhoff, zwischen dem Jugendstilprinzen Heinrich Vogeler und seiner Frau Martha, dem Leib-und-Magen-Dichter Rainer Maria Rilke und seiner Frau Clara und dem Malerpaar Otto und Paula Modersohn. Genau die stecken in Vogelers berühmtestem Bild: "Das Konzert." 

Eine Ohrfeige für den Dichter

Was alles in diese leuchtende Ikone des Jugendstils reinzulesen ist, erzählt Modick in seinem Roman. Eine idyllische Künstlerfamilie sei das nur auf den ersten Blick, meint der Autor. "Wenn man sich dieses Bild genauer ansieht, stellt man fest, es mag eine Familie im übertragenen Sinn zeigen, aber es ist eine völlig zerrüttete Familie. Links sitzt Rilkes Ehefrau, Clara Westhoff. Sie sieht ausgesprochen verbittert und verknittert aus. Und besonders interessant: der skeptische Blick aus dem Hintergrund, den Otto Modersohn auf die Gruppe wirft, denn die beiden Frauen, Clara Westhoff und Paula Modersohn hatten ein nie ganz geklärtes, gleichwohl und umso skandalöseres Dreiecksverhältnis zum Dichter Rilke." - Der aber fehlt im Bild. Rilke müsste auf der Bank sitzen. Vogeler hat ihn übermalt, vermutet Modick.

Rilke ließ nichts neben sich gelten

"Später war Rilke fraglos ein lyrisches Genie. Aber persönlich war das ein Kotzbrocken." Er hatte ein Verhältnis mit Paula Modersohn, heiratet aber die von ihm schwangere Bildhauerin Clara Westhoff. "Damit war es um das Selbstbewusstsein dieser schönen Frau geschehen. In der Ehe mit Rilke wurde sie dann klein und stumm gemacht, weil Rilke nichts neben sich gelten ließ und schon gar nicht irgendwelche kreativen Talente und am allerwenigsten kreative Talente von Frauen." - Wie Modick das süßliche Image von Worpswede demontiert, ist herrlich zu lesen. Vogelers Barkenhoff präsentiert sich zurzeit auch etwas derangiert, man buddelt gerade die Originaltreppe aus.

Eine Künstlerkommune mit Brüchen

Auch Malerstar Vogeler wird von Modick mit viel Ironie beschenkt. Vogeler sei von Boticellis badender Venus so hingerissen gewesen, dass er nach ihrem Traumbild seine holde Martha malte. Gleich mehrfach.

Doch seine Göttin entsteigt nicht dem Meer, sondern dem Worpsweder Moor. Klaus Modick dazu: "So war die aber eigentlich gar nicht. So hat Vogeler sie sich gemacht. Das hat sich dann auch gerächt. Sie haben sich später sehr auseinandergelebt und wurden schlussendlich geschieden".

Worpswede hat als Zwischenstation einige Künstler berühmt gemacht. Paula Modersohn konnte von ihren Bildern nicht leben, obwohl sie eigentlich die einzige wirklich moderne Künstlerin in Worpswede gewesen sei, findet der Autor. Aber, sie war völlig erfolglos. "Sie hat zu ihren Lebzeiten kein einziges Bild verkauft, wurde nur ein Mal ausgestellt in Bremen - und die Ausstellung wurde fürchterlich verrissen."

Alle diese Hoffnungen und Brüche der Worpsweder Künstlerkommune hat Heinrich Vogeler damals in sein Bild gemalt. Und die große Leere,  über die Klaus Modick jetzt sein wunderbar entzauberndes Buch geschrieben hat.