Wer hat uns den Geist der Furcht gegeben?

Wer hat uns den Geist der Furcht gegeben?

Bildrechte Gemeinde Heilsbronn

Zum Sonntag den 27.09.2020 (16.S.n.T.) in den Klostergemeinden

Angst ist ein mächtiges Phänomen, schwer be-herrschbar. Angst ist ein ungeliebter Gast. Das Leben hält einige Situationen bereit, die einem den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Timotheus, der engste Schüler des Apostel Paulus, steht vor großen Aufgaben. Timotheus –ein junger Mann - soll in Ephesus die Gemeinde führen, soll sagen, wo es langgeht. In diesem Moment klopft die Angst an Timotheus‘ Tür. Die Angst arbeitet mit dem „Was-wäre-wenn-Prinzip“. Sie prognostiziert immer absolute Katastrophen und vernichtende Niederlagen: Wenn du jetzt rausgehst, wirst du stürzen und dich so kompliziert verletzen, dass du ins Krankenhaus musst. Also bleib gefälligst sitzen, so flüstert die Angst mir ins Ohr. Die Angst mag Timotheus eingeredet haben: Du und die Gemeinde wirst untergehen! Jemand wird Geld veruntreuen, alle werden im Streit auseinandergehen. Es wird zu einem großen Knall kommen. Das ließe sich beliebig fortsetzen. Die Angst arbeitet immer mit dem Horror des „Was-wäre-wenn-Prinzips“.

Der große Apostel Paulus wird bald nicht mehr da sein. Er steht kurz vor seinem Tod. Der zweite Brief an Timotheus ist sein Vermächtnis. Es ist eine Motivationsrede an Timotheus. Sei stark und kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ruft er ihm zu. Gottes Geist ist nicht ein Geist der Ängstlichkeit. Paulus hält dem „Was-wäre-wenn-Prinzip“ das „Erinnere-dich-Prinzip“ entgegen. Erinnere dich an deine Familie, erinnere dich an deine Berufung. Timotheus, schau, wo du her-kommst! Deine Mutter und deine Oma haben dir viele Dinge beigebracht und dir Gott lieb gemacht. Du bist eingesetzt für diese Aufgabe hier in Ephesus. Du bist unter Handauflegung mit Gottes guter Gabe, mit seinem Geist, ausgerüstet. Habe keine Angst!

In Vers 7, dem ersten Vers des Predigttextes wird ohne Vorwarnung aus dem „Du“ ein „Wir“. Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben. Fürchtet euch nicht! Fürchte dich nicht! Über 365 Mal heißt es so in der Bibel: Ein „Fürchte-dich-nicht“ für jeden Tag. Auch heute gibt es Grund genug, sich zu fürchten. Da tut es not jeden Tag zu hören und zu lesen: Fürchte dich nicht! Gott spricht das „Fürchte dich nicht!“ einzelnen Menschen zu, wie dem Josua, der als Nachfolger von Mose nicht weiß, wie er das Volk Israel führen soll. Gott spricht es aber auch dem Volk Israel als Ganzem zu, als es im Exil in Babylon sitzt: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst.“ Und der Engel auf dem Feld ruft es den Hirten in der Weihnachtsnacht zu: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk wiederfahren ist.“

Wie kann heute das „Erinnerungsprinzip“ das „Was-wäre-wenn-Prinzip“ ersetzen? Die Konfirmation, eine wunderbare Sache. In vier Wochen werden wir in der Gemeinde die Konfirmation feiern, die im Frühjahr ausfallen musste. Die Konfirmation ist eine Segnung unter Handauflegung, ganz ähnlich der Handauflegung des Timotheus, an die Paulus ihn erinnert. Jedem einzelnen Konfirmanden wird zugesprochen: Gott hat dir seinen Geist gegeben. Der Konfirmationssegen ist ein Zuspruch gegen die Angst! Und jede neue Konfirmation ist für die, die schon konfirmiert sind, eine Erinnerung an diesen Zuspruch. Egal, wie lange Ihre Konfirmation schon her ist, ob 5, 25 oder 62 Jahre. Erinnern Sie sich an Ihre eigene und rufen Sie sich diesen Segen ins Bewusstsein!

Neben der Konfirmation hilft auch eine ganz praktische Sache gegen die Angst. Ein Vorschlag: Schreiben Sie sich zehn Dinge auf, die Sie in ihrem Leben erreicht haben, von denen Sie niemals gedacht hätten, dass Sie das schaffen würden. Damit erinnern Sie sich an das, was Sie schon alles für Hindernisse überwunden haben. Blicken Sie dankbar zurück! Gewinnen Sie Mut! Und dann blicken Sie nach vorne. Schreiben Sie sich zehn Dinge auf, die Sie sich schon immer mal trauen wollten. Fangen Sie mit dem ersten Punkt an und sehen Sie, was passiert.

Ein weiteres „Erinnerungsprinzip“ sind die Psalmen. Sie folgen, wie weite Teile des Alten Testaments diesem Prinzip. In Psalm 68, dem Psalm für diese Woche heißt es: „Unser Gott ist ein Vater der Waisen und ein Helfer der Witwen. Ein Gott, der die Einsamen nach Hause bringt.“ Unser Gott ist ein Gott, der die Angst überwindet. Später heißt es im gleichen Psalm sogar: „Wir haben einen Gott, der da hilft, und einen Herrn, der vom Tode errettet.“ Im Korintherbrief nennt Paulus den Tod den letzten Feind. Der Tod macht Angst, denn er kommt ja auch mit dem „Was-wäre-wenn-Prinzip“ daher. Was wäre, wenn mit mir alles vorbei wäre, flüstert er. Was wäre, wenn ich, der Tod, das letzte Wort hätte? An mir kommt keiner vorbei, ruft er ins Ohr. Am Ende kommen doch alle zu mir! Dagegen stemmt sich das „Erinnerungsprinzip“: Das Kommen Jesu hat dem Tod die Macht genommen, so heißt es im Predigttext. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist den Stachel? Der Tod ist verschlungen im Sieg, formuliert Paulus keck und mutig. Er malt den Gläubigen gegen die Angst den gekreuzigten Auferstandenen vor Augen. Den lebendigen Christus. Weil Jesus gestorben und auferstanden ist, hat der Tod seine Macht verloren. Ich kann getrost sein, denn das letzte Wort hat Gott. Leben kommt ans Licht. Der Tod kann mich nicht mehr schrecken. Gott verheißt Leben, das erfüllt ist. Leben, das unvergänglich ist. Und zu glauben, dass Letzte liegt in Gottes Hand, das gibt auch heute die Freiheit, die Gelassenheit und die Zuversicht, die bei Paulus zu spüren sind.

Ihr Simeon Prechtel

https://soundcloud.com/user-339181968/furchte-dich-nicht

Lied: Jesus lebt, mit ihm auch ich EG 115

1 Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.

2 Jesus lebt! Ihm ist das Reich über alle Welt gegeben; mit ihm werd auch ich zugleich ewig herrschen, ewig leben. Gott erfüllt, was er verspricht; dies ist meine Zuversicht.

5. Jesus lebt! Ich bin gewiss, nichts soll mich von Jesus scheiden, keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden. Seine Treue wanket nicht; dies ist meine Zuversicht.

Was hat uns Gott gegeben?

Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. als dessen Verkünder, Apostel und Lehrer ich eingesetzt bin.

Wer glaubt dem ist alles möglich?

Einer, der vielleicht auch hätte gesagt haben können: Alle Dinge sind möglich, dem der da glaubt und bittet, so wird euch gegeben. Das ist Hiob. Und dann geschieht das Unfassbare, das, was den Glauben wirklich aus den Angeln heben könnte: Gott lässt sich mit dem Teufel ein! Gott wettet mit dem Teufel.

Wer in der Liebe bleibt?

Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. Darin ist unter uns die Liebe vollendet, dass wir am Tag des Gerichts Zuversicht haben. Denn wie er, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht.