Was passiert mit den tieren wenn alle vegan leben

Durch den Verzicht von Fleisch wollen viele Menschen Tierleben retten. Wer denkt, als Vegetarier oder Veganer würde er jedoch keine Tiere töten, irrt sich - so ein Naturforscher.

Was passiert mit den tieren wenn alle vegan leben

Credit: Alex Wong / Getty Images

Tiere sterben trotzdem
Die meisten Vegetarier weltweit leben in Indien. Rund 38 Prozent der 1,25 Milliarden großen Bevölkerung ernähren sich fleischlos. Auch in Deutschland liegt der Anteil der Vegetarier bei über 9 Prozent - somit zählen knapp acht Millionen Deutsche zu Fleischverzichtern. Einen Hauptgrund, wieso sich Menschen vegetarisch oder vegan ernähren gibt es nicht. In den meisten Fällen spielen aber entweder Tier- und Umweltschutz oder gesundheitliche Aspekte eine Rolle. Nun veröffentlichte Claudio Bertonatti, seines Zeichens ein renommierter Naturforscher aus Argentinien, einen Artikel, in dem es um die "Verwirrung des Veganismus“ geht. Inhalt: Nicht jeder Veganer oder Vegetarier verhindert dass Tiere sterben.

Naturforscher Claudio Bertonatti:

#Polémico El ambientalista #ClaudioBertonatti dice que 'Los veganos también matan animales' http://t.co/qoCyEsEbgA pic.twitter.com/QyNcQ34tZP

— Cocina Daily (@cocinadaily) 13. August 2015

"Ich dachte, Vegetarier zu sein, rettet Tiere“
In einem Interview mit der Nachrichten-Website "PlayGround“, erklärte Bertonatti nun, dass auch er einmal den Vegetarismus gelebt hat und der Überzeugung war, er hätte durch seinen Verzicht auf Fleisch, kein Blut an den Händen. Jedoch revidiert er seine Meinung und behauptet: "Als Vegetarier schütze ich zwar die Nutztiere, wie Kühe oder Schweine - die Wildtiere sterben trotzdem“. Laut Bertonatti hat die Menschheit seit Beginn der Zuchttierhaltung und Landwirtschaft Einfluss auf den Lebenskreislauf genommen: "Es gibt keine Tierart, die lebt, ohne dass eine andere Tierart dafür sterben muss, egal ob direkt oder indirekt. Ich kann verstehen, dass das schwierig zu begreifen ist. Ich würde gerne in einer Welt leben, in der alles perfekt wäre, aber das wäre dann nicht die Realität. Viele Veganer und Menschen, die nur Baumwolle anstatt Leder tragen, denken, dass sie die Tiere deswegen nicht töten. Das stimmt aber nicht", so der Naturforscher im Interview mit "PlayGround".

Schockierende Wahrheit
Was nun sicherlich jeden Vegetarier und Veganer schockieren und zum Aufschrei bewegen wird, hat nach Bertonatti einen einfachen Grund: Durch den Anbau von Reis, Weizen oder Mais werden viele Landflächen abgeholzt. Diese Produkte zählen zu den Lebensmitteln, die Vegetarier oder Veganer - ebenso wie Fleischesser - verköstigen. "Durch den erhöhten Konsum  und die große Nachfrage von Soja & Co. muss demenstprechend sehr viel Ackerland für den Anbau vorhanden sein. Nachdem die Felder bestellt sind und die ersten Sojapflanzen für die Ernte wachsen, muss das Ackerland vor wilden Tieren geschützt werde. Das können zum Beispiel Vögel sein, die die Pflanzen fressen. Vergiftete Körner sind nur eine Methode von vielen, um die Tiere zu vertreiben", so Bertonatti weiter.
 

#ClaudioBertonatti @eduardobustos y #veganismo polémico http://t.co/91OHPkQYAv @PlayGrounder http://t.co/NbRk0WPtSm pic.twitter.com/DNScsJOG0c

— Verdovation (@Verdovation) 11. August 2015

"Auf einer meiner Reisen bemerkte ich, dass es so gut wie keine Vögel in der Nähe von Erntefeldern gab. Und die einzelnen Vögel, die es gab, wurden von den Feldern verscheucht“, sagt der Forscher zu seinen eigenen Erlebnissen. Andere wilde Pflanzenfresser zu Land werden von den Farmern mit elektronischen Zäunen von der Futtersuche abgehalten. Die Produzenten wollen ihre Produkte vor allen möglichen Gefahren schützen – auch wenn sie dafür Tiere vergiften und erschießen müssen. Während der Ernte werden alle Felder mit giftigen Gasen bestäubt, um Pilze, Insekten und andere Pflanzen zu bekämpfen. Tiere, die dadurch verscheucht wurden, gehen zu anderen Nachbargebieten und sterben an den Folgen der Giftstoffe". Zwar schockt Claudio Bertonatti mit diesen Aussagen, behält jedoch auch recht. Sein Fazit: "Wenn du Fleisch isst, tötest du Tiere. Aber du ermordest die Tiere auch, wenn du nur Pflanzen isst“. Dennoch bleibt zu sagen, dass der Verzicht von Fleisch und anderen tierischen Produkten nicht nur für die Umwelt und die Gesundheit, sondern auch für das Gewissen gut ist.

Vegetarismus, ganz zu schweigen von Veganismus, hat sich in den vergangenen Jahren von einem Trend zum Lebensstil zahlreicher Menschen entwickelt. Während die einen ihre Lebensmittel nur noch aus dem Biosupermarkt beziehen und auf tierische Produkte verzichten, fragen sich die anderen, ob es nicht ausreicht, auf den Ursprung des Fleisches zu achten.

young woman choosing apricots from fruit stand

Quelle: Getty Images/Taxi

Doch was würde eigentlich passieren, wenn die ganze Welt von heute auf morgen radikal auf Fleisch verzichten würde?

Das haben wir Dr. Marco Springmann von der University of Oxford gefragt. Der Senior Researcher für Environmental Sustainability and Public Health erforscht seit vielen Jahren, welche Auswirkungen unsere Ernährungsweisen, vor allem der Konsum tierischer Produkte, auf die Umwelt haben.

Italian barbecue with Bistecca alla Fiorentina, Salsiccia and cured pork

Quelle: Getty Images/Westend61

Nehmen wir also an, dass der Sonntagsbraten wegfällt, Pommes ohne Currywurst auskommen müssen und das Steak durch Tofuwurst ersetzt wird. Das wären die konkreten Auswirkungen:

I. Millionen Quadratmeter Land stünden zur Verfügung.

Wenn alle Nutztiere verschwinden würden, stünden etwa 33 Millionen Quadratkilometer Land zur Verfügung. Das ist eine Fläche größer als der gesamte afrikanische Kontinent. Und in dieser Fläche ist noch nicht einmal das Land mit eingerechnet, in dem Futter für die Tiere angebaut wird. Das würde dann ebenfalls wegfallen.

Africa

Immerhin ist Afrika mit 30 Mio. km² Fläche dreimal so groß wie Europa (10 Mio. km²). Insgesamt sind das 22 Prozent der gesamten Landfläche der Erde.

Quelle: Getty Images/Image Source

Natürlich stellt sich die Frage, ob diese Fläche dann auch für den Lebensmittelanbau genutzt werden könnte. 

Die Abschätzungen, was als landwirtschaftliche Fläche genutzt werden kann und was nicht, sind gegenwärtig sehr grobe.

Ob sich neu entstandene Flächen für die Landwirtschaft eignen, hängt langfristig davon ab, wie viel Arbeit in Bodenmanagement und Bewässerung gesteckt wird. Alternativen bieten außerdem der Anbau von neuen, ressourcenschonenden Biokraftstoffen oder Einrichtungen von Schutzgebieten, um die Biodiversität zu erhalten.

Cornflowers, poppies and daisies in a field near Lassan, Mecklenburg Western Pommerania, Germany

Quelle: Getty Images/LOOK

II. Starke Reduzierung der Treibhausgase und des Wasserverbrauchs.

Dass der Verzicht auf Fleisch neue landwirtschaftlicher Nutzfläche ermöglicht, wirst du dir sicher schon gedacht haben. Aber es spielen noch ganz andere Faktoren eine wichtige Rolle. Wenn es um die Tiernutzung und den Verzehr geht, ist nicht die Flächennutzung entscheidend, sondern die Treibhausgasemission, wie Dr. Springmann bemerkt.

Denn diese werden sich ohne eine Verringerung des Fleischkonsums nicht ausreichend reduzieren lassen, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen.

Falls du pflichtbewusst darauf achtest, woher das Steak kommt, das du isst, müssen wir nun deine Illusionen zerstören. Denn ganz egal, woher das Fleisch kommt - es hat immer noch zwanzig Mal mehr Treibhausgasemissionen verursacht als Obst und Gemüse.

Je nachdem, wie das Rindfleisch produziert wurde, können sich die Emissionen verdoppeln oder halbieren, aber Rindfleisch zu ersetzten, wird immer größere Auswirkungen haben.

Schweine- und Hünchenfleisch haben zwar niedrigere Emissionen als Rindfleisch, aber immer noch viel höhere als Pflanzenprodukte.

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Tierische Produkte machen ungefähr 15 Prozent der durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen aus, wenn man den Ausstoß von Methan, die Transportwege, den Futteranbau und andere Faktoren, die in die Haltung von Nutztieren mit reinspielen, zusammenzählt.

In einer Studie der University of Oxford wurde sogar prognostiziert, dass Treibhausgasemissionen bis zum Jahre 2050 um zwei Drittel reduziert werden können, wenn sich alle Menschen rein vegetarisch ernähren würden.

Drink water

Quelle: Getty Images/Moment RF

Ein weiterer Faktor ist die Ressource Wasser. Satte 70 Prozent (!) des globalen Wassers werden für die Landwirtschaft genutzt. Kein Wunder, für ein Kilogramm Rindfleisch werden ganze 15.000 Liter Wasser verbraucht. Im Vergleich: Ein Kilogramm Obst benötigt insgesamt 900 Liter Wasser.

III. Die Menschen leben gesünder.

Ein Faktor, der wohl die meisten Menschen überzeugt, vor allem auf rotes Fleisch zu verzichten, ist die Gesundheit. Das Abnehmen fällt leichter und auch gesundheitliche Risiken wie Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes sinken stark.

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Nicht nur das: In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Menschen, die kein Fleisch essen, besser riechen und empathischer sind.

Woman smelling fresh orange

Quelle: Getty Images/Brand X

Zum Schluss, das große Aber:

Ob Menschen langfristig gesehen ihre Ernährung wirklich umstellen und den Verzehr von tierischen Produkten, insbesondere Fleisch, stark reduzieren und ganz darauf verzichten, ist schwer einzuschätzen. Der soziale und kulturelle Aspekt spielt hierbei eine wichtige Rolle. Noch immer arbeiten Millionen von Menschen in der Tierzucht und Verarbeitung, auch wenn die Zahlen rückläufig sind.

Außerdem ist der Verzicht auf Fleisch noch eine Luxusentscheidung. In einigen Kulturen gilt es als Zeichen des Wohlstands, sich überhaupt Fleisch leisten zu können. Jedoch kann sich auch das langfristig ändern.

Was in manchen Teilen der Welt als Luxus gilt, ist stets im Wandel und hängt von der eigenen Geschichte, den Vorlieben, dem kulturellen Einfluss zu einem bestimmten Zeitpunkt ab.

Wenn also der Verzicht von tierischen Produkten in einigen Ländern als erstrebenswert angesehen wird, könnte dies eine Art Vorbildfunktion für andere Länder haben.

Family Preparing Salad In Garden

Quelle: Getty Images/Digital Vision

Natürlich ist es unrealistisch zu denken, dass plötzlich die ganze Welt vegetarisch oder vegan lebt. Trotzdem wächst nach und nach das Bewusstsein darüber, welche Auswirkungen eine willkürliche Essenswahl haben kann. Nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Welt, in der wir leben.

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Was passiert wenn die ganze Welt vegan lebt?

Springmann sagt: Wenn alle Nutztiere verschwinden würden, stünden etwa 33 Millionen Quadratkilometer (das sind 3,3 Milliarden Hektar) mehr Land zur Bewirtschaftung zur Verfügung. Das ist eine Fläche größer als der gesamte afrikanische Kontinent.

Was wäre wenn die ganze Welt vegetarisch wäre?

Wenn niemand mehr Fleisch äße, wären wir und der Planet deutlich gesünder. Dafür liegen jetzt erstaunliche Zahlen vor: Sieben Millionen weniger Tote pro Jahr bis 2050, zwei Drittel weniger Treibhausgase aus der Lebensmittelproduktion. Etwa 1,5 Billiarden US-Dollar würden jährlich eingespart.

Wie viele Tiere rettet ein Veganer im Jahr?

Ein Jahr vegan leben rettet mindestens 37 Tiere und schont die Umwelt.

Warum ist vegan schlecht für die Umwelt?

Den größten kritischen Wasserverbrauch verursachen deshalb laut WWF nicht Fleischesser, sondern Veganer. In Zahlen: Wer bei der Ernährung komplett auf tierische Produkte verzichtet, verbraucht jährlich 45 Kubikmeter Wasser.