Warum fliegen Kraniche manchmal im Kreis?

Manche Zugvögel ziehen alleine, andere in Gruppen oder im Schwarm. Gänse und Kraniche fliegen in der V-Formation. Die Vögel fliegen immer versetzt hinter dem jeweils Voranziehenden. Die Leitvögel haben am meisten Kraft und Erfahrung, sie führen die Gruppe an.

Das ist wichtig, denn während des Flugs verbrauchen sie auch am meisten Energie. Die Nachzügler fliegen in der Wirbelschleppe. Das ist der Sog, den der Leitvogel mit seinem Flügelschlag erzeugt. Wer hinterher fliegt, wird quasi mitgezogen.

Experimente und Messungen im Windkanal haben ergeben, dass im Schleppflug bis zu ein Fünftel der Energie eingespart werden kann. Vor allem auf Langstrecken versuchen die Vögel, ihre Energie möglichst effizient zu nutzen. Forscher haben an Pelikanen gemessen, dass die Herzfrequenz der Nachzügler geringer ist als die der Voranfliegenden.

Die Pole-Position ist für einen Vogel alleine jedoch auf Dauer zu anstrengend. Daher lässt sich der Leitvogel immer wieder von anderen in der Staffel ablösen, um sich zu erholen. Hierbei spielt vermutlich auch das Konkurrenzverhalten eine Rolle. Der Herausforderer fliegt so lange direkt hinter dem Leitvogel, bis er die Chance hat, selbst nach vorne zu kommen – um zumindest für kurze Zeit Chef zu sein.

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Erstellt: 18.11.2008Aktualisiert: 29.01.2019, 02:15 Uhr

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Der Flughafen ist ein typisches Terrain für Kraniche, um im Aufwind Höhe zu gewinnen, erklärt der Ornithologe Julian Heiermann.

Frankfurt/Main. Über dem Rhein-Main-Gebiet kreisen jetzt im November wieder die Kraniche, und viele Vogelfreunde vermuten, die Vögel hätten über dem Frankfurter Flughafen die Orientierung und auch jede Formation verloren. Julian Heiermann, Ornithologe beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), kann diese Befürchtung zerstreuen: Die Vögel haben sich nicht verflogen, sie haben gute Gründe, hier zu sein.

Eine ältere Hofheimerin reckt am Nachmittag ihren Kopf in den Himmel über dem südlichen Main-Taunus-Kreis. In der Höhe sind mehrere Kranichschwärme versammelt. Hunderte Vögel, die ohne Formation, scheinbar ziellos umeinander kreisen und tröten, was das Zeug hält.

Von Norden kommend nähert sich als exakt ausgerichteter Keil eine weitere Schar, die mitten in die anderen Kraniche hineinfliegt und dann selbst jede Ordnung aufgibt. Unter allgemeinem Trompeten bevölkern die Vögel den Himmelsausschnitt.

"Über dem Flughafen verlieren die immer ihre Orientierung", sagt die alte Dame mitfühlend. "Das ist wegen der Schallwellen." Hier in der Nachbarschaft wisse das jeder. Doch Vogelkundler Heiermann hat für die Hofheimerin und alle anderen Kranichfreunde gute Nachrichten: "Der Flughafen ist ein ganz typisches Terrain, das große Vögel nutzen, um im Aufwind Höhe zu gewinnen." Das Phänomen sei auch von abgeernteten Feldern bekannt, deren dunkle Böden Wärme speichern.

In der vergleichsweise warmen, aufströmenden Luft lassen sich Vögel oft nach oben treiben und helfen - wie die Kraniche - mit leichten Flügelschlägen gern nach. "Der dunkle Asphalt der Start- und Landebahnen speichert, besonders an einem sonnigen Tag, viel Wärme", erklärt Heiermann. Große Vögel, die im Herbst hoch am Himmel in den Süden ziehen, unterbrechen ihren Zug am Frankfurter Flughafen gezielt, weiß der Ornithologe. "Danach geht es wieder weiter, und auch Fliegen fällt bergab leichter."

Das markante Terrain des Rhein-Main-Airports stellt für Zugvögel eine weitere Besonderheit dar. "Der Flughafen ist eine Landmarke", sagt Heiermann. Der Zug der Kraniche geschehe "instinktiv, aber mit Lerneffekt." Kraniche, die als Jungvögel von den Eltern getrennt wurden, "erreichen im Herbst auch die spanischen Korkeichenwälder", berichtet Heiermann. "Aber auf einem Umweg." Weil sie den Frankfurter Flughafen nie in Begleitung ihrer Eltern kennenlernten.

"Für so etwas wie den Airport haben wir einen Fachbegriff", sagt der Vogelforscher: "erlernte Landmarke." Wolfgang Schwalm, Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport, wusste bisher noch nicht, dass die Umgebung seines Arbeitsplatzes eine erlernte Landmarke darstellt. "Ist aber eigentlich logisch", sagt er.

Und die seit einiger Zeit auf dem Flugfeld verwendete Asphaltmischung sei farblich in der Tat besonders dunkel. "Die wird richtig warm." Jedenfalls warm genug, um auch noch in großer Höhe Auftrieb zu erzeugen. "Denn direkt über den Start- und Landebahnen wollen wir natürlich keine Vogelschwärme." Das Flugfeld sei in seinem Bewuchs daher so gestaltet, dass es für große Schreitvögel unattraktiv ist, erläutert Schwalm.

Vor einigen Jahren, erinnert er sich, habe sich dann doch mal ein Storch auf eine Flughafenwiese verirrt. "Unser Flugplatzförster ist gleich rausgefahren zu ihm." In einem Einzelgespräch erfuhr der Storch dann, dass er auf dem Flughafen nicht erwünscht ist. Möglicherweise beleidigt, aber jedenfalls unversehrt, verließ er daraufhin das Gelände. Im Aufwind natürlich. (ddp)

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