Wer bestimmt über den Zeitpunkt des Urlaubs?

Endlich soll der lang geplante Urlaub gebucht werden, doch der Chef macht einen Strich durch die Rechnung. Wie sieht hier eigentlich die Rechtslage aus?

Ein Artikel von Maren Hütwohl

Der Urlaubs­anspruch des Arbeit­nehmers ist im Bundes­urlaubs­gesetz (BUrlG) geregelt.

Der gesetzliche Urlaub beträgt bei einer 6-Tage-Woche grundsätzlich 24 Werktage pro Jahr. Bei Arbeits­verhältnissen mit einer 5-Tage-Woche (Montag - Freitag) beträgt der gesetzliche Urlaub also nur 20 Arbeits­tage pro Jahr. Der volle Urlaubs­­anspruch entsteht erst dann, wenn das Arbeits­­verhältnis in dem jeweiligen Kalender­jahr mindestens 6 Monate (Wartezeit) besteht. Vor Ablauf dieser Wartezeit besteht Anspruch auf 1/12 des Jahres­­urlaubs (Teilurlaub) für jeden vollen Monat, in dem das Arbeits­­verhältnis besteht. Durch Arbeits­vertrag, Betriebs­vereinbarung oder Tarif­vertrag können auch mehr Urlaubs­tage vereinbart werden. So haben zum Beispiel Bank­mitarbeiter nach dem für sie geltenden Mantel­­tarif­vertrag Anspruch auf 30 Tage Urlaub pro Jahr.

Zeitpunkt des Urlaubs - wer entscheidet?

Laut Bundes­urlaubs­gesetz legt der Chef die Urlaubs­zeit fest und muss dabei die Wünsche des Arbeit­nehmers berücksichtigen. In der Praxis ist es aber meistens andersherum. Im Prinzip entscheidet nämlich der Arbeit­nehmer, wann er Urlaub nehmen möchte und der Chef muss ihn genehmigen. Allerdings: In Ausnahme­­fällen kann der Chef den Urlaubs­­antrag auch ablehnen, zum Beispiel aufgrund dringender betrieblicher Gründe (wie hoher Krankenstand, große Projekte) oder wegen Urlaubs­wünschen anderer Angestellter, die unter sozialen Gesichts­punkten Vorrang haben (schul­pflichtige Kinder).

Laut dem Bundes­urlaubs­gesetz (BUrlG) soll der Urlaub möglichst zusammen­­hängend gewährt werden. Ein Teil des Urlaubs muss an mindestens zwölf zusammen­­hängenden Arbeits­tagen genommen werden können. Die Frage, wann der Chef über den Urlaubs­antrag entscheiden muss, ist gesetzlich nicht geregelt. Tarif­verträge oder Betriebs­­vereinbarungen können hierzu Regelungen enthalten. Auch ohne eine solche Regelung muss der Chef aber grund­sätzlich zügig über den Urlaubs­antrag entscheiden.

Ist der Arbeitnehmer mit dem erteilten Urlaub nicht einverstanden, dann darf er seinen Urlaub aber keines­falls eigen­mächtig antreten (keine Selbst­beurlaubung!). Das Gleiche gilt, wenn der Arbeit­geber den eingereichten Urlaub ablehnt oder gar nicht darüber entscheidet. Der Arbeit­nehmer muss statt­dessen beim Arbeits­gericht auf Urlaubs­­erteilung klagen. Sonst kann der Arbeit­geber bei eigen­­mächtigem Urlaubs­antritt des Arbeit­nehmers kündigen.

In einigen Branchen, beispiels­weise im Hotel­gewerbe oder auch in Klein­betrieben, wie z.B. Zahnarzt­praxen, ist es noch immer üblich und auch rechtlich zulässig, den kompletten Betrieb während der “Saure-Gurken-Zeit” zuzusperren und Betriebs­ferien anzuordnen. Dann müssen individuelle Urlaubs­wünsche zurück­stehen und die Arbeit­nehmer dann während der Betriebs­ferien ihren Urlaub nehmen.

Widerruf des Urlaubs - ist das über­haupt zulässig?

Hat der Chef den Urlaub für einen bestimmten Zeitpunkt genehmigt, so ist er hieran grundsätzlich gebunden. Ein Rückruf aus dem (bereits angetretenen) Urlaub ist unzulässig. Eine im Arbeits­vertrag enthaltene Rückruf-Vereinbarung ist unwirksam. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Arbeit­nehmer den Urlaub noch nicht angetreten hat. Ein solcher Widerruf des zugesagten (aber noch nicht angetretenen) Urlaubs kann in Notfällen erfolgen. Dabei muss es sich jedoch um zwingende Notwendigkeiten handeln, die einen anderen Ausweg nicht zulassen. Ein personeller Engpass ist für sich allein genommen noch keine Notlage, wenn andere Lösungs­möglichkeiten (z.B. durch den Einsatz von Zeitarbeit­­nehmern) bestehen. Dann muss der Arbeit­geber aber auch für eventuelle Kosten (z.B. durch die Stornierung einer Reise) aufkommen.

Darf der Chef bestimmen, wann Urlaub zu nehmen ist? Wie viele Tage dürfen ins nächste Jahr? Und wie steht es um die Mitbestimmung? Der Urlaub soll der Erholung dienen. Das sieht auch das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) so. Doch der Teufel steckt im Detail. Zahlreiche Urteile gab es in letzter Zeit. Wir haben Ihnen die 7 wichtigsten Rechtstipps zusammengestellt. Zum Nachlesen empfehlen wir den »Basiskommentar Urlaubsrecht«.

1. Darf der Chef den Mitarbeitern vorschreiben, wann sie Urlaub nehmen müssen?

Nein. Der Arbeitgeber muss den Jahresurlaub im Grunde nach den Wünschen der Beschäftigten gewähren, so § 7 Abs. 1 BUrlG. Ausnahmen gelten nur dann, wenn dringende betriebliche Belange (§ 7 Abs. 3 BUrlG) oder das Berücksichtigen sozialer Aspekte anderer Arbeitnehmer dem Urlaubswunsch Einzelner entgegenstehen (Beispiel: Während der Sommerferien können Beschäftigte mit schulpflichtigen Kindern Vorrang haben). Dann kann der Urlaubsantrag im Einzelfall verweigert werden, ansonsten aber nicht.

Das bedeutet: Liegt keine mit dem Betriebsrat ausgehandelter Urlaubsplan oder eine Betriebsvereinbarung für Betriebsferien vor (dazu unter Nr. 7), gehen die Wünsche der Mitarbeiter vor. Der Chef muss die Urlaubsanträge dann wie gewünscht genehmigen.

Umstritten war früher, ob der Arbeitgeber von sich aus aktiv werden und den Urlaub einseitig festlegen und erteilen muss, wenn der Arbeitnehmer untätig bleibt und keinen Urlaub beantragt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte dies früher verneint und sich auf den Gesetzeswortlaut gestützt, wonach der Urlaub im Kalenderjahr »zu gewähren und zu nehmen« ist § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Daraus folgerte das BAG, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch eigeninitiativ geltend machen musste.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Streitfrage anders und im Sinne der Arbeitnehmer entschieden: Der Arbeitgeber muss Beschäftigte zwar nicht zwangsweise in Urlaub schicken. Er muss die Arbeitnehmer aber von sich aus und so frühzeitig auf offene Urlaubsansprüche hinweisen, dass sie den Urlaub wahrnehmen können, bevor er verfällt (EuGH 6.11.2018 - C-684/16).

2. Kann der Beschäftigte sich den Urlaub auszahlen lassen?

Nein. Der Urlaub dient der Erholung und muss als Freizeit genommen werden. Und zwar laut Gesetz sogar mindestens zwei Wochen am Stück. »Geld statt Erholung« widerspricht dem Gedanken des Bundesurlaubsgesetzes. Daher ist es nicht möglich, sich den Urlaub auszahlen zu lassen, es sei denn, der Urlaub kann aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder zum Teil nicht gewährt werden (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Dann sind Urlaubstage ausnahmsweise mit Geld abzugelten.

Auch dafür gibt es aber strenge Voraussetzungen: der Arbeitnehmer muss den Urlaub fristgemäß beantragt haben und er muss – wäre das Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden – auch arbeitsfähig gewesen sein. Bei langen Krankheiten kann es dann teilweise zu schwierigen Berechnungen der Urlaubstage kommen, da inzwischen lange Übertragungsfristen gelten (siehe unter Nr. 4).

3. Ist das Übertragen des Urlaubs aufs Folgejahr ohne weiteres möglich?

Nein. Vielen Arbeitnehmern ist nicht bewusst, dass sie den Urlaub nicht ohne weiteres ins nächste Jahr übernehmen dürfen. Das Gesetz sieht vor, dass der Urlaub komplett in dem Kalenderjahr zu nehmen ist, in dem er entsteht (§ 7 Abs. 3 BUrlG).

Nur aus triftigen Gründen ist – so das Gesetz – ein Übertragen auf das Folgejahr zulässig. Dazu gehören dringende betriebliche Gründe (Personalengpass, plötzlicher Arbeitsanfall), aber auch in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (Erkrankung). Allerdings sehen viele Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen günstigere Regelungen als das Gesetz vor und erlauben ein Übertragen einiger Urlaubstage auf das Folgejahr. Diese Regelungen gehen dann vor. Geht es strikt nach Gesetz, muss der übertragene Urlaub im Regelfall bis 31.12. und bei Vorliegen besonderer Gründe (s.o.) bis spätestens am 31.3. des Folgejahres aufgebraucht sein.

4. Ist bei Krankheit ein Übertragen der Urlaubstage möglich?

Ja. Zwar muss nach dem Gesetz der Urlaub im laufenden Jahr genommen werden, und zwar komplett. Ausnahmen davon gibt es allerdings, dazu gehört die Krankheit des Arbeitnehmers. Ist er aufgrund einer Erkrankung nicht in der Lage, den Urlaub anzutreten, so werden die Urlaubstage auf das Folgejahr übertragen, sind dann allerdings bis spätestens 31.3. des Folgejahres zu nehmen.

Nur in Fällen sehr langer Krankheit und Arbeitsunfähigkeit kann der Urlaubsanspruch sogar noch bis zu 15 Monate erhalten bleiben. Er verfällt dann erst am 31.3. des übernächsten Jahres. Diese Regel hat das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil (BAG 7.8.2012 – 9 AZR 353/10) festgelegt, das einer wichtigen EuGH-Entscheidung folgte (EuGH 22.11.2011, C-214/10).

5. Sind Krankheitstage zwingend Urlaubstage?

Nein. Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, so braucht er sich den Urlaub nicht anrechnen zu lassen. Allerdings: dies geht nur, wenn eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (genannt: Attest) vorliegt. Diese benötigt der Arbeitgeber zwingend, zur Not auch vom Urlaubsort. Nur die durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit werden nicht auf den Urlaub angerechnet (§ 9 BUrlG).

6. Kann ein Arbeitnehmer nach den ersten vier Monaten schon drei Wochen Urlaub nehmen?

Nein. Für den vollen Urlaubsanspruch muss der Arbeitnehmer mindestens sechs Monate im Betrieb beschäftigt sein (§ 4 BUrlG). Vor Ablauf der Wartezeit hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Ein anteiliger Anspruch auf Urlaub besteht auch in der Probezeit, allerdings nur, wenn betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.

7. Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um den Urlaub der Beschäftigten geht?

Ja – grundsätzlich schon. Beim Festlegen der allgemeinen Urlaubsgrundsätze muss der Betriebsrat mitbestimmen (Urlaubspläne, Betriebsferien, Bevorzugung bestimmter Mitarbeiter aufgrund schulpflichtiger Kinder etc.). Dies folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG.

Die Mitbestimmung gilt auch für Sonder- und Bildungsurlaub. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt und wie lange der einzelne Beschäftigte in Urlaub geht, entscheiden Arbeitgeber und Mitarbeiter in der Regel untereinander. Aber auch hier hat der Betriebsrat im Einzelfall dann aber ein Mitbestimmungsrecht, wenn Arbeitgeber und Beschäftigter sich nicht einigen können. Dies gilt auch dann, wenn kein Urlaubsplan im Unternehmen besteht.

Kann der Arbeitgeber bestimmen wann Urlaub zu nehmen ist?

Darf der Arbeitgeber Urlaub einseitig festlegen? Den Zeitraum des Urlaubs festzulegen, ist also grundsätzlich Sache des Arbeitgebers. Er sollte in dem Zusammenhang deutlich machen, ob er gesetzlichen, tariflichen oder sonstigen Urlaub gewährt.

Wer ist für die Urlaubsplanung zuständig?

Grundsätzlich ist die Urlaubsplanung Sache des Arbeitgebers und Vorgesetzten. Es ist für einen reibungslosen Betriebsablauf verantwortlich. Das schließt Urlaubsplanung und Urlaubsvertretung ein. Der Vorgesetzte hat zudem ein sogenanntes Direktionsrecht (auch „Weisungsrecht“ nach § 106 Gewerbeordnung).

Wann darf der Arbeitgeber Urlaub verplanen?

Doch wie aus § 7 BUrlG hervorgeht, gibt es zwei Ausnahmen: die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer sowie „dringende betriebliche Belange“. Ein von Arbeitgeber angeordneter Betriebsurlaub ist zulässig, wenn es „dringende betriebliche Belange“ für den Betriebsurlaub gibt.

Wer legt die Dauer des Urlaubs fest?

Da letztlich der Arbeitgeber über die Dauer des Urlaubs entscheidet und Arbeitnehmer nur Anspruch auf mindestens zwei Wochen Urlaub am Stück haben, kann er einen dreiwöchigen Urlaub verhindern. Das kann aus denselben Gründen geschehen, wegen der ein Arbeitgeber auch Betriebsferien ankündigen kann.

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