Welche Bedeutung hatte das Tagebuch für Anne?

Die jüdische Familie Frank übersiedelt 1933 nach der Machtergreifung der Nazis von Frankfurt nach Amsterdam, wo Vater Otto Direktor der Firma Opekta wird. Er mietet ein Gebäude in der Prinsengracht 263 als Geschäftshaus an. Tochter Anne und ihre ältere Schwester Margot wachsen in Amsterdam auf. Ab 1941 besucht Anne das jüdische Lyzeum. Sie hat dort viele Freundinnen und auch schon einige Verehrer. Außerdem ist sie eine gute Schülerin, die sich besonders für Geschichte interessiert. Zu ihrem 13. Geburtstag bekommt sie von den Eltern ein Tagebuch geschenkt, in das sie eifrig zu schreiben beginnt. Zunächst führt sie alle ihre Klassenkameraden auf, um sich später an jeden zu erinnern. Sie beschreibt ihre Geburtstagsfeier und die vielen Geschenke und berichtet über lustige Begebenheiten in der Schule. Die Tagebucheinträge beginnt sie bald in Briefform zu verfassen, an eine imaginäre Freundin namens Kitty.

Repressalien gegen Juden

Der fröhlichen Anne ist das traurige Los der Juden sehr wohl bewusst. Als die deutsche Wehrmacht 1940 die Niederlande besetzt, werden auch dort strenge Gesetze gegen Juden erlassen. Sie dürfen nur von drei bis fünf Uhr einkaufen gehen, weder mit dem Auto noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, müssen einen „Judenstern“ tragen und dürfen keine Vergnügungsstätten mehr besuchen. Ab acht Uhr abends müssen sie zu Hause bleiben und dürfen vor sechs Uhr morgens nicht auf die Straße. Jüdische Kinder müssen jüdische Schulen besuchen. Auch für Anne gibt es immer mehr Einschränkungen. Wenn sie und ihre Freundinnen Eis essen wollen, müssen sie eine Eisdiele besuchen, in der Juden noch zugelassen sind. Ab Juni 1942 dürfen Juden nicht mehr mit dem Fahrrad fahren, sodass Anne ihren langen Schulweg in brütender Hitze zu Fuß zurücklegen muss.

„Rechts von der Diele liegt das ‚Hinterhaus‘. Kein Mensch würde vermuten, dass hinter der einfachen, grau gestrichenen Tür so viele Zimmer versteckt sind.“ (S. 36)

Schließlich bekommt ihre Schwester Margot am 5. Juli 1942 einen Aufruf von der SS; sie solle sich in einer Auffangstelle für Juden melden, um in das Arbeitslager Westerbork abtransportiert zu werden. Als der Vater am Spätnachmittag nach Hause kommt, wird beschlossen, sofort unterzutauchen. Er hat bereits vor einem Jahr mit den Vorbereitungen dafür begonnen. Abends kommen Miep, eine Angestellte des Vaters, und ihr Mann Jan vorbei, um einige Sachen der Familie mitzunehmen und ins Versteck zu bringen. Am nächsten Morgen um halb acht zieht die Familie Frank mehrere Schichten Kleider übereinander an und verlässt bei strömendem Regen das Haus. Juden mit Koffern in den Händen wären sofort aufgefallen.

Im Hinterhaus

Das Versteck befindet sich im Hinterhaus der Büro- und Kontorräume von Opekta. Im Parterre gibt es ein Lager, das in verschiedene Kammern aufgeteilt ist. Außer Miep sind noch weitere Angestellte über das Eintreffen der Familie informiert: Herr Kugler, Herr Kleimann, der nach dem Ausscheiden Otto Franks jetzt Geschäftsführer ist, sowie Bep, die junge Stenotypistin. Zwei Lagerarbeitern hat man nichts über die Untergetauchten erzählt. Neben dem Eingang zum Lager gibt es noch eine Haustür zur Straße hin, die ins Treppenhaus führt. Im ersten Stock befinden sich Büroräume. Neben dem Privatkontor liegen eine großzügige Küche und eine Toilette. Hinter einer unscheinbaren, grauen Tür befindet sich der Eingang zum Hinterhaus. Vor dieser Tür wird schon bald ein drehbares Regal als Tarnung angebracht. Auf Befragen behaupten die Angestellten stets, das Hinterhaus gehöre zum benachbarten Gebäude und daher gäbe es vom Vorderhaus aus keinen Zugang.

Weitere Flüchtlinge

Am 13. Juli 1942 übersiedeln auch Herr und Frau van Daan mit ihrem 15-jährigen Sohn Peter ins Hinterhaus. Anne findet, dass Peter ein langweiliger, ungeschickter Lulatsch ist. Herr van Daan, der ein Geschäftsfreund von Otto Frank ist, berichtet, er habe in Gegenwart eines Nachbarn der Franks das Gerücht ausgestreut, die Familie sei zu einem Jugendfreund Ottos nach Maastricht geflüchtet. Auf seine Bitte an den Nachbarn, Stillschweigen darüber zu bewahren, habe sich das Gerücht schnell verbreitet. Herr und Frau van Daan streiten sich oft lautstark über Nichtigkeiten, was Anne anfangs sehr verwundert. Mit Frau van Daan, die sie wie ein kleines Kind behandelt, kommt das Mädchen nicht gut aus. Die Dame ist ihr zu zänkisch und jammert zu viel. So ärgert sich Frau van Daan etwa darüber, dass die Familien ihr Tafelservice zusammen benutzen, und sie entfernt ihre Tischtücher aus dem gemeinsamen Schrank. Dieses Verhalten belastet auch Frau van Daans Verhältnis zu Annes Mutter. Die Familie van Daan schläft ein Stockwerk über dem der Franks, sodass Anne nachts noch lange das Rumoren über sich mit anhören muss. Später wird es im Hinterhaus abermals enger, als der Zahnarzt Dr. Dussel hinzukommt. Margot zieht zu den Eltern und Anne muss ihr Zimmer mit dem Herrn teilen, was zu Ärger führt, denn der Zahnarzt erweist sich Anne zufolge als egoistisch und rücksichtslos. Dauernd zischt er ihr zu, leiser zu sein, macht aber morgens ungeniert seine Turnübungen, während Anne noch schläft. Dabei versetzt er den Stuhl, den Anne als Verlängerung ihrer viel zu kurzen Bettstatt arrangiert hat, jedes Mal in bedrohliche Schwingungen.

Die Versorgung mit Nahrungsmitteln

Da es für Untergetauchte keine Lebensmittelkarten gibt, müssen diese auf dem Schwarzmarkt besorgt werden. Miep und Bep kümmern sich um die Einkäufe für die Hinterhäusler. Ein Kartoffelhändler liefert mittags zwischen halb eins und halb zwei, wenn die Angestellten Pause haben. Die Familien lagern säckeweise Bohnen und zahlreiche Konserven ein. Im Dezember 1942 erhalten sie eine Menge Fleisch, aus dem Herr van Daan Brat- und Mettwurst herstellt. Zu Weihnachten bekommt jeder ein Viertelpfund Butter extra: Kuchenbacken ist angesagt! Doch die Versorgung wird bald schlechter, es kommt zu einem Engpass an Brot. Zu allen Mahlzeiten gibt es stattdessen Kartoffeln, dazu angefaulte Karotten oder Steckrüben und häufig Mehlklöße, die furchtbar schwer im Magen liegen. Instantsuppen vervollständigen den Speiseplan. Zum Glück gelingt es den Helfern immer wieder, zu Geburts- oder Feiertagen besondere Köstlichkeiten aufzutreiben. So bekommt Anne Süßigkeiten und Joghurt zum Geburtstag, die anderen manchmal Kuchen und kleine Torten. Die Hinterhäusler schenken sich auch gegenseitig lang aufbewahrte Schätze wie ein Glas Sirup oder Marmelade.

Alltag im Hinterhaus

Die Untergetauchten dürfen tagsüber kaum Lärm machen, damit sie unten im Büro nicht gehört werden. Wenn etwa die Putzfrau oder ein Handwerker da ist, dürfen sie nicht zur Toilette gehen und müssen sich mit Blechdosen behelfen, da die Schmutzwasserleitungen durch die Büroräume verlaufen und ein argwöhnischer Besucher auf den Gedanken kommen könnte, dass da noch jemand wohnt. An den Wochenenden, wenn im Bürohaus offiziell niemand ist, dürfen die Bewohner erst recht nicht auffallen. Daher müssen auch in der größten Hitze alle Fenster stets geschlossen bleiben und natürlich darf, solange es nicht dunkel ist, niemand hinausschauen. Das Baden erledigen alle Hausbewohner an den Samstagen in der unteren Etage. Dazu dient ein enger Waschzuber, in dem man auch die Wäsche wäscht, die dann auf dem Dachboden zum Trocknen aufgehängt wird. Die Sonntage sind die Putztage. Nachdem der Staubsauger seinen Dienst versagt, muss Anne den Teppich per Hand ausbürsten, wobei eine Menge Staub aufgewirbelt wird. Abends schleichen die Bewohner hinunter ins Büro, um sich im Radio Nachrichten über den Verlauf des Krieges anzuhören.

Probleme eines Teenagers

Neben all diesen Widrigkeiten ist Anne ein ganz normaler „Backfisch“, der sich entsprechend verhält. Während der Zeit des Verstecktseins bekommt sie zum ersten Mal ihre Periode. Nach außen hin ist sie vorlaut und lustig und bei Tisch bringt sie alle zum Lachen. Von ihrer Mutter fühlt sie sich oft wie ein Baby behandelt, dennoch ärgert es sie sehr, dass die van Daans Annes Mutter und deren Erziehung kritisieren. Am liebsten würde sie weggehen und niemanden mehr sehen, aber das ist natürlich unmöglich. Auch unter den Erwachsenen führen die Enge des Hauses, das Eingesperrtsein, die schlechte Ernährung und die Angst vor Entdeckung oder vor nächtlichen Bombenangriffen zu ständigen Reibereien. Wenn sie allein ist, ist Anne sehr ruhig und nachdenklich. Sie fühlt sich einsam und ihrer Familie nicht mehr zugehörig. Besonders die Mutter und Margot verstehen sie nicht. Die Mutter ist sehr unsensibel und lacht Anne oft aus, statt ihr verständnisvoll zur Seite zu stehen. Daher liebt Anne sie nicht und meint, ohne sie auskommen zu können. Für ihre Zukunft hat sie große Pläne: Auf gar keinen Fall will sie wie ihre Mutter Hausfrau werden. Mit dem Vater versteht sie sich besser. Wenn nachts Bomben fallen, flieht sie voller Panik in sein Bett. Doch mit zunehmendem Alter fühlt sie sich auch ihm mehr und mehr entfremdet.

Beschäftigungen im Hinterhaus

Neben ihren Pflichten im Haushalt, wie Kartoffeln schälen und abwaschen, beschäftigt sich Anne viel mit Lesen und Lernen. Dabei liest sie nicht nur die Mädchenbücher, die ihr die Helfer aus der Bibliothek mitbringen, sondern auch dicke Wälzer über historische Ereignisse sowie Biografien. Sie liebt es, daraus Stammbäume abzuleiten und sie aufzuzeichnen. Außerdem lernt sie Französisch und Englisch, löst Mathematikaufgaben, was sie allerdings hasst, und nimmt an einem Fernkurs in Stenografie teil, der ihr viel Spaß macht. Sie hofft, dass sie dadurch den Anschluss in der Schule nicht verliert. Neben den Einträgen in ihr Tagebuch verfasst sie kleine Geschichten. Das Schreiben bereitet ihr die größte Freude und schon bald ist sie fest entschlossen, Schriftstellerin oder Journalistin zu werden. Im Radio hört sie, dass Tagebücher nach dem Krieg als ein wichtiges Zeitzeugnis gelten werden, und sie beginnt daraufhin, ihr eigenes Tagebuch entsprechend zu überarbeiten. Anne stellt sich vor, dass es später unter dem Titel „Das Hinterhaus“ veröffentlicht werden könnte.

Nächtliche Einbrüche

Neben der Enge und dem monotonen Tagesablauf ist die Angst der ständige Begleiter der Hausbewohner. Mehrmals wird in das Lager im Erdgeschoss eingebrochen, wobei die Untergetauchten einmal fast bemerkt werden: Am 11. April 1944, am späten Abend, entdeckt Peter, dass unten an der Lagertür ein Brett herausgeschlagen ist. Gemeinsam mit den anderen männlichen Bewohnern schaut er noch einmal nach, während die vier Frauen blass vor Angst oben warten. Als Herr van Daan sieht, dass die Einbrecher sich noch im Lager aufhalten, ruft er ohne nachzudenken: „Polizei!“, woraufhin die Diebe fliehen. Doch als die Hausbewohner das Brett wieder in die Tür einsetzen wollen, bemerken sie, dass von außen jemand mit einer Taschenlampe hineinleuchtet. Voller Angst, dass nun tatsächlich die Polizei kommt, gehen sie eilig durch die Geheimtür nach oben. Mucksmäuschenstill hocken sie auf dem Dachboden im Dunkeln, als sie Schritte auf der Treppe hören. Jemand rüttelt am Drehregal. Stunden der Angst vergehen, doch niemand kommt. Da die Untergetauchten sich nicht hinunter zur Toilette wagen, benutzen sie nacheinander einen Blecheimer und schlafen dann mehr schlecht als recht auf dem Dielenboden. Am nächsten Tag rufen sie Herrn Kleimann an und erfahren, dass der Kartoffelhändler ins Haus geleuchtet, sicherheitshalber aber nicht die Polizei geholt hat, da er ahnte, dass sich im Hinterhaus Menschen verstecken. Nach dieser Nacht wird die Außentür zusätzlich verbarrikadiert.

Die Freundschaft mit Peter

Da Anne sich einsam fühlt, sucht sie jemanden, mit dem sie reden kann. Sie ist selbst überrascht, dass ihre Wahl auf den stillen, linkischen Peter fällt. In seinem kleinen Durchgangszimmer fühlt sie sich immer wohler, zumal sie selbst ihr Zimmer mit Herrn Dussel teilen muss, der ihr nur zu bestimmten Stunden die Benutzung des Schreibtisches gestattet. Peter hat ein neues Hobby: das Lösen von Kreuzworträtseln. Anne hilft ihm dabei und so kommen die beiden sich langsam näher. Sie sprechen über Teenagerthemen, über die sie mit den Erwachsenen nicht reden können, wie über das Erröten, die Unsicherheit, das Verhalten der Eltern und über Sexualität. Eines Abends, als Anne an Peter geschmiegt auf dem Sofa sitzt, gibt er ihr endlich den ersehnten Kuss und Anne ist überglücklich. Sie hat schon früher bemerkt, dass Peter ein großes Bedürfnis nach Zärtlichkeit hat, und freut sich, dass sie das erste Mädchen für ihn ist. Die Erwachsenen machen spöttische Bemerkungen über die beiden, und Annes Vater rät ihr, es nicht zu weit kommen zu lassen, denn das würde in dem engen Haus zu Reibereien führen. Anne mag Peter sehr, aber sie ist nicht wirklich verliebt, da sie ihn für charakterschwach hält und in ihm nicht den Freund findet, zu dem sie aufsehen kann. Am 1. August 1944 schreibt Anne zum letzten Mal in ihr Tagebuch und beklagt, dass sie sich von allen missverstanden fühlt.

Aufbau und Stil

Anne Franks Tagebuch, das am 12. Juni 1942 beginnt und am 1. August 1944 endet, besticht durch seine große Ehrlichkeit. Ihr Vater, der es später veröffentlichte, schrieb dazu: „Ich habe lange gebraucht, es zu lesen, und ich muss sagen, ich war sehr überrascht über ihre tiefgründigen Gedanken, ihre Ernsthaftigkeit und vor allem ihre Selbstkritik. Das war eine ganz andere Anne als meine Tochter, wie ich sie gekannt hatte.“ Das Tagebuch besteht aus Briefen Annes an eine erdichtete Freundin, die sie Kitty nennt, wodurch der Stil etwas Dialogartiges bekommt. Rhetorische Mittel wie Fragen, Ausrufe und kreative Sprachspielereien (z. B. bekommt eine der Lagerkatzen den Namen „Moffi“, ein verniedlichtes Schimpfwort für die Deutschen) bestimmen den Ton. Annes Tagebuch ist keineswegs trübsinnig, denn trotz ihrer erzwungenen Zurückgezogenheit ist sie ein lebenslustiges Mädchen. Sie schildert den Lagerkoller der dicht nebeneinanderlebenden Menschen im Hinterhaus bissig, pointiert und manchmal mit recht drastischen Ausdrücken, sie kann aber auch poetisch werden und schreibt offen über ihre Gefühle für Peter. Annes Stil scheint über die Jahre reifer zu werden – allerdings muss man in Betracht ziehen, dass die heute im Handel befindlichen Buchausgaben meist eine Mischung vieler von anderen Menschen bearbeiteter Fassungen sind.

Interpretationsansätze

  • Als Anne Frank bewusst an einer Version ihres Tagebuchs zu arbeiten begann, die sie veröffentlichen wollte, gab sie ihren Mitbewohnern Pseudonyme. Sie selbst legte sich den Namen Anne Aulis bzw. Robin zu. Ihr Vater setzte später bei der Veröffentlichung des Buches den richtigen Familiennamen wieder ein, verwendete aber weiterhin die Pseudonyme der anderen Versteckten.
  • Bis heute ist eine Frage nicht geklärt: Wer war der Verräter? Lange Zeit galt ein Lagervorarbeiter als verdächtig. Er hatte angeblich eine Geldbörse gefunden, die einer der heimlichen Hausbewohner im Lager verloren hatte. Nach dem Krieg wurden mehrere Untersuchungen, auch gegen andere Verdächtige, angestrengt. Aus Mangel an Beweisen konnte jedoch keine Anklage erhoben werden.
  • Das Beispiel der Mitwisser, der Angestellten und Freunde, die Anne und ihre Familie im Versteck versorgten und damit auch ihr eigenes Leben riskierten, nötigt Respekt ab: für Rückgrat und Anstand in Zeiten größter Bedrohung.
  • Anne kommentiert im Tagebuch viele politische Ereignisse, z. B. am 21. Juli 1944 das Attentat auf Hitler durch Graf Stauffenberg. Auch wenn sie die Aussicht auf Hitlers Tod verlockend findet, hält sie doch nichts von einer Befriedung von innen, sondern vertraut auf die Alliierten. Wenn die Offiziere Hitler aus dem Weg räumten, so denkt sie, würden sie einen Militärstaat errichten, aufrüsten und nach 20 Jahren erneut einen Krieg anzetteln.
  • Anne begann etwa im Sommer 1943 neben ihren Tagebuchaufzeichnungen auch kleine Geschichten und Märchen zu schreiben, die sie ihre „Federkinder“ nannte. Zu diesem Zeitpunkt wurde ihr klar, dass sie nach dem Krieg gerne als Journalistin oder Schriftstellerin arbeiten wollte.

Der Holocaust

Mit dem Wort „Holocaust“ (griechisch: „vollständige Verbrennung“) wird der von den Nationalsozialisten betriebene systematische Völkermord an den Juden bezeichnet. Die Juden selbst verwenden hierfür seit 1945 den Begriff „Shoah“. Schon in der Anfangsphase des nationalsozialistischen Regimes ließ Adolf Hitler ganz Deutschland mit Konzentrationslagern (KZs) überziehen. Zwangsarbeit, Folter, Mord und später planmäßige Vernichtung waren hier an der Tagesordnung. Mit der Reichstagsbrandverordnung von 1933 verschaffte sich Hitler eine juristische Handhabe, seine Opfer systematisch zu verfolgen. Ab September 1941 mussten alle Juden ein gelbes Abzeichen in Form eines Davidssterns gut sichtbar an der Kleidung tragen. Die SA (Sturmabteilung) und die SS (Schutzstaffel) sowie später die Gestapo (Geheime Staatspolizei) unter Heinrich Himmler nahmen potenzielle Gegner des Regimes in „Schutzhaft“ und verschleppten sie in die diversen KZs. Nach Kriegsbeginn wurden zahlreiche neue Lager in den besetzten Gebieten geschaffen. Zentral für die NS-Vernichtungspolitik an den Juden wurde das Lager im polnischen Auschwitz. Lagerkommandant Rudolf Höß führte dort die Verwendung des Schädlingsbekämpfungsgases Zyklon B zur Ermordung sowjetischer Kriegsgefangener und später der aus ganz Europa hertransportierten Juden ein. Nach dem Protokoll der so genannten Wannseekonferenz, auf der am 20. Januar 1942 die „Endlösung der Judenfrage“ geplant wurde, sollten europaweit insgesamt elf Millionen Juden in den KZs getötet werden. Letztlich waren es rund sechs Millionen, die den Nazis zum Opfer fielen, sowie etwa die gleiche Zahl an nichtjüdischen Opfern.

Entstehung

Zu ihrem 13. Geburtstag am 12. Juni 1942 bekam Anne Frank das Tagebuch geschenkt, in das sie schon vom gleichen Tag an in holländischer Sprache alles notierte, was sie bewegte. Die Texte waren ursprünglich nur für sie selbst gedacht. Dann jedoch hörte sie im britischen Radio eine Rede des exilierten niederländischen Erziehungsministers Gerrit Bolkenstein, der dazu aufrief, Belege für die Besatzung durch die Nationalsozialisten zu sammeln. In Anne, die sich eine Karriere als Schriftstellerin erträumte, weckte das die Idee, ihr Tagebuch nach der Befreiung zu veröffentlichen. Dafür begann sie, eine zweite Variante zu erstellen, die in der Forschung als „Fassung b“ bezeichnet wird: In dieser stellte sie diejenigen Passagen des Originals – diese „Fassung a“ führte sie nach wie vor weiter – zusammen, die sie für die Veröffentlichung vorsah. Nach der Verhaftung der Hinterhausbewohner wurden Annes Aufzeichnungen von Miep Gies gefunden und versteckt. Ungelesen übergab sie die Manuskripte Annes Vater nach dessen Befreiung aus dem KZ. Otto Frank entschloss sich nach der Lektüre, Annes Wunsch zu erfüllen und das Tagebuch zu veröffentlichen. Dafür erstellte er eine „Fassung c“, die aus Teilen der beiden vorherigen Versionen bestand, allerdings aus Rücksicht auf die porträtierten Personen einige persönliche Details aussparte, ebenso alle Einträge, die sich mit Annes erwachender Sexualität beschäftigten. Als Otto Frank 1980 starb, vermachte er die Originalmanuskripte dem Niederländischen Staatlichen Institut für Kriegsdokumentation. Da seit der Erstveröffentlichung des Tagebuchs im Jahr 1947 immer wieder seine Echtheit angezweifelt wurde, ließ das Institut die Texte kriminaltechnisch überprüfen, recherchierte die historischen Hintergründe und führte Schriftvergleiche durch. 1986 wurden erstmalig alle drei Fassungen in einer kritischen Ausgabe veröffentlicht, zusammen mit sämtlichen Gutachten und Forschungsmaterialien. An der Echtheit der Manuskripte besteht kein Zweifel mehr.

Wirkungsgeschichte

Otto Frank bot das Manuskript mehreren Verlagen an und bekam zunächst nur Absagen. Viele meinten, dass ein solch tragischer Stoff kurz nach Kriegsende nicht interessieren würde. Erst als der Historiker Jan Romein in einer Tageszeitung von dem Buch berichtete, wurden die Verleger hellhörig: „Dieses scheinbar inkonsequente Tagebuch eines Kindes (...) verkörpert die Grässlichkeit des Faschismus besser als alle Beweise von Nürnberg zusammen.“ Nach einigen Vorabdrucken in einer Zeitschrift erschien das Buch im Sommer 1947 unter dem Titel Het Achterhuis („Das Hinterhaus“). Die erste Auflage war schnell vergriffen. Innerhalb von zwei Jahren erschienen die zweite und dritte Auflage. Durchschlagend erfolgreich wurde das Buch jedoch erst nach der Dramatisierung von Frances Goodrich und Albert Hackett, die 1955 in New York ihre Bühnenpremiere feierte und 1959 verfilmt wurde. Otto Frank entschuldigte sein Fernbleiben bei der Premiere: „Das Theaterstück ist ein Teil meines Lebens, und der Gedanke, dass meine Frau, meine Kinder und ich auf der Bühne dargestellt werden, ist für mich sehr schmerzlich. Darum kann und will ich das Stück nicht sehen.“ Ein Dokumentarfilm über Anne Franks Tagebuch mit Erinnerungen von Zeitzeugen erhielt 1996 einen Oscar. Das Buch wurde in rund 30 Sprachen übersetzt und kam in einer geschätzten Auflage von mehr als 20 Millionen Exemplaren weltweit heraus. Anne Frank zählt heute zu den wichtigsten Symbolfiguren für die Leiden des jüdischen Volkes unter dem NS-Regime. Das Haus in Amsterdam, in dem sie sich verstecken musste, ist seit 1960 ein Museum mit dem Namen Anne-Frank-Haus. Der von Otto Frank gestiftete Anne-Frank-Fonds engagiert sich in weltweiten Projekten gegen den Rassismus.

Welche Bedeutung hatte in dieser Zeit das Tagebuch für Anne?

Die Langeweile des Alltags und die Einschränkungen verursachten immer intensivere Konflikte untereinander. Da Anne nun keinen Kontakt zu ihren eigentlichen Freunden haben durfte, entwickelte sich das Tagebuch als Medium, dem sie alles anvertrauen konnte, zu ihrer wichtigsten Begleitung in der schweren Zeit.

Warum ist das Tagebuch der Anne Frank so berühmt?

Ihre Familie flüchtete 1933 vor den Nationalsozialisten nach Amsterdam. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Niederlande versteckten sich Anne Frank und ihre Familie von 1942 bis 1944 in einem Amsterdamer Hinterhaus. Dort schrieb Anne Frank ihr weltberühmtes Tagebuch.

Was schreibt Anne in ihrem Tagebuch?

Anne schreibt schon zu Beginn ihres Tagebuchs, dass sie in ihrer Familie und unter all ihren Freundinnen keine Person habe, der sie sich wirklich anvertrauen könne. So erhofft sie sich, in ihrem Tagebuch diese fehlende Stütze zu finden. Schon bald taucht erstmals ‚Kitty' als Annes Adressatin eines Tagebucheintrags auf.

Welche Bedeutung hat Anne Frank heute für die Menschen?

Tagebuch als "Einstieg" ins Holocaust-Gedenken In ihrem Tagebuch beschreibt das jüdische Mädchen Anne Frank die Zeit, in der sie sich mit ihrer Familie im von Deutschland besetzten Amsterdam vor den Nazis versteckt hält. Bis heute bringt es Kindern und Jugendlichen weltweit die Schrecken des Holocausts näher.