Was passiert wenn der Arbeitgeber keinen Leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten kann?

Führt der Arbeitgeber kein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durch, muss er beweisen, dass es im Betrieb keinen leidensgerechten Arbeitsplatz gibt. Der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer beweisen muss, dass ein leidensgerechter Arbeitsplatz existiert, gilt nicht, wenn kein BEM durchgeführt wurde.

Arbeitsunfähigkeit nach Bandscheiben-Vorfall

Der Kläger ist seit den 1990er Jahren als Gärtner beim Land Berlin beschäftigt. Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls war er seit 2011 wiederholt operiert worden und seit Januar 2014 durchgängig arbeitsunfähig. Nachdem er im Oktober 2014 angekündigt hatte, wieder arbeiten zu wollen, schickte der Arbeitgeber den Kläger zum Vertrauensarzt. Weil dieser zu der Einschätzung kam, dass der Kläger viele Tätigkeiten eines Gärtners nicht mehr ausführen kann, lehnte der Arbeitgeber eine Beschäftigung ab. Daher wurde der arbeitsfähige Kläger trotz bestehendem Arbeitsverhältnis weder beschäftigt noch vergütet.

Was muss der Arbeitgeber prüfen?

Der Kläger machte vor dem Arbeitsgericht Berlin geltend, wieder als Gärtner beschäftigt zu werden. Die Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger wegen seines Rückenleidens einerseits nicht mehr als Gärtner arbeiten könne, andererseits aber kein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden sei.

Das sah das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg anders. Der Arbeitgeber habe nach der angekündigten Rückkehr des Klägers kein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt. Ein solches BEM diene aber nach § 84 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch dazu, herauszufinden, wie der Arbeitsplatz des erkrankten Arbeitnehmers erhalten werden kann.

Ohne BEM liegt die Beweislast liegt beim Arbeitgeber

Weil der Arbeitgeber die Möglichkeiten eines BEM nicht genutzt habe, müsse er nun beweisen, dass kein leidensgerechter Arbeitsplatz für den Kläger vorhanden sei. Damit hat das LAG die sog. Beweislast kurzer Hand umgedreht. Denn im Normalfall muss der Anspruchsteller – hier der Kläger, der leidensgerecht beschäftigt werden möchte – die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs beweisen. Die pauschale Aussage des Arbeitgebers, der Kläger könne so nicht beschäftigt werden, reichte dem Gericht nicht aus.

Praxistipp:Wer muss den »freien Arbeitsplatz« beweisen?

Im Grundsatz gilt, dass jeder Arbeitnehmer leidensgerecht beschäftigt werden muss, wenn dies im Betrieb möglich ist. Kann also ein Maurer nur noch als Pförtner arbeiten, muss der Arbeitgeber den Maurer nur dann als Pförtner beschäftigen, wenn es einen solchen Arbeitsplatz gibt und dieser frei ist. Dass es einen Arbeitsplatz als Pförtner gibt, muss der Arbeitnehmer (Maurer) beweisen.

Allerdings muss nach längerer Krankheit ein BEM durchgeführt werden. Verzichtet der Arbeitgeber auf ein BEM, passiert erstmal nichts. Allerdings kann eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam - weil unverhältnismäßig - sein, wenn vor der Kündigung kein BEM durchgeführt wurde. Eine weitere Konsequenz gibt es nun aufgrund des LAG-Urteils. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass eine leidensgerechte Beschäftigung nicht möglich ist.

Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung sind dabei

Der Arbeitgeber ist also gut beraten, den betroffenen Arbeitnehmer zum BEM einzuladen. Hierzu muss er Betriebs- oder Personalrat hinzuziehen. Bei schwerbehinderten Menschen ist nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch die Schwerbehinderten-Vertretung (SBV) zu beteiligen.

Wichtig zu wissen ist, dass die SBV nach § 95 Abs. 4 SGB IX das Recht hat, an allen Sitzungen des Betriebsrats und Personalrats teilzunehmen. Sie kann Angelegenheiten der behinderten Menschen auf die Tagesordnung der Sitzung bringen. Nach § 95 Abs. 5 SGB IX ist die SBV an den sogenannten Monatsgesprächen zwischen Arbeitgeber und BR zu beteiligen. Durch Vorbereitung und Zusammenarbeit kann der BR den Sachverstand der SBV nutzen, um seine starke Position gegenüber dem Arbeitgeber auch für schwerbehinderte Menschen zu nutzen.

Lesetipp:
Betriebliches Eingliederungsmanagement: »Wie Eingliederung funktioniert« von Eva Ratzesberger in AiB 2/2016, S. 19-22.

Autor:
Bastian Brackelmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Was passiert wenn der Arbeitgeber keinen Leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten kann?

Immer mehr Beschäftigte können aufgrund von Krankheit, Behinderung oder Unfällen ihren Job nicht mehr oder nicht mehr wie früher ausüben. Hilfe verspricht der »leidensgerechte Arbeitsplatz«. Wer hat Anspruch darauf und wie muss dieser aussehen? Die wichtigsten Grundsätze lest Ihr in der aktuellen Mai-Ausgabe von »Arbeitsschutz und Mitbestimmung«.

1. Wer hat Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz?

Wer aus Gesundheitsgründen oder in Folge eines Unfalls seiner regulären Arbeit nicht wie vorher nachkommen kann, hat Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz.

Für schwerbehinderte Menschen (deren Beeinträchtigung als Schwerbehinderung anerkannt ist) und diesen gleichgestellte Menschen ergibt sich der Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung aus dem Schwerbehindertenrecht. Sie haben nach § 164 Abs. 4 SGB IX ausdrücklich Anspruch auf Anpassung der Arbeitsbedingungen.

Die Grundsätze zum leidensgerechten Arbeitsplatz gelten nach der Rechtsprechung aber auch für alle anderen, nicht schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten, wenn sie aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung die bisherige Tätigkeit nicht weiter ausüben können. Für sie wird der Anspruch aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB hergeleitet.

2. Wer muss beweisen, dass ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist?

Der oder die Beschäftigte. Er oder sie muss zunächst die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz vom Arbeitgeber verlangen und darlegen, wie die weitere Beschäftigung aussehen soll. Dafür müssen sie auch darlegen, welche konkreten anderen Arbeitsplätze es gibt, auf denen sie leidensgerecht weiterbeschäftigt werden können.

Das kann der Arbeitgeber nur ablehnen, wenn ihm die Umsetzung unzumutbar oder rechtlich unmöglich ist. Dann muss er aber wiederum nachweisen, warum die vom Betroffenen aufgezeigten Beschäftigungsmöglichkeiten nicht bestehen oder deren Zuweisung ihm als Arbeitgeber nicht zumutbar sind.

Ansonsten muss der Arbeitgeber – im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrags – den Arbeitsplatz anpassen oder sogar alternative Tätigkeiten anbieten, die der gesundheitlichen Situation Rechnung tragen. Die angebotenen Tätigkeiten müssen der bisherigen in etwa gleichwertig sein. Der Arbeitgeber muss für die Umsetzung auch gewisse Umorganisationen im Betrieb in Kauf nehmen. Einen völlig neuen Arbeitsplatz braucht er allerdings nicht zu schaffen. Vielfach wird gefordert, dass der Arbeitgeber auch eine echte Versetzung für den gesundheitlich angeschlagenen Beschäftigten anbieten muss, wenn dieser damit einverstanden ist. Das ist allerdings bisher nicht gängige Rechtsprechung.

Eine sogar noch verschärfte Beweislast für den Arbeitgeber besteht, wenn er kein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre (siehe Frage 3). Der Arbeitgeber muss in dem Fall von vornherein umfassend darlegen, weshalb keine zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.

3. Wie lässt sich herausfinden, ob es einen leidensgerechten Arbeitsplatz gibt?

Hier kann das gesetzlich vorgeschriebene BEM hilfreich sein. Dieses ist vom Arbeitgeber durchzuführen, wenn ein Mitarbeiter mehr als sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig krank war. Im BEM muss jede ernsthaft in Betracht kommende Einsatzmöglichkeit überprüft werden. Ziel des BEM ist es ja gerade, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und daher mit dem Beschäftigten und Betriebs- oder Personalrat mögliche Einsatzmöglichkeiten und Tätigkeitsfelder zu finden, die dem – eventuell begrenzten – Leistungsvermögen des Beschäftigten entsprechen, ohne ihn gesundheitlich zu überfordern.

4. Was ist, wenn der Arbeitgeber keinen leidensgerechten Arbeitsplatz anbietet?

5. Ist statt Umsetzung eine Kündigung zulässig?

6. Was ist die Rolle des Betriebs- oder Personalrats?

7. Was können Beschäftigte tun, wenn der Arbeitgeber sie nicht leidensgerecht beschäftigt, obwohl er es könnte?

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© bund-verlag.de (fk)

Was passiert wenn der Arbeitgeber keinen Leidensgerechten Arbeitsplatz hat?

Anspruch auf Schadenersatz wegen fehlender Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Wird ein Arbeitnehmer wegen nicht ausreichender Arbeitsfähigkeit vom Arbeitgeber freigestellt, so hat er Anspruch auf Schadenersatz.

Was können Beschäftigte tun wenn der Arbeitgeber sie nicht Leidensgerecht beschäftigt obwohl er es könnte?

9. Was mache ich, wenn der Arbeitgeber mich nicht leidensgerecht beschäftigt, obwohl er es könnte? In diesem Fall können Siewenn eine außergerichtliche Lösung scheitert - eine Klage vor dem Arbeitsgericht erheben.

Wann Leidensgerechter Arbeitsplatz?

Wer hat Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz? Wer aus Gesundheitsgründen oder in Folge eines Unfalls seiner regulären Arbeit nicht wie vorher nachkommen kann, hat Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz.

Was versteht man unter einem Leidensgerechten Arbeitsplatz?

Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz Ein Arbeitsplatz, der an das aktuelle Leiden angepasst ist, zeichnet sich dadurch aus, dass dieser den Leiden des erkrankten oder schwerbehinderten Mitarbeiters entspricht und er trotz seiner körperlichen Beeinträchtigung keine Belastungen ertragen muss.