Warum ist es schlecht wenn man einzelmarken verkauft

Was ist Markenarchitektur und warum muss ich das wissen?

München, den 22.07.2021 Autor: Andreas Wiehrdt Titelbild: BrandDoctor


Was meine ich mit Markenarchitektur?
Bei der Markenarchitektur klären wir laut Wikipedia: »... welche und wie viele Marken ein Unternehmen in welchen Bereichen einsetzen soll und ob [und wie] die Verbindungen zwischen den Marken für die Kunden sichtbar gemacht werden sollen.« Die Komplexität von Mehrmarkenstrategien soll durch die Markenarchitektur transparenter gemacht werden. Man spricht hier auch von Markenportfoliostrategie.

Die Markenarchitektur unterscheidet sich (bei Mehrmarkenunternehmen) von der klassischen Markenstrategie durch eine unternehmensweite Sichtweise und der gemeinsamen Berücksichtigung aller Marken des Unternehmens.

In diesem Beitrag erkläre ich was eine Markenarchitektur ist, warum sich viele Unternehmer Gedanken darüber machen sollten, welche Markenarchitekturmodelle es gibt und was deren Vor- und Nachteile sind.

Warum solltet ihr euch um die Markenarchitektur Gedanken zu machen?
Die Markenarchitektur legt fest, wie die Marken eines Unternehmens im Sinne eines größeren Ganzen organisiert sind, welche strategische Rolle jede einzelne Marke im gesamten Markenportfolio übernimmt und wie sie die verschiedenen Marken zueinander verhalten und sich ggfs. gegenseitig unterstützen.

Unilever vermarktet seine Produkte weltweit unter mehr als 1.000 verschiedenen Marken! (Abbildung: Deakin Business School, USA)

Das Thema Markenarchitektur wird immer dann wichtig, wenn zum Beispiel neue Produkte oder Produktvarianten sogenannte Line Extensions eingeführt, neue Zielgruppen oder Marktsegmente erschlossen oder durch Zukauf oder Fusion erworbene neue Marken in das Markensystem des Unternehmens integriert werden sollen. Die Komplexität von Mehrmarkenstrategien soll durch die Markenarchitektur transparenter und planbarer gemacht werden.

Unabhängig von der Größe eures Unternehmens bietet eine entschiedene Markenarchitektur viele Vorteile:

  • Differenzierter auf die Bedürfnisse bestimmter Kundensegmente einzugehen. Mit einer smarten Markenarchitektur könnt ihr die Botschaften und Nutzenversprechen so segmentieren, dass jede eurer Zielgruppen genau das hört, was sie hören möchte und genau das bekommt, wonach sie sucht.

  • Marketingkosten erheblich reduzieren. Wenn eure Markenarchitektur clever konzipiert ist, werden eure Marketinginvestitionen exponentiell effizienter. Jede Marke profitiert von der anderen und neue Marken lassen sich mit deutlich geringerem Aufwand etablieren (zum Beispiel mit Cross-Promotions).

  • Positionierung und Messaging spitzer formulieren. Aufgrund der besseren Bedürfnis- und Zielgruppendifferenzierung können die einzelnen Marken spitzer positioniert werden. Nichts erhöht die Effektivität eurer Marketingkommunikation so sehr wie Klarheit. Spitze Positionierung und eindimensionales Messaging sind ein High-Performance-Tune-up für euer Marketing.

  • Wachstum und Expansion leichter managen und Vertrauen eurer Stakeholder stärken. Die strategische und modulare Natur einer intuitiven Markenarchitektur erleichtert es, weitere Marken, Produkte oder Dienstleistungen hinzuzufügen, wenn euer Unternehmen expandiert. Und strategisch geführte, zukunftsorientierte Marken sind ein beruhigendes Zeichen für Investoren, Mitarbeiter und andere Stakeholder.

  • Verwässerung der Muttermarke verhindern. Besonders die House-of-Brands-Strategie (siehe unten) erlaubt es immer wieder neue Zielgruppen mit immer wieder anderen Nutzenversprechen anzusprechen. Die House-of-Brands-Strategie bietet dem Unternehmen die Chance der Diversifizierung, ohne die Marke zu verwässern.

  • Markenwerte aufbauen und schützen. Das Ergebnis einer konsequenten und vorausschauend geplanten Markenarchitektur ist der ultimative Wettbewerbsvorteil für jedes Unternehmen: Markenwert. Die Steigerung Ihres Markenwerts resultiert in höheren Renditen, da die Autorität in der Branche und die Bewertung auf dem Markt mit einer professionellen Markenarchitektur wachsen.


Welche grundsätzlichen Markenarchitekturmodelle gibt es eigentlich?
Unternehmen mit mehren Marken im Portfolio stehen zwei alternative reinrassige Markenarchitekturmodelle offen:

  • Branded House und

  • House of Brands.

Darüber hinaus haben sich verschiedene hybride Markenarchitekturmodelle bewährt: u. a. Endorsed Brands und Hybrid House. Welche Strategien sich hinter diesen Modellen verbergen, erkläre ich hier im Folgenden gerne:

Branded House
Beim Branded-House-Modell wird eine starke Unternehmensmarke konsequent auf alle Produkte, Angebote und Lösungen des Unternehmens angewendet. Die Markenlogos sind in der Regel sehr ähnlich gehalten und unterscheiden sich nur marginal, um den Kunden die Zugehörigkeit der Marken zu verdeutlichen. Diese Strategie wird auch häufig als Subbrand-Strategie bezeichnet.

Die hochpreisig positionierte Hospitality-Marke Ritz Carlton bewahrt seinen Luxusstatus, indem sie in der Kommunikation bewusst Distanz hält zur Muttermarke Marriott und anderen, preislich günstigeren Sub-Marken der Marriott-Familie.

Bei der Branded-House-Architektur wird großer Wert auf die Ähnlichkeit der Subbrands untereinander gelegt. (Abbildung: BrandDoctor)

Da Toyota aufgrund des eher Mainstream-orientierten Markenimages vermutlich nicht in der Lage gewesen wäre, auf dem Markt für Luxusautos zu konkurrieren, wurde die Marke Lexus eingeführt.

Ein weiteres Beispiel für eine Brandes-House-Markenarchitektur ist die Logistikmarke FedEx (siehe Abbildung links).

Vorteile:

  • Ist die Unternehmensmarke erst einmal etabliert, lassen sich neue Leistungssegmente oder Subbrands ohne großen zusätzlichen Marketingaufwand schnell etablieren.

  • Die Branded-House-Architektur nutzt die etablierte Kundenloyalität, wenn der Kunde weniger an speziellen Produkteigenschaften oder -vorteilen interessiert ist, ihn aber das zentrale Markenversprechen überzeugt. (Im Falle von FedEx: »When it absolutely, positively has to be there overnight.«).

  • Jedes Marketinginvestment für eine Subbrand zahlt auch automatisch auf die Unternehmensmarke sowie alle anderen Subbrands ein.

Nachteile:

  • Da alle Marken als eng verbunden wahrgenommen werden, können sich Leistungsprobleme in einem Segment sehr schnell negativ auf alle anderen Segmente sowie die Unternehmensmarke auswirken.

  • Umgekehrt können Probleme der Unternehmensmarke auf die weiteren Untermarken abstrahlen.

  • Die Branded House Strategie hat Schwächen, sobald neue Angebotssegmente hinzukommen, die neue Zielgruppen erschließen oder konvergierende Markenwerte erfordern.

  • Ein weiteres Risiko der Branded-House-Strategie, ist die mögliche Verwässerung der Marke. Denn wenn eine Marke zu breit über mehrere Dienstleistungskategorien positioniert wird, kann ihr Profil diffus und letztlich unattraktiv oder unglaubwürdig werden. Siehe hierzu auch mein Beitrag »Die Marke dehnt sich, bis sie reisst.« hier im Block.)


House of Brands:
Bei einer House-of-Brands-Architektur belässt man den Einzelmarken ihre Eigenständigkeit. Jede Marke soll ihre eigene starke Identität entwickeln. Es ist selten gewünscht, dass Kunden eine Beziehung zwischen den Marken untereinander herstellen. In letzter Zeit wird die Unternehmensmarke häufiger als Absender oder sogar Unterstützer (siehe Endorser Brand) eingesetzt, zum Beispiel von Lebensmittelkonzernen wie Unilever oder Nestlé.

Bei einer House-of-Brands-Architektur können starke Einzelmarken ihre Kraft entfalten, ohne Rücksicht auf die Zielgruppen ihrer Schwestermarken nehmen zu müssen (Abbildung: BrandDoctor).

Vorteile:

  • Die starken Einzelmarken behalten ihre autarke Identität und können sich ohne Kompromisse in ihrem Leistungsversprechen auf ihre jeweilige Zielgruppe konzentrieren.

  • Das Potenzial, verschiedene Zielgruppen und Märkte mit unterschiedlichen Marken-/Leistungsversprechen zu erreichen.

  • Probleme bei Schwestermarken fallen selten auf die Einzelmarke zurück, auch weil die Kunden keine Verbindung herstellen.

  • Starke Einzelmarken lassen sich einfacher an andere Unternehmen verkaufen (So gehörte die Marke Tempo beispielsweise schon folgenden Unternehmen: Vereinigte Papierwerke, VP-Schickedanz, Procter & Gamble, SCA, Essity, ohne dass es der Marke geschadet hätte.

Nachteil:

  • Der Aufbau und die Führung einer neuen Einzelmarke sind extrem kostenaufwendig, auch weil die neue Marke kaum von der Unternehmens- und gar nicht von den Schwestermarken profitieren kann.

Endorsed Brands:
Endorsed Brands ist eine Variante der House-of-Brands-Architektur, bei der die Unternehmensmarke als Empfehler oder Verstärker bei den Einzelmarken stärker in den Vordergrund tritt (Beispiel Marriott). Diese Strategie ist dann sinnvoll, wenn man, wie bei Marriott, ganz verschiedenen Marktsegmente und Zielgruppen mit eigenständigen Marken ansprechen, aber dabei die Stärken und die Kompetenz der Unternehmensmarke nutzen möchte.

Beim Endorsed-Brand-Modell hilft eine starke, profilierte Unternehmensmarke neue Marken mit Kompetenz und vertrauen aufzuladen (Abbildung: BrandDoctor).

Ein Endorsed-Brand-Modell begrenzt das Reputationsrisiko eines Unternehmens und bietet mehr Positionierungsalternativen als beispielsweise ein House-of-Brands-Ansatz.

Hybrid House:
Die Hybrid-House-Architektur, also ein Mischmasch verschiedener Strategien, entsteht häufig als Kompromiss. Zum Beispiel wenn durch Aufkäufe oder Fusionen Unternehmen mit vielen Marken und verschiedenen Markenarchitekturmodellen unter ein neues Konzerndach gepackt werden müssen. Oder wenn ein Unternehmen von einer Strategie auf eine andere wechselt, aber aus zwingenden Gründen eine Übergangsphase benötigt. So hat Google beispielsweise begonnen das ursprünglich gewählte Branded-House-Modell (Google Maps, Google Drive, Google Mail, Google Chrome etc.) auf ein House-of-Brands-Modell mit eigenständigeren Marken umzustellen.

Google ist wohl auf dem Weg vom Branded-House- zum House-of-Brand-Modell (Abbildung: BrandDoctor).

Ein hybrides Modell bietet die Flexibilität, parallel mehrere Markenfamilien mit unterschiedlichen Hierarchien zu haben.

Zusammengefasst:

  • Markenarchitektur hilft, die Rolle verschiedener Marke im Unternehmen und deren Verhältnis zueinander zu klären.

  • Wann immer neue Marke entwickelt oder bestehende Marke integriert werden müssen, zum Beispiel durch Zukäufe oder Fusionen, sollte die Markenarchitektur überprüft und angepasst werden.

  • Neben den zwei grundsätzlichen reinrassigen alternativen Architekturmodellen Branded House und House of Brands gibt es diverse hybride Modelle wie beispielsweise Endorsed Brands und Hybrid House.

  • Jedes Modell hat Vor- und Nachteile, die vor einer Entscheidung für das eine oder andere gut abgewogen werden müssen.

  • Die Arbeit an der Markenarchitektur verlangt Markenstrategie-Know-how und Erfahrung.


Holt euch einen Markenstrategen zur Unterstützung.
in erfahrener externer Markenstratege kann i. d. R. einen wertvollen Beitrag für Projekte rund um Markendiversifizierung, Markenkonsolidierung und strategische Markenarchitektur leisten. Als unvoreingenommener Moderator und Berater, der wichtige Fragen stellt und strategische Empfehlungen ausspricht, ohne Rücksicht auf interne politische Interessen von Stakeholdern.

Größere Branding-Projekte sind eher selten, in Unternehmen und vielen ausgewiesenen Marketingprofis fehlt daher die Erfahrung und Expertise in der Markenstrategie. Als BrandDoctor beschäftige ich mich tagtäglich mit strategischen Herausforderungen rund um Marken und bin schon daher immer im Thema.

Gemeinsam können wir herausfinden, welche Art von Markenarchitektur am besten zu euren Bedürfnissen und Zielen passt und ich kann euch helfen, den richtigen Weg für eine profitable Zukunft einzuschlagen.

Der BrandDoctor hilft bei wichtigen Markenentscheidungen mit Tragweite.
Als BrandDoctor helfe ich Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen dabei, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. Mit innovativen Tools unterstütze ich sie, das wichtige strategische Fundament dafür zu legen, mit ihren Marken nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren.

Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Alleine, als Markenstrategieberater oder im Team mit erfahrenen Spezialisten aus seinem Kompetenznetzwerk.

Was ist eine Einzelmarke Beispiel?

Einzelmarke – eine kurze Definition Es wird eine neue Marke vom Unternehmen geschaffen, die nur das eine Produkt repräsentiert. Die Marken Mars, Snickers, Twix oder M&M's sind Beispiele für Einzelmarken. Alle diese Einzelmarken haben ihr eigenes Image und stehen nur für sich selbst.

Warum Mehrmarkenstrategie?

Durch eine gelungene Mehrmarkenstrategie kann eine bessere Marktausschöpfung realisiert und die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass wechselnde Kunden doch innerhalb der Unternehmensgruppe bleiben.

Welche Markenstrategien gibt es?

Welche Markenstrategien gibt es?.
Einzelmarkenstrategie..
Familienmarkenstrategie..
Dachmarkenstrategie..
Mehrmarkenstrategie..

Was ist eine Dachmarke Beispiel?

Von einer Dachmarke spricht man, wenn alle Leistungen und Angebote eines Unternehmens unter einer Marke gespeichert und zentral geführt werden, wie es zum Beispiel der Fall ist bei Siemens, General Electric, IKEA, Allianz, Phoenix Contact, Hoval oder Harley Davidson.