Niki de saint phalle wer ist das monster

Buch und Regie
Peter Schamoni

Kamera
Mike Bartlett, Rodger Hinrichs, Ernst Hirsch, Bernard Zitzermann, François de Menil, Peter Whitehead u. a.

Musik
Chopin, Satie, Strawinsky, Binzer, Glass, Moondog

Filmausschnitte
„Daddy“, „Niki“, „Un Rêve plus long que la Nuit“, „Drei Nanas für Hannover“

Mitwirkung
Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely, Bernhard Luginbühl, Laura Condominas

Nikis deutsche Stimme
Andrea Jonasson

Schnitt
Thomas Krattenmacher

Organisation
Anja Bartsch, Peter Hellstern, David Hess

Produktion
Peter Schamoni Filmproduktion und Praesens-Film AG (Zürich) in Zusammenarbeit mit ARTE und ZDF

In the sixties the painter and sculptor Niki de Saint Phalle started her career with shooting paintings, reliefs that were fired at with paint bags. She became famous and popular for her Nanas, colorful sculptures of big and cheerful women, and for the cooperation with Jean Tinguely.

Am 21. Mai 2002 starb Niki de Saint Phalle 72-jährig. Peter Schamoni, ein Spezialist für Künstlerbiografien im Spiel- (Caspar David Friedrich) und Dokumentarfilm (Max Ernst) setzte ihr 1995 ein würdiges filmisches Denkmal. Der Film erzählt Nikis Lebensgeschichte und widmet sich ausführlich ihrem Werk und der Zusammenarbeit mit ihrem 1991 verstorbenen Ehemann, dem berühmten Schweizer Kinetikkünsler Jean Tinguely.
Am Anfang ihrer künstlerischen Karriere steckte das Fotomodell Niki in einer tiefen Identitätskrise, aus der ihr weniger die Elektroschocks als der energische Griff zum Karabiner heraushalf. Die Autodidaktin wurde berühmt durch ihre TIRS, die Schießbilder einer Amazonin. Gezielte Schüsse auf reliefartige Gips-Assemblagen brachten verborgene Farbbeutel zur Explosion, die sich mit grellen Farbströmen über den fahlen Gips ergossen. Diese Schießhappenings, die ihr Anfang der sechziger Jahre einen festen Platz im Kreis der „Neuen Realisten“ sicherten, waren Nikis erste Befreiungsaktion von einem übergroßen Vater. Sie schoss zum Spaß, um zu sehen, wie das Bild blutete und starb. „Anstatt Terrorist zu werden, wurde ich Terrorist der Kunst.“ (Niki de Saint Phalle)
Heute, aus der Distanz lässt sich ihr mäanderndes Künstlerleben übersichtlich in verschiedene Epochen einteilen, und Regisseur Peter Schamoni hält sich im wesentlichen an die Chronologie der Ereignisse. Im ersten Wendepunkt ihres Schaffens, der Umkehr von Wut zum Schmerz, entwirft Niki schmerzensreiche, tüllverhüllte Brautskulpturen, die unentdeckte Frau als Kokon, pränatal. Der Durchbruch von Schmerz zur Freude beschert uns die Nanas. Die sexuelle Frau, die Verherrlichung der Mutterschaft, erreicht ihren Höhepunkt mit der ,größten Hure der Welt“, der begehbaren Riesenskulptur in Stockholm mit dem Titel „Sie - eine Kathedrale“. Die selbstbewussten und verspielten Nanas machen Niki einem breiten Publikum bekannt. Ihre Skulpturen tauchen überall auf , tummeln sich auf einem Kinderspielplatz in Jerusalem, spielen im Starvinsky-Brunnen in Paris. „Die Nanas an die Macht“ heißt ihr Slogan, die Nanas werden volkstümlich. Ab 1979 arbeitete sie an ihrem Lebenswerk: dem Tarot-Garten in der Toskana. Dieser Garten ist wie eine Rückeroberung des ureigenen Territoriums, ist eine Art Schlussstrich unter ihren langen Selbstwerdungsprozess.

Seit den 50er Jahren begeistert und schockiert Niki de Saint Phalle das Publikum auf der ganzen Welt. "Statt Terroristin zu werden, wurde ich Terroristin der Kunst." So kommentiert sie ihre spektakulären Schießhappenings der frühen 60er und ihre grotesken Experimentalfilme der 70er Jahre. Eine Auseinandersetzung mit traumatischen Kindheitserlebnissen und einem darin begründeten Männerhass, den sie in ihrer Kunst hinter sich lässt. Der jahrelange Bau des gewaltigen Tarot-Skulpturengartens in der Toskana, eine Höhepunkt ihres Schaffens, bildet den Rahmen des Porträts. Angetrieben von dem Wunsch, alle männlichen Rivalen zu übertreffen, schuf Niki de Saint Phalle oft gemeinsam mit Tinguely im Laufe der Jahre immer monumentalere Werke. Schamoni begleitet in seinem Film die Entstehung der dicken, bunten Nana-Figuren, des Ur-Mutterkultes im Schaffen der Künstlerin sowie ihre Arbeit an den großen Architekturplastiken. Er begleitet den Bau und die Eröffnungszeremonie des gewaltigen Skulpturengartens in der Toskana, in dem die Künstlerin die 22 Hauptkarten des Tarot optisch symbolisiert. Schamoni folgt den Selbstinszenierungen der jungen und älteren Niki de Saint Phalle. Ausschnitte aus ihren eigenen Experimentalfilmen "Daddy" und "Ein Traum länger als die Nacht" machen die Grabenkämpfe, die Niki de Saint Phalle mit dem männlichen Geschlecht auszufechten hatte, offenkundig.

Dokumentarfilm über das Leben der französisch-schweizerischen Malerin und Bildhauerin Niki de Saint Phalle (1930-2002). Mit ihren "Schießbildern", den Nana-Figuren und einigen grotesken Experimentalfilmen erlangte die Künstlerin ab den 1950er Jahren weltweite Berühmtheit. Ihre Kunst thematisierte häufig ihr seit Missbrauchserfahrungen in der Kindheit sehr problematisches Verhältnis zu Männern.

Saint Phalle kommentiert im Film ihre teils begeisternden, teils schockierenden Werke, außerdem wird sie anhand von Ausschnitten ihrer Filme "Daddy", "Niki" und "Un rêve plus long que la nuit" vorgestellt. Der Film zeigt dabei ihre persönliche Entwicklung von einer "Terroristin der Kunst" zu einer Künstlerin, die ihren Hass überwunden hat.

Eine wichtige Rolle spielt auch Nikis Ehemann, der Bildhauer Jean Tinguely, mit dem sie eine außergewöhnliche Künstlerehe führte. Mit ihm inszenierte sie u.a. 1962 eine Anti-Atom-Kunstaktion. Nach seinem Tod 1991 vollendete Saint Phalle seine bereits 1969 begonnene Skulptur "Kopf/Le Cyclop" im Wald von Fontainebleau.

Der Film begleitet Niki de Saint Phalle bis nach San Diego, wohin sie nach dem Tod ihres Mannes wegen einer Atemwegserkrankung übersiedelte.