Wann ist man nicht unbeschränkt steuerpflichtig?

Unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht - wann liegt ein steuerlicher Wohnsitz in Österreich vor?

Stand: 25. Oktober 2017

Die Interessenslagen von Steuerpflichtigen können höchst unterschiedlich sein. Wünscht sich der eine die Begründung eines steuerlichen Wohnsitzes in Österreich, um eine unbeschränkte Steuerpflicht im Inland zu erreichen, so will gerade dies ein anderer um jeden Preis vermeiden, um nicht mit seinem weltweiten Einkommen dem österreichischen Steuerrecht zu unterliegen. Bei der daran anschließenden Frage der steuerlichen Zuordnung von Einkunftsquellen sind auch Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen. Ob allerdings überhaupt eine unbeschränkte Steuerpflicht durch einen „Wohnsitz“ in Österreich begründet wird, entscheidet sich allein nach den Kriterien der österreichischen Bundesabgabenordnung. Das Bundesfinanzgericht Innsbruck hielt dazu jüngst mit Hinweis auf die VwGH-Judikatur fest, dass ein steuerlicher Wohnsitz bereits bei einer jährlichen Aufenthaltsdauer in der inländischen Wohnung von 2-3 Monaten vorliegen kann, dass jedoch ein Aufenthalt von jährlich lediglich 14-21 Tagen, noch dazu in einer nach der Ausstattung üblicherweise nicht benutzbaren Wohnung, noch keinen steuerlichen Wohnsitz in Österreich vermittelt.

Sachverhalt:

Ein italienischer Staatsbürger besitzt gemeinsam mit seiner Schwester in Österreich ein Mehrparteienwohnhaus mit insgesamt 8 Wohnungen, welches er von den Eltern gemeinsam mit seiner Schwester im Erbwege übertragen erhalten hat. Sieben dieser in diesem Wohnhaus befindlichen Wohnungen werden von den beiden Geschwistern  gemeinsam seit dem Jahr 1983 vermietet und die daraus erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Verfahren gem. § 188 BAO (gemeinsame Feststellung und Verteilung der steuerlichen Einkünfte auf die Teilhaber) festgestellt. Die beiden Geschwister wurden in Österreich für die Jahre bis 2013 erklärungsgemäß als beschränkt steuerpflichtig (nur mit ihren in Österreich erzielten Einkünften) zur Einkommensteuer veranlagt.

Mit Eingabe vom Dezember 2014 wurde beim österreichischen Finanzamt die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2012 beantragt, mit der Begründung, dass im Zuge der Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2013 erkannt wurde, dass die Geschwister in dem Haus, in welchem die Wohnungen vermietet werden, über eine eigene Wohnung im Ausmaß von 28 m² verfügen würden und daher als unbeschränkt (grundsätzlich mit ihrem Welteinkommen in Österreich, wobei Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen sind) steuerpflichtig zu behandeln seien.

Ein durch das Finanzamt im August 2015 durchgeführter Lokalaugenschein hat ergeben, dass der italienische Staatsbürger die Wohnung in Österreich nur sporadisch bewohne, „alles andere als benutzt“ aussehe und sich nahezu keine persönlichen Gegenstände in der Wohnung befinden würden. Wenn der Beschwerdeführer dort nächtige, werde ein ausziehbares Sofa verwendet und sei der Beschwerdeführer seit 18. März 2013 mit „Hauptwohnsitz“ dort gemeldet. Eine Benützungsbewilligung seitens der Stadtgemeinde gäbe es für die Wohnung nicht und sei ein Privatanteil von den Gebäude-/ Raumkosten betreffend die Wohnung erst im Rahmen des Wiederaufnahmeantrages erklärt und in den Überschussermittlungen der Hausbesitzgemeinschaft 2009 bis 2012 nicht ausgeschieden worden.

Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes zur Frage, ob in Österreich eine unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund eines Wohnsitzes im Sinne der Bundesabgabenordnung vorliegt:

Unbeschränkte Steuerpflicht: Die Frage, ob eine Person in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, richtet sich nicht nach Doppelbesteuerungsabkommen (hier DBA Österreich/Italien), sondern ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften. Demnach sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte (Welteinkommen).

Beschränkte Steuerpflicht: Beschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im Einkommensteuergesetz (§ 98 EStG) ausdrücklich aufgezählten Einkünfte.

Wohnsitz iSd österreichischen Bundesabgabenordnung: Einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften nach § 26 Abs. 1 BAO hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Steuerrechtlich ist das Bestehen eines Wohnsitzes stets an die objektive Voraussetzung der Innehabung einer Wohnung geknüpft. Innehaben bedeutet dabei, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Entscheidender Bedeutung ist dabei der tatsächlichen Verfügungsmacht zuzumessen und es sind jeweils die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es daher der Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die darüber hinaus nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sein müssen und sohin ohne jede wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten. Dieses "Innehaben" im Sinne der gesetzlichen Bestimmung muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei erfordert der für die Anwendung der Abgabenvorschriften maßgebliche Wohnsitzbegriff nicht die ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung. Die Wohnung muss aber, wenn auch nicht ununterbrochen, so doch immer wieder tatsächlich genutzt werden. Der bloße Besitz einer leerstehenden Wohnung ohne tatsächliche Nutzung vermittelt noch keinen Wohnsitz.

Ein steuerlicher Wohnsitz kann bereits ab einer jährlichen Nutzung von 2-3 Monaten vorliegen: Zu beachten ist, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein österreichischer Wohnsitz auch bei bereits relativ kurzer jährlicher Nutzung (zwei bis drei Monate zwecks Erholung oder zu Studienzwecken) durch den Steuerpflichtigen vorliegen kann. Daher war im Einzelfall entscheidungsrelevant, wann und an wie vielen Tagen sich der Steuerpflichtige in jedem einzelnen zu  beurteilenden Jahr in der streitgegenständlichen Wohnung in Österreich aufgehalten bzw. wann und wie oft er dort genächtigt hat. In diesem Zusammenhang ist auch auf § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend inländische Zweitwohnsitze (die allerdings im zu beurteilenden Fall nicht anzuwenden war) Bedacht zu nehmen. Danach begründet eine inländische Wohnung nur in jenen Jahren einen Wohnsitz im Sinne des österreichischen Einkommensteuergesetzes, in denen diese Wohnung allein oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen an mehr als 70 Tagen benutzt wird.


Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes:

Der auf eine unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich gerichtete Antrag des italienischen Staatsbürgers wurde vom Bundesfinanzgericht im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen.

  • Die geringe jährliche Aufenthaltsdauer durch den (italienischen) Steuerpflichtigen in der österreichischen Wohnung von lediglich 14 bis 21 Tagen begründet noch keinen Wohnsitz im Sinne der österreichischen Bundesabgabenordnung.
  • Zur polizeilichen Anmeldung (§ 1 Abs. 1 Meldegesetz) merkt das BFG mit Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an, dass diese für die Frage des Wohnsitzes im Einzelfall Indizienwirkung haben und in Zweifelsfällen einen Beurteilungsanhalt bieten kann, grundsätzlich aber nicht entscheidend ist. Ergänzend wies das BFG in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer nicht bereits seit der behaupteten Wohnsitznahme im Inland (spätestens im Jahr 2009 – bis zu diesem Jahr zurück wurde die Wiederaufnahme der Verfahren beantragt) sondern erst am 13. März 2013 polizeilich gemeldet hat.
  • Abschließend hielt das BFG noch fest, dass sich in den übermittelten Akten des Finanzamtes auch Fotos der Wohnung (Aufnahmen, anlässlich eines Lokalaugenscheins am 13. August 2015) befinden und diesen zu entnehmen ist, dass insbesondere im Bad/WC aber auch in anderen Räumlichkeiten der Wohnung die Wände zum Teil nicht verputzt waren bzw. sich im Rohbauzustand befunden haben (sichtbare Betonwände bzw. unverputzte Rigipsplatten sowie freiliegende Zu- und Abflussleitungen sowie Gasleitungen) und insoweit die Wohnung in diesem Zustand nicht geeignet war, dem Beschwerdeführer nach der Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim zu bieten.

(BFG vom 12.09.2017, RV/3101107/2016)

LBG-Empfehlung: Der Beurteilung der Frage, ob eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht vorliegt, kommt eine weitreichende Bedeutung hinsichtlich steuerlicher Konsequenzen für jede einzelne in- und ausländische Einkunftsart sowie der gesamten Steuerlast, aber auch hinsichtlich der Frage einer allfälligen Wegzugsbesteuerung oder Zuzugsbegünstigung zu.  Sie gehört bei jeder individuellen Steuerplanung zu den Kernelementen. Wir empfehlen daher eine sorgsame Beurteilung aller Zuordnungskriterien im Einzelfall unter Beachtung der gesamten steuerlichen Interessenslage – und eine neuerliche Beurteilung bei einem sich ändernden Sachverhalt.

Kontakt & Beratung: Unsere Expert/innen bei LBG beraten Sie gerne in Ihrer individuellen Situation. Bitte wenden Sie sich direkt an unsere Berater/innen bei LBG an unseren 30 österreichweiten Standorten (www.lbg.at) oder an - wir bringen Sie gerne mit dem, mit Ihrem Anliegen vertrauten LBG-Experten zusammen.

Wann ist man nicht unbeschränkt steuerpflichtig?
  
Unlimited or limited tax liability – when does an individual have his/her “permanent home” for tax purposes in Austria?

LBG Austria - Summary: Interests of taxable persons may vary considerably. While one especially desires the establishment of residence for tax purposes in Austria in order to be unlimited taxable in Austria, the other one tries hard to avoid exactly that, namely being taxed on his/her worldwide income in Austria. Regarding the tax allocation of income, double taxation agreements have to be taken into account. However, only the criteria in the Austrian Federal Fiscal Code (BAO) determine whether unlimited tax liability due to a “permanent home” in Austria is given. Recently the Federal Finance Court Innsbruck stated - with reference to judicial decisions of the Austrian Administrative Court - that using the “permanent home” for 2-3 month/year already qualifies for having one’s residence for tax purposes in Austria but that spending annually 14-21 days in an apartment which is furthermore usually classified not habitable is not sufficient to create unlimited tax exposure under Austrian tax law.

LBG Austria - Recommendation: The assessment oft the question whether unlimited or limited tax liability is given has great relevance regarding tax consequences on each domestic and foreign source of income, total tax burden as well as possible exit taxes or moving-in taxes. We recommend therefore a careful assessment of all assignment criteria on a case-by-case-basis in compliance with one’s overall tax interests – and a renewed assessment if circumstances change.

Contact & Advise: Our experts at LBG will be pleased to advise you in your individual situation. Please contact our consultants either directly at LBG at our 30 locations in Austria (www.lbg.at) or email us – we will connect you with the right expert at LBG who is very familiar with your concerns.

Wann ist man nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig?

Die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland endet, wenn der inländische Wohnsitz aufgegeben wird und man im Anschluss auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hat, sich also nicht mehr als sechs Monate pro Kalenderjahr in Deutschland aufhält (183-Tage-Regelung).

Wer ist in Deutschland uneingeschränkt steuerpflichtig?

Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, sind uneingeschränkt steuerpflichtig. Die Pflicht Steuern zu zahlen, ist umfassend. Sie beginnt mit der Geburt und endet erst mit dem Tod.

Wo unbeschränkt steuerpflichtig?

Unbeschränkt steuerpflichtig sind Personen, die in Österreich ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Einen Wohnsitz in Österreich haben Personen, die im Bundesgebiet über eine Wohnung verfügen, die sie offensichtlich längerfristig als solche nutzen (werden).

Ist man als Rentner unbeschränkt steuerpflichtig?

Bei Wohnsitz in Deutschland sind seit jeher alle Renten steuerpflichtig. Seit dem 01.01.2005 gilt dies auch für Renten, die ins Ausland gezahlt werden. Nicht alle Renten waren sofort betroffen: Mit der ersten Änderung des Einkommensteuergesetzes begann die Steuerpflicht zum 01.01.2005 für einen Teil der Renten.