Nicht nur zur weihnachtszeit heinrich böll

Heinrich Böll zum 100.: "Frieden, Frieden, Frieden."

Nicht nur zur weihnachtszeit heinrich böll

Der Schriftsteller Heinrich Böll in seiner Kölner Wohnung im Dezember 1977. © picture-alliance / dpa

Von Heinrich Böll · 20.12.2017

Der Zweite Weltkrieg wurde von Tante Milla nur als Gefahr für ihren Weihnachtsbaum registriert.

Als der Baum nach Weihnachten 1947 abgeschmückt werden soll, fängt die Tante an zu schreien und hört nicht mehr auf. Da auch die Ärzte keinen Rat wissen, setzt die Familie kurzerhand den Weihnachtsabend fort. Mit fatalen Folgen für alle – außer Tante Milla.

Regie: Fritz Schröder-Jahn
Mit: Heinz Rühmann, Reinhold Lütjohann, Thea Maria Lenz, Rudolf Fenner, Ingeborg Walther, Jens-Peter Froh, Heinz Roggenkamp, Max Zawislak, Marion Böttcher, Karin Lunau, Imme Froh, Sylvia Böttcher-Hermann
Komposition: Siegfried Franz
Produktion: NWDR 1952
Länge: 59'08

Heinrich Böll (21.12.1917–16.7.1985) war einer der großen deutschen Erzähler der Nachkriegszeit. Er war Mitglied der Gruppe 47 und auch ein wichtiger "Kopf" der Friedensbewegung. Er wurde ausgezeichnet u.a. mit dem Georg-Büchner-Preis (1967) und dem Nobelpreis für Literatur (1972). Er trug mit seinen Radiostücken, die in den fünfziger und sechziger Jahren entstanden, wesentlich zum legendären Ruf des deutschen Nachkriegshörspiels bei: "19. November 1828" (RIAS Berlin 1953), "Die Brücke von Berczaba" (RIAS Berlin 1953), "Eine Stunde Aufenthalt" (NDR/SWF 1957 und ORF 1959), "Die Spurlosen" (NDR/BR/SWF 1957 und DDR 1972), "Klopfzeichen" (NDR/SWF 1962). Bemerkenswert: "Zum Tee bei Dr. Borsig" (HR 1955) wurde nicht vom Tonband gesendet, sondern ging live in den Äther; die Schauspieler standen an den Mikrofonen und spielten das Stück. Der Rundfunk der DDR produzierte das Stück 1961.

Inhalt

Ach, wenn doch nur jeden Tag Weihnachten wäre! Tante Milla ist es ernst damit. Als im Februar 1947 endlich der Tannenbaum aus dem Wohnzimmer soll, wehrt sich Milla mit Händen und Füssen dagegen. Die Familie gibt nach: Und von nun an wird jeden Tag Weihnachten gefeiert. Das bleibt nicht folgenlos.

    Um diesen Podcast zu abonnieren, benötigen Sie eine Podcast-kompatible Software oder App. Wenn Ihre App in der obigen Liste nicht aufgeführt ist, können Sie einfach die Feed-URL in Ihre Podcast-App oder Software kopieren.

    Heinrich Böll ist mit «Nicht nur zur Weihnachtszeit» eine höchst amüsante Satire gelungen. Die aber auch einen kritischen Zug hat. Denn wenn Tante Milla im Jahr 1947 Weihnachten feiern möchte, «wie vor dem Krieg», und das noch Tag für Tag, dann sind Parallelen zur deutschen Nachkriegsgesellschaft unverkennbar: mit ihren Verdrängungstendenzen, mit dem Wunsch, so zu tun, als hätte es den Zweiten Weltkrieg, den Naziterror und die deutsche Schuld nie gegeben. Heile Welt eben.

    Mit: Wolfgang Stendar

    Redaktion: Walter Kälin - Produktion: SRF 1988 - Dauer: 65'

    Heinrich Böll wurde vor 100 Jahren in Köln geboren. Er gilt als bedeutendster Vertreter der deutschen Nachkriegsliteratur, prägte die Gruppe 47 mit und erhielt den Nobelpreis für Literatur. Neben dem Verfassen von Romanen und Erzählungen war Böll auch als Hörspielautor produktiv; seine Erfahrungen im Rundfunk schlugen sich in der berühmten Satire «Doktor Murkes gesammeltes Schweigen» nieder.

    Aus urheberrechtlichen Gründen können wir Ihnen auf unserer Internetseite nur einen Ausschnitt des Hörspiels anbieten.

    Der Beitrag des enfant terriblen Schriftsteller-Kollektivs »Gruppe 47« zur Weihnacht 52 ist ein recht ausgefallenes Angebinde, so stachlich wie deutsche Fichte. »Nicht nur zur Weihnachtszeit« ist in Heinrich Bölls gleichnamiger Kurzgeschichte*) der Tannenbaum, dieses altdeutsche Feier-Emblem,

    *) heinrich böll: »nicht nur zur weihnachtszeit«, studio frankfurt. - Eine Buchreihe der Frankfurter Verlagsanstalt. Herausgegeben von Alfred Andersch. 54 Seiten, 6,80 DM. aktuell, nein, auch zur Sommerszeit, wenn die Rosen blühn und die Hundstagshitze Zuckerkringel schmilzt.

    Bölls Hauptgestalt, die Mutter des Hauses, zwar 62, aber im übrigen kerngesund, wird nach gehabter Weihnachtsfeier im Kreise ihrer Lieben von dem Wahn ergriffen, jeden Tag um 18.30 Uhr sei Heiliger Abend. Alle Versuche ihrer Angehörigen, den Baum zu plündern und damit den Spuk zu bannen, werden mit fürchterlichen Schreikrämpfen der in Feierstarre Gefallenen quittiert.

    Mit der Schokolade des Baumbehangs aber schmilzt unter dem Hochdruck der auf den Kopf gestellten Verhältnisse auch die Moral und der Zusammenhalt der gutbürgerlichen Familie. - Auflösung gerade durch Bewahrenwollen, durch zänkischzähes Festhalten am Alten und schönen Außen - das ist die Moral dieser Weihnachtsgeschichte, mit der Heinrich Böll, 35, und im Vorjahr mit dem Gruppenpreis dekoriert, die permanente Kritik der sezessionierten Jungschreiber an ihren Altvordern in eine Festtagssatire faßt.

    »Nicht nur zur Weihnachtszeit« mag Bölls Geschichte darum ihre Gültigkeit haben. Seine verewigte Weihnachtsfeier ist unverkennbar Gleichnis unseres Kulturbetriebes, der eine Zeit, von der - wie der Autor sagt - »ich angenommen hatte, sie sei vorbei«, mit allen Finessen in scheinhafter Dauer zu restaurieren sucht - eines Kulturbetriebs, in dem der »silbrig gekleidete, rotwangige Weihnachtsengel kraft eines konsequent gehüteten mechanischen Geheimnisses in gewissen Abständen ''Frieden, Frieden'' flüstert«.

    Wie heißt der Film wo jeden Tag Weihnachten gefeiert wird?

    Und täglich grüßt der Weihnachtsmann ist ein US-amerikanischer Fernsehfilm aus dem Jahr 1996. Der Film ist von der Thematik und vom Titel angelehnt an den Film Und täglich grüßt das Murmeltier aus dem Jahr 1993.

    Was kritisierte Heinrich Böll?

    HEINRICH BÖLL schrieb Zeitromane, Satiren, Hörspiele und Kurzgeschichten. Fast immer übte er Kritik an gesellschaftlichen Missständen. Hauptthema vieler seiner Werke war das Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg; damit gehört BÖLL zu den Autoren der sogenannten „Trümmerliteratur“.

    Welche Kurzgeschichten hat Heinrich Böll geschrieben?

    Zu seinen wichtigsten Kurzgeschichten gehören Der Mann mit den Messern, Wanderer, kommst du nach Spa…, Wiedersehen in der Allee, Die Waage der Baleks, Das Brot der frühen Jahre und Doktor Murkes gesammeltes Schweigen.