Ist die Geschichte von 300 eine wahre?

Mit einem kleinen Heer besetzte König Leonidas 480 v. Chr. den Thermopylen-Pass. Als die Perser ihn umgingen, gab er den Befehl zum Rückzug. Mit seinen Spartanern aber harrte er bis in den Tod aus.

Veröffentlicht am 10.08.2019 | Lesedauer: 7 Minuten

Ist die Geschichte von 300 eine wahre?

Von Berthold Seewald

Leitender Redakteur Geschichte

„300“ – Eine Handvoll Spartaner gegen ein Weltreich

Mit „300“ brachte der amerikanische Regisseur Zack Snyder 2006 die Geschichte der historischen Schlacht an den Thermophylen 480 v. Chr. in die Kinos. Basierend auf den Kultcomics von Frank Miller.

Quelle: Warner Bros.

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Die Sieger schreiben Geschichte, heißt es, aber es gibt auch Ausnahmen. Die wohl berühmteste ereignete sich im August 480 v. Chr. Damals kämpften bei den Thermopylen in Mittelgriechenland wenige Tausend griechische Krieger gegen das Heer des persischen Weltreichs. Die Griechen hatten keine Chance, Überlebende gab es nicht. Aber bereits kurze Zeit später wurden sie zu Helden und Vorbildern ganzer Generationen. Noch in den Kriegen des 20. und der Popkultur des 21. Jahrhunderts wurden und werden die Verlierer der Schlacht als zeitlose Verkörperung von Mut, Standhaftigkeit und Opferbereitschaft gefeiert.

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Dass es dazu kam, hat zwei Gründe. Zum einen machte der griechische Sieg im sogenannten Zweiten Perserkrieg (480/479 v. Chr.) die Niederlage an den Thermopylen zur tragischen Vorgeschichte eines in dieser Größe kaum für möglich gehaltenen Triumphs. Zum anderen hat der griechische Historiker Herodot die Schlacht in seinen „Historien“ ausführlich beschrieben. Dennoch gibt es kaum ein Treffen des Altertums, das unterschiedlichere Deutungen provoziert hat. Bis heute fühlen sich Historiker bemüßigt, der langen Liste der Rekonstruktionen weitere folgen zu lassen.

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Die Rahmenbedingungen sind schnell erzählt. Nachdem die Aufgebote von Athen und Plataiai 490 v. Chr. bei Marathon den Invasionsversuch eines persischen Expeditionskorps abgewehrt hatten, machte der neue Großkönig Xerxes die Eroberung Griechenlands zur Chefsache. Während das Reichsheer mobilisiert wurde, forderten Gesandte von den hellenischen Stadtstaaten Erde und Wasser als Zeichen der Unterwerfung. Viele kamen dem nach. Aber Athen und Sparta verweigerten sich. Damit war der Krieg unvermeidlich geworden.

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Während die riesige persische Armee, bis zu 100.000 Mann – gesichert von der Flotte –, langsam auf dem Landweg von Norden vorrückte, versuchten die Griechen, sich auf eine gemeinsame Verteidigungsstrategie festzulegen. Sicher war, dass Sparta, dessen Berufssoldaten als die besten von Griechenland galten, den Oberbefehl zu Lande und zu Wasser übernehmen sollte.

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Der Thermopylen-Pass war das Einfallstor nach Mittelgriechenland. Bei Salamis und Plataiai blieben die Griechen siegreich

Quelle: Infografik WELT

Die Staaten der Peloponnes favorisierten die Befestigung des Isthmos (Landenge) von Korinth. Dagegen forderten die Bündner des Festlandes eine weiter nördlich gelegene Verteidigungsstellung. Das sahen auch die Athener so. Ihr Wort hatte Gewicht, nicht nur, weil ihre Stadt die größte hellenische Polis war, sondern weil sie nach Marathon in Erwartung eines neuen persischen Vorstoßes eine große Flotte gebaut hatten, die das größte Kontingent der hellenischen Seemacht bildete.

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Also einigte man sich darauf, mit einem Vorauskommando den Thermopylen-Pass zu besetzen, während die vereinigte Flotte die Perser am Kap Artemision im Norden der Insel Euböa aufhalten sollte. Das Ufer der Thermopylen, durch die heute die Autobahn von Athen nach Thessaloniki verläuft, lag in der Antike wesentlich näher am Gebirge, sodass bereits eine kleine Truppe die Enge sperren konnte.

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Unter dem Kommando des spartanischen Königs Leonidas wurden 300 Spartiaten, also spartanische Vollbürger, die kriegerische Elite der Stadt, sowie Kontingente aus der Peloponnes, Thespiai, Phokis und Theben nach Norden entsandt, insgesamt wohl 7000 Mann. Das spartanische Hauptheer sollte mit den übrigen Bundesgenossen folgen, schreibt Herodot.

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Leonidas (Gerard Butler) in Zack Snyders Film "300" (2006)

Quelle: picture-alliance/ dpa

Das Kalkül ging zunächst auf. Die Perser konnten ihre überlegene Zahl in der Passstraße nicht zur Entfaltung bringen. Welle um Welle griff die dicht gedrängte Phalanx der schwer gepanzerten griechischen Hopliten an, deren Zentrum die spartanischen Elitekrieger bildeten. Selbst Xerxes’ Leibgarde, die Unsterblichen, scheiterten unter großen Verlusten (was US-Regisseur Zack Snyder in seinem Film „300“ von 2006 ebenso fantasievoll wie einträglich in Szene gesetzt hat, was 2014 die Fortsetzung „300: Rise of an Empire“ generierte).

Dann aber meldete sich ein Grieche, ein gewisser Ephialtes, bei dem Großkönig und bot ihm gegen üppiges Honorar an, eine Truppe auf einem Pfad durch die Berge zu führen, um damit die Griechen im Rücken zu fassen. Als Leonidas die Gefahr erkannte, schickte er die Masse seiner Kämpfer nach Süden und behielt nur seine 300 Spartiaten und die Kontingente aus Thespis und Theben bei sich. „Da die Griechen wussten, dass sie infolge der Umgehung des Berges doch umkommen würden, setzten sie ihre letzte Kraft gegen die Barbaren ein und schlugen ihr Leben blindlings in die Schanze“, schrieb Herodot. Dass Leonidas früh fiel, mag ihren Untergang beschleunigt haben.

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Die Thermopylen heute, rechts die Autobahn. In der Antike verlief das Ufer am Saum des Gebirges

Quelle: Wikipedia/Fkerasar/CC-BY-SA 3.0

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Auf die Nachricht von der Niederlage wurde die Position der Flotte, die bis dahin mit einigem Erfolg beim Kap Artemision gegen die Perser operiert hatte, unhaltbar. Sie floh nach Süden. Ende September sollte sie bei Salamis mit ihrem Sieg Xerxes zum Rückzug zwingen. Nach ihrer vernichtenden Niederlage im Jahr darauf bei Plataiai räumten die Perser schließlich Griechenland und überließen es seinen Streitigkeiten.

Für Herodot war der Fall klar: Leonidas opferte sich, weil er es „mit der Ehre der Spartaner für unvereinbar gehalten habe, den Platz zu verlassen, den sie ja gerade verteidigen sollten“. Außerdem brachte der Historiker ein militärisches Argument vor. Seine Bundesgenossen hätten „nicht mit ihm ihr Leben wagen wollen“, was Leonidas bewog, sie zu entlassen. Einen dritten Grund findet Herodot im agonalen, auf steten Wettkampf ausgerichteten Ethos der Griechen: Leonidas habe „den Ruhm allein den Spartanern zuwenden“ wollen.

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Leonidas' Triumph bei den Thermopylen: So deutete Jacques-Louis David (1748-1825), der Maler der Französischen Revolution, die Schlacht

Quelle: Universal Images Group via Getty

Kaum eine Deutung hat vor modernen Historikern Bestand gehabt. Ein Gesetz, eine unhaltbar gewordene Stellung bis zur Selbstaufgabe zu halten, sei für Sparta keineswegs belegt. Früher und später hätten spartanische Feldherrn durchaus Umgruppierungen vorgenommen, die einem Rückzug gleichkamen. Bei den Thermopylen wäre dies sicherlich die sinnvollere Variante gewesen, hätte sie doch die Elitetruppe der Spartiaten für die Fortführung des Krieges erhalten. Der berühmte Althistoriker Karl Beloch befand sogar, der Tod des Leonidas hätte die Verbündeten immerhin von einem unfähigen Befehlshaber befreit.

Häufig wird als rationale Erklärung für dessen Entscheidung angeführt, er hätte der griechischen Flotte den Rückzugsweg offen halten wollen. Dagegen spricht allerdings die von Herodot überlieferte Abfolge der Ereignisse. Erst die Niederlage bei den Thermopylen zwang nämlich die Flotte zum Rückmarsch. Im Übrigen muss Leonidas erfahren genug gewesen sein, um zu erkennen, dass er sich mit so wenigen Soldaten kaum bis zum Passieren der Schiffe würde halten können.

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Leonidas-Statue auf dem historischen Schlachtfeld

Quelle: AFP/Getty Images

Das Gleiche gilt für die These, der Spartaner hätte den Rückzug seiner Soldaten vor der Überrumpelung durch die persische Reiterei decken wollen. Das hätte er auch als Führer der Nachhut auf dem Marsch tun können. Doch auch in diesem Fall greift der Einwand, dass kein authentisches Zeugnis auf uns gekommen ist, wie Leonidas die Situation vor Ort beurteilt hat.

In neuerer Zeit wurden wiederholt politische Motive für seine Entscheidung vorgebracht. Schon Herodot hatte als Grund für die Entsendung von Leonidas Korps angegeben, die Spartaner hätten damit verhindern wollen, dass „die übrigen Bundesgenossen … nicht etwa zu den Persern übergingen“. Das könnte auf einen fundamentalen Streit unter den Griechen verweisen, deren schneller Rückzug bei den Thermopylen dann weniger durch einen Befehl des Leonidas, sondern aus eigenem Antrieb erfolgte, argumentiert der Bonner Historiker Wolfgang Will. Der Tübinger Historiker Sebastian Schmidt-Hofner geht noch weiter: Vielleicht verließen die meisten griechischen Kontingente die Thermopylen-Stellung, weil ihre Führung die Verteidigung am Isthmos von Korinth favorisierte.

Möglicherweise aber wollte sich auch Leonidas seinen Leuten anschließen, kam aber nicht mehr rechtzeitig aus der Falle heraus. Stattdessen begründete sein Tod den Mythos von Ehre, Treue und Opfertod. Bald nach ihrem Sieg über die Perser errichteten die Griechen an den Thermopylen ein Denkmal, auf dem ein Epigramm des Dichters Simonides von Keos prangte, das Friedrich Schiller übersetzt hat: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.“ (Hermann Göring machte nach der Katastrophe von Stalingrad 1943 daraus: „Kommst du nach Deutschland, so berichte, du habest uns in Stalingrad liegen gesehen …).

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So wurden Leonidas und seine Leute zu ruhmreichen, bis in den Tod kämpfenden Helden. Dieser Mythos, so Will, ersparte Sparta später wohl manche Schlacht.

Wie viele haben die 300 getötet?

Herodot berichtet über insgesamt 4000 tote Griechen, wobei die Verluste an Schwerbewaffneten wohl einiges über 1000 betrugen: die 300 Spartiaten, die 700 Thespier, einige der Thebaner und die Verluste der beiden ersten Tage, die jedoch eher gering gewesen zu sein scheinen.

Hat Leonidas wirklich gelebt?

(altgriechisch Λεωνίδας Leōnídas, deutsch ‚der Löwengleiche'; † August 480 v. Chr. bei den Thermopylen) war von 490 bis 480 v.

Wer waren die 300 Spartaner?

Unter dem Kommando des spartanischen Königs Leonidas wurden 300 Spartiaten, also spartanische Vollbürger, die kriegerische Elite der Stadt, sowie Kontingente aus der Peloponnes, Thespiai, Phokis und Theben nach Norden entsandt, insgesamt wohl 7000 Mann.

Wie viele Perser haben die 300 Spartaner getötet?

Laut Herodot kamen rund 20.000 Perser ums Leben, auf Seiten der Griechen waren es ca. 4000 Gefallene. Sparta errichtete für Leonidas und die tapferen 300 Soldaten an jener Stelle einen steinernen Löwen. Damit wurden die Kämpfer für den Heldentod geehrt.