Die Hauptpflicht des Arbeitgebers ist es, dem Arbeitnehmer seinen Lohn auszubezahlen. Die Nichterfüllung dieses Zahlungsanspruchs hat verschiedene Konsequenzen: Show
Zurückbehaltungsrecht:Ohne Entlohnung muss der Arbeitnehmer nicht arbeiten. Daher gewährt ihm § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht, wenn der Arbeitgeber seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt. Insofern ist es unschädlich, dass die Arbeitsleistung des Beschäftigten regelmäßig nicht nachholbar ist (s. Stichwort Lohn). Der fortbestehende Lohnanspruch ergibt sich aus den §§ 326 Abs. 2 bzw. 615, 298 BGB. Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers:Wird der Lohn nicht pünktlich ausgezahlt, gerät der Arbeitgeber in Verzug (§ 286 BGB). Hierzu ist eine Mahnung des Arbeitnehmers regelmäßig nicht erforderlich, sofern die Fälligkeit des Lohns kalendermäßig bestimmt ist, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Arbeitnehmer kann daher Ersatz seines Verzugsschadens gemäß der §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 ff. BGB verlangen. Allerdings muss der Arbeitgeber die Nichtauszahlung des Lohnes gemäß § 286 Abs. 4 BGB zu vertreten haben. Da zivilrechtlich jedoch der Grundsatz gilt „Geld hat man zu haben“, ergibt sich das Vertretenmüssen des Arbeitgebers unproblematisch aus § 276 Abs. 1 S. 1 Var. 4 BGB. Zusätzlich kann der Arbeitnehmer auch Schadensersatz statt der Leistung aus den §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB fordern. Ist es dem Arbeitgeber – wegen Insolvenz – dauerhaft unmöglich, seiner Vergütungspflicht nachzukommen, ergibt sich der Anspruch aus den §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB. Für das jeweilige Vertretenmüssen gilt der oben genannte zivilrechtliche Grundsatz entsprechend. Klageweg:Bei unterbliebener Lohnauszahlung kann der Arbeitnehmer gemäß der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3a und Abs. 5, 46 ff. ArbGG in Verbindung mit den §§ 253 ff., 495 ZPO Lohnzahlungsklage erheben. Allerdings sollte er sich damit sputen, da es nicht nur zu einer Verjährung der Ansprüche, sondern sogar zu einem vorzeitigen Anspruchsausschluss kommen kann, sofern eine Ausschlussfrist existiert. [highlight]Insofern ist dringend anzuraten, schnellstmöglich einen Anwalt aufzusuchen![/highlight] [box type=“alert“]Achtung: Ist der Lohnanspruch verjährt oder greift eine Ausschlussfrist, läuft der Arbeitnehmer Gefahr, „umsonst“ gearbeitet zu haben![/box] Streitig ist, in welcher Höhe der Lohnanspruch einzuklagen ist. Nach Ansicht des BAG kann das volle Bruttoentgelt geltend gemacht werden, obwohl dem Arbeitnehmer grundsätzlich nur der Nettolohn auszuzahlen ist. Wenn der Arbeitgeber den Lohn nicht pünktlich zahlt, kann das für den Arbeitnehmer schwerwiegende Konsequenzen haben, wenn nicht gar existenzbedrohend sein. Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Verzug der Zahlung der Vergütung (Lohn, Gehalt oder Ausbildungsvergütung) durch den Arbeitgeber vorliegt:
Fälligkeit der Vergütung Die gesetzlichen Vorgaben zur Fälligkeit des Arbeitslohns finden sich in § 614 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Damit muss die Vergütung nach Leistung der Dienste entrichtet werden. In der Regel wird die Vergütung nach zuvor festgelegten Zeitabschnitten (monatlich) bemessen. Bei dieser Vereinbarung muss der Arbeitgeber die Vergütung jeweils nach Ablauf eines einzelnen Zeitabschnitts an den Arbeitnehmer auszahlen. Enthält der Arbeitsvertrag eine Vereinbarung zur Monatsvergütung, wird die Zahlung der Vergütung durch den Arbeitgeber genau nach Ablauf des jeweiligen Monats, konkret am 1. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Gerichte sehen eine Zumutbarkeitsschwelle beim 15. des Folgemonats Eine Regelung in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, nach der das Monatsentgelt nach erbrachter Arbeitsleistung erst am 20. des Folgemonats fällig werden soll, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Auszug aus den Entscheidungsgründen: Außerdem hat die Beklagte die Zumutbarkeitsschwelle 15. des Folgemonats auch überschritten, indem sie sich vorbehalten hat, das Entgelt selbst noch bis zum 20. des Folgemonats abrechnen und zahlen zu dürfen. Voraussetzungen für den Schuldnerverzug Die erste Voraussetzung ist, dass die Forderung fällig ist. Weitere Voraussetzungen zum Verzug des Schuldners sind in § 286 BGB gesetzlich geregelt: (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich. Da für die Lohnzahlung in der Regel eine Zeit nach dem Kalender bestimmt wird, ist eine Mahnung in diesem Fall nicht notwendig, um den Arbeitgeber in Verzug zu setzen. Der Arbeitgeber garät automatisch in den Zahlungsverzug, wenn er den Fälligkeitstermin verstreichen lässt und dieser laut Arbeitsvertrag "nach dem Kalender bestimmt" ist. Wenn der Arbeitsvertrag vorgibt, dass die Auszahlung der Vergütung immer am 1. Kalendertag des Folgemontags erfolgt, so gerät er in diesem Fall bereits am 2. Kalendertag des Monats in den Verzug. VerzugszinsenArbeitnehmer haben ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber mit der Zahlung der Vergütung in den Verzug geraten ist, Anspruch auf Verzugszinsen. Wenn die Höhe der Verzugszinsen nicht gesondert im Arbeitsvertrag geregelt ist, bestimmt sich diese nach den gesetzlichen Vorgaben. Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Basiszinssatz ist eine veränderliche Größe, die jeweils am 01. Januar und am 01. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt wird. Die Änderungen werden von der Bundesbank bekanntgegeben. Die Verzugszinsen sind nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den Bruttolohn zu berechnen. Bei einer Lohnklage sollte der offene Lohn immer insgesamt als Bruttolohn eingeklagt werden. Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro - Bundesarbeitsgericht hat am 25.09.2018 klärendes Grundsatzurteil gefällt (8 AZR 26/18) - Mehrere Arbeitsgerichte befürworten Verzugspauschale im ArbeitsrechtAm 22.07.2014 wurde das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes erlassen. Dieses Gesetz ist am 29.07.2014 in Kraft getreten. Dabei wurden dem § 288 BGB die Absätze 5 und 6 angefügt: (5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Zur Anwendung ist der Artikel 229 § 34 BGBEG (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche) zu beachten: Die §§ 271a, 286, 288, 308 und 310 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 29. Juli 2014 geltenden Fassung sind nur auf ein Schuldverhältnis anzuwenden, das nach dem 28. Juli 2014 entstanden ist. Abweichend von Satz 1 sind die dort genannten Vorschriften auch auf ein vorher entstandenes Dauerschuldverhältnis anzuwenden, soweit die Gegenleistung nach dem 30. Juni 2016 erbracht wird. Die Verzugspauschale konnten damit bis 30.06.2016 nur Arbeitnehmer fordern, deren Arbeitsvertrag nach dem 28. Juli 2014 geschlossen wurde. Ab Juli 2016 sollte das auch für alle älteren Arbeitsverträge gelten. In dem Grundsatzurteil vom 25.09.2018 (8 AZR 26/18) hat sich das Bundesarbeitsgericht gegen Verzugspauschalen im Arbeitsrecht ausgesprochen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Pauschalen. Zwar findet § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet. Allerdings schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus. Leitsätze des Urteils 8 AZR 26/18: § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch für bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandene Beitreibungskosten und damit insoweit auch einen Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB aus. Es gab zwei Parallelentscheidungen zum Urteil 8 AZR 26/18. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Das Bundesarbeitsgericht hat die Erstentscheidung des 8. Senates in einem weiteren Urteil bestätigt: Auch hinsichtlich der für September 2016 erhobenen Entgeltforderungen steht der Klägerin die sog. Verzugspauschale nicht zu. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG verdrängt nach seinem Normzweck den aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB folgenden Anspruch des Arbeitsnehmers auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40,00 Euro. Es gab eine Parallelentscheidung zum Urteil 5 AZR 588/17. Urteil vom 12.12.2018, 5 AZR 589/17 Mehrere Arbeitsgerichte stellen sich gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und befürworten die Verzugspauschale im Arbeitsrecht. Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 4245/18 vom 14.02.2019 1. Die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB ist auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche anwendbar. LAG Sachsen, 2 Sa 364/18 vom 17.07.2019 § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB wird im Arbeitsrecht entgegen BAG vom 25.09.2018 (8 AZR 26/18 - Juris - mit ausführlicher Begründung Rdnr. 23 ff.; BAG vom 19.12.2018 - 10 AZR 231/18 - Juris unter Bezugnahme in Rdnr. 75 auf BAG vom 25.09.2018 a. a. O.) nicht von § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG verdrängt. Nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG besteht zwar in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs (bei den Gerichten für Arbeitssachen) kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes. Die "Pauschale" des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB hat aber den Verzug des Schuldners zur Voraussetzung und stellt keine "Entschädigung wegen Zeitversäumnis" des Gläubigers dar. Nicht dieser hat etwas (Zeit) versäumt, sondern der Schuldner ist mit der zu beanspruchenden Entgeltleistung säumig. Bereits dem Wortlaut nach vermag § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einen Anspruch aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB daher nicht auszuschließen. Die entgegenstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts entfernt sich grundlos vom Gesetzeswortlaut. Schritte des Arbeitnehmers bei Zahlungsverzug des ArbeitgebersDer erste Weg sollte das persönliche Gespräch mit dem Arbeitgeber sein. Wer voreilig in den Rechtsstreit eintritt, riskiert ein angespanntes Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine Mahnung ist, wie oben schon erwähnt, keine notwendige rechtliche Voraussetzung für die Erhebung einer Lohnklage. Die Lohnklage ist beim Arbeitsgericht zu erheben. Vor dem Arbeitsgericht besteht in erster Instanz kein Anwaltszwang. Ein Mahnbescheid kann auch online beantragt werden. Hier können Arbeitnehmer eine eigens zu diesem Zweck eingerichtete Webseite der deutschen Mahngerichte verwenden. Das entsprechende Formular finden Sie auf www.online-mahnantrag.de. Beispiel zur Haftung des Arbeitgebers für verspätete LohnzahlungenDas ein Zahlungsverzug im konkreten Fall sehr teuer werden kann, hat ein Betrieb des Bauhauptgewerbes erfahren. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.08.2014 (9 Ca 1180/14) wurde durch Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz kostenpflichtig zurückgewiesen (Urteil vom 24.09.2015 - 2 Sa 555/14). Der Kläger war beim Beklagten, der einen Betrieb des Bauhauptgewerbes führt, als Hilfsarbeiter beschäftigt. Der Arbeitgeber war mit den Lohnzahlungen im Rückstand. Der Arbeitnehmer hatte ein Darlehen zu bedienen. Nachdem der Kläger die Zahlung auf das Darlehen nicht leisten konnte, versteigerte die Bank ein Haus des Klägers zwangsweise. Der Arbeitnehmer machte daraufhin den Mindererlös der Zwangsversteigerung nebst Zwangsversteigerungskosten als Verzugsschaden geltend. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 24.09.2015, 2 Sa 555/14 Die haftungsbegründenden Voraussetzungen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Lohnzahlung des Beklagten sind erfüllt. © 2007-2022 A.Liebig - Impressum - Kontakt - Datenschutz - Inhaltsverzeichnis (Sitemap) - Lohnlexikon - Cookie Einstellungen verwalten |