Auswanderung nach amerika im 20. jahrhundert

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Texte intégral

3.1 Bestimmungsfaktoren und Entwicklungsbedingungen

  • 125 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 303.

1Das 19. und frühe 20. Jahrhundert umfasst in der Geschichte von Bevölkerung, Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland den durch den Industrialisierungsprozess initiierten säkularen Wandel von der Agrar- zur Industriegesellschaft. Diese Entwicklung war im Kaiserreich gekennzeichnet durch den Übergang von einem durch starke Industrie geprägten Agrarstaat hin zu einem Industriestaat mit starker agrarischer Basis.125

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Abb. 1: Sektorale Beschäftigtenanteile und Wertschöpfungsanteile

  • 126 Ebd., S. 304.

2Die Abbildungen zeigen eine Verschiebung in den Wertschöpfungs- und Beschäftigungsanteilen zwischen Industrie und Landwirtschaft: der primäre Sektor wird Ende der 1880er Jahre (1889) vom sekundären Sektor in der Wertschöpfung und anfang des 20. Jahrhunderts (1904) auch in der Höhe der Beschäftigungszahl überholt. Das 19. und frühe 20. Jahrhundert umfasst in der natürlichen Bevölkerungsentwicklung (ohne Wanderungen) den Kernbereich des demoökonomischen Übergangs (demographische Transition) und zeigt eine phasenverschobene Anpassung der Bevölkerungsweise an die Wirtschaftsweise im Übergang zu den generativen Strukturen der modernen Industriegesellschaft.126

3Gleichermaßen fällt in die Zeit des Kaiserreichs der Durchbruch im Wandel generativer Strukturen: Das Zusammenfallen der sinkenden Sterbeziffern und einer zunächst weiterhin hohen Geburtenziffer führte zu einem dramatischen Bevölkerungswachstum. Die Bevölkerungsexplosion ließ die Reichsbevölkerung zwischen 1875 und 1900 um 25 % anwachsen; von etwa 45 Millionen 1880 auf rund 56 Millionen um 1900. Das Absinken der Geburtenziffern in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts brachte dann den entscheidenden Wandel der generativen Strukturen zur industriellen Bevölkerungsweise.

  • 127 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 307.

4Diese lange Übergangsperiode zeichnete sich durch das Wanderungsgeschehen transnationaler und interner Massenbewegungen aus. 1880 erreichte die millionenstarke Überseeauswanderung des 19. Jahrhunderts ihr absolutes Maximum. Die über große Distanzen reichende Binnenwanderung entwickelte sich im stark beschleunigten Urbanisierungsprozess während der Hochindustrialisierung zur größten Massenbewegung in der deutschen Geschichte. Sowohl die transnationale als auch die interne Massenwanderung resultierten aus dem demo-ökonomischen Kernproblem des 19. Jahrhunderts, nach „jenem international (Auswanderung) und interregional (Binnenwanderung) wirkenden Bevölkerungsdruck, dessen Kraftzentrum das Missverhältnis im Wachstum von Bevölkerung und Erwerbsangebot war.“127 Die Kurve der überseeischen Massenauswanderung brach jedoch erst endgültig ab, als das Überangebot von Arbeitskräften in der industriellen Hochkonjunktur und der langen Agrarkonjunktur vor dem Ersten Weltkrieg durch das stark angestiegene Erwerbsangebot absorbiert wurde und die Angebot- und Nachfragespannung auf dem Arbeitsmarkt in einen Arbeitskräftemangel umschlug. An die Stelle des Bevölkerungsdrucks trat nun auf dem deutschen Arbeitsmarkt der Sog des Erwerbangebotes, was die kontinentale Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte nach Deutschland zur Folge hatte.

  • 128 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 307. Einen umfassenden Überblick zum (...)

5Wenn von der deutschen Massenauswanderung im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die fast 6 Millionen Auswanderer umfasste, gesprochen wird, ist fast ausschließlich von der Überseewanderung die Rede. Die Auswanderung über „trockene“ Grenzen innerhalb Europas war nur von geringfügiger Bedeutung – was sich auch im bislang unzureichenden Forschungsstand widerspiegelt. Eine Ausnahme stellte hierbei die Auswanderung nach Russland und in die Habsburger Länder dar, die erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlenmäßig hinter der überseeischen Wanderungsbewegung zurücktrat.128

3.2 Phasen, Bestimmungskräfte und Verlaufsformen

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Abb. 2: Gesamtverlauf der Auswanderung

  • 129 Ebd., S. 309.
  • 130 Bade: Europa (wie Anm. 2), S. 145.
  • 131 Vgl. auch: Bade, Klaus J.: German Emigration to the United States and Continental Immigration to Ge (...)

6Die Abbildung Bades zeigt den wellenförmigen Gesamtverlauf der deutschen Überseeauswanderung seit den 1830er Jahren. Der Massenexodus des 19. Jahrhunderts, der in den 1840er Jahren seinen Aufstieg und seit den 1890er Jahren seinen Abstieg zu verzeichnen hatte, wird in der Forschung als „eine einzige große Auswanderungswelle“ bezeichnet, welche „drei Gipfel und zwei ereignisbedingte Einbruchphasen von 1858 bis 1864/65 (Wirtschaftskrise 1857-59, Sezessionskrieg 1861-65 und 1873/74 bis 1879 und die Wirtschaftskrise 1873-79)“ hatte.129 Für Bade hingegen stellte die Auswanderung des 19. Jahrhunderts aus Europa „nur eine einzige große, durch verschiedene Hindernisse gestörte Auswanderungswelle“ dar.130 Solch ein durch Aus- bzw. durch Einwanderungshindernisse bedingter Auswanderungsstau konnte nach einem Rückgang der Auswanderungswelle abrupt einen starken Auswanderungsschub freisetzen, der dann als Auswanderungswelle in Erscheinung trat, bei dem Auswanderungsentschlüsse mitwirkten, die möglicherweise schon Jahre zurücklagen.131 Von einem sprunghaften Anstieg der Auswanderermassen 1816/17 in Folge von Missernten auf etwa 20.000 abgesehen, blieben die Zahlen bis in die 1830er Jahre relativ niedrig. Ein deutlicher Anstieg ist seit der Mitte der 1840er Jahre, bedingt durch die Pauperismuskrise und die daraus resultierende Soziale Frage, zu erkennen. Das ständische Sozialgefüge wurde durch wirtschaftliche Reformen von oben beseitigt. Besitzregulierungen, Bevölkerungsdruck, Lastenablösungen und Gemeinheitsteilungen auf dem Lande, die Bodenzersplitterung im Westen und Südwesten und die Gewerbefreiheit im Handwerk ließen sowohl die transnationale als auch die interne Migration sprunghaft ansteigen. Zu den entscheidenden Auslösern der rapide anwachsenden Auswanderung können die Teuerungs- und Ernährungskrisen in den 1830er und 1840er Jahren gezählt werden, die durch Missernten und anhaltenden Lohndruck entstanden sind. Diese trafen in den vor- und frühindustriellen Arbeitsmärkten auf Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit. Die Landwirtschaft, das hausindustrielle Gewerbe und das Handwerk konnten die enormen Bevölkerungsmassen nicht mehr beschäftigen und das aufstrebende Fabrikwesen war noch nicht imstande, das Überangebot an Arbeitskräften aufzunehmen. Die Krise 1846/47 und die Auswirkungen der Revolution fanden dann 1854 mit 239.264 Auswanderern ihren Hochpunkt. Der in den 1850er Jahren beginnende Aufschwung in den neuen und alten Industrien und im Bau- und Verkehrswesen führte in einigen Regionen zu einem leichten Lohnanstieg, konnte das Überangebot an Arbeitskräften aber nur bedingt absorbieren.

  • 132 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 310.
  • 133 Ebd., S. 311.

7Getragen von der Hoffnung auf ein besseres Fortkommen stieg die Auswanderung nach Amerika nun zur Massenbewegung auf. Die Auswanderung konnte aber auch als Flucht aus dem erschütterten deutschen Sozialgefüge und Verweigerung der sozialökonomischen Anpassungszwänge angesehen werden. So wanderten zwischen 1846/47 und 1857/59 etwa 1,3 Millionen nach Amerika aus. Allein zwischen 1857/59 mehr als eine halbe Million Menschen. Die gescheiterte Revolution führte zwar zu einer kollektiven Verunsicherung und wirkte sich verstärkend auf die Bewegung aus, ließ sie aber, abgesehen von den politischen „Forty eighters“, nicht zu einer Massenbewegung anwachsen. „Die Massenauswanderung als Folge und Symptom der Krise aber rekrutierte sich in ihrem Schwergewicht gerade nicht in diesem aufstrebenden Bürgertum, das in der Revolution nach dem politischen Äquivalent seiner ökonomischen Stellung suchte und in diesem Kampf um politische Partizipation vom Revolutionsergebnis enttäuscht wurde. Ihr soziales Rekrutierungsumfeld lag in tieferen Schichten der Sozialpyramide, die in ökonomischer Existenzgrundlage und sozialem Status gefährdet oder schon unmittelbar von Armut und Elend bedroht waren.“132 Die Auswanderer setzten sich zusammen aus Handwerkern und Kleingewerbetreibenden, die sich den Schutz des zusammengebrochenen Zunftwesens zurückwünschten. Sie rekrutierte sich aus kleinbäuerlichen Schichten, welche die Revolution nur am Rande miterlebt hatten oder aus Erzählungen kannten. Auf diese Weise füllten sich die Auswandererschiffe „mit dem Mahlstrom der Wirtschafts- und Gesellschaftskrise geratener sozialer Gruppen, die dem Elend der verführten industriellen Reservearmee im erwerbslosen Wartestand zu entkommen suchten.“133 Durch den Verkauf ihrer Habe konnten sie sich eine Schiffspassage lösen und hatten in einigen Fällen noch etwas Geld für die Gründung einer neuen Existenz übrig. Meistens wurden die Kosten für die Überfahrt von bereits ausgewanderten Familienangehörigen übernommen, oder auch wie es gerade zu dieser Zeit im Großherzogtum Baden der Fall war, vom Staat. Die Ausdehnung der transatlantischen Passagierschifffahrt und deren verkürzte Überfahrtszeiten durch den Einsatz der Dampfschiffe, der Ausbau des Schienennetzes, die verbesserten Anreisemöglichkeiten zu den Seehäfen und die Verdichtung des transatlantischen Informationsaustausches erleichterte bei vielen den tatsächlichen Entschluss zur Auswanderung. Bewegründe waren die Informationen über die Zielgebiete durch Auswandererbriefe, die Vorfinanzierung der Fahrkarte (prepaid ticket) und das Unterkommen neuer Einwanderer bei bereits ausgewanderten Familienangehörigen und Bekannten (Kettenwanderung). Indessen blieb der indirekte Einfluss durch Auswanderungsunternehmer, ausländische Anwerber und Werber der Schifffahrtsgesellschaften bestehen, verlor aber in den folgenden Jahren an Bedeutung.

  • 134 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 311.

8Das Glück im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu finden, wurde seit der Jahrhundertmitte ein immer gängigeres und einfacheres Lebensmodel. Trotz alledem war und blieb die Auswanderung des 19. Jahrhunderts „Ergebnis einer enormen Bevölkerungsexplosion in einem von partieller Modernisierung, ungleichzeitigen Entwicklungsschüben und daraus resultierenden Spannungen zu bewegten Wirtschafts- und Gesellschaftsgefüge im Wandel vom Agrar- zum Industriestaat, dessen innere Krisenlagen sozialökonomische Schubkräfte freisetzten, die die Anziehungskraft des überseeischen Haupteinwanderungslandes nur um so mehr verstärkten.“134 Aus diesen Gründen war die Auswanderung mehr als ein halbes Jahrhundert, trotz Fluktuationen im Gesamtverlauf, eine Bevölkerungs-, Wirtschaftsund Gesellschaftsentwicklung begleitende sozialökonomische Massenbewegung und kann daher als Ergebnis eines Missverhältnises zwischen Bevölkerungswachstum und Erwerbsangebot angesehen werden, das erst durch den gewaltigen Wirtschaftsaufschwung aufgefangen werden konnte und sich zum Exporteur der Sozialen Frage entwickelte.

  • 135 Ebd., S. 312.

9Die Versuche, die enormen Schwankungen der Auswanderungsbewegung in die Wellenbewegungen der Auswanderungskurve zu fassen, sieht Bade zwar als einprägsam an, dennoch hätte dies in der Forschung schon zu einigen Missverständnissen und Irrwegen geführt. Dazu zählte er die Versuche, den raschen Aufstieg einer ‚Welle’ „aus der vermeintlichen Potenzierung besonderer zeitgleicher Antriebskräfte im Auswanderungsland zu erklären.“135 Was schon allein deshalb problematisch ist, da die Auswanderung nicht als ein punktuelles Ereignis anzusehen ist, sondern meistens ein lang- oder mittelfristiger Prozess war. Von der Herausbildung latenter Auswanderungsbereitschaft im Ausgangsraum über den oftmals ereignisbedingten Auswanderungsentschluss bis hin zu dessen tatsächlicher Ausführung zu einem Zeitpunkt, zu dem der eigentliche Entschluss selbst schon längere Zeit – nicht selten Jahre – zurückliegen konnte.

10Einen kurzfristigen ‚Auswanderungsstau’ (1861-1863) brachte der amerikanische Bürgerkrieg mit sich. Bis 1864, noch vor Kriegsende, die zweite deutsche Auswanderungswelle des 19. Jahrhunderts durchbrach und innerhalb eines Jahrzehntes mehr als 1 Million Menschen mit sich riss. Durch die wirtschaftliche Depression (Große Depression 1873-1895), sowohl in Amerika als auch in Deutschland, stürzte die Auswanderungswelle erneut ab. Das Ende der ersten Rezessionsphase (1879) brachte das Ende des Wellentals dieser Auswanderungsbewegung mit sich, bis 1880 abrupt die dritte und größte Auswanderungswelle des 19. Jahrhunderts einsetzte. Allein zwischen 1880 und 1885 wanderten mehr als 860.000 Menschen nach Übersee aus; Insgesamt fast 1,8 Millionen Deutsche in den Jahren 1880-93, bis es zum endgültigen Zusammenbruch der dritten deutschen Auswanderungswelle kam.

  • 136 Bade: German Emigration to the United States (wie Anm. 131), S. 362. Ausführlicher mit der Frontier (...)
  • 137 Bade: German Emigration to the United States (wie Anm. 131), S. 365.

11Seit Mitte der 1890er Jahre trat die Anziehungskraft Amerikas, was durch die deutsche Hochindustrialisierungsphase herrührt, stark hinter dem damit verbundenen enorm wachsenden sozialökonomischen Angebot in der Heimat zurück, wodurch die Auswanderungskurve abflachte und auf das Niveau der späten 1830er Jahre sank, bevor sie dann im Ersten Weltkrieg ganz abriss. Köllmann und Marschalck verbinden den starken Rückgang mit dem Ende der ‚Frontier’, das für die stärkste Auswanderergruppe, die aus den ländlichen Gebieten von Ostpreußen stammte, das Ende ihres Traumes von eigenem Land in den Vereinigten Staaten, das sie ohne eigenes Kapital erwerben konnte, bedeutete.136 „Without doubt, many of the emigrants, particularly those from the predominantly agrarian areas oft northeast Germany, migrated to the United States expecting to export their traditional form of agricultural existence and rural social status, that is, to reconstruct their old way of life in the “New World”.”137

  • 138 Vgl. Moltmann: Nordamerikanische „Frontier” und deutsche Auswanderung (wie Anm. 27), S. 279-296.
  • 139 Paxson, Frederic L.: Recent History of the United States. Cambridge 1928. S. 157-158. Zu Beginn des (...)

12Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gaben die Ansätze der Frontier These und der Ventil-Theorie der amerikanischen Historiographie eine fast revolutionäre Wende, verloren dann im Laufe der Zeit allerdings an Überzeugungskraft.138 „The frontier while it lasted was a social safety valve that prevented the rise of social pressure or class antagonism to the danger point […]. There was no chance for the socially discontented to become numerous or ominous. No oppressed lower class could be created in a community in which any young man with reasonable nerve and luck might hope to be an independent farmer before he was thirty.”139

  • 140 Joseephy: Die deutsche überseeische (wie Anm. 29), S. 88.
  • 141 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 314.

13Der Auswanderungsrückgang ging somit mit dem Wandel Nordamerikas vom agrarisch geprägten Staat – wie er noch in den 1860er Jahren vorherrschte – zum Industriestaat einher und brachte die soziale Unsicherheit des modernen Industrielebens mit sich. In Zeiten schwacher Konjunktur nahm die Arbeitslosigkeit oftmals riesen Dimensionen an.140 Der nach dem Ersten Weltkrieg erwartete enorme Anstieg der Auswandererzahlen blieb aus und brachte erst 1923 – durch Ruhrkampf und Inflation – eine steile, kurz andauernde Welle mit sich. In den folgenden Jahren der wirtschaftlichen Stabilisierung wurde die Auswanderung langsam wieder Rückläufig und stürzte mit Beginn der Weltwirtschaftskrise steil ab – ähnlich wie in der Krise Mitte der 1870er Jahre. Während der Weltwirtschaftskrise stieg die Zahl der überseeischen Rückwanderer so stark an, dass sie die Zahl der Auswanderer übertraf. Anfang der 1930er Jahre schrumpfte die Auswanderung zu einem Rinnsal, bis durch die politische Emigration und jüdische Fluchtwanderung aus dem nationalsozialistischen Deutschland ein völlig neuer Abschnitt der deutschen Wanderungsgeschichte begann.141

3.3 Zielgebiete, Auswanderungsrouten und Überseehäfen

  • 142 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 314.

14Die deutsche Überseewanderung im 19. und frühen 20. Jahrhundert war hauptsächlich Nordamerika-Einwanderung, die im Zusammenhang mit der „Alten Einwanderung“ aus Europa (Großbritannien, Irland und Skandinavien) steht, welche nach 1890 durch die „Neue Einwanderung“ (New Immigration), überwiegend aus Süd-, Südost- und Osteuropa, ersetzt wurde. Diese Einwanderungsbewegung mit großen Anteilen von Spanien, Portugal, Italien, Österreich-Ungarn und Russland erreichte 1910 ihren Höhepunkt. Der Anteil der Amerika-Wanderung in der deutschen Überseewanderung im 19. Jahrhundert lag in der ersten Auswanderungswelle bei 85 %, in der zweiten bei 91 % und in der dritten bei 92 %. Die am nächst häufig frequentierten Ziele in Übersee waren Kanada, Brasilien, Argentinien und Australien.142

  • 143 Ausführlicher siehe: Engelsing, Rolf: Bremen als Auswanderungshafen 1683-1880. Bremen 1961.
  • 144 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 318.
  • 145 Ebd., S. 319. Die amerikanische Einwanderungsstatistik weist 1880 weniger als 150.000 Einwanderer a (...)

15Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wählte der Großteil der deutschen Auswanderer westeuropäische Seehäfen für seine Überfahrt nach Amerika – bevorzugt Le Havre, Antwerpen und Rotterdam. Grund dafür war nicht nur die rückschrittliche deutsche transatlantische Passagierschifffahrt, die ihren Aufstieg der Auswanderung selbst verdankte, sondern, was die französischen Häfen betrifft, die Dominanz des süddeutschen Raums in der Amerikaauswanderung in der ersten Jahrhunderthälfte. Erst nach der Jahrhundertmitte stieg die Bedeutung der deutschen Seehäfen Hamburg und Bremen.143 Dennoch blieb der Auswanderungsanteil über ausländische Seehäfen, der auch nach dem Aufbau der Reichstatistik 1871/72 nur mangelhaft erfasst wurde, hoch und wurde zwischen 1880-1910 bei 20 % festgesetzt.144 Umso mehr die deutsche Auswanderung seit den 1890er Jahren zurückging, umso wichtiger wurde für die hanseatischen Transatlantiklinien der Strom von osteuropäischen Auswanderern, durch die Deutschland vom Auswanderungsland zum Transitland wurde.145

3.4 Strukturwandel im Aus- und Einwanderungsprozess

16Die deutsche Überseewanderung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts unterliegt einem vielgestaltigen Strukturwandel: Verlagerung der Ausgangsräume, Veränderung der Erwerbsstruktur, langfristiger Wandel von ländlicher Siedlungswanderung zur industriellen Arbeitswanderung, von der Familien- zur Einzelauswanderung und die daraus resultierende Verschiebung sowohl in der Erwerbs- als auch Siedlungsstruktur der deutschen Auswanderer in Amerika.

  • 146 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 320.
  • 147 Realerbteilung bedeutet, dass der Besitz einer Familie, insbesondere der Landbesitz, unter den Erbb (...)

17Die Dominanz des südwestdeutschen Auswanderungsraumes, blieb trotz deutlichem Anstieg der westlichen Auswanderungsgebiete vom 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ungebrochen. Erst in den 1860er Jahren zeichnete sich eine Verlagerung der Auswanderungsschwerpunkte vom Südwesten über die mitteldeutschen in die nordöstlichen Gebiete ab, die infolge der Agrarreformen von Überbevölkerungserscheinungen kaum betroffen waren. Aber auch hier löste der Bevölkerungsdruck durch den Geburtenschub der zweiten Generation nach der Agrarreform eine wanderungsbestimmende Kraft aus, durch welche die nordostdeutschen Auswanderungsgebiete in der dritten Auswanderungswelle (1880-1893) den Hauptstrom an Auswanderern stellte.146 Die räumliche Verlagerung der Auswanderungsschwerpunkte kam einer Verschiebung der Struktur der Auswanderungsbewegung gleich. Bis in die 1860er Jahre stellten die Opfer der Realerbteilung147 im Südwesten, die Klein- und Armenbauern, gefolgt von selbstständigen Kleingewerbetreibenden und Kleinhandwerkern, die größten Berufsgruppen der Überseewanderung. Dabei gab es deutliche regionale Diskrepanzen durch die Unterschiede zwischen der Wirtschaftsstruktur und der Agrarund Sozialverfassung der Ausgangsräume. Aus dem Südwesten wanderten überwiegend selbständige Kleinbauern aus, aus dem Mitteldeutschenraum hingegen Handwerker und in der Hausindustrie beschäftigte.

  • 148 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 320. (1900/04: 30,6 %) (1921/23: 17,8 (...)

18Einhergehend mit der Verlagerung des Hauptauswanderungsraumes vom Südwesten zum Nordosten, vollzog sich seit den 1860er Jahren zunehmend ein Wechsel in der Berufs- und Sozialstruktur der Tagelöhner, Insten und nachgeborene Bauernsöhne rückten in den Vordergrund. In den 1880er und 1890er Jahren stieg der Anteil aus den städtischen Arbeitsmärkten des Sekundär- und Tertiärbereichs an und zeigte deutlich eine Gewichtsverschiebung der ausgewanderten Berufsgruppen aus den sekundären und tertiären Bereichen. Bei der Aufnahme der Berufsgliederung der Überseeauswanderer in die Reichsstatistik 1899, hatte sich eine Gewichtsverlagerung zu den sekundären und tertiären Bereichen bereits vollzogen. Die landwirtschaftlichen Berufsgruppen stellten zu Beginn des 20. Jahrhunderts knapp ein Drittel und anfang der 1920er Jahre bereits weniger als ein Fünftel der Auswanderer.148

19Es wird deutlich, dass die Auswanderung den Übergang vom Agrar- zum Industriestaat indirekt beschleunigte. Durch die transnationale Massenbewegung kam es im Auswanderungsland zu einer Verschiebung der Erwerbsstruktur auf Kosten der landwirtschaftlichen Erwerbsbereiche, welche nicht hauptsächlich das Ergebnis der Auswanderungsbewegung war, sondern ihre Ursache in der internen Abwanderung – „Landflucht“ – hatte.

  • 149 Ebd., S. 321.
  • 150 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40, S. 322.

20Gleichermaßen starken Veränderungen unterworfen waren die Auswanderungsgruppen im 19. Jahrhundert. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts dominierte noch die Familienauswanderung, die allmählich von der Einzelwanderung abgelöst wurde. Dennoch lag die Familienauswanderung auch in der dritten Auswanderungswelle über der außerordentlich stark ansteigenden Einzelauswanderung, was im Wesentlichen mit der Verlagerung der Auswanderungsschwerpunkte in den ländlich, agrargesellschaftlich geprägten Osten zu tun hatte. 1880 erreichte die Einzelauswanderung bereits einen Anteil von 40 %, der nach dem steilen Abfall der Auswandererzahlen aus dem Nordosten des Reichs, ruckartig anstieg. Am Ende der Weimarer Zeit hatte sich dann das Verhältnis von der Familien- zur Einzelauswanderung umgekehrt: 1881-1890 wanderten noch 57,8 % der Auswanderer im Familienverband und 42,2 % als Einzelpersonen aus, zwischen 1921-28 lediglich noch 33,8 % mit Familie und 66,2 % als Einzelauswanderer.149 Zusammen mit der rückläufigen Familienauswanderung nahm auch die Stärke der Auswandererfamilien selbst ab. Durchschnittlich betrug die Kopfzahl bei der Familienauswanderung 1880 noch 3,7, sank dann bis 1928 auf 2,6 ab. Dies deutet auf eine zunehmende Aufspaltung innerhalb des Familienverbandes hin: vielfach wanderte der Familienvater voraus, um sich in Amerika eine neue Existenz zu schaffen, bevor dann die restliche Familie nachzog. Die gleiche Entwicklung wird bei der Betrachtung der Altersstruktur deutlich: Anstieg der Auswanderer im erwerbsfähigen Alter, Abnahme der Auswanderung von nichterwerbsfähigen Auswanderern. Zwischen 1884-1890 und 1921-1928 sank die Beteiligung der Auswanderer unter 14 Jahren von 25,4 auf 12,3 %, die der 14-21-jährigen Auswanderer schrumpfte von 21 auf 18,9 %. Im gleichen Zeitraum fiel der Anteil der über 50-jährigen Auswanderer von 6,1 % auf 4,4 %. Der Anteil der 21-50-Jährigen, die sich im besten erwerbsfähigen Alter befanden, stieg von 47,7 % auf 64,4 %.150

  • 151 Ebd.

21Mit der Zunahme der Einzelauswanderer die in den sekundären und tertiären Bereichen beschäftigt waren, entwickelte sich seit den 1880er Jahren eine neue industrielle Wanderungsweise, welche sich zu einer ökonomisch-spekulativen, stark von Schwankungen der Konjunkturentwicklung und Arbeitsmarkt abhängigen Erscheinung entwickelte. In der zeitgenössischen Diskussion wurde dies als „Sachsengängerei nach Übersee“ und im Jargon der aktuellen Wanderungsdiskussion als „transatlantische Gastarbeiterwanderung“ bezeichnet. Dieser Wechsel wurde in seiner frühen Phase von den großen ländlichen Auswanderungsgruppen aus den nordöstlichen Gebieten des Reichs überschattet.151

22Im Wandel zur ‚neuen’ industriellen Wanderungsweise wurden die Veränderungen der Erwerbs- und Familienstruktur durch den Wandel der Soziallagen der Auswanderungspotentiale begleitet. Nachdem sich die Erwerbsstruktur der Auswanderung im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zugunsten der sekundären und tertiären Bereiche verschoben hatte, stieg die Zahl der abhängig Beschäftigten um ein Vielfaches über den rückläufig werdenden Anteil der Selbständigen. Die früher ausgewanderten Kleinbauern und Kleinhandwerker wurden durch Landarbeiter, Angestellte und Arbeiter aus Industrie, Gewerbe und dem Dienstleistungsbereich ersetzt. Selbständig waren aus dem Bereich der Landwirtschaft lediglich noch 6,4 % der Auswanderer, aus Industrie und Gewerbe nur noch 7,5 %, woran sich bis Ende der 1920er Jahre nichts änderte.

  • 152 Ebd., S. 323.

23Somit wird deutlich, wie stark sich die Wanderungsweise – ebenfalls phasenverschoben wie die Bevölkerungsweise – den sozialökonomischen Strukturverschiebungen, welche für die Entwicklung der modernen Industrie-gesellschaft bedeutend waren, anglich.152

  • 153 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 324. Das Hauptproblem des amerikanisc (...)
  • 154 Ebd.
  • 155 Vgl. Joseephy: Die deutsche überseeische Auswanderung (wie Anm. 29), S. 90.

24Die ‚neue’ industrielle Wanderungsweise spiegelt sich neben der deutschen Auswanderungsstatistik auch in den Census-Daten zur Erwerbs- und Siedlungsstruktur der amerikanischen Regierung über die „German born population“ wider. Die Annahme einer weiterhin im selben Ausmaß bestand habenden ländlichen Siedlungswanderung der Deutschen in farmwirtschaftliche Gebiete in Amerika, bis die Möglichkeit zur freien Siedlung auf Regierungsland in den 1890er Jahren erlosch, hielt einer quantitativen Analyse nicht stand. Stellte die „German born population“ zwischen 1820-1860 mit 30 % der „foreign born population“, nach den Iren, die zweitgrößte, zwischen 1862-1890 noch die größte Einwanderergruppe in den USA, sank deren Anteil, bedingt durch den starken Anstieg der osteuropäischen Einwanderer, nach der Jahrhundertwende auf 18,5 % (1910). Der Vergleich der Erwerbstruktur mit den deutschen und den amerikanischen Census-Daten, birgt immense Schwierigkeiten in sich, so Bade.153 1880 lag der ländliche Bevölkerungsanteil der „German born pupulation“ in den Vereinigten Staaten bei 31,5 % und 1890 bei 31,1 % und war somit an der Spitze der landwirtschaftlichen „foreign born population“ – danach sank der Anteil kontinuierlich. Der Anteil der im primären Bereich selbständig Tätigen (farmers, planters) und der abhängig Erwerbstätigen (agricultural laborers) lag 1870 bei 26,8 % und somit bereits nahezu 10 % hinter dem sekundär Bereich (manufacturing, mechanical and mining industries) dessen Anteil bei 36,9 % lag und dem des tertiären Bereichs (domestic and personal service, trade and transportation, professional service). Während der primäre Bereich zwischen 1870-1890 lediglich noch einen Anstieg von 155.597 erwerbstätigen deutschen Einwanderern hatte, verzeichneten der sekundäre und besonders der tertiäre Bereich zusammen einen Zuwachs von 509.298 Einwanderern. So verbuchten sowohl der städtische industriell-gewerbliche als auch der Dienstleistungssektor in diesem Zeitraum ihren absoluten Zugewinn, der über das Dreifache des ländlichen Beschäftigungsbereichs anstieg.154 Auf Grund dessen wurde im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein starker Anstieg der Auswanderung auf Kosten der ländlichen Siedlungswanderung deutlich erkennbar. Dies belegen auch die amerikanischen Daten über die Siedlungsstruktur der „German born population“ in den USA: Im Gegensatz zu Deutschland lebten 1890 bereits 48 % und 1900 schon mehr als 51 % aller in Deutschland geborener Einwanderer in Amerika in Städten mit mehr als 25.000 Einwohnern. Zwischen 1870-1890 überrundete der Anteil der „German born population“, bei deutlichem Anstieg der Gesamterwerbsquote (von 49,5 % auf 54 %) und der weiblicher Erwerbstätigkeit (von 7,6 % auf 10,9 %) im sekundären und tertiären Bereich, den Primärbereich wesentlich schneller als im Heimatland. Ebenso waren die in Deutschland geborenen Einwanderer in den USA wesentlich öfter im „urban employment“ des Sekundär- und Tertiärbereich tätig als im Herkunftsland. Daher geht Bade davon aus, dass die deutschen Amerikaeinwanderer bereits zwischen 1870-1890, besonders jedoch zwischen 1880-1890, ihre Erwerbsgrundlage nicht mehr im ländlichen Bereich, sondern im vorwiegend städtischen sekundär- und tertiären Bereich suchten. In den USA herrschte eine rege Nachfrage nach Arbeitskräften, daher wurden in fast allen Industriezweigen hohe Löhne gezahlt und gerade die deutschen Arbeiter, die als besonders tüchtig und qualifiziert galten, waren willkommen. Oftmals erwarben sich die Auswanderer erst hier das nötige Kapital, um eine Weiterreise in den Westen finanzieren zu können. Auch für diejenigen, die sich dauerhaft an der dicht besiedelten Ostküste niederließen, bot sich ein höherer Lebensstandart als in Deutschland – die meisten waren damit zufrieden nur etwas besser leben zu können als in der Heimat.155

  • 156 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 327.
  • 157 Ebd.

25Auch in der dritten Auswanderungswelle hatte die Anziehungskraft der „Frontier-Vorstellung“, die Möglichkeit der freien Siedlung auf Regierungsland, besonders innerhalb der ländlichen Auswanderungsgruppen weiter bestand – wies allerdings bereits in den 1880er Jahren Züge einer „agrarromantischen Sozialutopie“156 auf. „Mit der Auswanderung aber taten viele von ihnen just jenen Schritt in die Moderne, den zu vermeiden die Überfahrt vielleicht angetreten worden war: Für mentale Schollenbindung und konservative Agrarromantik, die der Mentalität der vorwiegend amerikanischen „Frontier-Farmer“ durchaus fremd waren, war kein Platz im amerikanischen Westen.“157 Das Land im Mitteleren Westen kostete Geld. Geld das die aus den unterbäuerlichen Schichten stammenden Einwanderer nur begrenzt besaßen. All diejenigen, die durch den Verkauf ihrer Liegenschaften in der Heimat über ein gewisses Maß an Eigenkapital verfügten, die ein Erbe antraten oder in eine Farmerfamilie einheirateten, hatten immerhin die Chance, wenn in der Regel auch nur zu einem kleinen Farmbesitz zu kommen. Die anderen hatten keine Wahl: entweder sie blieben abhängig Beschäftigte in der Landwirtschaft wie in ihrem Heimatland, oder sie nahmen eine Arbeitsstelle auf den expandierenden städtischen Arbeitsmärkten des Sekundär- und Tertiärbereichs an.

26Daher verwundet es nicht, dass die amerikanischen Daten über die Erwerbs- und Siedlungsstruktur der „German born population“ Unstimmigkeiten zwischen den geplanten Wanderungsabsichten (Landnahme, selbständige Produktion im Primärbereich) und den tatsächlichen Wanderungsergebnissen (Arbeitnahme, abhängige Produktion im Sekundär- bzw. Tertiärbereich) entstehen lassen.

  • 158 Kulischer, Alexander; Kulischer, Eugen: Kriegs- und Wanderungszüge. Weltgeschichte als Völkerbewegu (...)
  • 159 Ausführlicher siehe bei: Keil, Hartmut: Die deutsche Amerikaeinwanderung im städtischindustriellen (...)

27Bevor die ‚Frontier-Bewegung’ nachließ, verschoben sich die Siedlungsschwerpunkte der in Amerika geborenen deutschstämmigen Einwanderer in Richtung Westen. Die nachkommenden Einwanderergruppen nahmen die so entstandenen freien Gebiete für sich in Anspruch, nicht nur im ländlichen Bereich und Gewerben, sondern hauptsächlich im städtischen Sekundär- und Tertiärbereich: „Wenn auch einzelne Immigrantengruppen in gewissen Perioden regen Anteil an der Landsiedlung genommen haben, so spielten sie doch in der Mehrheit geographisch und wirtschaftlich die Rolle einer Nachhut der Kolonisationsbewegung der Amerikaner. Sie lieferten die Arbeitskräfte für die Industrie, die sich im Osten auf der Basis der Markterweiterung durch die nach Westen fortschreitende Kolonisation entwickelte.“158 Dieser Ansatz der Brüder Kulischer galt auch für die deutsche USA-Einwanderung des 19. Jahrhunderts, welche verstärkt auf den städtisch-industriellen Arbeitsmärkten eine Ersatz- bzw. Erweiterungsfunktion übernahmen.159

  • 160 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 328.
  • 161 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40, S. 328.

28In der Periode der deutschen Hochkonjunktur Mitte der 1890er Jahre, erhielten die vom Lande stammenden Auswanderungswilligen aus dem Deutschen Reich ein bis dahin unbekanntes sozialökonomisches Angebot, weshalb der Auswanderungsentschluss nun meistens unausgeführt blieb. Als Hauptursache für die starke Abnahme der Überseewanderung und die dafür ansteigende Binnenwanderung aus den ländlichen Gebieten in die Städte führt Bade das Aufholen des deutschen industriegewerblichen Beschäftigungsangebotes gegenüber dem amerikanischen an: das heißt, die zusätzliche Beschäftigung der in der Landwirtschaft tätigen in den Sekundären und Tertiärbereichen der städtischen deutschen Industrie.160 Was deutlich die Anziehungskraft der Ballungsräume in Mittel- und insbesondere Westdeutschland seit Mitte der 1880er Jahren erkennen lässt, die in den 1890er Jahren weiter rapide zunahm. Hintergrund war die dritte Einbruchsphase der amerikanischen Wirtschaft, in der seit 1873 anhaltenden Krise (panic of 1893), welche Amerika wesentlich stärker als Deutschland getroffen hatte. Dies bedingte neben dem Rückgang der Auswandererzahlen nach Übersee, den Anstieg der Binnenwanderung, „innerhalb derer die in den 1880er Jahren zur Massenbewegung aufsteigende große Ost-West-Fernwanderung zum internen Pendant der Überseewanderung geriet.“161

3.5 Push- und Pullfaktoren der Amerikaauswanderung

  • 162 Ebd., S. 116.
  • 163 Ebd.

29Als Push-Faktoren, also jene, die über eine Auswanderung aus der alten Heimat entscheiden, wird der Gesamtkomplex langfristig wirkender sozialökonomischer Schubkräfte im Ausgangsraum bezeichnet: Grundbesitzverteilung, soziale Schichtung und Arbeitskapazität, Bevölkerungszuwachs und Wandel der ländlichen Arbeits- und Sozialverfassung unter dem Einfluss von struktureller Agrarkrise, Intensivierung von Bodenkultur, Rationalisierung der Produktionsorganisation und Saisonalisierung des Arbeitsmarktes. Diese Schubkräfte wirken nicht alleine, sondern bilden zusammen „ein interdependendentes Bedingungs- und Wirkungsgefüge“162, welches bei einer konkurrierenden Anziehungskraft überseeischer und interner Zielgebiete und Chancen (Pull-Faktoren) die latente Auswanderungsbereitschaft stimuliert und die wanderungsbestimmenden Kollektivmotivationen verdichtet. Dass es bei einer Wanderungsbereitschaft zu sozial und regional unterschiedlicher Umsetzung kommt, hängt im Wesentlichen von gruppenspezifischen Differenzen und der sozialen Ausgangslage ab, genauer gesagt von den regional unterschiedlich ausgeprägten Wanderungstraditionen und den materiellen Möglichkeiten, diese zu realisieren.163

  • 164 http://www.hdbg.de/auswanderung/docs/raithel_kat.pdf

30Die wesentlichen Ursachen und Motive der deutschen Amerikawanderung wurden schon angesprochen. Um eine genaue Differenzierung zwischen den Faktoren vornehmen zu können, welche Menschen dazu bewegen, ihre Heimat zu verlassen und jenen, die das Auswanderungsziel attraktiv erscheinen lassen, wird im Folgenden eine klassische Unterscheidung zwischen Push- und Pull-Faktoren vorgenommen. Wichtig dabei ist, diese Unterscheidung nicht zu stringent zu handhaben, da, wie bereits erwähnt, beide Faktoren immer eng miteinander verbunden sind und daher stets im Zusammenhang mit den jeweiligen Hintergrundstrukturen betrachtet werden müssen. Zu Beginn der Auswanderung spielten besonders religiöse Motive eine starke Rolle, bis sie im 19. Jahrhundert zu einer Randerscheinung wurden. Politische Motive bestimmten in unterschiedlicher Form den Entschluss zur Auswanderung mit. Politische Flüchtlinge im engeren Sinne gab es im 19. Jahrhundert eher selten, die 48er Migranten bildeten hingegen mit 3- 4.000 Revolutionsflüchtlingen eine Ausnahme. Fasst man den Begriff der politischen Motivation breiter und bezieht noch die latente Unzufriedenheit sowohl mit den wirtschaftlichen als auch mit den gesellschaftlichen Umständen mit ein, dann lässt sich für das 19. Jahrhundert ein bedeutender Push-Faktor erkennen. Ein großes Ärgernis für die Bauern war zum Einen die wachsende Steuerlast und zum Anderen die Einführung einer allgemeinden Wehrpflicht. Das weithin verbreitete Bild von Amerika als „Freiheitsland“ stellte zur politischen Unzufriedenheit einen anziehenden Gegenentwurf dar.164

  • 165 Thistlethwaite: Europäische Überseewanderung (wie Anm. 23), S. 339.
  • 166 Vorwinckel, Renate: Ursachen der Auswanderung gezeigt an badischen Beispielen aus dem 18. und 19. J (...)
  • 167 Walker: Germany and the Emigration (wie Anm. 46), S. 183.

31Die entscheidenden Triebkräfte bildeten über die Jahrhunderte hinweg unbestritten die wirtschaftlichen und sozialen Motive. Gemäß der Unterscheidung zwischen Push- und Pullfaktoren lassen sich hier zwei Varianten erkennen: die Auswanderung wegen der schlechten, bzw. als schlecht empfundenen Lage in der Heimat, die bis in die 1870er Jahre dominierte, bevor sie zunehmend von der Auswanderung wegen positiver Aussichten in Amerika abgelöst wurde. Bis in die 1870er Jahre wurde der wirtschaftliche Aufschwung in den Vereinigten Staaten erst durch einem Auftrieb in der Einwanderungsbewegung ausgelöst. Daraus ergibt sich, dass die Auswanderung bis zu diesem Zeitpunkt nicht durch die Pull-Faktoren Amerikas, sondern eher durch die Push-Faktoren in Europa bedingt wurde.165 Im Bezug auf die Wirtschafts- und Erwerbsverhältnisse kam zwischen Deutschland und Amerika eine Wechselwirkung zustande, die ausschlaggebend für den Gang der Wanderung sowohl in Amerika als auch in Deutschland war. Gegen Ende der 1870er Jahre hatte Amerika eine schwere wirtschaftliche Krise zu verzeichnen, der ein enormer Aufschwung sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie folgte. In den Krisenjahren verließen große Teile der Arbeiterschaft den überfüllten Arbeitsmarkt im Osten der Vereinigten Staaten und machten sich auf den Weg, den Westen zu erschließen.166 In Amerika war der Landerwerb außergewöhnlich günstig, Arbeitskräfte wurden gesucht und dazu noch höhere Löhne als in der alten Heimat bezahlt. Diese Pull-Faktoren bildeten angesichts der tiefgreifenden deutschen Strukturprobleme ein attraktives Gegenbild. Durch die Schilderungen in den Auswanderungsbriefen, aber auch durch die Propaganda von Auswanderungsagenturen, wurden die Auswanderungswilligen in ihrem Vorhaben noch bestärkt. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts dominierten die Pull-Faktoren immer mehr. Durch die beginnende Industrialisierung hatte sich die wirtschaftliche Lage zwar stark gebessert, Deutschlands Industrie hatte zu dieser Zeit aber noch nicht ihre volle Blüte entfaltet. Die dynamische Entwicklung, die sich in den Vereinigten Staaten vollzog, hatte eine besonders vielversprechende Wirkung. „It becomes possible therefore to maintain the concept of a fluid labor market, despite the fact that Germans emigrated most just at times of high employment and wages, by attributing a greater „pulling power“ to American industry than to German when both were booming, and less „pushing power“ to Germany when neither was.“167

  • 168 Mönckmeier: Wandlungen und Entwicklungstendenzen (wie Anm. 24), S. 336.

32Erst Ende der 1880er Jahre, mit dem Aufschwung der deutschen Industrie zum „modernen Hochkapitalismus“, ebbten die Auswandererzahlen allmählich ab. „Je ähnlicher aber zwei Länder in diesen Verhältnisse werden, umso mehr hört das eine Land auf, einseitig die Bewohner des anderen Landes zu dauerndem Uebergange anzulocken.“168

33Neben den beschriebenen Auswanderungsmotiven gab es noch unterschiedliche, individuelle Beweggründe wie bessere Heiratschancen oder Abenteuerlust, diese kamen vermehrt erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert zum Vorschein. Des Weiteren wurden die Auswanderer in ihrem Vorhaben durch die immer besser organisierte Überfahrt und die immer kürzer werdenden Überfahrtszeiten bestärkt. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Pull-Faktor war die Auswirkung der transatlantischen Kommunikationsnetze. Besonders hervorzuheben ist hier die Bedeutung der Auswandererbriefe, die zahlreiche Menschen in regelrechten Kettenwanderungen dazu bewegte, Familien, Freunden oder Bekannten in die Neue Welt nachzureisen. Welchen Einfluss Briefe, Berichte etc. auf die Badener hatten, wird im weiteren Verlauf genauer betrachtet.

  • 169 Zitiert nach Marcus Lee Hansen. In: Moltmann, Günter: Nordamerikanische „Frontier” und deutsche Aus (...)

34Marcus Lee Hansen sah die Gründe für den europäischen Massenexodus vornehmlich in den landwirtschaftlichen Krisen, der außerordentlichen Bevölkerungsvermehrung und den Depressionsphasen in Handel und Gewerbe. Ökonomische und nicht politische und religiöse Gründe seien ausschlaggebend für die Auswanderer gewesen und verdeutlichten das Gewicht der Push-Faktoren. Gleichfalls wies er auf die Parallelen zwischen der europäischen Überseewanderung und den amerikanischen Westwanderungsimpulsen hin: „It was the desire to improve their economic station that actuated them.“169

35Die Auswanderung von Millionen Europäer in Zeiten wirtschaftlicher und sozialer Not brachte der Alten Welt eine immense Entlastung und entwickelte sich sozusagen zum „sozialen Sicherheitsventil“ der europäischen Gesellschaft. Neben Hansen befasste sich auch der amerikanische Forscher Mack Walker und der deutsche Peter Marschalck mit der Entlastungsfunktion der Auswanderung für Europa. Für Marschalck lag die Voraussetzung zur Auswanderung in der Störung des Gleichgewichts Mensch – Raum. In der Auswanderung sah er die Wiederherstellung dieses Gleichgewichts, das zur Absicherung der gesellschaftlichen Harmonie dringend benötigt wurde.

  • 170 Detaillierter mit der Ventil-Funktion hat sich Moltamnn beschäftigt: Moltmann, Günter: Nordamerikan (...)

36Da die deutsche Auswanderung von weit komplexerer Natur als diejenige aus Irland oder Skandinavien war, kommt Moltmann zu dem Ergebnis, dass die Push- und Pullfaktoren meist eine enge, kaum trennbare Einheit bildeten.170

  • 171 Heyder: Beitraege zur Frage der Auswanderung (wie Anm. 30), S. 26.
  • 172 Ebd.
  • 173 Ebd.

37Der zeitgenössische Geisteswissenschaftler Franz Heyder sprach sich hingegen früh gegen eine „Ventil-Funktion“ aus und sah nur Nachteile für das deutsche Volk und die Volkswirtschaft: „[…] so gehen erstens bedeutende Geld- und „Menschenkapitalien“ uns für immer verloren; zweitens die energischsten, zur Arbeit am meisten befähigten und geneigten Personen, sowie diejenigen Klassen (ländliche Arbeiter und Kleinbesitzer), die wir sehr wohl im Inlande verwerten könnten und die uns teilweise unentbehrlich sind, wandern aus, während die „gefährlichen“ Köpfe vorziehen zu bleiben […].“171 Mit der Auswanderung würde nicht nur die physische und intellektuelle Kraft des Volkes geschwächt, sondern auch die militärische. Der größte Verlust trete indes für die deutsche Wirtschaft auf, da die Auswanderer zu den „wirtschaftlichen Konkurrenten“172 übergehen, deren Arbeitskräfte mit ihrer deutschen Arbeitsweise stärken und somit das deutsche Handelsgebiet verringern.173

Notes

125 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 303.

126 Ebd., S. 304.

127 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 307.

128 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 307. Einen umfassenden Überblick zum Thema amerikanische Einwanderungsgeschichte gibt: Schmidt, Hans: Die verschiedenen Einwanderungswellen in die Vereinigten Staaten von Nordamerika von den Anfängen bis zur Quotengesetzgebung. In: Spörl, Johannes (Hrsg.): Historisches Jahrbuch. 85. Jahrgang. München/Freiburg 1965. S. 323-361.

129 Ebd., S. 309.

130 Bade: Europa (wie Anm. 2), S. 145.

131 Vgl. auch: Bade, Klaus J.: German Emigration to the United States and Continental Immigration to Germany in the Late Nineteenth and Early Twentieth Centuries. In: Central European History. Volume XIII. Atlanta 1980. S. 348-377.

132 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 310.

133 Ebd., S. 311.

134 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 311.

135 Ebd., S. 312.

136 Bade: German Emigration to the United States (wie Anm. 131), S. 362. Ausführlicher mit der Frontier hat sich auch Fritz Joseephy in „Die deutsche überseeische Auswanderung“ (wie Anm. 29), S. 87-95, beschäftigt.

137 Bade: German Emigration to the United States (wie Anm. 131), S. 365.

138 Vgl. Moltmann: Nordamerikanische „Frontier” und deutsche Auswanderung (wie Anm. 27), S. 279-296.

139 Paxson, Frederic L.: Recent History of the United States. Cambridge 1928. S. 157-158. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte der amerikanische Historiker Frederick Jackson Turner die These von der konstitutiven Bedeutung der Westexpansion und der Pioniertradition für die Entwicklung der amerikanischen Demokratie; dieser These schloss sich auch Frederic L. Paxson an. Auch deutschen Amerikainterpreten schien Turners Argumentation schlüssig, so auch für Werner Sombat „Warum gibt es in den Vereinigten Staaten kein Sozialismus?“ Tübingen 1906. Weiterentwickelt zu einer ganzheitlichen Konzeption für die moderne überseeische Wanderungsbewegung wurde diese These von Turner Schüler Marcus Lee Hansen (1892-1938).

140 Joseephy: Die deutsche überseeische (wie Anm. 29), S. 88.

141 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 314.

142 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 314.

143 Ausführlicher siehe: Engelsing, Rolf: Bremen als Auswanderungshafen 1683-1880. Bremen 1961.

144 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 318.

145 Ebd., S. 319. Die amerikanische Einwanderungsstatistik weist 1880 weniger als 150.000 Einwanderer aus der Donaumonarchie und dem Zarenreich auf. Anfang des 20. Jahrhunderts erreichte die ‚Neue Einwanderung’ mit 2.145.000 Einwanderern aus Österreich-Ungarn und 1.597.000 aus Russland ihren Höhepunkt. So stellten die ausländischen Überseewanderer zwischen 1894-1910 etwa 89 % (2.752.256) der Passagiere der deutschen Häfen. Die deutschen Auswanderer hingegen nur noch 11 % (380.901).

146 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 320.

147 Realerbteilung bedeutet, dass der Besitz einer Familie, insbesondere der Landbesitz, unter den Erbberechtigten zu gleichen Teilen aufgeteilt wird. Was in der Landwirtschaft zu einer Zersplitterung des Ackerlandes in eine Vielzahl kleiner Äcker, oft in Form schmaler Streifen, führte und deren Größe ab einem bestimmten Punkt nicht mehr ausreichte, um eine Familie von den Erträgen zu ernähren. Im Gegensatz dazu steht das Anerbrecht in den norddeutschen Gebieten nachdem nur ein Erbe den gesamten Hof erhält.

148 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 320. (1900/04: 30,6 %) (1921/23: 17,8 %)

149 Ebd., S. 321.

150 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40, S. 322.

151 Ebd.

152 Ebd., S. 323.

153 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 324. Das Hauptproblem des amerikanischen Census ist, dass nicht die Erwerbsstruktur der im Zähljahrzehnt eingewanderten Personen erfasst wird, sondern die aller in Deutschland geborenen Einwanderer.

154 Ebd.

155 Vgl. Joseephy: Die deutsche überseeische Auswanderung (wie Anm. 29), S. 90.

156 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 327.

157 Ebd.

158 Kulischer, Alexander; Kulischer, Eugen: Kriegs- und Wanderungszüge. Weltgeschichte als Völkerbewegung. Berlin 1932. S. 144 f.

159 Ausführlicher siehe bei: Keil, Hartmut: Die deutsche Amerikaeinwanderung im städtischindustriellen Kontext: das Beispiel Chicago 1890-1910. In: Bade (Hrsg.): Auswanderer – Wanderarbeiter – Gastarbeiter. Ostfildern 1984, S. 378-405.

160 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40), S. 328.

161 Bade: Sozialhistorische Migrationsforschung (wie Anm. 40, S. 328.

162 Ebd., S. 116.

163 Ebd.

164 http://www.hdbg.de/auswanderung/docs/raithel_kat.pdf

165 Thistlethwaite: Europäische Überseewanderung (wie Anm. 23), S. 339.

166 Vorwinckel, Renate: Ursachen der Auswanderung gezeigt an badischen Beispielen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Stuttgart – Berlin 1939. (Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beiheft 37). S. 144.

167 Walker: Germany and the Emigration (wie Anm. 46), S. 183.

168 Mönckmeier: Wandlungen und Entwicklungstendenzen (wie Anm. 24), S. 336.

169 Zitiert nach Marcus Lee Hansen. In: Moltmann, Günter: Nordamerikanische „Frontier” und deutsche Auswanderung (wie Anm. 27), S. 282.

170 Detaillierter mit der Ventil-Funktion hat sich Moltamnn beschäftigt: Moltmann, Günter: Nordamerikanische „Frontier” und deutsche Auswanderung (wie Anm. 27), S. 283 f.

171 Heyder: Beitraege zur Frage der Auswanderung (wie Anm. 30), S. 26.

172 Ebd.

173 Ebd.

Warum wollten die Menschen in die USA auswandern?

Hauptgrund für die meisten Auswanderer ist und war aber die wirtschaftliche Situation. Im 19. Jahrhundert bewirkten Hungersnöte in den Städten und die Landknappheit – durch ein Erbrecht, das das Land in immer kleinere Parzellen aufteilte –, dass vielen ein Überleben in Deutschland kaum möglich war.

Wann war die große Auswanderung nach Amerika?

Gut fünf Millionen Menschen verließen Europa zwischen 1850 und 1934 über den Hamburger Hafen. Die Auswanderer reisten unter oft schweren Bedingungen aus ganz Europa nach Hamburg. Ihr Ziel war Amerika – die "Neue Welt".

Wann wanderten Menschen nach Amerika aus?

Aktuell können wir mit Sicherheit sagen, dass es die Menschen vor 15.000 Jahren bis auf die andere Seite Amerikas geschafft hatten. Das bedeutet aber, dass sie sich bis dahin schon gut etabliert hatten.

Wie lange dauerte eine Überfahrt nach Amerika im 18 Jahrhundert?

1862 brauchte der Hamburger Dampfer „Prussia“ nur noch 7 Tage. 1887 erreichte die in Deutschland erbaute „Lahn“ ihr Ziel in 6 Tagen. Die heutigen erstklassigen Ozeanriesen legen die Reise in durchschnittlich 5 Tagen zurück.