Wo haben die Menschen am meisten Geld?

Reiche Gablenzer, arme Zittauer: Aktuelle Vermögenszahlen zeigen ein großes Gefälle im Kreis Görlitz. Das liegt auch an der Braunkohle.

Wo haben die Menschen am meisten Geld?

Hier liegt die Kohle: Im Norden des Landkreises leben die vermögendsten Menschen, auch wegen der Energieindustrie. © Rolf Ullmann

Ein Kriegerdenkmal, zwei Friseure, drumherum Felder: Gablenz ist ein hübsches Dorf. Seit vergangenem Jahr gibt es wieder einen Bäcker, mit einem Fleischer sei man im Gespräch, heißt es. Das Zentrum ist die Gablenzer Freizeit, dort gibt es ein Restaurant, eine Kegelbahn und eine Eiche, an der sich einst Napoleons Pferd das Fell gerieben haben soll.

Die Deka-Bank hat die Finanzkraft der Menschen im Landkreis Görlitz analysiert und Erstaunliches herausgefunden. Im beschaulichen Gablenz, dessen umstrittenster Einwohner wohl der AfD-Bundeschef Tino Chrupalla ist, haben die Menschen das meiste Geld auf der hohen Kante. Das Schlusslicht liegt auf der  anderen Seite des Landkreises: Zittau.

Die Datengrundlage ist beachtlich. Die Deka ist die Investitionsbank der Sparkasse und hat aus Daten der Bundesbank und der Sparkassen, aus Steuerdaten und anderen verfügbaren Zahlen das durchschnittliche Geldvermögen pro Einwohner im Landkreis errechnet. Dabei zählt jeder - ob Säugling oder Rentner. 

Eingerechnet werden beispielsweise Wertpapiere, Spareinlagen und Lebensversicherungen, aber keine Immobilienwerte. Auch das Einkommen spielt nur eine Nebenrolle. Die Bank hat dabei ein Eigeninteresse: Sie will herausfinden, wie groß das Investitionspotenzial der Deutschen in bestimmten Regionen ist.

Diesen Zahlen zufolge hat jeder Einwohner des Landkreises Görlitz im Durchschnitt 34.000 Euro Geldvermögen. Das klingt viel, ist im deutschlandweiten Vergleich aber eher wenig: Von 401 Landkreisen im Bundesgebiet landet Görlitz auf Platz 390 und ist vergleichbar mit dem Kreis Vorpommern-Rügen.

Die Menschen mit den größten Vermögen leben in der Peripherie von größeren Städten, Deutschlandweit ist der Kreis Starnberg auf Platz 1, sachsensweit der Kreis Leipzig. Die Städte selbst sind jedoch eher weniger vermögend, durch höhere Lebenshaltungskosten und andere Bevölkerungsstruktur. Trotzdem: Mit durchschnittlich 33.700 Euro haben nur die Leipziger Stadtbewohner weniger Geld als die Menschen im Landkreis Görlitz.

Überdurchschnittliche Bezahlung

Das hat mehrere Ursachen. Zunächst sind hierzulande die Lebenshaltungskosten deutlich geringer, vor allem Wohnraum ist hier so günstig wie in wenigen anderen Regionen der Bundesrepublik. Auch die Nähe zu östlichen Nachbarstaaten drückt das allgemeine Preisniveau, die Menschen bekommen also mehr für ihr Geld. Trotz niedriger Löhne bleibt  etwas zum Sparen übrig, auch wenn die absoluten Zahlen niedriger sind.

Trotzdem lassen sich regionale Unterschiede ausmachen. Besonders die Gemeinden in der Nähe von größeren Städten sind deshalb für Besitzer von Eigenheimen attraktiv – eine Bevölkerungsgruppe, die den Durchschnitt hebt. 

Markersdorf und Kodersdorf profitieren beispielsweise stark von der Nähe zur Kreisstadt, sowohl von Einwohnern, die hier leben und in der Stadt arbeiten aber auch von der guten Autobahnanbindung und einigen größeren Industrie-Unternehmen wie Felgenhersteller, Holzindustrie oder Luftfahrt. Allein im Gewerbegebiet von Kodersdorf arbeiten 1.200 bis 1.300 Menschen in neun Betrieben. Görlitz selbst liegt auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Vor allem die Studierenden in der Stadt drücken den Durchschnitt etwas nach unten.

Auffällig sind auch die hohen Werte in den Gemeinden um die Stadt Weißwasser herum – wie Gablenz. Dazu kommt jedoch noch ein weiterer Standortvorteil im Norden: die Braunkohle. Große Arbeitgeber haben im Allgemeinen einen positiven Einfluss auf das Geldvermögen, in den Gemeinden Schleife, Trebendorf, Gablenz und Boxberg ist dies das Braunkohleunternehmen Leag, die nicht nur viele, sondern auch noch überdurchschnittlich bezahlte Jobs bietet.

So erklärt sich auch der Gablenzer Bürgermeister Dietmar Noack das gute Abschneiden seiner Gemeinde. Die meisten Einwohner arbeiten in der Kohle, in der öffentlichen Verwaltung oder der Landwirtschaft. Zudem gibt es auffällig viele Handwerker. Die Arbeitslosigkeit sei sehr gering, genauso wie die Verschuldung des Ortes. "Vielleicht sind wir einfach sparsame Menschen", scherzt Noack.

Wenig Interesse an Wertpapieren

In dem Zusammenhang interessiert sich die Deka-Bank auch für das Spar-, beziehungsweise Anlageverhalten der Menschen im Landkreis. Beides verknüpft sich immer stärker: Der negative Leitzins der Europäischen Zentralbank sorgt dafür, dass Zinsen auf Sparbücher nicht mehr die Inflation ausgleichen können.

Das Geld wird faktisch weniger, alle Deutschen verlieren im Jahr 37 Milliarden Euro, hat die Deka errechnet. Aktien oder Fonds hingegen können noch Rendite abwerfen – beinhalten aber ein gewisses Risiko. Das wird auch im Landkreis deutlich: Nach Einschätzung der Sparkasse Oberlausitz/Niederschlesien sind die Menschen deutlich weniger bereit in Wertpapiere zu investieren als im Rest der Republik.

Doch auch hier gibt es Unterschiede zwischen den Gemeinden. Auffällig ist ein Bezug: Menschen mit größerem Geldvermögen, geben einen prozentual höheren Anteil davon für Wertpapiere aus. Besonders Fonds sind beliebt, Aktien eher weniger. Das liege an dem hohen Sicherheitsbedürfnis der Sparer im Landkreis, heißt es von der Sparkasse.

Das ist kein Phänomen nur einer Bank. Auch die Commerzbank attestiert den Ostsachsen eine vorsichtige Zurückhaltung beim Thema Finanzen. "Der Hang zum Sparbuch hält an", sagte der Görlitzer Commerzbank-Filialleiter im vergangenen Jahr im SZ-Interview. 

Weil Banken mit dem eingelagerten Geld der Kunden wenig Geld verdienen, empfehlen sie seit derzeit häufig Wertpapiere. Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die Sparkasse Vogtland negative Zinsen auf  Spareinlagen erheben will. Das könnte bald auch in anderen Landkreisen der Fall sein.

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In welchem Land haben die Menschen am meisten Geld?

Das reichste Land der Welt ist Luxemburg. Der kleine europäische Staat hat ein Bruttoinlandsprodukt von 136.701 Dollar pro Kopf. Der Abstand zu den zweitplatzierten Iren ist somit enorm groß, liegt dieser doch bei mehr als 35.000 Dollar pro Kopf.

Für was gibt man am meisten Geld aus?

Den größten Teil ihres Konsumbudgets (knapp 37 % beziehungsweise 923 Euro) gaben private Haushalte im Jahr 2020 für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung aus. Die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren und Ähnliches lagen mit gut 15 % bei 387 Euro.

Wie viel Geld gibt es in bar?

Euro-Umlauf Dezember 2021 waren 28,2 Milliarden Banknoten mit einem Gegenwert von 1,54 Billionen EUR und 141 Milliarden Münzen mit einem Gegenwert von 31,2 Milliarden EUR in Umlauf. Insgesamt beläuft sich der Euro-Bargeldumlauf somit auf 1,58 Billionen Euro.

Welches Land spart am meisten?

Die Schweiz erzielt die allgemein höchsten Ersparnisse von allen analysierten Ländern. Die Studie hat herausgefunden, dass die SchweizerInnen ein durchschnittliches Haushaltsersparnis von 4.915 Euro pro Jahr haben.