Wo gilt die 15 km regel in bayern

Die Radius-Regel wirkt drakonisch, ihr Sinn ist umstritten. Wer sich über sie ärgert, der schüttelt vielleicht auch wieder Hände oder lädt Freunde zur Party ein.

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Johann Osel

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Der Unterschied zwischen Stadt und Land, lautet eine bayerische Weisheit, zeigt sich beim Spazierengehen. Auf dem Land wird man seltsam angeglotzt, wenn man Entgegenkommende nicht freundlich grüßt. In der Stadt erhält erstaunte Blicke, wer Hallo sagt. Mit Freundlichkeiten ist es aber derzeit eh vorbei, und der Spaziergang ist der Streitpunkt: Zwischen Städtern und Landbevölkerung brodelt es. Im Kreis Miesbach brachte das ein an die Münchner Touristen adressiertes Schild mit Stinkefinger zum Ausdruck: "Wir wollen Euch nicht". In der Stadt ätzen sie, dass man auf dem Land nur wegen der fehlenden Gastronomieumsätze die Tagesgäste angreift. Und dass sich in München auch keiner echauffiere, wenn die Landeier sich mal wieder im Wiesnzelt übergeben.

Zumindest oberflächliche Entspannung in diesem Konflikt versprechen die neuen Corona-Regeln. Es gilt die 15-Kilometer-Regel in Regionen mit Inzidenz ab 200, die in Bayern klar auf die Verhinderung von Ausflügen zielt. Im Umkehrschluss dürfen touristische Gebiete selbst ihre Grenzen für Besucher schließen. Einige Kommunen haben davon Gebrauch gemacht. Diese Ergänzung ist gerecht und sinnvoll, manch einem Landrat mag mit dem Andrang unwohl sein. Die Radius-Regel an sich ist es allerdings nicht. Diese Einschränkung der Bewegungsfreiheit könnte der Senkung der Infektionszahlen dienen. Könnte sie aber auch nicht. Tatsächlich weiß das keiner. Bei den Wirtschaftshilfen hatte der Bundesfinanzminister von einer Bazooka gesprochen, hier nun handelt es sich um eine Maßnahmen-Bazooka. Breit schießen im Zeichen der Ratlosigkeit - in der Hoffnung, dass das irgendwie klappt.

Es mag sein, dass man damit die Menschen aus dem dörflichen Schnee wegbekommt. Ob die Landpartie, wenn die Besucher sich vernünftig verhalten, wirklich ein Infektionstreiber ist, lässt sich bestreiten. Und wenn stattdessen die Parkanlagen in der Stadt überlaufen sind und die Städter in vollen U-Bahnen dorthin fahren, ist in der Bilanz sicher nichts gewonnen.

Was sich im Privatleben einschränken lässt, ist ausgereizt

Und auch an anderer Stelle könnten sich negative Folgen zeigen. Eine Beschränkung wie die Radius-Regel, die so drakonisch aufwartet und deren Sinn zugleich umstritten ist, kann die breite Akzeptanz der Maßnahmen gefährden. Wer im Zorn über den Radius die Geduld verliert, schüttelt vielleicht wieder Hände oder lädt Freunde zur Küchenparty ein. Zuletzt gab es Polizeimeldungen über Kinder in München, die vom Schlittenhügel verjagt wurden. Die Kommentare in sozialen Netzwerken sprechen Bände - und sie stammen nicht von Corona-Leugnern, sondern von empörten Eltern, für die der Bogen überspannt ist.

Vier Dinge sollte sich die Exekutive daher zu Herzen nehmen. Erstens: Was sich im Privatleben einschränken lässt, ist ausgereizt, die Wirtschaft muss in den Blick. Wer am Sonntag mit der Familie nicht mehr im Oberland wandern darf, sitzt am Montag im Büro oder steht in der Fabrik. Das ist Unsinn. Zweitens: Damit die Stimmung nicht kippt, ist Augenmaß bei den Bußgeldern gefragt. Drittens: Die Politik muss die Radius-Regel evaluieren und im Zweifel zügig streichen. Und viertens: weniger Sheriff-Rhetorik. Dass Uwe Brandl (CSU), der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, nun angeregt hat, die Bewegungsprofile von Handys auszulesen, erinnert zu Recht viele an chinesische Zustände. Solche will keiner, egal ob Stadt oder Land.

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Wo gilt die 15 km regel in bayern

SZ PlusMiesbach:"Über Gerechtigkeit können wir in dem Fall sowieso nicht reden"

Landrat Olaf von Löwis will den Landkreis Miesbach mithilfe der neuen Corona-Regeln für Ausflügler sperren. Warum er diesen Schritt für nötig hält und wie er die Einhaltung des Verbots überprüfen will.

München - In Corona-Hotspots in Bayern gilt ab Montag die 15-Kilometer-Regel. Wir haben zusammengefasst, was das im Detail bedeutet.

Wie erfahre ich, ob ich davon betroffen bin?

Die Regel gilt für Landkreise und kreisfreie Städte, in denen es mehr als 200 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche gibt. Maßgeblich dafür sind die Werte des Robert Koch-Instituts (RKI), erstmalig ab Montag (00.00 Uhr). Das Bayerische Innenministerium veröffentlicht die betroffenen Regionen im Internet unter https://www.innenministerium.bayern.de/miniwebs/coronavirus/hotspotregionen/.

Wie werden die 15 Kilometer gemessen?

Der 15-Kilometer-Radius bezieht sich immer auf den gesamten Wohnort, nicht auf die genaue Anschrift. Gerechnet wird ab der Ortsgrenze. Dabei kommt es auf die Luftlinie an und nicht auf die Zahl der tatsächlich gefahrenen Kilometer.

Wie wirkt sich diese Regel aus?

Für touristische Tagesausflüge wird der Aktionsradius beschränkt. Wandern, Rodeln, Skifahren oder Spazierengehen ist dann nur noch im Umkreis von 15 Kilometern rund um den Wohnort möglich, ebenso der Besuch kultureller Stätten. Nicht betroffen sind Menschen, die etwa zur Arbeit, zum Arzt oder zum Einkaufen unterwegs sind oder zum Beispiel ihr Kind in den Kindergarten oder zur Schule bringen wollen. Auch Gottesdienste gelten als triftiger Grund, den 15-Kilometer-Radius zu verlassen.

Wie kann ich beweisen, dass ich einen triftigen Grund habe?

Wer von der Polizei kontrolliert wird, muss glaubhaft machen, dass bei ihm ein besonderer Grund vorliegt. Schriftliche Bescheinigungen etwa des Arbeitgebers sind zwar nicht zwingend, können aber laut Innenministerium hilfreich sein.

Darf ich Besuch von Leuten bekommen, die nicht in einem Hotspot leben?

Ja, das ist erlaubt. Allerdings können betroffene Landkreise oder kreisfreie Städte touristische Tagesausflüge in ihre Region untersagen.

Wann wird die 15-Kilometer-Regel in meiner Region wieder aufgehoben?

Dazu muss die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern binnen einer Woche sinken. Liegt dieser Wert seit mindestens sieben Tagen in Folge unter 200, kann die Kreisverwaltungsbehörde die Regel aufheben.

Was für Regeln gelten jetzt in Bayern?

Sie umfassen folgende Punkte:.
Maskenpflicht: Außerhalb der eigenen Wohnung gilt die Pflicht zum Tragen einer Maske (Mindeststandard: medizinische Gesichtsmaske). Die Maskenpflicht gilt nicht. ... .
Betretungs- und Tätigkeitsverbot: Positiv getestete Personen dürfen bestimmte Bereiche nicht betreten bzw. dort nicht arbeiten..

Was gilt in öffentlichen Verkehrsmitteln Bayern?

Seit mit Wirkung vom 10. Dezember 2022 die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aufgehoben wurde, wird in § 1 auch für Verkehrsmittel des ÖPNV empfohlen, mindestens eine medizinische Gesichtsmaske zu tragen.

Wer gilt als vollständig geimpft in Bayern?

Seit 1. Oktober 2022 sind nach § 22a Abs. 1 Satz 2 IfSG grundsätzlich drei Einzelimpfungen oder zwei Einzelimpfungen und eine überstandene Infektion notwendig, um als vollständig geimpft zu gelten. Hierbei darf die dritte Einzelimpfung frühestens drei Monate nach der zweiten Einzelimpfung erfolgen.

Ist in München Maskenpflicht?

ÖPNV: Maskenpflicht entfällt seit 10. Dezember Im öffentlichen Personennahverkehr entfällt die Maskenpflicht bayernweit seit 10. Dezember 2022. Es wird aber weiterhin empfohlen, eine medizinische oder FFP2-Maske zu tragen.