Wie viele Schwarze Löcher gibt es in der Galaxie?

Das Röntgenteleskop Chandra fördert erstaunliche Details der Milchstraße zutage: Das Zentrum der Galaxis sieht offenbar aus wie ein gigantisches Sieb - dort befinden sich bis zu 20.000 Schwarze Löcher.

Im Zentrum der Milchstraße sitzt ein unsichtbarer Riese. Vier Millionen Sonnenmassen ist das Schwarze Loch namens Sagittarius A* schwer, den Teleskopen auf der Erde bliebe es trotz seiner Größe verborgen, wäre da nicht ein auffälliges Signal, mit dem es sich zu erkennen gibt.

Es stammt von kosmischen Gaswolken, die noch ein letztes elektromagnetisches Feuerwerk zünden, bevor sie für immer im Schlund des Schwarzen Loches verschwinden. In den letzten Jahren mehrten sich die Hinweise, dass Sagittarius A* nicht der einzige Vertreter seiner Art in der Milchstraße ist. Laut Theorie sollte es auch noch kleinere Begleiter besitzen - doch der Nachweis gestaltet sich schwierig. Gelungen ist er bislang nur in knapp 60 Fällen.

Schwarze Löcher fangen Sterne ein

Eine Zahl, die nun deutlich nach oben korrigiert werden muss: Allein im Zentrum der Milchstraße könnte es 20.000 Schwarze Löcher geben, berichten nun Forscher um Charles Hailey im Fachblatt „Nature“.

Der Astrophysiker von der Columbia University hatte in den Aufzeichnungen des Weltraumteleskops Chandra Dutzende Röntgensignale entdeckt, die von Doppelsystemen stammen, genauer: von kleinen Schwarzen Löchern, die vorbeiziehende Sterne mit ihrer Schwerkraft eingefangen haben und von ihnen Materie absaugen.

Wie viele Schwarze Löcher gibt es in der Galaxie?

NASA / CXC / M.Weis

Sagittarius A* ist von einem Schwarm Schwarzer Löcher umgeben

Das ist freilich die Ausnahme, den meisten Schwarzen Löchern gelingt nichts dergleichen, sie führen eine solitäre Existenz und machen sich nicht durch Röntgenstrahlung bemerkbar. Sie sind definitionsgemäß schwarz - also unsichtbar. Daher muss, wie Hailey und seine Kollegen in ihrer Studie vorrechnen, die tatsächliche Zahl der Schwarzen Löcher bedeutend höher sein.

Entstanden sind die Schwarzen Löcher wohl aus kollabierten Sternen aus dem Gas- und Staubgürtel rund um Sagittarius A*. Der Gürtel ist laut Hailey ein ganz besonderer Ort, stellt er doch das einzige kosmische „Laboratorium“ dieser Art dar, das man von der Erde aus im Detail beobachten kann.

Das wollen die Forscher in Zukunft auch mit Hilfe einer neuen Generation von Detektoren tun. Schwarze Löcher senden nämlich Gravitationswellen aus, wenn sie mit ihresgleichen verschmelzen oder schwere Sterne verschlucken. Gelänge es, diese Signale einzufangen, wären die unsichtbaren Schwarzen Löcher plötzlich so deutlich erkennbar wie die Sterne am Himmel.

Sie sind überall im Weltraum verstreut, eigentlich unsichtbar, gefräßig und mit unheimlichen Kräften ausgestattet: Schwarze Löcher. Ihre Anziehungskraft ist so groß, dass ihnen nichts entwischen kann - nicht einmal Licht.

Stand: 08.06.2022

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Menschen, Tiere, Pflanzen und alles andere, was man auf der Erde findet, stehen fest auf der Oberfläche unseres Planeten. Seine Erdanziehungskraft sorgt dafür, dass wir nicht ins Weltall abdriften. Im Alltag entkommen wir der Schwerkraft unserer Erde nicht. Doch wenn eine Rakete schneller als 11,2 Kilometer pro Sekunde beschleunigt, ist das schneller als die sogenannte "Fluchtgeschwindigkeit" und sie überwindet die Erdanziehung.

Schwarzes Loch lässt nichts entkommen

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Ein Stern wird von einem Schwarzen Loch erst auseinandergerissen und dann verschluckt.

Es gibt aber auch Objekte im Weltraum, die alles festhalten, was sie einmal zu fassen bekommen: Schwarze Löcher. Ihre Anziehungskraft ist so groß, dass die Geschwindigkeit der Rakete höher als die Lichtgeschwindigkeit sein müsste. Doch in unserem Weltall bewegt sich nichts schneller als Licht. Und das bedeutet: Keine noch so schnelle Rakete könnte je einem Schwarzen Loch entkommen. So ergeht es übrigens allem, was dem Loch zu nahe kommt. Ganze Sterne, Planeten, Gas- und Staubwolken werden von ihm aufgesogen, diesem Vielfraß des Weltraums. Und da auch das Licht nicht schneller unterwegs sein kann als mit Lichtgeschwindigkeit, ereilt es das gleiche Schicksal: Das Schwarze Loch lässt nichts entwischen. Und deshalb ist es im wahrsten Sinne des Wortes "schwarz".

Viel Masse auf kleinem Raum im Schwarzen Loch

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Das hier ist nur eine Computersimulation:Wieder einmal verschluckt ein Schwarzes Loch einen Stern.

Um eine derartig hohe Anziehungskraft zu entwickeln, müssen Schwarze Löcher auf kleinstem Raum eine unglaubliche Masse vereinigen. Unsere Sonne zum Beispiel könnte nur dann ein Schwarzes Loch werden, wenn man ihre 1,4 Millionen Kilometer Durchmesser auf etwa drei Kilometer zusammenpressen würde. Die Erde müsste man sogar zu einer Kugel von weniger als einem Zentimeter verdichten, um aus ihr ein Schwarzes Loch zu machen. Aber keine Sorge: Das können weder der Sonne noch der Erde passieren. Dafür ist ihre Masse nicht groß genug.

Sternentod führt zu stellaren Schwarzen Löchern

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Der Stern Beteigeuze wird als Supernova explodieren - und könnte anschließend vielleicht eine Existenz als Schwarzes Loch fristen.

Schwarze Löcher entstehen im Weltraum zum Beispiel, wenn massereiche Sterne - also Sterne, die viel massereicher als die Sonne sind - am Ende ihrer Entwicklung angelangt sind. In einem strahlenden Stern wie unserer Sonne wirken zwei Kräfte: der Druck nach außen und der nach innen. Der Druck nach außen entsteht durch die andauernde Kernfusion. Dabei verschmelzen Wasserstoff-Atomkerne zu Helium-Kernen. So entsteht eine unglaublich große Energie, die Wärme und Licht erzeugt, und nach draußen abgestrahlt wird. Die Schwerkraft der Sonne hält diesem Druck nach außen entgegen. Es entsteht ein Gleichgewicht. Doch Sterne haben eine definierte Lebenszeit - und irgendwann geht ihnen der Treibstoff aus.

"Und dann ist die Schwerkraft aber immer noch da. Dann sackt das Ding in sich zusammen und kann so einen Kollaps erzeugen, dass im Zentrum ein Schwarzes Loch entsteht."

Professor Reinhard Genzel, Astrophysiker, Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching

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Schon Einstein hat Schwarze Löcher vorhergesagt.

Wie so ein Schwarzes Loch genau aussieht, das weiß niemand. Keiner wird dort je hinreisen und vom Erlebten berichten können. Theoretische Physiker versuchen darum, Schwarze Löcher zu berechnen. Ihre experimentellen Kollegen suchen sie mit Teleskopen. Schon Albert Einstein hat in seiner Relativitätstheorie vorhergesagt, dass es Schwarze Löcher geben muss. Im Jahr 1964 tauchte der Begriff "Schwarzes Loch" erstmals in einem Artikel der Wissenschaftsjournalistin Ann Ewing auf.

Inzwischen wissen wir, dass es Schwarze Löcher in verschiedenen Größen gibt: von den stellaren Schwarzen Löchern bis hin zu riesigen Exemplaren, die inmitten von Galaxien lauern und die millionen- bis milliardenfach so massereich wie unsere Sonne sind.

Cygnus X-1: das erste Schwarze Loch

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Cygnus X-1 in einer künstlerischen Darstellung. Das Schwarze Loch saugt gerade fleißig Materie von seinem Begleitstern ab.

Im Jahr 1971 entdeckten Forscher in unserer Milchstraße den ersten Kandidaten für ein Schwarzes Loch: Cygnus X-1, etwa 6.100 Lichtjahre von uns entfernt. Besonders im Röntgenbereich ist dieses Schwarze Loch gut zu beobachten. Bei Cygnus X-1 handelt es sich um ein Doppelsystem, bei dem das Schwarze Loch Materie von seinem Begleitstern, einem Riesenstern, absaugt. Bei diesem Vorgang wird viel Energie freigesetzt, sodass Cygnus X-1 hell erleuchtet ist.

Space Night science: Was wir über Schwarze Löcher noch nicht wissen

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Ein Schwarzes Loch im Zentrum unserer Galaxis

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Im Zentrum unserer Milchstraße lauert unser ganz eigenes supermassereiches Schwarzes Loch: Sagittarius A* mit vier Millionen Sonnenmassen.

In der Mitte der meisten Galaxien gibt es ein Schwarzes Loch - auch im Zentrum der Milchstraße. Allgemein gilt: je massereicher die Galaxie, desto massereicher das Schwarze Loch. "Unser" Schwarzes Loch, Sagittarius A*, entspricht etwa vier Millionen mal der Masse der Sonne. Doch es gibt noch schwerere Brocken. Bis zu 10 Milliarden Sonnenmassen hat man schon gemessen.

Schwarze Löcher sind unsichtbar

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Das Schwarze Loch ist der kleine schwarze Punkt in der Mitte.

Die Grenze eines Schwarzen Lochs wird als Ereignishorizont bezeichnet: Hat Materie oder Licht diesen Ereignishorizont einmal überquert, ist es auf Nimmerwiedersehen im Schwarzen Loch verschwunden. Deshalb kann man Schwarze Löcher mit einem normalen Teleskop nicht sehen: Alles, was man beobachten könnte, wäre eine kugelförmige Region im All, aus der keinerlei Strahlung nach außen weicht.

Ein Schwarzes Loch macht sich aber indirekt bemerkbar: Denn oft wird es beispielsweise von einer Gas- und Staubscheibe umkreist. Diese Materie wird erhitzt und sendet Strahlung aus, bevor sie irgendwann in das Schwarze Loch stürzt. Supermassereiche Schwarze Löcher wie das Exemplar in unserer Milchstraße werden auch von ganzen Sternen umkreist, die in aller Seelenruhe ihre Bahnen um das Schwarze Loch drehen.

Forscher immer dichter an Schwarzem Loch

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Sterne dicht bei Sagittarius A*

Für die Erforschung von Sagittarius A*, dem Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße, erhielt der deutsche Physiker Reinhard Genzel den Physiknobelpreis 2020, zusammen mit internationalen Kolleginnen und Kollegen. Ende 2021 präsentierte sein Team vom Max-Planck-Institut (MPI) für extraterrestrische Physik und Forscherinnen und Forschern vom MPI für Astrophysik Fotos von Sternen, die mit dem bislang geringsten Abstand um Sagittarius A* kreisen.

Beobachtungstipp: Wo ist Sagittarius A*?

Selbst beobachten könnt ihr Sagittarius A* leider nicht. Einerseits ist es als Schwarzes Loch unsichtbar. Andererseits liegt es mitten im Zentrum der Milchstraße. Diese Region ist von dichten Gas- und Staubwolken umgeben. Deshalb können Astronominnen und Astronomen selbst mit optischen Teleskopen nicht dorthin blicken, weil der Staub das sichtbare Licht schluckt. Aber ihr könnt durchaus einen Blick gen Zentrum der Galaxis werfen: Sagittarius A* befindet sich im Sternbild Schütze - dort, wo euch das Band der Milchstraße am dichtesten erscheint.

Die Aufnahmen gelangen mit dem VLTI der Europäischen Südsternwarte in Chile und stellen die bislang detailliertesten Bilder vom Zentrum der Milchstraße dar. Sie sind im infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums entstanden. Einer der Sterne (S29) zog während der mehrmonatigen Beobachtung mit einer Geschwindigkeit von fast 9.000 Kilometern pro Sekunde mit einem Abstand von 13 Milliarden Kilometern an dem Schwarzen Loch vorüber - das ist nur etwa neunzigmal weiter als der Abstand der Erde zur Sonne.

Durch diese Sternbeobachtung konnten die Forscher des Forschungsprojekts "GRAVITY collaboration" die Masse von Sagittarius A* auf 4,3 Millionen Sonnenmassen berechnen. Sein Abstand zu uns beträgt 27.000 Lichtjahre.

M87: Das erste Bild eines Schwarzen Lochs

<!-- --> Weltall Erstes Bild des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße


<!-- --> Wissenschaftliche Sensation Das erste Bild von einem Schwarzen Loch

Im Mai 2019 wurde erstmals ein Schwarzes Loch fotografiert. Allerdings nicht im optischen Bereich von Licht, also dem normal sichtbaren Bereich. Radioteleskopen gelang eine Aufnahme, die zumindest den sogenannten Schatten des Schwarzen Lochs darstellt: das ist ein Bereich, etwa doppelt so groß wie der Ereignishorizont, bei dem das Licht dem Schwarzen Loch gerade noch so entkommen kann. Das Bild zeigt einen Ring aus Materie und in der Mitte - nichts. Genau wie sich die Forscherinnen und Forscher das theoretisch vorgesellt hatten.

Im Mai 2022 folgte dann das mit Spannung erwartete erste Bild von Sagittarius A*, dem Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße. Es schaut aus wie ein schwarzer Blobb umgeben von einem verschwommenen Ring - und damit fast genauso wie das erste Bild von einem Schwarzen Loch. Vielleicht mögt ihr enttäuscht sein, aber genau diese Tatsache entzückt Forscherinnen und Forscher: Denn Schwarze Löcher sollten alle ziemlich ähnlich aussehen. Somit hat das Bild ihre theoretischen Vorstellungen bestätigt.