Paracetamol ist ein bewährtes und gut verträgliches Analgetikum und Antipyretikum. Es wirkt nicht antiphlogistisch. Der exakte Wirkmechanismus ist noch immer Gegenstand der Forschung. Neben einer COX-inhibitorischen Wirkung erfolgt der Wirkeffekt über einen Angriffspunkt im zentralen Nervensystem.
- Indikation (Anwendungsgebiet)
leichte bis mittlere Schmerzen, Fieber.
- Produktnamen
ben-u-ron®, Perfalgan® und Generika
- Synonyme
Acetaminophen
Erfahrungen in der Schwangerschaft
Erfahrungsumfang: HOCH
1. Trimenon
Wie die meisten anderen Medikamente ist auch Paracetamol plazentagängig. Nach heutigem Wissen erhöht Paracetamol das Fehlbildungsrisiko nicht. Anfänglich wurde aufgrund einzelner Fallberichte ein teratogenes Potenzial beim Menschen vermutet. Auch in den vergangenen Jahren wurden gelegentlich entwicklungstoxische Auswirkungen auf das Ungeborene diskutiert, z.B. Gastroschisis, wenn die Mutter Kombinationspräparate mit Pseudoephedrin eingenommen hatte. Keines dieser Verdachtsmomente konnte bestätigt werden. Zu funktionellen Entwicklungsstörungen im Zusammenhang mit einer Paracetamol-Einnahme der Mutter siehe nachfolgender Abschnitt.
2.-3. Trimenon / Perinatal
Auch im 2. und 3. Trimenon ist Paracetamol im üblichen Dosierungsbereich gut verträglich. In verschiedenen seit 2013 veröffentlichten Studien werden mentale bzw. Verhaltens- und
Sprachentwicklungsauffälligkeiten im Zusammenhang mit einer Paracetamol-Einnahme der Mutter in der Schwangerschaft diskutiert. Eine auf sechs unterschiedlichen Kohorten beruhende aktuelle Metaanalyse von 2021 erörtert ein erhöhtes Risiko speziell für Autismusspektrumstörungen und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Paracetamol und diesen Auffälligkeiten beim Kind ist nicht auszuschließen. Allerdings müssen diese Studienergebnisse u.a. aus
den folgenden Gründen kritisch bewertet werden: 1) Die beobachteten Entwicklungsauffälligkeiten bei den Kindern können viele Ursachen haben, die in den Studien nur unvollständig erfasst wurden. Hierzu gehören u.a. genetische Faktoren, das soziale Umfeld einschließlich der familiären Interaktion und Details zu mütterlichen Erkrankungen und weiteren Expositionen. 2) Die diagnostischen Kriterien für die beobachteten Auffälligkeiten sind uneinheitlich, haben sich während der z.T. Jahrzehnte
zurückliegenden Erhebungen geändert und sind bezüglich der Studien heterogen. 3) Die statistische Signifikanz der beobachteten Zusammenhänge zwischen Paracetamol und den Entwicklungsauffälligkeiten ist in vielen Untersuchungen grenzwertig. 4) Dosis, Dauer und Trimenon der Einnahme unterscheiden sich zwischen den Studien oder sie werden unzureichend oder gar nicht spezifiziert. 5) Ein plausibler Schädigungsmechanismus von Paracetamol hinsichtlich der diskutierten Auffälligkeiten ist nicht belegt.
6) Einige der Studien zeigen unerklärliche Effekte, z. B. dass die Paracetamol-Einnahme beim Vater nach der Schwangerschaft ebenso zu erhöhten Risiken für Verhaltensauffälligkeiten führt, wie die Einnahme der Mutter während der Schwangerschaft.
Die 2021 veröffentlichte Metaanalyse zu ADHS und Autismusspektrumstörungen ergibt keine über die bisher vorliegenden Studien hinausgehenden inhaltlichen Erkenntnisse oder Erklärungsansätze zur Frage der ursächlichen Rolle des Paracetamol.
Weitere
im Zusammenhang mit intrauteriner Paracetamol-Exposition diskutierte Auffälligkeiten betreffen asthmatische Beschwerden beim Kind oder einen Hodenhochstand bei Jungen. Auch diese Studien waren z.T. nicht schlüssig und die beobachteten Effekte nur grenzwertig signifikant.
Andererseits können derartige Risiken keineswegs 100%ig ausgeschlossen – und Paracetamol als unbedenklich bezeichnet werden. Dies würde Studien mit unerreichbarer Größe und detaillierter Erhebung einer Vielzahl
zusätzlicher Faktoren erfordern, die es allerdings zu keinem Medikament gibt.
Im Zusammenhang mit einer Paracetamol-Exposition am Ende der Schwangerschaft gibt es einige Fallberichte zu einem vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli beim Fetus. In einer prospektiven Beobachtungsstudie mit 604 im 3. Trimenon exponierten Schwangerschaften wurde über kein derartiges Ereignis berichtet. Dies spricht dafür, dass das Risiko offenbar sehr gering ist.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Paracetamol nicht leichtfertig eingenommen werden darf. Andererseits gibt es insbesondere im 3. Trimenon keine medikamentösen Alternativen – außer den Opioiden, die sehr starken Schmerzen vorbehalten sind. Siehe auch verschiedene Stellungnahmen unter Aktuelles.
Empfehlungen zur Schwangerschaft
Planung einer Therapie oder Planung einer Schwangerschaft unter Therapie
Bei medikamentös behandlungspflichtigen Schmerzen gehört Paracetamol in jeder Phase der Schwangerschaft zu den Analgetika der Wahl. Bei hohem, behandlungsbedürftigem Fieber gehört es zu den Antipyretika der Wahl. Es kann innerhalb des üblichen Dosisbereichs eingesetzt werden. Wie jede andere Schmerzmedikation auch, darf es nicht unkritisch und ohne ärztlichen Rat tagelang oder sogar über mehrere Wochen eingenommen werden.
Konsequenzen nach Anwendung in der Schwangerschaft
keine.
Besser geeignete Alternativen
im 3. Trimenon: keine. Im 1. und 2. Trimenon (nicht im 3. Trimenon!): ggf. Ibuprofen.
Pharmakokinetik
HWZ: 2,6 h; Proteinbindung: 25%; molare Masse: 151; relative Dosis: 6-12%; M/P-Quotient: 1; orale Bioverfügbarkeit: > 85%.
Klinik
Es gibt keine nennenswerten Hinweise auf Unverträglichkeiten beim Säugling.
Empfehlung
Paracetamol ist neben Ibuprofen Analgetikum der Wahl in der Stillzeit.
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