Wie steht die evangelische Kirche zu Heiligen?

Fragt man Menschen auf der Straße nach Unterschieden zwischen der römisch-katholischen und den evangelischen Kirchen, so wird oft die Heiligenverehrung benannt. In der Praxis ist es auch so, dass Heilige in den Kirchen und Gottesdiensten der Protestanten keine große Rolle spielen, während sie in der römisch-katholischen Kirche an vielen Stellen vorkommen.

Dabei unterscheiden sich evangelische und katholische Kirche im Verständnis von „Heiligen“ im Grunde nicht. In beiden Kirchen wird der Begriff in doppelter Weise verwandt: Zunächst kann man sagen, dass alle Christinnen und Christen „Heilige“ sind, denn alle gehören zur „Gemeinschaft der Heiligen“, wie es im Glaubensbekenntnis heißt. Heilig werden die Menschen nicht aufgrund besonderer Leistungen, sondern weil sie zu Gott gehören, der heilig ist und so werden auch die Menschen geheiligt.

Darüber hinaus gab und gibt es Menschen, in deren Leben diese Heiligkeit (die allen Christen zueigen ist) besonders sichtbar wird. In den Anfängen der Christenheit waren es vor allem Menschen, die wegen ihres Glaubens verfolgt und getötet wurden, die als Heilige verehrt wurden. Später wurden auch andere Christen, die durch ihr Leben eine besondere Bedeutung hatten, als Heilige bezeichnet. Von Anfang an bemühten sich die Theologen, zwischen der Anbetung Gottes und der Verehrung der Heiligen zu unterscheiden. Aber in der Frömmigkeit der Menschen, vor allem im Mittelalter, war diese Unterscheidung kaum festzustellen. So nahm zum Beispiel der Handel mit Gegenständen, die mit Heiligen in Verbindung gebracht wurden (Reliqiuen), große Ausmaße an, und war mit vielen magischen Vorstellungen verbunden. Die Kirche versuchte, durch kirchenrechtliche Maßnahmen den Heiligenkult in Bahnen zu lenken. So entwickelte sich in der katholischen Kirche ein exakt festgelegtes Verfahren zur Heiligsprechung von Menschen.

Luther und seine Gefolgsleute versuchten, den Heiligenkult einzudämmen, ohne die Bedeutung der Heiligen ganz aufzugeben. „Man soll der Heiligen gedenken, um dadurch seinen eigenen Glauben zu stärken. Es ist jedoch gegen die Schrift, sie neben Jesus Christus als Vermittler und Versöhner anzurufen, weil dadurch seine Versöhnungstat durch den Kreuzestod in Frage gestellt werde“ lautet der entscheidende Satz aus den lutherischen Bekenntnisschriften.

Dass die katholische Kirche Heilige „anbete“, ist ein häufiges Missverständnis. Es gibt aber die Praxis, dass im Fall von Heiligen nicht nur für einen Verstorbenen gebetet wird (was im evangelischen Verständnis durchaus möglich ist), sondern auch zu einem Verstorbenen (nämlich dem Heiligen). Damit verbunden ist meist der Wunsch, der entsprechende Heilige möge vor Gott für die Bitten des Menschen eintreten.

Im protestantischen Verständnis ist das Gebet zu Heiligen nicht vorgesehen. Im evangelischen Bereich gibt es auch keine kirchenrechtlichen Verfahren, die festlegen, wer als „heilig“ gilt. „Heilige“ können aber sehr wohl Vorbilder für die Lebensgestaltung oder auch zu Identifikationsfiguren werden, um das geistliche Leben daran auszurichten. So verstanden nützt das Gedenken an die „Heiligen“ der Kirchengeschichte, um im eigenen Leben den Satz „Du bist heilig“ erfahrbar zu machen.

Die Frage mag sich für manche Leute erst einmal absurd anhören. Klar, in der katholischen Kirche gibt es Heilige. Das sind Menschen, die Gott besonders nahe stehen und in religiöser und ethischer Sicht als vorbildhaft angesehen werden. Aber bei den Protestanten, also in der evangelischen Kirche, wie sieht es da aus? Zunächst möchte man glauben, es gäbe dort selbstverständlich keine Heiligen. Deshalb als kurzer Vorgedanke zunächst einmal eine Antwort auf die Frage, was eigentlich das Heilige ist:

Das Heilige schlechthin ist Gott selbst, aber Christus ist in seiner einzigartigen Beziehung zu Gott dem Vater durch seinen Tod und seine Auferstehung derjenige, der in denen Heiligkeit bewirkt, die ihm nachfolgen. Was das genau heißt, erläutert Martin Luther im dritten Artikel seines kleinen Katechismus, also seiner kurzen Einführung in den christlichen Glauben, wie folgt:

Der Dritte ArtikelVon der Heiligung

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Was ist das?

Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt und am Jüngsten Tage mich und alle Toten auferwecken wird und mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird.
Das ist gewißlich wahr.

https://www.ekd.de/Kleiner-Katechismus-Zweite-Hauptstuck-13471.htm

Ja, das haben Sie ganz richtig gelesen. In der evangelischen Kirche gibt es Heilige. Jeder Christ ist heilig, zumindest nach Martin Luthers Lesart. Noch Fragen ?

Was sind die drei wichtigsten Merkmale der evangelischen Kirche?

Sola gratia – allein durch die Gnade Gottes wird der Mensch errettet, nicht durch eigenes Tun. Solus Christus – allein Christus, nicht die Kirche, hat Autorität über Gläubige. Sola scriptura – allein die (Heilige) Schrift ist die Grundlage des christlichen Glaubens, nicht die Tradition der Kirche.

Welche Kirche verehrt viele Heilige?

Die katholische Kirche verehrt Heilige als besondere Mittler zwischen den Menschen und Gott.

Warum machen die evangelischen kein Kreuzzeichen?

Evangelische Kirche Evangelische Christen lehnen es jedoch nicht ab. So schreibt Martin Luther im Kleinen Katechismus über den Morgen- und Abendsegen: „Des Morgens, so du aus dem Bette fährest, sollst du dich segnen mit dem Zeichen des Heiligen Kreuzes und sollst sagen: ‚Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Warum lehnen so viele evangelische Christen die Marienverehrung ab?

Reformierte und baptistische Kirchen Calvin lehnte jegliche evangelische Marienverehrung ab, da sie immer in der Gefahr sei, zum Götzendienst zu werden. Mit ihm stimmen auch die evangelisch-freikirchlichen Gemeinden (Baptisten und Brüdergemeinden) überein.