Wie lange muss man in der Sonne sein für Vitamin D

Vitamin D im Blut ist heute Mangelware. Darunter leiden nicht nur die Knochen, sondern zahlreiche Krankheiten werden begünstigt. Dabei wäre schadensbegrenzende Abhilfe leicht.

Veröffentlicht: 26.10.2009, 05:00 Uhr

MÜNCHEN. Die Bedeutung einer ausreichenden Vitamin-D-Versorgung wurde lange Zeit unterschätzt. In den vergangenen Jahren häufen sich jedoch Veröffentlichungen in medizinischen und wissenschaftlichen Journalen, die auf die eklatante Minderversorgung mit dem Vitamin, das eigentlich ein Hormon ist, und die Folgen für unsere Gesundheit hinweisen. Das hat der Ernährungsforscher Dr. Nicolai Worm bei einer Veranstaltung in München betont.

Bis zu 90 Prozent haben einen Mangel an Vitamin D

Gemäß einer zwischen 2005 und 2008 vorgenommenen repräsentativen epidemiologischen Studie des Max-Rubner-Instituts in Karlsruhe hatten im Jahresdurchschnitt knapp 60 Prozent der untersuchten Männer und Frauen im Alter von 18 bis 79 Jahren 25-Hydroxy-Vitamin-D (25VitD)-Spiegel unterhalb des offiziell als kritisch erachteten Schwellenwertes von 20 ng/ml im Blut. Legt man den inzwischen von vielen Experten präferierten neuen Schwellenwert von 30 ng/ml für diese Speicherform des Vitamin D zugrunde, bestünde demnach wohl bei rund 90 Prozent der Bevölkerung ein interventionsbedürftiger Mangelzustand, betonte Worm bei der vom Unternehmen Sandoz unterstützten Veranstaltung.

Schon jetzt sind mehr als hundert Gene in über 30 Organen und Geweben bekannt, die physiologisch durch Vitamin D aktiviert werden. Entsprechend weitreichend seien die potenziellen Folgen eines Vitamin-D-Mangels, so der Münchener Wissenschaftler. Epidemiologische Untersuchungen und teilweise auch schon erste Interventionsstudien verweisen auf einen deutlichen Zusammenhang zwischen zu wenig Vitamin D im Blut und einer ständig länger werdenden Liste von Erkrankungen wie Osteoporose, Muskelschwäche, Herzinfarkt, Malignome, Diabetes, Rheuma, Infektanfälligkeit, Depressionen, Morbus Alzheimer, Parkinson-Krankheit und Multiple Sklerose.

Leben in Innenräumen führt zu einem Vitamin-D-Mangel

Schuld am Mangel ist die moderne Lebensweise überwiegend in Innenräumen. Wir sind schlichtweg zu wenig an der Sonne, um die UV-indizierte endogene Vitamin-D-Synthese in der Haut ausreichend zu stimulieren. Experten empfehlen daher Büromenschen als im Sommer ausreichende Maßnahme, die Mittagspause konsequent auch dazu zu nutzen, um an möglichst vielen Sonnentagen für 10 bis 30 Minuten ins Freie oder auch nur ans offene Fenster zu gehen, um wenigstens Gesicht, Hals und Hände der Sonne auszusetzen. UV-filternde Sonnenschutzmittel seien dabei kontraproduktiv und auch aus dermatologischer Sicht für diese kurze Expositionszeit völlig unnötig, sagte Worm.

Von Mitte Oktober bis Mitte März sind in unseren Breiten selbst zur Mittagszeit die Einfallswinkel der Sonnenstrahlen zu flach, um eine nennenswerte Vitamin D-Synthese zu stimulieren. Unsere übliche Ernährung kann dies nicht kompensieren, außer man äße täglich fetten Wildfisch. Wer deshalb in den Sommermonaten nicht genügend Vitamin-D-Reserven aufgebaut hat, um auch die längste Zeit des Winters mit 25VitD-Blutspiegeln von über 20 bis 30 ng/ml zu überstehen, ist eigentlich auf eine Ergänzung angewiesen. Worm rät zur Prävention eines winterlichen Vitamin-D-Mangels bei gesunden Erwachsenen zu Einnahmedosen von täglich 800 bis 2000 I.E. Vitamin D3. Die Langzeitverträglichkeit entsprechend hoher Dosen sei erwiesen. Bei Ausgangswerten von deutlich unter 30 ng/ml 25VitD im Blut kämen auch acht- bis zwölfwöchige Stoßtherapien mit wöchentlich bis zu 50 000 I .E. Vitamin D2 infrage. Die Verordnung und Überwachung der Einnahme einschließlich wiederholter Vitamin- D-Spiegelmessungen sollten dabei in der Hand eines Arztes liegen (IGeL-Leistung). Um das aktuelle Wissen zu Vitamin D und seinem gesundheitsförderlichen Potenzial in eine breite Öffentlichkeit zu tragen, hat Worm ein laienverständliches Buch geschrieben, das aber auch vielen Ärzten Neues und Diskussionswürdiges zum Thema Vitamin D bieten dürfte.

Nicolai Worm: Heilkraft D - Wie das Sonnenvitamin vor Herzinfarkt, Krebs und anderen Zivilisationskrankheiten schützt, Systemed Verlag 2009, 15,95 Euro.

Faustregel für den Sommer

| 12. Juni 2021, 07:04 Uhr

Während die Wintersonne in unseren Breitengraden nicht ausreicht, dass der Körper genügend Vitamin D produziert, können wir im Sommer unseren Tagesbedarf auch ohne Nahrungsergänzungsmittel decken. FITBOOK hat beim Experten nachgefragt, wie man an die tägliche Dosis kommt, ohne Hautschäden befürchten zu müssen.

Der Vitamin-D-Gehalt in unserer Nahrung, beispielsweise in fettreichem Fisch oder Pilzen, reicht bei Weitem nicht aus, um den von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als Schätzwert angegebenen Tagesbedarf von durchschnittlich 20 Mikrogramm (ca. 800 internationale Einheiten) allein durch die Mahlzeiten zu decken. Aber das ist auch gar nicht nötig, denn glücklicherweise ist der Körper in der Lage, das lebenswichtige Vitamin – das eigentlich ein Hormon ist – selbst zu bilden. Vorausgesetzt, es gelangt genügend Sonne, genau genommen UVB-Strahlung, an die Haut. Wie lange und zu welcher Tageszeit müssen wir uns während der Sommermonate also täglich in die Sonne stellen, um einerseits optimal versorgt zu sein, aber andererseits die Haut nicht überzubeanspruchen?

Vitamin D durch Sonne: Einfache Faustregel

Ernährungswissenschaftler und Vitamin-D-Experte Prof. Nicolai Worm kennt die Antwort:

Wer also das Glück hat, gerade im Urlaub zu sein oder über einen Garten zu verfügen, schlüpft für seine tägliche „Vitamin-D-Dusche“ am besten gleich in Badehose oder Bikini. Für Menschen mit Bürojobs gilt: Jeden Mittag Ärmel hochkrempeln und raus, um den Tagesbedarf an Vitamin D durch Sonne zu decken.

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Langsam herantasten, um die eigene optimale Sonnendosis zu finden

Die genaue Minutenzahl, die man sich in der prallen Sonne aufhalten sollte, hängt natürlich vom Hauttyp ab. „Etwa die Hälfte der Zeit, die es brauchen würde, bis sich die Haut rötet, ist optimal“, erklärt Worm. Auch gilt ebenfalls zu berücksichtigen, wie gut die Haut an die direkte Sonne gewöhnt ist. Menschen mit heller Hautfarbe produzieren schneller Vitamin D als Menschen mit dunklerem Hautton. „Im Durchschnitt reichen zehn bis 20 Minuten“, weiß Worm aus seiner Praxis. „Ich rate dennoch dazu, sich langsam heranzutasten, denn die Haut braucht für solch ein knackiges Mittagssonnenbad auch ein bisschen Training.“ Für den Rest des Tages gilt es, sich vornehmlich im Schatten aufzuhalten. „So ist man optimal versorgt, ohne dass ein Sonnenbrand droht.“

Auch interessant: Die besondere Bedeutung von Vitamin D für unsere Gesundheit

Das Sonnenbad wie eine wichtige Mahlzeit einplanen

Die Produktion von Vitamin D durch Sonne ist nicht zu jeder Tageszeit möglich. D. h.: Auch an wolkenlosen Tagen ist der Einfallswinkel früh morgens oder abends nicht ausreichend, damit das Hormon im Körper gebildet werden kann. Das beste Zeitfenster in den späteren Frühlingsmonaten und im Hochsommer liegt zwischen 11 und 15 Uhr.

Worm zu FITBOOK: „Sobald es Richtung späteren Nachmittag geht, kann die Sonne kaum mehr etwas bewirken. Ebenfalls reicht bereits eine Sonnencreme ab Lichtschutzfaktor 15 aus, um die körpereigene Produktion zu verhindern.“ Die Sache mit dem Vitamin D verhält sich demnach ein bisschen wie eine vierte Mahlzeit, die man – zumindest von Mitte April bis Mitte Oktober – möglichst täglich einplanen sollte. Nur so ist auch sichergestellt, dass der Speicher für die kommende Winterzeit ausreichend gefüllt wird. Das Schöne an dem Ritual: Die zehn bis 20 Minuten im Licht lassen sich auch prima zum Meditieren, Sinnieren oder einfach zum Abschalten nutzen.

Warum Vitamin D so wichtig ist

Welche Bedeutung Vitamin D für unsere Gesundheit hat, wurde gerade in den letzten Jahren durch zahlreiche Studien einmal mehr bestätigt. Es stärkt das Immunsystem, sorgt für eine verbesserte Bewegungsfähigkeit, schützt vor Osteoporose und womöglich auch vor Krebs.1,2 Auch bei Covid-19-Verläufen könnte Vitamin D eine Rolle spielen. Herrscht Mangel, drohen andauernde Erschöpfung, Müdigkeit, brüchige Knochen bis hin zu schwerwiegenden Depressionen. Deshalb raten viele Experten, während der dunklen Wintermonate mit Supplementen nachzuhelfen – sofern ärztlich ein Mangel festgestellt worden ist. Sie das ganze Jahr über durchzunehmen, wird dagegen nicht empfohlen. So weist unter anderem das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hin, dass das Vitamin D, wenn vom Körper selbst gebildet, weit besser vom Organismus verwertet werden kann als künstliche Präparate. Von Solariumgängen als Alternative wird ebenfalls gänzlich abgeraten.

Quellen:
1. von Essen MR, Kongsbak M, Schjerling P, Olgaard K, Odum N, Geisler C. Vitamin D controls T cell antigen receptor signaling and activation of human T cells. Nat Immunol. (April 2010);11(4):344-9. doi: 10.1038/ni.1851. Epub 2010 Mar 7. PMID: 20208539.
2. Chandler PD, Chen WY, Ajala ON, et al. Effect of Vitamin D3 Supplements on Development of Advanced Cancer: A Secondary Analysis of the VITAL Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open. 2020;3(11):e2025850. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.25850

Wie viel Sonne am Tag für Vitamin D?

An der Mittagssonne produzieren besonders UV-empfindliche Personen das benötigte Vitamin D in zehn Minuten, normal empfindliche Personen in zwanzig Minuten, und weniger empfindliche Personen in 20 bis 40 Minuten. Empfehlenswerter ist allerdings die Sonnenbestrahlung am Vor- oder Nachmittag.

Wann in die Sonne für Vitamin D?

In den Sommermonaten zwischen dem astronomischem Frühlings- und Herbstbeginn, steht die Sonne zwischen 11 und 15 Uhr am besten, damit der Körper das Vitamin D produzieren kann. Die beste Uhrzeit wäre theoretisch gegen 13 Uhr.

Wie lange in der Sonne im Winter für Vitamin D?

Vitamin D im Blut ist heute Mangelware. Darunter leiden nicht nur die Knochen, sondern zahlreiche Krankheiten werden begünstigt.

Kann man im Winter Vitamin D durch die Sonne aufnehmen?

Im Winter kann kein Vitamin D durch Sonne im Körper entstehen, weil die UVB-Strahlung meist zu gering ist. Daher ist es wichtig, einen vollen Vitamin D-Speicher zu haben oder aktiv gegen einen Vitamin D Mangel zu arbeiten.