Wie lange gibt es die Sommerzeit in Europa?

Wie lange gibt es die Sommerzeit in Europa?

Historische Sommerzeiten in Deutschland

Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts hatte jeder Ort seine eigene Zeit, die sich am Stand der Sonne orientierte. Selbst innerhalb des deutschsprachigen Gebiets gab es Zeitunterschiede. In Bayern richtete man sich nach der "Münchener Ortszeit", in Preußen nach der "Berliner Zeit" - und war damit den Bayern um sieben Minuten voraus. Aber mit dem Ausbau des europaweiten Eisenbahnnetzes wurde eine einheitliche Zeit immer wichtiger. Eine Vereinheitlichung der Zeit wurde erstmal 1884 angestrebt, als in Washington DC die Einteilung der Welt in 24 Zeitzonen beschlossen wurde. Seit dem 1. April 1893 gilt in Deutschland die Mitteleuropäische Zeit.

Das heißt: nicht ganz. Seit 1916 wurde immer wieder mit der Einführung einer Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ)experimentiert. Die alte Faustregel "Mittag ist dann, wenn die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hat." kann mittlerweile nicht mehr angewandt werden. Die Sommerzeit hat den Natürlichen Zeitrhythmus durcheinander gebracht und stiftet international Verwirrung.

Deshalb gab es viele Kritiker, die sich vehement gegen die von Staat verordnete Sommerzeit wehrten. Die Geschichte der Sommerzeit hat aus diesem Grund viele Hoch- und Tiefpunkte.

Der erste Versuch eine Sommerzeit einzuführen, wurde 1916 im Deutschen Kaiserreich gestartet. Drei Jahre lang stellte man die Uhren von Ende März bis Ende September eine Stunde vor. Doch 1919, zu Beginn der Weimarer Republik, wurde diese Regelung wieder rückgängig gemacht. Auch während der Anfangsjahre des Dritten Reiches behielt man das ganze Jahr die Mitteleuropäische Zeit bei.

Zu Kriegsbeginn allerdings wurde die Sommerzeit aus ökonomischen Gründen wieder eingeführt. Eine Stunde mehr Tageslicht bedeutete auch eine Stunde mehr Arbeitszeit - ein nicht unbedeutender Aspekt in der damaligen Rüstungsindustrie.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit begann in Deutschland ein kleines Zeitchaos. Die drei westlichen Besatzungszonen bekamen die Sommerzeit verordnet. In der sowjetischen Besatzungszone und in Berlin galt die Moskauer Zeit. Moskau ist uns - zeitlich gesehen - zwei Stunden voraus. Zwischen Ost- und Westdeutschland klaffte also eine Zeitlücke von zwei Stunden.

Darüber hinaus gab es zwischen 1947 und 1949 noch eine Hochsommerzeit (11. Mai - 29. Juni) während der die Uhren noch einmal eine Stunde vorgestellt wurden. Dieses Zeitchaos wurde vor allem durch die bessere Ausnutzung des Tageslichts legitimiert. Denn in der Nachkriegszeit mit der weitgehend zerstörten Infrastruktur war die Abhängigkeit vom Tageslicht viel stärker als heute.

Zwischen 1950 bis 1979 drehte Deutschland nicht an den Uhren. Und stand mit dieser Haltung in Europa auf ziemlich verlorenem Posten. 1978 wurde erstmals wieder über die Einführung der MESZ diskutiert, die man 1980 schließlich umsetzte. Dieses Mal waren die Gründe sowohl politischer als auch ökonomischer Natur. Zum einen beugten sich beide deutsche Staaten dem Druck des europäischen Auslandes, zum anderen zog die Ölkrise von 1973 ihre Spuren nach sich. Man erhoffte sich eine bessere Energieeinsparung - was sich allerdings nicht bestätigte.

1996 markiert den bisherigen Schlusspunkt in der Geschichte der Sommerzeit. In diesem Jahr wurden sämtliche Sommerzeiten Europas vereinheitlicht. Seitdem stellt Deutschland die Uhren von Ende März bis Ende Oktober (statt September) um.

Wie lange gibt es die Sommerzeit in Europa?

Wie lange gibt es die Sommerzeit in Europa?

Wie lange gibt es die Sommerzeit in Europa?

Am Sonntag endet die Normalzeit und wir kehren zur Sommerzeit zurück

(GettyImages)

  • Deutschland war das erste Land auf der Welt, das an der Uhr drehte
  • Zweimal im Jahr verstellen wir den Zeiger, insgeheim verwünschen wir es
  • Die unbeliebte Zeitumstellung sollte eigentlich in der EU längst abgeschafft sein
  • Doch die EU-Kommission lässt sich Zeit damit und so wurde die Abschaffung der Zeitumstellung auf unbestimmte Zeit verschoben

Am 27. März 2022 endet die Winterzeit: In der Nacht von Samstag auf Sonntag beginnt die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) und wir stellen die Uhren dann um 2 Uhr eine Stunde vor. Jedes Jahr aufs Neue ärgern wir uns über die Zeitumstellung. Das hartnäckige Gerücht, dass wir mit der Zeitumstellung den Energiebedarf senken würden ist schon lange widerlegt. Aber warum stellen wir trotzdem noch die Uhren um?

1916, mitten im Ersten Weltkrieg, drehte Deutschland als erstes Land der Welt an der Zeit - und stellte die Uhren eine Stunde vor. Der Grund damals: Das deutsche Reich wollte Energie sparen - oder vielmehr das "kriegswichtige" Material wie Kohlen und Petroleum. Nach deutschem Vorbild führten unter anderem auch die Briten und Franzosen die Sommerzeit ein, obwohl sie sich damals im Krieg mit Deutschland befanden.

Das ewige Gerücht der Energieeinsparung

Zur Freude der Menschen schaffte Deutschland die ungeliebte Kriegsmaßnahme 1919 wieder ab - bis sie im Zweiten Weltkrieg 1940 erneut in Erwartung einer Energieeinsparung wiedereingeführt wurde. Auch andere Länder verabschiedeten sich wieder von der Sommerzeit. Lediglich Großbritannien hielt daran fest. 1949 einigten sich die Alleierten schließlich darauf die Sommerzeit in Deutschland abzuschaffen. Dieses Versprechen hielt nur 30 Jahre.

Die Ölkrise von 1973 bewegte Frankreich dazu, die Sommerzeit in Jahr 1976 wiedereinzuführen um Energie zu sparen. Andere Länder folgten. Dies führte dazu, dass es innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), dem Vorläufer der EU, zu unterschiedlichen Zeitzonen kam, die den Binnenhandel und Verkehr belasteten. Deswegen folgte bis 1981 die Einführung der Sommerzeit in allen mitteleuropäischen Staaten. Der wahre Grund für die erneute Einführung der Sommerzeit ist also nicht die Einsparung von Energie, sondern die Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes.

Wir sind nicht allein

Auch außerhalb Europas gibt es Länder, die an den Zeigern drehen. Die meisten Länder befinden sich in der gemäßigten Klimazone. Am Äquator zum Beispiel schwankt der Sonnenaufgang um lediglich 20 Minuten gegen über der Tag-und-Nacht-Gleiche. Auch an den Polen ist das einmalige umstellen der Uhr um eine Stunde sinnlos. Hier scheint die Sonne im Sommerhalbjahr rund um die Uhr und im Winterhalbjahr überhaupt nicht.

Nur in der gemäßigten Zone verlagert sich der Sonnenaufgang so, dass es Sinn macht die Uhren zu verstellen. Zu den Ländern, die im Sommer zur Sommerzeit wechseln, zählen unter anderem: alle Mitgliedsstaaten der EU, alle Balkanländer, sowie Kleinstaaten in Europa wie der Vatikan und Monaco. Auch die Schweiz und Norwegen haben sich dem EU Standard angepasst. Außerhalb Europas gibt es die Sommerzeit zum Beispiel in den USA (mit ein paar Ausnahmen), Brasilien, Australien, Namibia, einigen Karibikstaaten und Teilen des Nahen Ostens. Wobei besonders in stark religiös geprägten Staaten die Sommerzeit an religiöse Gegebenheiten angepasst werden. So setzt Marokko die Sommerzeit während des Ramadans aus.

Winterzeit ade - Sommerzeit für immer?

Da die ewige Umstellung von Winter- auf Sommerzeit und umgekehrt sehr unbeliebt sind, gibt es immer wieder Bestrebungen von einzelnen Ländern die Umstellung abzuschaffen. So beschloss Beispielsweise Russland, 2011, auf die Rückkehr zur Winterzeit (Normalzeit) zu verzichten. Allerdings waren die Russen mit dieser Entscheidung nicht sehr glücklich. Sie wollten ihre alte, Normalzeit zurück. So kam es, dass 2014 eine Neue Reform der Zeit beschlossen wurde. Seitdem gilt in Russland das ganze Jahr über die Normalzeit.

Auch in anderen europäischen Ländern sollte die Zeitumstellung längst abgeschafft sein. 2018 befragte die EU-Kommission die Bürger zu dem Thema. 84 Prozent waren in der nicht repräsentativen Konsultation für ein Ende des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit. In Deutschland war die Zustimmung besonders groß.

Der ehemalige Kommissionschef Jean-Claude Juncker verkündete noch im gleichen Jahr im deutschen Frühstücksfernsehen ein Ende der Zeitumstellung: „Die Menschen wollen das, wir machen das“, sagte er. Das EU-Parlament stimmte dem daraufhin folgenden Vorschlag der EU-Kommission dann im März 2019 zu und sprach sich dafür aus, die Zeitumstellung 2021 abzuschaffen. Doch darauf warten wir bis heute.

Abschaffung der Zeitumstellung auf unbestimmte Zeit verschoben

Doch die Zeitumstellung gibt es immer noch. Seit über zwei Jahren liegt das Projekt mehr oder weniger auf Eis. Denn es hakt bei den EU-Ländern: Sie müssten klären, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit wollen. Bislang haben die Regierungen im Rat der EU jedoch keine gemeinsame Position gefunden. Und suchen sie offenbar auch nicht mehr: Derzeit hat Slowenien den Vorsitz der EU-Staaten inne, eine Sprecherin teilte mit, es gebe „nichts Neues“ bezüglich der Zeitumstellung. Unter slowenischer Ratspräsidentschaft habe es seit Juli keine Debatte dazu gegeben.

Ein Problem ist unter anderem, dass die Gefahr eines Flickenteppichs besteht: Wenn sich die Länder nicht einheitlich auf Sommer- oder Winterzeit einigen, könnte es etwa zu Problemen bei Fahrplänen und in anderen Bereichen kommen. Zudem sind die Auswirkungen für EU-Länder an den Rändern der Mitteleuropäischen Zeitzone nicht positiv: Käme die dauerhafte Sommerzeit, hieße das für Spanien im Winter Dunkelheit bis kurz vor 10 Uhr. Einigen sich alle auf Winterzeit, würde es in Warschau im Sommer schon um 3 Uhr hell. Die Zeitumstellung zweimal im Jahr dämpft diese Extreme.

Eine gute Sache hat die Zeitumstellung. Ab Sonntag ist es abends wieder länger hell und so bleibt auch unter der Woche mehr Zeit, die Sonne nach Feierabend zu genießen.

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Wann wurde die Sommerzeit in Europa eingeführt?

Die Winterzeit startet: Uhren bitte eine Stunde zurückdrehen! Seit März gilt anstelle der „normalen“ mitteleuropäischen Zeit (MEZ) wieder die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ).

Wann wird die Zeitumstellung in Europa abgeschafft?

Auch das Europäische Parlament stimmte zu, verschob aber das für 2019 geplante Ende der Zeitumstellung auf 2021. Doch die Mitgliedsstaaten zogen nicht mit.

Wie lange gibt es schon die Sommerzeit?

Erst erfand man Zeitzonen, dann trickste man mit der Sommerzeit. Seit dem 6. April 1980 läutet der Wecker im Sommer wieder eine Stunde früher.

Welches Land in Europa hat keine Sommerzeit?

In einem europäischen Land aber hat man sich dazu entschlossen, auf die Zeitumstellung zu verzichten: in Island. Weil das Land schon so weit oben im Norden liegt, will man die Sommerzeit dort nicht nutzen, um den Tag nicht noch früher künstlich um eine Stunde zu verlängern.