Was passiert wenn man zu wenig Darmbakterien hat?

Wer viel Gemüse und Vollkornbrot isst, lebt gesünder. Aber warum eigentlich? Forscher haben einen neuen - gruseligen - Grund entdeckt, warum man unbedingt mehr Ballaststoffe essen sollte.

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Manchen Menschen fällt es leicht, über jede Schicht des eigenen Körpers zu sprechen, selbst über die, nun ja: Schicht aus Schleim im Inneren ihres Darms. Wer nicht über sie reden mag, sollte sie trotzdem ein wenig kennen.

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Es handelt sich um eine für die Gesundheit ziemlich wichtige Schicht, den Schleim auf der Schleimhaut des Darms, der die weiteren Gewebeschichten vor Eindringlingen schützt und Antikörper zur Verteidigung bereithält. Leider ist diese Schutzschicht selbst nicht unangreifbar – denn der Schleim enthält jede Menge Polysaccharide. Diese Zuckerverbindungen können offenbar zum Futter für Darmbakterien werden. Wenn diese nicht genug anderes, passendes Futter bekommen.

Das jedenfalls berichten Biomediziner aus Luxemburg und den USA in einer Studie, die im Fachjournal „Cell“ erschienen ist. Die Studie handelt von dem Futter, mit dem man die Darmbakterien davon abhalten kann, sich über die Schleimschicht herzumachen: von Ballaststoffen.

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Ballaststoffe stecken in Gemüse oder Vollkorngetreide, sie landen unverdaut im Darm, und man weiß aus vielen Studien, dass Menschen, die sich ballaststoffreich ernähren, gesünder leben als Ballaststoffmeider. Man weiß, dass Ballaststoffe dem Darm die Arbeit erleichtern, eben weil sie unverdaulich sind und für Volumen sorgen.

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Quelle: Die Welt

Je mehr Ballaststoffe, desto besser der Schutz

Nun glauben die Forscher, eine weitere, bislang unbekannte Funktion der Ballaststoffe entdeckt zu haben. Die Stoffe schützen die oberste Schutzschicht des Darms, den Schleim, weil sie wie dieser Schleim zu einem großen Teil aus Polysacchariden bestehen.

Die Forscher haben die Därme von Labormäusen mit einer Mischung aus 14 Darmbakterien, die sonst Menschen in sich tragen, besiedelt. Die Mäuse trugen kleine Versionen eines menschlichen Mikrobions in ihren Bäuchen.

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Ein Teil der Versuchstiere musste (oder durfte) viele Körner und Pflanzen fressen, ihre Nahrung enthielt etwa 15 Prozent Ballaststoffe, andere Tiere fraßen weniger Ballaststoffe, oder sogar gar keine. Außerdem mussten einige Mäuse eine Infektion mit pathogenen, also krankheitsauslösenden Bakterien der Sorte E. coli durchmachen.

Eigene Darmbakterien fressen die Schutzschicht

Die Mäuse, die viele Ballaststoffe gefressen hatten, hatten eine dickere Schleimschicht in ihrem Darm, die Barriere schützte sie besser vor Infektionen. Je weniger Ballaststoffe die Tiere fraßen, umso dünner war diese Schutzschicht bei ihnen.

Und den Mäusen, die überhaupt keine Ballaststoffe bekommen hatten, fraßen die eigenen Darmbakterien sozusagen Löcher in die Schleimschicht. Der Schleim wurde so dünn, dass er schädlichen Keimen nicht mehr gut standhalten konnte. Die Mäuse wurden schneller und schwerer krank. Sie verloren an Gewicht und bewegten sich weniger.

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Die Bakterien, die sich über die Polysaccharide hermachen – in den Ballaststoffen oder im Schleim, je nach Angebot – gehören eigentlich zu den nützlichen Darmbakterien.

„Was wir aus der Interaktion von Ballaststoffen, Darmbakterien und dem Schutzsystem des Darms lernen, ist: Wenn man die Bakterien nicht füttert, dann fressen sie einen vielleicht“, sagt Eric Martens, Professor für Mikrobiologie an der Universität Michigan und einer der Autoren der Studie. Das sei ein guter Grund mehr, einen alten Rat zu befolgen und sein Gemüse zu essen oder ein paar Körner mehr.

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In unserem Darm wohnen Billionen Bakterien - zusammen bilden sie die sogenannte Darmflora. In Dünndarm und Dickdarm leben jeweils unterschiedliche Bakterienfamilien mit unterschiedlichen Funktionen und Fähigkeiten. Es gibt mindestens 1.000 verschiedene Arten. Die meisten sind im Dickdarm ansässig: Sie helfen, aus den dort ankommenden unverdaulichen Nahrungsresten noch Verwertbares herauszuholen. Dagegen finden sich vergleichsweise wenig Keime im Dünndarm. Dort filtert unser Körper Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette aus dem Nahrungsbrei heraus. Eine Schleimhautklappe vom Dünn- zum Dickdarm hin soll verhindern, dass Bakterien aus dem Dickdarm in den Dünndarm übersiedeln, damit die Bakterien sich nicht über die  Nährstoffe hermachen, die unser Körper braucht. Ist die Darmmotorik gestört und die Funktion der Klappe beeinträchtigt, können die Dickdarmbewohner sich aber doch dahin ausbreiten, wo sie nicht hingehören. Dann spricht man von einer Dünndarm-Fehlbesiedlung (DDFB).

Was passiert wenn man zu wenig Darmbakterien hat?

VIDEO: Dünndarm-Fehlbesiedlung: Bakterien aushungern (14 Min)

Ursache

In einigen Fällen spielen Entzündungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Fehlfunktionen des Körpers wie eine Schilddrüsenunterfunktion bei der Fehlbesiedlung eine Rolle. Antibiotische Behandlungen begünstigen die Ansiedlung von Bakterien im Dünndarm ebenfalls. Eine Ursache kann auch die Schädigung von Darmnerven sein, wie sie bei der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder bei Autoimmunerkrankungen wie Sklerodermie vorkommt: Dann kann der Dünndarm den Darminhalt nicht richtig weiterbefördern. Bestimmte anatomische Veränderungen fördern die Ansiedlung von Bakterien: etwa Aussackungen der Darmwand (Divertikel) oder ein sogenannter Blindsack, in dem sich Darminhalt staut. Auch operative Eingriffe bergen Risiken: Ein Neuanschluss des Dünndarms an den Dickdarm kann dazu führen, dass die Klappe am Ende des Dünndarms nicht richtig arbeitet; nach einer Magenoperation fehlt unter Umständen ausreichend saurer Magensaft als natürliche Keimbarriere.

Symptome

Sind die Dickdarm-Bakterien im Dünndarm und essen sich am Nahrungsbrei satt, dann produzieren sie Gase, die beim Patienten ein paar Stunden nach dem Essen Bauchschmerzen, Blähbauch und Völlegefühl verursachen, mitunter auch Durchfall oder Übelkeit. Durch den Stoffwechsel der Bakterien können Säuren entstehen, die die Darmwand angreifen und die Nährstoffaufnahme behindern. Folge kann unter anderem eine Störung der Fettverdauung sein: Der Stuhl ist lehmfarben, glänzend und riecht scharf (sogenannter Fettstuhl). Manchmal entsteht eine Blutarmut, die durch einen Mangel an Vitamin B12 verursacht wird. Die Bakterien nutzen das Vitamin nämlich selbst und entziehen es so dem Körper. Mögliche Symptome sind weiterhin

  • Schwindel
  • Abgeschlagenheit
  • Gewichtsverlust
  • Müdigkeit
  • Mangel an den fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und an B12
  • Eisenmangel

  • 1
  • 2

  • Teil 1: Ursache
  • Teil 2: Diagnose und Therapie

Die Ernährungsdocs

Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 04.03.2019 | 21:00 Uhr

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Diät

Ernährung

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Dieser Artikel wurde ausgedruckt unter der Adresse: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Duenndarm-Fehlbesiedlung-erkennen-und-behandeln,duenndarmfehlbesiedlung100.html

Welche Symptome bei schlechter Darmflora?

Eine kurzfristig gestörte Darmflora, zum Beispiel nach einer Antibiotikum-Einnahme, kann sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen. Am häufigsten treten Probleme im Verdauungstrakt auf, beispielsweise Durchfall, Verstopfungen, Blähungen, Bauchschmerzen, Krämpfe oder Übelkeit.

Wie kann ich meine Darmbakterien erhöhen?

Die Mikroorganismen kommen natürlicherweise in milchsauren Produkten vor, wie etwa Joghurt, Kefir, Buttermilch, aber auch in Eingemachtem wie Sauerkraut, Pickles oder Kimchi. Zudem gibt es Probiotika in Kapsel- und Tropfenform, die als Arzneimittel verwendet werden und oft rezeptfrei erhältlich sind.