Was ist mit dem Wasser auf dem Mars passiert?

Foto: Faculty of Geosciences/ Utrecht University

Planeten-Rätsel Mars-Wasser soll sich im Gestein verbergen

Forscher rätseln über den Verbleib des Wassers, das einst gigantische Kanäle in die Mars-Landschaft pflügte. Einer neuen Theorie zufolge sind große Teile davon immer noch vorhanden: als Gestein in der Kruste des Planeten.

19.09.2013, 14.26 Uhr

  • E-Mail
  • Messenger
  • WhatsApp

Die Flut war gewaltig. Gurgelnd durchbrach sie die kilometerhohe Wand des großen Aram-Kraters und bahnte sich dann ostwärts ihren Weg. Tief pflügte sich das Wasser in den Boden, etwa hunderttausend Kubikkilometer waren unterwegs - viermal so viel Wasser wie heute den Baikalsee füllt. All das geschah jedoch nicht auf der Erde, sondern auf dem Mars. In der vergangenen Woche zeichneten niederländische Wissenschaftler auf der europäischen Konferenz für Planetenforschung EPSC  in London die Urzeit-Flut nach, die den Roten Planeten vor rund 3,5 Milliarden Jahren heimsuchte.

Und die Aram-Flut war nicht die einzige. An vielen Stellen der Marsoberfläche finden sich Beweise für gewaltige Wasserbewegungen. In seiner Jugend muss der Mars also viel wasserreicher gewesen sein als der trockene Wüstenplanet, den Raumsonden heute vorfinden. Deshalb haben Planetologen schon vor langem die Wassermassen abgeschätzt, die benötigt werden, um all die heute ausgetrockneten Talsysteme in die Oberfläche zu graben. Und tatsächlich, die Mengen sind gewaltig: sie ergäben einen globalen, 500 Meter tiefen Ozean. Vorausgesetzt sämtliche Höhenunterschiede der Marsoberfläche wären nivelliert und der Planet eine perfekte Kugel.

Wie viel Wasser auf dem heutigen Mars verblieb, wissen die Marsforscher nicht genau. Immerhin: Würden die vereisten Polkappen auftauen, so würden sie eine Kugel von der Mars-Größe 20 bis 30 Meter überfluten. Ebenfalls aus Messungen der Marssatelliten ist bekannt, dass sich Wassereis im Marsboden verbirgt, insbesondere in den höheren Breitengraden. Wie viel vom nassen Element dort buchstäblich auf Eis liegt, ist aber unklar. Außerdem wird auch Grundwasser tief im Marsboden vermutet, solche Vorkommen sind jedoch spekulativ.

Aus Marswasser wurde Magneteisen

Wo ist das Urzeit-Wasser also geblieben? Es wurde zu Stein, so die Antwort einer französischen Studie , die ebenfalls in London vorgestellt wurde. Laut Eric Chassefière von der Université Paris-Sud und seinen Kollegen verschwand das auf der Erde allgegenwärtige Nass auf unserem Planetennachbarn beim Verwittern des Marsgesteins. Die Wissenschaftler sehen einen von der Erde bekannten Prozess am Werk: die Bildung sogenannter Serpentinit-Minerale. Auf der Erde passiert dies beispielsweise auf dem Ozeangrund in tektonisch aktiven Zonen, etwa in der Nähe Schwarzer Raucher. Bei den chemischen Reaktionen zwischen warmem Wasser und Gestein werden Wassermoleküle verbraucht und Wasserstoff frei. Ein weiteres Produkt ist das magnetisches Eisenmineral Magnetit.

Das Team um Chassefière weist in seinem Konferenzbeitrag auf die Vorkommen von magnetischem Gestein hin, das heute weite Teile der südlichen Marshalbkugel prägt. Der Satellit "Mars Global Surveyor" hatte es zwischen 1996 und 2006 mit seinem Magnetometer aufgespürt und die Vorkommen kartiert. Das Gestein wird üblicherweise als Relikt eines einstigen globalen Magnetfeldes des Mars gedeutet.

Was brachte das Wasser zum Verschwinden?

Anders als auf der Erde ist ein solches Feld heute nicht mehr vorhanden, seine Spuren wurden im magnetisierbaren Krustengestein jedoch konserviert. Die Forscher vermuten nun, dass dieses Magnetgestein die Folge der einstigen "Serpentinisierung" ist und bei der Bildung dieser Minerale große Mengen Wasser in deren Struktur eingebaut wurden. Auf dieser Basis rechnet Chassefière zurück, wie viel Wasser zur Bildung des Magnetgesteins nötig war. Die Mengen sind gewaltig. Nur ein mächtigen globaler Ozean, zwischen 330 bis 1030 Meter tief, könne die Vorkommen an Magnetgestein erklären.

Klar ist, dass mehrere Prozesse das Wasser zum Verschwinden brachten. Ein bekannter Verdächtiger ist der Sonnenwind, dem ebenfalls zugetraut wird große Anteile des marsianischen Wasserinventars ins All entsorgt zu haben. So trifft die neue Theorie nicht auf ungeteilte Zustimmung. Ernst Hauber vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) räumt zwar ein, dass es neueren Messungen zufolge tatsächlich Serpentinit auf dem Mars gibt, es müsste aber viel stärker die Oberfläche prägen, um den Verbleib der urzeitlichen Fluten zu erklären.

Auch hinter Chassefières Timing setzt der Berliner Mars-Experte ein Fragezeichen: "Die Abflusskanäle der Überschwemmungen sind jünger als in der Studie angenommen, deshalb war deutlich weniger Zeit verfügbar, um durch Serpetinisierung all das Wasser zum Verschwinden zu bringen." Wohin die Fluten damals wirklich flossen, wird die Planetologen wohl noch einiges Kopfzerbrechen kosten.

Auf welchen Planeten gibt es noch Wasser?

Inneres Sonnensystem. Die einzigen bisher direkt beobachteten Vorkommen von Flüssigwasser befinden sich auf zwei Himmelskörpern des inneren Sonnensystems, auf Erde und Mars. Vermutlich besaß einst auch die Venus Flüssigwasser an ihrer Oberfläche. Es verschwand jedoch schon vor 3,5 Milliarden Jahren.

Hat es auf dem Mars Eis?

Der Planet Mars besitzt an seinen beiden Polen auffällige, dauerhafte Eiskappen, die aus gefrorenem Kohlendioxid und Wassereis zusammengesetzt sind. Während der Wintersaison tauchen die Pole in vollständige Dunkelheit, die ein halbes Marsjahr (bzw. 343,5 Tage) andauert.

Was ist mit dem Mars passiert?

Der Mars verlor seine Atmosphäre in heftigen Schüben, entwickelte sich von einer ursprünglich feuchten und relativ warmen Welt zu einem eisigen Wüstenplaneten, und in seiner Atmosphäre leuchten Aurorae, die den irdischen Nordlichtern entsprechen. Sichtbar sind sie indes nur im ultravioletten Licht.

Wann kocht Wasser auf dem Mars?

Die Atmosphäre des Mars ist extrem trocken und um mehr als den Faktor 50 dünner als die Luft auf dem Gipfel des Mount Everest. In einer derart dünnen Atmosphäre kocht Wasser bereits bei Temperaturen um Null Grad Celsius, erklärt Studienleiterin Marion Massé von der Universität Nantes in Frankreich.