Nachdem die 16-jährige Lara (Lisa-Marie Koroll) im Straßenverkehr einen Schwächeanfall hat, ihre Mutter Susanne (Anja Kling) Essensreste hinter ihrem Schrank findet und Lara nach einem Poolunfall von allen Nachbarn nackt gesehen wird, lässt es sich nicht mehr leugnen: Lara ist magersüchtig. Aus der Überzeugung die Krankheit mit Liebe und Durchhaltevermögen als Familie heilen zu können, begibt sich Susanne gemeinsam mit ihrem Mann Peter (Oliver Mommsen) auf ein herzzerreißendes Rennen gegen die Zeit, um das Leben ihrer Tochter zu retten. "Anorexia nervosa" - ein erschütternder Befund, der bei der erst 16-jährigen Lara gemacht wird. Ihre Eltern sind fassungslos, als sie durch einen dummen Streich des Nachbarsjungen den abgemagerten Körper ihrer Tochter sehen. Doch im Nachhinein ergibt alles einen Sinn: die vielen Sporteinheiten, die weiten Klamotten, die versteckten Essensreste hinter der Kommode. Ein langer Kampf beginnt - denn Lara wehrt sich mit allen Mitteln. Die Magersucht ist längst ihre "beste Freundin" geworden... Im Interview: Hauptdarstellerin Lisa-Marie Koroll DarstellerRollenStab + ProduktionLisa-Marie KorollLaraDramaD 2020Anja KlingSusanneRegie:Christina SchieweOliver MommsenPeterDrehbuch:Burkhardt WunderlichRegine SchroederDr. PauliMusik:Colin TownsMadieu UlbrichTimKamera:Felix PoplawskyLara PollmeierEmmaSchnitt:Diana MatousDie Warnsignale sind nicht zu �bersehen; aber wer sie nicht kennt, kann sie auch nicht erkennen. Erst bricht Lara beim Joggen mit Kreislaufschw�che zusammen, dann entdeckt die Mutter im Zimmer der 16j�hrigen Tochter verschimmeltes Essen; au�erdem legt Lara gro�en Wert darauf, dass die Eltern sie nicht mehr unbekleidet sehen. Mutter Susanne (Anja Kling) macht sich Sorgen, Vater Peter (Oliver Mommsen) wiegelt ab: Das M�dchen sei mitten in der Pubert�t; sie k�nnten froh sein, dass ihre Tochter keine Drogen nehme. Umso gr��er ist der Schock, als die Wahrheit ans Licht kommt: Als aufgrund eines kindischen Streichs Lara beim Gartenfest der Nachbarn im Pool landet, droht sie zu ertrinken. Peter holt sie aus dem Wasser, Susanne hilft ihr aus den nassen Sachen und wundert sich, was ihre Tochter alles an hat; bis unter den Schichten ein erbarmungsw�rdig abgemagerter K�rper zum Vorschein kommt. Nun beginnt die eigentliche Leidenszeit, aber nicht f�r Lara, sondern f�r ihre Eltern: weil sie erkennen m�ssen, dass ihre geliebte Tochter eine geradezu kriminelle Energie entwickelt.
Mit „Aus Haut und Knochen“ kn�pft Sat 1 an die Tradition jener Dramen an, in denen der Sender regelm��ig relevante Themen aufgreift: In „Die Ungehorsame“ (2015) ging es um h�usliche Gewalt, „Nackt. Das Netz vergisst nie“ (2017) handelte von einer Familie, die mit Nacktfotos ihrer Tochter erpresst wird. 2019 gab es gar eine Trilogie �ber K.o.-Tropfen („Lautlose Tropfen“), Stalking („Dein Leben geh�rt mir“) und Zivilcourage („Ein ganz normaler Tag“). Die Filme zeichneten sich durch hohe Seriosit�t und den Verzicht auf Effekthascherei aus. F�r das Magersuchtdrama gilt das wom�glich noch mehr, denn w�hrend bei den anderen Geschichten auch eine kriminalistische Ebene mitschwang, weil es T�ter und Opfer gab, sieht das Drehbuch von Burkhardt Wunderlich ausschlie�lich Opfer vor: Wenn es den Eltern nicht gelingt, Laras langsames Verschwinden zu stoppen, wird sie sterben.
Neben den jederzeit glaubw�rdigen darstellerischen Leistungen liegt die gro�e Qualit�t des Dramas im Verzicht auf Belehrungen und �berfrachtung. Bei Themen dieser Art lauert stets die Gefahr, dass ein Autor alles unterbringen will, was er im Verlauf seiner Recherche an Wissen gesammelt hat; solche Geschichten wirken dann leicht wie ein adaptierter Wikipedia-Beitrag. Wunderlichs erstes verfilmtes Drehbuch war „Am Himmel der Tag“ (2012), ein ber�hrendes Kinodrama mit Aylin Tezel als schwangere junge Frau, deren Kind im Mutterleib stirbt; sp�ter war er ma�geblich an der kafkaesken Kom�die „Pl�tzlich T�rke“ (2016) beteiligt. Zuletzt hat er f�r RTL2 „Wir sind jetzt“ (2019/20) geschrieben. Die Jugendserie erz�hlt sehr authentisch vom Lieben und Leiden einer 17j�hrigen Sch�lerin. Lisa-Marie Koroll verk�rperte die Hauptfigur mit einer verbl�ffenden Nat�rlichkeit und konnte sich mit Hilfe der Serie erfolgreich vom Status des Kinderstars aus den „Bibi & Tina“-Kinofilmen emanzipieren. Als magers�chtige Lara ist sie noch besser, weil ihre Rolle gleichzeitig Protagonistin und Antagonistin ist: Einerseits soll das M�dchen Mitgef�hl wecken, andererseits bel�gt und betr�gt es die Eltern nach Strich und Faden. Die Schauspielerin kennt einige von Laras Erfahrungen aus erster Hand: Mit 16 litt sie unter einer krankhaften Fixierung auf gesunde Ern�hrung (Orthorexie); 2017 hat sie dar�ber ein Buch geschrieben („Lass Konfetti f�r dich regnen“). Die abgemagerte Lara wurde allerdings von einem Body-Double verk�rpert.
Nat�rlich kommt „Aus Haut und Knochen“ nicht komplett ohne typische Lehrbuchbeispiele aus, aber Wunderlich hat sie sehr beil�ufig integriert. Susanne entdeckt diese Ph�nomene nach und nach, als sie die Sachen ihrer Tochter durchsucht und dank ihrer Internetlekt�re wei�, was es mit der Watte und dem Orangensaft auf sich hat: Menschen mit Essst�rung – das Ph�nomen kann entgegen der landl�ufigen Meinung auch Jungs treffen – schlucken die in Saft getr�nkte Watte, um ihre Hungergef�hle zu unterdr�cken. Selbst beim t�glichen Wiegen gelingt es Lara, die Eltern zu t�uschen. Eine einfache, aber wirkungsvolle Einstellung gen�gt, um ihre Motive – ihre gest�rte Selbstwahrnehmung – zu verdeutlichen: Als sie vor dem Spiegel steht, sieht sie sich selbst als stark �bergewichtige junge Frau, obwohl sie in Wirklichkeit klapperd�rr ist.
�hnlich differenziert hat der Autor Susanne und Peter entworfen. Die beiden werden zwar mit warmen Wohlf�hlbildern als perfektes Paar und liebevolle Eltern eingef�hrt, aber nicht nur ihre Beziehung bekommt im Verlauf des Films ein paar h�ssliche Kratzer: Susanne spioniert ihre Tochter ohne R�cksicht auf Intimsph�re aus, und Peter will lange nicht wahrhaben, was mit Lara los ist. Dass er selbst dann noch abwiegelt, als die Essst�rung l�ngst offensichtlich ist, mag ebenso klischeehaft wirken wie Susannes Reflex, die Schuld f�r Laras Magersucht bei sich selbst zu suchen, entspricht aber auch der Rollenverteilung in vielen Familien. Die Tochter wei� das geschickt zu nutzen, indem sie als Papas Liebling den Vater um den Finger wickelt und die Mutter als die B�se erscheinen l�sst. Plausibel erkl�rt ist auch der Grund f�r die Krankheit: Lara sagt zwar mal, sie wolle „nicht so krass �bergewichtig sein wie der Rest der Menschheit“, aber tats�chlich leidet sie unter einer Mutter, die immer das Beste f�r ihre Tochter wollte und das M�dchen selbst nicht zur Entfaltung kommen lie�. Einige Nebenschaupl�tze sorgen f�r zus�tzliche Komplexit�t; unter anderem verliert Peter, mit seinen Gedanken ganz woanders, beinahe seinen Job, weil er indirekt einen Arbeitsunfall verursacht. Lara besucht schlie�lich eine von Kameramann Felix Poplawsky in irritierendes Gr�n getauchte Therapiegruppe und freundet sich mit einer etwa gleichaltrigen Patientin an. Als das M�dchen stirbt, scheint auch Laras Schicksal besiegelt. Regisseurin Christina Schiewe hat bislang bevorzugt Kom�dien gedreht („Kinder und andere Baustellen“, ZDF 2020; „Lotta & der sch�ne Schein“, ZDF 2019; „Die HochzeitsVerplaner“, Sat.1 2017); ihr Regiedeb�t „Be My Baby“ war ein Drama �ber die Selbstbestimmung einer jungen Frau mit Down-Syndrom. Alle ihre Filme haben sich vor allem durch die gute Arbeit mit den Schauspielern ausgezeichnet; das ist bei „Aus Haut und Knochen“ nicht anders. (Text-Stand: 8.11.2020)
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Lisa marie koroll aus haut und knochen
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