Kann mein Arbeitgeber mich zwingen zu arbeiten?

Zehn Prozent der Deutschen verbrachten im vergangenen Jahr pro Woche 48 Stunden oder mehr am Arbeitsplatz. Besonders viele Überstunden machen Selbstständige, Führungskräfte und Landwirte. BILD.de erklärt, welche Rechte und Pflichten Sie bei Überstunden haben.

Lesen Sie auch

1. Führungskräfte 38,5% 2. Fachkräfte in der Landwirtschaft und Fischerei 32,6%

3. Akademische Berufe 17% 4. Anlagen- und Maschinenbediener 9,6%

5. Handwerks- und verwandte Berufe 8,1% 6. Techniker und gleichrangige nichttechnische Berufe 6,7%

7. Dienstleistungsberufe, Verkäufer 5,3% 8. Bürokräfte, kaufmännische Angestellte 3,1%

9. Hilfsarbeiter 2,7%

Quelle: Arbeitskräfteerhebung, Daten sind für Erwerbstätige, die mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten

Kann mein Arbeitgeber mich zwingen zu arbeiten?

Foto: coremedia

Lesen Sie auch

Die aktuelle Studie vom Statistischen Bundesamt zur „Qualität der Arbeit“ zeigt, dass insgesamt 9,9 Prozent (3,8 Mio.) der Berufstätigen mehr als 48 Stunden pro Woche und 4,3 Prozent (1,7 Mio.) sogar mehr als 60 Stunden arbeiten. Die Grenze von 48 Wochenstunden orientiert sich an der im Arbeitszeitgesetz festgelegten Obergrenze. Die angegebene Arbeitszeiten beruhen auf der Selbsteinschätzung der Befragten im Rahmen einer Arbeitskräfteerhebung.

Auch interessant

Anzeige

Je nach Berufsfeld unterschieden sich die geleisteten Wochenarbeitsstunden teils erheblich. Besonders viele Überstunden machen Selbstständige (47,4 %). Bei den Führungskräften sind es fast 36 Prozent, auch Landwirte und Fischer (32,6 %) sowie Angehörige akademischer Berufe (17 Prozent) haben längere Arbeitszeiten.

Laut Studie waren Hilfsarbeitskräfte (2,7 %) sowie Bürokräfte und kaufmännische Angestellte (3,1 Prozent) sehr selten von überlangen Arbeitszeiten betroffen. Insgesamt arbeiteten die Deutschen in Voll- und Teilzeit 2009 aber durchschnittlich nur 35,8 Stunden pro Woche.

Darf mich mein Chef zu Überstunden zwingen? Arbeitsrechtsexperte Michael Felser: „Nein. Nur wenn das so im Arbeitsvertrag vereinbart ist oder ein Tarifvertrag Überstunden vorsieht.“ Doch auch dann ist die Zustimmung des Betriebsrats notwendig.

Kann ich mich weigern, Überstunden zu leisten? Felser: „Überstunden dürfen nicht willkürlich angeordnet werden, sondern müssen begründet sein. Wenn Sie dann ablehnen, sollten Sie also immer einen guten Grund parat haben.“ Zum Beispiel: Sie müssen Ihr Kind betreuen oder einen Familienangehörigen pflegen.

Kann ich Überstunden komplett ablehnen?

Felser: „Weigern Sie sich jedoch generell, Überstunden zu leisten, kann das zu einer Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar zur Kündigung führen.“

Weitere Antworten vom Experten gibt es hier:

Wie viele Überstunden sind erlaubt? Arbeitsrechtsexperte Michael Felser: „Nach dem Arbeitszeitgesetz sind maximal zwei Stunden täglich erlaubt, pro Woche sind maximal 48 Arbeitsstunden erlaubt.“

Muss jede Überstunde bezahlt werden? Felser: „Grundsätzlich schon. Es sei denn, der Arbeitsvertrag sieht eine (angemessene) Überstundenpauschale vor.“

Kann ich meine Überstunden einfach abbummeln? Felser: „Nein, abbummeln geht nur mit Erlaubnis des Chefs. Ausnahme: Eine Gleitzeitvereinbarung mit dem Betriebsrat oder Personalrat sieht entsprechende Freiheiten des Mitarbeiters vor.“

Kann ich mit einem Attest Überstunden umgehen? Felser: „Ja, das sollte man aber nur machen, wenn Überstunden tatsächlich gesundheitsgefährdend sind. Denn der Chef und die Kollegen sind sicherlich nicht erfreut, wenn sich die Krankmeldungen häufen.“

Kann ich Überstunden aus gesundheitlichen Gründen ablehnen? Felser: „Wenn Sie aus diesem Grund Überstunden ablehnen, darf Ihr Chef Sie nicht zwingen – denn die Gesundheit geht vor. Nur wenn man seinen Arbeitsvertrag nicht mehr erfüllen kann und auch kein anderweitiger Einsatz möglich ist, droht die Kündigung.“

Kann ich eine „Überstunden-Klausel“ im Vertrag ablehnen? Felser: „Wenn Sie aus gesundheitlichen oder familiären Gründen keine Überstunden leisten können, sollten Sie die Klausel nicht nur streichen, sondern Überstunden ausdrücklich ausschließen. Damit riskieren Sie natürlich, dass Sie den Job nicht bekommen...“

Kann ich Überstunden umgehen, wenn ich tariflich nicht gebunden bin? Felser: „Theoretisch können Sie ablehnen, länger im Büro zu bleiben, wenn Sie tariflich nicht gebunden sind. Aber in den meisten Arbeitsverträgen sind Bezugnahmeklauseln verankert, die bei allen Arbeitnehmern unabhängig davon, ob sie Gewerkschaftsmitglieder sind, die Geltung des Tarifvertrages vorsehen.“

Wenn im Arbeitsvertrag Überstunden ausgeschlossen wurden, kann mich mein Chef dazu trotzdem „verdonnern“? Felser: „Auch wenn Überstunden bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags ausdrücklich nicht vereinbart wurden, darf der Chef Sie dazu 'verdonnern'. Allerdings nur in ausgewiesenen Notfällen, und in jedem Fall sollte dann eine Zulage drin sein...“

Kann der Arbeitgeber einen zwingen zu arbeiten?

Der Arbeitnehmer darf seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung grundsätzlich nicht verweigern. Dennoch gibt es Konstellationen, in denen er eine Weisung seines Arbeitgebers nicht befolgen muss. Der Arbeitgeber darf dann nicht zur Kündigung oder Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung greifen.

Was passiert wenn man sich weigert zu arbeiten?

Verweigert ein Mitarbeiter beharrlich seine Arbeit, können Arbeitgeber den Lohn einbehalten und gegebenenfalls auf eine Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung verzichten. In besonders schweren Fällen ist sogar eine fristlose Kündigung möglich.

Kann man gezwungen werden zu arbeiten?

Art. 12 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes schützen jeden Bürger vor Arbeitszwang und Zwangsarbeit: (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

Kann ich die Arbeit verweigern?

Leistungsverweigerungsrecht. Nach § 275 Abs. 3 BGB kann der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung verweigern, wenn er sie persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des ihr entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Arbeitgebers nicht zugemutet werden kann.