Kann man einfach keine Steuererklärung machen?

Eine Eiskunstläuferin steht mit jeweils einem Eislaufschuh in den Händen vor der Eisfläche

© istock/SeventyFour/2018 

Wissen

Steuererklärung abgeben: Pflicht oder Kür?

Aktenordner wälzen, Zahlenkolonnen addieren, Listen ausfüllen – die Steuererklärung abzugeben ist alles andere als ein Vergnügen. Aber leider muss es sein, oder? Ja, für manche gehört es zum bürokratischen Pflichtprogramm. Für andere ist es eher eine freiwillige Kür: Sie müssen ihre Steuererklärung nicht abgeben, dürfen es aber. Wir klären: Welcher Steuertyp sind Sie?

Themen in diesem Artikel

  • Wann müssen Angestellte eine Steuererklärung abgeben?
  • Wann müssen Angestellte keine Steuererklärung abgeben?
  • Wann müssen Rentner*innen eine Steuererklärung abgeben?
  • Welche Frist müssen Sie einhalten?
  • Wo müssen Sie die Steuererklärung abgeben?
  • Dürfen Sie Ihre Steuererklärung online abgeben?

Grafik Wer muss wann eine Steuererklärung abgeben

Wann müssen Angestellte eine Steuererklärung abgeben?

Eines ist klar: Wenn Sie das Finanzamt zur Abgabe Ihrer Einkommensteuererklärung auffordert, dann müssen Sie das tun. Und zwar ohne Wenn und Aber. Doch auch ohne einen solchen Hinweis können Sie der sogenannten Pflichtveranlagung unterliegen. Dann kommen Sie ebenfalls nicht um eine Steuererklärung herum.

Nach § 46 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Sie als Arbeitnehmer*innen hauptsächlich unter folgenden Umständen zur Steuererklärung verpflichtet:

  • Sie haben neben Ihrem normalen Einkommen Einkünfte, die 410 Euro pro Jahr übersteigen. Das kann Geld sein, das Sie aus Vermietung oder selbstständiger Arbeit erhalten.
  • Sie beziehen Lohnersatzleistungen (z. B. Arbeitslosen-, Kurzarbeiter-, Kranken- oder Elterngeld) von mehr als 410 Euro. Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) sind davon ausgenommen.
  • Sie haben gleichzeitig mehrere Arbeitgeber und sind somit in der Lohnsteuerklasse VI.
  • Sie haben mit dem Finanzamt einen Freibetrag (oder mehrere) beim Lohnsteuerabzug vereinbart. Das betrifft etwa Freibeträge für Fahrtkosten und/oder doppelte Haushaltsführung. Weitere Voraussetzung: Sie verdienen im Jahr mehr als 11.900 Euro (Ehepaare 22.600 Euro) (Stand: Juni 2022).  
  • Wenn beide Ehepartner*innen einen Arbeitslohn erhalten, und einer von Ihnen wird nach der Steuerklasse V oder VI besteuert.
  • Wenn beide Ehepartner*innen einen Arbeitslohn erhalten und jeweils die Lohnsteuerklasse IV mit Faktor gewählt haben. In dem Fall zahlt jeder von Ihnen prozentual so viel Steuer, wie er anteilig zum gemeinsamen Einkommen beiträgt. Mehr zu den Steuerklassen finden Sie in den 5 Finanztipps für Ehepaare: So winken zusätzliche Euro.
  • Wenn nach Ihrer Scheidung eine der beiden geschiedenen Personen im selben Jahr wieder geheiratet hat. 
  • Ihr Ehepartner oder Ihre Ehepartnerin ist gestorben, und Sie haben im selben Jahr wieder geheiratet. 
  • Sie nahmen Kapitalerträge ein, auf die Sie keine Abgeltungsteuer abgeführt haben.
  • Sie haben Ihren Wohnsitz in Deutschland und unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beantragt.

Sie benötigen Unterstützung bei der Steuererklärung? In diesem Artikel erfahren Sie, wer Ihnen helfen darf und was es kostet. 

Steuerpflicht für Selbständige, Freiberufler*innen und Gewerbetreibende

Steuerpflicht für Selbständige, Freiberufler*innen und Gewerbetreibende

Wer nicht angestellt ist und auf eigene Rechnung arbeitet, der muss praktisch immer eine Steuererklärung abgeben. Damit sind Selbstständige zur Einkommenssteuer verpflichtet. Sind sie freiberuflich tätig, dann wird in der Regel zusätzlich eine Umsatzsteuererklärung fällig. Und Gewerbetreibende müssen darüber hinaus eine Gewerbesteuererklärung einreichen. Mehr dazu lesen Sie im Artikel „Selbstständig oder freiberuflich: Was ist der Unterschied?” 

Wann müssen Angestellte keine Steuererklärung abgeben?

Sie sind Arbeitnehmer*in, aber die oben genannten Voraussetzungen treffen nicht auf Sie zu? Dann müssen Sie keine Steuererklärung abgeben. 

Das brauchen Sie vor allem nicht, wenn Sie nur einen Arbeitgeber haben und in Steuerklasse I sind. Dann haben Sie mit dem ganzen Papierkram nichts zu tun, weil Ihre Firma den für Sie erledigt. Und zwar indem sie Ihre Lohnsteuer jeden Monat direkt von Ihrem Brutto-Einkommen abzieht und an den Fiskus überweist. Aus Sicht des Finanzamts haben Sie damit Ihre Steuerschuld beglichen – ganz automatisch. 

Auch sind Sie von der Pflichtveranlagung befreit, wenn Sie verheiratet sind und beide Eheleute mit der Steuerklassenkombination IV/IV veranlagt sind. Einschränkung: Sie haben sich nicht gemeinsam für das Faktorverfahren entschieden. 

Falls Sie keine Steuererklärung abgeben müssen, heißt das nicht, dass Sie keine abgeben dürfen. Wenn Sie möchten, können Sie eine sogenannte freiwillige Steuererklärung machen. Denn es kann sein, dass Sie etwas von Ihrem Steuergeld zurückbekommen (siehe Kasten „Lohnt sich eine freiwillige Steuererklärung?“) 

Wann müssen Rentner*innen eine Steuererklärung abgeben?

Sie sind zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet (also „pflichtveranlagt“), wenn Ihr gesamtes Einkommen als Rentner den jährlichen Grundfreibetrag übersteigt. Der liegt im Steuerjahr 2021 bei 9.744 Euro für Ledige und 19.488 Euro für Verheiratete – ab 2022 gilt der Betrag von 10.347 Euro beziehungsweise von 20.694 Euro (Stand: Juni 2022). Zu Ihrem Grundeinkommen gehören Ihre Rente (gesetzlich und privat) sowie gegebenenfalls Mieteinnahmen und Kapitalerträge oder sonstige Einkünfte. 

Ein älteres Ehepaar liest gemeinsam mehrere Unterlagen

© istock/shapecharge/2018  Ruheständler*innen müssen eine Steuererklärung abgeben, sofern ihr Einkommen den Grundfreibetrag überschreitet.

Wie viel davon das Finanzamt bekommt, hängt von Ihrem Besteuerungsanteil ab. Der richtet sich dauerhaft nach dem Jahr Ihres Renteneintritts: Je früher Sie in den Ruhestand gegangen sind, desto weniger müssen Sie versteuern. Komplett steuerfrei sind immer Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, Berufsgenossenschaftsrenten, Kriegs-, Wehrdienst-, Zivildienst- sowie Schwerbeschädigtenrenten.

Welche Frist müssen Sie einhalten?

Müssen Sie eine Steuererklärung abgeben, dann haben Sie dafür eine Frist einzuhalten. Wenn Sie Ihre Steuererklärung selbst machen, so ist der Stichtag normalerweise der 31. Juli des Folgejahres. Das heißt zum Beispiel: 

  • Die Steuererklärung für 2020 müssen Sie bis zum 31. Juli 2021 abgeben. 
  • Die Steuererklärung für 2021 müssen Sie bis zum 31. Juli 2022 abgeben.  
  • Die Steuererklärung für 2022 müssen Sie bis zum 31. Juli 2023 abgeben. 

Wenn Sie Ihre Pflicht-Steuererklärung von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein erledigen lassen, ist das Zeitfenster größer. Es reicht dann bis zum letzten Tag im Februar des übernächsten Jahres. Auch hier drei Beispiele:

  • Die Steuererklärung für 2020 mit Beratung müssen Sie bis zum 28. Februar 2022 abgeben. 
  • Die Steuererklärung für 2021 mit Beratung müssen Sie bis zum 28. Februar 2023 abgeben.  
  • Die Steuererklärung für 2022 mit Beratung müssen Sie bis zum 28. Februar 2024 abgeben. 

Achtung: In einem Schaltjahr geht die Frist bis zum 29. Februar. Fällt der Abgabetermin auf ein Wochenende, verschiebt er sich auf den folgenden Montag. Unabhängig von diesen üblichen Fristen kann das Finanzamt im Einzelfall andere festlegen. Dann müssen Sie diese Termine einhalten.

Und bis wann kann man rückwirkend eine freiwillige Steuererklärung abgeben? Dafür endet die Frist erst nach vier Jahren. Beispielsweise:

  • Die freiwillige Steuererklärung für 2019 müssen Sie bis zum 31. Dezember 2023 abgeben.
  • Die freiwillige Steuererklärung für 2020 müssen Sie bis zum 31. Dezember 2024 abgeben.
  • Die freiwillige Steuererklärung für 2021 müssen Sie bis zum 31. Dezember 2025 abgeben. 

Lohnt sich eine freiwillige Steuererklärung?

Lohnt sich eine freiwillige Steuererklärung?

Auch wenn Sie nicht zu einer Steuererklärung verpflichtet sind, kann sie sich lohnen. Nämlich dann, wenn Sie im Steuerjahr beispielsweise Werbungskosten von mehr als 1.000 Euro (ab 2022 sind 1.200 Euro) hatten, Handwerks- oder Haushaltshilfen bezahlen mussten, Spenden gegeben haben, den Arbeitgeber und/oder die Steuerklasse gewechselt haben.

Solche Beträge können Sie als steuermindernd angeben. Erkennt das Finanzamt diese an, erhalten Sie zu viel gezahlte Lohnsteuer zurück.

Können Sie die Abgabefrist verlängern?

Ja, das geht. Wenn Sie merken, dass es mit der fristgerechten Abgabe nicht klappt, können Sie das Finanzamt schriftlich um eine Verlängerung bitten. Am besten so früh wie möglich.

In dem formlosen Antrag müssen Sie (gegebenenfalls über Ihre Steuerberatung) den gewünschten Aufschub begründen. Argumente sind beispielsweise:

  • längere Krankheit
  • fehlende Unterlagen
  • starke Arbeitsbelastung
  • längere Reise (dienstlich oder privat)

Einen Anspruch auf eine Verschiebung haben Sie jedoch nicht. Lehnt das Finanzamt Ihren Wunsch ab, müssen Sie sich an den ursprünglichen Termin halten.

Was passiert, wenn Sie die Abgabefrist versäumen?

Verpassen Sie den Termin für die Abgabe der Steuererklärung um bis zu 14 Monate, kann Sie das Finanzamt mit einem Verspätungszuschlag bestrafen. Das muss es aber nicht. Erst wenn sich die Abgabe um mehr als 14 Monate verspätet, gibt es keinen Spielraum mehr. Dann muss Ihnen Ihr ihr Finanzamt einen Verspätungszuschlag aufbrummen. Der macht 0,25 Prozent Ihrer Steuerschuld aus, mindestens aber 25 Euro pro angefangenen, versäumten Monat. Bei 15 Monaten kämen so 375 Euro oder mehr als Strafe zusammen.

Ein Mann mit Aktentasche rennt über die Galerie in einem Bürohaus

© istock/sanjeri/2019  Besser auf den letzten Drücker als zu spät: Wer die Frist zur Abgabe seiner Steuererklärung versäumt, muss mit einer Strafe rechnen.

Ausnahmen: Das Finanzamt kann auf den Zuschlag verzichten, wenn …

  • … es Ihnen zu viel Steuern berechnet hat und Sie deshalb Geld zurückbekommen.
  • … für Sie keine Steuern anfallen.
  • … Sie erfolgreich eine Fristverlängerung beantragt haben.

Wo müssen Sie die Steuererklärung abgeben?

Sie müssen Ihre Steuererklärung spätestens am letzten Tag der Abgabefrist beim zuständigen Finanzamt einreichen. Doch welches ist für Sie zuständig? Das hängt von Ihrer Adresse ab.

Welches Finanzamt ist zuständig?

In der Regel müssen Sie die Steuererklärung bei Ihrem sogenannten Wohnsitzfinanzamt abgeben. Das heißt: Zuständig für Sie ist das Amt, in dessen Bezirk Sie gemeldet sind. Ausschlaggebend ist also Ihre Adresse. Und zwar unter diesen Voraussetzungen:

  • Sind Sie ledig, ist das Finanzamt für Sie zuständig, in dessen Bereich Sie überwiegend leben.
  • Sind Sie verheiratet, ist das Finanzamt für Sie zuständig, in dessen Bereich Sie und Ihre Familie überwiegend leben.

Welches Amt für Ihren Bezirk zuständig ist, die Adresse und die Kontaktdaten finden Sie mit der
Finanzamtsuche des Bundesamtes für Steuern.

Eine Lupe liegt auf einem Steuerformular beim Eintrag „Bei Wohnsitzwechsel“

© istock/seewhatmitchsee/2013  Nach einem Umzug ist oft ein neues Finanzamt zuständig.

Wenn Sie geschieden sind, kann es komplizierter werden. Haben Sie sich im betreffenden Steuerjahr (das Jahr, für das Sie Ihre Steuererklärung machen) getrennt, können Sie und Ihr Ex-Partner oder Ex-Partnerin sich noch bis zu dessen Ende steuerlich zusammen veranlagen lassen. Dann gilt:

  • Ihr bisheriges Finanzamt ist zuständig, wenn eine oder einer von Ihnen noch in dem Bezirk dieser Behörde lebt.
  • Beide Partner*innen sind in einen anderen Bezirk gezogen? Dann ist ein Finanzamt an einem der neuen Wohnsitze zuständig. Welches das ist, hängt vom jeweiligen Einkommen ab. Genauer gesagt: was nach Abzug der Werbungskosten davon noch übrig bleibt. Ist das bei Ihnen mehr, ist Ihr Finanzamt zuständig. Ist das von Ihrem Ex-Partner oder Ex-Partnerin höher, so geht die Steuererklärung an dessen oder ihr neues Wohnsitzfinanzamt.

Einkommensteuer und Lohnsteuer – der Unterschied

Einkommensteuer und Lohnsteuer – der Unterschied

Alle, die in Deutschland Geld verdienen, sind einkommensteuerpflichtig. Als Pflichtveranlagte*r müssen Sie deshalb eine Einkommenssteuererklärung abgeben, umgangssprachlich einfach Steuererklärung genannt. Darin geben Sie jährlich an, wie hoch Ihr Einkommen war und wie es sich zusammensetzt hat. Auf dieser Basis berechnet das Finanzamt die Höhe Ihrer Steuer. Je nachdem, was Sie im Voraus schon eingezahlt haben, müssen Sie etwas nachzahlen oder bekommen etwas erstattet. 

Allerdings zahlen Arbeitnehmer*innen offiziell keine Einkommensteuer, sondern Lohnsteuer. Das ist das Geld, das Ihr Arbeitgeber von Ihrem Bruttogehalt abzieht und an das Finanzamt weiterreicht. Damit ist die Lohnsteuer keine eigenständige Steuer, sondern eine Unterform der Einkommensteuer.  

Dürfen Sie Ihre Steuererklärung online abgeben?

Ja, das geht mit der elektronischen Steuererklärung – kurz ELSTER© genannt. ELSTER© ist ein offizielles, kostenloses Programm der deutschen Steuerverwaltungen, die sich zum Online-Finanzamt zusammengeschlossen haben. Dort stehen das Programm sowie die erforderlichen Formulare zum Herunterladen bereit. Anschließend können Sie alles ausfüllen und dann verschlüsselt an das Online-Finanzamt zurückschicken.

Weitere Möglichkeiten: Sie nutzen online die Browser-Version von ELSTER© oder eine kostenpflichtige Steuer-Software von Drittanbietern, die mit ELSTER© kompatibel ist. Die letztgenannte Variante ist empfehlenswert, wenn Sie sich mit Steuererklärungen noch nicht gut auskennen. Viele dieser Programme helfen Ihnen mit Tipps beim Ausfüllen.

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Ist man gesetzlich verpflichtet eine Steuererklärung zu machen?

Muss ich eine Steuererklärung machen? Grundsätzlich erwartet das Finanzamt immer dann eine Einkommensteuererklärung von Ihnen, wenn es befürchten muss, andernfalls zu wenige Steuern zu kassieren. In diesem Fall ist die Abgabe einer Steuererklärung Pflicht, man spricht auch von der sogenannten Pflichtveranlagung.

Wann ist man zu einer Steuererklärung verpflichtet?

Die gesetzliche Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung endet seit 2019 mit dem 31. Juli des Folgejahres. Für das Steuerjahr 2021 gilt coronabedingt der 31. Oktober 2022. Ist das in Deinem Bundesland ein Feiertag (Reformationstag), reicht auch noch der 1. November 2022.

Was droht Wenn ich keine Steuererklärung machen?

Höhe des Verspätungszuschlags Der Verspätungszuschlag beträgt 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 Euro pro verspätetem Monat. Maximal werden 25.000 Euro Verspätungszuschlag fällig.

Bin ich verpflichtet jedes Jahr eine Steuererklärung abzugeben?

Bei einer Antragsveranlagung bleiben grundsätzlich vier Jahre Zeit, die Steuererklärung abzugeben und sich die Steuererstattung zu sichern (siehe Abgabefristen für die Steuererklärung). Wir empfehlen grundsätzlich jedem Arbeitnehmer, eine Steuererklärung abzugeben, um Steuervorteile optimal zu nutzen.