Himmel und Erde werden vergehen bedeutung

Die Realität ist anders. Dieser Sonntag erinnert an unsere Sterblichkeit. Es ist auch der Gedenktag an die Toten. Von Vergänglichkeit zu reden ist eins, sie ganz persönlich zu erfahren ein  anderes. Manche unter uns haben im zurückliegenden Jahr einen Menschen verloren, der dem Herzen nahe war. Hart und unerbittlich greift uns an, was unumstößlich ist. Herz und Seele brauchen Zeit, um den Verlust wirklich zu begreifen; und lange bleibt oft die Lücke ungeschlossen, die der Tod reißt. Vergänglichkeit ist unser Los. Da kann wirklich nur trösten, dass Einer bleibt, bei dem die aufgehoben sind, die von uns gegangen sind, von dem wir glauben, dass seine Worte nicht vergehen.

Alles andere vergeht. Nichts ist von Dauer. Jesu Rede umfasst das ganze Universum: „Himmel und Erde werden vergehen". Alles was uns umgibt, was dem Leben Raum gewährt, trägt schon den Stempel des Verfalls an sich: Politische Systeme, Völker und Nationen, Kulturlandschaften, das Klima, die Pflanzen- und Tierwelt, das geophysikalische Bild der Erde, auch die Kirchen und Religionen in ihren verfassten Strukturen - alles vergeht. Manchmal erleben wir es greifbar nah, z.B. wenn eine dieser Schreckensbotschaften in unsere geordnete Welt gelangt: zerstörte Küsten, verwüstetes Land und vieles andere. Manchmal wehren wir uns dagegen. Da müssen Experten mit viel Datenmaterial zu Einsicht in die Realität helfen. Jesu Rede ist gar nicht pessimistisch oder schon gar fatalistisch gemeint. Jesus weist auf Tatbestände. Nichts ist göttlich, nichts ist ewig. „Das Wesen dieser Welt vergeht" sagt der Apostel Paulus (1 Kor 7, 31).
So wird es sein, aber es gilt auch:

„ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist"

Alles vergeht? Können wir uns damit so einfach abfinden? Wenn schon, dann möchten wir doch bitte Genaueres wissen. So jedenfalls ging es den Jüngern Jesu. Am Beginn der Rede, aus der unser Text stammt, fragen diese: „Sage uns, wann wird das geschehen? Und was wird das Zeichen sein?" (Mk 13, 4).

Es ist schwer, mit einer allgemeinen Ankündigung des Endes zu leben. Wir kennen es aus dem ganz persönlichen Bereich, wenn etwa eine ungünstige Diagnose die Betroffenen und ihre Angehörigen beunruhigt. Ärzte werden - direkt oder indirekt - konfrontiert mit der Frage: „Wie lange habe ich noch zu leben? Worauf muss ich mich einstellen?" Möchten wir es wirklich wissen oder hoffen wir nicht insgeheim auf eine beschwichtigende Antwort: es ist noch Zeit. Es gibt selten eine Antwort nach dem „Wann", die wirklich weiter hilft und dem Leben dient.

Und ganz ähnlich verhält es sich mit der Wirklichkeit um uns und ihrer Vergänglichkeit: „wann  wird das geschehen?" Meinungen gibt es mehr als genug. Da sind auf der einen Seite die Alarmisten, die Dunkelseher, die Untergangspropheten, die immer ganz genau wissen, dass es  fünf vor zwölf ist: „Sie hören ein Pochen, und das Pochen wird lauter. Noch ist es nur Ahnung, aber bald schon Gegenwart: Das Schicksal naht" (Die Zeit, 30.8.07). Nicht selten sind es auch scheinbar sehr fromme Propheten, die mit Schreckensszenarien Menschen zu beeindrucken versuchen und ihre Seele gewinnen wollen. In Amerika haben religiöse Endzeitromane Konjunktur! Einige wissen immer ganz genau Bescheid!
Und da sind auf der anderen Seite die Beschwichtiger, die uns weismachen wollen, dass alle Warnung vor einem Ende nichts als Geschwätz ist, dass die Gefahren hoch geredet werden: Tempolimit? - bringt nichts! Sparen? - es ist doch genug Geld da! Reformen? - schaffen nur Unruhe! Umkehr? - wozu denn? Es gibt genügend Leute, die Beifall klatschen.

Zwischen Alarmisten und Beschwichtigern werden wir hin und her getrieben. Das geschieht besonders dann, wenn wir zu sehr auf die Frage fixiert sind: „Wann wird das sein?".
Jesus sagt es dagegen deutlich: „Von dem Tage und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater." (V.32)
Daraus folgt: Es hat wenig Sinn, mit „Spökenkiekerei", mit Spekulationen und den verschiedenen Varianten von Wahrsagerei die Zeit zu vertun. Ein verantwortlicher Arzt wird darauf verzichten zusagen, wann ich sterben werde; ein umsichtiger Naturwissenschaftlicher wird sich hüten den Zeitpunkt für den Klimakollaps anzusagen. Und gar das Ende der Welt? „Von dem Tage und der Stunde weiß niemand". Lassen wir uns nicht in die Irre leiten!
Worauf es ankommt, sagt Jesus mit einem einzigen Wort:

„Wachet"

Jesus ist an diesem Punkt sehr klar. Die Frage nach dem „Wann" führt in eine falsche Richtung. Deshalb lässt er sie links liegen. Es geht um etwas ganz Anderes: nämlich angesichts der Vergänglichkeit der Welt die Forderung der Stunde heute zu erkennen. Und die heißt: Seid wachsam. Jesus ist das so wichtig, dass er betont: „Was ich aber euch sage, dass sage ich allen: Wachet!" (V.37) Es geht um eine Nachricht zum Weitersagen!
Das Gleichnis von dem Hausherrn, der auf Reisen geht und seine Mitarbeiter beauftragt, für alles zu sorgen, und der jederzeit zurückkehren kann, illustriert diesen Imperativ: Bleibt wach, schlaft nicht ein! Es könnte sonst sein, dass ihr das Entscheidende verpasst: die Begegnung mit dem zu euch kommenden Gott!

Wachsein? Was ist damit gemeint? Wachsein ist für Jesus geradezu  Quintessenz der Existenz  im Glauben. Christsein heißt Wachsein. Dabei geht es nicht nur um das Ende, sondern um Gott, den Ewigen,  in der jeweiligen Gegenwart unsere Lebens.
Wachsein ist das Ende von Dumpfheit und Gleichgültigkeit, von Blindheit und Vergesslichkeit. Wir müssen nicht über alles Bescheid wissen, schon gar nicht über „Tag" und „Stunde" des Endes.
Wachsein ist mehr als sich zu ergeben, als tatenlos der Dinge zu harren, die da kommen könnten. Es ist eine aktive Einstellung zur Zukunft, so wie es Reinhold Schneider einmal ganz knapp formuliert: „Wir fragen nicht. Uns fordert dein Gebot". Es ist nicht wichtig herauszufinden, was wir nicht wissen können. Es geht um die die Begegnung mit Gott, die Folgen hat: „Uns fordert dein Gebot". Das ist nicht nur ein Gebot, etwas zu tun, sondern auch das Gebot, etwas zu empfangen. Es erwächst konkret aus der jeweiligen Stunde und verlangt die Aufmerksamkeit aller unserer Sinne. Es ist die Aufmerksamkeit für den unkalkulierbaren Gott, der immer wieder und plötzlich in unser Leben tritt wie jener Hausherr des Gleichnisses, der uns in wechselnden Gestalten begegnet: mit der ausgestreckten Hand des Bettlers ebenso wie mit den offenen Armen des Liebenden, durch die rätselhaften Schicksalsschläge ebenso wie mit den unerwarteten Segnungen seiner Güte.

Es wird leichter, in dieser Weise wach zu sein, wenn uns besser gelingt, Gott wirklich im Sinne zu haben, mit seinem Wort, das nicht vergeht, vertraut zu sein. Dann können wir ihn auch erkennen, wenn er kommt. Dann müssen wir kein Ende fürchten.

Wie kann das gehen?
Ein Bild aus Jerusalem kommt mir in Erinnerung: Auf einem kleinen Platz im jüdischen Viertel sitzt an einem Steintisch ein Lehrer mit sieben Kindern, alle im Vorschulalter. Jedes hat vor sich ein Blatt mit einem Text aus der Thora. Sie „lesen", skandieren, memorieren mit lebhaften Bewegungen - jedes für sich, ein ernsthaft-fröhliches Durcheinander. Was soll's?
Sie „lernen" so Gottes Wort. Es kommt durch ihr Üben in ihren Körper, ihren Kopf und - vielleicht - in ihr Herz. Dann werden sie „wach" sein.

Wachsein heißt: Gott im Sinne haben, sein Wort hören, lesen, meditieren. Es kommt darauf an, Gottes Wort gegenwärtig zu haben am Tage und bei Nacht. Denn „wir wissen nicht Tag noch Stunde". Es geht nicht um eine esoterische Frömmigkeit, die nur die eigene Innerlichkeit pflegt, und sich nach außen abschirmt. Es geht um eine Wachheit, die uns befähigt, den Ereignissen zu begegnen, standzuhalten wie zu verändern, je nach dem.
Wenig später erfährt im Markusevangelium das Wort vom Wachsein eine eigene Auslegung. Im Garten Gethsemane, in der Stunde der Gefahr, bittet Jesus seine Jünger: „Wachet und betet!"

Beten ist eine ausdrückliche Weise wach zu sein. Es ist der Weg, dem Gott nahe zu kommen, der in aller Vergänglichkeit für das Unvergängliche sorgt.
Vielleicht wird erst aus solcher Wachheit heraus für uns wahr und tröstlich, was so schön zu singen geht:
„Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit."
Amen

Liedvorschläge: 147, 325

Lit.: Predigtstudien V/2, 2007) (M.Kumlehn/ C.Levin); GPM /PTh 96, 2007/8 (E.Berger); H.Hesse, Späte Gedichte, 1968, 36: R.Schneider, in: Alle Schönheit deiner Erde, hg. H.Vincon, 1998, 151

Wo Himmel und Erde sich berühren Bedeutung?

Wenn sich Himmel und Erde berühren sollen, bedeutet das für mich, dass ich gleichzeitig Wegbegleiter der anderen Menschen sein sollte. Wir kommen mit unserer Sehnsucht nach Gemeinschaft und nach einer Beziehung zu Gott zusammen und schaffen als Gemeinde in dieser Kirche die Berührung der Erde mit dem Himmel.

Was versteht man unter dem Himmel?

Im christlichen Weltbild ist der Himmel der Ort, an dem sich Gott befindet und ebenso der Ort, an den die körperlosen Seelen der Verstorbenen streben.

Hat Jesus von der Hölle gesprochen?

In den Texten des Neuen Testaments spricht Jesus Christus von einem Ort der Verdammnis, wenn er etwa vor Feuer warnt (Mt 5,22–29f; Mt 13,36-43, Mt 13,47–50), vor der Finsternis, in der Heulen und Zähneklappern herrschen (Mt 8,12) und vor dem Tag des Gerichtes (Mt 10,15).