Wer ist auf die idee gekommen gras zu rauchen

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Wie verbreitet ist verunreinigtes Cannabis? ZDFheute Logo

In der Debatte um eine mögliche Legalisierung ist immer wieder von verunreinigtem Cannabis die Rede. Wir groß ist das Problem? Und kann man es überhaupt bekämpfen?

Berlin: Franka (l-r), Sandra und Daniela rauchen bei einer Protestaktion für legalen Cannabis-Konsum im Görlitzer Park einen Joint. Was als Cannabis verkauft wird, ist nicht immer rein. Immer wieder wird Cannabis bewusst verunreinigt.
Quelle: dpa

Auch wenn sich die Ampel-Parteien in ihrem gemeinsamen Papier vom Freitag nicht dazu äußern: Mit einer möglichen Koalition aus SPD, Grünen und FDP wirkt eine Legalisierung von Cannabis so realistisch wie seit Langem nicht.

Mit einer Legalisierung, so hoffen Befürworter*innen, könnte auch dem Problem von verunreinigtem Gras begegnet werden. Doch wie groß ist das Problem tatsächlich?

Wie verbreitet ist gestrecktes Cannabis?

Bundesweit konkret beziffern lässt sich das Problem des gestreckten Cannabis nicht. "Dem BKA liegen keine Informationen dazu vor, wie häufig Cannabisprodukte, die in Deutschland sichergestellt wurden, verunreinigt waren", heißt es vom Bundeskriminalamt.

Suchtmediziner Eugen Davids ist Ärztlicher Direktor der Evangelischen Stiftung Tannenhof, einer Klinik für Psychatrie in Remscheid. Verunreinigungen seien ein grundsätzliches Problem bei allen Drogen, daher kämen sie natürlich auch bei Cannabis vor, erklärt er ZDFheute. Seiner Erfahrung nach ist das Problem aber ein relativ seltenes.

Auch Bernd Werse, Soziologe und Gründer des Frankfurter Centre for Drug Research, spricht von einem "Phänomen, das von vielen für relevanter gehalten wird, als es tatsächlich der Fall ist."

Womit wird Cannabis gestreckt?

Alleine der Deutsche Hanfverband, der sich als Interessensvereinigung für eine Legalisierung von Cannabis einsetzt, zählt auf seiner Website mehr als ein Dutzend Streckmittel auf. Dazu zählen unter anderem Sand, Zucker, Haarspray, Glas, Gewürze, in wenigen Einzelfällen sogar Blei.

Und was ist mit Berichten von Cannabis, das mit Heroin gestreckt wird? Zuletzt sprach SPD-Gesundheitsmediziner Karl Lauterbach davon. "Uns ist noch kein Bericht von mit Heroin gestrecktem Cannabis untergekommen - ich kann die Aussage von Herrn Lauterbach also nicht verifizieren", sagt Suchtmediziner Davids. Ähnlich äußert sich das BKA:

Verunreinigungen von Cannabisprodukten durch Heroin sind dem BKA nicht bekannt.

Was steckt hinter synthetischen Cannabinoiden?

In den vergangenen Jahren seien vermehrt Cannabisprodukte auf dem deutschen Markt festgestellt worden, die mit synthetischen Cannabinoiden behandelt wurden, teilt das Bundeskriminalamt auf Anfrage von ZDFheute mit.

Diese synthetischen Cannabinoide werden in der Regel auf CBD-Hanf und andere Cannabisprodukte mit geringem THC-Gehalt aufgetragen und verkauft, ohne dass dies für Konsumierende äußerlich erkennbar wäre.

Bundeskriminalamt

Dieses Phänomen beobachtet auch Volker Auwärter, Laborleiter der Forensischen Toxikologie an der Uniklinik Freiburg, zunehmend. "Meine Erfahrung - auch im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen - ist: Wenn uns Proben von größeren Mengen sichergestellten Cannabis' geschickt werden, sind gefühlt zwischen zehn und 20 Prozent des Materials momentan mit synthetischen Cannabinoiden behandelt", erklärt er ZDFheute. Andere Streckmittel hält er für eher irrelevant.

Ich geh davon aus, dass Menschen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, kaum noch daran vorbeikommen.

Volker Auwärter, Toxikologe

Lange seien synthetischen Cannabinoide als solche beim Verkauf etwa sogenannter Kräutermischungen gekennzeichnet worden, erklärt Bernd Werse. Seit etwa zwei Jahren gäbe es aber ein neues Phänomen:

Da sind Menschen auf die Idee gekommen, billig in größeren Mengen angekauftes CBD-Gras mit synthetischen Cannabinoiden zu besprühen und damit Geld zu machen.

Bernd Werse, Centre for Drug Research

Welche Gefahren birgt verunreinigtes Cannabis?

Als großes Problem der synthetischen Cannabinoide sieht Werse die Gefahr einer schwerwiegenden Überdosierung mit körperlichen Ausfallerscheinungen, die es bei reinem Cannabis so nicht gebe. Zudem greifen die Stoffe das zentrale Nervensystem an, erklärt Toxikologe Auwärter.

Bei synthetischen Cannabinoiden gibt es auch Anzeichen dafür, dass sie ein größeres Abhängigkeitspotenzial haben. Doch auch andere Steckmittel sind nicht ungefährlich.

Beim Rauchen von reinem Cannabis kann es auch mal zu einer Lungenentzündung kommen, wenn es aber gestreckt ist, können die Lungenprobleme stärker werden.

Eugen Davids, Suchtmediziner

Für jüngere Konsumierende sei die Gefahr noch größer als für Erwachsene. "Bei Zwölf- bis 17-Jährigen sind die Organsysteme noch nicht komplett ausgereift - wenn man in diesem Alter Drogen oder Streckmittel aufnimmt, ist das Risiko deshalb entsprechend höher als bei einem ausgebildeten Organsystem", sagt Davids.

Wie vorgehen gegen verunreinigtes Cannabis?

Auf der einen Seite steht das Argument, dass eine Legalisierung den Schwarzmarkt bekämpfen könnte und ein staatlich kontrollierter Verkauf von Cannabis zu einem reineren Produkt führen würde.

In einem legalen Markt kann man so gut wie sicher sein, dass man kein verunreinigtes Cannabis bekommt.

Bernd Werse, Centre for Drug Research

Kritiker*innen sehen das anders. "Die Verunreinigung von Cannabis zu unterbinden ist kaum möglich", meint Eugen Davids. Es würde immer einen illegalen Markt geben, der Streckmittel möglich machen wird.

Daran dürfte auch eine Legalisierung von Cannabis meines Erachtens nichts ändern. Durch eine Legalisierung von Cannabis wird die Reduktion des Schwarzmarkts nicht wesentlich beeinflusst.

Eugen Davids, Suchtmediziner

Vor allem das Phänomen der synthetischen Cannabinoide erfordere eine schnelle Reaktion, meint Volker Auwärter. Sein Vorschlag: Cannabis-Konsumierende sollen eine sichere Möglichkeit für Drug Checkings bekommen. So könnten sie schnell überprüfen lassen, ob das Produkt, das sie gerade erworben haben, besonders gefährlich ist.

Eine Halle in welcher eine Vielzahl von Cannabis-Pflanzen angebaut wird.

Cannabis - Was für und gegen die Legalisierung spricht 

Eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP könnte eine Legalisierung von Cannabis vorantreiben. Was sind die Argumente der Befürworter? Und wie argumentiert die Gegenseite?

Patienten einer Cannabis-Therapiegruppe

Vorsicht

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Wer hat das Gras Rauchen erfunden?

Die erste dokumentierte Verwendung von Cannabis als Betäubungsmittel stammt aus dem Jahr 4000 v. Chr. Die Pazyryk-Stämme Sibiriens konsumierten Cannabis-Samen wegen ihrer nahrhaften Eigenschaften und verbrannten sie bei Begräbniszeremonien, wie ihre Anwesenheit in Grabhügeln aus dem Jahr 3000 v. Chr.

Wer hat den ersten Joint geraucht?

Der erste Joint der Geschichte ist auf ungefähr 1850 in Mexiko datiert. Ein Pharmakologe der Universität von Guadalajara fand heraus, dass die Feldarbeiter in ihren Zigaretten Marihuana mit Tabak rauchten.

Wann wurde das Kiffen erfunden?

Bereits vor 12.000 Jahren wurde Hanf in Persien und China als Getreide angebaut. Hanfsamen wurden gegessen, die Fasern zur Herstellung von Kleidung verwendet. Die Chinesen machten Papier aus Hanf.

Warum habe ich angefangen zu Kiffen?

Junge Gelegenheitskonsumenten nehmen bei bestimmten Anlässen ab und zu Cannabis, z.B. bei Partys, im Urlaub oder bei Freizeitaktivitäten mit Freunden. Hier geht es in der Regel um Lustgewinn, Spaß und Wohlbefinden, also um ähnliche Gründe, die beim geselligen Alkoholtrinken eine Rolle spielen.