Wenn der letzte fluss vergiftet

In ihrem monumentalen Roman «Aus hartem Holz» erzählt Pulitzerpreis­trägerin Annie Proulx, wie ­Profitgier die riesigen Wälder Nordamerikas zerstörte. Die drei Jahrhunderte umspannende Sippengeschichte ist eine anspruchsvolle, aber lohnende Lektüre.

Marie-Louise Zimmermann

Publiziert: 16.06.2017, 10:42

Waldreiches Nordamerika: Von der einstigen Üppigkeit bleibt im Roman «Aus hartem Holz» von Annie Proulx nicht viel.

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«Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.» Diese Weissagung der Cree-Indianer kommt einem oft in den Sinn beim Lesen dieses fast neunhundert Seiten dicken Epos von Annie Proulx.

Die über Achtzigjährige ist ein wichtiger Name der amerikanischen Literatur seit ihrem mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Roman «Schiffsmeldungen» (1993) und der Erzählung «Brokeback Mountain» (1997), beide erfolgreich verfilmt. Nun meldet sie sich zurück mit «Aus hartem Holz» – einem gewaltigen Abgesang auf die Wälder nicht nur Nordamerikas.

Recherche für Sachbuch

«Die Idee dazu kam mir, als ich durch Michigan fuhr», sagt die Autorin. Dort stehe auf einem Schild an einer öden Strassenkreuzung «An diesem Ort wuchsen einst die grössten Weymouthskiefern der Welt». Von denen sie keine einzige mehr gefunden habe, so Proulx. Eigentlich habe sie zehn Jahre lang recherchiert für ein Sachbuch. «Doch als Roman erreicht mein Anliegen hoffentlich eine breitere Leserschaft.»

Dafür lässt die Autorin mit frankokanadischem Vater die jungen Franzosen René Sel und Charles Duquet 1693 dem Hunger in Europa in die «Nouvelle-France» entfliehen. Sie verdingen sich als Holzfäller, «Barkskins» genannt (so der Original­titel des Romans), mit der Zu­sicherung, nach drei Jahren Schufterei ein Stück Land zu bekommen.

Rücksichtsloser Kahlschlag

Der Urwald an der Atlantikküste überwältigt sie: «Hier wuchsen gewaltige Bäume, wie man sie in der alten Heimat seit Jahrhunderten nicht gesehen hatte, immergrüne Riesen, höher als Kathedralen, wolkenstechende Fichten und Hemlocktannen.» Ihr Arbeitgeber erklärt ihnen: «Es ist der Wald der Welt. Er hat kein Ende. Niemand hat jemals gesehen, bis wohin er reicht.»

Überzeugt von der Unerschöpflichkeit dieser natürlichen Ressource und hungrig nach Ackerland praktizieren die Siedler in ganz Nordamerika einen rücksichtslosen Kahlschlag.

Die beiden jungen Einwanderer gehen unterschiedliche Wege: Der tüchtige René harrt aus, heiratet eine Mi'kmaq-Squaw und bleibt arm. Der gerissene Charles wird Pelzjäger, dann Holzhändler und anglisiert seinen Namen Duquet zu Duke. Er vermählt sich mit einer Neuengländerin aus guter Familie und schafft ein riesiges Vermögen mit Handelsbeziehungen bis nach China und Neuseeland.

Die Schicksale beider Nachkommen werden bis in unsere Zeit erzählt. Verwoben damit ist die traurige Geschichte der weltweit ausgebeuteten Wälder und der zerstörten indianischen Kultur. Als einziger Hoffnungsschimmer engagiert sich ein in die Familie Duke eingeheirateter Deutscher pionierhaft für eine nachhaltige Forstwirtschaft.

All das bringt einem, aufwendig recherchiert, die harten Lebensbedingungen vergangener Zeiten nahe. Doch die detailbesessenen Wiederholungen ermüden, trotz des schnörkellos flüssigen Schreibstils. Und die unzähligen Personen sind oft zu knapp skizziert, als dass sie Anteilnahme wecken.

Den Überblick behält nur, wer sich die Stammbäume notiert, die unerklärlicherweise in der sehr guten deutschen Übersetzung fehlen. Da hat eine brillante Autorin zu viel gewollt. Ihr Wälzer ist harte Lesekost, aber es lohnt den Aufwand.

Annie Proulx: «Aus hartem Holz». Übersetzt von Andrea Stumpf und Melanie Walz, Luchterhand, 885 S.

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Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fisch gefangen, der letzte Fluss vergiftet ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann. Anhand dieses Textes setzen sich die Jugendlichen mit notwendigen Lebensgrundlagen und Konsequenzen ihrer Handlungen für die Zukunft auseinander. Gedanken dazu werden durch eine kreative Schreibübung festgehalten und mit den anderen geteilt.

ABLAUF

PHASE 1

15 Minuten

Einstieg

Jede*r erhält eine Kopie des Textes, liest sich diesen selbstständig durch und lässt Worte und Bilder auf sich wirken. Danach tauschen sich die Jugendlichen in der Gruppe dazu aus.

Mögliche Impulsfragen:

  • Wie wirkt dieser Text auf euch?
  • Was ist die genaue Aussage?
  • Welchen Wahrheitsgehalt hat die Aussage?
  • Welches Gefühl hinterlässt der Text bei euch?
  • Wer könnte das gesagt haben?
  • Welche Bilder entstehen zu diesem Text in eurem Kopf?

Im Anschluss daran wird gemeinsam die Illustration angeschaut und anhand folgender Fragen diskutiert:

  • Ist die Illustration aus eurer Sicht eine gute Umsetzung der Stimmung des Textes?
  • Was spricht euch daran an, was nicht?
  • Wie würdet ihr das Zitat illustrieren?

Downloads für diese Phase:

Illustration Weissagung der Cree (Illustrator: Markus Wurzer)

PHASE 2

15 Minuten

Unsere Lebensgrundlagen – Kleingruppendiskussion

In Kleingruppen wird anhand folgender Impulsfrage diskutiert:

  • Was brauchen wir zum Leben?
  • Welche Lebensgrundlagen sichern unser (Über)leben?
  • Welche dieser Lebensgrundlagen sind gefährdet? Wodurch?

Es geht hier primär um die natürlichen Lebensgrundlagen, ohne die wir nicht existieren können, wie Wasser, Luft, gesunden Boden etc. Ziel dieser Sequenz ist es, dass die Jugendlichen sich bewusst werden, dass manche Ressourcen, die für unser Leben notwendig sind, gefährdet sind – z.T. irreversibel.

Die Ergebnisse werden auf Moderationskarten gesammelt.

PHASE 3

25 Minuten

Unsere Lebensgrundlage - Plenum

Anschließend werden die Ergebnisse in der Großgruppe präsentiert und diskutiert. Die wesentlichsten Lebensgrundlagen werden ausgewählt und argumentiert. Um die Diskussion länger sichtbar zu haben, wird ein Plakat „Unsere Lebensgrundlagen“ mit den Ergebnissen gestaltet.

PHASE 4

15 Minuten

Irreversible Konsequenzen ausmachen

Zum Aufwärmen wird ein kurzes gemeinsames Brainstorming durchgeführt:

  • Welche unserer heutigen Handlungen verursachen Schäden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können?
  • Wen betreffen die Folgen?

Im Anschluss daran überlegt jede*r für sich:

  • Welche meiner momentanen Handlungen könnten unwiderrufliche Konsequenzen auf meine Leben haben?
  • In welchem Bereich meines Lebens würden diese Konsequenzen auftreten (in meiner Familie, in meinem Freundeskreis, in der Schule, für zukünftige Arbeitsstellen, für meine Gesundheit, …)

Ziel dieser Sequenz ist es, Jugendliche dafür zu sensibilisieren, dass es auch Handlungen gibt, die irreversible Konsequenzen nach sich ziehen – sowohl weltweit als auch im eigenen Leben.

PHASE 5

20 Minuten

Wenn, dann… – selbst schreiben

Die Jugendlichen werden aufgefordert selbst im Stil der „Weissagung der Cree“ einen Text zu verfassen. Auf eine kreative Weise sollen sie verschriftlichen, welche heutigen Handlungen sich auf ihre persönliche Zukunft auswirken werden. Es geht dabei nicht darum, dass besonders ernsthafte Texte entstehen, sondern um einen spielerischen Ansatz: sowohl mit dem Thema als auch der Form.

Wird man sehen dass man Geld nicht essen kann?

„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann. “

Wer sagte Erst wenn der letzte Baum gerodet?

Überliefert habe den Satz der US-Journalist Henry A. Smith. Er soll Ohrenzeuge der Rede gewesen sein und zitierte diesen Ausspruch 1887 in der Zeitung „Seattle Sunday“. 1972 dann veränderte der amerikanische Literaturhistoriker und Filmregisseur Ted Perry den Sinn dieser Sätze.

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