Warum unglückliche Paare sich nicht trennen?

Menschen, die in einer unglücklichen Beziehung bleiben, haben oft grosse Angst vor Veränderungen und Einsamkeit. Sie fürchten sich, alleine zurechtkommen zu müssen. Kommt es dennoch zur Trennung, flüchten sie sich umgehend in die nächste Beziehung.

2. Abhängigkeit

Dabei kann es sich um finanzielle oder psychische Abhängigkeit handeln. Beide können eine unglückliche Partnerschaft jahrelang zementieren. Der Preis, den man dafür zahlt, ist hoch. Die Gefahr ist gross, dass man eine solche Beziehung früher oder später bereut.

3. Hoffnung

Dieses Mal wird er sich ändern. Bald wird alles anders. Es gibt doch auch noch schöne Momente in unserer Beziehung. Solche Illusionen sind für viele Menschen der Hoffnungsanker, die sich nicht aus einer kaputten Partnerschaft lösen können. Sie hoffen ständig auf ein Happy End, haben aber keine Ahnung, wie sie es herbeiführen sollen.

4. Kinder

Der Kinder wegen zusammenbleiben ist ein häufiger Grund, der eine Trennung oder Scheidung verhindert. Das Kind soll doch in geordneten Verhältnissen aufwachsen können, denken wir und rechtfertigen damit zu viel zu viel. Denn eigentlich sollten Kinder vor allem in liebevollen Verhältnissen gross werden. Den Kindern eine unglückliche Partnerschaft vorzuleben, prägt ihr Bild von Familie enorm.

5. Schuldgefühle

Paare bleiben eher zusammen, wenn ein Partner annimmt, dass der andere unter der Trennung leiden wird. Wir schaden dem Anderen mehr als ihm zu helfen, wenn wir nur aus Mitleid bleiben. Wir nehmen ihm die Gelegenheit, sich weiter zu entwickeln. Auch weil der Partner die Distanz spürt und sein Selbstwertgefühl darunter leidet.

6. Verlorene Investition

Man ist schon lange zusammen und hat viel Zeit und Mühe in die Beziehung gesteckt. Klar, will man nicht so schnell aufgeben. Natürlich ist es schade, wenn sich die ganze Mühe am Ende nicht auszahlt. Trotzdem sollte man aber nicht alleine deswegen in einer unglücklichen Beziehung bleiben. Jeder einzelne Tag im Unglück ist verschwendet, egal, wie alt man ist.

7. Negatives Bild von Liebe

Viele denken, Liebe wird romantisiert und überschätzt. Probleme gehörten nun mal zu einer Beziehung und die gelte es auszuhalten. Anderen gehe es genau gleich. Diese negative Einstellung können sie nicht ablegen, bestrafen sich dadurch selber und geben sie sogar an die nächste Generation weiter.

Den Grund zu kennen, weshalb man in einer kaputten Beziehung verharrt, löst nicht alle Probleme, ist aber ein guter Anfang, um selbstsicherer zu werden und Veränderungen zu wagen.

Fast jede Beziehung hat schöne Momente. Doch was ist, wenn die Unzufriedenheit überwiegt? Wann ist es sinnvoll, sich zu trennen, und wie gehen Paare vor, wenn sie ein gemeinsames Kind haben?

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Inhalte im Überblick

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Matthias Fuhrmeister ist systemischer Paartherapeut und unterstützt Menschen in der gemeinschaftlichen Praxis für Paartherapie Paarklar in Düsseldorf. Im Interview verrät er, woran Paare eine unglückliche Beziehung erkennen und wann eine Trennung trotz bestehender Liebe ratsam ist.

Welche Anzeichen für eine unglückliche Beziehung gibt es?

Zunächst einmal ist es wichtig, den Begriff „unglückliche Beziehung“ zu definieren. Womit fühle ich mich unglücklich in der Beziehung und was bedeutet Glück für mich? Das sind ganz essenzielle Fragen, die sich im besten Fall jeder Mensch selbst beantwortet, denn die Antworten darauf fallen sehr individuell aus. Es gibt aber durchaus generelle Anzeichen, die darauf hindeuten, dass es in der Beziehung nicht rundläuft. Die Kommunikation untereinander gestaltet sich sehr schwierig, der Partner oder die Partnerin hat das Gefühl, dass die eigenen Bedürfnisse nicht zählen oder dass die Wertschätzung fehlt – all das können Anzeichen für Probleme in der Partnerschaft sein. Diese Anzeichen tragen dann womöglich zu dem Gefühl einer unglücklichen Partnerschaft bei.

Wenn eine Person oder sogar beide den Eindruck haben, dass sie in der Beziehung dadurch zu kurz kommen, ist es Zeit zu handeln. Gemeinsame Gespräche, um die Probleme zu benennen, sind dann ein erster wichtiger Schritt. Manchmal zerbrechen Ehen daran, wie und ob der Mülleimer „richtig“ geleert wird. Unterschiedliche Vorstellungen von Sauberkeit und Ordnung können manchmal zu sehr grundsätzlichen Auseinandersetzungen führen. Die eigenen Grundwerte spielen hier eine zentrale Rolle und die meisten Menschen haben Schwierigkeiten, die Unterschiede gut auszuhalten. Während der Partner den Müll am liebsten täglich herunterbringt, reicht es für die Partnerin vielleicht alle drei Tage, den Müll zu leeren. Dann ist es wichtig, dass beide herausfinden, wie sie diese unterschiedlichen Vorstellungen bewältigen. Den Müll alle zwei Tage zu beseitigen wäre da eine Möglichkeit von vielen.

„Wenn eine Person oder sogar beide den Eindruck haben, dass sie in der Beziehung zu kurz kommen, ist es Zeit zu handeln.“

Matthias Fuhrmeister
systemischer Paartherapeut in der gemeinschaftlichen Praxis für Paartherapie Paarklar in Düsseldorf

Wann sollte man eine Beziehung beenden?

Eine allgemeingültige Empfehlung oder einen Test, der verrät, wann eine Person die Beziehung beenden sollte, gibt es nicht. Schließlich handelt es sich hierbei um eine ganz individuelle Entscheidung, die von vielen Faktoren abhängt.

Die Antworten auf folgende Fragen können bei der Entscheidungsfindung wichtig sein:

  • Wie lange existiert die Beziehung schon?
  • Gibt es gemeinsame Kinder?
  • Wie wichtig ist mir die Beziehung?
  • Was genau verbindet mich mit meinem Partner oder meiner Partnerin?
  • Haben wir einen gemeinsamen Freundeskreis?

All diese Faktoren können eine große Rolle spielen bei der Frage, ob ich die Beziehung für mich beenden sollte oder nicht. Es gibt aber eine Grenze, die signalisiert, dass die Aufrechterhaltung der Partnerschaft keinen Sinn mehr macht. Diese Grenze liegt im Bereich von gewalttätigen Auseinandersetzungen. Auch bei psychischer Gewalt, wenn zum Beispiel Beleidigungen an der Tagesordnung sind, kann es sinnvoll sein, auseinanderzugehen. Unabhängig von den verschiedenen Faktoren ist es bei einem Leidensdruck, also wenn sich ein Partner oder eine Partnerin unwohl fühlt, immer gut, etwas zu tun. Das muss nicht unbedingt eine Trennung bedeuten, auch der Entschluss, an einer Beziehung zu arbeiten, kann ja den Leidensdruck reduzieren.

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Beziehung beenden trotz Liebe – ist das sinnvoll?

Hier kommt es ganz stark auf die Ausgangslage an. Auch in Beziehungen, in denen häusliche Gewalt existiert, können beide Partner oder Partnerinnen fest davon überzeugt sein, ihr Gegenüber zu lieben. Trotz der empfundenen Liebe macht es in dem Fall Sinn, zumindest zeitweise auseinanderzugehen, um sich selbst zu schützen. Der Begriff „Liebe“ ist nicht unbedingt leicht zu fassen, auch wenn wir das Wort häufig nutzen. Wer Liebe in der Beziehung empfindet, interessiert sich im Normalfall auch für die Gefühle des Partners oder der Partnerin. Geht dieses Interesse gänzlich verloren, kann ein Schlussstrich zumindest eine Überlegung wert sein. Schließlich ist es wichtig, dass der oder die andere auch die Liebe spüren kann und nicht nur die magischen Worte „Ich liebe dich“ zu hören bekommt. Nicht selten verwechseln Paare das Gefühl von Liebe mit enger Verbundenheit.

Für Paare, die sich überlegen, ob sie ihre Beziehung trotz Liebe beenden, kann es eine Aufgabe sein, dem Begriff näher auf den Grund zu gehen: Ist es tatsächlich Liebe oder eher die Idee von Familie, die das Gefühl von Zusammengehörigkeit auslöst? Das bedeutet aber nicht, dass eine Beziehung nicht auch ohne Liebe funktionieren kann. Es gibt Menschen, die eine Partnerschaft aufrechterhalten möchten, obwohl beide keine romantischen Gefühle füreinander hegen. Ihnen ist es beispielsweise wichtig, dass sie sich aufeinander verlassen können und einen vertrauten Menschen an ihrer Seite haben, manchmal sind es auch finanzielle Vorzüge, die beide zusammenhalten.

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Es ist wichtig, sich über die eigenen Bedürfnisse und Ansprüche an eine Beziehung Gedanken zu machen. Das hilft auch bei der Entscheidungsfindung.

Beziehung mit gemeinsamem Kind und unglücklich – was dann?

Viele Paare bleiben zusammen, weil sie gemeinsamen Nachwuchs haben und denken, dass das im Interesse des Kindes ist. Das möchte ich gar nicht werten, denn das kann ja durchaus ein Lebenskonzept sein, das sinnvoll ist. Fühlen sich Menschen in der Beziehung aber unglücklich und halten sie diese nur zuliebe der Kinder aufrecht, ist das häufig auch für den Nachwuchs nicht gut. Zum Beispiel dann, wenn er die Eltern oft beim Streiten erlebt. Daher ist aus meiner Sicht für alle Beteiligten eine „glückliche Scheidung“ besser als eine „unglückliche Ehe“.

Um eine mögliche Trennung für sich selbst abzuwägen, kann es helfen, die eigenen Gefühle zu hinterfragen. Ein anderer Rat ist, die Perspektive der Kinder einzunehmen. Sie wünschen sich nämlich in erster Linie, dass die Eltern glücklich und gut drauf sind. Wenn dafür die Arbeit an der Beziehung oder eine Trennung nötig ist, sind das zwei verschiedene Optionen, die Paare anstreben können.

„Fühlen sich Menschen in der Beziehung aber unglücklich und halten sie diese nur zuliebe der Kinder aufrecht, ist das häufig auch für den Nachwuchs nicht gut.“

Matthias Fuhrmeister
systemischer Paartherapeut in der gemeinschaftlichen Praxis für Paartherapie Paarklar in Düsseldorf

Warum fällt die Trennung trotz unglücklicher Beziehung so schwer?

Einen Schlussstrich unter eine Beziehung zu ziehen, fällt Menschen in der Regel nie leicht. Auch dann nicht, wenn sie eine unglückliche Beziehung beenden möchten. Das liegt zunächst einmal daran, dass Menschen Bindungswesen sind. Nach der Eltern-Kind-Bindung ist die Paarbindung die nächste enge Verknüpfung zwischen Menschen. Jemand, der von sich selbst sagt, dass er unglücklich in einer Beziehung ist, sich aber nicht trennen kann, blickt häufig auf gemeinsame Erfahrungen zurück. Paare haben oft viel miteinander erlebt und geteilt – das wirft niemand gern leichtfertig weg. Natürlich können auch hier wieder Faktoren wie Finanzen oder ein gemeinsamer Freundeskreis eine Rolle spielen. Menschen, die sich davor fürchten, die gemeinsamen Freunde zu verlieren, wagen vielleicht nicht den nötigen Trennungsschritt.

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Kann ein vorübergehender Abstand eine Alternative zur Trennung sein?

Auf jeden Fall. Wenn sich Paare räumlich trennen, bekommen sie die Gelegenheit, ihre eigenen Bedürfnisse zu erforschen. Was erhoffe ich mir von der Beziehung und welche Erwartungen habe ich daran? Diese und weitere Fragen können sich Menschen häufig besser beantworten, wenn sie Zeit für sich haben. Schließlich begegnen sich Personen in der Partnerschaft im gemeinsamen Wohnumfeld ständig. Alte Muster wie das Ignorieren von Zahnpastaresten im Waschbecken können dann wiederholt Auseinandersetzungen provozieren. In der jeweils eigenen Wohnung erhalten Paare den nötigen Abstand.

Eine räumliche Trennung ist aber nicht automatisch das Aus für die Beziehung. Es gibt Partner und Partnerinnen, die nach einigen Wochen oder Monaten wieder zusammenziehen oder die Beziehung trotz getrennter Wohnungen aufrechterhalten. Paare, die ihre Beziehung weiterführen möchten, bleiben im besten Fall weiterhin im Kontakt, damit die Kommunikation nicht abreißt. Partner oder Partnerinnen können beispielsweise einmal die Woche eine Zeit vereinbaren, zu der sie telefonieren. Alternativ können sie sich an einem neutralen Ort verabreden.

Welchen Tipp haben Sie für die Trennung und die Zeit danach?

Die perfekte Trennung, bei der sich beide wohlwollend und einvernehmlich trennen, gibt es, ist aber vergleichsweise selten. Häufig fühlen sich Partner oder Partnerinnen von ihrem Gegenüber durch vergangene Taten oder Äußerungen verletzt. Dann fällt es meist schwer, ein aufschlussreiches und sachliches Gespräch zu führen, um dem anderen beispielsweise den Trennungsgrund zu erläutern. Ein wichtiger Tipp für die Trennung und die unmittelbare Zeit danach ist, sich um den eigenen Gefühlshaushalt zu kümmern. Dazu gehört, Gefühle zuzulassen und sich auf Wunsch mit anderen Menschen darüber auszutauschen. Wenn Trennende bei Freunden oder der Familie auf Verständnis stoßen und sich etwas von der Seele reden, trägt das oft zum Wohlbefinden und zur Verarbeitung der Trennung bei.

Warum trennt man sich nicht wenn man unglücklich ist?

Grund 1: Du musst dich nicht mit dir selbst beschäftigen Solange man in einer Beziehung verweilt, vor allem in einer unglücklichen, kann man alle Probleme auf den anderen schieben. Schnell verfängt man sich in dem Irrglauben, der Partner oder die Partnerin wäre verantwortlich für das eigene Glück.

Warum Paare sich nicht trennen können?

Die Gründe können in strukturellen psychischen Defiziten auf beiden Seiten liegen oder im Anklammerungsbedürfnis eines depressiven Partners. Auch Schuldgefühls- und Haßbindungen sind nicht selten.

Warum können sich manche Menschen nicht trennen?

Die Angst vorm Alleinsein / dem Verlust Möglicherweise hast du Angst davor, einsam zu sein oder die Trennung verarbeiten zu müssen. Oder du fürchtest dich vor dem Gedanken des Verlusts; nicht mehr an einen Partner gebunden zu sein.

Warum bleibt man in unglücklichen Beziehungen?

Angst vor dem Alleinsein Menschen, die in einer unglücklichen Beziehung bleiben, haben oft grosse Angst vor Veränderungen und Einsamkeit. Sie fürchten sich, alleine zurechtkommen zu müssen. Kommt es dennoch zur Trennung, flüchten sie sich umgehend in die nächste Beziehung.

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