Innere Medizin. 2009 : 275–376. Guest Editor (s): M. Classen, V. Diehl, and K. Kochsiek Gasaustausch und Atemregulation Ziel der Atmung ist der Gasaustausch zwischen frischer Umgebungsluft und Blut. Durch eine möglichst große und dünne Kontaktfläche wird ein rascher Übertritt von Sauerstoff und Kohlendioxid
gewährleistet. Die Atmung weist physiologisch eine sehr große Regulationsbreite auf. Ihre Kontrolle unterliegt unbewussten und bewussten Funktionen. Da beim Menschen nur eine sehr eingeschränkte Reservoirfunktion für die Atemgase im Körper existiert, sind bewusste Ventilationspausen nur kurzzeitig möglich. Atempausen führen zu Sauerstoffmangel und Azidose infolge von Kohlensäureakkumulation. Eine vitale Gefährdung durch Ventilationspausen ist jedoch ausgeschlossen, da zuvor ein
nicht unterdrückbarer „imperativer“ Atemantrieb auftritt. Die Ventilation kann z. B. beim Sport auf ein Vielfaches gesteigert werden oder bei Erkrankungen der Atmungsorgane so weit reduziert sein, dass bereits unter Ruhebedingungen die Aufrechterhaltung der Blutgaswerte innerhalb der physiologischen Regulationsbreite nicht mehr gewährleistet ist (respiratorische Globalinsuffizienz, Erschöpfung der Atempumpe). Störungen des Gasaustausches Der
Gasaustausch kann auf folgenden 3 Funktionsebenen gestört sein: • Atempumpe (Atemmuskulatur, knöcherner Thorax, obere Atemwege und Bronchialsystem) • Gasaustauschstrecke zwischen Lungengefäßen und Alveolarraum • Atemregulation als zentralnervöse Komponente. Pulmonale Erkrankungen können eine dieser Funktionsebenen
oder, als Kombination, auch 2 oder 3 Ebenen betreffen. Sie führen in jedem Fall zu einer Limitierung der körperlichen Leistungsfähigkeit. • anatomischer Totraum: Volumenanteil an Inspiration, der nicht am Gasaustausch teilnimmt;
entspricht dem Volumen der Atemwege bis zu den Bronchiolen (ca. 150 ml). Bei der Inspiration vergrößert sich der Alveolarradius, und es strömt zunächst die Luft in den Alveolarraum ein, die sich zuvor in den respiratorischen und terminalen Bronchiolen befand. Diese bei der vorausgehenden Exspiration „übrig gebliebene“ Luft besitzt einen erniedrigten Sauerstoffpartialdruck und einen erhöhten Kohlendioxidpartialdruck im Vergleich zu frischer Inspirationsluft. • funktioneller
Totraum (VD): Summe aus anatomischem Totraum und dem Alveolarvolumen mit unvollständigem oder fehlendem Gasaustausch. Umfasst in Ruhe ca. 200 ml oder 30% des Atemzugvolumens und kann unter pathologischen Bedingungen beträchtlich ansteigen, wenn Parenchymbezirke zwar ventiliert werden, jedoch unvollständig am Gasaustausch teilnehmen (z. B. bei Lungenemphysem). Das für die alveoläre Ventilation und somit den Gasaustausch nutzbare Volumen nach
Abzug des funktionellen Totraums liegt in Ruhe bei 350–500 ml. Effektivität oder Nutzungsgrad der Atmung nehmen umso mehr ab, je höher der prozentuale Anteil der „nutzlosen“ Totraumventilation ist. Die Totraumventilation ist das Produkt aus Totraum und Atemfrequenz. Durch ein gezieltes Atemtraining lässt sich die Atemfrequenz zugunsten des Atemzugvolumens erhöhen und damit die Atemeffektivität verbessern. • Exspiration: in Ruhe weitgehend passiver Vorgang, bei dem durch die elastischen Kräfte von Thorax und Lungen eine Zugspannung ausgeübt wird, die das intrathorakale Gasvolumen bis auf die sog. funktionelle Residualkapazität (FRC) verkleinert. • Inspiration: erfolgt stets aktiv, d.h. muskulär, wobei das Zwerchfell in Ruhe ⅔ der Volumenbewegung besorgt. Die Exspirationsmuskulatur
wird unter physiologischen Bedingungen bei Arbeit, Stimmbildung, Husten oder Pressen eingesetzt. Die Weite der oberen Atemwege wird unbewusst durch Muskeln des Pharynx und Larynx gesteuert, um vor allem bei der Inspiration einer Kollapsneigung in diesem Bereich entgegenzuwirken. Bei gesteigerter Ventilation nimmt zunächst das Atemzugvolumen und dann die Atemfrequenz zu. Zu Störungen der Atempumpe siehe
Tabelle 10.1 . Störungen der Atempumpe
10.1.3. AtemmechanikAbbildung 10.4. a–d Spirometrische Messungen. IGV = intrathorakales Gasvolumen, FEV1 = forciertes exspiriertes Volumen der ersten Sekunde (Einsekundenkapazität), FVC = forcierte Vitalkapazität, RV = Residualvolumen, PEF = maximaler („Peak“) exspiratorischer Fluss, MEF50% = exspiratorischer Fluss bei 50% des ausatembaren Volumens, MEF25% = exspiratorischer Fluss bei 25% des ausatembaren Volumens, R = Resistance. Restriktive StörungenDas funktionelle Syndrom der Restriktion ist nicht spezifisch für eine bestimmte Erkrankung und beinhaltet eine verminderte Dehnbarkeit (Compliance) von Lunge und/oder Thorax. Dies zieht eine Verminderung des intrathorakalen Gasvolumens (IGV), der totalen Lungenkapazität (TLC) und der Vitalkapazität (VK) nach sich. Bei Lungenfibrosen ist auch das Residualvolumen vermindert. Darüber hinaus ist das forciert exspirierte Volumen (gemessen innerhalb 1 s; FEV1) in seinem Absolutwert erniedrigt, in Relation zur reduzierten Vitalkapazität jedoch normal. Viele pathologische Veränderungen können mit einer pulmonalen Restriktion verbunden sein:
Extrapulmonale Ursachen einer Restriktion:
Bei atemmuskulären Erkrankungen (z. B. Muskeldystrophie) ist die Dehnbarkeit von Lunge und Thorax zwar normal, die Funktionsänderungen der Abnahme von VK und FEV1 entsprechen jedoch z. T. denen der restriktiven Erkrankungen. Obstruktive StörungenDie Obstruktion ist charakterisiert durch eine vor allem exspiratorisch akzentuierte Behinderung der Luftströmung in den Atemwegen. In Ruheatmung findet sich meistens ein erhöhter Atemwegswiderstand, der in der Lungenfunktion als Erhöhung der Resistance (R) gemessen wird. Bei intrathorakaler Lage der Obstruktion zeigt sich die Behinderung der Ausatmung besonders akzentuiert bei einer forcierten Exspiration. Dieses Atemmanöver ist mit einer Zunahme des intrathorakalen Drucks verbunden, welche sich auf die eng gestellten Atemwege überträgt, so dass der exspiratorische Fluss besonders verlangsamt wird (Kap. 10.2.1 und Abb. 10.4). Bei der COPD ist der exspiratorische Kollaps der Atemwege entscheidend für das Ausmaß der Obstruktion. Aus diesen Störungen resultiert ein erhöhtes Residualvolumen (RV), da wegen der exspiratorischen Engstellung der Atemwege eine „Entleerung“ der Alveolarbezirke bei maximaler Ausatemanstrengung nicht in physiologischem Umfang gelingt. Ätiologie und Pathophysiologie Ursachen des obstruktiven Syndroms:
Bei chronischer Bronchitis und chronischem Asthma bronchiale kommt es zu einem Umbau der Bronchialwände (Remodeling) mit zellulären Infiltrationen und Fibrose. Beim Lungenemphysem kommt es zur Reduktion der Retraktionskräfte des bronchialen Stützgewebes, die sich als Instabilität mit Kollapsneigung der Atemwege während der (forcierten) Exspiration bemerkbar macht. Besonders der MEF50% (Kap. 10.2.1) ist in dieser Situation überproportional erniedrigt. Die chronische Lungenüberblähung führt zudem zur Abflachung des Zwerchfells, das so einen großen Teil seiner inspiratorischen Effektivität einbüßt. Sowohl Restriktion als auch Obstruktion verlangen vermehrte Atemarbeit. Dabei wird in erster Linie die Inspirationsmuskulatur durch die Haltearbeit chronisch überlastet. 10.1.4. Störungen des GasaustauschesEin rascher Gasausgleich zwischen Atemgas und Blut wird durch die Größe der Expansion der alveolären Oberfläche der Lunge von 80–120 m2 ermöglicht. Die optimale Perfusions- und Ventilationsverteilung an dieser komplexen Oberflächenstruktur ist Voraussetzung für deren Diffusionseigenschaften (Abb. 10.1 ): Die Anpassung von Lungenperfusion (Q) und alveolärer Ventilation (VA) wird als „Matching“ bezeichnet. Optimal ist ein VA/Q-Quotient um 1. Physiologisch weisen Perfusion und Ventilation eine apikobasale Zunahme auf. Mit höherem Alter und bei Adipositas kommt es am Ende der Exspiration zu einem partiellen oder totalen Verschluss kleiner Atemwege bevorzugt in den basalen Partien der Lunge, die sich bei nachfolgender Inspiration nur verzögert wieder eröffnen (Inhomogenität der Ventilationsverteilung). Bei Lungenembolien kommt es zu Inhomogenitäten der Perfusion. In beiden Fällen spricht man von Verteilungsstörungen oder „Mismatch“. Bedeutung der Anpassung von Ventilationsverteilung und Perfusionsverteilung („Matching“), um einen optimalen Gasaustausch zu gewährleisten. Regulationseinheiten stellen die einzelnen Azini dar, deren Perfusion in Anpassung an die jeweilige Ventilation geregelt wird. Die Adaptation von Q und VA auf der Ebene der entscheidenden Regulationseinheit der einzelnen Azini erfolgt durch den Euler-Liljestrand-Mechanismus, die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (HPV), dessen Regelschleife im Detail noch nicht bekannt ist. Er induziert bei (lokalem) Abfall des pO2 eine Konstriktion der kleinen afferenten pulmonalarteriellen Gefäße (Perfusionsdrosselung des individuellen hypoxischen Azinus), so dass es zu einer Umverteilung des Blutflusses zu nicht (oder weniger) hypoxischen Arealen kommt. Unter physiologischen Bedingungen dient die HPV der Optimierung der VA/Q-Anpassung. Bei allgemeiner alveolärer Hypoxie (schwere restriktive und obstruktive Ventilationsstörungen) kann sie jedoch über eine generalisierte Vasokonstriktion (parallele Gefäßtonuserhöhung in allen Azini) eine pulmonale Hypertonie auslösen. Die häufigsten Ursachen von Gasaustauschstörungen sind VA/Q-Verteilungsstörungen (mit ihren Extremen Shunt und Totraumventilation, s. u. und Abb. 10.2 ), Diffusionsstörungen und alveoläre Hypoventilation. Störungen von Ventilation (V˙), Perfusion (Q˙) und Diffusion und Konsequenzen für den Gasaustausch. Ventilations-, Perfusionsverteilung und Diffusion können isoliert gestört sein. Klinisch liegen jedoch oft Kombinationen vor. Überlagert werden die Atemgasveränderungen z. T. durch den sekundären Kompensationsmechanismus der Ventilationssteigerung. VA/Q-Inhomogenitäten, ShuntLiegen alle Lungenbezirke mit ihren VA/Q-Quotienten um 1, so gleichen die alveolären pO2- und pCO2-Werte etwa den arteriellen Werten, und es besteht ein optimales VA/Q-Matching. Mit zunehmender Abweichung davon vergrößert sich der alveolo-arterielle Gradient für Sauerstoff und Kohlendioxid (AaDO2, AaDCO2). Inhomogenitäten der Ventilations-Perfusions-Verteilung können als Nebeneinander von Lungenbezirken mit hohen und niedrigen VA/Q-Quotienten imponieren (Abb. 10.2), ohne dass die Gesamtgröße von alveolärer Ventilation und Perfusion verändert ist. Alveolarbezirke mit einem VA/Q < 1 führen zu Hypoxie und Hyperkapnie. Als Shunt bezeichnet man den Extremfall eines VA/Q = 0 (VA = 0), bei dem die arteriellen O2- und CO2-Werte zentralvenösen Werten entsprechen. Alveolarbezirke mit einem VA/Q > 1 gehen dementsprechend mit Hyperoxie und Hypokapnie einher. Die Totraumventilation stellt den Extremfall des VA/Q = ∞ (Q = 0) dar mit einem alveolären pO2, welcher der Raumluft abzüglich Wasserdampfdruck entspricht. Gegenregulatorisch wird auf einen pCO2-Anstieg und pO2-Abfall die Gesamtventilation gesteigert (Kap. 10.1.6). Auf diese Weise kann der pCO2 im Normbereich gehalten oder sogar gesenkt werden, weil der fast lineare Verlauf der CO2-Bindungskurve und der große Gradient (pCO2 venös ca. 46 mmHg, in der Atemluft 0 mmHg) eine effektive Erniedrigung des pCO2 in den gut ventilierten Arealen erlauben. Im Mischblut nach der Lunge stellt sich eine Normokapnie ein. Dies gilt nicht für den pO2, da auch eine erhebliche Hyperventilation der gut belüfteten Areale den pO2 höchstens dem pO2 der Inspirationsluft (ca. 150 mmHg) annähern kann und, bedingt durch den S-förmigen Verlauf der O2-Bindungskurve (eine O2-Sättigung des Hb von 100% kann nicht gesteigert werden), nur sehr wenig zum (zusätzlichen) O2-Gehalt des Blutes beiträgt. Eine solche Konstellation aus erniedrigtem arteriellem pO2 bei Normokapnie bzw. Hypokapnie, die meist durch Verteilungsstörungen mit kompensatorischer Hyperventilation verursacht wird, wird als respiratorische Partialinsuffizienz bezeichnet. Ausgeprägte Verteilungsstörungen gehen trotz Hyperventilation auch mit einem Anstieg des arteriellen pCO2 (neben pO2-Abfall) einher. Ein Anstieg des pCO2 lässt sich auch bei Erschöpfung der Atemmuskulatur beobachten, wenn eine kompensatorische Hyperventilation nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Die Atmung von reinem O2 ist mit einer vielfachen Anhebung des alveolokapillären O2-Gradienten auch in schlecht ventilierten Lungenarealen (VA/Q < 1) verbunden. Sie ermöglicht auch bei ausgeprägten Verteilungsstörungen eine Zunahme des pO2 im Mischblut nach der Lunge, die Hypoxämie wird hierdurch meist behoben. Dies gelingt jedoch nicht beim Shuntfluss als extreme Form der Verteilungsstörung, da die nicht ventilierten Areale auch von 100% O2 nicht erreicht werden. Shuntfluss entsteht, wenn die Perfusion atelektatischer (Surfactant-Störung, Bronchusverschluss) und ödematöser Alveolarbezirke durch die HPV nicht vollständig gedrosselt wird. Die moderat ausgeprägte Hypoxie bei globaler alveolärer Hypoventilation (z. B. Atemantriebsstörung oder obstruktive Lungenkrankheit) geht stets mit einem deutlichen pCO2-Anstieg einher. Eine arterielle Hypoxämie bei gleichzeitiger Hyperkapnie wird meist respiratorische Globalinsuffizienz genannt, obwohl, wie erläutert, die Ursachen einer solchen Befundkonstellation sehr heterogen sind. DiffusionsstörungenBei erheblicher Verbreiterung der alveolokapillären Transitstrecke, dem sog. alveolokapillären Block (Abb. 10.2), durch Bindegewebs- (Fibrose) oder Flüssigkeitseinlagerung (interstitielles Lungenödem) kann eine Diffusionseinschränkung resultieren. Ein alveolokapillärer Block wirkt sich nur auf den O2 aus, da die CO2-Diffusionskapazität aufgrund des hohen Löslichkeitskoeffizienten des CO2 in Wasser sehr viel größer ist als für O2. Diffusionsstörungen und VA/Q-Verteilungsstörungen treten häufig kombiniert auf. Beide Störungen äußern sich in einem Abfall der arteriellen Sauerstoffsättigung bei körperlicher Arbeit. FlüssigkeitsregulationKapitel 10.7.2. 046 Tabelle: Ursachen von Flüssigkeitseinlagerungen. 10.1.5. Symptomatologie von LungenerkrankungenAtemstörungenDer Begriff Dyspnoe beschreibt eine subjektiv erlebte überproportionale Atemanstrengung, die typischerweise bei Belastung, aber auch in Ruhe auftreten kann (Luftnot, Lufthunger, Erstickungsangst). Dyspnoe ist Symptom zahlreicher pneumologischer Erkrankungen (Tab. 10.2 ). Es korreliert mit:
Tab. 10.2Häufige Ursachen von Dyspnoe
Ansonsten ist es stark von adaptativen Veränderungen der Regelkreise und psychischen Faktoren abhängig. Dyspnoe wird dann empfunden, wenn die Aktivierung des Atemzentrums über Signale verschiedener intra- und extrathorakaler Rezeptoren (Dehnungs-, Chemorezeptoren, Muskelspindeln) in das Bewusstsein rückt. Beim angstneurotisch gefärbten Hyperventilationssyndrom besteht Dyspnoe ohne jede Gasaustauschstörung.
Von der Dyspnoe unterscheidet man:
Husten und AuswurfDer Hustenreflex kommt durch Reizung von Mechanorezeptoren in Larynx, Trachea und großen Bronchialwegen sowie durch Reizung von Irritantrezeptoren, die von der Trachea bis zu den Bronchiolen angesiedelt sind, zustande und ist Bestandteil des Selbstreinigungssystems des Respirationstrakts. Auslöser sind:
Husten kann produktiv (mit Auswurf) oder nichtproduktiv sein (trocken, ohne Auswurf; Cave: unbemerktes Hinunterschlucken des Auswurfs). Der Auswurf dient als wichtiges Diagnostikum und erlaubt die makroskopische, mikroskopisch-zytologische sowie bakteriologische Analyse. Wichtig für die Aussagekraft der Sputumanalyse ist es, dem Patienten den Unterschied zwischen Speichel (aus Mundhöhle und Rachen stammend) und Sputum (aus möglichst tiefen Atemwegen hoch gehustet) zu erklären. Die Inhalation vernebelter 3%iger NaCl-Lösung kann die Sputumproduktion und Sputumgewinnung entscheidend verbessern. Makroskopisch werden seröses, mukös-zähes (bei Asthma bronchiale), eitriges (bakterielle Bronchitis, Bronchiektasen, eitrige Pneumonie), fötides (Lungenabszess) und blutiges Sputum unterschieden. Die Expektoration von Blut aus dem unteren Respirationstrakt wird als Hämoptysis oder Hämoptoe bezeichnet. Quantitatives Ausmaß und Art der Blutbeimischung reichen von blutig tingiertem, blutig-schaumigem bis zu koaguliertem Sputum. Ursachen können kardial/vaskulär (z. B. Linksherzinsuffizienz), entzündlich (z. B. Tuberkulose), neoplastisch (z. B. Bronchialkarzinom) oder andere (z. B. Traumata) sein. Differentialdiagnostisch müssen abgegrenzt werden:
Als seltene Komplikationen können bei starken Hustenattacken Rippenfrakturen (bei atypischer Körperstellung oder bei Osteoporose), Pneumothorax oder eine Hustensynkope auftreten. Der kurze Bewusstseinsverlust dabei wird durch einen verminderten venösen Rückfluss durch die intrathorakale Drucksteigerung während der Hustenattacke und einen daraus resultierenden Abfall des Herzminutenvolumens mit zerebraler Minderdurchblutung ausgelöst. Husten sollte möglichst kausal behandelt werden. Ergänzend und lindernd wirkt die symptomatische Dämpfung des Hustenzentrums durch Codeinpräparate. Sie kommen meist bei quälenden nächtlichen Hustenanfällen, im finalen Stadium einer Lungenerkrankung oder bei sich selbst perpetuierendem trockenem Reizhusten (Husten ↔ Atemwegsreizung ↔ Husten) in Frage. Hypoxie, Zyanose und Polyglobulie
10.1.6. AtemregulationDie alveoläre Ventilation unterliegt unbewusst ablaufenden Regulationsmechanismen und bewusster Einflussnahme (Abb. 10.3 ). Sie wird durch die biologischen Stellgrößen pCO2, pH und pO2 in einem engen Rahmen konstant gehalten. Der Einfluss übergeordneter Faktoren auf das Atemzentrum kann jedoch diese Regelsollwerte erheblich beeinflussen:
Atemregulation. Das Atemzentrum dient zur Erzeugung des Atemrhythmus und der Regulation der systemisch arteriellen Blutgase. Obstruktive VentilationsstörungenDen obstruktiven Störungen liegt eine Abnahme des Strömungsquerschnitts der Atemwege zugrunde. Diese kann bedingt sein durch:
Die obstruktive Ventilationsstörung ist gekennzeichnet durch:
Bei ausgeprägter Obstruktion kann die Resistance mehr als 5-fach gegenüber der Norm erhöht sein, das Verhältnis zwischen FEV1 und FVC kann auf < 30% absinken. Hier gelingt die vollständige Ausatmung nicht mehr, d.h., intrathorakales Gasvolumen (IGV) und Residualvolumen (RV) sind als Sekundärfolge erhöht. Als Konsequenz dieser erhöhten Atemmittellage (Hyperinflation) ist auch die Vitalkapazität reduziert, ohne dass im eigentlichen Sinn eine Restriktion vorliegt (s. u.). Bei den obstruktiven Ventilationsstörungen erlaubt die genauere Analyse der Lungenfunktion eine weitere Eingrenzung der Krankheitsbilder: Typisch für ein manifestes Asthma bronchiale ist z. B. die akute Reversibilität der Obstruktion im Bronchospasmolyse-Test; im symptomfreien Intervall sind die Funktionswerte normal, jedoch lässt sich zumeist eine bronchiale Hyperreagibilität nachweisen. Bei der chronisch-obstruktiven Bronchitis und besonders beim obstruktiven Lungenemphysem kommt es durch die rasche Abnahme des Atemflusses im Rahmen der forcierten Exspiration zum exspiratorischen Kollaps der Atemwege; dieser Kollaps bewirkt nicht nur den „Emphysemknick“ im exspiratorischen Anteil der Fluss-Volumen-Kurve (Abb. 10.4 c), sondern auch eine typische keulenförmige Öffnung der Atemschleife. Wenn in der Atemflusskurve besonders die Werte bei niedrigen Lungenvolumina reduziert sind (MEF50%, MEF25%), so deutet diese Veränderung darauf hin, dass vor allem die kleinen Atemwege betroffen sind. Das Lungenemphysem ist neben dem bei der forcierten Exspiration abgebildeten Atemwegskollaps immer durch stark erhöhte IGV- und RV-Werte und eine erhöhte totale Lungenkapazität gekennzeichnet. Restriktive VentilationsstörungenUnter restriktiver Ventilationsstörung werden verschiedene Ursachen subsumiert:
Alle Veränderungen zeichnen sich durch eine Reduktion der Vitalkapazität aus. Die FEV1 ist absolut vermindert, relativ zur FVC jedoch im Normbereich. Bei 1. und 2. findet sich parallel eine Reduktion der pulmonalen Compliance. Bei 3. ist die Dehnbarkeit der Lunge normal, die von Pleura und Thorax jedoch vermindert. Bei Störungen der atemmuskulären Pumpe ist die Compliance nicht verändert. LITERATUR
KEYWORDSalveoläre Ventilation ♦ Atemregulation ♦ Obstruktion ♦ Restriktion 10.2. Diagnostische Techniken in der Pneumologie10.2.1. LungenfunktionsuntersuchungenSpirometrieDies ist die Basisuntersuchung der Atemmechanik. Gemessen werden Atemstromstärken und (als Integral) die Lungenvolumina am Mund (Abb. 10.4). Nach normaler Ruheatmung wird maximal ausgeatmet und dann maximal eingeatmet, die Differenz stellt die (inspiratorische) Vitalkapazität (VC) dar. Dann atmet der Patient aus maximaler Inspirationslage so schnell wie möglich aus: Das in einer Sekunde ausgeatmete Volumen stellt das forcierte exspirierte Volumen der ersten Sekunde (FEV1 = Einsekundenkapazität = Tiffeneau-Test) dar, das maximal exspirierte Volumen wird forcierte Vitalkapazität (FVC) genannt. Das Verhältnis FEV1/FVC beträgt normalerweise > 75%. Die weiteren Werte (Abb. 10.4) sind durch die Spirometrie allein nicht zu erfassen, sondern verlangen Bodyplethysmographie oder Gasverdünnungstechniken: Das intrathorakale Gasvolumen (IGV) ist das Volumen, das nach normaler Exspiration in der Lunge verbleibt; das Residualvolumen (RV) ist das Volumen, das nach maximaler Exspiration intrathorakal verbleibt. Die Summe aus Residualvolumen und Vitalkapazität ergibt die totale Lungenkapazität (TLC). Bei Aufzeichnung des maximalen exspiratorischen Flusses gegen das Volumen erhält man das Fluss-Volumen-Diagramm (Abb. 10.4). Abgelesen werden der maximale („Peak“) exspiratorische Fluss (PEF), der exspiratorische Fluss bei 50% („Mitte“) des ausatembaren Volumens (MEF50%) oder analog bei 25% des Volumens (MEF25%). Eine „Minimalvariante“ der Spirometrie stellt die „Peak-Flow“-Messung dar: Mit einem einfach konstruierten Messrohr kann der Patient den maximalen Fluss seines Atemstoßes messen. Peak-Flow-Aufzeichnungen als „Bedside“-Untersuchungen im Krankenhaus oder im häuslichen Bereich sind sehr hilfreich, um Tagesschwankungen der Atemflussbehinderungen zu erkennen und dem Patienten eine zunehmende Bronchokonstriktion zu signalisieren. BodyplethysmographieDie wichtigsten mit Bodyplethysmographie bestimmbaren Größen sind Atemwegswiderstand (Resistance; R) und intrathorakales Gasvolumen (IGV), beides Parameter, die bei der Messung von der Mitarbeit des Patienten weitgehend unabhängig sind (Abb. 10.5 a–c). Die Methode beruht darauf, dass das Produkt aus Druck und Volumen konstant ist (Boyle-Mariotte-Gesetz). Der Patient sitzt in einer gasdicht abgeschlossenen Kammer („Body“) und atmet in einen separaten Raum. Die Thoraxexkursionen bewirken Druckänderungen in der Kammer (Δp-Kammer), die spiegelbildlich die Druckänderungen im Alveolarraum reflektieren. Dabei berücksichtigt werden müssen intrathorakales Gasvolumen (s. u.) und bereits eingeatmetes Volumen. Der Druckgradient Alveolarraum – Mund zu jedem Zeitpunkt des Atemzyklus wird gegen den Atemfluss aufgetragen („Atemschleifen“). Aus dieser Beziehung (Winkel α in Abb. 10.5) ergibt sich der Atemwegswiderstand unter Ruhebedingungen („Resistance“, R). Mit zunehmender Obstruktion und Anstieg des Atemwegswiderstandes flacht der Winkel α ab. Bodyplethysmographische Messungen. Dargestellt sind eine normale Atemschleife und Verschlusskurve (a) und solche von Patienten mit Lungenfibrose (b) und chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit bzw. Emphysem (c). Wird die Atmung zum definierten Zeitpunkt, z. B. bei normaler Ausatmung, mit einem Shutter blockiert, so führt der Patient frustrane Atembewegungen mit dem Brustkorb durch, die Kompression und Dekompression des intrathorakalen Gasvolumens bewirken. Registriert man dabei die in- und exspiratorischen Druckschwankungen in der Kammer im Verhältnis zu den Druckveränderungen am Mund, so ist das intrathorakale Gasvolumen (IGV) berechenbar (Winkel β in Abb. 10.5). Durch Abzug des exspirierbaren Volumens erhält man dann das Residualvolumen (RV) der Lunge. Bronchospasmolyse-TestBei obstruktiven Atemwegserkrankungen (s. u.) wird die Reversibilität der Obstruktion durch ein β2-Sympathomimetikum (Aerosol) überprüft. Dazu vergleicht man die Resistance und die forciert exspirierten Volumina vor und nach der Inhalation. Unspezifischer inhalativer ProvokationstestSteigende Konzentrationen eines unspezifisch bronchokonstriktiven Reizstoffs (Histamin, Acetylcholin oder Methacholin) werden inhaliert und die Parameter der obstruktiven Ventilationsstörung (Resistance, FEV1) gemessen. Die Entwicklung einer Atemwegsobstruktion bereits bei niedrigen Konzentrationen des inhalierten Reizstoffs belegt eine bronchiale Hyperreagibilität. Compliance-MessungDie Dehnbarkeit der Lunge ergibt sich aus dem Verhältnis von Volumenzu- bzw. -abnahme pro Druckänderung im Pleuraspalt. Die Druckänderung wird indirekt über eine Druck aufnehmende Ballonsonde im distalen Ösophagus erfasst. Entsprechend kann die statische Compliance (1,2–3,5 l/kPa) von Lunge plus Thorax angegeben werden (Volumenzunahme pro Druckgradient Alveolarraum – Außenluft). Für jede der genannten Messgrößen gibt es Normwerte, die auf großen epidemiologischen Studien beruhen; den üblichen Standard stellen die Normwerte der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) dar. Normogramme geben diese Werte in Abhängigkeit von Körpergröße, Geschlecht und Alter wieder. Lungenfunktionsparameter werden somit als Absolutwerte und in % der Norm angegeben. Veränderungen der Lungenfunktionswerte werden grob eingeteilt in obstruktive und restriktive Ventilationsstörungen (Kap. 10.1.6). 10.2.2. Messung der GasaustauschfunktionBlutgasanalyseDie Basisuntersuchung für die Gasaustauschfunktion ist die Messung der Blutgase in Ruhe im arteriellen Blut (oder im „arterialisierten“ Kapillarblut aus dem hyperämischen Ohrläppchen). Sauerstoff- (pO2) und Kohlendioxidpartialdruck (pCO2) werden mit altersentsprechenden Normwerten verglichen, zudem wird der Säure-Basen-Status einschließlich des Bikarbonats analysiert. Eine Ergänzung stellt die Blutgasanalyse unter körperlicher Belastung dar (z. B. während einer Fahrradergometrie oder unmittelbar nach einer Ausbelastung durch Treppensteigen). Man erhält so wichtige Informationen über den Status der Oxygenierung bei körperlicher Anstrengung und kann zudem einen Vergleich mit den Werten unter Ruhebedingungen vornehmen. Bei einer Diffusionsstörung sinkt der arterielle pO2 unter der Belastung immer signifikant ab, während es bei Ventilations-Perfusions-Verteilungsstörungen verschiedene Reaktionsmuster gibt, je nach Einfluss der steigenden Ventilation und des steigenden Herzzeitvolumens. Zudem bedeutsam ist die Blutgasanalyse unter nasaler O2-Applikation. Zum einen erhält man Informationen zur Gasaustauschstörung (z. B. nur minimaler Anstieg des pO2 bei reinem Shuntfluss), zum anderen dient diese Untersuchung der Titrierung einer O2-Langzeittherapie. PulsoxymetrieDie Sauerstoffsättigung wird transkutan im gut erreichbaren Kapillargebiet (z. B. Fingerspitze, Ohrläppchen) in einem Messfenster gemessen; dies geschieht pulssynchron, um möglichst nur „arterialisiertes“ Kapillarblut zu erfassen. Die Pulsoxymetrie ist eine hervorragende nichtinvasive Technik zur Verlaufskontrolle des Gasaustauschs. Sie ist z. B. bei Eingriffen wie der Bronchoskopie sehr hilfreich: Sättigungswerte > 90% signalisieren eine unproblematische Oxygenierung. Einschränkungen der Richtigkeit der gemessenen Daten ergeben sich bei Hämoglobinveränderungen (z. B. Methämoglobin, Sulfhämoglobin) und bei extremer peripherer Vasokonstriktion, z. B. im Schock. CO-Transfer-FaktorAls Diffusionskapazität (Transferfaktor) wird diejenige Menge Sauerstoff beschrieben, die pro Partialdruck- und Zeiteinheit vom Alveolarraum bis zum Hämoglobin des Erythrozyten gelangt. Als Indikatorgas wird bei der Messung der Diffusionskapazität aus praktischen Gründen statt Sauerstoff Kohlenmonoxid (CO) benutzt, da es eine sehr viel höhere Affinität (210-fach) zum Hämoglobin besitzt. Bei der geläufigen „Single-Breath-Technik“ wird nach maximaler Exspiration ein CO-Helium-Luft-Gemisch eingeatmet und nach 10 s Apnoe ausgeatmet: Aus dem „Verschwinden“ des CO (Diffusion in das Blut und unmittelbare Bindung an Hämoglobin) wird die CO-Leitfähigkeit der alveolokapillären Membran berechnet. Das parallel inhalierte Helium „verdünnt“ sich mit dem bronchoalveolär verbliebenen Gas: Hieraus werden zum einen das Residualvolumen der Lunge (die Technik ist unabhängig von der Bodyplethysmographie) und zum anderen die alveoläre CO-Konzentration bestimmt. Die alveoläre CO-Konzentration dient als Basis für die Berechnung der Diffusionskapazität. Die CO-Diffusionskapazität nimmt ab, wenn die Diffusions-(Gasaustausch-)Fläche vermindert oder die Diffusionsmembran verbreitert ist (z. B. bei interstitiellen Lungenkrankheiten). Da bei Rauchern ein erhöhtes CO-Hb vorliegt, wird die CO-Diffusionskapazität falsch zu niedrig bestimmt (vor der Untersuchung nicht rauchen!). Da aber auch Inhomogenitäten der V-Q-Verteilung (z. B. ist bei Lungenembolien die Diffusionsstrecke nicht verändert, sondern die Perfusion reduziert) auf das Ergebnis Einfluss nehmen, wird der Begriff CO-Transfer-Faktor gegenüber der reinen Bezugnahme auf die Diffusion bevorzugt. Außer diesen Untersuchungen gibt es viele Techniken der detaillierteren Analyse des Gasaustauschs durch Beobachtung der Übertritts inerter Gase (Blut ↔ Gasraum oder Gasraum ↔ Blut), die jedoch Speziallabors vorbehalten sind. 10.2.3. SpiroergometrieUnter progredienter Belastung (meist Fahrradergometrie) werden mittels Atemmaske O2-Aufnahme und CO2-Abgabe gemessen. Parallel erfasst werden Atemfrequenz, Atemminutenvolumen, EKG und ggf. der Totraumanteil der Ventilation, kapilläre Blutgase einschließlich Säure-Basen-Status und Laktat. Bei besonderer Indikation (z. B. Frage der pulmonalen Hypertonie mit deren verschiedenen Ursachen) kann zudem eine Einschwemmkatheter-(Rechtsherzkatheter-)Messung durchgeführt werden. Die CO2-Abgabe pro O2-Aufnahme wird respiratorischer Quotient (RQ) genannt. Er liegt in Abhängigkeit von der Ernährung in Ruhe bei 0,7–1. Die Spiroergometrie dient der differenzierten Analyse der kardiopulmonalen Leistungsgrenze. Folgende Fragen werden beantwortet:
10.2.4. Testung der atemmuskulären FunktionAtemmuskeltests für die klinische Routine wurden erst in den letzten Jahren entwickelt. Durch Messung des Inspirationsdrucks unter Mundverschluss wird der Unterdruck gemessen, der bei der Inspiration aufgebaut wird. Der Wert P0,1 max gibt den Unterdruck an, der durch maximale Inspirationsanstrengung innerhalb von 0,1 s erzeugt werden kann. Demgegenüber besagt der Wert P0,1 wie viel Unterdruck zur Durchführung einer normalen Ruheinspiration innerhalb der ersten 0,1 s aufgebracht werden muss. Das Verhältnis P0,1/P0,1 max signalisiert somit, welcher Anteil der maximalen atemmuskulären Kraft bei Ruheatmung bereits „verbraucht“ wird. Normal liegen die P0,1/P0,1 max-Werte unter 5%. Werte > 25 bis 40% sind als Daueratmung nicht aufrechtzuerhalten, der Patient befindet sich bereits in Ruhe an der Grenze der atemmuskulären Erschöpfung. Erschöpfungen der Atempumpe finden sich v. a. bei obstruktiven und restriktiven Lungenerkrankungen, aber auch bei Polyradikulitis und amyotrophischer Lateralsklerose, Myasthenia gravis, Muskeldystrophien, Skoliose und schwerer Adipositas (obesity hypoventilation syndrome). Zur Schlafapnoediagnostik Kapitel 10.13. 10.2.5. Bildgebende VerfahrenRöntgenuntersuchungen des ThoraxSie werden standardmäßig im Stehen in maximaler Inspiration im posterior-anterioren (p. a.) und seitlichen Strahlengang durchgeführt. So gelingt eine orientierende Zuordnung pulmonaler Prozesse zu einzelnen Lungensegmenten. Bei Verdacht auf Pneumothorax wird die Aufnahme in Exspirationsstellung durchgeführt, um das (nicht ausatembare) Pneu-Volumen proportional stärker darzustellen. Die Durchleuchtung erlaubt eine Beurteilung von Zwerchfellbeweglichkeit (Paresen?) und hilärer Pulsation (Rezirkulationsvitien?) sowie die bessere lokale Zuordnung eines Prozesses durch Drehen des Patienten „unter Sicht“. 047 Abbildung: Darstellung der Lungensegmente. SonographieIhre Domäne sind pleurale Prozesse (exzellent bei Pleuraerguss) und die Beurteilung pleuranaher pulmonaler Prozesse. Die Punktion von Pleuraergüssen wird heute standardmäßig unter sonographischer Kontrolle durchgeführt. Die endobronchiale Sonographie könnte zur differenzierten Beurteilung lumennaher Strukturen zukünftig Bedeutung erlangen, stellt aber noch keine Routinetechnik dar. ComputertomographieSie erlaubt die beste raumauflösende Beurteilung des Lungenparenchyms einschließlich der Entdeckung kleiner Rundherde (optimal High-Resolution-CT in Spiraltechnik). Nach Kontrastmittelgabe, zur Identifikation vaskulärer Strukturen, können hiläre und mediastinale Lymphknoten (keine Anfärbung) beurteilt werden. Auch zur Darstellung pleuraler Prozesse ist das CT hervorragend geeignet. KernspintomographieSie ist dem CT bei den genannten Fragestellungen meist unterlegen, hat aber Vorteile bei der Beurteilung thoraxwandständiger Erkrankungen (z. B. Pancoast-Tumoren, Sarkome) und könnte bei weiterer Verbesserung der Technik einen besonderen Stellenwert zur Beurteilung vaskulärer Strukturen erlangen. BronchographieSie ist in ihrer Bedeutung weit zurückgetreten und wird allenfalls zur Beurteilung von Bronchiektasen und Bronchusanomalien herangezogen, wenn dies mittels CT nicht ausreichend gelingt. Sie kann hilfreich sein bei der Darstellung von Fistelbildungen. Das wässrige Kontrastmittel wird über ein flexibles Bronchoskop oder einen Katheter endobronchial appliziert, um einen Schleimhautbeschlag der Atemwege zu erzeugen. Ventilations- und PerfusionsszintigraphieBei der Ventilationsszintigraphie werden Radionuklide inhaliert und die alveoläre Verteilung mit der Gammakamera erfasst. Diese Untersuchung erlaubt die optische Beurteilung der Ventilationsverteilung; regionale Ventilationsausfälle oder -verminderungen werden erkannt. Die Perfusionsszintigraphie mittels intravenös verabreichter markierter Mikropartikel stellt analog die Perfusionsverteilung dar. Die Domäne dieser Technik liegt in der Erkennung von Perfusionsdefekten bei Lungenembolien. Werden Perfusionsdefekte gefunden, sollte immer auch eine Ventilationsszintigraphie durchgeführt werden, da in minderventilierten Arealen aufgrund des Euler-Liljestrand-Mechanismus auch die Perfusion gedrosselt wird, ohne dass embolische Verschlüsse vorliegen („Muster“ der Lungenembolie: Perfusionsausfälle trotz erhaltener Ventilation). PulmonalisangiographieKontrastmittel wird in die A. pulmonalis oder intravenös mit DSA-Technik injiziert. Diese Untersuchung ist der Goldstandard zur Darstellung der Lungenstrombahn; meist wird sie zum Nachweis einer Lungenembolie eingesetzt. Die Bronchialarteriographie stellt, nach Sondierung der verschiedenen Bronchialarterienabgänge von der Aorta aus, die bronchiale Zirkulation dar; hierbei geht es in den meisten Fällen um die Erkennung unklarer pulmonaler Blutungen. Findet man eine Blutung, kann sie durch Embolisation über den bronchialarteriellen Zugang beherrscht werden. Positronenemissionstomographie (PET)Diese neue Technik nützt die Eigenschaft, dass beim Positronenzerfall hoch energetische γ-Quanten emittieren, die sich im Winkel von 180° auseinanderbewegen, was messtechnisch zusätzliche Informationen bringt. Zudem ermöglichen die PET-Scanner eine genaue Quantifizierung der Stoffwechselprozesse. Dies kann zur Dignitätsabklärung bei unklaren pulmonalen Raumforderungen herangezogen werden. Bei malignen Prozessen findet man einen hohen Fluor-18-Desoxy-Glukose-Metabolismus und bei inflammatorischen Prozessen einen niedrigen Metabolismus. 10.2.6. Untersuchung des LungenkreislaufsFür die nichtinvasive Beurteilung einer pulmonalen Hypertonie ist die Echokardiographie geeignet. Standardverfahren ist die blutige Druck- und Widerstandsmessung in der A. pulmonalis mittels Rechtsherzkatheter; diese Untersuchung kann zur Erfassung einer latenten pulmonalen Hypertonie auch unter ergometrischer Belastung durchgeführt werden. Perfusionsszintigraphie und Pulmonalisangiographie sind wesentliche bildgebende Verfahren. Nähere Ausführungen siehe Kapitel 10.7. 10.2.7. PunktionstechnikenBei unklarer intrapulmonaler Raumforderung ist immer die Gewinnung einer Histologie anzustreben. Dies geschieht am vorteilhaftesten mittels Bronchoskopie (s. u.). Periphere Raumforderungen, die bronchoskopisch nicht erreicht und nicht primär operativ reseziert werden, können transthorakal punktiert werden: Die Punktion kann sonographisch, unter Durchleuchtung oder (am präzisesten) unter CT-Kontrolle gesteuert werden. Ein großer Punktionszylinder ist hierbei immer der Gewinnung von Einzelzellen („Aspirationszytologie“) vorzuziehen. Als Komplikation kann es zu intrapulmonalen Blutungen und einem Pneumothorax kommen. Transkutan können auch extrapulmonal gelegene Lymphknoten punktiert werden, wenn sie mit einem pulmonalen Prozess in Zusammenhang gebracht werden können (z. B. Halslymphknoten). Pleuraergüsse werden meist unter sonographischer Kontrolle punktiert: Die Nadel wird an der Oberkante einer Rippe eingeführt, um eine Verletzung der Interkostalarterien zu vermeiden. Diese Punktion kann mit einer ungezielten Pleurastanzbiopsie verbunden werden: Die dazu verwendete spezifische Nadel schneidet beim Rückzug einen kleinen Pleurazylinder aus. Zur Diagnostik von Pleuraergüssen siehe Kapitel 10.10. 10.2.8. Endoskopische TechnikenBronchoskopieIndikationen
Kontraindikationen Absolute Kontraindikationen für die flexible Bronchoskopie existieren nicht. Zurückhaltung ist bei allgemeiner Blutungsneigung, respiratorischer Insuffizienz und schwerwiegenden kardialen Erkrankungen geboten, es sei denn, dass durch die Bronchoskopie ein entscheidender Vorteil für den Krankheitsverlauf erwartet wird. Die starre Bronchoskopie verlangt in der Regel Narkosefähigkeit. Technische Durchführung Das flexible Fiberoptik-Bronchoskop erlaubt die makroskopische Einsicht in alle Segmentbronchien und viele Subsegmentbronchien. Durch seinen Arbeitskanal (bis 3 mm Durchmesser) können z. B. Sekret oder Lavage abgesaugt und flexible Biopsiezangen und Bürsten vorgeschoben werden. Die flexible Bronchoskopie ist in Lokalanästhesie des Rachens und der zentralen Atemwege durchführbar. Das starre Bronchoskop erlaubt nur die Einsichtnahme in zentrale Bereiche des Bronchialsystems (von den basalen Unterlappensegmenten abgesehen). Es besteht aus einem weitlumigen Metallrohr, durch das die Optik (belichtetes Spiegel-Linsen-System) vorgeschoben wird und starre Biopsiezangen zum Einsatz gebracht werden können. Die Beatmung erfolgt über das Bronchoskop. Der Vorteil der Technik besteht in besseren Manipulationsmöglichkeiten in den zentralen Atemwegen, der Durchführung von größeren (tiefer greifenden) Probeexzisionen sowie der besseren Beherrschung stärkergradiger Blutungen. Flexible und starre Bronchoskopie sind ergänzende und nicht konkurrierende Techniken. Wenn immer möglich, sollten sie unter Durchführung einer kontinuierlichen Pulsoxymetrie vorgenommen werden. Komplikationen Die Komplikationsrate liegt unter 10%, letale Komplikationen treten bei < 1% auf. Zu nennen sind eine Verschlechterung des Gasaustauschs (arterielle Hypoxämie, Hyperkapnie) und die Provokation von Bronchospasmus, bronchialer Blutung und Pneumothorax. Die Prognose dieser Komplikationen ist bei adäquater Behandlung gut. DiagnostikBiopsien Endoluminal sichtbare Tumoren können mit hoher Treffsicherheit zur Histologiegewinnung biopsiert werden. Bei Rundherden, die bronchoskopisch nicht direkt einsehbar sind, werden unter Durchleuchtung transbronchiale Biopsien (Histologie), Bürstenabstriche und Lavage (Zytologie) möglichst nahe am Herd durchgeführt. In diesen Fällen kann auch eine transbronchiale Nadelbiopsie zum Einsatz kommen; sie zielt insbesondere auf Lymphknoten in der Nachbarschaft der zentralen Bronchien. Vor der operativen Sanierung eines Bronchialkarzinoms werden an den voraussichtlichen Absetzungsstellen tief greifende Schleimhautbiopsien (Etagendiagnostik) entnommen, um die Karzinomausdehnung beurteilen zu können. Bronchoalveoläre Lavage (BAL) Sie wird mit dem flexiblen Bronchoskop nach dessen „Wedging“ (okkludierender Verschluss) in einem Segment- oder Subsegmentbronchus durchgeführt (z. B. Instillation und Reaspiration von 8–20 ml Kochsalzlösung). Hauptindikationen sind die Gewinnung von Material zur mikrobiologischen Untersuchung (Infektionen) und von zellulärem und humoralem Material zur Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen (Lungenfibrosen, Sarkoidose, exogen allergische Alveolitis usw.) und zur Zytologie (Kap. 10.6). In Ergänzung zur Lavage werden bei dieser Krankheitsgruppe – gesteuert unter Durchleuchtung – möglichst immer transbronchiale Biopsien in verschiedenen peripheren Lokalisationen des Lungenparenchyms vorgenommen. Die Durchleuchtung ist dabei notwendig, um eine Perforation oder sehr periphere Lokalisation mit Pneumothoraxgefahr zu verhindern. TherapieLumenverschließendes (exophytisches) Tumormaterial kann mittels Biopsie, Induktion einer Nekrose (z. B. Alkoholinjektionen, Elektrokoagulation, Kryotechniken) und endobronchialer Lasertechnik entfernt werden. Ebenso kann hierzu eine endobronchiale Kleinraumbestrahlung („Afterloading“: kurzzeitiges Einbringen einer Strahlenquelle in die Nähe des Tumors) genutzt werden. Zum Erhalt des Bronchiallumens können verschiedene Arten von Stents in den zentralen Bronchien und auch in der Trachea platziert werden. Bei all diesen Techniken handelt es sich bei einem malignen Tumor um palliative Maßnahmen. Narbige (nichtmaligne) Stenosen können mittels Ballontechnik aufgedehnt und ggf. ebenfalls mittels Stent stabilisiert werden. Zur Beherrschung einer bronchialen Blutung kommen Aufbringung und Injektion vasokonstriktiver Substanzen (Adrenalin) und Elektrokoagulation zum Einsatz; im Notfall kann die Blutungsquelle vorübergehend mittels Ballontechnik abgedichtet werden. Thorakoskopie Die Thorakoskopie kann „internistisch“ (ähnlich einer Laparoskopie, ohne Vollnarkose) oder „chirurgisch“ (mit Intubationsnarkose und erweitertem Instrumentarium) durchgeführt werden. Voraussetzung ist ein großer Pleuraspalt (durch Pleuraerguss oder Pneumothorax, evtl. iatrogenes Setzen eines Pneumothorax möglich), um die Optiken ohne Schädigung der Lunge interkostal einzuführen. Bei ausgeprägten pleuralen Verwachsungen ist die Thorakoskopie nicht möglich. Unter Sicht können die Pleurae visceralis und parietalis beurteilt und gezielte Biopsien der Pleura und/oder des peripheren Lungenparenchyms vorgenommen werden. Gezielte Biopsien haben bei unklaren Pleuraergüssen und unklaren Lungenparenchymerkrankungen große Bedeutung. Blutungsquellen und kleine Pleuraleckagen können durch Elektrokoagulation saniert werden. Eine Pleurodese (Pleuraspaltverödung) bei rezidivierenden Pleuraergüssen oder Pneumothoraces wird unter Sicht mittels Fibrinverklebung erreicht; Talkum zur Induktion einer sterilen Entzündung mit resultierender Verklebung der Pleurablätter kann ebenso angewendet werden. Mit chirurgischer Technik können große periphere Lungenbiopsien entnommen, große Pleuraleckagen übernäht sowie Bullae (Emphysemblasen > 1 cm) entfernt und sogar Rundherde oder Lungensegmente reseziert werden. Kontraindikation gegen die Thorakoskopie sind schwere Gerinnungsstörungen. Blutungen, ein persistierender Pneumothorax und Luftembolien bei Anlage eines Pneumothorax sind wesentliche Komplikationen. Beim Pleuramesotheliom treten nach der Thorakoskopie im Stichkanal vereinzelt „Implantationsmetastasen“ auf. Mediastinoskopie Hier wird nicht ein vorhandener Hohlraum beurteilt, sondern dieser muss durch chirurgische Präparation im vorderen Mediastinum erst geschaffen werden (Untersuchung in Intubationsnarkose). Das Mediastinoskop wird durch eine kleine Inzision oberhalb des Jugulums eingeführt. Durch weitere Präparation können prätracheale, beiderseits paratracheale, am Hilus gelegene und unmittelbar unterhalb der Tracheabifurkation befindliche Lymphknoten beurteilt und entnommen werden. Hauptindikationen bilden die Stadienbeurteilung beim Bronchialkarzinom (wenn der mediastinale Lymphknotenbefall unsicher ist) und die Abklärung unklarer mediastinaler Lymphknotenvergrößerungen. Wesentliche Komplikationen sind die Rekurrensparese, die Entstehung eines Pneumothorax und mediastinale Blutungen bei Verletzung größerer Gefäße. 10.2.9. Allergologische DiagnostikWesentliche allergisch (durch immunologische Reaktion auf einen Fremdstoff) verursachte Erkrankungen des Respirationstrakts sind Rhinitis, Asthma bronchiale und die exogen allergische Alveolitis (EAA). Bei Rhinitis und Asthma sind spezifische IgE-Antikörper, bei der EAA spezifische IgG-Antikörper und eine Typ-IV-Immunreaktion von Bedeutung. Die allergologische Diagnostik umfasst Anamnese, Laboruntersuchungen, Hauttests, Allergenkarenz und anschließende Reexposition sowie bronchiale Provokationstests. Anamnese Wichtig ist das Erfragen anderer Krankheiten, die auf eine atopische Veranlagung hinweisen: Milchschorf, Konjunktivitis, Urtikaria, Arzneimittelunverträglichkeiten. Auch bestimmte Auslösekonstellationen sind von Bedeutung: Haustiere, saisonales oder sonstiges periodisches Auftreten, Berufsallergene, Zusammenhang mit Nahrungseinnahme oder Veränderungen des häuslichen Raumklimas. Vorgefertigte Fragebögen oder das Führen eines Beschwerdetagebuchs sind hilfreich. Zudem sollte immer nach dem Auftreten von Prodromalsymptomen der allergischen Reaktion gefragt werden, wie Schnupfen, Niesen, Kopfschmerzen, Husten oder Juckreiz. Laboruntersuchungen Hohes Gesamt-IgE (> 200 IU/ml) im Serum und erhöhte Eosinophilenzahl im Blut weisen auf IgE-vermittelte allergische Erkrankungen hin, sind aber nicht beweisend. Spezifische IgE-Antikörper gegen Gruppenallergene (z. B. „Frühblüher“ und „Spätblüher“ bei saisonaler Allergie) oder ausgesuchte Einzelallergene werden im Serum mittels RAST (Radio-Allergo-Sorbent-Test) oder EAST (Enzym-Allergo-Sorbent-Test) nachgewiesen. Eine hohe Konzentration spricht für eine allergisch verursachte Erkrankung. Wichtige Allergene für Asthma bronchiale:
Hauttests Vermutete Allergene (möglichst weitgehend gereinigt, die üblichen Allergene kann man kaufen) werden mit folgenden Techniken aufgebracht:
In folgenden Intervallen wird die Hautreaktion beurteilt:
Zur Beurteilung der allgemeinen Reagibilität der Haut werden Positivkontrollen (Histamin) und Negativkontrollen (Kochsalzlösung) stets parallel durchgeführt. Als „positiv“ wird eine allergeninduzierte Quaddel von > 4 mm Durchmesser bei fehlender Reaktion auf Kochsalzlösung angesehen. Eine solche Sensibilisierung kann unabhängig von einer manifesten allergischen Erkrankung bestehen, legt aber bei bestehender Erkrankung eine entsprechende Kausalkette nahe. Komplikationen der Hauttestung sind ausgeprägte Lokalreaktionen; beim Intrakutantest sind selten anaphylaktische Reaktionen möglich. Allergenkarenz und Reexposition Das Verschwinden der Symptome bei fehlender Exposition gegenüber einem vermuteten Allergen spricht für eine allergische Erkrankung, besonders wenn diese bei Reexposition erneut auftritt. Eine gezielte Reexposition (z. B. erneute Rückkehr an den Arbeitsplatz im Sinne eines arbeitsplatzbezogenen Provokationstests) muss ggf. unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden. Bronchialer Provokationstest Diese werden durchgeführt, um eine vermutete Kausalkette weiter zu erhärten: Das gereinigte Allergen wird inhaliert oder auf Schleimhäute aufgebracht (z. B. Konjunktivaltest, Nasentest). „Positiv“ sind ein Tab. 10.3Formen der Rhinitis
Anstieg der Resistance bei Ruheatmung um 100% und ein Abfall der FEV1 bei forcierter Exspiration um 20%. Es wird zwischen einer Sofortreaktion (Entwicklung und Abklingen innerhalb 1 h), einer Spätreaktion (4–8 h) und einer dualen Reaktion (beide Verlaufsformen) unterschieden. Eine schleichende Dosierung des inhalierten Allergens und strenge ärztliche Überwachung sind angesichts möglicher massiver Reaktionen (schwerster Asthmaanfall!) selbstverständlich. Daher sollte die Untersuchung nur bei widersprüchlichen Ergebnissen aus Anamnese, Laboruntersuchung und Hauttests durchgeführt werden. LITERATUR
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KEYWORDSbronchoscopy ♦ gas exchange ♦ lung ♦ Pneumologie 10.3. Krankheiten der oberen und unteren Atemwege10.3.1. Krankheiten der oberen AtemwegeRhinitisSynonym: Schnupfen Erkrankungen der NasennebenhöhlenAkute SinusitisSynonym: Entzündung der Nasennebenhöhlen Definition Akute, zumeist infektiös verursachte Entzündung der Nasennebenhöhlen mit Schleimhautödem. Ätiologie und Pathogenese Häufige Folgeerkrankung einer akuten Rhinitis. Die hierbei auftretende ödematöse Nasenschleimhautschwellung bewirkt einen Verschluss der Nasennebenhöhlenostien: Durch Resorption der Luft entsteht ein schmerzhafter Unterdruck in den Nebenhöhlen (Vakuumsinusitis), der zur Reizung der Schleimhaut mit Hyperämie, Ödem und Sekretion führt, welche wiederum als Nährboden für opportunistische oder pathogene Keime dienen. Weitere Ursachen: Zahnwurzelprozesse oder Fremdkörper (z. B. vorherige Nasentamponade). Grampositive Kokken sowie Haemophilus influenzae sind die häufigsten Erreger. Die infektiöse Sekretbildung kann dann bei verschlossenen Ostien zu einem Sekretstau führen. Meist sind Kiefer- und Siebbeinhöhle betroffen, seltener Stirn- und Keilbeinhöhle. SymptomeSchleimig-eitrige Nasensekretion, lokale Druckschmerzen mit pochenden, in die Frontalregion (Sinusitis frontalis), aber auch nach okzipital (Sinusitis sphenoidalis) ausstrahlenden Kopfschmerzen bei Sekretstau. Die Schmerzen verstärken sich häufig beim Bücken und können zusätzlich in den Kiefer und die Zähne sowie retrobulbär ausstrahlen. Bei bakterieller Infektion: Fieber und purulentes Nasensekret. Diagnostik
TherapieAbschwellende Nasentropfen und Inhalationen zur Verbesserung des Sekretabflusses, Antibiotika zur Bekämpfung der bakteriellen Superinfektion, bei fehlendem Sekretabfluss Punktion der Kieferhöhle durch den unteren Nasengang mit Spüldrainage. Verlauf und Prognose Gute Prognose. Komplikationen: septische Streuung, Osteomyelitis und Durchbruch in die Orbita (Orbitaphlegmone) bzw. nach endokranial (Meningitis, Abszess, Sinusvenenthrombose). Chronische SinusitisDefinition Über Wochen bestehende Entzündung der Nasennebenhöhlen in eitriger oder polypöser Form (Tab. 10.4 ). Tab. 10.4Formen der chronischen Sinusitis
PharyngitisSynonym: Halsschmerzen Ätiologie und Pathogenese Bei der häufig auftretenden akuten Pharyngitis handelt es sich um eine Entzündung des Pharynx viraler oder bakterieller Genese. Letztere umfasst β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, Pneumokokken und koagulasepositive Staphylokokken, die als Superinfektion nach viraler Pharyngitis, aber auch als absteigende Infektionen aus den Nasen(neben)höhlen Fuß fassen können. SymptomeHalsschmerzen, Kratzen und Trockenheitsgefühl im Hals, schmerzhafte Schluckbeschwerden, begleitendes Fieber und Lymphknotenschwellung. Als Lokalbefund ergibt sich eine entzündlich gerötete Rachenhinterwand mit z. T. eitrigen Belägen. Diagnostik
Anamnese, Inspektion der Pharynx, Abstrich.
TherapieAntibiotikatherapie bei bakterieller Genese (eitrige Beläge, Fieber; Sicherung ggf. durch Rachenabstrich und mikrobiologische Untersuchung), symptomatische Therapie mit adstringierenden Lokaltherapeutika (Lutschtabletten, Rachenspülung mit desinfizierenden Lösungen ohne belegte Verkürzung der Erkrankungsdauer) und Antiphlogistika. LaryngitisLaryngitis subglottica (Pseudokrupp) und akute EpiglottitisBei beiden Erkrankungen, die typischerweise im Kindesalter auftreten, sollte eine klinische Versorgung erfolgen. Der Pseudokrupp ist eine virale Entzündung und tritt meist bei Kindern < 3 Jahren auf. Es kommt durch Schleimhautschwellung zur Luftnot bis hin zu in- und exspiratorischem Stridor. Therapeutisch ist bei beginnendem Stridor die Tab. 10.5Formen der Laryngitis
sofortige und wiederholte Inhalation mit Adrenalin angebracht, bei zunehmender Symptomatik zusätzlich Steroide. Antibiotika sind allenfalls bei Nachweis bakterieller Infekte im Nasen-Rachen-Raum indiziert. Die Epiglottitis ist eine bakterielle Infektion meistens mit Haemophilus influenzae Typ B und tritt vor allem im Alter von 2–6 Jahren als akute Erkrankung mit hohem Fieber, Halsschmerzen, Schluckstörungen, inspiratorischem Stridor und Atemnot auf. Schon bei Spateldruck auf die Zunge ist ein dick aufgetriebener roter Epiglottisrand erkennbar. Besonders bei Kindern mit bereits deutlicher Luftnot können diagnostische Maßnahmen zur vollständigen Obstruktion führen! Daher schon vor der Untersuchung Intubation oder Tracheotomie vorbereiten. Bereits bei Verdacht ist die sofortige Einweisung mit Arztbegleitung sowie Intubations- und Tracheotomiebereitschaft erforderlich. Die Gabe von Antibiotika ist vordringlich (z. B. Ampicillin), Kortikoide haben sich nicht bewährt. Prophylaxe: evtl. aktive Immunisierung gegen Haemophilus influenzae B. Differentialdiagnose „Echter“ Krupp mit Belägen einhergehende Stenosierung der Atemwege bei Diphtherie, welche zwar selten, jedoch aufgrund unvollständiger Immunisierung heute wieder zunehmend auftritt. 10.3.2. Erkrankungen der unteren AtemwegeZugrunde liegt pathophysiologisch eine inflammatorische Reaktion der Schleimhaut, die primär protektiven Charakter hat (Abwehr infektiöser bzw. toxischer Agenzien) und im Prinzip vollständig reversibel ist. Chronifizierung der Entzündung mit progredienten Umbauprozessen der Atemwege kann bei endogener Veranlagung und/oder Dauerexposition gegenüber exogenen Noxen auftreten. Unterschieden werden obstruktive (mit Verengung des Atemwegslumens) von nichtobstruktiven Atemwegserkrankungen. Die Obstruktion kann intermittierend-reversibel mit obstruktionsfreien Intervallen (Asthma bronchiale) oder als persistierende Behinderung des Atemgasflusses (chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, COPD) auftreten. Prinzipiell reversible Mechanismen der Obstruktion (durch antiobstruktive Therapiemaßnahmen beeinflussbar):
Akut nicht reversible Mechanismen (durch antiobstruktive Therapiemaßnahmen nicht beeinflussbar):
Husten ist aufgrund der inflammatorischen Schleimhautreizung ein typisches Symptom aller unteren Atemwegserkrankungen. Auswurf tritt bei gesteigerter sowie mobilisierbarer Sekret- bzw. Mukusbildung hinzu. Dyspnoe ist Ausdruck der überproportional hohen Anstrengung der Atempumpe als Folge der Obstruktion. Im späteren Verlauf kann ein sekundäres Rechtsherzversagen (Cor pulmonale) zur Dyspnoe beitragen. Zyanose tritt bei Atemwegserkrankungen auf, wenn es aufgrund der Gasaustauschstörung und der Obstruktion zur Hypoxämie und alveolären Hypoventilation kommt. Ist dies chronisch der Fall, kann es zur sekundären Polyglobulie kommen. Akute Bronchitis, akute TracheitisDefinition Akute Entzündung des Tracheobronchialbaums, wobei zwischen Tracheitis, Tracheobronchitis und Bronchitis differenziert werden kann. Nach dem bronchoskopischen Erscheinungsbild werden katarrhalische, hämorrhagische, fibrinöse, pseudomembranöse, ulzeröse und nekrotisierende Formen unterschieden. Epidemiologie Die häufige Erkrankung tritt bevorzugt, z. T. epidemisch, in den Wintermonaten auf. Sie betrifft in erster Linie Kinder, ältere Menschen und immuninkompetente Patienten. Eine Bronchiolitis als akute Entzündung der kleinsten Atemwege tritt als eigenständige Erkrankung hauptsächlich bei Säuglingen und Kleinkindern oder nach Inhalation toxischer Dämpfe auf. Ätiologie und Pathogenese In über 90% d.F. liegen Virusinfektionen (Adeno-, Parainfluenza-, ECHO-, Rhino-, Coxsackieviren) vor, die evtl. sekundär bakteriell überlagert werden. Der histologische Nachweis von epithelialen Riesenzellen ist Hinweis auf eine Infektion mit Masern- oder Zytomegalieviren, intranukleäre Einschlusskörper deuten auf eine Infektion mit Herpes simplex, Varizellen oder Adenoviren hin. Die im Rahmen der „echten Grippe“ durch Influenzaviren hervorgerufene Infektion der Atemwege manifestiert sich meist in Form einer hämorrhagischen Tracheitis mit pseudomembranösen Belägen. Häufige bakterielle Erreger sind Haemophilus influenzae, Pneumokokken und Staphylococcus aureus und Mycoplasma pneumoniae bei jugendlichen Patienten. Bei immunkompromittierten Patienten kann sich eine tracheobronchiale Soorbesiedlung (Candida albicans) manifestieren. Chronische Vorschäden durch Gase, Dämpfe und Stäube (Inhalationsrauchen) begünstigen bronchiale Infektionen. Physikalisch-chemische Inhalationsnoxen können aber je nach Art und Ausmaß der Exposition allein nekrotisierende und ulzeröse Entzündungen des Tracheobronchialraums mit Dauerschäden verursachen. Insbesondere SO2, Nitrosegase, Ozon, Fluorkohlenwasserstoffe, Kadmiumoxid, Platinsalze und Ammoniak weisen eine schwer wiegende Schleimhauttoxizität auf. SymptomeAkuter Beginn innerhalb weniger Stunden oder Tage mit zunächst trockenem Husten und z. T. retrosternalen Schmerzen, vor allem bei viraler Genese unspezifische Symptome wie Kopf- und Gliederschmerzen, begleitet von Rhinitis, Pharyngitis und leichtem Fieber, nach wenigen Tagen anfangs schleimig-heller Auswurf, kann bei bakterieller Superinfektion später eitrig und bei schweren Hustenanfällen bisweilen blutig tingiert sein. Diagnostik
TherapieBei unkompliziertem Verlauf keine Pharmakotherapie. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Sekretolyse), Vermeidung von Inhalationsnoxen (Rauchstopp), bei ausgeprägtem Beschwerdebild mit schmerzhaften, unproduktiven Hustenattacken Antitussiva (Codein, Noscapin) zur symptomatischen Therapie, insbesondere bei grippalen Begleitsymptomen Kombination mit Analgetika/Antipyretika (Acetylsalicylsäure oder Paracetamol). Bei obstruktiver Atemwegsreaktion: inhalative Sympathomimetika, evtl. orale Sekretolytika (Acetylcystein, Ambroxol) zur Besserung der mukoziliaren Clearance. Ihr Einsatz ist aber umstritten, sie sollten nicht mit Antitussiva kombiniert werden. Bei protrahiertem oder fieberhaftem Verlauf mit purulentem Sputum und Infektionszeichen bzw. bei vorbestehender Lungenerkrankung oder Immuninkompetenz: Antibiotika-Therapie möglichst nach Sputumgewinnung zum Erregernachweis und Antibiogramm. Verlauf und Prognose Die akute Virusbronchitis heilt spontan innerhalb von ca. 7 Tagen aus, bei bakterieller Superinfektion verläuft sie protrahiert über 2–3 Wochen. Häufig überdauert der Husten den akuten Infekt um einige Wochen im Sinne einer passageren bronchialen Hyperreaktivität. Dauerschäden bis hin zu Bronchiektasen können sich bei 20% der Kinder mit schweren Atemwegsinfektionen in den ersten 2 Lebensjahren entwickeln. Selten kommt es bei jungen, häufiger bei älteren Patienten zur Bronchopneumonie. ZUSAMMENFASSUNG
BronchiektasenDefinition Irreversible sackförmige oder zylindrische Erweiterungen großer Bronchien mit Destruktion der Bronchialwand infolge einer akuten oder chronischen Entzündung der Atemwege. Ätiologie und Pathogenese Sie entstehen durch nekrotisierende Entzündungsvorgänge bei chronischen bronchialen Infekten (bevorzugt in der Kindheit) oder allergischen Prozessen (allergische bronchopulmonale Aspergillose). Daneben wird einer gestörten ziliaren Clearance Bedeutung beigemessen. Hereditäre Faktoren sind selten (Antikörper-Mangelsyndrome, Karthagener- oder Immotilia-Cilia-Syndrom). Einen besonderen Aspekt stellt die Mukoviszidose dar. Man unterscheidet:
SymptomeAllgemeine Zeichen der chronischen Bronchitis, Husten mit viel Auswurf („maulvolle“ Expektoration eines Bronchiektaseninhalts), Foetor ex ore und Neigung zu rezidivierenden Pneumonien, evtl. pulmonale Abszesse und lebensbedrohliche Hämoptysen. Sekundärfolgen: septische Streuung mit Abszessen in andere Organen und Amyloidose. Im Verlauf evtl. Entwicklung eines chronisches Cor pulmonale. Diagnostik
Therapie
Verlauf und Prognose Unter konsequenter antibiotischer Therapie normale Lebenserwartung. MukoviszidoseSynonym: zystische Fibrose Definition Autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung der exokrinen Drüsen verschiedener Organe. Durch eine Defektmutation des CFTR-Gens (Cystic-Fibrosis-Transmembrane-Conductance-Regulator-Gen auf Chromosom 7) kommt es zu einer Störung des Ionentransports für Natrium und Chlorid an der apikalen Zellmembran, woraus eine pathologische Mukusviskosität resultiert. Derzeit sind ungefähr 1000 verschiedene Mutationen des CFTR Gens bekannt, wobei mit 70% die Mutation Δ-F-508 am häufigsten ist. Epidemiologie Die Inzidenz liegt bei einem Erkrankungsfall auf 2000–4000 Geburten in Mitteleuropa. Die Heterozygotenfrequenz beträgt 1:25. Ätiologie und Pathogenese Eine Mutation im CFTR-Gen führt zu einem Defekt des Chloridkanals in der apikalen Zellmembran von Epithelzellen. Am häufigsten wird dabei der Chloridkanal nicht richtig in die Zellmembran integriert (Δ-F-508). Andere Mutationen führen zur defekten Synthese, Regulation oder Funktion bei normaler Morphologie des Kanals. Der funktionelle Ausfall des CFTR-Gen-Produkts bewirkt über einen gestörten Natrium- und Chloridtransport eine pathologisch erhöhte Viskosität des Sekrets von exokrinen Drüsen mit Obstruktion der Drüsenausführungsgänge und Sekretrückstau. SymptomeDie Mukoviszidose ist eine Erkrankung des gesamten Organismus. Klinisch im Vordergrund stehen
Pulmonal dominieren von frühester Kindheit an die Zeichen der chronischen Bronchiolitis und Bronchitis mit Bronchiektasenbildung. Produktiver Husten, progrediente Dyspnoe, Zyanose, Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel sind typisch. Bakterielle Superinfektionen sind unvermeidlich; meist kommt es zur nicht kurierbaren Besiedlung der Bronchien mit Staphylococcus aureus, häufig multiresistenten Pseudomonas aureus und anderen gramnegativen Problemkeimen. Als Komplikation kann es zu Pneumothoraces, Hämoptysen und allergischer bronchopulmonaler Aspergillose kommen. Ausgeprägte Bronchialobstruktion, schwere Gasaustauschstörung und Entwicklung eines sekundären pulmonalen Hypertonus kennzeichnen die progrediente und schließlich finale respiratorische Insuffizienz. Extrapulmonale Manifestationsformen umfassen Maldigestionssyndrom mit allen Folgeerkrankungen und insulinpflichtigen Diabetes mellitus bei exokriner und endokriner Pankreasinsuffizienz (als Folge der Pankreasdestruktion), Leberzirrhose (als Folge der Gallenwegsobstruktion), eitrige Sinusitiden (als Folge der Mukusretention), intestinale Obstruktion (10% Mekoniumileus nach der Geburt) sowie Infertilität (Azoospermie bei ca. 98% der Männer). Diagnostik
Differentialdiagnose Bronchiektasen anderer Genese → Durchführung von Röntgen-Thorax und Thorax-CT. TherapieBasistherapie der pulmonalen Manifestation:
Die Sauerstoff-Langzeittherapie ist bei Entwicklung einer Hypoxämie zur Prävention der pulmonalen Hypertonie indiziert. Die Lungentransplantation kann als einzige Therapie die ansonsten infauste Prognose abwenden. Hoffnungen richten sich vor dem Hintergrund des exakt bekannten Gendefekts auf die somatische Gentherapie. Verlauf und Prognose Variable Ausprägung von Klinik und Krankheitsverlauf. Die Lebenserwartung wird primär durch die pulmonale Symptomatik bestimmt. Aufgrund verbesserter physikalischer und antibiotischer Therapie im Kindesalter und Betreuung durch spezialisierte Behandlungszentren erreichen immer mehr Erkrankte das 30. Lebensjahr. Unbehandelt führt die Erkrankung in ca. 90% d.F. schon im Kleinkindalter zum Tod. Als Komplikation sind Pneumothorax, pulmonale Blutungen, allergische bronchopulmonale Aspergillose und distales intestinales Obstruktionssyndrom (DIOS) häufig, eine Leberzirrhose ist selten. ZUSAMMENFASSUNG
Tracheal- und BronchialstenosenDefinition Intra- oder extraluminale Einengungen des Tracheal- oder Bronchiallumens. Ätiologie und Pathogenese Diese Stenosen treten auf durch:
SymptomeEine extrathorakale Stenose provoziert einen vorwiegend inspiratorischen Stridor, bei intrathorakaler Lage der Stenose resultiert eine bevorzugt exspiratorische Strömungsbehinderung. Bei der Tracheomalazie besteht durch Erweichung der Knorpelringe (Entzündung, chronischer Druck) eine Instabilität der Trachea mit Kollaps und z. T. gravierender Behinderung der Atmung, mit inspiratorischem Stridor insbesondere bei forcierter Inspiration (extrathorakaler Anteil der Trachea) oder bei forcierter Exspiration (intrathorakaler Anteil). Eine beidseitige Parese des N. recurrens kann während der Einatmung aufgrund fehlender Weitstellung der Stimmlippen einen inspiratorischen Stridor erzeugen. Selten kommt es zur respiratorischen Insuffizienz. Diagnostik
TherapieKausal (z. B. bei Tumoren und Lymphomen): endoskopische Techniken (Tumorabtragung, intraluminale Bestrahlung (Afterloading), Laserung, Stentimplantation), chirurgische Maßnahmen. Verlauf und Prognose Verlauf und Prognose hängen von der Dignität der stenosierenden Veränderung ab. AtelektaseDefinition Kollaps luftgefüllter Alveolarbezirke und kleiner Atemwege. Nach dem radiologischen Bild unterscheidet man Total-, Lobär-, Segment- und Plattenatelektasen. Ätiologie und Pathogenese
SymptomeAufgrund der Hypoxämie können Dyspnoe und Zyanose entstehen. Atelektasen begünstigen das Entstehen einer pulmonalen Infektion. DiagnostikKlinischer Befund: lokalisiert aufgehobenes Atemgeräusch, gedämpfter Klopfschall, Zwerchfellhochstand auf der betroffenen Seite. Röntgen: einseitige Verschattung mit Mediastinal- und Tracheaverziehung zur betroffenen Seite und Zwerchfellhochstand (Ausnahme ist die Kompressionsatelektase, bei welcher der Volumenverlust fehlt). Bei Mikroatelektasen (einzelne Alveolarbezirke) fehlen diese Befunde. Plattenatelektasen (Kollaps zusammenhängender Alveolarbezirke) werden nur radiologisch detektiert.
Therapie
Verlauf und Prognose Nach rechtzeitiger Beseitigung der Ursache prinzipiell reversibel, allerdings relativ häufig Ausbildung einer Pneumonie. Asthma bronchialePraxisfallFrau Groß, 19 Jahre, wird wegen schwerster Dyspnoe eingeliefert. Der Atemnotanfall hatte sich „aus heiterem Himmel“ entwickelt, als sie nach längerem Intervall erstmals wieder ihre Freundin besuchte, die Katzen besitzt. Schon früher hatte sie bei diesen Besuchen brennende Augen und Kribbeln in der Nase mit Niesanfällen bemerkt. Ansonsten berichtet sie lediglich über Perioden mit Heuschnupfen und anfallsweiser leichter Atemnot jeweils im Frühjahr. Auffällig ist ein deutlich verlängertes Exspirium unter Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, die Auskultation ergibt eine massive Obstruktion mit Giemen und Brummen. Der arterielle pO2 ist mit 72 mmHg leicht erniedrigt, der pCO2 im Sinne einer Hyperventilation auf 34 mmHg erniedrigt. Es besteht ausgeprägte Erstickungsangst. Der Laborstatus ist unauffällig. Es handelt sich um einen allergisch getriggerten schweren Asthmaanfall. Die Notfallsituation lässt sich mit antiobstruktiver Therapie (inhalative β-Sympathomimetika, intravenöse Glukokortikoide) rasch beherrschen. Eine später durchgeführte allergologische Untersuchung ergibt eine ausgeprägte Typ-I-Allergie auf Katzenhaare sowie in geringerem Ausmaß auf Frühblüher. Definition Intermittierend auftretende Atemwegsobstruktion, die zwischen den Anfällen ganz oder überwiegend reversibel ist. Sie beruht auf einer typischen Inflammation der Bronchialschleimhaut und einer hieraus resultierenden Hyperreagibilität der Atemwege. Epidemiologie Vorkommen in allen Altersstufen, bevorzugt jedoch bei Kindern und Jugendlichen. Ca. 5% der Erwachsenen und ca. 7–10% der Kinder leiden gelegentlich an Asthma bronchiale. Eine unspezifische Hyperreagibilität der Atemwege findet sich bei ca. 11% der Erwachsenen, Tendenz steigend. Eine hereditäre Komponente ist gegeben, es überwiegen aber offenbar Umweltfaktoren. Die Asthmamortalität liegt bei ca. 0,5–3 Fällen/100 000 Einwohner. Ein höheres Asthmarisiko besteht, wenn die Eltern an Asthma leiden bzw. bei vorbestehenden allergischen Erkrankungen (Etagenwechsel). Ätiologie und Pathogenese Am Anfang steht die angeborene bzw. erworbene Veranlagung des bronchialen Systems, auf bestimmte inhalative Noxen mit einer quantitativ und qualitativ inadäquaten Entzündung zu reagieren (pathologische Dominanz von TH2-Lymphozyten, Eosinophilen und Mastzellen in der Bronchialschleimhaut). Als exogene Auslöser werden besonders inhalierte Antigene angesehen (extrinsisches bzw. allergisches Asthma, Abb. 10.6 ). Pathogenese des allergischen Asthma bronchiale. Die erste Konfrontation mit dem primär auslösenden Antigen führt zu einer Sensibilisierungsreaktion. Die Interaktion zwischen Makrophagen (antigenpräsentierende Zelle, APZ) und T-Helfer-Lymphozyten löst die für die Bronchialschleimhaut der Asthmatiker typische Vermehrung von T-Helfer-Zellen des TH2-Subtyps aus (pathologische TH2-Dominanz über den TH1-Subtyp). Diese TH2-Zellen sezernieren ein charakteristisches Zytokinprofil (u. a. Interleukin-3 und Interleukin-5), das seinerseits die Gewebeinfiltration mit Eosinophilen, Basophilen und Mastzellen steuert. Gleichzeitig wird durch diese Zytokine die pathologische Produktion von antigenspezifischem IgE in Plasmazellen induziert. Getriggert über eine IgE-vermittelte Aktivierung ortsständiger Mastzellen kommt es dann bei jeder weiteren Antigenexposition zur Aktivierung inflammatorischer Effektorsysteme in der Schleimhaut mit einer bronchialen Sofortreaktion und obstruktivem Syndrom. Zusätzlich freigesetzte chemotaktische Faktoren (z. B. Leukotriene, PAF) lösen nach einer mehrstündigen Latenzzeit (2–8 h) eine leukozytäre Invasion der Bronchialschleimhaut und über deren Mediatorfreisetzung die asthmatische Spätreaktion mit erneuter Obstruktion aus. Bei Chronifizierung der inflammatorischen Schleimhautveränderung werden im späteren Verlauf Asthmaanfälle auch durch unspezifische Stimuli ausgelöst; diese Reaktionsbereitschaft kann im Intervall als bronchiale Hyperreaktivität durch Testung erfasst werden. Neben pro- und antiinflammatorischen Mediatoren (M) nehmen Neurotransmitter (NT) aus sympathischen und parasympathischen Fasern sowie Fasern des non-adrenergen, non-cholinergen Nervensystems Einfluss auf bronchialen Muskeltonus, Kapillarpermeabilität (Ödembildung) und Mukusproduktion. Die antiinflammatorischen/bronchodilatativen Systeme werden im akuten Asthmaanfall überspielt. Endogenes/intrinsisches Asthma: Auslösendes allergenes Agens ist nicht nachweisbar. Die Triggerung der Entzündungsreaktion durch andere Auslöser (z. B. viraler Atemwegsinfekt, Kälte, körperliche Anstrengung, Analgetika, Intoleranz gegenüber Nahrungszusätzen, gastroösophagealer Reflux, Tab. 10.6 ) wird in diesen Fällen diskutiert. Auch eine genetische Dispopsition ist zu berücksichtigen. Tab. 10.6Zusammenfassung der Auslöser einer asthmatischen Reaktion∗
Nur 20% der Patienten lassen sich einer Form zuordnen, in der Mehrzahl der Fälle bestehen Überlappungen. Bei beiden Formen besteht auch im symptomfreien Intervall eine chronische Entzündung in der Bronchialschleimhaut als pathogenetisches Substrat der bronchialen Hyperreaktivität fort: durch das latent geschädigte Bronchialepithel können nun verschiedenste inhalativ-irritative Noxen oder Atemwegsinfektionen allergenunabhängige Obstruktionsepisoden provozieren. Die immer heftigere Obstruktionsreaktion kann schließlich auf ein kontinuierlich expandierendes Spektrum immer geringerer Reize erfolgen. Bei ungenügender Therapie kann diese Entwicklung zu einem schleichenden Übergang des Asthma bronchiale in eine prognostisch ungünstigere Mischform von Asthma bronchiale und chronisch-obstruktiver Bronchitis führen: Die latente Obstruktionsbereitschaft geht in eine variable, aber persistierende symptomatische Dauerobstruktion mit progredienter Destruktion der Bronchialwand durch die chronische Schleimhautentzündung über. SymptomeDie chronische Inflammation der bronchialen Schleimhaut kann Ursache eines chronischen Hustens sein. Ein obstruktives Syndrom wird durch erhöhten Atemwegswiderstand bewirkt. Klinisch imponiert die Trias aus Dyspnoe, Husten und auskultatorischem Giemen/Brummen. Die Ausatemphase ist verlängert, Atemhilfsmuskeln werden zur Überwindung des exspiratorisch akzentuierten Atemwegswiderstands benutzt (im schweren Anfall stützt der Patient seinen Oberkörper auf). Der Patient produziert glasig-zähen Schleim (mikroskopisch: Curschmann-Spiralen). Bei extrinsischem Asthma stehen die Anfälle in Zusammenhang mit der allergischen Auslösung, bei intrinsischem Asthma sind sie gehäuft während der späten Nacht bzw. der frühen Morgenstunden (chronobiologisch zyklische Schwankungen des vegetativen Nervensystems). Die Zwerchfelle stehen tief (Hyperinflation durch Behinderung der Exspiration). Der arterielle pO2 ist meist leicht erniedrigt (Verteilungsstörung bei inhomogener Bronchokonstriktion), der pCO2 ist als Ausdruck der angstinduzierten Hyperventilation ebenfalls erniedrigt. Bei massiver Bronchokonstriktion kann trotz extremen Atemantriebs die Ventilation unzureichend werden: der pCO2 steigt an und signalisiert atemmuskuläre Erschöpfung; es kommt zur lebensbedrohlichen Situation. Dabei wird das Giemen leiser, nicht weil die Bronchokonstriktion nachlässt, sondern weil der Luftstrom zur „Geräuschbildung“ nicht mehr ausreicht (silent chest). Durch den reflektorisch erhöhten Sympathikotonus bestehen Schweißneigung und Tachykardie. Bei keinem spontanen oder therapeutisch erzielten Rückgang der Symptomatik innerhalb von 24 h spricht man vom sog. Status asthmaticus (Tab. 10.7 ). Tab. 10.7Schweregradeinteilung des Asthma bronchiale
Diagnostik
Wird zwischen einzelnen Asthmaanfällen ein beschwerdefreier Zustand mit normalen Lungenfunktionswerten nicht mehr erreicht, so liegt ein chronisch-persistierendes Asthma vor, dessen Übergang zur chronisch-obstruktiven Bronchitis fließend ist.
TherapieBeim exogenen Asthma bronchiale ist Allergenkarenz anzustreben. Dabei ist auch an Kreuzallergien zu denken. Eine Hyposensibilisierung ist hinsichtlich des therapeutischen Nutzens nur bei Bienen- und Wespengift- sowie bei einigen Pollenallergien gesichert und sollte wegen möglicher schwerster anaphylaktischer Nebenwirkungen nur unter fachlicher Kontrolle durchgeführt werden. Wichtig ist das Vermeiden von Situationen, die je nach individueller Disposition einen Asthmaanfall auslösen können (z. B. Infekte, körperliche Anstrengung, Medikamente wie Betablocker oder Analgetika). Eine Übersicht der unterschiedlichen therapeutischen Ansätze zeigt Abbildung 10.7 , die Stufentherapie des Asthma bronchiale ist in Tabelle 10.8 dargestellt. Übersicht der Therapieansätze bei Erkrankungen mit Bronchokonstriktion. (ACH = Acetylcholin; DNCG = Dinatriumcromoglycat; PAF = plättchenaktivierender Faktor; PDE = Phosphodiesterase) Tab. 10.8Stufentherapie des Asthma bronchiale
048 Tabelle: Wirkprofil antiobstruktiver Pharmaka. Generell unterteilt man in Krankheits-Controller, die hauptsächlich entzündungshemmend sind, und Symptom-Reliever, die primär antiobstruktiv wirken. Aktuell stehen folgende Pharmaka zur Verfügung: Inhalative Kortikosteroide Sie stellen heute die Basistherapie des Asthma bronchiale dar. Durch Inhalation können die Substanzen idealerweise eine hohe Aktivität in der Bronchialschleimhaut entfalten. Nach Resorption in die Blutbahn werden sie jedoch schnell zu inaktiven Abbauprodukten metabolisiert, systemische Nebenwirkungen werden vermieden. Wichtigste aerosolierbare Kortikosteroide sind Beclometason, Fluticason und Budesonid, die in einer Vielzahl von Applikationssystemen (Aerosol, Pulverinhalat) vorliegen und je nach Substanz und Inhalationsform unterschiedliche Wirkstärke besitzen. Sie wirken auf Eosinophile, Makrophagen und Lymphozyten, indem sie einerseits die Synthese inflammatorischer Mediatoren und andererseits die Transkription, Translation und Sekretion verschiedener entzündungsaktiver Zytokine supprimieren. Daher beeinflussen inhalative Kortikosteroide die entzündungsbestimmte asthmatische Spätreaktion und die bronchiale Hyperreaktivität günstig und kontrollieren so die Krankheit langfristig. Sie sind aber zur Durchbrechung der akuten Obstruktion ungeeignet. Der therapeutische Effekt ist frühestens 1 Woche nach Inhalationsbeginn und max. nach ca. 4 Wochen zu erwarten. Relevante Nebenwirkungen sind oropharyngeale Candidiasis und Heiserkeit, die durch Schleimhautablagerung während der Inhalation entstehen und durch Anwendung eines Spacers sowie Mundtoilette nach Applikation in ihrer Häufigkeit gemindert werden. Nur bei langfristig hohen Dosen ist mit steroidtypischen systemischen Nebenwirkungen zu rechnen. Systemische Kortikosteroide Am Ende des therapeutischen Stufenplans stehen aufgrund ihrer vielfältigen metabolischen, antiproliferativen und immunsuppressiven Nebenwirkungen die oralen Glukokortikoide. Bei der Steroid-Langzeittherapie ist die kleinste noch wirksame Dosis zu ermitteln, wobei der steroideinsparende Effekt der inhalativen Kortikoide ausgenutzt wird. Systemische Steroide besitzen einen wesentlichen Stellenwert bei akuter Verschlechterung und im schweren Asthmaanfall. Dann werden die Kortikoide in Dosierungen von 50–250 mg Prednisolon intravenös verabreicht, nach Durchbrechung der akuten Obstruktion auf orale Gabe umgestellt und stufenweise reduziert. Die alternierende Steroidtherapie, die Depot-Injektion von Steroiden und die Behandlung mit ACTH haben sich nicht bewährt. „Antiallergika/Zytoprotektiva“ Hierzu gehören im Wesentlichen Cromoglicinsäure, Nedocromil, Ketotifen und Azelastin. Sie sind nicht im Stufenschema des Asthma bronchiale aufgeführt, finden jedoch Verwendung beim allergischen Asthma bronchiale – insbesondere bei Kindern – sowie beim anstrengungsinduzierten Asthma. Als Wirkmechanismus wird eine Hemmung der Mediatorfreisetzung aus aktivierten Mastzellen (Mastzellstabilisatoren), jedoch auch aus anderen inflammatorisch relevanten Zelltypen angenommen. Die Substanzen zeigen prophylaktischen Effekt, wenn sie mehrere Wochen vor der erwarteten Allergenexposition (z. B. Pollen im Frühjahr) angewendet werden. Die Wirksamkeit ist im Vergleich zu inhalativen Steroiden deutlich geringer. β-Sympathomimetika Sie werden inhalativ eingesetzt, in Einzelfällen jedoch auch intravenös bzw. subkutan (Status asthmaticus) oder oral (Ausreizen aller Möglichkeiten einer Dauertherapie). Sie wirken schnell und stark bronchodilatierend, erhöhen die mukoziliare Clearance und reduzieren das bronchiale Schleimhautödem. Neben der glatten Muskulatur beeinflussen sie die Mastzellfunktion und greifen so in der asthmatischen Frühphase ein, sind jedoch ohne wesentlichen Einfluss auf die Entzündungsreaktion in der Bronchialschleimhaut und die bronchiale Hyperreaktivität. Zu den wichtigsten als Aerosol eingesetzten Substanzen gehören die mit kurzer Halbwertszeit (HWZ) von 4–6 h (Fenoterol, Salbutamol, Terbutalin, Reproterol) und jene mit langer HWZ von 8–12 h (Clenbuterol, Formoterol, Salmeterol). Die Gruppe der lang wirkenden β-Sympathomimetika ist für die Akuttherapie der Atemwegsobstruktion ungeeignet, hat aber deutliche Vorteile in der Dauertherapie (morgendliche und abendliche inhalative Anwendung) und beim nächtlichen Asthma bronchiale (Durchschlafschutz) und sollte in Kombination mit inhalativen Kortikoiden eingesetzt werden. Nebenwirkungen: Tremor, Tachykardien und bei Überdosierung Rhythmusstörungen. Methylxanthine (Theophyllin) Sie haben einen geringeren bronchospasmolytischen Effekt (Hemmung der Phosphodiesterase) als β-Sympathomimetika. Gleichzeitig wird die Entzündungsreaktion in der hyperreagiblen Bronchuswand beeinflusst. Theophyllin kann nur oral oder intravenös angewendet in ausreichend hohen Konzentrationen die Bronchialwand erreichen. Es hat eine geringe therapeutische Breite mit einem angestrebten Blutspiegel von 10–20 mg/l. Bei Überdosierung kommt es zu Übelkeit, Tremor, Schlaflosigkeit, psychotischen Veränderungen und tachykarden Herzrhythmusstörungen (wiederholte Spiegelbestimmungen erforderlich). Theophyllin gilt als Mittel 2. Wahl, wenn inhalative Steroide und β-Sympathomimetika die Erkrankung nicht kontrollieren. Alternativ zu lang wirkenden β-Sympathomimetika kann es aufgrund der langen HWZ bei nächtlichen Asthmaanfällen eingesetzt werden. Als intravenös verabreichtes Medikament hat Theophyllin einen Stellenwert in der Behandlung des obstruktiven Notfalls. Neue Phosphodiesterase-Inhibitoren mit weniger Nebenwirkungen sind in Entwicklung. Inhalative Anticholinergika Hierzu zählen Ipratropiumbromid und Oxitropiumbromid. Da nicht in jedem Fall eine relevante Beteiligung des Parasympathikus an der obstruktiven Reaktion vorliegt, werden sie nur im Einzelfall und in Kombinationsbehandlung eingesetzt. Weitere Pharmaka Oral verfügbare Leukotrienantagonisten können eine Alternative zur niedrig dosierten inhalativen Kortikoidtherapie beim milden Asthma darstellen. Sie scheinen auch eine gute Wirkung beim Analgetika-Asthma zu besitzen. Die subkutane Gabe des Anti-IgE-Antikörpers kann bei Patienten helfen, die auf eine ausgebaute Therapie nicht ansprechen. Sogenannte Mukolytika wie Acetylcystein, Bromhexin oder Ambroxol können in Einzelfällen, bei sehr zähem Schleim, hilfreich sein, gehören aber nicht zur Standardtherapie. Bei nächtlichen Beschwerden oder zusätzlichem gastroösophagealem Reflux können Protonenpumpenhemmer Abhilfe schaffen (Kap. 15.4.6). Nichtpharmakologische Ansätze Sie beruhen auf Atemschulung und Klimabehandlung (Höhenaufenthalt). Verlauf und Prognose 50–80% der Asthmapatienten haben – z. T. unter chronischer Therapie – eine gute Prognose ohne Einschränkung der Lebenserwartung. Eine chronische fixierte Atemwegsobstruktion mit Übergang in eine chronisch obstruktive Bronchitis ist dagegen mit deutlich eingeschränkter körperlicher Belastbarkeit und erhöhter Letalität verbunden. Als Komplikationen kommt es selten zur Entwicklung einer allergischen bronchopulmonalen Aspergillose. Selten besteht ein Asthma bronchiale im Rahmen eines Churg-Strauss-Syndroms (neurologische Symptome, Granulome) oder eines Karzinoids (später Beginn, Diarrhö, Flush). Ebenso selten sind: Bewusstseinstrübung mit Beatmungspflicht, Status asthmaticus oder akut lebensbedrohlicher Pneumothorax bei Bronchospastik. ZUSAMMENFASSUNG
Chronische Bronchitis und chronisch obstruktive BronchitisSynonyme: Raucherhusten, COPD PraxisfallEin 66-jähriger Mann stellt sich wegen zunehmender Belastungsdyspnoe und zuletzt Ruhedyspnoe vor. Des Weiteren klagt er über chronischen Husten mit weißlichem und zuletzt zunehmend gelbem Auswurf. Der Patient raucht seit 35 Jahren 20 Zigaretten/d und hat seit 15 Jahren regelmäßigen, vor allem morgendlichen Husten mit Auswurf und einer progredienten Verschlechterung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Bei der Inspektion werden ausgeprägte Zyanose, Trommelschlägelfinger mit Uhrglasnägeln und eine fassförmige Konfiguration des Thorax festgestellt. Es bestehen beidseits Unterschenkelödeme und Zeichen der Leberstauung. Auskultatorisch: mittel- bis grobblasige Rasselgeräusche mit exspiratorischem Giemen und Brummen. Atemfrequenz von 30 Atemzügen/min. Die Blutgasanalyse ergibt eine respiratorische Globalinsuffizienz (pO2 von 45 mmHg bei einem pCO2 von 55 mmHg). Röntgenologisch finden sich tief stehende abgeflachte Zwerchfelle, einzelne Überblähungszonen und ein Infiltrat im rechten Unterfeld. Beide Hili sind deutlich verplumpt, es bestehen Kalibersprünge der großen Gefäße. Die Lungenfunktionsprüfung offenbart eine schwere obstruktive Ventilationsstörung. Diagnose: infektexazerbierte, chronisch-obstruktive Bronchitis mit Pneumonie im rechten Unterlappen und Cor pulmonale. Therapie: i.v. mit Kortikosteroiden, Theophyllin, inhalativ β2-Sympathomimetika/Parasympatholytika und Antibiotika. Zur Anhebung des arteriellen pO2 wird eine Sauerstofftherapie mit 1,5 l/min und Kontrolle des arteriellen pCO2 begonnen (Cave: Zunahme der Hyperkapnie bei Sauerstoffüberdosierung aufgrund sinkenden Atemantriebs). Die Rekompensation des Patienten gelingt innerhalb von 2 Tagen, der pCO2 stabilisiert sich bei 45 mmHg, O2-Supplementation und medikamentöse Therapie werden zunächst beibehalten. Definition Vorliegen einer persistierenden Entzündung des Tracheobronchialbaums über mind. je 3 Monate in 2 aufeinanderfolgenden Jahren, mit Husten und Auswurf (mukös oder purulent) verbunden. Im weiteren Verlauf meist Übergang in eine chronisch-obstruktive Bronchitis, eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Kriterium hierfür ist eine auch unter optimaler antiobstruktiver Therapie nicht voll reversible Dauerobstruktion (chronische Obstruktion). Epidemiologie Ca. 20% der erwachsenen Männer leiden an chronischer Bronchitis, wobei sich eine gesundheitliche Beeinträchtigung erst schleichend, meist im höheren Lebensalter, entwickelt. 50% der Raucher über 40 Jahre erkranken, Männer sind häufiger betroffen als Frauen (3:1). In England sterben ca. 30 000 Menschen/Jahr an den Folgen der chronischen Bronchitis. Sie beeinträchtigt erheblich Berufs- und Erwerbsfähigkeit. Im Mittel führt die Erkrankung zu einer um 10 Jahre vorgezogenen Invalidität. Aktuell ist die COPD die vierthäufigste Todesursache weltweit mit steigender Tendenz. Ätiologie und Pathogenese Multifaktoriell: Eine Vielzahl exogener Schädigungsfaktoren sowie virale und bakterielle Infektionen können auf der Basis einer genetisch verankerten Prädisposition oder eines erworbenen Defekts der bronchopulmonalen Abwehr zur Manifestation des Krankheitsbildes führen. Häufigste Ursache unter den exogenen Faktoren ist das Inhalationsrauchen. Rauchen begünstigt über Schleimhautirritation und Lähmung des Zilientransports Atemwegsinfektionen und chronische Entzündungen. Es besteht eine direkte Proportionalität zur Menge und Dauer des täglichen Zigarettenkonsums. Insgesamt ist das Rauchverhalten für 80–90% des Risikos, eine chronische Bronchitis zu entwickeln, verantwortlich. Bei Rauchern fällt die Lungenfunktion beschleunigt ab (gemessen als FEV1-Abfall pro Jahr; Abb. 10.8 ). Passivrauchen führt insbesondere bei Kindern zur höheren Prävalenz von akuten Atemwegserkrankungen und zur geringen, aber messbaren Einschränkung der Lungenfunktion. Bislang ist nicht belegt, ob Passivrauchen als Kind auch die Entwicklung einer chronischen Bronchitis im höheren Lebensalter beeinflusst. Bei Erkrankten kann die Luftverschmutzung durch Nitrosegase, Schwefeloxide und Ozon zu einer erheblichen Verschlechterung des Krankheitsbildes beitragen. Diese ist gegenüber dem Inhalationsrauchen in ihrer ätiologischen Relevanz aber untergeordnet. Abnahme des Lungenfunktionsparameters FEV1 in Abhängigkeit vom Alter. Inhalationsnoxen am Arbeitsplatz (z. B. chemische Dämpfe, Gase, Industriestäube wie Isocyanate, Ammoniak, Chlorgasverbindungen, Lösungsmitteldämpfe, Kohle- und Metallstäube) stellen weitere Risikofaktoren dar. Eine konstitutionelle Prädisposition kann bislang nur in den wenigsten Fällen genau definiert werden: Beeinträchtigte bronchopulmonale Abwehrreaktionen begünstigen chronische bronchiale Entzündungsreaktionen. Die chronische Irritation der Bronchialschleimhaut führt zu Hypertrophie und Hyperplasie der Schleim produzierenden Zellen. Es kommt zum Bronchialwandödem und zur chronischen Infiltration mit inflammatorischen Zellen. Diese Veränderungen werden von einer Hyperplasie und Metaplasie des Bronchialepithels begleitet, die durch weitgehenden Verlust des Zilienbesatzes und Verlangsamung des Zilienschlages die mukoziliare Clearance beeinträchtigen. Dies bewirkt gemeinsam mit der Mukushypersekretion die pathologischen Schleimmengen (Dyskrinie) mit Obstruktion der Bronchien. Eine Kontraktion der „chronisch irritierten“ Bronchialmuskeln kommt hinzu. Im chronischen Verlauf beeinträchtigen die Entzündungsprozesse die Stabilität der Bronchien und Bronchiolen, die bis zu einem exspiratorischen Bronchialkollaps führen kann. Bei Erweiterung der Lufträume distal der terminalen Bronchiolen, Destruktion und Rarefizierung von Alveolarsepten spricht man von Emphysembildung. Chronische Bronchitis und Emphysem kommen häufig gemeinsam vor, sind aber formal klar zu trennen (Abb. 10.9 ). SymptomeÜber viele Jahre morgendlich gehäuft auftretender produktiver Husten als einziges Symptom, schleichender, aber auch in rezidivierenden Krankheitsschüben erfolgender Übergang zu körperlicher Beeinträchtigung und irreversibler Invalidität. Ausgelöst werden die Schübe meist durch Atemwegsinfektionen (Infektexazerbation). Das Spektrum der klinischen Erscheinungsform reicht vom Patienten mit prädominant obstruktiver Bronchitis („Blue Bloater“) bis hin zum Patienten mit überwiegender Emphysemsymptomatik („Pink Puffer“): Zwischen diesen prägnanten Typen (Tab. 10.9 ) gibt es vielfältige Übergänge. Tab. 10.9„Blue Bloater“ und „Pink Puffer“ als klassische COPD-Typen
DiagnostikAnamnese:
Klinische Untersuchung: erfasst pulmonale und kardiale Insuffizienzzeichen:
Röntgenaufnahme der Thoraxorgane
Lungenfunktionsprüfung zur Quantifizierung und Verlaufskontrolle ( Kap. 10.3 )
Laborchemische Untersuchungen
Therapie
Ergänzt wird die Therapie durch:
Bei deutlicher arterieller Hypoxämie (pO2 < 55 mmHg in der infektfreien stabilen Phase) muss zur Verhinderung einer pulmonalen Hypertonie eine O2-Langzeittherapie durchgeführt werden. Da beim Blue Bloater aufgrund der Gewöhnung an chronisch erhöhtes pCO2 das pO2-Sensing der entscheidende Regulator der Atemtätigkeit sein kann, muss hier initial eine engmaschige Kontrolle der Blutgase erfolgen, um einen pCO2-Anstieg mit CO2-Narkose zu vermeiden. Wiederholte Aderlässe sind zur Senkung der Blutviskosität indiziert bei deutlich erhöhten Hämatokritwerten (> 55%). Eine Indikation zur künstlichen Beatmung besteht bei akuter Dekompensation, die durch die genannten Maßnahmen nicht beherrschbar ist. Diese sollte als nichtinvasive Maskenbeatmung begonnen werden. Im chronisch-dekompensierten Stadium mit Erschöpfung der Atemmuskulatur können durch nächtliche Masken-Heimbeatmung (z. B. im BIPAP-Modus; Kap. 10.8) eine Erholung der Atemmuskulatur und eine Besserung der respiratorischen Insuffizienz erreicht werden. Häufig besteht zusätzlich eine obstruktive Schlafapnoe (Kap. 10.13.1). Ein speziell ausgerichtetes physiotherapeutisches Rehabilitationsprogramm kann die Folgen der Erkrankung auf die Muskulatur und die körperliche Leistungsfähigkeit bessern (Lungensport). Operative Therapie: Kapitel 10.3.2 „Lungenemphysem“. Schematische Übersicht zu den obstruktiven Atemwegserkrankungen. Das nichtproportionale Diagramm zeigt die Überschneidungen der Patientenkollektive. Die chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) (4–9) repräsentieren ein Mischkollektiv, bei dem eine irreversible Atemwegsobstruktion auch unter optimalen Therapiemaßnahmen chronisch persistiert. Asthma bronchiale (10) ist charakterisiert als Atemwegserkrankung mit Perioden reversibler Atemwegsobstruktion. Asthmapatienten mit zwar weitgehend reversibler akuter Obstruktionskomponente, jedoch lungenfunktionell nachweisbarer dauerhafter Restobstruktion werden einem Asthma-COPD-Mischkollektiv zugeordnet (7, 8, 9). Chronische Bronchitis und Lungenemphysem mit Atemwegsobstruktion liegen oft gleichzeitig vor (5). Die klinischen Extremvarianten sind „Blue Bloater“ (chronischer Bronchitistyp, 4) und „Pink Puffer“ (Emphysemtyp, 6). Patienten mit chronischer Bronchitis und/oder Emphysem ohne Obstruktionen werden bis zur Ausbildung einer messbaren Atemwegsverengung nicht als COPD-Patienten klassifiziert (1, 2, 3). Verlauf und Prognose Ernährungsstörung (Kachexie bzw. Adipositas), Atrophie der Skelettmuskulatur, Knochenabbau, endotheliale Dysfunktion, Depressivität und Schlafstörungen können Auswirkungen der Erkrankung, aber auch Nebenwirkung der Therapie (Steroide) sein und die Symptomatik verstärken. Exposition zu inhalativen Noxen (Zigarettenrauchen) erhöht das Karzinomrisiko. Prognostisch limitierend sind die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie mit Cor pulmonale und zunehmende respiratorische Partial- und Globalinsuffizienz mit Hypoxämie und Hyperkapnie trotz optimaler Therapie. Allgemein ist die Prognose der chronischen Bronchitis statistisch eng mit dem Ausmaß der Atemwegsobstruktion verknüpft: Fällt das FEV1 auf unter 30% der altersentsprechenden Norm in Verbindung mit chronisch erhöhtem pCO2, so liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei nur ca. 30%.
ZUSAMMENFASSUNG
Lungenemphysem (einschließlich α1-Proteaseinhibitor-Mangel)F. Grimminger, F. Reichenberger, W. Seeger Synonym: Emphysem, α1-Antitrypsin-Mangel PraxisfallEine 42-jährige untergewichtige (52 kg, 174 cm) Anwältin (Nichtraucherin), die keinen Inhalationsnoxen ausgesetzt ist, stellt sich wegen progredienter Belastungsdyspnoe vor. Tachypnoe, tief stehende Lungengrenzen, leises Atemgeräusch und hypersonorer Klopfschall fallen bei der körperlichen Untersuchung auf. Röntgenologisch beidseits tief stehende Zwerchfelle, vermehrte Strahlentransparenz der Lungen. Lungenfunktion: erhebliche Zunahme von Residual- und intrathorakalem Gasvolumen. Die Obstruktion ist vorwiegend Folge eines Kollapses der kleinen Atemwege bei forcierter Exspiration. Es liegt eine arterielle Hypoxie bei Normokapnie vor. Serum-Elektrophorese: Erniedrigung des α1-Globulins auf 0,6%. Einen deutlich verminderten Wert von 15% ergibt die quantitative Bestimmung des α1-Proteaseinhibitors. Diagnose: Phänotypisierung belegt Lungenemphysem bei schwerem angeborenem α1-Proteaseinhibitor-Mangel mit Homozygotie für das seltene Defektallel Z (ZZ). Therapie: antiobstruktiv, O2-Langzeittherapie, wöchentliche Substitutionstherapie mit humanem α1-Proteaseinhibitor. Definition Irreversible Erweiterung der distal der Bronchioli terminales liegenden Atemwege und Alveolarstrukturen durch chronisch-entzündliche Prozesse mit Destruktion der Alveolarsepten. Epidemiologie Das Lungenemphysem ist in jedem 10. Fall die Haupttodesursache (respiratorische Globalinsuffizienz) und lässt sich in ca. 40% aller Obduktionsfälle morphologisch nachweisen. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen. Bei 70% zeigt sich ab dem 70. Lebensjahr morphologisch ein Emphysem als senile Degenerationserscheinung der Lunge (Altersemphysem). Ätiologie und Pathogenese
Trotz bevorzugter Kombination mit dem zentroazinären Emphysemtyp kann eine Atemwegsobstruktion bei allen Typen in Erscheinung treten. Es handelt sich um ein obstruktives Emphysem mit Überschneidungen innerhalb der Erkrankungen der COPD-Gruppe (Abb. 10.9). Das viel häufigere zentroazinäre Emphysem hat dieselbe Ätiologie wie die chronische Bronchitis (Hauptrisikofaktor Inhalationsrauchen, gefolgt von Umweltgiften und irritativen Arbeitsstoffen). Ferner werden auch hier bislang nicht näher identifizierte Antiproteasedefekte als endogene Faktoren vermutet. Antiproteasen schützen das Lungengewebe vor proteolytischem Abbau durch leukozytär oder bakteriell freigesetzte Enzyme (z. B. Elastase). „Protease-Antiproteasen-Imbalance-Konzept“: Die Aktivität der leukozytären Proteasen nach getätigter Abwehrfunktion im Rahmen von (manifesten oder latenten) Infektionen wird durch absoluten/relativen Mangel an Inhibitoren nicht gehemmt. Durch die Proteolyse von extrazellulärer Matrix kommt es dann zur Zerstörung der Alveolenarchitektur. In Übereinstimmung mit diesem Konzept tritt beim seltenen (1–2% der Emphyseme) schweren hereditären α1 -Pi-Mangel (s. u.) schon im 3. und 4. Lebensjahrzehnt ein schweres Lungenemphysem auf. 049 Abbildung: Formen des Lungenemphysems. SymptomeZum zentroazinären Emphysem bei chronischer Entzündung der distalen Atemwege siehe Tabelle 10.9, „Pink Puffer“. Kardinalsymptom ist die Dyspnoe. Beim ausschließlichen Emphysem evtl. komplett fehlende Zeichen der Bronchitis (Husten, Sputum, wiederholte bronchiale Infektionen), ansonsten identische Symptome. Schwere arterielle Hypoxie und Hyperkapnie werden durch Atemanstrengung lange vermieden. Bei Atemwegsinfekten mit mukopurulentem Sputum: evtl. rasch schwerste Dyspnoe und Dekompensation. Diagnostik
050 Abbildung: Röntgen-Thorax bei Emphysem.
TherapieBeim obstruktiven Emphysem gilt der Stufenplan in Tabelle 10.10. Basistherapie: Krankengymnastik zur Verbesserung der Atemtechnik, Meiden inhalativer Noxen, konsequente Prophylaxe und Therapie bronchopulmonaler Infektionen. Außerdem:
Verlauf und Prognose Kap. 10.3.2, „Chronische Bronchitis und chronisch obstruktive Bronchitis“, häufig Entwicklung eines Pneumothorax. ZUSAMMENFASSUNG
α1-Proteaseinhibitor-MangelSynonym: α1-Antitrypsin-Mangel Definition Pathologische Phänotypen von α1-Antitrypsin mit erniedrigter Konzentration im Serum auf < 40% der Norm. Klinische Manifestationen: panlobuläres Lungenemphysem bzw. Leberzirrhose. α1-Antitrypsin ist neben α1-Makroglobulin und sekretorischem Leukoproteaseinhibitor der wichtigste im Serum vorkommende Proteaseinhibitor (Pi) und hemmt u. a. Trypsin, Neutrophilenelastase. Es ist ein vorwiegend in der Leber synthetisiertes Akute-Phase-Protein, macht 85% der α1-Globulin-Fraktion des Serums aus und kommt in einer Konzentration von 0,9–2,0 g/l vor. Epidemiologie Die Prävalenz der pathologischen homozygoten Form des α1-Antitrypsins (PiZZ) liegt bei < 0,2%, die Inzidenz bei ca. 0,03%. In Deutschland sind etwa 700 Patienten homozygot betroffen. Bei ca. 1–2% mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung und -emphysem besteht ein α1-Antitrypsin-Mangel, derzeit wird die Erkrankung zu selten diagnostiziert. Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen. Genetik und Pathogenese Die Synthese von α1-Antitrypsin hauptsächlich in der Leber wird von 2 autosomal-kodominanten Allelen auf Chromosom 14 kontrolliert. Durch Mutationen des Pi-Gens entstehen Varianten, die entsprechend ihrer elektrischen Mobilität bei isoelektrischer Fokussierung mit Großbuchstaben gekennzeichnet werden:
Die Mutationen führen zu Konformationsänderungen des Moleküls und so zur Störung der Sekretion. Die Folgen sind:
051 Tabelle: Serumkonzentrationen Manifestation
DiagnostikDiagnosekriterien:
Ein Patient mit α1-Antitrypsin-Mangel und dessen Geschwister sollten regelmäßig auf das Vorliegen einer hepatischen oder pulmonalen Manifestation untersucht werden (Kap. 10.3.2 „Lungenemphysem“ bzw. Kap. 15.7.7). Therapie
Verlauf und Prognose Beim homozygoten Phänotyp können bereits Säuglinge und Kinder an chronischer Hepatitis erkranken, wobei sich bei 3–10% Leberfibrose und -zirrhose entwickeln, während es bei ⅔ zur Normalisierung der Leberfunktion kommt. Bei Erwachsenen wird das Fortschreiten des Lungenemphysems durch adäquate und rechtzeitige Therapie und Nikotinstopp verhindert. Bei Lebermanifestation: Vermeidung zusätzlicher Leberschädigung (Alkohol, Hepatitis C, Immunisierung gegen Hepatitis A und B), Tumorscreening. LITERATUR
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KEYWORDSacute bronchitis ♦ acute laryngitis ♦ acutepharyngitis ♦ acute rhinitis ♦ acute sinusitis ♦ alpha1 proteinase inhibitor deficiency ♦ atelectasis ♦ bronchial asthma ♦ bronchiectasis ♦ chronic bronchitis ♦ chronic obstructive pulmonary disease (COPD) ♦ common cold ♦ cystic fibrosis ♦ emphysem ♦ emphysema ♦ mukoviszidose ♦ stenosis of bronchus and trachea 10.4. Infektiöse Erkrankungen des Lungenparenchyms10.4.1. PneumonienSynonym: Lungenentzündung PraxisfallEin 54-jähriger Patient ohne wesentliche Vorerkrankungen erkrankt innerhalb eines Tages mit hohem Fieber (39,6 °C), Schüttelfrost, Husten mit gelb gefärbtem Auswurf und Dyspnoe. Er raucht seit 30 Jahren ca. 20 Zigaretten pro Tag. Bei der körperlichen Untersuchung zeigen sich eine mit 32/min erhöhte Atemfrequenz sowie eine leichte Lippenzyanose und Nasenflügelatmen. Über dem rechten Lungenoberfeld finden sich ein abgeschwächter Klopfschall und ohrnahe feinblasige Rasselgeräusche. Blutbild: Leukozytose von 15 400/μl mit Linksverschiebung. Röntgenaufnahme des Thorax: Lobärpneumonie im rechten Oberlappen (Abb. 10.10 ), was eine Pneumokokken-Infektion sehr wahrscheinlich macht. Unter Therapie mit hoch dosiertem Amoxicillin heilt die Pneumonie komplikationslos ab. Aus dem vor der ersten Antibiotikagabe gewonnenen Sputum werden inzwischen Pneumokokken nachgewiesen, die im Antibiogramm auf Penicilline empfindlich sind. Lobärpneumonie im rechten Oberlappen, verursacht durch Pneumokokken. Definition Entzündliche Erkrankungen des Lungenparenchyms mit vielen Erscheinungsformen, ausgelöst durch infektiöse Agenzien (Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen). Meist zeigen sie einen akuten Beginn und heilen vollständig aus, können jedoch auch tödlich verlaufen oder selten einen chronischen Verlauf mit irreversiblem Gewebeumbau nehmen. Epidemiologie Die ambulant erworbene Pneumonie ist die häufigste Infektionskrankheit in den Industrienationen und die dritthäufigste Todesursache weltweit. Die Inzidenz im mittleren Erwachsenenalter wird bei erheblicher Dunkelziffer auf 8–15 Fälle/1000 Personen geschätzt, bei über 65-Jährigen steigt sie auf bis zu 30 Fälle/1000 Personen. Insgesamt geht man von ca. 700 000 Fällen/Jahr in Deutschland aus, von denen ca. ⅓ im Krankenhaus behandelt werden. Nosokomiale Pneumonien sind die wichtigsten im Krankenhaus erworbenen Infektionen (0,5–1% aller Krankenhauspatienten, 120 000 Fälle pro Jahr). Ätiologie und Pathogenese Die Erreger gelangen meist über den Atemtrakt in die Lungen (Tröpfchen- oder Aerosolinhalation, Aspiration von oropharyngealem Sekret), selten als hämatogene Aussaat mit pulmonaler Absiedlung oder Ausbreitung per continuitatem von einem benachbarten Fokus (z. B. subphrenischer Leberabszess). Bei weiterer Entwicklung werden die verschiedenen Abwehrmechanismen des Respirationstrakts (z. B. mukoziliäre Clearance, vom Bronchialepithel sezernierte Defensine, Hustenreflex, Alveolarmakrophagen, pulmonale Lymphozyten mit spezifischer Immunabwehr, im Kapillarbett der Lunge angereicherte Granulozyten und Monozyten, die rasch in Interstitium und Alveolarraum rekrutiert werden können) überwunden. Zahlreiche prädisponierende Faktoren (z. B. pulmonale Vorerkrankungen wie COPD oder Bronchiektasen oder allgemeine Abwehrschwäche bei HIV-Infektion, Leukämien u. a.) und auslösende Ereignisse (z. B. Aspiration von Mageninhalt und Speisen, Lungenembolie mit Infarzerung u. a.) begünstigen die Entwicklung einer Pneumonie. Wird die Infektion durch die Abwehrmechanismen nicht mehr beherrscht, prägen typische Entzündungsprozesse das Lokalgeschehen:
Meist wird dadurch die Infektion begrenzt und die Ausbreitung der Erreger verhindert. Entzündungsprozesse klingen ab, Ödem, Fibrin und Zelldetritus werden resorbiert bzw. phagozytiert, es kommt zur Restitutio ad integrum. Bei Ausbreitung der Entzündung in der Lunge muss diese trotzdem den Gasaustausch meist durch Vasokonstriktion (nicht wie sonst bei Entzündungen durch Vasodilatation!) in den betroffenen Bezirken (Euler-Liljestrand-Mechanismus) sicherstellen. Versagt dieser, z. B. aufgrund der Wirkung vasoaktiver Entzündungsmediatoren, kommt es zur dramatischen Zunahme des Shuntflusses mit der Folge schwerer arterieller Hypoxämie. Diese tritt auch auf, wenn durch starke Ausbreitung der Entzündung die Gasaustauschfläche kritisch reduziert wird. Hier kommt es zunächst zur sog. Erfordernishyperventilation, die Patienten können in der akuten respiratorischen Insuffizienz versterben (sog. parapneumonisches ARDS). Über die sehr große Gefäßoberfläche der Lunge werden evtl. Bakterien, mikrobielle Toxine und inflammatorische Mediatoren in den Blutkreislauf mit der Folge einer Sepsis freigesetzt, was trotz intensivmedizinischer Maßnahmen tödlich verlaufen kann. Einteilung der Pneumonien: Logisch erscheint eine Orientierung am Erreger (Bakterien, Viren, Mykoplasmen, Chlamydien, Pilze). Im klinischen Alltag ist diese Einteilung jedoch nicht praktikabel, da eine schnelle Keimidentifikation unmöglich ist. Außerdem muss wegen der Komorbidität der Patienten und des besonderen Infektionsspektrums im Krankenhaus mit z. T. sehr unterschiedlichen Erregern gerechnet werden (Tab. 10.11 ), was unmittelbare Konsequenzen für Therapie und Prognose hat. Daher ist die wichtigste Einteilungskategorie:
Tab. 10.11Typische vs. atypische Pneumonie∗
Weitere Einteilung:
052 Abbildung: Prädisponierende Faktoren und auslösende Ereignisse einer Pneumonie. 053 Abbildung: Interstitielle Pneumonie. SymptomeTabelle 10.11: Zwischen diesen „Eckwerten“ bewegen sich nahezu alle Pneumonieformen. Besonderheiten sind unten aufgeführt. Von großer praktischer Bedeutung sind:
Ist bei diesem CRB-65 Score ein Parameter positiv, wird eine stationäre Behandlung des Patienten empfohlen. Ältere Patienten entwickeln häufig selbst bei der klassischen Lobärpneumonie durch Pneumokokken weder hohes Fieber noch Leukozytose, vielmehr frühzeitig Somnolenz, Exsikkose und Tachykardie. DiagnostikDie Befragung des Patienten erfasst prädisponierende Faktoren und Begleitumstände (Auslandsreise, Pneumonie ambulant/im Pflegeheim/im Krankenhaus erworben). Körperliche Untersuchung
Röntgenbild
Keimnachweis Zur Erregerisolierung wird primär spontan expektoriertes mit wenig Speichel (in der Mikroskopie nur wenige Epithelzellen) Sputum eingesetzt, das in 2–3 h bearbeitet werden muss: mikroskopische Inspektion nach Gramfärbung, anschließend Anlegen einer Kultur mit der Möglichkeit der In-vitro-Resistenztestung bei positivem Keimnachweis. Dieser Keimnachweis gelingt in max. 50% d.F. Alternative Materialien: Trachealsekret (transtracheale Aspiration), Bronchialsekret sowie bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit (bronchoskopische Gewinnung). Blutkulturen werden bei septischem Krankheitsbild abgenommen. Aus dem Begleitpleuraerguss können auch Erreger isoliert werden. Bei Versagen: evtl. Lungenbiopsie (transbronchial, transthorakal, offen). Laboruntersuchungen BSG, CRP, Leukozytose, Linksverschiebung. Bei Verdacht auf atypische Pneumonie ist eine serologische Diagnostik akut nicht hilfreich, u. a. weil ein signifikanter Anstieg der Antikörpertiter erst mit zeitlicher Verzögerung von einigen Wochen auftritt. In besonderen Fällen kommen molekularbiologische Untersuchungen im Serum oder in Bronchialsekret zum Einsatz (z. B. Nachweis von CMV-pp65-Early-Antigen oder -DNA bei immunsupprimierten Patienten). Bei vermuteter Legionellen-Pneumonie (Reiseanamnese, s. u.) ist der Legionellen-Antigentest im Urin sehr sinnvoll. Weitere diagnostische Maßnahmen Evtl. CT-Thorax bei Verdacht auf Infarktpneumonie oder bei immunsupprimierten Patienten, Bronchoskopie bei therapieresistenten Infiltraten, gezielte Probenentnahme durch Spülung, bronchoalveoläre Lavage, Bürstung und Biopsie zur Diagnosesicherung.
TherapiePräventive Maßnahmen:
Ambulant erworbene Pneumonie Eine kalkulierte Antibiotikatherapie ohne Keimnachweis, welche sich nach dem wahrscheinlichen Erreger richtet ( Tab. 10.12, Tab. 10.13) ist gerechtfertigt. Bei unkomplizierten Fällen sind Amino-Penicilline Medikamente der ersten Wahl. Bei Vorliegen von Grundkrankheiten (z. B. COPD) empfehlen sich primär Amino-Penicilline in Kombination mit β-Laktamase-Inhibitoren oder neuere Fluorchinolone wie Levofloxacin oder Moxifloxacin. Die Therapiedauer sollte 7–10 Tage nicht überschreiten. Tab. 10.12Spektrum der Pneumonieerreger in Abhängigkeit von Begleitumständen und typischen Befunden
Tab. 10.13Vorschläge zur Antibiotikatherapie bei Pneumonien mit bekanntem Erreger und evtl. vorliegender Resistenztestung
Nosokomiale Pneumonie Hier und bei Pneumonie bei Abwehrschwäche erfolgt vor Beginn einer Antibiotikatherapie eine Diagnostik zur Keimsicherung. Dann wird mit einer kalkulierten, intravenösen Therapie abhängig von klinischem Bild und Umständen begonnen, die später bei Kenntnis des Erregers und seiner Resistenzlage ggf. korrigiert wird. Zu empfehlen sind β-Laktam-Antibiotika mit Pseudomonasaktivität in Kombination mit Makroliden oder neueren Fluorchinolonen, bei V. a. Staphylokokken-Infektion Ergänzung durch Gabe von Vancomycin. Die Therapiedauer einer nosokomialen Pneumonie liegt bei 7 Tagen (länger bei Infektion durch Pseudomonas bzw. andere Nicht-Fermenter). Allgemeine Maßnahmen Begleitende Maßnahmen: Nikotinkarenz, Bettruhe, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Atemgymnastik mit Hilfestellung beim Abhusten, ggf. Gabe von Mukolytika und antiobstruktive Therapie sowie Thrombosepro phylaxe. Die Sauerstoffzufuhr erfolgt entsprechend den kapillären/arteriellen Blutgasen. Rechtzeitige Intubation mit invasiver Beatmung bei ausgeprägter, durch nasale Sauerstoffzufuhr nicht korrigierbarer Hypoxämie sowie Zeichen beginnender hypoxischer Organschädigung und zunehmender atemmuskulärer Erschöpfung. Diese kann jedoch in einigen Fällen durch eine nicht-invasive Maskenbeatmung verhindert werden. Verlauf und Prognose Die Letalität einer außerhalb des Krankenhauses erworbenen und ambulant behandelbaren Pneumonie liegt bei 1%. Bei einer ambulant erworbenen krankenhauspflichtigen Pneumonie beträgt die Letalität jedoch > 10%, bei nosokomialer ca. 20% und bei der ventilatorassoziierten Pneumonie bis zu 50%. Die individuelle Prognose bewegt sich innerhalb dieses Spektrums, wobei Vorerkrankungen, Immunstatus, auslösendes Ereignis, Patientenalter, verantwortlicher Erreger sowie Ort des Erwerbs der Pneumonie wesentliche Determinanten sind. Prognostische Parameter, die bereits bei Diagnosestellung auf einen ungünstigen Verlauf hinweisen, sind niedriger Blutdruck, hohe Atemfrequenz, Bewusstseinstrübung sowie Anstieg von Kreatinin/Harnstoff. Als Komplikationen treten häufig Pleuritis, Pleuraempyem (bei Pneumokokken), bei Immunsupprimierten Karnifizierung (Fibrosierung bei chronischem Verlauf) und pneumogene Sepsis und selten Lungenabzess, parapneumonisches ARDS und Hämolyse durch Kälteagglutinine bei Mykoplasmenpneumonie auf. ZUSAMMENFASSUNG
Besonderheiten einzelner PneumonieformenVirale PneumonienSie sind meist durch Influenza-A oder -B bzw. durch Parainfluenza- oder Adenoviren verursacht und verlaufen im Allgemeinen leichtgradig, führen aber evtl. zu bakteriellen Superinfektionen. Viren der Herpesgruppe (Herpes-simplex-, Varicella-Zoster-, Zytomegalievirus) können speziell bei Immunsupprimierten Pneumonien hervorrufen. Diagnostik: serologisch oder über Genomnachweis in der Bronchiallavage mittels PCR. Therapie: spezifische Virostatika (Herpesgruppe: Aciclovir, Ganciclovir, Valaciclovir; Influenza: Amantadin, Zanamivir, Oseltamivir). Das Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS) ist eine Pneumonie, die 2003 zuerst in China auftrat, durch den weltweiten Reiseverkehr aber in alle Kontinente verschleppt wurde. Als Erreger wurde ein neues Corona-Virus gefunden, die Sterblichkeit betrug ca. 10%. Durch Einhaltung hygienischer Schutzmaßnahmen konnte die SARS-Epidemie beendet werden. Auch das H5N1-Influenza-Virus, der Erreger der Vogelgrippe, kann bei Übertragung auf den Menschen zu einer Pneumonie führen. Die bisherigen wenigen Erkrankungsfälle sind hauptsächlich in Vietnam und Thailand aufgetreten und waren mit einer hohen Letalität von ca. 50% verbunden. Ob dieses Virus eine neue Influenza-Pandemie auslösen wird, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. Atypische PneumonienTabelle 10.14 . Tab. 10.14Atypische Pneumonien
Die Therapie erfolgt mit Makroliden oder Fluorchinolonen. Bei schweren Verläufen der Legionellenpneumonie wird zusätzlich Rifampicin empfohlen, Therapeutikum der Wahl beim Q-Fieber ist Doxycyclin. Die Therapiedauer bei den beiden letztgenannten Erkrankungen sollte 3 Wochen betragen. Pneumonien bei ImmunsuppressionHierzu zählen Pneumonien durch Viren der Herpesgruppe (siehe oben) und folgende: Pneumocystis-Pneumonie Die interstitielle Pneumonie wird durch Pneumocystis jirovecii (früher: carinii) insbesondere bei HIV-Infizierten verursacht. Kommt es im fortgeschrittenen Stadium zur Beatmungspflichtigkeit, ist die Letalität hoch. Daher muss der Erreger so früh wie möglich mittels mikroskopischer Untersuchung der durch Bronchoskopie gewonnenen Lavage (Standardvorgehen) oder des „provozierten Sputums“ (nach vorausgehender Inhalation hypertoner Kochsalzlösung) nachgewiesen werden. Therapie und Prophylaxe: Co-trimoxazol, bei schweren Erkrankungsfällen zusätzlich hochdosierte Cortisongabe. Pilzpneumonie Sie betrifft Patienten mit AIDS, Lymphom, Zustand nach Organtransplantation, Karzinomerkrankung oder tritt nach lang dauernder Breitspektrumantibiose, z. B. bei beatmeten Patienten, auf. Die Erreger sind in Europa Candida albicans und Aspergillus fumigatus. Die Unterscheidung zwischen Pilzbesiedlung der Atemwege und manifester pneumonischer Infektion ist schwierig. Für Letztere sprechen neben dem Erregernachweis im Trachealsekret begleitende Entzündungsparameter. Im Zweifel wird die Schleimhautinvasion mittels bronchoskopischer Biopsie nachgewiesen. Zur mykostatischen Therapie Tabelle 10.13. AspirationspneumonieVerursacht durch Übertritt von Mageninhalt (Magensäure, Speisereste) oder Nahrung aus der Mundhöhle in den Tracheobronchialbaum infolge einer Störung des Schluckreflexes. Auslösend sind:
Es kommt zur Irritation des Lungenparenchyms (Salzsäure!), oft begleitet von bakterieller Infektion. Dabei können „aspirierte“ Anaerobier neben Staphylokokken und Klebsiellen Bedeutung haben. Symptome: Fieber, Husten, Brustschmerzen (als Folge der begleitenden Pleuritis) und Auswurf (schleimig, eitrig, faulig oder auch blutig). Gasaustauschstörung, Dyspnoe und evtl. Beatmungspflichtigkeit hängen von der Größe des betroffenen Areals ab. Die Diagnose ergibt sich aus der Anamnese und der Art des aus der Lunge abgesaugten Materials. Evtl. kann ein pH-Teststreifen dessen Salzsäuregehalt dokumentieren. Radiologisch zeigen sich entzündliche Infiltrate, verbunden mit Atelektasen bzw. Dystelektasen aufgrund von Bronchusverlegungen (besonders rechts basal bei Aspiration im Stehen; bevorzugt dorsal bei Aspiration im Liegen). Therapie: initial möglichst vollständiges Absaugen des aspirierten Materials (z. B. bronchoskopisch); anschließend Antibiotikatherapie mit Berücksichtigung von Anaerobiern. Abszessbildung ist möglich, bei chronisch-rezidivierender Aspiration evtl. Entwicklung einer interstitiellen Fibrose. InfarktpneumonieEntstehung infolge einer Lungenembolie bei sekundärer Infektion des infarzierten Areals. Das Röntgenbild zeigt im typischen Fall eine keilförmige, pleuraständige Verschattung, die dem betroffenen Perfusionsareal entspricht. Neigung zu Hämoptoe und Einschmelzung mit schlechter Heilungstendenz. StrahlenpneumonieInfolge einer thorakalen Radiatio kann mit einer Latenzzeit von 1–3 Monaten eine Pneumonitis im Bestrahlungsfeld auftreten. Die Behandlung erfolgt mit hoch dosierten Kortikosteroiden, bei bakterieller Superinfektion zusätzlich mit Antibiotika. 10.4.2. LungenabszessSynonym: abszedierende Pneumonie Definition Nekrotischer Lungenbezirk mit eitrigem Inhalt. Ätiologie und Pathogenese Häufigste Ursachen sind Aspiration (Nekrosen durch Magensäure, Anaerobierinfektion) und Pneumonien mit Erregern, die ausgeprägt lytische Prozesse triggern (Staphylokokken, Klebsiellen, Anaerobier; zur Tuberkulose Kap. 10.5). Die Tendenz zur Nekrosebildung kann auch durch lokale Minderperfusion bedingt sein (z. B. Infarktpneumonie nach Lungenembolie). Multiple Lungenabszesse können bei septischen Emboli auftreten (z. B. infizierte Thrombophlebitis, i.v. Drogenabusus, Trikuspidalendokarditis). SymptomeAusgeprägtes Krankheitsgefühl mit Fieber, als Folge der pleuralen Mitbeteiligung oftmals Thoraxschmerzen, Husten und Auswurf von teils eitrigem, teils fauligem Material sowie Foetor ex ore. Diagnostik
054 Abbildung: Lungenabszess
TherapieKalkulierte (s. o.) oder besser gezielte (bei Erregernachweis) Antibiotikatherapie über Wochen, zusätzlich evtl. Physiotherapie mit Lagerungsdrainage. Bei Therapieresistenz evtl. Abszessdrainage nach außen, ansonsten chirurgische Sanierung vor allem bei vitalen Komplikationen. Verlauf und Prognose Die Letalität liegt bei 5–6% und ist erhöht bei großen (> 6 cm) oder multiplen Abszessen, prolongierten Verläufen, bakteriellen Mischinfektionen, Immuninkompetenz und hohem Lebensalter. Als Komplikation kommt es häufig zum Pleuraempyem und bei Immunsupprimierten zur pneumogenen Sepsis. LITERATUR
KEYWORDSlung abscess ♦ Pneumonie ♦ pneumonia 10.5. TuberkuloseSynonym: Schwindsucht PraxisfallOhne vorausgegangene Erkältung tritt bei dem 29-jährigen Herrn Sch. ein konstanter, nicht produktiver Husten auf. Mit der Zeit fühlt sich Herr Sch. leistungsgemindert. Er schwitzt leicht, auch nachts, und verliert in den letzten 3 Monaten 4 kg an Gewicht. Eine mit Verdacht auf Bronchitis durchgeführte Antibiotikatherapie ist erfolglos. Röntgenuntersuchung des Thorax: Infiltration mit zentraler Ringfigur im rechten Lungenoberfeld. Der Tuberkulintest ergibt bei 1 IE Tuberkulin eine sehr starke positive Reaktion. Die Verdachtsdiagnose einer kavernösen Tuberkulose im Lungenoberfeld wird durch den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputumdirektpräparat bestätigt. In der Kultur wird 8 Wochen später Mycobacterium tuberculosis nachgewiesen, die Resistenzprüfung zeigt volle Empfindlichkeit. Unter antituberkulotischer Vierfach- (3 Monate) und anschließender Zweifachtherapie (4 Monate) heilt die Erkrankung vollständig aus. 055 Abbildung: Röntgen-Thorax bei Tuberkulose. DefinitionGeneralisierte oder organbezogene bakterielle Infektionskrankheit, hervorgerufen durch obligat säurefeste Stäbchenbakterien der Spezies Mycobacterium (M.) tuberculosis. M. bovis oder africanum (fast nur in Westafrika) spielen eine geringe Rolle. Die Erkrankung ist meldepflichtig, nicht aber der Verdacht. EpidemiologieWeltweit sind rund 2 Mrd., ca. jede 3. Person, mit Tuberkuloseerregern infiziert. Die Inzidenz beträgt ca. 10 Mio. Neuerkrankungen/Jahr, vorwiegend in den Entwicklungsländern. Jährlich versterben ca. 3 Mio. daran. In Deutschland ging die Zahl der Tuberkulosefälle in den letzten Jahren kontinuierlich zurück, 2004 betrug die Inzidenz 7,8/100 000 Einwohner. Der Anteil der Ausländer an der Gesamtzahl der Erkrankten betrug ca. 33%. Über 80% aller Kranken leiden an Lungentuberkulose, davon ca. 58% an offener Tuberkulose. Bei extrapulmonalem Befall steht die Lymphknotentuberkulose mit 6,6% an 1. Stelle. ⅔ der Erkrankten sind Männer. Ätiologie und PathogeneseDurch nicht erkannte Erkrankte werden vitale Stäbchenbakterien der Spezies Mycobacterium tuberculosis, M. bovis und M. africanum durch Husten und Niesen als Aerosol verbreitet. Nur Kranke mit „offener“ Tuberkulose, d.h. mit bakterienreichem Sputum, produzieren jedoch infektiöse Aerosole. Patienten, bei denen die Bakterien nur kulturell nachgewiesen oder über den Urin ausgeschieden werden, sind keine Infektionsquelle. Das Entstehen einer Infektion (Bakterienwachstum und reaktive Veränderungen des Organismus) nach Inhalation tuberkelhaltigen Aerosols hängt von der individuellen genetischen Disposition, der Menge der inhalierten infektiösen Bakterien und der allgemeinen Abwehrlage ab. Die Inkubationszeit beträgt 5–6 Wochen. Verlauf der Erkrankung
056 Abbildung: Übersicht zur Lungentuberkulose. Symptome
DiagnostikAnamnese Familien- und Arbeitsplatzumgebung, Angaben über frühere „Lungen-“ oder „feuchte Rippenfellentzündung“, Klagen über Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme und subfebrile Temperaturen deuten auf eine Tuberkuloseinfektion hin. Körperliche Untersuchung Je nach Befall u.U. veränderter Auskultations- und Perkussionsbefund der Lunge sowie Halslymphknotenschwellung. Die begleitende körperliche Untersuchung aller Organe ist Pflicht. Labor Abhängig von der Ausprägung der Entzündung finden sich beschleunigte BSG, CRP-Erhöhung, Leukozytose mit Linksverschiebung, Vermehrung der α2-Globuline in der Elektrophorese und evtl. erniedrigtes Hämoglobin („Infektanämie“). Röntgendiagnostik Bei den einzelnen pulmonalen Tuberkuloseformen finden sich typische Veränderungen (s. u.). Zur genauen Darstellung, insbesondere von Einschmelzungshöhlen oder Lymphknotenvergrößerungen, ist ein CT der Lunge (Abb. 10.11 ) erforderlich. Thorax-CT bei 33-jähriger Patientin mit weichfleckigen Infiltraten mit Ballungen im linken Lungenoberfeld mit offener Tuberkulose. Tuberkulintest Dieser zeigt das Ausmaß der Aktivierung des Immunsystems (Allergie vom verzögerten Typ). Es sollte möglichst eine Reizschwellenbestimmung durchgeführt werden (abgestufter Tuberkulintest, Mendel-Mantoux-Test, Tuberkulin PPD RT 23 SSI 2 TU mit Verdünnung 1:10, 1:100 und 1:1000). 0,1 ml jeder Konzentration werden intrakutan in die Volarseite des Unterarms injiziert. Um eine sehr starke Reaktion mit eventueller Nekrosebildung zu vermeiden, sollte bei Verdacht auf eine aktive Tuberkulose zunächst mit niedrigen Konzentrationen getestet werden. Die Ablesung der Reaktion erfolgt nach 72 h. Eine Rötung allein ist nicht gültig, gewertet wird die tastbare Induration von mind. 6 mm Durchmesser:
Erregernachweis Nachweis durch färberisch-mikroskopische und kulturelle Untersuchungen von Materialien und Ausscheidungen, die je nach Organbefall variieren, und Amplifikationstests (PCR-Tests). Bei Verdacht auf Lungentuberkulose sollten mind. 3 Morgensputen, evtl. nach Kochsalzinhalation, gewonnen werden. Auch kann eine bronchoskopische Sekretabsaugung in Verbindung mit bronchoalveolärer Lavage und Untersuchungen von Morgenurin, Magensaft (verschluckte Bakterien aus der Lunge), Pleurapunktat, Lymphknotenpunktat, Aszites, Liquor, Gelenkflüssigkeit, Menstrualblut, Prostatasekret oder -ejakulat, Biopsiematerial nativ, Blut und Stuhlproben bei HIV-Patienten vorgenommen werden. Bei mediastinalen Lymphknoten ist evtl. die Mediastinoskopie indiziert.
Beurteilung der Infektiosität Lungentuberkulose wird entsprechend den seuchenhygienischen Bestimmungen klassifiziert:
Infektiös sind nur Patienten mit mikroskopisch nachweisbarer Tuberkelausscheidung. Offene Tuberkulosen unter Therapie sind als stabil geschlossen zu werten, wenn 3 Sputumproben im Abstand von 4 Wochen kulturell negativ bleiben. Chronische Lungentuberkulosen sind Erkrankungsformen, bei denen über 24 Monate pulmonal Bakterien ausgeschieden werden. TherapieBehandlungsgrundsätze Jede aktive Tuberkulose muss therapiert werden. Als Standardtherapie (Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, 2001) gelten das 9- bzw. 6-Monats-Regime bei wenig ausgedehnter Lungentuberkulose ohne Komplikationen. Prinzipiell ist eine kombinierte Drei- oder Vierfachbehandlung einzusetzen, um schnelle Keimreduktion, Veränderung einer Resistenzentwicklung der Mykobakterien und Sterilisierung bei persistierenden Erregern ohne Rezidivgefahr zu erreichen. Nach dem Ergebnis der Resistenzprüfung ist das Standardregime ggf. zu korrigieren. Außerdem nötig: körperliche Schonung, ausreichende Ernährung und geregelte Lebensführung. An die Initialphase der Therapie schließt sich die Stabilisierungsphase an (Tab. 10.15 ). Tab. 10.15Therapie der Tuberkulose
Antituberkulotika Sie unterscheiden sich in Wirkmechanismus, Angriffspunkt und Nebenwirkungen. Prinzipiell soll in optimaler Dosis (bezogen auf das Körpergewicht) mit morgendlicher Einmaleinnahme behandelt werden. Da die Tuberkulosebakterien sich nur langsam vermehren, sind täglich kurzzeitig hohe Therapeutikaspiegel notwendig. Die Therapie muss kontinuierlich durchgeführt werden, um Resistenzentwicklung zu vermeiden. Bei unzuverlässiger Einnahme kommt es zur Entwicklung resistenter Bakterienstämme, die therapeutische Probleme darstellen können. Dies wird für die Resistenzentwicklung in ost- und außereuropäischen Ländern verantwortlich gemacht. Für unkooperative und unzuverlässige Patienten ist daher eine kontrollierte überwachte, ggf. sogar stationäre Therapie notwendig. Bei optimaler Kooperation und guter Verträglichkeit der Medikamente kann in der Stabilisierungsphase auf intermittierende Medikamenteneinnahme an 2 Wochentagen übergegangen werden. Tuberkulostatika Bei den Basismedikamenten (Tab. 10.16 ) besitzen Isoniazid (INH) und Rifampicin RMP) den besten therapeutischen Effekt. Sie wirken sowohl auf ruhende als auch proliferierende, extra- oder intrazellulär liegende Keime bakterizid. Streptomycin (SM) wirkt nur bei extrazellulär liegenden Erregern. Wegen irreversibler Vestibularis- und Kochlearisschädigung sowie Nierenschädigung müssen regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden. Ethambutol (EMB) ist gut verträglich, wirkt bakteriostatisch, intravenös appliziert auch bakterizid. Es können jedoch meist reversible Visusschäden eintreten (Kontrolle). Das ebenso gut verträgliche Pyrazinamid (PZA) wirkt bakterizid auf intrazelluläre Bakterien und ruhende Keime im sauren Milieu. Daneben existieren als „klassische“ Reservetuberkulostatika Protionamid, Cycloserin, Capreomycin, Paraaminosalicylsäure und Tetrazyklin und seit den letzten Jahren Clarithromycin, Gyrasehemmer und Rifabutin. Zwei neue Substanzen sind noch in der Erprobung, man erhofft sich eine Verkürzung der Behandlungsdauer. Tab. 10.16Medikamentöse Therapie der Tuberkulose.
Präventive Chemotherapie
Chirurgische Resektion Indikationen sind Gewebsdefekte mit ausgedehnten Narben sowie Kavernen mit therapieresistenter Erregerausscheidung, massive Verkäsung, Empyeme mit und ohne innere Fistel, massive Lungenblutung und die Folgen tuberkulöser Bronchusstenosen. Verbliebene posttuberkulöse Resthöhlen ohne Bakterienausscheidung stellen keine Operationsindikation dar. Nachsorge Konsequente Röntgenüberwachung über 1–2 Jahre nach Therapieende! In dieser Zeit kann evtl. ein Rezidiv auftreten, während dies im späteren Verlauf nur noch selten der Fall ist. Verlauf und PrognoseUnbehandelte Lungentuberkulose ist in 50% letal, bei korrekter Therapie wird nahezu immer funktionell befriedigende Defektheilung erreicht. Die Letalität der früher ausnahmslos tödlichen Miliartuberkulose liegt heute noch bei > 50%. Durch die Umgebungsuntersuchung nach einer Meldung sollen die mögliche Ansteckungsquelle und ggf. weitere Erkrankte frühzeitig erkannt werden. Als Komplikationen treten häufig Hämoptysen und bei Immunsupprimierten Sepsis und selten ein Pneumothorax auf.
ZUSAMMENFASSUNG
Einzelformen thorakaler TuberkuloseLungentuberkuloseSynonym: Schwindsucht Diese kann als Primärinfektion (progrediente Primärtuberkulose) oder als postprimäre Tuberkulose bei Reaktivierung auftreten. Gemäß der vorausgegangenen Erregerstreuung (lymphogen, hämatogen, bronchogen) und der immunologischen Abwehrlage bilden sich verschiedene Erscheinungsformen aus. Klinisch wird eine Ersterkrankung (Erstmanifestation einer Organtuberkulose) von einem Rezidiv (erneutes Aufflammen einer als geheilt angesehenen Lungentuberkulose) mit schlechterer Prognose unterschieden. Nach dem Ausdehnungsgrad der tuberkulösen Prozesse in der Lunge wird von minimaler, mäßig und weit fortgeschrittener Tuberkulose gesprochen. Bei Ausscheidung von Bakterien oder Änderung des röntgenologischen Befundes handelt es sich um eine aktive, behandlungsbedürftige Erkrankung. Inaktiv bedeutet Befundkonstanz des Defektzustandes im Röntgenbild ohne Erregerausscheidung und systemische Inflammationszeichen. Spitzenoberfeldtuberkulose Die Bakterienabsiedelung erfolgt auf hämatogenem Weg. Die Gründe für die Bevorzugung der Lungenspitzen sind noch unklar (schlechte Infektabwehr, relativ geringe Durchblutung). Es entstehen kleinknotige Herde, meist multizentrisch, oft in beiden Oberlappenspitzen. Bei Befall aller Oberlappen- und Unterlappenspitzen spricht man von hämatogener Streuungstuberkulose. Neben einer spontanen Heilung mit kleinknotig-streifigen Veränderungen, die im Röntgenbild als Residuen erkennbar sind, kann es zur Ausbildung kleiner Kavernen kommen, woraus sich eine progrediente tuberkulöse Infektion entwickeln kann. Ist dieses Infiltrat unilateral oder infraklavikulär, gering ausgebreitet und radiologisch flau dargestellt, handelt es sich um ein Assmann`sches Frühinfiltrat. Wenn ein oder mehrere Lobuli tuberkulös infiltriert sind, spricht man von lobulärer Lungentuberkulose. Klinisch finden sich Husten, häufig bakterienreicher Auswurf und nicht selten Hämoptysen. Kavernen Sie entstehen an jeder Stelle der Lunge durch Einschmelzung von Lungengewebe, wobei der käsige Inhalt nach Anschluss an das Bronchialsystem ausgehustet wird, und finden sich vorwiegend in den Spitzen der Lungenlappen. In ihrer Wand können noch vitale Tuberkelbakterien enthalten sein. Neben dem Verlust von Lungenparenchym besteht die Gefahr einer vital bedrohlichen Hämoptyse (Arrosion eines größeren Gefäßes) sowie der sekundären Besiedlung durch Bakterien und Pilze, besonders Aspergillen (Aspergillom). Tuberkulom Großknotige Abheilung eines tuberkulösen Infektionsherdes (> 2 cm Durchmesser) mit schwieriger radiologischer Differentialdiagnose zum Malignom (Verkalkungen sprechen eher für Tuberkulom). Es sollte operativ entfernt und per Schnellschnittuntersuchung abgeklärt werden. Diese Rundherde sind eine „Zeitbombe“, da bei Änderung der Resistenzlage eine Reaktivierung der oft noch vitalen Tuberkel eintreten kann. Bronchopneumonisch-konfluierende Lungentuberkulose Von begrenzten Infiltrationen ausgehend, kann sich die tuberkulöse Infiltration – schubweise oder schnell progredient – über weite Areale beider Lungenhälften ausbreiten. Gelatinös-pneumonische Bezirke verkäsen (käsige Pneumonie) und schmelzen später mit ausgedehnten Kavernen ein. Das klinische Bild ist gekennzeichnet durch sehr starken Husten mit massivem Auswurf, deutlicher Dyspnoe, Fieber, ausgeprägtem Krankheitsgefühl, Dämpfung über der befallenen Region, Bronchialatmen, klingende Rasselgeräusche und verstärkten Stimmfremitus. Im Sputum lassen sich reichlich Tuberkelbakterien nachweisen. Bei progredientem Verlauf kommt es mit zunehmender Einschmelzung und Kavernisierung zur Zerstörung eines Lappens, vereinzelt sogar eines ganzen Lungenflügels. Die Ausheilung erfolgt mit ausgeprägter Narbenbildung und intrapulmonalen Verziehungen (Abb. 10.12 ). 56-jährige Frau mit ausgedehnter postprimärer Tuberkulose. Teils finden sich frische bronchopneumonische (tuberkulöse) Infiltrate (rechtes Mittel-/Unterfeld), teils alte narbig-streifige Veränderungen mit Verziehung des Hilus (linkes Oberfeld). Silikotuberkulose Bei vorbestehender Silikose tritt die Tuberkulose gehäuft auf. Radiologisch kombinieren sich die Veränderungen der Silikose mit denen der Tuberkulose (Knotenbildungen oder Rundherde). Miliartuberkulose Die Miliartuberkulose (milium = Hirsekorn) kann bei massiver Primärinfektion mit ausgeprägter hämatogener Aussaat entstehen, bevor eine relative Immunität eintritt, oder auch in der postprimären Periode bei stark reduzierter Resistenzlage mit ausgedehnter hämatogener Streuung. Sie entspricht immer einem generalisierten Krankheitsbild mit Streuung in zahlreiche Organe, oft begleitet von einer Meningitis tuberculosa. Der Bakterieneinbruch in das Blut erfolgt über die Lymphe via Angulus venosus oder durch direkten Gefäßeinbruch. Es besteht ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl mit starkem Husten, Fieber und Dyspnoe. Man unterscheidet: pulmonale (Streuung in der Lunge), typhöse (hohes Fieber, Allgemeinsymptome, Verwirrtheit) und meningitische Form. Radiologisch sind die Veränderungen in der Lunge am besten sichtbar. Im Röntgenbild finden sich vorwiegend in den Lungenober- und -mittelfeldern hirsekorngroße disseminierte weiche Herdchen. Da die Infektion hämatogen entstanden ist, sind im Sputum bzw. in der Bronchiallavage häufig keine Tuberkelbakterien nachweisbar, stattdessen Nachweis durch histologische Untersuchung einer Biopsie. Aufgrund der schlechten Resistenzlage fällt die Tuberkulosereaktion in ca. 50% d.F. negativ aus. Bei sehr schlechter Abwehrlage kann die Miliartuberkulose in eine Sepsis acutissima tuberculosis (Landouzy-Sepsis) übergehen mit nachweisbaren Tuberkelbakterien in der Blutkultur und erfüllten diagnostischen Kriterien einer Sepsis oder eines septischen Schocks (Blutdruckabfall, Tachykardie, metabolische Azidose, Hyperventilation, Laktatanstieg, Multiorganversagen). Hier ist die Letalität sehr hoch. Bei vorwiegend abdominalem Lymphknotenbefall mit schwerer Allgemeinsymptomatik wird von einer Typhobazillose Landouzy gesprochen, die meist postprimär auftritt. LymphknotentuberkuloseIntrathorakale Lymphknotentuberkulose Diese kann als Primärtuberkulose mit ausgedehntem ein- oder beidseitigem Befall bronchopulmonaler oder tracheobronchialer Lymphknoten auftreten (Hiluslymphknotentuberkulose) oder durch Reaktivierung einer früher erfolgten lymphogenen Streuung entstehen (postprimäre Lymphknotentuberkulose), wobei meist ein älterer verkalkter Lungenprimärherd sichtbar ist. Die Tuberkulose der mediastinalen Lymphknoten ist selten. Bleibt die Tuberkulose auf die Lymphknoten begrenzt, findet sich als alleinige Symptomatik nur trockener Husten oder Auswurf mit wenigen Allgemeinsymptomen. Bei Kindern kann sich eine Kompression der noch weichen Bronchien mit Atelektase der abhängigen Lungenbezirke entwickeln. Beim Erwachsenen werden Segment- und Lappenatelektasen durch das Übergreifen der Entzündung auf die Wand der Bronchien mit interbronchialer Granulationsbildung gesehen. Bei Einbruch eingeschmolzener Lymphknoten in das Bronchialsystem kommt es zur bronchogenen Streuung, die zur pneumonisch-infiltrativen oder kleinknotigen Lungentuberkulose führen kann. Halslymphknoten- und Axillarlymphknotentuberkulose Es treten wenig schmerzhafte Schwellungen der zervikalen, supraklavikulären und axillären Lymphknoten mit unauffälliger darüberliegender Haut auf. Unter einem „kalten Abszess“ versteht man bei der Tuberkulose Einschmelzungen mit nur mäßiger Umgebungsentzündung, im Gegensatz zur sonst üblichen Abszessbildung (z. B. durch Staphylokokken) mit hochentzündlicher und schmerzhafter Umgebungsreaktion. Erst spät finden sich bei ausgeprägten Prozessen Rötungen und Entzündungen mit Fistelungen nach Einschmelzung. Unter tuberkulostatischer Therapie werden häufig sekundäre Verkalkungen beobachtet, die häufig operativ ausgeräumt werden müssen. Pleuritis exsudativa tuberculosaDie tuberkulöse Pleuritis tritt häufig bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen meist im Anschluss an eine unerkannt gebliebene Primärinfektion auf. Wegen der langsamen Entwicklung dieses Krankheitsbildes fällt die Tuberkulinreaktion oft positiv aus. Eine Zunahme der Reaktionsstärke im abgestuften Test während der Erkrankung wird gelegentlich beobachtet. Temperaturerhöhung, Krankheitsgefühl, atemabhängige thorakale Schmerzen mit Ausstrahlung in die Schulter oder in den Oberbauch (pleuraler Schmerz) und bei großen Ergüssen Druckgefühl bzw. Dyspnoe sind symptomatisch. Die Untersuchung zeigt eine Dämpfung mit abgeschwächtem Atemgeräusch, manchmal Pleurareiben. Im Röntgenbild sind unterschiedlich große, gelegentlich auch beidseitige Ergüsse und sonographisch wegen des Eiweißreichtums Fibrinsegel im Erguss nachweisbar. Außerdem: meist klar und hellgelbes Pleurapunktat, erhöhter LDH- und Eiweißgehalt sowie reichlich Lymphozyten. Tuberkelbakterien liegen im Punktat nur in geringer Konzentration vor (am ehesten an Fibrinfäden „hängend“), so dass die mikroskopische Untersuchung negativ ausfällt. Der Nachweis wird durch die Kultur erbracht. Pleurabiopsie oder PE bei Thorakoskopie (optische Beurteilung der Pleura, Punktion sichtbarer sagoartiger Tuberkel auf beiden Pleurablättern) sichern die Diagnose. Zur Verhinderung von Verwachsungen und Pleuraschwartenbildungen kann zusätzlich zur Tuberkulostatikatherapie ein Steroid in der täglichen Dosis von 20–50 mg in absteigender Dosierung über Wochen eingesetzt werden. Bei starker Dyspnoe muss zur Entlastung, zur schnellen Abheilung und Verhinderung ausgedehnter Schwielen punktiert werden. MykobakteriosenSynonym: nichttuberkulöse Mykobakteriosen Diese sind gering infektiös und werden durch sog. ubiquitäre oder Nicht-Tuberkulose-Mykobakterien mit geringer humaner Pathogenität hervorgerufen. Sie führen nur bei lokalen oder allgemein resistenzmindernden Erkrankungen (Bronchiektasen, Silikose, Diabetes mellitus, HIV-Infektion) oder bei Anwendung von Immunsuppressiva zur Erkrankung. Die häufigsten Erreger sind M. kansasii, M. xenopi, M. marinum, M. chelonii und M. avium/intracellulare. Letzteres spielt bei mykobakteriellen Infektionen von HIV-Patienten in den Industrieländern eine wichtige Rolle, wohingegen HIV-Erkrankte aus den Entwicklungsländern meist an Tuberkulose erkranken. Die Mykobakteriosen haben im Vergleich zum Rückgang der Tuberkulose leicht an Bedeutung gewonnen. Hauptmanifestationen sind pulmonale Infiltrate und Lymphknotenvergrößerungen. Ca. 3% aller tuberkuloseverdächtigen Erkrankungen sind Mykobakteriosen. Nur der wiederholte kulturelle Nachweis in Kombination mit dem klinischen Bild stellt den Beweis für das Vorliegen einer aktiven Erkrankung dar. Die sichere Abgrenzung von einer nicht behandlungsbedürftigen Kontamination ist wichtig. Die Tuberkulinreaktion muss bei einer Mykobakteriose nicht positiv ausfallen. Bei der Therapie der Mykobakteriosen steht die Behandlung der Grundkrankheit an erster Stelle. Zusätzlich sollte trotz der bekannten Primärresistenz der atypischen Mykobakterien gegen bestimmte Basistuberkulostatika eine Fünffachkombination begonnen werden. Liegt das Ergebnis der Resistenzprüfung vor, muss die Therapie auf eine wirksame potente Kombination umgestellt werden. Die Dauer der Therapie beträgt mind. 18–24 Monate, ggf. muss bei umgrenztem Krankheitsprozess eine Resektion in Erwägung gezogen werden. Auch während der Therapie sollten Resistenzprüfungen wiederholt werden. LITERATUR
KEYWORDSlung tuberculosis ♦ lymph node tuberculosis ♦ Mykobakteriosen ♦ nontuberculous mycobacterial disease ♦ pleural tuberculosis ♦ Tuberkulose ♦ tuberculosis 10.6. Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD)Synonym: diffus parenchymatöse Lungenerkrankungen (DPLD), fibrosierende Lungenerkrankungen ILD umfassen mehr als 150 einzelne Entitäten, deren Unterscheidung zu den komplexesten Differentialdiagnosen der Inneren Medizin (Abb. 10.13 ) zählt.
Wichtigste interstitielle Lungenerkrankungen (ILD). (Rot = in der westlichen Welt am häufigsten). DefinitionAls interstitielle, diffus parenchymatöse oder auch fibrosierende Lungenerkrankungen werden nichtinfektiöse, nichtmaligne, chronische Erkrankungen des Lungenparenchyms bezeichnet, die auf der Basis entzündlicher und/oder fibrosierender Prozesse eine Vermehrung der Zellularität und der Extrazellularmatrix, oft gepaart mit einem progredienten Umbau des Alveolargerüstes, hervorrufen. Dies führt zum Verlust regulärer Gasaustauschfläche und der damit verbundenen Gasaustauschstörung, zur Fibrosierung und so zur verminderten Lungendehnbarkeit (Compliance). EpidemiologieDie Prävalenz aller ILD beträgt ca. 60–80/100 000 Einwohner. Ätiologie und PathogeneseAuslösung durch chronische Entzündung Einige Formen (z. B. exogen allergische Alveolitis) sind primär entzündlich getriggert. Der initialen Aktivierung der inflammatorisch kompetenten Zelle (Abb. 10.14 ) folgen Rekrutierung, Transmigration und Aktivierung weiterer Entzündungszellen in das alveoläre Kompartiment, dann eine Wechselwirkung mit dem alveolären Epithel, deren funktionelle Konsequenzen derzeit nur fragmentarisch bekannt sind, und darauf die Aktivierung von Fibroblasten mit der Folge einer Expansion des Fibroblastenpools der Lunge und gesteigerter Deposition von Extrazellularmatrix. Tierexperimentell kann durch selektive Überexpression einzelner inflammatorischer Zytokine (z. B. IL-1 oder IL-13) oder Chemokine eine Lungenfibrose ausgelöst werden. Als Chemokine erscheinen v. a. MCP-1 und MIP-1α bedeutsam, als Zytokine TNF-α, IL-1, IL-4, IL-5, IL-8 und IL-13. Pathomechanismen und Mediatoren der ILD. Klinische und experimentelle Daten legen ferner nahe, dass auch ein Ungleichgewicht zwischen T-Helferzell-Typ 2(Th-2)-Zytokinen und T-Helferzell-Typ1(Th-1)-Zytokinen in der Lunge eine Rolle spielt: Während Th-2-Zytokine (IL-4, IL-5, IL-9, IL-13) Fibroblasten aktivieren und die Produktion extrazellulärer Matrix induzieren, supprimieren Th-1-Zytokine (u. a. Interferon-γ = IFN-γ) die Fibroblastenproliferation und die extrazelluläre Matrixproduktion (Abb. 10.14). Auslösung durch chronisch epitheliale Schädigung Auch für einige idiopathische interstitielle Pneumonien, hier vor allem die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF), wurde in der Vergangenheit ein primär entzündlicher Triggermechanismus angenommen. Allerdings existieren diesbezüglich bereits aus klinischer Sicht Zweifel, da bei diesen Patienten durch die kombinierte Anwendung von Steroiden und Immunsuppressiva meist keine Beeinflussung des progredienten Verlaufs möglich ist. Auch aus zell- und molekularbiologischer Sicht existieren gute Gründe für die Annahme eines anderen Triggermechanismus der Fibroseantwort bei der IPF/NSIP, nämlich einer repetitiven, primären Schädigung des Alveolarepithels, z. B. durch fehlgefaltete Proteine des Surfactantsystems oder im Rahmen von Lipidspeichererkrankungen (Abb. 10.14). Gemeinsame Endstrecke der Lungenfibrosen: Wachstumsfaktoraktivierung und gestörte Matrixregulation Der Wachstumsfaktor (TGF)-β fördert in Fibroblasten die Chemotaxis, Proliferation und Transdifferenzierung in Myofibroblasten und steigert die Kollagensynthese erheblich (Abb. 10.14). Ferner scheinen andere Wachstumsfaktoren (PDGF: Platelet-Derived Growth Factor, CTGF: Connective Tissue Growth Factor, IGF-I: Insulin-Like Growth Factor I) beteiligt zu sein. Störungen der Zusammensetzung und Homöostase der Extrazellularmatrix (EZM) spielen auch eine wichtige Rolle. In der gesunden Lunge wird ein großer Teil der EZM täglich neu umgesetzt. Bei ILD treten Störungen dieser empfindlichen Balance auf, mit vermehrter Generierung einer Primärmatrix der Wundheilung (v. a. Fibrin durch vermehrte prokoagulatorische und supprimierte fibrinolytische Aktivität, Fibronektin), der Sekundärmatrix (v. a. Kollagen IV durch Fibroblasten) oder einer Entwicklung eines lokalen Ungleichgewichtes zwischen den Matrix-verdauenden Matrixmetalloproteinasen (MMP) und deren Inhibitoren (sog. Gewebsinhibitoren der Matrixmetalloproteinasen, TIMP). Dies bewirkt die Akkumulation von Matrix und so die fibrotische Verdickung von Alveolarsepten oder aktiven Fibrosezonen (z. B. Fibroblastennester bei der IPF) und möglicherweise auch die inadäquate Auflösung von Matrix im Bereich der sich entwickelnden zystischen Aufweitung distaler Lufträume (Honigwabenzysten), einer für interstitielle Lungenerkrankungen pathognomonischen Parenchymstruktur. SymptomeLeitsymptom interstitieller Lungenerkrankungen ist die progrediente Belastungs-, später Ruhedyspnoe. Manche Patienten verspüren einen inspiratorischen Stopp bei tiefer Einatmung (Door-Stop-Phänomen). Oft findet sich auch ein trockener, quälender Reizhusten, der durch forcierte Atemarbeit infolge körperlicher Anstrengung auslösbar sein kann. In Abhängigkeit der Schwere der Gasaustauschstörung ist eine Zyanose zu beobachten. Je nach Auslöser des Geschehens können sich auch Allgemeinsymptome bemerkbar machen (z. B. „grippale Veränderungen“, Augentränen und Fieber nach Antigenexposition bei der exogen allergischen Alveolitis oder z. B. extrapulmonale Symptome einer Kollagenose). Bei sekundärer pulmonaler Hypertonie sind periphere Ödeme und Halsvenenstau aufgrund der Rechtsherzbelastung möglich. DiagnostikAnamnese Die umfassende Anamneseerhebung (v. a. Arbeits-, Medikamenten-, Familien- und Sozialanamnese) ist essentiell. Es sollten immer eine Abhängigkeit des Beschwerdebilds von saisonalen oder Umgebungsfaktoren, das Vorhandensein von Haustieren oder Hobbys (z. B. Vogelzüchtung) und die häuslichen Lebensumstände erfragt werden. Hilfreich sind spezielle Fragebögen (z. B. Frankfurter Bogen: http://www.uniklinikum-giessen.de/lufi/frankfurterbogen.pdf). Untersuchung Typisch, aber uncharakteristisch sind Zyanose, Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel. Die Auskultation bringt im Bereich der basalen Lungenabschnitte häufig ein charakteristisches Knisterrasseln (Sklerophonie; endinspiratorisch betonte feinblasige Nebengeräusche als Ausdruck der Entfaltung peripherer Alveolarbezirke) zu Gehör. Es sollte auch gezielt nach Symptomen einer möglicherweise zugrunde liegenden systemischen Bindegewebserkrankung (z. B. Gelenkbeschwerden, verdicktes Zungenbändchen, Mikrostomie) gesucht werden. Lungenfunktion Eine restriktive Ventilationsstörung, mit Reduktion von RV, IGV, eine Abnahme der Compliance und ein erniedrigter CO-Transfer-Faktor zeigen den Schweregrad der Erkrankung an, differenzieren jedoch nicht zwischen den verschiedenen Ursachen einer ILD. Die Blutgasanalyse ergibt meist eine arterielle Hypoxämie, akzentuiert unter körperlicher Belastung, begleitet von einer Hypokapnie als Zeichen der kompensatorischen Hyperventilation (erst im Endstadium Hyperkapnie bei atemmuskulärer Erschöpfung). Die Spiroergometrie kann bei eingeschränkter Belastbarkeit zwischen wesentlich pulmonaler und wesentlich kardialer Ursache oder einer Kombination aus beiden diskriminieren. Als Ausdruck der körperlichen Belastbarkeit findet auch der 6-Minuten-Gehtest Anwendung. Eine normale Spirometrie schließt das Vorliegen einer ILD im Frühstadium keinesfalls aus, im Zweifelsfall ist mind. eine CO-Diffusionsmessung oder eine Blutgasanalyse unter kontrollierter Belastung durchzuführen. Röntgen-Thorax und High-Resolution(HR)-CT Es werden retikuläre (netzartige; z. B. IPF) oder noduläre (z. B. Sarkoidose EAA) Veränderungen und Milchglastrübungen (z. B. NSIP, EAA), alveoläre Konsolidierungen (z. B. COP), zystische Veränderungen (z. B. Lymphangioleiomyomatose) und Honigwaben (z. B. IPF) beobachtet. Das HR-CT ist deutlich sensitiver und ermöglicht eine bessere räumliche Zuordnung der Veränderungen. Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage und Biopsie Gesamtzellzahl (meist erhöht) und Differentialzytologie in der Lavage geben entscheidende Hinweise auf die Art der ILD („alveolärer Fingerabdruck“) (Tab. 10.17 ). Bei entzündlich getriggerten Formen spiegelt die relative Höhe der einzelnen Leukozytenpopulationen (Neutrophile, Eosinophile, Lymphozyten) den Aktivitätsgrad der Erkrankung wieder. Im Endstadium ist oft keine ursächliche Zuordnung mehr möglich. Transbronchiale (bronchoskopische) Biopsien beinhalten meist nur wenig alveoläres Lungengewebe und sind daher diagnostisch oft nur eingeschränkt verwertbar. Bei granulomatösen ILD können sie neben den Schleimhautbiopsien aber wegweisend sein. Tab. 10.17Befunde bei bronchoalveolärer Lavage
Videoassistierte, thorakoskopische Lungenbiopsie (VATS) Angesichts der begrenzten Aussagekraft transbronchial gewonnener Biopsien ist in unklaren Fällen eine videoassistierte offene Lungenbiopsie anzustreben. Idealerweise sollten auf 3 Etagen mind. 2 cm3 Gewebeproben entnommen werden, deren histologische Untersuchung mit radiologischen und klinischen Angaben meist eine definitive Diagnose erbringt (pneumologisch-radiologisch-pathologische Konferenzen zur Diagnostik fibrosierender Lungenerkrankungen). MERKEEine differentialdiagnostische Abwägung zwischen verschiedenen Formen der ILD basiert auf ausführlicher Anamnese, umfassender klinischer Untersuchung, qualitativ hochwertigem HR-CT und Ergebnissen invasiver Verfahren (Bronchoskopie mit BAL, VATS). TherapieDerzeit existiert kein allgemein verbindliches Behandlungsschema, vielmehr muss vor dem Hintergrund der sorgfältig gestellten Diagnose ein differenziertes Therapieangebot unterbreitet werden (s. u.). Neben einer Expositionsprophylaxe können – v. a. bei entzündlich getriggerten ILD – antiinflammatorische (topische oder systemische steroidale Antiphlogistika) bzw. immunsuppressive Therapieverfahren notwendig sein. Erfahrungsgemäß lassen sich Spätstadien mit extensiver Fibrosierung des Organs dadurch allerdings genauso wenig beeinflussen wie die primär nicht entzündlich getriggerten ILD (vor allem IPF). Antifibrotische bzw. regenerative Therapieansätze befinden sich derzeit in präklinischer und früher klinischer Evaluierung. Verlaufsparameter zur Steuerung dieser Therapieansätze stellen u. a. die Lungenfunktion, der CO-Transfer-Faktor, die Spiroergometrie bzw. der 6-min-Gehtest und das HR-CT dar. Symptomatische Maßnahmen umfassen u. a. eine O2-Langzeittherapie und die Behandlung der Folgeerscheinungen der pulmonalen Hypertonie. Bei respiratorischer Globalinsuffizienz kann eine intermittierende Maskenbeatmung zur Entlastung der Atemmuskulatur hilfreich sein. Grippe- und Pneumokokkenschutzimpfungen durchgeführt und respiratorische Infekte früh und aggressiv antibiotisch behandelt werden. Bei geeigneten Patienten sollte möglichst frühzeitig die Möglichkeit einer Lungentransplantation bedacht und der Patient an einem Zentrum vorgestellt werden. Spezielle Therapieaspekte sind bei den einzelnen Krankheitsbildern aufgeführt. Verlauf und Prognose Abhängig von der Genese der ILD (s. u.). 10.6.1. ILD durch inhalative NoxenILD durch organische Stäube: exogen allergische Alveolitis (EAA)Synonym: allergische Pneumonitis PraxisfallEine 65-Jährige stellt sich mit wechselhaft auftretender Belastungsdyspnoe, gepaart mit Unwohlsein, Augentränen, Kopfschmerzen und erhöhter Temperatur, vor. Es können eine beidseitige Sklerosiphonie, eine leichtgradige Restriktion und eine mittelschwere Diffusionsstörung festgestellt werden. Im HR-CT (Abb. 10.15 ) finden sich eine Verdickung der bronchovaskulären Bündel, noduläre Veränderungen und eine diffuse Milchglastrübung. Kontakt zu Haustieren wird verneint. In der daraufhin durchgeführten Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage kann eine Vermehrung der Gesamtzellzahl und der Lymphozyten (45%), mit einer Verschiebung des CD4/CD8-Quotienten auf 0,8, festgestellt werden. In der transbronchialen Biopsie werden nicht verkäsende Granulome nachgewiesen. Serologisch können hochtitrige präzipitierende IgG-Antikörper gegen Taubenantigene nachgewiesen werden. Vogelzüchterlunge (Kasuistik). Nochmals befragt, gibt die Patientin dann zu, dass ihr Mann seit Jahren Tauben züchte, sie aber niemals im Taubenschlag gewesen sei und somit keinen Kontakt zu den Tieren habe. Im Gespräch wird deutlich, dass der Ehemann nach der Arbeit im Taubenschlag oft im Wintergarten den Kittel ausbeutelt. Danach würden die Beschwerden besonders häufig auftreten. Es wird daraufhin die Diagnose einer exogen allergischen Alveolitis, und zwar einer Taubenzüchterlunge, gestellt. Nach kompletter Abschaffung der Tauben und restloser Entsorgung der Taubenschläge kommt es bei der Patientin zur weit reichenden Besserung des subjektiven Beschwerdebildes, der Belastbarkeit und der Lungenfunktion. Bildgebend ist eine Rückbildung der Milchglastrübung und der nodulären Veränderungen zu beobachten. 057 Abbildung: Weitere Abbildungen zur Vogelzüchterlunge. Definition Die exogen allergische Alveolititis (EAA) wird hervorgerufen durch eine allergische Reaktion auf wiederholt inhalierte alveolargängige organische Antigene. Bei beruflicher Exposition (z. B. Farmerlunge) ist die EAA als Berufskrankheit anerkannt und meldepflichtig. Epidemiologie Exakte Zahlen zur Inzidenz/Prävalenz fehlen. Nach Schätzungen liegt die Inzidenz bei ca. 2/100 000. In der westlichen Welt dürfte die EAA neben Sarkoidose und IPF zu den drei häufigsten ILD zählen. Ätiologie und Pathogenese Eine Vielzahl an Antigenen wurden identifiziert (Tab. 10.18 ) und sind für verschiedene Formen der EAA namensgebend. Grundlage der chronischen entzündlichen Reaktion ist eine Typ-III-/Typ-IV-vermittelte Immunreaktion mit entsprechendem Nachweis von Immunkomplexen und aktivierten T-Lymphozyten. SymptomeIm typischen Fall tritt im Frühstadium 6–16 h nach akuter Allergenexposition eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens mit Husten, Atemnot, Augentränen, Schüttelfrost, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen auf. Eine Missdeutung als atypische (z. B. viral verursachte) Pneumonie ist leicht möglich. Bei Allergenkarenz normalisieren sich die Symptome nach 2–4 Tagen. Bei kontinuierlicher Antigenexposition (subakutes, chronisches Stadium) wird ein eher uncharakteristisches Krankheitsbild beobachtet mit permanenter Belastungs-, später Ruhedyspnoe, Husten, Leistungsminderung und ggf. auch Gewichtsabnahme. Dann ist der zeitliche oder räumliche Bezug zur Antigenexposition oft nicht mehr erkennbar. Im Frühstadium ist bei sicherer Allergenkarenz eine Restitutio ad integrum möglich; bei Persistenz der Antigenexposition droht die irreversible Fibrosierung der Lunge. DiagnostikTabelle 10.19 . Zum Nachweis präzipitierender IgG-Antikörper ist einschränkend festzuhalten, dass dieser auch bei nicht erkrankten, aber exponierten Personen geführt werden kann und dass es auch Fälle einer gesicherten EAA gibt, in denen er nicht gelingt. Lungenfunktionell findet sich im Frühstadium ausschließlich eine Diffusionsstörung, in Abhängigkeit des Fibrosierungsgrades tritt später die restriktive Ventilationsstörung hinzu. In der BAL findet sich meist eine lymphozytäre Alveolitis, typischerweise mit einer CD8-Dominanz (CD4/CD8 < 1,3). Im akuten Stadium kann aber auch eine neutrophile Begleitreaktion in der BAL beobachtet werden. In der HR-CT finden sich im Akutstadium Milchglastrübungen, zum Teil auch mikronoduläre Veränderungen, während im chronischen Stadium ein buntes Bild, zum Teil mit Milchglastrübungen, nodulärem Muster und verdickten bronchovaskulären Bündeln und Zeichen der Fibrosierung mit retikulärem Zeichnungsmuster und Honigwabenbildung, vorherrscht. Im Endstadium ist die EAA bildgebend nur schwer von anderen Formen einer ILD zu unterscheiden. Gelegentlich gelingt der histopathologische Nachweis von Granulomen in der transbronchialen Biopsie oder in den Biopsaten der offenen Lungenbiopsie. In unklaren Fällen kann auch die Durchführung eines Karenztests (z. B. 4-wöchiger Urlaub) bzw. eines Provokationstests (stationär!) hilfreich sein. Tab. 10.19Diagnosekriterien der EAA
TherapieExpositionsprophylaxe ist die entscheidende Therapiemaßnahme und setzt entsprechend eine gewissenhafte Diagnostik voraus. Bei ausgeprägtem Befund oder protrahiertem Verlauf ist eine Besserung durch Glukokortikoide erzielbar. Bei beruflich inhalierten Antigenen ist zwingend eine Anzeige beim Landesgewerbearzt erforderlich. Ein Berufswechsel ist meist anzuraten; falls dieser abgelehnt wird, kann das Arbeiten mit Atemschutzhauben einen Kompromiss darstellen. Tab. 10.18Häufige Antigene der EAA
Verlauf und Prognose Gute Prognose bei Expositionsprophylaxe und in frühen Erkrankungsstadien, da sich die funktionellen Veränderungen der Lunge weitgehend zurückbilden. Bei chronischem Verlauf mit ausgeprägten fibrotischen Umbauvorgängen ist nur eine Defektheilung möglich. Im Spätstadium häufig Ausbildung eines Cor pulmonale. Unerkannte Fälle enden fatal in respiratorischer Globalinsuffizienz. ZUSAMMENFASSUNG
ILD durch inorganische Stäube: PneumokoniosenSynonym: Staublunge Definition Durch chronische Inhalation anorganischer Stäube entstehende ILD. Zu den Krankheitsbildern gehören Silikose, Asbestose, Anthrakose, Siderose, Berylliose und Kombinationen wie Anthrakosilikose oder Siderosilikose. Pneumokoniosen sind die häufigsten zur Invalidität führenden meldepflichtigen Berufskrankheiten der Lunge. SilikoseÄtiologie und Pathogenese Auslöser ist die Aufnahme inhalierter alveolengängiger (< 7 μm) Quarzkristalle (SiO2) durch ortsständige Makrophagen, in denen die Kristalle nicht abgebaut werden, sondern eine Freisetzung verschiedener Mediatoren und Wachstumsfaktoren auslösen. Es kommt zur lokalen inflammatorisch-profibrotischen Reaktion mit Ausbildung eines silikotischen Knötchens (bis 2 mm Durchmesser). Beim Fortschreiten konfluieren die Einzelknötchen zu Schwielen mit resultierender progredienter Fibrosierung. Infolge narbiger Verziehungen im Bereich der Bronchiolen und Arteriolen kommen evtl. überlagernd Obstruktion und pulmonalvaskuläre Widerstandserhöhung dazu. Arbeiten im Bergbau, Tunnelbau, Steinbruch oder in der Metallindustrie sind typische potenziell zur Silikose führende Berufe. Die Erkrankung neigt auch nach Abschluss der Exposition zum Progress. SymptomeLeitsymptom ist die langsam zunehmende Belastungsdyspnoe. Häufig wird eine Silikose erst nach 10 bis 15 Jahren klinisch fassbar. Die akute Silikose ist eine selten auftretende, rasch progrediente Verlaufsform nach massiver Inhalation von Quarzstaub. DiagnostikDiagnostisch wegweisend sind die Berufsanamnese und das Röntgen-Thoraxbild/HR-CT, das diffuse fein- bis grobnoduläre Veränderungen zeigt. Weitere typische Röntgenveränderungen sind in Abbildung 10.16 zusammengefasst. Die radiologischen Veränderungen der Lungen werden nach einer detaillierten, international anerkannten Klassifikation (ILO-Schema) eingestuft. Die Korrelation zwischen Röntgen-Thoraxbild und Leistungsfähigkeit ist allerdings gering, so dass immer eine Lungenfunktionsprüfung nötig ist. Bei diagnostischer Unsicherheit ist eine invasive Diagnostik nötig. Typische radiologische Veränderungen bei Silikose und Asbestose. Silikose: noduläre Fibrose, diffuse retikuläre Fibrose, Eierschalensilikose (schalenförmige Verkalkung vergrößerter Hiluslymphknoten) und progressive, massive, großflächige Fibrose. Durch Schrumpfung kann der ipsilaterale Hilus nach oben verzogen werden, durch Nekrosen innerhalb der großflächigen Fibrose können Kavernen entstehen. Asbestose: Pleuraplaques (bis handtellergroße Pleurafibrosen), rezidivierende Pleuraergüsse, basal und subpleural betonte Lungenfibrose, Zottenherz (zackenkranzartige Fibrosierung des dem Perikard anliegenden Pleurablattes, daher unscharfe Herzkontur), verkalkte Pleura diaphragmatica. Differentialdiagnose Lymphangiosis carcinomatosa, Tuberkulose, andere Formen interstitieller Lungenerkrankungen wie Sarkoidose. TherapieDie Therapie der Silikose besteht in deren Prävention. Ein Erkrankter muss jegliche weitere Exposition meiden. Eine konsequente antiobstruktive Therapie ist ggf. eine sehr hilfreiche symptomatische Maßnahme. AsbestoseEpidemiologie Asbest verarbeitende Berufe sind bzw. waren häufig, da dieser Werkstoff wegen guter Wärmeisolation und fehlender Brennbarkeit bis Anfang der 80er-Jahre als Wärme-, Feuer-, Schallschutz (z. B. Eternitplatten) eingesetzt und zur Herstellung vieler Produkte (z. B. Bremsbelägen) verwendet wurde. Epidemiologisch nehmen asbestinduzierte Lungenerkrankungen trotz des vollständigen Verbots von Asbest im Jahr 1993 zu, da die Folgeschäden meist erst nach 20–40 Jahren in vollem Umfang auftreten! Weitere als Berufserkrankung anerkannte Folgeerkrankungen der Asbestexposition sind das Pleuramesotheliom und das Bronchialkarzinom. Inhalatives Zigarettenrauchen potenziert die Bronchialkarzinomrate. Ätiologie und Pathogenese Die inhalative Aufnahme einer kritischen Menge alveolargängiger Asbestfasern führt zur Ausbildung einer subpleural und basal betonten Fibrose. Die bildgebenden und histopathologischen Befunde sind quasi nicht von denen einer IPF (s. u.) zu trennen. Neben den parenchymatösen Veränderungen bewirkt die Exposition oft auch Fibrosierungen im Bereich der Pleurae parietalis und visceralis. Diese Pleuraplaques, die zur Verkalkung neigen, sind v. a. in den Unterfeldern und hier in den diaphragmalen und anterolateralen Anteilen der Pleura nachweisbar (Abb. 10.16) und besitzen als sog. Brückenphänomene bei der arbeitsmedizinischen Begutachtung und als differentialdiagnostisches Kriterium z. B. gegenüber der IPF einen hohen Stellenwert. SymptomeKlinisch imponiert eine langsam zunehmende Belastungs-, später Ruhedyspnoe. DiagnostikWegweisend sind die Berufsanamnese und das Röntgen-Thoraxbild/HR-CT (Abb. 10.16 ; basal, subpleural betontes retikuläres Muster und Honigwabenbildung). Der Nachweis von Asbestkörperchen (Protein-Eisen-umgebene Asbestfasern) im Sputum oder in der Lavage beweist die Asbestexposition. Bei Nachweis einer signifikanten Anzahl von Asbestkörperchen/Milliliter Lungengewebe (nach Veraschung von bioptisch oder post mortem gewonnenem Lungenmaterial) wird ein kausaler Zusammenhang zwischen Exposition und Erkrankung wahrscheinlich. Dieses Kriterium ist aber aufgrund der unterschiedlichen biologischen Halbwertszeiten der verschiedenen Asbestmaterialien nicht obligat. Wichtig ist daher auch die Erfassung der Asbestfaserjahre im Rahmen eines arbeitsmedizinischen Gutachtens. TherapieDie Therapie besteht in der Expositionsprophylaxe, derzeit existiert kein etablierter spezifischer Ansatz zur Behandlung der asbestinduzierten Lungenfibrose. Eine regelmäßige Kontrolle ist im Hinblick auf die Entstehung von Malignomen geboten. 058 Text: ILD durch chemisch-toxische Gase/Dämpfe. 10.6.2. ILD durch nichtinhalative NoxenStrahlenpneumonitisSynonym: Bestrahlungspneumonie Definition Es handelt sich um eine toxisch-entzündliche Reaktion des Lungenparenchyms nach Bestrahlung solider Tumoren des Brustkorbes. Strahlengesamtdosis, Größe des Bestrahlungsfeldes und Fraktionierung bestimmen die Manifestationswahrscheinlichkeit. Unterhalb einer Gesamtdosis von 20 Gy tritt die Reaktion nicht und über 60 Gy (appliziert innerhalb von 6 Wochen) tritt sie fast regelmäßig auf. Die Latenz zwischen Bestrahlung und Strahlenpneumonitis beträgt wenige Tage bis 6 Monate. Pathogenese Funktionsstörungen der Endothelzellen und Pneumozyten, der strahlenempfindlichsten Strukturen der Alveole, führen im akuten Stadium zum interstitiellen und alveolären Ödem. Im weiteren Verlauf tritt eine von Lymphozyten und Makrophagen dominierte Alveolitis auf, übergehend in eine proliferativ-fibrosierende Phase. Diese Pneumonitis beschränkt sich meist auf das bestrahlte Areal. Veränderungen außerhalb des Bestrahlungsfeldes sind möglich und deuten auf einen klinisch schwergradigen Verlauf hin. SymptomeViele Patienten mit radiologischen Zeichen der Strahlenreaktion bleiben symptomlos, manche entwickeln einen trockenen Reizhusten, Schwäche und Dyspnoe. DiagnostikDie Diagnose ist aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs leicht. Radiologisch finden sich nach Ablauf der akuten Phase streifige Verdichtungen, die mit Schrumpfungen einhergehen. Lungenfunktionell bestehen eine restriktive Störung und eine ausgeprägte Hypoxämie. TherapieDiese besteht in der Gabe von Glukokortikoiden (1 mg/kg Körpergewicht), mit jedoch häufig unbefriedigendem Effekt. Bei akuter Manifestation und großer Ausdehnung der Strahlenpneumonitis kann bei realistischer Prognose eine Intubation mit Beatmung notwendig werden. Medikamenteninduzierte ILDSynonym: medikamenteninduzierte Eosinophilie Die medikamenteninduzierten ILD werden vermutlich zu selten diagnostiziert. Zahlreiche Medikamentengruppen kommen in Frage (www.pneumotox.com):
Meist kommt es zunächst zur Entwicklung einer Alveolitis, mit entsprechendem Nachweis von diffusen Milchglastrübungen, z. T. auch nodulären Veränderungen oder alveolären Konsolidierungen. Bei fortgesetzter Zufuhr des Medikamentes entwickelt sich dann aber regelmäßig die irreversible Vernarbung des Organs. Die Lavage ist ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel. Der Verlauf kann akut oder chronisch sein. Die Medikamentenanamnese bei neu aufgetretener interstitieller Lungenerkrankung ist der wichtigste diagnostische Schritt. Therapeutische Maßnahmen beinhalten Vermeidung des angeschuldigten Medikaments und ggf. Steroidgabe. Weit fortgeschrittene pulmonale Veränderungen sind trotz Absetzen des Medikaments nicht mehr völlig reversibel. 10.6.3. ILD im Rahmen von SystemerkrankungenKollagenosenSynonym: Bindegewebskrankheiten Der systemische Lupus erythematodes geht in 60% mit pulmonaler Beteiligung einher; neben der akuten bzw. chronischen Lupuspneumonitis (≈ 20%) sind Pleuraergüsse häufig. Bei der Sklerodermie treten bei ca. 50–70% lungenfunktionelle Veränderungen im Sinne einer Fibrose auf; das Spektrum der zu beobachtenden Veränderungen reicht von der initialen Alveolitis mit Milchglastrübungen bis zur massiven Fibrosierung mit entsprechendem retikulärem Zeichnungsmuster und Honey Combing. Die rheumatoide Arthritis (pulmonale Mitbeteiligungsrate von ca. 25–60%, initial oft klinisch stumm) geht bildgebend mit Bronchiektasien, Milchglastrübungen, retikulären Zeichnungsvermehrungen, Honigwaben und irregulären Linien einher; als Besonderheit können jedoch, auch ausschließlich, nekrotische Rundherde im Lungenparenchym nachweisbar sein. Weitere potenziell zur Lungenfibrose führende Kollagenosen sind die Dermatomyositis (Begleitkonstellation: Atemmuskelschwäche) sowie das Sharp- und Sjögren-Syndrom (Kap. 14.2.6). 059 Text: Vaskulitiden SarkoidoseSynonym: Morbus Besnier-Boeck-Schaumann PraxisfallEin gesunder, sehr sportlicher 35-Jähriger wird notfallmäßig mit einem Schrittmacher versorgt, nachdem wegen zunehmender Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ein EKG mit Nachweis eines drittgradigen AV-Blockes abgeleitet wurde. Das zuerst angefertigte Cardio-MRT ergibt Hinweise auf entzündliche Veränderung im Myokard. In der Lungenfunktion zeigt sich eine leichte Diffusionsstörung bei normaler Spirometrie, im HR-CT finden sich eine mediastinale und bihiläre Lymphadenopathie sowie perilymphatische, kleinknotige Veränderungen, subpleurale Knötchen am Lappenspalt (Abb. 10.17 , Pfeil) und verdickte Peribronchialmanschetten. Bei der Bronchoskopie fällt bereits in den Bronchien ein feinhöckriges Schleimhautrelief auf. In der BAL können eine lymphozytäre Alveolitis mit CD4-Dominanz (CD4/CD8 = 4,1), in den Biopsien epitheloidzellige Granulome nachgewiesen werden. Ferner werden im Rahmen der klinisch-chemischen Analytik eine Hyperkalzämie und eine Hyperkalzurie festgestellt. Es wird die Diagnose „Sarkoidose, Stadium II, mit extrapulmonalem Befall“ gestellt. Eine orale Steroidtherapie in einer Dosierung von 50 mg Prednisolon wird begonnen. Innerhalb von 8 Wochen wird der Patient beschwerdefrei und die klinisch-chemischen und radiologischen Veränderungen sind rückläufig. Sarkoidose, Stadium II (Kasuistik). 060 Abbildung: Weitere Abbildungen zur Sarkoidose. Definition Erkrankung unbekannter Ätiologie, gekennzeichnet durch nicht verkäsende Epitheloidzellgranulome in zahlreichen Organen. Im Vordergrund stehen meist Hiluslymphknotenschwellung und die interstitielle Lungenerkrankung. Epidemiologie Die Prävalenz liegt in der westlichen Welt bei 10–30/100 000. Afroamerikaner sind in den USA etwa 3- bis 4-mal häufiger betroffen als Weiße; in Europa besteht v. a. in Skandinavien eine hohe Prävalenzrate. Das Haupterkrankungsalter liegt bei 20–40 Jahren, Frauen erkranken etwas häufiger als Männer. Ätiologie und Pathogenese Die Ursache der Erkrankung ist noch immer unbekannt. Möglicherweise handelt es sich um eine überschießende, T-Zell-vermittelte Immunantwort auf ein nicht identifiziertes Antigen, das eliminiert wird (akute Sarkoidose) oder persistiert und zur chronischen Sarkoidose führt. Als Ursache der überschießenden T-Zell-Antwort konnten jüngst Mutationen im Butyrophilin-2(BTNL2)-Gen identifiziert werden, die möglicherweise mit einem Verlust der BTLN2- vermittelten Inhibition der T-Zell-Proliferation einhergehen. In den betroffenen Organen ist die Zahl der aktivierten Makrophagen und Lymphozyten deutlich gesteigert und – im Falle der Lunge – durch die BAL leicht zugänglich. Charakteristischerweise ist bei der Lymphozytenpopulation das CD4/CD8-Verhältnis in der Lavage (ca. 1,7 bei Gesunden) zu Gunsten der CD4-Zellen verschoben. Aktivierte Leukozyten setzen inflammatorische Zytokine frei, die bei der Granulombildung pathogenetisch bedeutsam sind. Diese Granulome bestehen aus Langerhans-Riesenzellen und einem Lymphozytenwall, zeigen im Gegensatz zur Tuberkulose aber keine zentrale Nekrose. SymptomeDie akute Sarkoidose geht mit Fieber, Gewichtsverlust, oft Husten und Muskelschmerzen einher. Es wird auch über verminderte Leistungsfähigkeit oder Kurzatmigkeit geklagt. Bei etwa 25% ist der Krankheitsverlauf so intensiv, dass eine differentialdiagnostische Abgrenzung von akuten Infektionen oder rheumatischen Systemerkrankungen schwierig sein kann. Als Löfgren-Syndrom bezeichnet man eine akute Sarkoidose mit radiologisch bihilärer Lymphknotenschwellung, Erythema nodosum und Polyarthritis. Das Heerfordt-Syndrom, eine Sonderform der Sarkoidosen, ist durch Fieber, Parotisschwellung, Uveitis und Parese des N. facialis (basale Meningitis) gekennzeichnet. Bei der chronischen Form entwickelt sich die pulmonale Beteiligung über Monate und Jahre. 80% sind weitgehend asymptomatisch. Häufig wird die Krankheit zufällig radiologisch festgestellt, wobei im Vergleich zum Röntgenbild die Krankheitssymptome erstaunlich gering sind. Die pulmonale Manifestation wird z. T. bei Sarkoidosebefall anderer Organe entdeckt. Man schätzt, dass ca. 40% der Patienten mit den Symptomen einer extrathorakalen Organmanifestation den Arzt aufsuchen (Tab. 10.20 ). Bei nicht erkanntem chronischem Verlauf der pulmonalen Sarkoidose kann sich jedoch eine progrediente Parenchymdestruktion mit Fibrosierung entwickeln, die schließlich zur globalen respiratorischen Insuffizienz führen kann. Tab. 10.20Extrathorakale Manifestationen der Sarkoidose
DiagnostikRöntgen-Thoraxbild, welches eine Stadieneinteilung ermöglicht:
Im HR-CT können neben der mediastinalen und hilären Lymphadenopathie verdickte bronchovaskuläre Bündel, Knötchen entlang der Bronchien, Gefäße und der subpleuralen Regionen, ein perilymphatisches oder auch „miliares“, fein disseminiertes mikronoduläres Muster, Bronchialwandverdickungen, Milchglastrübungen, Konsolidierungen, zystische Veränderungen und Traktionsbronchiektasien mit End-Stage-Fibrosierungen auftreten. Die bronchoalveoläre Lavage zeigt auch im Stadium 1 eine lymphozytäre Alveolitis mit Überwiegen der CD4-Lymphozyten (CD4/CD8-Quotient > 3,5; hoch spezifisch). Bei der Bronchoskopie fällt häufig eine auffällig gemusterte, feinhöckrige Bronchialschleimhaut auf. Mittels Schleimhaut- sowie transbronchialer Lungenbiopsie können nicht verkäsende, epitheloidzellige Granulome nachgewiesen werden. Im Blut wird die Aktivität des Angiotensin konvertierenden Enzyms (ACE) bestimmt, das ein Marker der Granulomlast des Körpers ist, da ACE von Epitheloidzellen freigesetzt wird; allerdings ist ACE nicht in allen Fällen der Sarkoidose erhöht. Der zirkulierende IL-2-Rezeptor gilt als ein Maß für die Aktivierung der T-Lymphozyten. Lysozym (aus Monozyten) kann als unspezifischer Parameter ebenfalls erhöht sein. Es wird auch nach einer Hyperkalzämie und Hyperkalzurie gefahndet, die bei 10% durch das von den Granulomzellen gebildete 1,25-Dihydroxy-Vitamin D ausgelöst wird. Parameter der Lungenfunktionsprüfung korrelieren nur gering mit der radiologischen Befundausdehnung. Erst bei zunehmender Parenchymbeteiligung bzw. Fibrosierung wird zunächst die Diffusionsstörung, später das restriktive Syndrom nachweisbar. Der Tuberkulintest ist auffällig häufig negativ, so dass immer wieder ein nicht erkannter Zusammenhang mit der Tuberkulose vermutet wurde. Therapie und PrognoseCa. ⅔ aller Patienten und 80% der Patienten mit Löfgren-Syndrom weisen eine Spontanremission auf. Daher sollte meist abgewartet werden (max. 24 Monate). Gründe für sofortige Gabe systemisch wirksamer Steroide (1 mg/kg KG/d Prednisolon für 4 Wochen, 0,5 mg/kg KG/d für 8 Wochen, dann 0,25 mg/kg KG/d für 6 Monate) sind: Verschlechterung der Lungenfunktion, Hyperkalzämie oder extrapulmonaler Befall (Herz-, Leber-, Augen- oder ZNS-Beteiligung). Die Mindestbehandlung dauert 12 Monate, mit einem Rückfall ist bei etwa einem Drittel zu rechnen. Zum Einsparen der Steroiddosis geeignet sind Azathioprin, Hydroxychloroquin, Methotrexat und in schweren Fällen Cyclophosphamid oder Infliximab. Bei chronischer Fibrosierung kann auch unter Steroiden nur eine Defektheilung erreicht werden. 10–20% der Patienten mit chronisch-progredienter Sarkoidose sprechen auf Glukokortikoide nicht an und entwickeln eine progressive Lungenfibrosierung mit respiratorischer Globalinsuffizienz, z. T. gepaart mit der Entwicklung einer schweren pulmonalen Druck- und Widerstandserhöhung. In solchen therapierefraktären Fällen muss schließlich auch die Durchführung einer Lungentransplantation in Erwägung gezogen werden. Die sarkoidosebezogene Letalität beträgt 1–5%. ZUSAMMENFASSUNG
061 Text: Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH). 10.6.4. Idiopathische interstitielle Pneumonie, eosinophile PneumonieIdiopathische interstitielle Pneumonien (IIP)Definition 1969 wurden von Liebow und Carrington die idiopathischen interstitiellen Pneumonien (IIP), deren Genese bis heute weitgehend unverstanden ist, anhand histopathologischer Kritierien in verschiedene Unterformen eingeteilt. Im Jahr 2002 ist im Rahmen einer Konsensuskonferenz der American Thoracic Society und der European Respiratory Society eine Revision der Klassifikation der IIP erfolgt. Derzeit existieren 7 verschiedene Formen (Tab. 10.21 ). Die IPF ist neben der Sarkoidose und der EAA die häufigste Form einer ILD. Dies, gepaart mit dem meist rasch progredienten und fatalen Verlauf, begründet eine Sonderstellung der IPF unter den ILD. Ferner sind NSIP und COP häufige Formen einer IIP. Tab. 10.21Idiopathische interstitielle Pneumonien
Idiopathische pulmonale Fibrose (IPF)Synonym: idiopathische Lungenfibrosen (Begriff früher verwendet) PraxisfallEin 66-jähriger, lebenslang sportlich aktiver Nichtraucher mit gesunder Lebensweise bemerkt eine langsam zunehmende Luftnot bei ausgedehnten Fahrradtouren, v. a. in den Bergen, zeitgleich mit zunehmend trockenem Reizhusten. Bei der körperlichen Untersuchung fallen eine beidseits basale Sklerosiphonie und Uhrglasnägel auf, in der Lungenfunktion eine restriktive Ventilationsstörung und eine ausgeprägte Diffusionsstörung. Im HR-CT kann ein basal und subpleural akzentuiertes, retikuläres Zeichnungsmuster mit Honey Combing und Traktionsbronchiektasien (Abb. 10.18 ) festgestellt werden. Serologisch und klinisch kann das Vorliegen einer Kollagenose ausgeschlossen werden, eine Asbestexposition liegt nicht vor. In der Bronchoskopie wird eine mischzellige Alveolitis mit 14% Lymphozyten und 20% Neutrophilen festgestellt, die transbronchiale Biopsie ergibt keinen richtungsweisenden Befund. Abschließend wird daher beim Patienten eine offene Lungenbiopsie durchgeführt. Bei der histopathologischen Untersuchung kann ein Usual-Interstitial-Pneumonitis(UIP)-Muster dokumentiert werden. Darauf wird die Diagnose „idiopathische pulmonale Fibrose“ gestellt. Unter der Behandlung mit Steroiden muss ein Voranschreiten der Erkrankung festgestellt werden, weshalb diese Therapie später auch wieder abgesetzt wird. Definition Chronisch progrediente Lungenfibrose unbekannter Genese, typischerweise mit neutrophiler Alveolitis, bds. basal und subpleural akzentuiertem retikulärem Zeichnungsmuster mit Honey Combing und Usual-Interstitial-Pneumonitis-Muster als histopathologischem Kernbefund. Epidemiologie Die Inzidenz der Erkrankung des mittleren bis höheren Lebensalters (> 50 Jahre) liegt bei etwa 5–10, die Prävalenz bei 20/100 000. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen, ein Nikotinabusus stellt einen eigenständigen Risikofaktor dar. In ca. 10% wird eine familiäre Häufung beobachtet. Ätiologie und Pathogenese Vermutet wird eine chronische epitheliale Schädigung, die den fibrosierenden Umbau der Lunge triggert. Ein alle bei der IPF erhobenen Befunde vereinendes Konzept existiert allerdings noch nicht. SymptomeDie Patienten berichten über ein sich langsam entwickelndes und oft über längere Zeiträume unerkanntes Krankheitsbild, initial gekennzeichnet durch leichte Luftnot bei Belastung, später durch Ruhedyspnoe. Begleitend findet sich relativ häufig auch ein trockener, oft schwer therapierbarer Reizhusten. Nicht selten geht der Erstmanifestation ein schwerer respiratorischer Infekt voraus und auch im weiteren Verlauf sind respiratorische Infekte häufig. Bei der klinischen Untersuchung findet sich ein dorsobasal betontes, später auch apikal und ventral nachweisbares Knisterrasseln. Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger finden sich in etwa 50%. In Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung finden sich auch Zeichen der chronischen Hypoxämie (Lippenzyanose, Zeichen eines Cor pulmonale). DiagnostikTabelle 10.22 . Tab. 10.22Diagnosekriterien der IPF
Lungenfunktionell bestehen eine restriktive Ventilationsstörung und (gelegentlich vorher) Zeichen der Gasaustauschstörung (eingeschränkte CO-Diffusion, erniedrigte kapilläre pO2 Werte teils schon in Ruhe, akzentuiert aber unter Belastung, und erhöhter alveolär-arterieller Sauerstoffgradient). Bei der Bronchoskopie findet sich meist ein unauffälliger Schleimhautbefund; in den transbronchialen Biopsien können die relevanten histologischen Veränderungen meist nicht dargestellt werden, weshalb im Zweifelsfall eine offene Lungenbiopsie (VATS) erfolgen sollte. In der BAL findet sich das Bild einer prädominant neutrophilen Alveolitis, oft begleitet von einem leichteren Anstieg der Eosinophilen oder der Lymphozyten. Im konventionellen Röntgenbild des Thorax fällt ein basal und subpleural akzentuiertes retikuläres Zeichnungsmuster auf. Im HR-CT zeigen sich ebenso beidseits symmetrische, basal und subpleural betonte, retikuläre Zeichnungsvermehrungen. Oft finden sich v. a. in den betroffenen Bezirken Traktionsbronchiektasen und pleuraständig bereits frühzeitig ein Honigwabenmuster. Nicht oder nur selten finden sich Milchglastrübungen, noduläre Veränderungen, Verdickungen der bronchovaskulären Bündel und eine mediastinale Lymphadenopathie, obgleich einzelne, leicht vergrößerte mediastinale LK regelmäßig beobachtet werden. In der Hand des erfahrenen Radiologen/Pneumologen ist die Spezifität des HRCT relativ hoch, die Sensitivität dagegen niedrig. Das in den per VATS gewonnenen Biopsien histologisch zu beobachtende UIP-Muster ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Inhomogenität des Geschehens, das Alter und die Verteilung der Veränderungen betreffend. Nebeneinander finden sich regulär aufgebaute Alveolen, Fibroblasten-„Nester“ und Regionen mit bestenfalls milder, interstitieller Entzündungsreaktion. Laborchemisch können eine leicht erhöhte LDH, eine beschleunigte Senkung und in Einzelfällen sogar antinukleäre Antikörper oder Rheumafaktoren in niedrigen Titerstufen nachweisbar sein (10–20%). TherapieDerzeit existiert keine etablierte Therapie. Ein Therapieversuch mit einer Kombination aus Kortikosteroiden und immunsupprimierenden Medikamenten (Azathioprin, alternativ Cyclophosphamid) für mind. 6 Monate ist entsprechend der aktuell gültigen Konsensuskonferenz zu erwägen, sollte aber nur bei eindeutiger Ansprache dauerhaft fortgesetzt werden. Erfahrungsgemäß hilft diese Therapie nicht, sollte aber v. a. bei nicht eindeutig diagnostizierbaren Fällen (wenn z. B. VATS nicht mehr möglich) überprüft werden. Im Rahmen einer Phase-III-Studie konnte für 3 × 600 mg N-Acetylcystein eine Verlangsamung der Progression der IPF dokumentiert werden. Mittlerweile werden eine Vielzahl relevanter Signaltransduktionswege oder Mediatoren im Rahmen weiterer klinischer Studien adressiert. Bei gesicherter IPF sollte also immer eine Teilnahme an klinischen Studien ermöglicht werden. Bei progressivem Verlauf sollte frühzeitig eine Listung zur Lungentransplantation erwogen werden. Verlauf und Prognose Die Überlebenszeit beträgt nach Diagnosestellung ca. 3–5 Jahre. ZUSAMMENFASSUNG
Nicht-spezifische interstitielle Pneumonie (NSIP)Die NSIP wird trotz zu beobachtender Heterogenität als eigenständige Gruppe angesehen. Patienten sind bei Erstdiagnostik meist eine Dekade jünger (40–50 J.) als bei IPF. Es finden sich keine Abhängigkeit vom Inhalationsrauchen und auch keine Geschlechterpräferenz. SymptomeMeist schleichender Beginn, gelegentlich sind subakute Verlaufsformen möglich. Ergänzend zu den initialen Symptomen bei IPF (Belastungsdyspnoe, Husten) finden sich Müdigkeit und bei 50% Gewichtsabnahme, selten Fieber. Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger sind seltener als bei IPF. DiagnostikDas Beschwerdebild, der klinische Untersuchungsbefund und die Lungenfunktionsbefunde gleichen denen der IPF. Im HR-CT fallen überwiegend symmetrisch, aber auch unregelmäßig verteilte Milchglastrübungen als Hauptbefund auf. Irreguläre Linien und retikuläre Zeichnungsvermehrung finden sich bei ca. 50%, Traktionsbronchiektasen und Honigwaben kommen dann ebenso vor. In der BAL findet sich wahlweise eine neutrophile oder eine lymphozytäre Alveolitis (zu je ca. 50%). Das histopathologisch zu beobachtende gleichnamige NSIP-Muster weist ein weites Spektrum auf, von einer Prädominanz einer chronischen interstitiellen Entzündung („zelluläre NSIP“) bis hin zur Prädominanz einer interstitiellen Fibrosierung („fibrosierende NSIP“). Es findet sich auch bei anderen Erkrankungsbildern außerhalb der IIP, so z. B. bei Kollagenosen, medikamenteninduzierter Lungenfibrose und EAA. Ein gleichzeitiges Auftreten von UIP- und NSIP-Mustern in ein und derselben Lunge ist möglich, dann ist definitionsgemäß eine IPF zu diagnostizieren. Prognose Patienten mit einer prädominanten Fibrosierungsreaktion weisen im Vergleich zu Patienten mit prädominanter Entzündungsreaktion die deutlich schlechtere Prognose auf. Kryptogene organisierende Pneumonie (COP)Synonym: bronchiolitis obliterans organizing pneumonia (BOOP) Die Begriffe COP (cryptogenic organizing pneumonitis) und BOOP (bronchiolitis obliterans organizing pneumonia) bezeichnen dasselbe Krankheitsbild, das histologisch durch intraluminale Granulationsknospen im Bereich der Alveolen (organisierende Pneumonie) bzw. in variablem Umfang auch im Bereich der Bronchiolen (Bronchiolitis obliterans) wie auch eine interstitielle Entzündungsreaktion gekennzeichnet ist. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen, das mittlere Erkrankungsalter beträgt 55 Jahre. Nichtraucher sind ca. doppelt so oft wie Raucher betroffen. SymptomeAls initiales Beschwerdebild geben die meisten die Symptome eines respiratorischen Infektes, die unter mehrfachem Antibiotikawechsel persistieren, an; Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß und Myalgien sind häufig. DiagnostikLaborchemisch lassen sich oft erhöhte Werte für die Blutsenkung, das CRP und die neutrophilen Granulozyten beobachten. Auskultatorisch findet sich umschrieben oder eher ubiquitär Knisterrasseln. Lungenfunktionell steht eine restriktive Ventilationsstörung im Vordergrund, bei einigen Patienten finden sich auch Zeichen einer obstruktiven Ventilationsstörung. Es besteht eine variabel ausgeprägte Gasaustauschstörung, mit einer entsprechend eingeschränkten CO-Diffusionsstörung und einer arteriellen Hypoxämie. Bildgebend ist die COP durch bi- oder unilaterale, überwiegend fleckförmige, alveoläre Konsolidierungen, mit entsprechendem Nachweis eines positiven Bronchopneumogramms, gekennzeichnet. Im CT zeigt sich eine subpleurale oder peribronchioläre Verteilung in 50%. Milchglasartige Trübungen sind ebenso häufig wie kleine Knötchen von < 10 mm Durchmesser entlang der bronchovaskulären Bündel. Oft findet sich das Tree-in-Bud-(Blütenzweig-)Phänomen. Die zelluläre Differenzierung der BAL ergibt das Bild einer CD8-dominanten Lymphozytose, oft auch mit erhöhten Zellzahlen für neutrophile und eosinophile Granulozyten. Die Alveolarmakrophagen sind oft schaumartig verändert. Histopathologisch kann auch bei transbronchialen Biopsien nicht selten das BOOP-Muster, mit Nachweis von Granulationsknospen in den distalen Atemwegen oder in den Alveolen, gefunden werden.
TherapieKortikosteroide (initial 1 mg/kg KG, über einen langen Zeitraum: mind. 1 Jahr) mit in der Regel exzellenter Ansprache (bis zur Restitutio ad integrum). Die Dosis sollte nur sehr langsam deeskaliert werden. Rezidive können dennoch auftreten. 062 Text: Eosinophile Pneumonie und eosinophiles Infiltrat. LITERATUR
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KEYWORDSconnective tissue diseases ♦ diffuse parenchymal lung disease (DPLD) ♦ drug induced interstitial lung disease ♦ eosinophilic granuloma of the lung ♦ histiocytosis X ♦ hypersensitivity pneumonitis ♦ idiopathic interstitial pneumonia ♦ interstitial lung disease (ILD) ♦ Lungenfibrose ♦ lung fibrosis ♦ pneumoconiosis ♦ pulmonary fibrosis ♦ pulmonary histiocytosis X ♦ pulmonary Langerhans cell histiocytosis ♦ radiation pneumonitis ♦ Sarkoidose ♦ sarcoidosis ♦ Silikose ♦ vasculitis 10.7. Erkrankungen des Lungenkreislaufs10.7.1. Thrombembolie der LungeSynonym: Lungenembolie PraxisfallHerr Schulz (43 Jahre) wird mit stechenden linksthorakalen Schmerzen und massiver Luftnot aufgenommen. Anamnese: Gewichtsverlust über 4 kg im letzten halben Jahr, seit Tagen anhaltendes Schweregefühl im rechten Bein. Körperliche Untersuchung: Tachypnoe, gestaute Halsvenen und niedriger Blutdruck. Blutgasanalyse: arterielle Hypoxämie und Hypokapnie. Echokardiographie: Dilatation des rechten Ventrikels und Vorhofs bei guter linksventrikulärer Pumpfunktion. Klinische Untersuchung der oberen und unteren Extremitäten: unauffällig. Phlebographie: ausgedehnte tiefe Oberschenkelvenenthrombose rechts. Pulmonalisangiographie: beidseitig ausgeprägte Lungenembolien. Therapie: Fibrinolyse mit anschließender Heparinisierung. Eine umfassende Malignomsuche bleibt ergebnislos, jedoch findet sich eine Resistenz gegen aktiviertes Protein C (APC-Resistenz). Herr Schulz verlässt nach 2 Wochen unter oraler Antikoagulation das Krankenhaus. Definition Mechanische Verlegung des pulmonalen Gefäßquerschnitts mit Thromben, die dem venösen Gefäßsystem oder dem rechten Herzen entstammen und zur akuten Beeinträchtigung der pulmonalen Zirkulation mit konsekutiver Rechtsherzbelastung und Störung des Gasaustausches, sekundär verbunden mit peripherem Blutdruckabfall, führen. Epidemiologie Die Inzidenz schwankt von 23–100/100 000 Einwohner/Jahr. 10% sind bereits innerhalb der 1. Stunde letal. Ätiologie und Pathogenese 95% sind Folge einer Thrombose im Bereich der tiefen Beinvenen, selten sind Thromben aus den oberen Extremitäten oder dem rechten Herzen verantwortlich. Somit ist die Lungenembolie meist mit einer Phlebothrombose (Kap. 8.4.1 „Tiefe Venenthrombose“) vergesellschaftet. Dies impliziert, dass die Inzidenz der Lungenembolie durch Identifizierung eines hohen Thromboserisikos, Prophylaxe und Therapie am effektivsten gesenkt werden kann. Pathophysiologisch resultieren aus der Verlegung des pulmonalen Gefäßquerschnitts folgende Störungen: Vasokonstriktive Mechanismen: Die rarefizierte Gefäßkapazität führt zum Anstieg des pulmonalvaskulären Widerstands und in Abhängigkeit von dessen Ausmaß zur pulmonalarteriellen Hypertonie und akuten Rechtsherzbelastung (akutes Cor pulmonale). Nicht geklärt sind die Faktoren, die den Schweregrad der hämodynamischen Veränderungen bestimmen. So werden neben der mechanischen Komponente vor allem humorale Faktoren diskutiert, d.h. die Liberation vasokonstriktiver Mediatoren aus dem Thrombus (z. B. Serotonin, Thromboxan A2, Fibrinmonomere) selbst und aus dem betroffenen Gefäßbett (z. B. plättchenaktivierender Faktor [PAF], Endothelin-1, Zysteinylleukotriene). Auf die akute pulmonale Widerstandserhöhung kann das an niedrige Drücke adaptierte rechte Herz nur begrenzt mit Kontraktilitätssteigerung reagieren. Begleitet von Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz, kommt es zur Dilatation des rechten Ventrikels. Eine Abnahme des Herzminutenvolumens und des systemischen arteriellen Drucks als Folge der Reduktion des linksventrikulär angebotenen Blutvolumens wird zunächst noch über eine periphere Vasokonstriktion ausgeglichen. Ohne kausale Therapie resultiert mit dem Versagen der Kompensationsmechanismen ein hypozirkulatorischer Schock mit sekundärer Koronarinsuffizienz.
MERKEFulminanten Lungenembolien gehen häufig Signalembolien mit diskreter Symptomatik voraus, deren Erkennung die Vermeidung weiterer (evtl. tödlicher) Embolien erlaubt. SymptomeSymptome der Phlebothrombose (Schwellung, Verfärbung und Schmerzen des betroffenen Beins) bei < 50% der Patienten klinisch manifest; Symptome der Embolie sind abhängig von Schweregrad der Verlegung der Lungenstrombahn (Tab. 10.23 ) und Phase der Erkrankung und häufig wenig charakteristisch:
Tab. 10.23Schweregradeinteilung der akuten Lungenembolie
MERKEDas Wichtigste bei der Diagnostik der Lungenembolie ist das „Darandenken“ bei unklarer Dyspnoe! Diagnostik
Bei Verdacht auf akute Lungenembolie sind folgende Einschränkungen zu beachten:
TherapieTabelle 10.24 . Die speziellen Therapiemaßnahmen richten sich nach dem Schweregrad der Embolie und möglicher Kontraindikationen gegen eine Heparin- oder Fibrinolysetherapie (Kap. 7 und Kap. 8.4.1Kap. 7Kap. 8.4.1). Tab. 10.24Allgemeinmaßnahmen bei Lungenembolie
063 Abbildung: Therapie der akuten Lungenembolie. Kleine oder submassive Embolien (Grad I und II) Bei fehlenden Kontraindikationen gegen eine Antikoagulation ist eine therapeutische Heparinisierung mit dokumentierter Verlängerung der partiellen Thromboplastinzeit auf das 2- bis 3-fache der Norm Standard. Begleitende regelmäßige Thrombozytenkontrolle ist zur Vermeidung einer heparininduzierten Thrombozytopenie mit z. T. fatalen Folgen (arterielle und venöse Thrombosen, erneute Lungenembolien) wichtig. Zugelassen sind auch nach kg KG dosierte niedermolekulare Heparine (Tinzaparin, Enoxaparin) ohne erforderliche Gerinnungskontrollen. Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist jedoch die Gefahr der Überdosierung und Blutungskomplikation groß. Bei Kontraindikationen gegen Antikoagulation und noch vorhandenem emboliefähigem Material in den tiefen Bein- oder Beckenvenen ist die Anlage eines dauerhaften Kavafilters (der unterhalb der Nierenvenen aufgespannt wird und nur operativ entfernbar ist) als venöse Sperre zu erwägen. Die Heparintherapie wird im weiteren Verlauf überlappend in eine orale Dicumaroltherapie überführt, deren Dauer sich nach der Ursache der Thrombose richtet. Massive oder fulminante Lungenembolie (Stadium III und IV) Bei fehlenden Kontraindikationen (Kap. 8.4.1, „Tiefe Venenthrombose“) gegen eine thrombolytische Therapie wird durch Streptokinase, Urokinase oder Gewebeplasminogenaktivator (tPA) eine schnelle Eröffnung pulmonalvaskulärer Stromgebiete mit Stabilisierung der Hämodynamik und des Gasaustausches angestrebt. Bei erheblichem emboliefähigem Material in der V. cava inferior oder in den Beckenvenen kann vor der Lysetherapie zum Schutz ein passagerer Kavafilter eingelegt werden, der bis zu 7 Tage verweilen kann. Eine chirurgische Embolektomie (Trendelenburg-Operation) muss bei fulminanter Lungenembolie mit Kreislaufstillstand, bei erfolgloser Lysetherapie sowie beim Vorliegen von Kontraindikationen gegen Thrombolyse bei gleichzeitig beeinträchtigter Hämodynamik und Gasaustausch in Erwägung gezogen werden. Die Kontraindikationen gegen eine Fibrinolysetherapie relativieren sich umso stärker, je größer die vitale Bedrohung durch die Embolie ist. So ist es bei fulminanter Lungenembolie durchaus gerechtfertigt, unter Reanimationsbedingungen mit schon vorhandenen Rippenfrakturen als Ultima Ratio eine Fibrinolysetherapie einzuleiten. 064 Abbildung: Vena-cava-Filter Alternative Therapietechniken Darüber hinaus sind Kathetertechniken zur Fragmentation und/oder Absaugung des embolischen Materials entwickelt worden, die bei lokal vorhandener Expertise zum Einsatz kommen können. Verlauf und Prognose Die Letalität liegt bei 30–50% und kann durch Diagnose und Therapie auf 8–10% gesenkt werden. Einen besonderen Stellenwert bei Verhinderung der Lungenembolie nimmt die Prophylaxe der Entstehung einer tiefen Venenthrombose bei gefährdeten Patienten ein (Kap. 8.4.1). Häufige Komplikationen sind Pleuritis, Pleuraerguss und Infarktpneumonie. ZUSAMMENFASSUNG
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KEYWORDSLungenembolie ♦ pulmonary embolism ♦ Thromboembolie 10.7.2. LungenödemSynonym: weiße Lunge PraxisfallHerr Bauer (73 Jahre) wird mit nächtlicher schwerster Luftnot stationär aufgenommen. Anamnese: Myokardinfarkt (vor 13 Jahren) und arterielle Hypertonie bekannt. Klinische Untersuchung: ausgeprägte Orthopnoe (Atemhilfsmuskulatur) und Zyanose, beidseits pulmonal grobblasige Rasselgeräusche, Herzfrequenz bei 170 Schlägen/min bei absoluter Arrhythmie, Blutdruck bei 90/55 mmHg. EKG: nicht vorbekanntes Vorhofflimmern mit schneller Überleitung ohne Hinweis auf frischen Myokardinfarkt. Röntgen-Thoraxaufnahme: alveoläres Lungenödem beidseits. Echokardiographie: hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion, Durchmesser des linken Vorhofs: 45 mm (Norm: 20–40 mm). Das Lungenödem erklärt sich über eine akute linksventrikuläre Dekompensation mit pulmonalvenöser Stauung im Rahmen eines neu aufgetretenen Vorhofflimmerns. Nach Kardioversion, linksventrikulärer Nachlastsenkung und diuretischer Therapie stabilisieren sich Blutdruck und respiratorische Situation. DefinitionVermehrte interstitielle und alveoläre Flüssigkeitseinlagerung der Lunge durch meist kardial verursachte Erhöhung des kapillären Filtrationsdrucks oder erhöhte Durchlässigkeit der pulmonalen Gefäßschranke (verschiedene Ursachen). EpidemiologieDa es unterschiedliche Auslöser gibt, liegen keine genauen Zahlen zur Inzidenz vor, eine linkskardial verursachte pulmonale Stauung ist ein häufiges Krankheitsbild. Ätiologie und PathophysiologieStarling-GleichungFlüssigkeitsansammlung = Kfc [(Pc – Pi) – δ (πpl – πi)] – Qlymph Kfc = kapillärer Filtrationskoeffizient (Wasserdurchlässigkeit der Gefäßwand) Pc = mittlerer Kapillardruck Pi = mittlerer interstitieller Druck δ = Reflexionskoeffizient für Makromoleküle (Proteinundurchlässigkeit der Gefäßwand; Bereich 0–1) πpl = onkotischer Druck des Plasmas πi = onkotischer Druck des Interstitiums Qlymph = Lymphabfluss Zudem bewirken epitheliale Pumpensysteme (z. B. apikaler Na+-Kanal in Verbindung mit laterobasaler Na+-K+-ATPase) eine Rückresorption von Flüssigkeit aus dem Alveolarraum, jedoch ist deren pathophysiologische Bedeutung noch nicht definiert. Ein Ödem entsteht, wenn die filtrierte Menge den mehrfach steigerbaren Lymphabfluss übertrifft. Besonderheiten der Lunge sind:
Interstitielles und alveoläres Ödem Initial findet sich der erhöhte Flüssigkeitsgehalt (Norm: 300–400 ml) im Interstitium (interstitielles Ödem), sekundär im Alveolarraum (alveoläres Ödem), mit nachfolgendem Abfluss in den Bronchialbaum. Im Extremfall kann die Lunge > 2 l Ödemflüssigkeit aufnehmen. Kardiogenes Lungenödem Die häufigste Ursache pulmonaler Ödembildung ist ein Anstieg des mikrovaskulären Drucks (Pc) durch Stauung des Blutes vor dem linken Herzen (pulmonalvenöse Stauung) bei Vitien oder myokardialer Insuffizienz: kardiogenes Ödem. In seltenen Fällen kann eine Thrombosierung der Pulmonalvenen ebenfalls zur Erhöhung des mikrovaskulären Drucks mit Ödembildung führen. Ein Abfall von πpl (Proteinmangel) reicht dagegen als alleinige Ursache pulmonaler Ödembildung nicht aus. Ebenso kommt es bei totaler Blockade der Lymphdrainage nicht zu diffuser pulmonaler Ödembildung, auch wenn sie regional (z. B. karzinomatöser Befall des Lymphsystems) nachgewiesen werden kann (Lymphangiosis carcinomatosa). Nichtkardiogenes Lungenödem Bei erhöhter Permeabilität der Endothelschranke (Schrankenstörung; Kfc↑, δ↓, πi↑durch vermehrten Proteinübertritt in das Interstitium) als Ursache pulmonaler Ödembildung ist die austretende Flüssigkeit proteinreich (> 50% des Plasma-Proteingehalts). Das Lungenödem bei gesteigerter alveolokapillärer Permeabilität kann z. B. infektiös-toxisch, posttranfusionell (Leukozytenagglutinine), inhalativ durch Reizgase oder nach Aspiration von Mageninhalt, Meer- oder Süßwasser ausgelöst werden. Diese Formen werden nach Ausschluss einer linkskardialen Genese in Abhängigkeit von der resultierenden Oxygenierungsstörung als „acute lung injury“ (ALI) oder „adult respiratory distress syndrome“ (ARDS) bezeichnet (Kap. 10.8). Beim akut auftretenden Lungenödem, z. B. durch kardiogene Ursache, provoziert die interstitielle und alveoläre Flüssigkeitseinlagerung Diffusionsstörungen und Ventilations-Perfusions-Verteilungsstörungen bis zum erhöhten Shuntfluss. Begleitend kann sich ein Bronchialwandödem ausbilden: Durch die Verdickung der Bronchialschleimhaut und – speziell bei vorbestehend erhöhter Atemwegsreagibilität – begleitende Bronchokonstriktion kann sich der Atemwegswiderstand erhöhen (bei kardiogener Verursachung spricht man von Asthma cardiale). SymptomeSchwere Luftnot bis hin zur Erstickungsangst, begleitend Husten, beim manifesten Lungenödem mit schaumigem Auswurf, der bei kardiogener Verursachung und ausgeprägter Schrankenstörung durch kleine Mengen übergetretenen Blutes blutig tingiert sein kann. Diagnostik
Durch Flüssigkeitseinlagerung in die Bindegewebssepten der Lobuli, die unterschiedlich ausgeprägt sind, entstehen typische Kerley-Linien:
065 Abbildung: Pulmonalvenöse Stauung.
TherapieSofortmaßnahme: Sauerstoffapplikation per Nasensonde oder Gesichtsmaske. Bei kardiogenem Lungenödem Optimierung der linksventrikulären Funktion (z. B. medikamentöse Bremsung tachykarder Rhythmusstörungen, Verbesserung der linksventrikulären Auswurfleistung durch Nachlastreduktion des linken Herzens z. B. mit Nitroprussidnatrium in der akuten Situation, ACE-Hemmer, Kap. 7.5). Vorlastsenkung (Oberkörper hoch-, Beine tieflagern, Nitroglyzerin) und Volumenentzug (Diuretika, ggf. Filtrationsmaßnahmen) zur Reduktion des Flüssigkeitszustroms zur Lungenstrombahn, außerdem überbrückende Maskenbeatmung oder Intubation mit Überdruckbeatmung; bei Agitiertheit und extremer Dyspnoe sedierende Maßnahmen (z. B. Morphin) unter Überwachung. Bei akuter pulmonaler Schrankenstörung Kapitel 10.8.1. Verlauf und PrognoseDie Prognose ist meist gut, wird aber oft durch auftretende Stauungspneumonie kompliziert. Die langfristige Prognose wird durch die kardiale Grundkrankheit bestimmt. Bei chronischer Lungenstauung (Mitralvitium) können sekundäre vaskuläre Umbauprozesse zu chronischer pulmonaler Hypertonie und Rechtsherzbelastung führen. ZUSAMMENFASSUNG
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KEYWORDSLinksherzversagen ♦ Lungenödem ♦ Lung Edema ♦ Pulmonary Edema 10.7.3. Chronische pulmonale Hypertonie und Cor pulmonaleSynonym: pulmonale Hypertension PraxisfallFall A: Ein 65-jähriger Mann stellt sich wegen zunehmender Luftnot und progredienter Beinödeme vor. Bei bekannter chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung bemerkte der Patient seit einigen Wochen eine relativ plötzliche Verschlechterung der Dyspnoe. Körperliche Untersuchung: Zeichen der chronischen Emphysembronchitis mit Lippenzyanose, Emphysemthorax und exspiratorischem Giemen bei der Lungenauskultation, außerdem deutliche Unterschenkelödeme, Leber ist 4 Querfinger konsistenzvermehrt unter dem Rippenbogen palpabel, gestaute Halsvenen bei positivem hepatojugulärem Reflux. Blutgasanalyse: respiratorische Globalinsuffizienz mit erniedrigtem pO2 (55 mmHg) und erhöhtem pCO2 (50 mmHg). EKG: P dextroatriale, Drehung der Herzachse nach rechts zum Rechtstyp, inkompletter Rechtsschenkelblock und T-Negativierungen in den rechtspräkordialen Ableitungen weisen auf ausgeprägte Rechtsherzbelastung hin. Thorax-Übersichtsaufnahme: Zeichen des chronischen Emphysems, prominente zentrale Lungengefäße mit Kalibersprung, in der Seitenaufnahme Verschmälerung des Retrokardialraumes im Sinne einer Vergrößerung des rechten Ventrikels. Echokardiographie: bei normaler linksventrikulärer Funktion deutliche Dilatation des rechten Ventrikels und rechten Vorhofs mit ausgeprägter Insuffizienz der Trikuspidalklappe. Doppler-Echokardiographie: Druckgradient an der Trikuspidalklappe von 60 mmHg; das entspricht einem geschätzten systolischen Druck in der A. pulmonalis von 75 mmHg. Diagnose: dekompensierte Rechtsherzinsuffizienz bei Cor pulmonale durch ausgeprägte pulmonale Hypertonie auf dem Boden einer chronisch-obstruktiven Bronchopneumopathie. Fall B: Eine 28-jährige Frau entwickelt innerhalb von 8 Monaten nach der Entbindung ihres 2. Kindes zunehmende Dyspnoe, die zu wiederholten Vorstellungen beim Hausarzt ohne konkretes Ergebnis führte. Nun erlitt sie bei leichter körperlicher Arbeit eine kurze Synkope und wird mit Luftnot bereits bei geringster Anstrengung eingeliefert. Untersuchung: pulsierende Halsvenen, auskultatorisch nachweisbares Pulmonalinsuffizienzgeräusch (Graham-Steell) und Systolikum links parasternal. Radiologie: prominente zentrale Lungengefäße mit Kalibersprung und geringe Verbreiterung der Herzsilhouette; keine Auffälligkeiten im Lungenparenchym. EKG: ausgeprägte Rechtsherzhypertrophie; Echokardiographie: massive Hypertrophie und Dilatation von rechtem Ventrikel und rechtem Vorhof, Trikuspidalinsuffizienz. Rechtsherzkatheter: pulmonalarterieller Mitteldruck von 65 mmHg bei sehr niedrigem Herzzeitvolumen (1,9 l/min) und extrem erhöhtem pulmonalvaskulärem Widerstand (> 15-Faches der Norm!). Nach Ausschluss von Lungenembolien und Lungenparenchymerkrankung lautet die Diagnose Cor pulmonale bei primärer pulmonaler Hypertonie. Definition
Epidemiologie Angaben zur Häufigkeit sind widersprüchlich, sie beträgt ca. 5–10% aller Erkrankungen des Herzens. Die Prävalenz ist bei chronisch-obstruktiver Bronchopneumopathie deutlich höher. In Sektionsstudien dieser Patienten weisen ca. 50% Zeichen des Cor pulmonale auf. Umgekehrt liegt dem chronischen Cor pulmonale bei mehr als 80% eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung zugrunde. Ätiologie und Pathophysiologie Hypoxische Vasokonstriktion, Inflammation und mechanische Obliteration sind die entscheidenden Auslöser einer pulmonalen Hypertonie. Sie induzieren eine chronisch-persistierende pulmonale Vasokonstriktion mit begleitenden strukturellen Veränderungen der Gefäßwände (Proliferation von glatten Muskelzellen und Fibroblasten in Intima, Media und Adventitia), die als Remodelling bezeichnet werden. Querschnitts- und Elastizitätsverlust der Gefäße werden hierüber z. T. „fixiert“, jedoch ist eine Reversibilität nicht prinzipiell ausgeschlossen. Die Folgen für das Herz sind Rechtsherzhypertrophie mit z. T. extremen Ausmaßen (Abb. 10.21 ) sowie Dilatation des rechten Ventrikels und Vorhofs, insbesondere im Stadium der Dekompensation (Cor pulmonale). Pulmonale Hypertonie. Sektionsbefund: Das aufgeklappte rechte Herz zeigt massive Hypertrophie der Wände und der Trabekel. 066 Abbildung: Echokardiographie bei pulmonaler Hypertonie. Wesentliche Auslöser einer pulmonalen Hypertonie:
SymptomeAnfangsphase: Symptomatik der zugrunde liegenden Lungenerkrankung. Bei Fortschreiten des pulmonalarteriellen Hypertonus tritt die Symptomatik des Cor pulmonale hinzu: rasche Erschöpfbarkeit, verminderte Leistungsfähigkeit, Belastungsdyspnoe, im fortgeschrittenen Stadium Tachykardie bis hin zu Symptomen der manifesten Rechtsherzinsuffizienz (z. B. rasche Erschöpfbarkeit, Belastungsdyspnoe, Tachykardie, akzentuierter 2. Herzton, epigastrische Schmerzen). Da die langsame Erhöhung des pulmonalen Gefäßwiderstandes zunächst zur angepassten Hypertrophie des rechten Ventrikels mit normalen Füllungsdrücken führt, sind viele Patienten über lange Zeit kardial asymptomatisch. Häufig wird erst bei manifester Rechtsherzinsuffizienz ein Cor pulmonale diagnostiziert. Im weit fortgeschrittenen Stadium mit schwerem Cor pulmonale kann es zusätzlich zu Präsynkopen und Synkopen, insbesondere bei körperlicher Belastung oder im Rahmen von Hustenattacken, kommen. Ein holosystolisches Geräusch rechts parasternal kann auf das Vorliegen einer Trikuspidalklappeninsuffizienz hinweisen. DiagnostikTabelle 10.27 .
Tab. 10.27Klinische Befunde beim Cor pulmonale
067 Abbildung: EKG bei schwerer primärer pulmonaler Hypertonie. 068 Abbildung: Druckkurve bei pulmonaler Hypertonie.
TherapieBehandlung der Grundkrankheit Bei den häufigsten Auslösern der pulmonalen Hypertonie, den chronischen Atemwegserkrankungen (COPD, Asthma), bedeutet dies eine Optimierung der antiobstruktiven Therapie. Eine Sauerstoff-Langzeittherapie (> 18 h/d) sollte zusätzlich bei Erkrankungen (COPD, Emphysem, Lungenfibrose) mit alveolärer Hypoxie (Euler-Liljestrand-Mechanismus) als Trigger der pulmonalen Vasokonstriktion zur Anwendung kommen. Eine Sauerstoffapplikation kann auch bei den schweren Formen der vaskulären pulmonalen Hypertonie mit arterieller Hypoxämie indiziert sein. Die Oxygenierung kann auch bei fehlenden respiratorischen Reserven im Rahmen schwerer parenchymatöser Veränderungen (COPD, Emphysem) oder thorakaler Veränderungen (Kyphoskoliose) durch intermittierende Heimbeatmung (z. B. BIPAP-Maske, Kap. 10.8) verbessert werden. Antiinflammatorische Therapiestrategien (Kortikosteroide und Immunsuppressiva) kommen bei primär vaskulär oder primär interstitielI inflammatorischen Prozessen (interstitielle Lungenerkrankungen, Kollagenosen, Vaskulitiden) in Frage. Bei rezidivierenden Lungenembolien stehen eine orale Antikoagulation bzw. bei vorliegenden Kontraindikationen Vena-cava-Sperrmaßnahmen im Vordergrund. Erstere wird auch bei primärer pulmonaler Hypertonie empfohlen, um sekundäre Gerinnungsprozesse in der inflammatorisch veränderten Lungenstrombahn zu verhindern. Symptomatische Therapie Eine medikamentöse Drucksenkung in der Lungenstrombahn ist schwierig, da die systemische Applikation der Vasodilatanzien in oraler oder intravenöser Form sowohl im kleinen als auch im großen Kreislauf drucksenkend wirkt (fehlende pulmonale Selektivität); hieraus können bei fehlender Regulationsbreite des Herzzeitvolumens bedrohliche systemische Druckabfälle resultieren. Zudem kann durch Vasodilatation in schlecht oder nicht ventilierten Arealen der Lunge eine Gasaustauschstörung verschlechtert werden (Zunahme des Mismatchs; fehlende intrapulmonale Selektivität). Vor dauerhaftem Einsatz der Medikamente ist somit eine Austestung unter Überwachungsbedingungen, bevorzugt bei liegendem Rechtsherzkatheter, anzuraten. Verwendung fanden vor allem Kalziumantagonisten (Nifedipin-Typ und Diltiazem). Bei sekundärer Polyglobulie (Hämatokritwerte > 60% mit daraus resultierender ausgeprägter Viskositätssteigerung des Blutes) ist eine Aderlasstherapie indiziert. Eine Digitalisierung bei Rechtsherzinsuffizienz wird kontrovers diskutiert (Nachteil: Provokation von Rhythmusstörungen) und hat ihren festen Platz nur bei Tachyarrhythmien zur Bremsung der Überleitungsfrequenz. Zur Standardtherapie der pulmonalen Hypertonie gehören außerdem körperliche Schonung und diuretische Therapie. Bei manifester Rechtsherzdekompensation und kardiogenem Schock kommen intensivtherapeutische Maßnahmen zur Rekompensation zum Einsatz (O2-Gabe, Optimierung des Flüssigkeitshaushalts, vorübergehende Katecholaminapplikation, Steuerung von Vasodilatanzien unter Rechtsherzkatheter). Neue Therapieansätze bei primärer pulmonaler Hypertonie In einer multizentrischen Studie wurden eine pulmonalvaskuläre Selektivität, eine verbesserte Belastungsfähigkeit der Patienten und eine Verbesserung des funktionellen Schweregrades der PPH durch Aerosolapplikation von Ilomedin® (lang wirksames vasodilatatives Prostazyklinanalogon) nachgewiesen. Zudem wurde durch orale Applikation des Endothelinantagonisten Bosentan die Gehstrecke verbessert und der Krankheitsprogress verzögert. Bei schweren Verläufen kann in der Vorbereitungszeit zur Lungentransplantation eine Prostazyklin-Dauerinfusion angewandt werden. Bei Patienten mit primärer und sekundärer (infolge von Kollagenosen) pulmonaler Hypertonie konnte Sildenafil (Phosphodiesteraseinhibitor Typ 5) die Belastungsfähigkeit und die pulmonale Hämodynamik in Vergleich zu einer Plazebomedikation deutlich verbessern. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Kombination von inhaliertem Ilomedin® und oralem Sildenafil die pulmonalarterielle Drucksenkung verstärkt und verlängert. Operative Maßnahmen
Verlauf und Prognose Die Prognose bei chronisch-pulmonaler Hypertonie und Cor pulmonale hängt von der Grundkrankheit und Höhe des mittleren pulmonalarteriellen Drucks ab. Die 5-Jahres-Lebenserwartung bei chronischen Atemwegserkrankungen liegt bei einem pulmonalarteriellen Mitteldruck von 25–30 mmHg bei 50% und fällt nach der ersten Rechtsherzdekompensation auf 10%. Bei primärer pulmonaler Hypertonie beträgt die mittlere Lebenserwartung ca. 2 Jahre, bei Dekompensation mit Rechtsherzinsuffizienz liegt diese sogar im Bereich von wenigen Monaten! Weitere Komplikationen sind Synkopen (abhängig vom Schweregrad der pulmonalen Hypertonie) und selten maligne Rhythmusstörungen. ZUSAMMENFASSUNG
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KEYWORDSLungenembolie ♦ Pulmonale Hypertonie ♦ PPH 10.8. Akute und chronische respiratorische InsuffizienzDefinition Respiratorische Insuffizienz: Unvermögen des Atmungssystems (Atempumpe, Lunge), Sauerstoffaufnahme und Kohlensäureabgabe sicherzustellen. Die akute respiratorische Insuffizienz tritt auf in Form eines plötzlichen oder rasch progredienten Verlusts der Atempumpfunktion oder der Gasaustauschfunktion. Meist verläuft die respiratorische Insuffizienz jedoch chronisch, wobei ein schleichender Funktionsverlust lange Zeit kompensiert werden kann. Die Diagnose der respiratorischen Insuffizienz hängt von den arteriellen Blutgaswerten paO2 und paCO2 ab. Eine Partialinsuffizienz (normokapnische Hypoxämie) liegt vor, wenn nur paO2 unter dem altersbezogenen Referenzwert liegt; eine sog. Globalinsuffizienz (hyperkapnische Hypoxämie) ist mit einem gleichzeitigen Anstieg von paCO2 verbunden. Ätiologie Ursachen der respiratorischen Insuffizienz sind:
MERKERespiratorische Insuffizienz beschreibt den Funktionsverlust des Atmungssystems, dem zahlreiche unterschiedliche Erkrankungen zugrunde liegen können. 10.8.1. Akute respiratorische InsuffizienzSynonym: Schocklunge, akutes respiratorisches Distress-Syndrom des Erwachsenen (ARDS) PraxisfallEin 42-jähriger Arbeiter wird nach einem Brand auf dem Betriebsgelände einer Farbenfabrik mit leichten Verbrennungen eingeliefert. Nach primärer Versorgung der Verletzungen wird er nach Hause entlassen, jedoch 8 h später unter dem klinischen Bild Somnolenz, Husten, Hyperventilation und ausgeprägter Zyanose auf der Intensivstation eingeliefert. Blutgasanalyse: schwere respiratorische Insuffizienz mit einem pO2 von 34 mmHg. Durch Hyperventilation bedingt liegt der pCO2 bei 32 mmHg. Thorax-Übersichtsaufnahme: beidseits diffuse Infiltrationen. Eine linksventrikuläre Insuffizienz wird echokardiographisch und mittels Rechtsherzkatheter ausgeschlossen. Diagnose: ARDS nach toxischer Rauchgasinhalation. Therapie: Intubation und maschinelle Beatmung für 6 Tage. DefinitionAkute respiratorische Insuffizienz Akut auftretende und unter adäquater Therapie meist reversible Lungenfunktionsverluste. Wichtigste zugrunde liegenden Krankheitsbilder (s. entsprechende Kapitel):
Adultes respiratorisches Distress-Syndrom (ARDS) Eine akute Gasaustauschstörung mit schwerster Hypoxämie kennzeichnet das Adult Respiratory Distress Syndrome (ARDS). Dieses lebensbedrohliche Krankheitsbild kann nach unterschiedlichen Auslösern bei vorher Lungengesunden ohne spezielle Prädisposition auftreten. Verantwortlich ist ein akuter inflammatorischer Prozess des Lungenparenchyms, der die Gasaustauschstrecke beeinträchtigt. Wesentliche Kriterien sind:
Bei geringerer funktioneller Ausprägung der Gasaustauschstörung wird der Begriff Acute Lung Injury (ALI) benutzt. Die Kriterien entsprechen exakt denen des ARDS mit einem paO2/FiO2-Quotient < 300 mmHg. EpidemiologieDie akute respiratorische Insuffizienz ist eines der wesentlichen Probleme der Intensivmedizin. Die Inzidenz des ARDS liegt bei 3–75 Fällen/100 000 Einwohnern und Jahr. Leichtere Verlaufsformen (z. B. ALI) sind häufiger. Ätiologie und PathogeneseARDS hat verschiedene Ursachen: Direkte Auslöser:
Indirekte Auslöser:
Es gibt viele Varianten des ARDS (z. B. Schocklunge, septisches Lungenversagen, posttraumatische pulmonale Insuffizienz, Transfusionslunge) und außerdem Überschneidungen mit den oben genannten Formen der respiratorischen Insuffizienz, insbesondere hinsichtlich der Pneumonie: Bei bilateraler Ausbreitung der mikrobiellen Invasion und/oder des inflammatorischen Geschehens als Reaktion auf die mikrobielle Triggerung spricht man ebenso (bei Erfüllung der genannten Kriterien) von ARDS. Initialphase (exsudativ) Anstieg des pulmonalvaskulären Widerstands, verursacht durch prä- und postkapilläre Vasokonstriktion sowie Mikroembolisationen (Abb. 10.24 ). Die Störung der kapillar-endothelialen und alveolo-epithelialen Schrankenfunktion äußert sich in erhöhter Permeabilität für Wasser und Plasmaproteine. Es entsteht ein proteinreiches Ödem, das sich zunehmend perivaskulär-interstitiell und dann alveolär ausdehnt. Aus der Beteiligung des alveolären Kompartiments resultiert eine schwere Störung der Surfactant-Funktion mit Abnahme von Compliance (Dehnbarkeit der Lunge) und Atelektasenbildung als Hauptursache der schweren Gasaustauschstörung in diesen Lungen aufgrund des Shuntflusses durch atelektatische/ödematöse Areale. Übersicht der Pathogenese des ARDS. (Nach: Lasch/Lenz/Seeger, 1997). Spätphase Exsudative Phase, evtl. rasch reversibel, auch Übergang in eine subakut verlaufende proliferative oder fibrosierende Phase und jederzeit Überlagerung von neuen exsudativen Schüben möglich, wobei hier in 2–3 Wochen eine ausgedehnte Fibrosierung mit dann irreversiblem Alveolarraumverlust resultiert. Eine Vielzahl von Effektoren ist in die Pathogenese eingebunden (Abb. 10.25 ). Übersicht möglicher Effektoren beim ARDS. (PMN = polymorphkernige Granulozyten; PAF = plättchenaktivierender Faktor) Pathophysiologie der Gasaustauschstörungen Auslöser sind:
SymptomeZunächst Symptome der auslösenden Ursache, bei zunehmender respiratorischer Insuffizienz: Dyspnoe, Tachypnoe, Zyanose, Husten (zu Beginn des ARDS, spät im Rahmen der alveolären Ödembildung oder gar nicht). Diagnostik
069 Abbildung: Röntgen-Thorax bei ARDS.
TherapieIm Vordergrund steht die kausale Therapie (z. B. Fokussanierung und Antibiotika bei Sepsis, Therapie einer schweren Pankreatitis). Antiinflammatorische Therapiekonzepte haben bislang versagt (z. B. Kortikosteroide, monoklonale Antikörper gegen proinflammatorische Zytokine wie Tumor-Nekrose-Faktor); Ausnahme: Steroidgabe beim „späten fibrosierenden ARDS“ in Abwesenheit von Infektionen. Symptomatische Behandlung Diese hat die Prognose des ARDS deutlich verbessert:
Verlauf und PrognoseDie Letalität liegt bei 40–60% (je nach Schweregrad und Grunderkrankung), wobei jedoch zunehmend weniger Patienten allein durch ARDS (nicht mehr beherrschbare arterielle Hypoxämie) sterben, sondern im protrahiert verlaufenden ARDS mit begleitendem akutem Versagen anderer Organe. Bei Überwindung der Akutphase kann es zur Restitutio ad integrum der Lungenfunktion kommen. Je weiter eine Fibrosierung fortgeschritten ist, desto häufiger bleiben zunächst restriktive Restschäden der Lunge, die jedoch ebenfalls über Monate gute Rückbildung zeigen können. KomplikationenVermeidung von Barotrauma und O2-Toxizität.
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10.8.2. Chronische respiratorische InsuffizienzSynonym: chronisches Lungenversagen DefinitionChronisch progredientes Versagen des Atmungssystems (Atempumpe, Lunge) mit der Unfähigkeit, Sauerstoffaufnahme und Kohlensäureabgabe sicherzustellen. Wesentliche Erkrankungen sind:
EpidemiologieHäufigste Ursache sind chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, unter denen ca. 20% der erwachsenen Männer leiden. Bis zu ⅓ davon entwickelt eine chronische respiratorische Insuffizienz mit progredienter Hyperkapnie. Nur Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkleiden haben in Bezug auf die vorgezogene Invalidität der Patienten eine größere sozialmedizinische Relevanz. Alle anderen Formen chronischer respiratorischer Insuffizienz sind seltener. Ätiologie und PathogeneseVersagen der Atemmuskulatur Bei nahezu allen genannten Formen kommt es im protrahierten Verlauf zur zunehmenden Beanspruchung der Atemmuskulatur durch den Versuch, die erhöhte Atemarbeit zu überwinden bzw. die alveoläre Ventilation zur Kompensation der Gasaustauschstörung übermäßig zu steigern. Hierdurch treten Ermüdungserscheinungen der Atemmuskeln auf. Erholungszeiten für die Atemmuskeln entfallen zunehmend, da die Atemarbeit selbst in Ruhe grenzwertig groß wird. Eine Atemmuskelarbeit von > 40% der maximalen Atemmuskelleistung kann nicht chronisch aufrechterhalten werden, es kommt zum Circulus vitiosus aus atemmuskulärer Erschöpfung und zunehmender Dekompensation durch sinkende alveoläre Ventilation. SymptomeZunehmend überschwellige und daher bewusst wahrgenommene Atemarbeit; Luftnot bei leichter Belastung und bei weiterer Dekompensation auch in Ruhe, pulmonale Kachexie durch die permanent hohe Atemarbeit, Entwicklung von Uhrglasnägeln, Trommelschlägelfingern und ausgeprägter Zyanose. Alle anderen Symptome sind den jeweiligen Grundkrankheiten zuzuschreiben. DiagnostikWichtige Kriterien sind:
TherapieZu den kausalen Therapieansätzen siehe entsprechende Kapitel der Grundkrankheit. Generelle symptomatische Behandlungsaspekte sind: O2-Langzeittherapie Bei allen Formen der respiratorischen Insuffizienz mit arterieller Hypoxämie in Ruhe (pO2 < 60 mmHg) und/oder Zeichen der Hypoxie (Anstieg des pulmonalarteriellen Drucks, Polyglobulie), gesichertes Vorgehen bei COPD und plausibel bei anderen pneumologischen Erkrankungen mit arterieller Hypoxämie in Ruhe. Die empfohlene Mindestzeit der O2-Therapie sollte 16–18 h/d betragen mit Applikationshauptzeit während der Nachtschlafphase. Die O2-Menge muss nach wiederholten Messungen der arteriellen Blutgase titriert werden. Bei sich entwickelnder Hyperkapnie (die Hypoxämie als Stimulus der Atmungsregulation fällt weg!) wird die inhalative O2-Menge reduziert. Angestrebt wird eine arterielle Sauerstoffsättigung von über 90%. Als häusliche Sauerstoffquellen kommen Sauerstoffkonzentratoren (billigste und sicherste Sauerstoffquelle) sowie Flüssigsauerstoffbehälter (Verbesserung der Mobilität des Patienten durch die Abfüllung von transportablen „Baby“-Flaschen) in Frage, wobei die Applikation über ein- oder zweilumige Nasensonden oder über Trachealkatheter (kosmetisch günstiger) nach vorhergehender Anlage eines kleinen Tracheotomiekanals erfolgt, wodurch sich O2-Verluste über den Mund umgehen und im Vergleich zur nasalen Applikation mit einer niedrigeren O2-Menge ausreichend hohe Sauerstoffsättigungswerte einstellen lassen. Allerdings können Komplikationen auftreten (tracheale Blutung, Infektionen des Katheterkanals, Abscheidung eines „Mukusballes“ am endotrachealen Teil der Kanüle, der aspiriert werden kann), so dass vor Anlage eines Trachealkatheters eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen muss. O2-Therapie kann auch bei ausgeprägter arterieller Hypoxämie unter körperlicher Belastung zur Anwendung kommen zur Vermeidung hypoxischer Phasen unter diesen Bedingungen und zur Verbesserung der Belastbarkeit. Intermittierende Selbstbeatmung Zugrunde liegt das Konzept, durch die zeitweilige Abnahme der Atemarbeit mittels Maskenbeatmung die Erholung einer ständig an der Leistungsgrenze arbeitenden Atemmuskulatur zu ermöglichen. Die regenerierte Atemmuskulatur kann dann in den Zwischenzeiten ihre Pumpfunktion besser wahrnehmen. In Betracht kommt es bei allen Formen des primären oder sekundären Pumpversagens der Atmung mit Entwicklung einer Hyperkapnie (z. B. neuromuskuläre Krankheiten, Kyphoskoliose, terminale Verlaufsformen der COPD und der Lungenfibrosen). Es werden Masken (Nase, Nase-Mund) und meist ein BiPAP-Gerät (Bi-Level Positive Airway Pressure) verwendet: Beatmung durch kontinuierlichen Wechsel zwischen hoher inspiratorischer und niedriger exspiratorischer Druckstufe). Angestrebt wird praktisch meist nachts und in schweren Fällen intermittierend tagsüber eine weitgehende Ruhigstellung der Atemmuskulatur unter der Maskenbeatmung. 070 Abbildung: Bedeutung der Energieträger für die Atemmuskulatur. Stimulation vs. Dämpfung des Atemzentrums
Körperliches Training, Krankengymnastik Bei bestimmten Erkrankungen (z. B. Mukoviszidose) haben physikalische Behandlungsmaßnahmen und krankengymnastische Übungen einen hohen Stellenwert. Dosiertes körperliches Training sollte nach vorheriger sorgfältiger Testung der Belastbarkeitsgrenzen in den meisten Fällen zur Erhaltung der Mobilität angestrebt werden. Verlauf und Prognose
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KEYWORDSacute respiratory distress syndrome ♦ adult respiratory distress syndrome ♦ ARDS ♦ chronic respiratory insufficiency ♦ Schocklunge 10.9. Tumoren der Bronchien und der LungeDie heute gültige Einteilung von Lungentumoren geht auf die letzte WHO-Klassifikation von 1999 zurück (Tab. 10.29 ). Unter praktisch-klinischen Gesichtspunkten ist eine Einteilung in überwiegend benigne Tumoren, Tumoren mit fraglicher oder fakultativer Malignität und maligne Tumoren zweckmäßig. Tab. 10.29Histologische Klassifikation von Lungentumoren
(WHO, 1999) 10.9.1. Überwiegend benigne TumorenPraxisfallBei einer 59-jährigen Industriearbeiterin (anhaltende Inhalationsraucherin) werden vor einem gynäkologischen Eingriff bei unauffälliger klinischer Untersuchung routinemäßig die Thoraxorgane geröntgt: unscharf begrenzter Rundherd im rechten Mittelfeld. Unter dem Verdacht eines Malignoms erfolgt eine CT-gesteuerte perthorakale Nadelbiopsie, sie führt zu einem schmalen Pneumothorax (Abb. 10.26 ). Die Punktionszytologie ist negativ. Bronchoskopie: makroskopische Zeichen einer chronischen Bronchitis, in Spül- und Bürstenabstrichmaterialien keine nachweisbaren Tumorzellen und Tuberkulosebakterien. Die histologische Aufarbeitung des Herdes nach Resektion ergibt ein Hamartom. Postoperativ keine Komplikationen. CT mit Rundherd und schmalem Pneumothorax (Pfeile). Definition Tumoren der Lunge epithelialen und mesenchymalen Ursprungs mit gutartigem Wachstum. Epidemiologie Insgesamt selten. Sie machen ca. 2% der Lungentumoren aus. Das chondromatöse Hamartom ist am häufigsten. Ätiologie und Pathogenese Ursache des Hamartoms sind Entwicklungsanomalien, andere ätiologische Faktoren unbekannt. SymptomeHäufig benigne Lungentumoren als Zufallsbefund bei Röntgenaufnahmen. Bei Lokalisation der Tumoren in den zentralen Atemwegen hartnäckiger Husten möglich. Evtl. Folgen einer lokalen Verlegung der Atemwege (Retentionspneumonie) und Hämoptysen. Diagnostik
TherapieImmer operative Resektion, da die Gutartigkeit des Geschehens praktisch nie zu beweisen ist. Bei Inoperabilität und Lokalisation in den zentralen Atemwegen evtl. palliative Rekanalisation mit Lasertechnik. Verlauf und Prognose Gute Prognose bei kurativer Resektion und histologischer Sicherung eines benignen Prozesses; Rezidive und maligne Transformationen sind extreme Ausnahmen.
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10.9.2. Tumoren mit fraglicher oder fakultativer MalignitätPraxisfallEine 41-Jährige mit anfallsartigem Husten und Luftnot bei Belastung seit mehreren Jahren wird unter Verdacht auf Asthma bronchiale mit inhalierbaren Steroiden und Beta-2-Sympathomimetika therapiert. Die Beschwerden werden intensiver. Bei einem Infekt erfolgt die Klinikeinweisung. Diagnose: therapieresistentes Asthma. Körperliche Untersuchung: abgeschwächtes Atemgeräusch über der linken Lungenhälfte ventral, kein Giemen oder Pfeifen. Röntgenbild: linksseitige Oberlappenatelektase, CT: durch kugelige Raumforderung verschlossener Oberlappen (Abb. 10.27 ). Bronchoskopie: exophytisch in das Bronchiallumen hineinwachsender Tumor mit spiegelnder Oberfläche im distalen linken Stammbronchus. Wegen hoher Blutungsbereitschaft wird auf eine Biopsie verzichtet. Es wird eine linksseitige Oberlappen-Manschettenresektion durchgeführt. Histologie: niedrigmaligner neuroendokriner Tumor (atypischer Karzinoidtumor), Tumorstadium pT2 N0 M0 (Stadium I). 5 Jahre nach dem Eingriff keine Hinweise auf das Vorliegen eines Tumorrezidivs, vollständige Beschwerdefreiheit. CT mit kugeliger Raumforderung im Oberlappeneingang links (Pfeil). Definition Potenziell maligne entartende Tumoren der Lunge mit unterschiedlich starker, meist nur geringer Metastasierungstendenz. Wichtigste Untergruppe sind die Karzinoidtumoren (nach WHO-Klassifikation: neuroendokrine Proliferate und Neoplasien): endokrin aktive Tumoren, ausgehend von neuroendokrinen Zellen der Schleimhaut der Bronchien, des Magen-Darm-Trakts, selten von Ovarien und Hoden. Karzinoidzellen gehören zum APUD-Zell-System (amine precursor uptake and decarboxylation): In ihren neurosekretorischen Granula werden biogene Amine und deren Vorstufen gespeichert und daraus durch Decarboxylierung Polypeptidhormone (z. B. Serotonin, ACTH, melanozytenstimulierendes Hormon) gebildet. Die hormonelle Aktivität von Karzinoidtumoren äußert sich (selten) klinisch im Karzinoidsyndrom, noch seltener sind Cushing-Syndrom und Akromegalie. Epidemiologie Primäre Zylindrome der Atemwege, Mukoepidermoidkarzinome und bronchopulmonale Manifestation von Papillomen sind sehr selten, häufiger sind Karzinoide (1–2% aller primären Bronchialtumoren). Ätiologie und Pathogenese Ursächlich für Papillome im Respirationstrakt ist die HP-Virus-Infektion (HPV = Human-Papilloma-Virus). Das Inhalationsrauchen spielt bei Karzinoidtumoren keine bedeutsame Rolle. SymptomeÜberwiegend zentrales Tumorwachstum in den Atemwegen mit:
Selten (ca. 2%) sind Karzinoidtumoren vom Karzinoidsyndrom begleitet, das durch die von den Tumoren gebildeten humoralen Substanzen (Serotonin, Histamin, Bradykinin, 5-Hydroxytryptophan, Prostaglandine, ACTH, Katecholamine u. a.) hervorgerufen wird. Typische klinische Zeichen: Flush, Diarrhöen, kolikartige Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, „Asthmaanfälle“, Hypotonie, Tachykardien und Ödemneigung. DiagnostikWichtigste Maßnahme: Bronchoskopie. Bildgebende Basisverfahren (Röntgendiagnostik, Computertomographie, Sonographie) zur Lokalisation des Primärtumors und Sicherung von Metastasen. Zusätzlich, besonders bei multilokaler Manifestation: PET und Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie mit dem Indium-111-markierten Somatostatinanalogon Octreotid. Die Analyse von 5-Hydroxyindolessigsäure (Abbauprodukte des Serotonins) im Urin fällt selbst bei manifestiertem Karzinoidsyndrom nicht immer positiv aus.
TherapieImmer primär kurative operative Entfernung (fakultative Malignität der Tumoren), beim Karzinoidtumor zusätzlich ausgiebige hiläre oder mediastinale Lymphknotendissektion (in ca. 15% tumorbefallene Lymphknoten). Bei Inoperabilität ggf. palliative intrabronchiale Rekanalisation mittels Lasertechnik. Eine Strahlentherapie ist evtl. bei Zylindromen unter palliativen Gesichtspunkten erfolgreich, ist ineffizient bei Karzinoidtumoren und verbietet sich bei juvenilen Papillomformen, da sie das Risiko einer Malignisierung vergrößert. Zytostatika sind bei den genannten Tumoren nicht gewinnbringend. Die Therapie des Karzinoidsyndroms ist schwierig: eine Langzeittherapie mit dem Somatostatinanalogon Octreotid reduziert die Karzinoidsymptomatik und hemmt in einigen Fällen das Tumorwachstum. Vereinzelt ist ein Therapieversuch mit Interferon-Alpha gerechtfertigt. Verlauf und Prognose Zweifelhafte Gesamtprognose, günstiger als beim Bronchialkarzinom. Bei den Karzinoidtumoren ohne Lymphknoten- und hämatogene Fernmetastasen ist die 5-Jahres-Überlebensrate deutlich >90%. Meist auch in kürzeren Zeitabschnitten infauste Prognose bei manifestem Karzinoidsyndrom mit chirurgisch nicht sanierbarem Tumor.
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10.9.3. Maligne TumorenPraxisfallEin 52-jähriger starker Raucher mit „Raucherhusten“ hat im Sputum kleinste Blutbeimengungen. Klinische Untersuchung: Ventilationsminderung in der linken Lungenhälfte, zusätzlich Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel. Röntgen: Raumforderung im linken Oberfeld mit partieller Dystelektase des Oberlappens (Abb. 10.28 ). Bronchoskopie: Verschluss der Segmente 1–3 des linken Oberlappens durch exophytisch wachsenden Tumor (Abb. 10.29 ). Histologisch handelt es sich um ein Plattenepithelkarzinom. Bei ipsilateralen mediastinalen Lymphknotenvergrößerungen (N2) (Stadium IIIA) wird eine neoadjuvante simultane Chemo-Radiotherapie durchgeführt, im Anschluss eine Oberlappenresektion. Bei Aufarbeitung des Resektionsmaterials findet sich ein bohnengroßer stark regressiver Tumorrest, die mediastinalen und hilären Lymphknotenstationen sind tumorfrei. 8 Monate nach dem Eingriff: guter Allgemeinzustand ohne Anhalt für ein Rezidiv. a, b Volumenminderung der linken Lunge durch subtotalen Verschluss des linken Hauptbronchus. Bronchoskopische Darstellung eines exophytischen Tumors im linken Hauptbronchus. Definition Hierzu gehören: quantitativ dominierendes Bronchialkarzinom (unpräzises Synonym: Lungenkrebs), Karzinosarkome, Sarkome, maligne Lymphome und Metastasen. Die Bronchialkarzinome epithelialen Ursprungs werden gemäß histologischer Klassifikation wiederum unterteilt, wobei unter praktisch-therapeutischen und prognostischen Gesichtspunkten insbesondere die Unterscheidung zwischen den kleinzelligen und nichtkleinzelligen Bronchialkarzinomen bedeutsam ist. Epidemiologie 2005 verstarben in der Bundesrepublik Deutschland fast 29 000 Männer und beinahe 12 000 Frauen an einem Bronchialkarzinom. Nach WHO-Statistik ist das Bronchialkarzinom die häufigste zum Tode führende Krebsart des Mannes und wird bald auch bei Frauen die 1. Stelle der Krebstodesfallstatistik einnehmen. Weltweit sind 1 Mio. Menschen daran erkrankt. Die höchsten Inzidenzraten weisen Schottland, Holland und Finnland auf, niedrige Raten Südkorea und Ägypten. Erkrankungs- und Sterberate nehmen mit steigendem Alter zu (Maximum im 60.–70. Lebensjahr). Nach Berechnungen der WHO und Weltbank wird das Bronchialkarzinom im Jahr 2020 die fünfthäufigste Todesursache der Weltbevölkerung sein. Ätiologie und Pathogenese
071 Abbildung: Ätiologie des Bronchialkarzinoms. SymptomeAbhängig von Lokalisation, Ausbreitung (thorakal bzw. extrathorakal) und Stadium (Abb. 10.30 ). Ein typisches Warnsymptom existiert nicht! Ein Bronchialkarzinom sollte bei „chronischem“ Husten, unklaren Thoraxschmerzen, rezidivierenden Infekten und Hämoptysen in die Diagnostik einbezogen werden. Krankheitszeichen durch Infiltration in die Nachbarorgane oder extrathorakale Metastasen signalisieren meist eine sehr ernste Prognose: Heiserkeit (Rekurrensparese), Horner-Syndrom (geprägt durch Miosis, Ptosis und Enophthalmus durch Infiltration des Ganglion stellatum), Infiltration des Plexus brachialis (Fehldiagnose: Schulter-Arm-Syndrom), Infiltration der Pleura mit Ergussbildung, Dysphagie (Infiltration des Ösophagus), obere Einflussstauung (Einengung/Thrombosierung der V. cava superior), Skelettschmerzen (Knochenmetastasen), Hepatomegalie (Lebermetastasen), Kopfschmerzen, Schwindel, Doppelbilder, Krampfanfall (zerebrale Metastasen). Erstsymptome beim Bronchialkarzinom. Paraneoplasien (Krankheitszeichen, die an das Vorhandensein einer Tumorkrankheit gebunden sind, von dieser aber räumlich getrennt auftreten, Kap. 11.1.8) können als Frühsymptom der Tumorkrankheit vorausgehen, aber auch die Tumorkrankheit komplizieren und die Prognose ungünstig beeinflussen (Tab. 10.30 ). Deren Inzidenz ist beim kleinzelligen Bronchialkarzinom deutlich höher als bei allen anderen Tumorerkrankungen. Tab. 10.30Paraneoplasien beim Bronchialkarzinom
DiagnostikZiele sind die Sicherung des malignen Prozesses, die Klassifikation des Tumors (Typing, Grading), die anatomische Ausbreitung (Staging) und die Definition gesicherter oder wahrscheinlicher Prognosefaktoren (Tab. 10.31 und 10.32 ). Tab. 10.31Erstdiagnostik des Bronchialkarzinoms
Tab. 10.32Weiterführende Diagnostik des Bronchialkarzinoms
Bildgebende Diagnostik Diese ermöglicht keine Artdiagnose.
Bronchoskopie Diese ist (meist mit flexiblen Geräten, evtl. kombiniert mit Endosonographie) mit der damit verbundenen Möglichkeit der zytologischen/histologischen Sicherung des Tumorgeschehens der wichtigste Schritt der Diagnostik. Deren Qualität hängt ab von: Größe und Lokalisation des Tumors, Zahl und Qualität der Biopsien, Geschick und Erfahrung des Untersuchers und Wissen des Pathologen. Laboruntersuchungen Tumormarker im Serum (CEA = karzinoembryonales Antigen, TPA = tissue polypeptide antigen, CYFRA = monoklonale Antikörper gegenüber Cytokeratin 19, NSE = neuronspezifische Enolase, ACTH, Calcitonin) haben beim Bronchialkarzinom nur begrenzte klinische Bedeutung (Ausnahme: kleinzelliges Bronchialkarzinom und NSE). In keinem Fall eignen sie sich zur Früherkennung und zum Screening. Staging Dieses berücksichtigt die Histologie, den Grad der histopathologischen Differenzierung (Grading), Tumorkrankheit-Aktivitätsindizes (z. B. Karnofsky-Index) und klinische Symptome (z. B. Gewichtsverlust in den Monaten vor Diagnosestellung). Diese Daten sind mit bestimmend für Therapieplanung und Prognose. Entscheidend für die Therapiestrategie ist die Tumorausdehnung. Das TNM-System definiert in Form einer kurzen Kodierung den Zustand des Primärtumors (T1–4), der regionalen Lymphknoten (N1–3) und das Vorliegen von Fernmetastasen (M0–1, Tab. 10.33 und Abb. 10.31 ). Unterschieden werden präoperative (klinische, TNM) und postoperative (histopathologische, pTNM) Ausbreitung. Die Stadieneinteilung des kleinzelligen Bronchialkarzinoms (SCLC = small-cell lung cancer) orientiert sich an den Begriffen „Limited Disease“ (25–35%) und „Extensive Disease“ (60–70%) (Tab. 10.34 ). Beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC = non-small-cell lung cancer) erfolgt zusätzlich zur TNM-Klassifikation und aus dieser abgeleitet die Einteilung in die Tumorstadien I–IV (Tab. 10.33). Tab. 10.33TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung des Bronchialkarzinoms
Regionale Lymphknotenstationen im Staging des Bronchialkarzinoms. (Nach: Mountain und Dresler, 1997). Tab. 10.34Klinisch orientierte Klassifikation des kleinzelligen Bronchialkarzinoms
(nach: Veterans Administration Lung Cancer Study Group in: Micke et al., 2002) TherapieKleinzelliges Bronchialkarzinom (20–25%) Chemotherapie als Basismaßnahme, ihre Rationale sind das rasche Tumorwachstum und eine frühzeitige Tumordissemination. Chirurgische Resektion mit adjuvanter Therapie nur in (häufig zufällig entdeckten) sehr frühen Tumorstadien sinnvoll. Bei „Limited Disease“ führt die kombinierte Chemo-Radiotherapie in 80–90% zur Remission (50–60% komplette Remission). Hier wird mit Platin-basierter Chemotherapiekombination therapiert, die Radiotherapie des Primärtumors einschließlich des gesamten Mediastinums wird mit einer Gesamtherddosis von 54–61 Gy simultan oder sequenziell durchgeführt. Bei Vollremission schließt sich der Basistherapie die prophylaktische Schädelbestrahlung an. Bei „Extensive Disease“ ist die Responserate 60–80% (nur 15–20% komplette Remission). Auch hier werden Platin- basierte Chemotherapiekombinationen empfohlen, anstelle von Etoposid kann Topotecan oder Epirubicin zum Einsatz kommen. Die Chemotherapie des kleinzelligen Bronchialkarzinoms im Stadium „Extensive Disease“ hat keinen primär kurativen Ansatz, ist in vielen Fällen aber palliativ sehr wertvoll (Tab. 10.35 ). Tab. 10.35Chemotherapie beim kleinzelligen Bronchialkarzinom
Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (ca. 70%) Patienten in den Stadien I und II repräsentieren die Minderheit aller Erkrankungen und haben im Vergleich zu den Stadien III und IV kurative Therapiechancen. Bei adäquater Lungenfunktion und beherrschbaren potenziellen Komorbiditäten wird in den Stadien I und II chirurgisch resektioniert (meist Lobektomie mit radikaler mediastinaler Lymphknotendissektion). Bei funktioneller oder anatomischer Inoperabilität oder Ablehnung der chirurgischen Therapie erfolgt eine Strahlentherapie unter kurativen Modalitäten. Patienten im Stadium II profitieren von einer adjuvanten Chemotherapie mit Platin-basierten Therapieprotokollen (z. B. Cisplatin/Vinorelbin), noch offen ist diese Empfehlung für das Stadium IB. Bei mikroskopisch nicht tumorfreien Absetzungsrändern bedarf es der adjuvanten Strahlenbehandlung. Das Stadium III des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms ist bezüglich Tumorsitz und -ausbreitung sehr heterogen, daraus resultieren unheitliche Therapieempfehlungen. Bei mediastinalem Lymphknotenbefall wird die neoadjuvante simultane Chemoradiotherapie (z. B. Cisplatin/Etoposid und 60 Gy Herddosis) einer primären chirurgischen Behandlung vorgezogen. Die Rolle der nachfolgenden chirurgischen Resektion ist nicht in jeder Hinsicht eindeutig definiert, eine Pneumonektomie sollte unter Berücksichtigung funktioneller Folgen und im Stadium III generell begrenzter Gesamtprognose vermieden werden. Bestehen im Stadium III schwerwiegende Komorbiditäten oder ein deutlich reduzierter AZ kann eine Radiotherapie am „Ort der Not“ palliativ wertvoll sein. Bei umschriebenem Tumoreinbruch in die Thoraxwand oder mit Tumoren < 2 cm distal der Karina, die lediglich hiläre Lymphknotenmetastasen aufweisen (T3N1) wird eine primäre Resektion mit adjuvanter Chemotherapie empfohlen. Bei den Pancoast-Tumoren ist die neoadjuvante Chemoradiotherapie, gefolgt von der Resektion, die Therapiemaßnahme mit den größten Erfolgsaussichten. Die Therapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms im Stadium IV ist generell palliativ und symptomatisch, sie erfolgt im Einzelfall und orientiert sich an klinisch im Vordergrund stehenden Beschwerden. In den letzten Jahren hat sich die „Targeted Therapy“ als neuer medikamentöser Behandlungsansatz beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom entwickelt, ihre Wertigkeit ist noch offen. Zu den auf das Zielorgan ausgerichteten medikamentösen Therapieoptionen zählen Inhibitoren des epidermalen Wachtstumsfaktors (EGFR), das Anti-Angiogenese-Konzept (Hemmung des Vascular-Endothelial-Growth-Faktors, VEGF) und immunologische Therapiestrategien (z. B. Einsatz von Vakzin-Peptiden). (Tab. 10.36 ). Tab. 10.36Chemotherapie beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom
Symptomatische (palliative) Behandlungsmaßnahmen sind: Sauerstofflangzeitapplikation, endobronchiale Lasertherapie, Endobrachyradiotherapie, Implantation tracheobronchialer Stents, Kontrolle maligner Pleura- und Perikardergüsse und Therapie extrathorakaler Metastasen, vor allem der Gehirn- und Knochenmetastasen. Unverzichtbar ist die adäquate und individuell auszurichtende Schmerztherapie. Verlauf und Prognose Schlechte Gesamtprognose trotz einiger Therapiefortschritte. 50–60% haben bei Diagnosestellung Fernmetastasen, 24% lokale Metastasen oder Tumorinfiltrationen in benachbarte Organe, max. 30% können kurativ behandelt werden, wovon nur 25% 5 Jahre überleben, d.h. 8% des Gesamtkollektivs. Die 5-Jahres-Überlebenszeiten beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom liegen bei 60–75% für das Stadium I, 36–60% für das Stadium II, 5–13% für das Stadium III und < 1% für das Stadium IV. Die Prognose des kleinzelligen Bronchialkarzinoms ist schlechter als die des nichtkleinzelligen Karzinoms: die mittlere Überlebenszeit für das Stadium „Limited Disease“ ist 15–20 Monate (10–13% 5 Jahre), für das Stadium „Extensive Disease“ 8–13 Monate (1–2% 5 Jahre).
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LITERATUR
KEYWORDSBronchialkarzinom ♦ lung cancer 10.10. Erkrankungen der Pleura10.10.1. PneumothoraxSynonym: Pneu PraxisfallHerr Heinrich, 26 Jahre, Raucher (10 Zigaretten/Tag), verspürt plötzlich einen atemabhängigen stechenden Schmerz im Bereich des linken Hemithorax und starke Luftnot. Vorerkrankungen, besonders pulmonaler Art, sind unbekannt. Ein Trauma ist nicht vorangegangen. Körperliche Untersuchung: asthenischer Habitus; kein auskultierbares Atemgeräusch über der linken Lunge, hypersonorer Klopfschall; aufgehobener Stimmfremitus. Röntgen-Thorax: kompletter Kollaps der linken Lunge bei unauffälliger rechter Lunge. Unter der Diagnose eines idiopathischen Spontanpneumothorax der linken Lunge wird mittels intrapleuraler Buelau-Drainage (5. oder 6. Interkostalraum vordere Axillarlinie) über mehrere Tage eine Saugtherapie durchgeführt, der Patient bleibt danach rezidivfrei stabil. 072 Abbildung: Pneumothorax. Definition Ansammlung von Luft im Pleuraraum mit konsekutivem partiellem oder totalem Kollaps der ipsilateralen Lunge (Abb. 10.32 ). Grundlage ist eine spontan oder durch äußere Einwirkung entstandene Leckage der Pleura, von der parietales und viszerales Blatt betroffen sein können. Typische radiologische Veränderungen beim Pneumothorax. a) Mantelpneumothorax: geringe Luftansammlung zwischen Pleura visceralis und Pleura parietalis, radiologisch (besonders in Exspirationsaufnahme) als feine lateral-konvexe Haarlinie sichtbar. Geschlossener Pneumothorax: beträchtliche Luftansammlung zwischen den Pleurablättern, zwischenzeitlicher Verschluss der primären Eintrittsläsion. b) Offener Pneumothorax: Eintrittspforte noch geöffnet (über eine penetrierende Verletzung der Thoraxwand beim äußeren offenen Pneumothorax oder über eine bronchopleurale Fistel beim inneren offenen Pneumothorax), atemsynchron bewegt sich Luft in und aus dem Pleuraraum, bei großflächigen Öffnungen folglich Bewegung des Mediastinums bei Inspiration zur gesunden, bei Exspiration zur Pneumothoraxseite (Mediastinalflattern). c) Spannungspneumothorax: Läsion der Pleura visceralis bildet „Ventil“: inspiratorisch in den Pleuraraum eintretende Luft kann exspiratorisch nicht entweichen. Dadurch entsteht ein Überdruck auf der Seite des Pneumothorax mit Verlagerung des Mediastinums, was evtl. zur Behinderung des Rückflusses der großen Venen mit Zyanose, Dyspnoe und Blutdruckabfall führt. Ätiologie und Pathogenese
SymptomeAbhängig von der Größe des Pneumothorax und dem Vorliegen einer pulmonalen Grunderkrankung mit reduzierten pulmonalen „Reserven“, asymptomatischer Verlauf bei Mantelpneumothorax (< 10–15% des Hemithorax-Umfangs), plötzlicher Dyspnoe und einseitige, stechende Thoraxschmerzen; Hustenreiz bei größeren Pneumothoraces, Notfallsituation bis hin zum Schock bei Spannungspneumothorax. Diagnostik
Therapie
Verlauf und Prognose Die 5-Jahres-Rezidivrate des idiopathischen Spontanpneumothorax beträgt nach alleiniger Drainagebehandlung ca. 40%, nach Pleurodese 10–20% und nach operativer Behandlung um 5%. Die Gefahr eines Rezidivs steigt mit erneutem Pneumothorax. Der behandelte traumatische Pneumothorax trägt kein Rezidivrisiko.
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10.10.2. Pleuritis und PleuraergussPraxisfallEin 63-jähriger Patient, starker Raucher (40 Jahre 30 bis 40 Zigaretten/d) beklagt Luftnot, Bluthusten und Gewichtsverlust von 8 kg in den letzten Monaten. Körperliche Untersuchung: Tachypnoe, Atemgeräusch und Klopfschall über der linken Lunge basal abgeschwächt. Röntgen-Thorax: tumorverdächtige Formation am linken Hilus, nach links lateral ansteigende pleurale Verschattung (Abb. 10.33 ). Bronchoskopie: leicht blutender, exophytisch wachsender Tumor am Abgang des linken Oberlappens, histologisch kleinzelliges Bronchialkarzinom. Pleurapunktion (ca. 1,5 l): blutig tingierte Flüssigkeit mit nachweisbaren zytologisch malignen Zellen (PAP V). Diagnose: maligner Pleuraerguss bei kleinzelligem Bronchialkarzinom. Unter Chemotherapie wird ein guter Regress des zentralen Bronchialkarzinoms erzielt, aber der Pleuraerguss läuft immer wieder nach und erzeugt neue Dyspnoe. Stabilisierung gelingt durch Pleurodese mit Bleomycin. Zentrales Bronchialkarzinom und linksseitiger Pleuraerguss. Zentrale Hilusverbreiterung (Pfeile), an der Thoraxwand aufsteigender Erguss (Pfeilspitzen), Zwerchfellhochstand links bei Phrenikusparese. DefinitionPleuritis Entzündung der Pleura, entstanden durch Systemerkrankung (z. B. Lupus erythematodes) oder Übergreifen von infektiösen/inflammatorischen Prozessen des Lungengewebes (z. B. Pneumonie, Lungentuberkulose, Lungenabszess, Lungeninfarkt): Bei der Pleuritis sicca finden sich entzündliche Pleurareaktionen mit Fibrinauflagerungen ohne Ergussproduktion, welche bei Pleuritis exsudativa vorliegen. Pleuraerguss Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt (bei Sonographie, Röntgen oder CT). Man unterteilt:
EpidemiologieHäufige Beschwerdebilder als Folgeerscheinungen verschiedenster Erkrankungen, keine genauen Angaben zur Inzidenz möglich. Ätiologie und PathogeneseDie Regulation der Flüssigkeitslamelle im Pleuraspalt kann aus vielfältigen Gründen gestört sein. Häufigste Ursache ist die dekompensierte Linksherzinsuffizienz mit erhöhtem Kapillardruck in der Pleura visceralis, die wesentlich über das pulmonalvenöse System drainiert wird mit der Folge der verminderten Flüssigkeitsresorption. Seltener verursacht eine Rechtsherzinsuffizienz den Erguss: es kommt zur Steigerung des hydrostatischen Drucks im Kapillarbett der Pleura parietalis mit der Folge vermehrter Flüssigkeitsbildung. Typischerweise sind kardial bedingte Ergüsse Transsudate. Diese können auch Folge einer Hypalbuminämie mit vermindertem kolloidosmotischem Druck bei fortgeschrittener Leberzirrhose oder nephrotischem Syndrom sein; bei Leberzirrhose außerdem Übertritt von Aszitesflüssigkeit. Entzündliche Prozesse und Prozesse der Tumorinfiltration induzieren dagegen über eine mikrovaskuläre Schrankenstörung eine Exsudatbildung. Typische auslösende Konstellationen sind Pneumonie, pulmonale/pleurale Manifestation einer Autoimmunkrankheit, tuberkulöse Infektionen des Pleuraraums und Bronchial- oder Mammakarzinom. Ein Pleuraerguss nach Herzoperation oder Herzinfarkt kann eine autoimmunologische Grundlage haben (Dressler-Syndrom). Schließlich kann ein Pleuraexsudat nach Radiatio des Thorax und unter verschiedenen Medikamenten auftreten. Auch bei Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom, iatrogen) werden meist eiweißreiche und hämorrhagische Ergüsse beobachtet. SymptomeSymptomatisch erst bei größeren Ergüssen, besonders bei beidseitiger Ausbildung, Dyspnoe bei Belastung oder schon in Ruhe als Folge einer extrapulmonalen restriktiven Ventilationsstörung, da die inspiratorische Lungenentfaltung durch den verdrängenden Effekt des Pleuraergusses behindert wird; evtl. atemabhängige thorakale Schmerzen mit konsekutiver Schonatmung und Ausstrahlung in Oberbauch und Schulterpartie bei Pleuritis sicca durch Reizung der Schmerzfasern der parietalen Pleura, Verschwinden des Schmerzes nach Ausbildung eines Ergusses. Diagnostik
073 Abbildung: Schema des diagnostischen Vorgehens beim Pleuraerguss.
TherapieBehandlung der Grundkrankheit und evtl. mehrfach wiederholte entlastende Punktion des Ergusses, dabei sonographisch kontrollierte Wahl der geeigneten Punktionsstelle (hintere Axillarlinie am Oberrand der Rippe zur Vermeidung einer Verletzung der Interkostalgefäße). Zur Vorbeugung eines Reexpansionsödems der zuvor komprimierten Lunge sollten nicht > 1,5 l Ergussflüssigkeit in einer Sitzung abgelassen werden. Wirksamer ist eine vollständige Absaugung des Pleuraergusses über eine Buelau-Drainage mit kontinuierlichem Sog über mehrere Tage, bei vielfacher Kammerung des Pleuraraums durch Fibrinsegel, die eine suffiziente Absaugung verhindern, kann zuvor eine lokale Fibrinolyse mit niedrigen Dosen Streptokinase oder Urokinase versucht werden. Rezidivierende Ergüsse Bei symptomatischen, schnell nachlaufenden und bevorzugt bei malignen Ergüssen ist eine Pleurodese, d.h. eine medikamentöse (z. B. Tetrazykline, Bleomycin und Talkum) Verklebung des Pleuraspalts durch Induktion einer pleuralen Entzündungsreaktion, indiziert. Dies ist sehr schmerzhaft, wird daher meist erst nach vorheriger Anästhesie des Pleuraraums und Gabe eines potenten Analgetikums durchgeführt und gelingt nur bei weitgehend trockenem Pleuraraum und belüfteter ipsilateraler Lunge. Deshalb muss der Erguss vorher möglichst komplett entleert sein, und es darf kein stenosierendes Tumorwachstum in den zentralen Atemwegen vorliegen. Spezifische Therapie
Verlauf und PrognoseAbhängig von zugrunde liegender Erkrankung, beim Malignom entsprechend eingeschränkt. Pleuraempyeme benötigen meist eine längere Behandlungsphase.
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10.10.3. PleuratumorenSynonym: Pleuramesotheliom PraxisfallEine 65-jährige Patientin ohne Vorerkrankungen erkrankt mit über Wochen anhaltenden atemabhängigen linksthorakalen Schmerzen; außerdem ungewollter Gewichtsverlust von 6 kg in 2 Monaten. Körperliche Untersuchung: leichte Dämpfung und Abschwächung des Atemgeräusches auf der linken Seite. Röntgen- und CT-Thorax: breitflächige pleurale Schwarte mit Ummantelung der gesamten linken Lunge, auch auf der mediastinalen Seite. Pleurabiopsie: malignes Pleuramesotheliom. Die Berufsanamnese ergibt eine signifikante Asbestexposition vor > 15 Jahre als Arbeiterin in einem Betrieb zur Herstellung von Bremsbelägen. Es ist nur eine palliative Therapie möglich, die Patientin stirbt 8 Monate nach Diagnosestellung. Definition Die vorwiegend malignen Pleuratumoren wachsen auf den Pleurablättern, im Pleuraraum und ggf. in die benachbarten Strukturen ein. Es handelt sich meistens um Metastasen eines extrapleuralen Primärtumors (sog. Pleurakarzinose, z. B. bei Bronchial-, Mamma-, Ovarialkarzinom), seltener um primäre Pleuratumoren (Pleuramesotheliom). Dieses wächst meist von der Pleura parietalis ausgehend diffus und breitflächig oder in Form großer Tumorknoten. Der Tumor neigt dazu, Brustwand, Mediastinum und Zwerchfell zu infiltrieren und im weiteren Verlauf abdominelle Organe durch lokal fortschreitendes Wachstum zu befallen oder zu verdrängen. Fernmetastasen sind ungewöhnlich. Epidemiologie Bei Pleuramesotheliomen findet sich in ca. ¾ d.F. in der Anamnese eine meist viele Jahre zurückliegende Asbestexposition bei Berufen der asbestverarbeitenden Industrie (Isolier-, Metall-, Bau-, Kfz-Branche). Aufgrund der langen Latenzzeiten zwischen Einwirken der Noxe und Tumorentstehung wird die Inzidenz des Pleuramesothelioms von derzeit ca. 1000 Fällen/Jahr bis zum Jahr 2020 weiter ansteigen. Ätiologie und Pathogenese Die kanzerogenen Fasern des Asbests induzieren frustrane Phagozytoseversuche und „wandern“ nach Inhalation über entzündliche Prozesse bis in den Pleuraraum. Dort können Pleurafibrose und „Pleuraplaques“ (flächig-gyriforme verkalkte Pleuraverdickungen) entstehen, und es kann sich nach 30–40 Jahren Latenzzeit ein Pleuramesotheliom entwickeln. Histologisch werden epitheliale (50%, lokalisiertes Wachstum), sarkomatöse (15%, schwartenartiges Wachstum) und gemischte Wachstumsformen (35%) unterschieden. SymptomeAtemabhängige thorakale Schmerzen, Husten und Luftnot, bedingt durch die Reizung von Schmerzrezeptoren der parietalen Pleura und die Ausfüllung des Pleuraraumes durch die Tumormasse selbst sowie begleitende Ergüsse, evtl. Befall anderer seröser Häute (Peritoneum, Perikard). Diagnostik
Metastatische Pleuratumoren werden durch Nachweis des Primärtumors, meist histologisch, nachgewiesen. Die schwierige Abgrenzung zwischen Adenokarzinom und Pleuramesotheliom gelingt mit immunhistochemischen Markern (bei Mesotheliom positiver Nachweis für Epithelial Membrane Antigen = EMA, Calretinin und Zytokeratin 5,6). TherapiePleuropneumektomie auf der betroffenen Seite als einziger kurativer Ansatz bei lokalisiertem Pleuramesotheliom, bei gutem Allgemeinzustand und ausreichender Lungenfunktion, jedoch in den meisten Fällen aufgrund eines lokal fortgeschrittenen Stadiums nicht mehr möglich. Evtl. palliative Bestrahlung bei starken, gegen Schmerzmittel resistenten Schmerzen durch ausgeprägtes Tumorwachstum, bei nachlaufendem Pleuraerguss Pleurodese; neuerdings Ansätze für eine palliative Chemotherapie (Antifolat Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin). Verlauf und Prognose Die Prognose des Pleuramesothelioms ist mit einer mittleren Überlebensrate von 9–12 Monaten sehr schlecht und wird nur wesentlich verlängert, wenn eine radikale chirurgische Entfernung möglich ist. Die sarkomatöse Mesotheliom-Variante hat im Allgemeinen eine schlechtere Prognose als die epitheliale.
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LITERATUR
KEYWORDSadult respiratory distress syndrome ♦ ARDS ♦ pleural effusion ♦ pleurisy ♦ pleural tumors ♦ Pneumothorax ♦ Schocklunge 10.11. Erkrankungen des Mediastinums10.11.1. Mediastinale RaumforderungenSynonym: Mediastinaltumoren PraxisfallEin 60-jähriger Mann erkrankt akut an einer eitrigen Bronchitis mit Fieber bis 39 °C. Zum Ausschluss einer Pneumonie wird der Thorax geröntgt, wobei ein beidseits verbreitertes vorderes Mediastinum auffällt. Der Patient bemerkt in letzter Zeit zunehmende Belastungsdyspnoe, „Geräusche“ beim Atmen und eine leichte Zunahme des Halsumfangs. Körperliche Untersuchung: tastbare, nach retrosternal reichende Struma, deutliche Venenzeichnung am Hals, verstrichene Supraklavikulargruben, unauffällige Ruheatmung, jedoch bei schnellem Atmen hörbarer Stridor. Lungenfunktion: Einschränkung der maximalen in- und exspiratorischen Atemflüsse. Kernspintomogramm: bis in Bifurkationshöhe hinabreichender ( Abb. 10.34, Abb. 10.35) großer Tumor im vorderen Mediastinum mit einzelnen Verkalkungen. Schilddrüsenszintigramm: ausgiebige Traceranreicherung (99mTc-Pertechnetat) des Tumors. Diagnose: große retrosternale Struma mit beginnender Trachealeinengung und Tracheomalazie. Eine Operation wird durchgeführt. CT-Thorax in Höhe des Aortenbogens (∗), daneben stellt sich die große, weit hinunterreichende Struma im Mediastinum dar (Pfeile). Kernspintomogramm (gleicher Patient wie inAbb. 10.34) mit großer, tief im Mediastinum nach kaudal reichender Struma (Pfeile). Definition Raumfordernde Prozesse im vorderen, mittleren oder hinteren Mediastinum, verursacht durch (Tab. 10.38 ):
Tab. 10.38Mediastinaltumoren unterschiedlicher Lokalisation
Epidemiologie Mediastinale Raumforderungen sind insgesamt seltener als pulmonale Prozesse. Thymustumoren sind mit etwa 15–20% die häufigsten aller primären Mediastinaltumoren. Neurinome oder Schilddrüsenneoplasien kommen nicht ganz so häufig vor. Zystische Prozesse des Mediastinums machen ca. 40% aus. SymptomeHäufig symptomlos, werden zufällig entdeckt. Durch lokale Verdrängungserscheinungen evtl. Schmerzen hinter dem Sternum, Druckgefühl, Husten, Stridor und Dyspnoe sowie Schluckstörungen; bei Beeinträchtigung der entsprechenden Nerven Phrenikusparesen mit Zwerchfellhochstand und Rekurrensparesen mit Heiserkeit, selten Tachykardien und Extrasystolen. Bei malignen Tumoren Gewichtsverlust und Schwäche, bei Thymomen in 15% Myasthenia gravis (Muskelschwäche durch Autoantikörperbildung). Diagnostik
TherapieTherapie und Prognose hängen von der genauen Art der Diagnose ab, weniger von der Lokalisation. Für die Mehrzahl der Tumoren ist die Operation die eigentliche Therapie. Bei Tuberkulose, Sarkoidose und malignen Lymphomen erfolgt die Behandlung der Grundkrankheit. Bei kongenitalen Zysten erübrigt sich meistens der chirurgische Eingriff.
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10.11.2. MediastinalemphysemSynonym: Pneumomediastinum Definition Pathologische, lebensgefährliche Luftansammlung im Mediastinum. Epidemiologie Es bestehen keine genauen Statistiken. Ätiologie und Pathogenese
SymptomeOft asymptomatischer Verlauf und spontane Rückbildung unter Ruhe und Gabe von Sauerstoff, bei ausgeprägten Fällen retrosternale Schmerzen und Dyspnoe. Gefürchtete Komplikation ist eine Mediastinitis. DiagnostikRöntgen-Throraxübersicht und Thorax-CT zur Sicherung, je nach vermuteter Genese Bronchoskopie oder Ösophagoskopie.
Therapie und PrognoseBei schwerem Mediastinalemphysem können Hautinzisionen in den Supraklavikulargruben oder ein subkutaner Katheter zur Luftabsaugung als Sofortmaßnahme notwendig werden. Rupturen oder eine Perforation des Ösophagus müssen operativ versorgt werden, um eine Mediastinitis zu verhindern. Bei Leckagen in Trachea und Bronchien sind deren Entstehung und Größe entscheidend für das weitere Vorgehen. Grundsätzlich: Antibiotikatherapie zur Verhinderung einer Mediastinitis. Verlauf und Prognose In unkomplizierten Fällen günstig. ZUSAMMENFASSUNG
10.11.3. Akute MediastinitisSynonym: entzündliche Mediastinalerkrankung Definition Infektiöse (oftmals phlegmonöse) Entzündung des Mediastinums. Epidemiologie Es gibt unterschiedliche Auslöser (z. B. Pneumothorax, Mediastinalemphysem, Trauma), Inzidenzzahlen existieren nicht. Ätiologie Die Keime können auf verschiedenen Wegen in das Mediastinum eindringen:
SymptomeSchweres Krankheitsbild: hohes Fieber, Schmerzen hinter dem Sternum, starkes Vernichtungsgefühl, Tachypnoe, Schüttelfrost, Husten und Tachykardie bis hin zur Sepsis, vereinzelt auch Schluckstörungen, verstrichene und schmerzhaft gespannte Supraklavikulargruben, gleiche Symptome am Hals. Durch die Schwellung und Abszedierung können die benachbarten mediastinalen Gefäße und Nerven komprimiert werden. Komplikationen sind Phrenikusparese oder obere Einflussstauung. DiagnostikRöntgen-Thorax und Thorax-CT.
TherapieDas Eintrittsleck der Keime muss (in der Regel operativ) verschlossen werden. Eine intensive antibiotische Therapie ist notwendig. Ein Mediastinalprozess muss drainiert werden. Prognose Eine Sepsis kann auftreten. Die Letalität ist in dieser Situation sehr hoch. ZUSAMMENFASSUNG
10.11.4. Chronische MediastinitisSynonym: mediastinale Fibrose Definition Reaktive Bindegewebsentzündung bei tuberkulösen Infektionen des Mediastinums oder nach Bestrahlung. Hiervon ist die seltene idiopathische Mediastinalfibrose zu trennen, die in Verbindung mit einem Morbus Ormond (retroperitoneale Fibrose) auftreten kann. Epidemiologie Sehr selten. SymptomeHäufig asymptomatischer klinischer Verlauf, oder unspezifische Symptome (z. B. Husten, Dyspnoe, selten Hämoptysen). DiagnostikRöntgen-Thoraxbild, CT und Kernspintomographie. TherapieDie Therapie erfolgt tuberkulostatisch, ansonsten Therapieversuche mit Steroiden. Prognose Die Prognose ist bei Tuberkulose unter konsequenter Therapie gut, bei Fibrose ist der Verlauf nur schwer zu beeinflussen.
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LITERATUR
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KEYWORDSacute mediastinitis ♦ granulomatous mediastinitis and mediastinal fibrosis mediastinitis ♦ Mediastinum ♦ Mediastinaltumoren ♦ mediastinal tumors ♦ Pneumomediastinum 10.12. Erkrankungen des Zwerchfells und der Thoraxwand10.12.1. ZwerchfellverwachsungenSynonym: Zwerchfellschwielen Verwachsungen sind uni- oder bilaterale Verklebungen des Randsinus oder auch Verwachsungen des Zwerchfells mit Nachbarorganen im Thorax- oder Abdominalraum. Sie treten auf nach Entzündungen im Thoraxraum (Pleuritiden, Tuberkulose, Pleuraempyem, Hämatothorax) oder Abdomen und nach operativen Eingriffen in der Thoraxhöhle. Polyserositiden bei Autoimmunerkrankungen und Kollagenosen sind sehr viel seltener. Meist sind die Verwachsungen asymptomatisch und Zufallsbefunde bei der Röntgen-Thoraxuntersuchung. Eine atemgymnastische Therapie zur Verbesserung der Zwerchfellbeweglichkeit ist sinnvoll; zur Dekortikation siehe Kapitel 10.10.2. 10.12.2. Zwerchfellparesen und -hochstandSynonym: Zwerchfelllähmung Definition, Epidemiologie, Ätiologie und PathogeneseParese Man unterscheidet inkomplette Zwerchfellparese (uni- oder bilateral) und komplette Paralyse. Ursachen sind:
Je nach Ursache ist die Zwerchfellparese isoliert (z. B. Phrenikusparese) oder die thorakale Atemmuskulatur ist in Mitleidenschaft gezogen (z. B. Guillain-Barré-Syndrom, Myasthenie). Hochstand Eine Relaxatio beschreibt den teilweise einseitigen Hochstand des Zwerchfells aufgrund einer muskulären Fehlanlage. Der Zwerchfellhochstand wird uni- oder bilateral durch mangelhafte Kontraktion aufgrund von Paresen oder Paralysen oder reflektorisch durch abdominelle Raumforderungen oder Entzündungen (subphrenischer Abszess, Cholezystitis, Leberabszess) hervorgerufen. Symptome
Abhängig vom Ausmaß der Atemmuskellähmung. Bei Relaxatio und einseitiger Zwerchfellparese meist symptomlos, bei Zunahme der atemmuskulären Insuffizienz Belastungsdyspnoe und Ruhedyspnoe bis hin zur schweren respiratorischen Globalinsuffizienz; bei einseitiger Zwerchfellparalyse zudem Ineffizienz der Ventilation durch Pendelluft: bei Inspiration „paradoxe“ Bewegung der Zwerchfellhälfte nach oben und Ausströmen der „verbrauchten“ Luft aus der betroffenen Hälfte in die durch normale Zwerchfellbewegung expandierte Lungenhälfte. Durch die Grunderkrankung (Myasthenia gravis, Muskeldystrophien, amyotrophische Lateralsklerose) kann der Schluckakt ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen sein, was zusätzlich zur Aspiration und in der Folge zu quälendem Husten (mit durch die neuromuskuläre Störung schwachem Hustenstoß), Pneumonie und Fieber führt. Die resultierende zusätzliche Gasaustauschstörung verstärkt die respiratorische Insuffizienz. Diagnostik
TherapieTherapie der Grundkrankheit (Myasthenia gravis, Polyneuroradikulitis Guillain-Barré). Atemgymnastik zum systematischen Training der atemmuskulären Reserven, physiotherapeutische Maßnahmen (Klopfmassage, Lagerungsbehandlung, aktives Absaugen) zur Verhinderung von Retentions- und Aspirationspneumonien, bei ausgeprägter akuter respiratorischer Insuffizienz evtl. intensivmedizinische Behandlung mit Beatmung; bei chronisch respiratorischer Insuffizienz intermittierende Selbstbeatmung zur Erholung der Atemmuskulatur, in Einzelfällen Schrittmacher zur Diaphragmastimulation. Häufig treten jedoch Elektrodendefekte oder -ausrisse auf, da die Diaphragmamuskulatur nur sehr dünn ist. Die Stimulation des N. phrenicus ist möglich. Große Erfahrungen existieren nicht. Verlauf und PrognoseAbhängig von der jeweiligen Grundkrankheit. Traumatische oder idiopathische Phrenikusparesen können sich spontan zurückbilden. Atelektasen und Pneumonien stellen häufige Komplikationen dar. ZUSAMMENFASSUNG
10.12.3. ZwerchfellspasmenSynonym: Singultus Insbesondere bei lang dauerndem Auftreten, absolut selten. Ein kurz dauernder Singultus tritt häufiger mit meist unklarer Genese auf. Gelegentliche Auslöser sind Refluxösophagitis, Gastroenteritiden, Leber- und Gallenwegserkrankungen sowie Tumoren mit Infiltration des N. phrenicus und des Diaphragmas. Die Trichinose des Diaphragmas gilt als Rarität und tritt in Europa und Nordamerika nicht mehr auf. Therapeutisch werden neben kausaler Therapie spasmolytische und sedierende Medikamente eingesetzt. 10.12.4. Erkrankungen der ThoraxwandSynonym: Thoraxdeformitäten Definition Knöcherne Anomalien des Brustkorbs, entstanden durch angeborene oder erworbene Störungen und Erkrankungen von Wirbelsäule, Rippen und Sternum. Epidemiologie Geringgradig ausgebildete Thoraxdeformitäten sind häufig. Leichte Skoliosen ohne oder mit Sternumvariationen sind ohne wesentliche funktionelle Folge. Rippenfrakturen stellen die häufigsten traumatischen knöchernen Verletzungen des Brustkorbs dar. Ätiologie, Pathogenese und Symptome Die Genese der angeborenen Thoraxdeformitäten ist weitgehend ungeklärt. Erworbene Veränderungen treten infolge entzündlicher, traumatischer, degenerativer und metabolischer Erkrankungen auf. Die knickförmige Kyphose, der Gibbus, wird durch Wirbelkörpertuberkulose oder Wirbelkörperfraktur hervorgerufen. Im Gegensatz dazu werden bei Osteoporose Sinterungen (Wirbelkörperhöhenminderung) und Kompressionsfrakturen eines oder mehrerer Wirbelkörper gesehen. Bei der Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) kommt es zu einer Fusion und Fixation der kostovertebralen Gelenke mit eingeschränkter Rippenbeweglichkeit. Die Thorakoplastik (operative Entfernung von Rippen zur Ruhigstellung des darunterliegenden Lungengewebes) wurde früher zur Therapie der Tuberkulose durchgeführt. Kyphosen, Hühnerbrust (Pectus carinatum) und Trichterbrust (Pectus excavatum) führen nicht zu relevanten pulmonalen Funktionseinschränkungen. Angeborene Rippenanomalien (Halsrippen, Gabelrippen) haben für die Lungenfunktion keine Bedeutung, verursachen jedoch in Einzelfällen lokale Beschwerden. Dagegen ist bei ausgesprochenen thorakalen Skoliosen bzw. Kyphoskoliosen die Mechanik der Atempumpe gestört und die pulmonale Funktion stark eingeschränkt. Es kommt zur ungleichen Belüftung beider Lungenhälften, erhöhter Atemarbeit und Einschränkung der pulmonalen Clearance (Hustenreflex, mukoziliare Clearance). Über Jahre oder Jahrzehnte entwickelt sich eine chronisch-respiratorische Insuffizienz. Infektionen können durch Verlust von Lungenparenchym diese Entwicklung aggravieren. Im Endstadium können sich pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale ausbilden. Diagnostik
TherapieBei anatomischen Veränderungen des Thoraxskeletts entscheiden die funktionellen Einbußen vor allen kosmetischen Gesichtspunkten über die operative oder konservativ-orthopädische Korrektur der Deformität, da eine wirkungsvolle kausale Behandlung nach Eintritt einer kardiorespiratorischen Insuffizienz nicht mehr möglich ist. Zur Behandlung der chronischen respiratorischen Insuffizienz Kapitel 10.8.3. Verlauf und Prognose Abhängig von der mechanischen Einschränkung des Atemapparats. Bei geringfügiger Behinderung unterscheidet sich die Lebenserwartung nicht von der eines gesunden Menschen. Bei schweren Veränderungen ist die frühzeitige orthopädische Behandlung entscheidend für die weitere Prognose. Bei Eintritt der respiratorischen Insuffizienz Verkürzung der Lebenszeit auf wenige Jahre, jedoch durch konsequente Therapie Verbesserung möglich. Cor pulmonale und Pneumonien sind häufige Komplikationen. ZUSAMMENFASSUNG
LITERATUR
KEYWORDSchest wall diseases ♦ Diaphragma ♦ diaphragmatic paralysis ♦ hiccups ♦ Kyphoskoliose ♦ pleural adhesion 10.13. Atemregulationsstörungen10.13.1. Schlafbezogene AtemstörungenSynonym: Schlafapnoesyndrom Definition
Obstruktive SchlafapnoeSynonym: obstruktives Schlafapnoesyndrom PraxisfallDer 54-jährige, etwas übergewichtige Elektriker Herr W. wurde wegen Überforderung und von ihm verursachter Arbeitsunfälle frühzeitig berentet. Er stellt sich mit Hypertonus und ständiger Übermüdung vor. Beim Zeitungslesen und selbst mitten in Gesprächen schlafe er ein. Seine Frau sei wegen des Schnarchens aus dem Schlafzimmer ausgezogen. Diagnose: schwerste, jahrelang nicht erkannte obstruktive Schlafapnoe. Unter nächtlicher CPAP-Maskenatmung wird der Herr W. fast symptomfrei. Definition Häufigste schlafbezogene Atemstörung, bei der den Apnoe-Hypopnoe-Ereignissen Kollapszustände des Oropharynx bei erhaltener Atemmuskeltätigkeit zugrunde liegen. Epidemiologie Betroffen sind meist übergewichtige Männer im 5. und 6. Lebensjahrzehnt, jedoch immer häufiger auch Frauen (Anstieg der Fälle nach der Menopause). Die Prävalenz beträgt in der erwerbstätigen Bevölkerung 2–4%. Ätiologie und Pathogenese Es kommt wiederholt zum kompletten Kollaps des Oropharynx bei ständiger Aktivierung der Inspirationsmuskulatur gegen dieses Hindernis, bevorzugt in Rückenlage und im REM-Schlaf (REM = rapid eye movements), wenn der Muskeltonus am niedrigsten ist. Die Atempausen führen zeitlich verzögert zum Abfall der Sauerstoffsättigung des Blutes und werden durch Weckreaktionen (Arousals) mit Aktivierung des Sympathikus beendet, die eine Zerstörung der normalen Schlafarchitektur mit erhöhtem Leichtschlaf- und reduziertem Tiefschlafanteil ohne vollständiges Erwachen bewirken. Durch die anschließende Hyperventilation werden die Blutgase vor Beginn einer erneuten Apnoe wieder normalisiert. Ursächlich sind mit einer Adipositas verbundene Faktoren:
Bei schlanken Patienten sind evtl. kraniofasziale Abnormitäten (z. B. Retrognathie), selten eine systemische Grunderkrankung (z. B. Hypothyreose mit Ödemeinlagerung, Akromegalie) und im Kindesalter häufig hypertrophierte Tonsillen Ursachen. Noch nicht identifizierte genetische Faktoren spielen bei der Entstehung ebenfalls eine Rolle (familiäre Häufung). Die Aktivität der pharynxdilatierenden Muskeln ist im Wachzustand kompensatorisch erhöht. Im Schlaf tritt dann ein Tonusverlust auf, so dass ein normales bis leicht erniedrigtes Niveau erreicht wird, was bei anatomischen Gegebenheiten zum Verschluss der oberen Atemwege führt. SymptomeTabelle 10.40 . Oft fühlen sich die Patienten morgens „zerschlagen“ statt ausgeschlafen. Hinzu kommen deutlich erhöhte kardio- und zerebrovaskulären Morbidität und Mortalität. Die Erkrankung wird oft jahrelang nicht erkannt. Tab. 10.40Symptome der obstruktiven Schlafapnoe
DiagnostikIm Rahmen eines diagnostischen Stufenkonzepts zunächst ambulante Voruntersuchung: Anamnese, körperliche Untersuchung, Screening mit portablen Geräten (Polygraphie) zum kontinuierlichen Monitoring kardiorespiratorischer Parameter im Schlaf unter häuslichen Bedingungen (Abb. 10.37 ). Erfasst werden:
Registrierbeispiele verschiedener Formen schlafbezogener Atemstörungen. Atemflüsse (oronasaler Fluss), thorakale und abdominelle Atemexkursionen sowie Schnarchgeräusche werden direkt dargestellt. Die Atemanstrengung wird über eine Messung des Unterdrucks im Ösophagus, der dem pleuralen Unterdruck parallel geht, reflektiert. Die Sauerstoffsättigung, die typischerweise erst mit Verzögerung nach vorangehenden Apnoen/Hypopnoen abfällt, wird pulsoxymetrisch an der Fingerspitze gemessen. Schnarchgeräusche werden über ein Kehlkopfmikrofon erkannt. Bei Verdacht auf Schlafapnoe erfolgt stationär im Schlaflabor eine Polysomnographie zur Erfassung der Schlafstadien (Elektroenzephalographie, Elektrookulographie, Elektromyographie) und zur Überwachung während des Schlafes mit einer Infrarotkamera. Außerdem: HNO-ärztliche Untersuchung. Differentialdiagnose
TherapieBasistherapie Gewichtsreduktion, Alkoholkarenz, Vermeidung von Schlafmitteln und sämtlicher Faktoren, die die Veranlagung zur Schlafapnoe verstärken, gute „Schlafhygiene“ mit regelmäßigen Schlafgewohnheiten, evtl. Vermeidung der Rückenlage bei positionsabhängigen Apnoen. Medikamentöse Therapieansätze (z. B. Theophyllin) haben bisher enttäuscht. CPAP-Therapie Bei typischer klinischer Symptomatik in Verbindung mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index > 10/h besteht die Standardtherapie in der nächtlichen Aufrechterhaltung eines kontinuierliches Überdrucks im Rachenraum mittels Druckgenerator und Nasen- bzw. Nasenmundmaske (continuous positive airway pressure, CPAP), um einen Oropharynxkollaps zu verhindern (Prinzip der pneumatischen Schienung). Die nebenwirkungsarme Therapie (Erfolgsrate bei 95%) wird meist mit starrem Druckprofil durchgeführt und verlangt eine Therapieeinstellung im Schlaflabor: Es wird die zur Unterdrückung von Apnoen, Schnarchen und Arousals ausreichende Druckstufe (meist 8–10 cmH2O) gewählt. Auch besteht die Möglichkeit der automatischen Regulation des Druckniveaus über eine Apnoedetektion durch das CPAP-Gerät (Auto-CPAP). Bei sehr hohem Beatmungsdruck oder zusätzlicher Atemwegserkrankung (z. B. COPD) wird evtl. eine BiPAP-Beatmung (Bilevel Positive Airway Pressure) mit (getrennt regelbarem) höherem inspiratorischem und niedrigerem exspiratorischem Druckniveau verwendet. Sonstige Therapieformen Bei Versagen oder Intoleranz gegenüber der CPAP-Therapie stehen orodentale Prothesen (z. B. progenierende Unterkieferschienen) oder chirurgische Therapie (Uvulopalatopharyngoplastik, Verschiebeosteotomien am Kieferskelett) zur Verfügung mit jedoch deutlich geringeren und nicht vorhersagbaren Erfolgsraten. Ultima Ratio ist ein kontinuierliches Tracheostoma, das aufgrund gravierender Entstellung und vielfacher Nebenwirkungen heute nicht mehr eingesetzt wird. Verlauf und Prognose Unbehandelt mit hoher Letalität verbunden. Patienten mit Apnoe-Hypopnoe-Index > 30/h haben eine deutlich reduzierte Überlebensrate. Hauptursachen der Sterblichkeit, die durch die CPAP-Therapie signifikant reduziert wird, sind die erwähnten kardiovaskulären Folgeerkrankungen. Als Komplikationen kommen häufig arterielle Hypertonie, KHK und Apoplex und selten pulmonale Hypertonie und Herzrhythmusstörungen vor. ZUSAMMENFASSUNG
Zentrale SchlafapnoeSynonym: zentrales Schlafapnoesyndrom Definition und Epidemiologie Fehlender efferenter Impuls der respiratorischen Neurone zu den Atemmuskeln (Abb. 10.37), sehr selten. Ätiologie Häufigste Ursache ist die Cheyne-Stokes-Atmung bei Linksherzinsuffizienz (s. u.). Vorliegen können auch verschiedene neurologische Erkrankungen mit Affektion des Atemzentrums im Hirnstamm (z. B. neurodegenerative Erkrankungen, postentzündliche oder ischämische Veränderungen, Tumoren, zerebrale Blutungen) oder weiter peripher (z. B. amyotrophe Lateralsklerose, Myasthenia gravis, Muskeldystrophien) oder ein Adaptationsphänomen bei Aufstieg in große Höhen (Höhenatmung). Manchmal ist die Ursache unbekannt (idiopathische zentrale Schlafapnoe). SymptomeGeringe klinische Beschwerden wie Tagesmüdigkeit, kaum Schnarchen. DiagnostikSchlafapnoescreening, Untersuchung im Schlaflabor. Therapie
Cheyne-Stokes-AtmungTritt bei 30–40% der Patienten mit stark eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (Ejektionsfraktion < 40%, z. B. bei dilatativer Kardiomyopathie oder Zustand nach Myokardinfarkt) mit ungünstiger prognostischer Bedeutung auf, gekennzeichnet durch ein typisches Crescendo-Decrescendo-Muster der zwischen den Apnoen vorliegenden Hyperventilationsphasen (Abb. 10.37), am häufigsten in den Leichtschlafstadien Non-REM 1 und 2. Evtl. kann die Schlafarchitektur durch Arousals gestört sein. Die Ursache ist bis heute unklar. Evtl. kommt es im Rahmen einer pulmonalvenösen Stauung zur Hyperventilation mit konsekutiver Hypokapnie und Abfall des pCO2 unter die Apnoeschwelle. Weiterhin wird eine verzögerte Reaktion auf die chemischen Atemstimuli (pCO2, pO2, pH) im Rahmen verlängerter Zirkulationszeiten angenommen, wodurch das Rückkoppelungssystem in Reglerschwingungen geraten könnte. Oft findet man eine gesteigerte CO2-Chemosensitivität. Therapie: Optimierung der kardialen Funktion, ansonsten wie bei zentraler Schlafapnoe. ZUSAMMENFASSUNG
10.13.2. Nicht schlafbezogene AtemregulationsstörungenHypoventilationSynonym: alveoläre Hypoventilation Definition Reduktion der alveolären Belüftung, die den Erfordernissen zur Aufrechterhaltung einer metabolischen Homöostase nicht mehr gerecht wird und dadurch zur Hyperkapnie (pCO2 > 45 mmHg) bei meist gleichzeitig vorliegender Hypoxämie (respiratorische Globalinsuffizienz) führt; typischerweise schon im Wachzustand vorhanden, zeigt im Schlaf aber durch Wegfall der willkürlichen Atemstimulation eine Aggravation. Epidemiologie Definitive Zahlen liegen nicht vor. Man nimmt an, dass in Deutschland ca. 10 000 Menschen an chronischer ventilatorischer Insuffizienz leiden, davon sind ca. ⅓ häuslich beatmet. Ätiologie und Pathogenese
SymptomeHäufig Tagesmüdigkeit, morgendliche Kopfschmerzen und Verwirrtheit bis hin zur CO2-Narkose. Durch eine persistierende arterielle Hypoxämie kann die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie bzw. eines Cor pulmonale getriggert werden. DiagnostikBei der chronischen alveolären Hypoventilation lässt die Lungenfunktion je nach Grunderkrankung obstruktive oder restriktive Ventilationsstörungen erkennen. Außerdem: Mundverschlussdruck-Messung zum Nachweis der überlasteten Atempumpe, Blutgasanalyse zum Nachweis einer respiratorischen Globalinsuffizienz mit Hypoxämie und Hyperkapnie, Poly(somno)graphie zum Erkennen von Aggravationen der Ventilationsstörung im Schlaf. Hier können bevorzugt im REM-Schlaf ausgeprägte Desaturationen und Anstiege des pCO2 auftreten, die das Ausmaß der am Tage vorhandenen Blutgasveränderungen deutlich übersteigen. Veränderungen des pCO2 werden dabei durch Kapnometrie erfasst. TherapieDie Behandlung der chronischen alveolären Hypoventilation richtet sich zunächst nach der Grundkrankheit. Oft ist im Endstadien chronischer Verläufe zur Erholung der Atemmuskulatur eine nicht-invasive Maskenbeatmung (Heimbeatmung) mit positivem Druck (z. B. im BiPAP-Modus) intermittierend während der Nacht, in fortgeschrittenen Fällen auch tagsüber, kombiniert mit O2-Gabe, notwendig. Evtl. Beatmung über ein Tracheostoma, zusätzlich Physiotherapie. Durch diese Maßnahmen ist bei bestimmten Krankheitsbildern (z. B. Hypoventilationen im Rahmen von Muskeldystrophien und Deformitäten der Wirbelsäule) eine Lebensverlängerung zu erzielen. Verlauf und Prognose Häufige Komplikationen sind pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale. ZUSAMMENFASSUNG
HyperventilationSynonym: alveoläre Hyperventilation Definition Steigerung der alveolären Belüftung mit konsekutiver Hypokapnie (pCO2 < 35 mmHg, Tab. 10.2). Ätiologie und Pathogenese Reaktives Auftreten bei verschiedenen Gasaustauschstörungen: Da der O2-Austausch in der Regel stärker behindert ist als der CO2-Austausch, führt die hypoxämisch getriggerte Atemantriebssteigerung zur Reduktion von paCO2. Ebenfalls reaktiv sind Hyperventilationen bei metabolischer Azidose (Stabilisierung des Säure-Basen-Status durch die respiratorische Alkalose, z. B. in Form der Kussmaul-Atmung bei diabetischer Ketoazidose). ZNS-Läsionen (z. B. Enzephalitiden) können mit Störungen der Atmungsregulation in Form einer Hyperventilation einhergehen, ebenso Vergiftungen (z. B. mit hoch dosierter Acetylsalicylsäure). Vorwiegendes Auftreten bei jungen Frauen in psychischen Belastungssituationen. SymptomeSchwindel, Parästhesien und Krämpfe in den Händen, kalte und feuchte Haut und thorakales Engegefühl. Es stellt sich eine respiratorische Alkalose ein mit Umverteilung von freiem Serum-Kalzium zugunsten des eiweißgebundenen Kalziums. Deswegen ähnliche Klinik wie bei hypokalzämischer Tetanie (z. B. Hypoparathyreoidismus), was auch im Begriff „Hyperventilationstetanie“ zum Ausdruck kommt. Die „tetanische“ muskuläre Aktivitätssteigerung (positives Chvostek-Zeichen) verstärkt das thorakale Engegefühl und als Circulus vitiosus die Atemanstrengung. Selten Frakturen im Verlauf der tetanischen Krämpfe. DiagnostikKlinisch: Tachypnoe. Blutgasanalyse: Hypokapnie mit respiratorischer Alkalose. TherapieBehandlung der Grundkrankheit, d.h. Beseitigung von Hypoxämie (linkskardialer, pulmonaler, neurologischer Genese), metabolischer Entgleisung, Vergiftung oder psychischer Belastungssituation, evtl. Beutelatmung (CO2-Rückatmung) bei psychisch verursachter Hyperventilation. ZUSAMMENFASSUNG
LITERATUR
KEYWORDSalveolar hyperventilation ♦ central sleep apnea ♦ Hypoventilation ♦ noninvasive Beatmung ♦ obstructive sleep apnea ♦ Schlafapnoe ♦ sleep apnea ♦ upper airway resistance syndrome 258 Original IMPP-Prüfungsfragen Fragen
Was bedeutet Elastizität gleich 1?Preiselastizität von 1. Eine Preiselastizität der Nachfrage von 1 bedeutet, dass eine Preisänderung zwar zu einer Änderung der gekauften Menge eines Gutes führt, dass aber der Umsatz des Anbieters (oder der Anbieter insgesamt) dabei gleich bleibt.
Ist 1 elastisch oder unelastisch?Grundsätzlich gilt: Liegt der Wert für die Preiselastizität unter 1, ist die Nachfrage unelastisch, liegt der Wert über 1, ist sie elastisch. In diesem Fall nimmt das Schreibwarengeschäft durch die Preisänderung 216 € (180 x 1,2 €) statt bisher 200 € (200 x 1,0 €) ein.
Was beeinflusst die Elastizität?Die Elastizität ist eng verknüpft mit der Steigung der Nachfragekurve und auch dem Punkt der Messung. Betrachten wir dazu einige Beispiele: Das erste extreme Beispiel zeigt eine vollkommen unelastische Nachfrage. Trotz Preissteigerung ändert sich die Nachfrage nicht.
Was bedeutet eine Elastizität von 0?Die Nachfrage ist vollkommen unelastisch, wenn der Wert der Preiselastizität gleich null ist. Die Nachfrage ist dann völlig unverändert und reagiert nicht auf Preisveränderungen. Es wird immer die gleiche Gütermenge gekauft.
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