Vesikuläres atemgeräusch bedeutung

Letzte Aktualisierung: 14.6.2022

Abstract

Für die körperliche Untersuchung der Lunge legt der Patient die gesamte Bekleidung des Oberkörpers ab und setzt sich möglichst entspannt auf die Untersuchungsliege. Die Betrachtung der Körperoberfläche und der Atmung (Inspektion), die Betastung (Palpation) und das Beklopfen (Perkussion) des Thorax sowie das Abhören der Atem- und Nebengeräusche mit dem Stethoskop (Auskultation) geben einen ersten sehr wichtigen Eindruck und lassen schon ohne jede weitere Diagnostik differenzialdiagnostische Überlegungen zu. So kann gelegentlich allein aufgrund der Anamnese und der typischen körperlichen Untersuchung eine Therapie eingeleitet werden.

Inspektion und Palpation

Zeichen der Dyspnoe

Es werden Atemfrequenz, Atemrhythmus und Anstrengung beobachtet.

  • Tachypnoe, Orthopnoe
  • Einsatz der Atemhilfsmuskulatur (u.a. Mm. pectorales, trapezius, sternocleidomastoideus)
  • Insbesondere bei Neugeborenen/im Kleinkindalter
    • Juguläre, sternale und interkostale Einziehungen
    • Nasenflügeln
    • Nach hinten geneigter Kopf

Unspezifische Zeichen einer chronischen Lungenerkrankung

Durch chronische Hypoxie (auch bei Herzerkrankungen)

  • Uhrglasnägel = Vergrößerte, rundlich geformte Nägel mit starker Wölbung nach außen
  • Trommelschlägelfinger = Kolbenförmig aufgetriebene Fingerendglieder

Weitere Auffälligkeiten

  • Veränderte Thoraxform
  • Asymmetrische Atemexkursionen: Asymmetrische Bewegungen des Brustkorbs beim Atmen
  • Veränderungen des Stimmfremitus

Perkussion (Klopfschall)

  • Physiologisch: Sonorer Klopfschall → relativ hohler und lauter Ton
  • Pathologisch
    • Hypersonorer Klopfschall: Lauter und hohler als normal → Zeichen für übermäßigen Luftgehalt in der Lunge: Lungenemphysem, Asthma bronchiale, Pneumothorax
    • Gedämpfter Klopfschall (bzw. hyposonorer Klopfschall): Dumpfer und leiser als normal → Zeichen für vermehrten Flüssigkeitsgehalt in der Lunge: Pneumonie, Pleuraerguss

Auskultation

Atemgeräusche

  • Atemgeräusche entstehen durch turbulente Strömung der Luft
  • Physiologisches Atemgeräusch
    • Zentrales Atemgeräusch = Bronchialatmen über der Trachea: Lautes und hochfrequentes (zischendes) Atemgeräusch über den zentralen Atemwegen (bspw. Trachea)
      • Ist „Bronchialatmen“ auch in der Peripherie auskultierbar, gilt es als pathologisch und deutet auf einen verminderten Luftgehalt bzw. ein Infiltrat der Lunge hin (z.B. bei Pneumonie)
    • Peripheres Atemgeräusch = Vesikuläres Atemgeräusch: Durch das Lungengewebe gedämpftes Atemgeräusch der zentralen Atemwege (bspw. Bronchiolen)
  • Pathologisches Atemgeräusch
    • Abgeschwächtes oder aufgehobenes Atemgeräusch durch dämpfende Mittel zwischen Lunge und Thoraxwand (Pleuraerguss, Pneumothorax) oder Luftretention bei erhöhtem Residualvolumen (Lungenemphysem, Asthma bronchiale)
      • Silent lung („silent chest“)

Nebengeräusche

  • Pulmonale Nebengeräusche
    • Physiologisches Entfaltungsknistern: Knistergeräusch durch Entfaltung der Alveolen, das nach einigen Atemzügen verschwindet
    • Feuchte Geräusche
      • Feinblasig, klingend: Bei Pneumonie
      • Grobblasig: Bei Lungenödem, Bronchiektasen
    • Trockene Geräusche (Stridor)
      • Exspiratorischer Stridor oder exspiratorisches Giemen und Brummen bei Obstruktionen der intrathorakalen Atemwege: Asthma bronchiale, COPD
      • Inspiratorischer Stridor durch Verengung der extrathorakalen Atemwege: Epiglottitis, Pseudokrupp, Fremdkörperaspiration, beidseitige Stimmbandparese
  • Knisterrasseln: Insb. endinspiratorisch auftretendes Nebengeräusch
    • Crackles: Tritt bei der Bronchiolitis im Säuglingsalter auf
    • Sklerosiphonie: Tritt bei Lungenfibrose insb. in den basalen Lungenabschnitten auf (sog. „Fibroseknistern“, bei fortgeschrittener Lungenfibrose lautes "Korkenreiben")
  • Pleurale Nebengeräusche: Pleurareiben („Lederknarren“ ) bei Pleuritis sicca

Auswurf

  • Weiß-glasig: Virale Infektion (z.B. Bronchitis, typisch ist Abhusten am Morgen)
  • Weiß-schaumig: Lungenstauung/-ödem
  • Gelb-grün: Bakterielle Infektion
  • Grün: Hinweis auf Pseudomonas-Infektion
  • Gräulich: Pneumokoniose, bakterieller Infekt in Abheilung
  • Bräunlich-schwarz: Möglicherweise altes Blut, Abklärung erforderlich (kann auch harmlos sein)
  • Bröckelig: Tuberkulose, Aktinomykose
  • Blutig: Schwerer Infekt, starker Husten/Würgen, Malignom

Differenzialdiagnostik auf der Basis der pulmonalen Untersuchungsbefunde

LeitsymptomePalpationPerkussionAuskultation
AtemexkursionStimmfremitusBronchophonieAtmung
Physiologisch - symmetrisch

normal

sonor normal vesikulär
Pleuraergussggf. Dyspnoe asymmetrisch vermindert gedämpft vermindert abgeschwächt
Lungenödemschwere Dyspnoe symmetrisch evtl. verstärkt gedämpft evtl. verstärkt feuchte (grobblasige) RGs
Pneumothoraxakute Dyspnoe asymmetrisch aufgehoben/vermindert hypersonor aufgehoben/vermindert aufgehobenes/abgeschwächtes Atemgeräusch
Asthma bronchiale1anfallsartige Dyspnoe, Giemen symmetrisch je nach Zustand hypersonor je nach Zustand Giemen, verlängertes Exspirium, ggf. abgeschwächt
COPD1chronischer Husten symmetrisch ggf. hypersonor Giemen, verlängertes Exspirium bei Obstruktion, abgeschwächt bei Emphysem
Pneumonie2 Fieber, Dyspnoe symmetrisch verstärkt ggf. gedämpft verstärkt feuchte (feinblasige) RGs, Bronchialatmen in der Lungenperipherie
Lungenemphysemchronische Dyspnoe symmetrisch, gering vermindert hypersonor vermindert abgeschwächt
LungenfibroseSchwäche, Dyspnoe symmetrisch normal, tlw. verstärkt gedämpft normal, tlw. verstärkt basales inspiratorisches Knisterrasseln
Atelektaseggf. Schmerzen asymmetrisch vermindert gedämpft vermindert abgeschwächt
Lungenembolie1akute Dyspnoe, Tachykardie symmetrisch normal normal normal normal
Tumor1,2,3unspezifisch, Hämoptyse, B-Symptome ggf. asymmetrisch ggf. vermindert ggf. gedämpft ggf. vermindert ggf. abgeschwächt
Im Rahmen der Erkrankung häufiges Auftreten von: 1Pneumonie, 2Pleuraerguss, 3Atelektase

Quellen

  1. Matthys, Seeger: Klinische Pneumologie. Springer 2008, ISBN: 978-3-540-37682-8 .

Was bedeutet vesikuläres Atemgeräusch beidseits?

Das Atemgeräusch ist ein Klang in der Lunge, der durch das Einströmen und Ausströmen der Luft beim Atmen entsteht. Der Arzt kann sich dieses Atemgeräusch beim Untersuchen anhören. Wenn sich das Atemgeräusch rechts und links in der Lunge normal anhört, dann sagt der Arzt dazu "beidseits vesikuläres Atemgeräusch".

Was bedeutet Vesikulär in der Medizin?

Vesikulär bedeutet "bläschenartig". Im Zusammenhang mit dem Brustkorb wird dieser Begriff meist verwendet, um den Klang des Atemgeräusches in der Lunge zu beschreiben. Dieses Atemgeräusch in der Lunge entsteht durch das Einströmen und Ausströmen der Luft. Der Arzt kann sich das Atemgeräusch anhören.

Welche Atemgeräusche sind normal?

Das zentrale Atemgeräusch kommt durch Turbulenzen in den größeren Atemwegen (Trachea, Bronchien) zustande. Es ist ein lautes, mittel- bis hochfrequentes Geräusch, das in- und exspiratorisch über den zentralen Atemwegen hörbar ist.

Welche 5 Atemgeräusche gibt es?

Zentrales Atemgeräusch = Bronchialatmen über der Trachea: Lautes und hochfrequentes (zischendes) Atemgeräusch über den zentralen Atemwegen (bspw. Trachea) ... .
Peripheres Atemgeräusch = Vesikuläres Atemgeräusch: Durch das Lungengewebe gedämpftes Atemgeräusch der zentralen Atemwege (bspw. Bronchiolen).