TVöD Stufe 3 bei Neueinstellung möglich

Bei der Stufenzuordnung nach Begründung eines Arbeitsverhältnisses, auf das der TVöD (VKA) anzuwenden ist, sind Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus vorherigen befristeten Arbeitsverhältnissen mit demselben Arbeitgeber zu berücksichtigen, wenn die Wiedereinstellung für eine gleichwertige oder gleichartige Tätigkeit erfolgt – „horizontale“ Wiedereinstellung – und es zu keiner längeren als einer sechsmonatigen rechtlichen Unterbrechung zwischen den Arbeitsverhältnissen gekommen ist (BAG, Urteil vom 6. September 2018, Aktenzeichen 6 AZR 836/16).

Die Klägerin war im Zeitraum vom 5. August 1996 bis 31. Juli 2008 mit kurzen Unterbrechungen aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse und seit dem 4. August 2008 unbefristet bei der beklagten Stadt als Erzieherin in einer Kindertagesstätte beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Bezugnahme ist der TVöD (VKA) anzuwenden. Die nach ihrer Wiedereinstellung zum 4. August 2008 nach § 16 TVöD (VKA) vorzunehmende Stufenzuordnung erfolgte ohne vollständige Berücksichtigung der in den vorangegangenen Arbeitsverhältnissen mit der Beklagten erworbenen einschlägigen Berufserfahrung. Das hält die Klägerin für fehlerhaft und verlangt ab dem 1. März 2015 eine Zuordnung zur Stufe 6 ihrer Entgeltgruppe.

Die Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) Erfolg. Die Begründung des Arbeitsverhältnisses am 4. August 2008 ist eine Einstellung im Sinne des § 16 TVöD (VKA). Bei der nach der Einstellung vorzunehmenden Zuordnung der Klägerin zu einer Stufe ihrer Entgeltgruppe waren unter Berücksichtigung des Benachteiligungsverbots des § 4 Abs. 2 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) alle Zeiten einschlägiger Berufserfahrung als Erzieherin aus den vorherigen befristeten Arbeitsverhältnissen mit der Beklagten zu berücksichtigen. Dem stehen die rechtlichen Unterbrechungen zwischen den einzelnen Befristungen nicht entgegen. Solche sind jedenfalls dann unschädlich, wenn sie wie im Fall der Klägerin jeweils nicht länger als sechs Monate dauern. Diese war daher bei ihrer Einstellung im August 2008 bereits der Stufe 5 ihrer Entgeltgruppe zuzuordnen. Im März 2015 war sie daraus in die Stufe 6 aufgestiegen.

Die vorliegende Entscheidung ist ausdrücklich zu begrüßen. Wenn bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig sind, sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG für befristet Beschäftigte dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet Beschäftigte, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Jedenfalls dann, wenn es zu keiner längeren als einer sechsmonatigen rechtlichen Unterbrechung zwischen den Arbeitsverhältnissen gekommen ist, ist nach der vorliegenden Entscheidung die davor erworbene einschlägige Berufserfahrung zu berücksichtigen.

Die Stufenzuordnung bei Einstellung wird in beiden Tarifverträgen in § 16 Abs. 2 und 2a geregelt. Beide Absätze beginnen mit: „Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt.“ Der Kernbegriff ist somit die einschlägige Berufserfahrung.

01.07.2021 - Burkhard Naumann, Referent für Tarif- und Beamtenpolitik der GEW Sachsen - (E&W Sachsen - Ausgabe 07-08/2021)

Einschlägige Berufserfahrung

Diese ist rechtlich zwar nicht klar definiert, doch durch die Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts mittlerweile ziemlich eng umschrieben. Konkret liegt sie vor, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird. Möglich ist ebenfalls, dass die Tätigkeit gleich oder gleichartig ist und in der Eingruppierung der gleichen Wertigkeit entspricht. Entscheidend ist dabei letztlich, ob das Wissen und Können sowie Kenntnisse und Erfahrungen der früheren Tätigkeit typischerweise konkret auch für die neue Tätigkeit erforderlich sind und diese prägen.

Regulär setzt der Arbeitgeber bei Einstellung fest, ob vorherige Tätigkeiten als einschlägige Berufserfahrung gelten oder nicht. Während diese Entscheidung in den meisten Fällen einvernehmlich ist, führt sie immer wieder auch zu Auseinandersetzungen. GEW-Mitglieder wehren sich deshalb regelmäßig durch unseren Rechtsschutz gegen fehlende Anerkennungen. Einen Grenzfall erleben wir beispielsweise leider immer wieder: Bei Lehramtsabsolvent*innen, die an der Universität Lehramtsstudierende in Didaktik unterrichten, wird anschließend beim Wechsel zum Beruf als Lehrer*in diese Zeit an der Universität nicht als einschlägige Berufserfahrung anerkannt.
Andersherum passiert es ebenso regelmäßig: Eine langjährige Lehrkraft wechselt in die Lehrerbildung, um das Wissen an Lehramtsstudierende weiterzugeben. Hier wird von Arbeitgeberseite meist scharf zwischen Hochschullehre und Lehrer*innentätigkeit an der Schule unterschieden. Das widerspricht klar unserer Auffassung, dass jeweils das Wissen und Können sowie Kenntnisse und Erfahrungen für die neue Tätigkeit erforderlich sind und diese prägen.

Wie wird einschlägige Berufserfahrung anerkannt?

Umfasst diese einschlägige Berufserfahrung mindestens ein Jahr, erfolgt die Einstellung mindestens in Stufe 2. Im Übrigen spielt der Stellenumfang keine Rolle. Auch bei Teilzeitquoten unter 50 Prozent ist die einschlägige Berufserfahrung nach Rechtsprechung des BAG voll anzuerkennen.

Im TVöD gilt: Umfasst die einschlägige Berufserfahrung mindestens drei Jahre, erfolgt in der Regel die Zuordnung in Stufe 3. Außerdem: „Bei Einstellung von Beschäftigten in unmittelbarem Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst [im Geltungsbereich des TVöD] oder zu einem anderen Arbeitgeber, der einen dem TVöD vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, kann die in dem vorherigen Arbeitsverhältnis erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigt werden“. Die volle Anerkennung der Berufserfahrung über Stufe 3 hinaus ist innerhalb des TVöD somit lediglich eine KANN-Regelung.

Im TV-L gilt: Erfolgt die Einstellung beim gleichen Arbeitgeber, bei dem auch die Zeiten einschlägiger Berufserfahrung absolviert wurden, werden diese Zeiten bei der Stufenzuordnung voll anerkannt, allerdings nur, wenn dieses vorherige Arbeitsverhältnis längstens vor sechs Monaten endete (bei Wissenschaftler*innen ab E 13 längstens vor zwölf Monaten). Waren diese Zeiten aus einem Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber, gilt: Bei einschlägiger Berufserfahrung von mindestens einem Jahr erfolgt die Einstellung in Stufe 2, bei mindestens drei Jahren in Stufe 3. Außerdem gilt die o. g. KANN-Regelung zur vollen Anerkennung der Berufserfahrung im TVöD analog auch innerhalb des TV-L sowie vergleichbarer Tarifverträge. Eine Sonderregel gibt es bei Lehrer*innen: Der Vorbereitungsdienst wird grundsätzlich mit sechs Monaten bei der Stufenlaufzeit angerechnet (§ 6 TV EntgO-L). Tarifbeschäftigte können sich damit beim Berufseinstieg in den Schuldienst i.d.R. bereits nach einem halben Jahr in Stufe 1 (ohne weitere einschlägige Berufserfahrung) über den schnelleren Stufenaufstieg freuen (bei verbeamteten Lehrkräften wird der Vorbereitungsdienst nicht bei der Stufenlaufzeit angerechnet).

In TV-L und TVöD gilt außerdem ein Spielraum für den Arbeitgeber zur Personalgewinnung: „Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

Bei all diesen Regelung wird jedoch lediglich die Stufenzuordnung geregelt. Die Stufenlaufzeiten, also die Zeit, die man in einer Stufe bereits absolviert hat, beginnt bei Einstellung immer von vorn. Besonders bei Befristungen, insbesondere an Hochschulen und Universitäten, führt dies immer wieder zu Ärger bei den Betroffenen, da jede Einstellung auf eine neue befristete Stelle die Stufenlaufzeit wieder auf Null setzt und damit Stufenaufstiege verhindert werden. Dies ist einer der Punkte, die es in TV-L und TVöD weiterzuentwickeln gilt.

Welche Stufe bei Neueinstellung?

(2) Bei Neueinstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt.

Wie kommt man im Tvöd in die nächste Stufe?

Bei kontinuierlich durchschnittlich guter Leistung erreicht er nach 1 Jahr Stufe 2, nach 3 Jahren Stufe 3 (davon 2 Jahre in Stufe 2), nach 6 Jahren Stufe 4 (davon 3 Jahre in Stufe 3), nach 10 Jahren Stufe 5 (davon 4 Jahre in Stufe 4) und nach 15 Jahren Stufe 6 (davon 5 Jahre in Stufe 5).

Wann nächste Erfahrungsstufe?

traditionelle Zuordnung der Stufen nach Dienstalter In der Besoldungsordnung A wird anfangs alle 2 Jahre, dann alle 3 Jahre und später alle 4 Jahre die nächste Stufe erreicht. In den Besoldungsordnungen C und den Gruppen R1 und R2 der R-Besoldung erhöht sich die Stufenzuordnung alle 2 Jahre.

Wann steigt man in die nächste Entgeltgruppe?

Die jeweils nächste Stufe der Entgeltgruppe 1 wird nach vier Jahren in der vorangegangenen Stufe erreicht. Stufen in der Entgeltgruppe 1. Die nächste höhere Stufe wird nach einer Verweildauer von jeweils vier Jahren in der kleineren Stufe erreicht.

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