Vermieter und Mieter sollen sich den CO2-Preis für das Heizen bald teilen. Das von der Ampel-Koalition geplante Stufenmodell will der Bundesrat aber nachbessern lassen – und lässt nun eine verbrauchsunabhängige Grundlage (Energiebedarfsausweis) für eine "fairere Aufteilung" der Kosten prüfen.
Am 8. Juli hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause Stellung zu den Plänen der Ampel-Koalition genommen, Vermieter ab dem 1.1.2023 am CO2-Preis auf fossile Brennstoffe – und damit an den Mehrkosten beim Heizen – gestaffelt nach Energiebilanz des Gebäudes (Stufenmodell) zu beteiligen.
Die Länder dringen auf Änderungen an dem Entwurf und fordern insbesondere, dass zur Ermittlung der Kohlendioxidkosten (CO2-Kosten) ein Bedarfsausweis herangezogen werden soll, der dem jeweiligen Gebäude eine bestimmte energetische Qualität zuweist – und nicht, wie bisher geplant, die Einstufung aufgrund des tatsächlich abgerechneten Verbrauches vorzunehmen. Die Steuerungswirkung könnte so verbessert und die Aufteilung der CO2-Kosten fairer werden, heißt es in der Erklärung. Außerdem schlägt die Länderkammer vor, Mietern zur Geltendmachung von Erstattungsansprüchen zwölf (statt sechs) Monate Zeit zu geben.
Die Bundesregierung muss sich nun mit der Stellungnahme befassen, bevor der Gesetzentwurf vom Bundestag verabschiedet und vom Bundesrat abschließend beraten werden kann.
ZIA: Energieausweis richtiger Grundsatz, aber ...
"Der Bundesrat verfolgt ein wichtiges Ziel, wenn er die energetische Qualität des Gebäudes stärker in den Fokus nimmt", kommentierte Dr. Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) die Idee der Länder. Das sei "der richtige Ansatz", die starre Einschränkung auf Bedarfsausweise sei aber "etwas zu kurz" gedacht. "Wir sollten vielmehr beide Energieausweisarten – Bedarfsausweise und Verbrauchsausweise – heranziehen, um einen größtmöglichen Kreis zu erreichen", so Mattner. Weil bundesweit nicht alle Gebäude Energiebedarfsausweise haben, ist es aus Sicht des ZIA verfehlt, allein darauf abzustellen
Der Energiebedarfsausweis orientiert sich am theoretisch ermittelten Bedarf, der sich aus dem Gebäudezustand ergibt, und bildet die energetische Qualität der Immobilie besser ab. Der Energieverbrauchsausweis orientiert sich am tatsächlichen Verbrauch, wird aber stark durch das Heizverhalten der Mieter beeinflusst. Der ZIA hält die Verteilung der Kosten über beide Ausweise für den richtigen Weg, um zugleich mehr Nachhaltigkeit und eine angemessene Kostenaufteilung zu verwirklichen.
Ampel-Pläne: Stufenmodell für Wohngebäude
Der Gesetzentwurf, den das Kabinett beschlossen hat, sieht vor, dass der CO2-Preis soll bei Wohngebäuden nach einem Stufenmodell zwischen Vermieter und Mietern aufgeteilt werden soll. Das Modell basiert auf den CO2-Emissionen des vermieteten Gebäudes.
Konkret bedeutet das: Bei Wohnungen mit einer sehr schlechten Energiebilanz – mit einem jährlichen Ausstoß von mehr als 52 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter – sollen die Vermieter 90 Prozent und die Mieter zehn Prozent der CO2-Kosten tragen. Geplant sind insgesamt zehn Stufen, in denen der Anteil der Vermieter immer weiter abnimmt – bis hin zu sehr effizienten Gebäuden mit dem Energiestandard EH55: Hier sollen die Mieter nach den Plänen der Koalitionäre die Zusatzkosten weiterhin allein stemmen. Der Standard EH55 wurde in den vergangenen Jahren gefördert. Zum 1.2.2022 wurde die EH55-Neubauförderung eingestellt.
Bild: © BMWK Stufenmodell zur Aufteilung des CO2-Preises zwischen Vermietern und Mietern
In welche Stufe eine Mietwohnung fällt, hängt auch mit der Heizkostenabrechnung zusammen. Auf Vermieter könnte dadurch ein Mehraufwand zukommen, da sie Angaben etwa zur Energiebilanz und zum CO2-Ausstoß machen müssten. Perspektivisch will die Bundesregierung prüfen lassen, ob das Modell auf Daten zum CO2-Ausstoß, den die Energieversorger erheben müssten, in den Energieausweisen umgestellt werden kann.
Halbe-halbe bei Nichtwohngebäuden
Bei Nichtwohngebäuden – etwa Gebäuden mit Geschäften und Büros – soll eine "50-50-Regelung" gelten, es sei denn, Mieter und Vermieter vereinbaren es vertraglich anders. Bis Ende 2025 soll auch hier ein Stufenmodell entwickelt werden.
Ausnahmen von der CO2-Aufteilung
Wenn staatliche Vorgaben die Möglichkeiten energetischer Sanierungen für Eigentümer erheblich einschränken, dann müssen sie sich weniger stark oder sogar gar nicht am CO2-Preis beteiligen. Dabei kann es um Denkmalschutzvorgaben gehen, die einer Dämmung der Wände entgegenstehen können. Oder auch die Lage in so genannten Milieuschutzgebieten, wo es striktere Vorgaben für Veränderungen am Erscheinungsbild gibt.
Verteilung CO2-Preis: im Koalitionsvertrag vereinbart
Auf die Aufteilung des CO2-Preises zwischen Vermietern und Mietern hatten sich die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag verständigt. Ursprünglich war geplant, bereits zum 1.6.2022 ein Stufenmodell einzuführen, ersatzweise zumindest eine hälftige Teilung. In der vorigen Legislaturperiode hatte sich die große Koalition nicht auf eine Aufteilung des CO2-Preises einigen können.
Nach derzeitiger Rechtslage tragen Mieter den CO2-Preis allein.
Verbändestimmen zum Stufenmodell
Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW begrüßte das Stufenmodell, forderte aber, die Abgabe für ein Jahr auszusetzen. "Der Sinn der CO2-Abgabe ist eine Steuerungswirkung für den Verbraucher und den Vermieter. In Zeiten explodierender Energiekosten ist das jedoch überflüssig", sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Viele Menschen würden sich wegen der massiv gestiegenen Energiepreise vieles in ihrem Alltag nicht mehr leisten können – Vermieter stünden vor explodierenden Kosten für Unterhalt und Modernisierung der Häuser. Der Grundgedanke der Abgabe und eine Aufteilung nach Verursachung blieben aber richtig.
Ähnlich äußerte sich der Verband der Immobilienverwalter Deutschlands (VDIV), der wegen des großen Informations- und Beratungsbedarfs und der explodierenden Preise dafür plädierte, das Inkrafttreten des Gesetzes um ein – besser zwei – Jahre verschoben werden.
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) lehnt eine Aufteilung des CO2-Preises grundsätzlich ab. Das Stufenmodell sei ein bürokratisches Monster mit geringer Lenkungswirkung. Durch die Aufteilung der CO2-Kosten sinke zudem bei Mietern die Motivation, den eigenen Verbrauch zu drosseln – und Vermieter hätten keinen Einfluss auf den Energieverbrauch der Mieter, sagte BFW-Präsident Dirk Salewski.
Der CO2-Preis – Teil des Klimaschutzprogramms
Der Handel mit den CO2-Verschmutzungsrechten (Emissionshandel) startete am 1.1.2021 mit einem fixen CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne und soll wirken wie eine Steuer. Bis 2025 werden die Zertifikate schrittweise mit einem auf 55 Euro ansteigenden Festpreis ausgegeben. Ab 2026 wird der Zertifikate-Preis durch Versteigerungen ermittelt – wobei ein Preiskorridor von 55 Euro bis 65 Euro pro Tonne CO2 vorgegeben ist. EU-weit gibt es schon einen Emissionshandel.
Damit das System national umgesetzt werden konnte, musste das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) geändert werden – dem hatten Bundestag und Bundesrat bereits im Oktober 2020 zugestimmt. Neben dem CO2-Preis greift das verschärfte Bundes-Klimaschutzgesetz, das Treibhausgas-Budgets vorschreibt.
Entwurf eines Gesetzes zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten (Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz – CO2KostAufG)
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