Hat das Sozialamt Zugriff auf meine sterbegeldversicherung?

Verstirbt ein geliebter Mensch, sind dessen Angehörige gesetzlich dazu verpflichtet, die Bestattung zu organisieren. In den meisten Fällen müssen sie nach der Kostentragungspflicht auch die Beerdigungskosten tragen.

Es kann jedoch vorkommen, dass Hinterbliebene aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht dazu in der Lage sind. Laut Paragraf 74 SGB XII dürfen Angehörigen in dieser Situation die Bestattungskosten nicht zugemutet werden.

In einem solchen Fall kann die Kostenübernahme für die Beisetzung beim zuständigen Sozialamt beantragt werden. Ob angemessene Sterbegeldversicherung oder Bestattungsvorsorgetreuhandvertrag – beantragen Angehörige aufgrund ihrer finanziellen Notlage eine Sozialbestattung für ein verstorbenes Familienmitglied, hat das Sozialamt zur Begleichung der Bestattungskosten keinen Zugriff auf das in der Bestattungsvorsorge der Angehörigen gebundene Vermögen. 

Seit dem 01.04.2017 wurde das entsprechende Schonvermögen für Beerdigungskosten auf 5.000 Euro angehoben.

Sterbegeldversicherungen werden als kleine Kapitallebensversicherungen den Lebensversicherungen zugeordnet, auf die die Sozialbehörden bis zur Grenze des Schonvermögens Zugriff haben. Die Versicherungssumme einer Sterbegeldversicherung variiert meistens zwischen 2.500 und 10.000 Euro, wobei auch höhere Versicherungssummen möglich sind. Die Vertragsgestaltung ist abhängig vom Versicherungsanbieter. Meistens ist eine Auszahlung dann vorgesehen, wenn der Versicherungsnehmer verstorben ist oder die maximale Laufzeit abgelaufen ist. Nicht immer unterliegt die Zahlung der Versicherungssumme einer Zweckbestimmung. Das bedeutet, dass es dem im Versicherungsvertrag genannten Bezugsberechtigten frei steht, wofür er die Versicherungssumme verwendet. In diesem Fall hat der Sozialversicherungsträger, sofern die versicherte Person Hartz IV oder eine Grundsicherung im Alter bezieht, insoweit Zugriff, dass die Versicherungssumme bis zur Erreichung des Schonvermögens aufgebraucht werden muss.

Von diesem Grundsatz gibt es eine in § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII genannte Ausnahme. Danach ist das Vermögen aus der Sterbegeldversicherung nicht als einzusetzendes Vermögen zu behandeln, wenn es für den Versicherungsnehmer eine besondere Härte bedeuten würde. Was darunter zu verstehen ist, darüber gibt das Gesetz keine Auskunft. Die gesetzlichen Vorgaben werden dahingehend ausgelegt, ob die in der Sterbegeldversicherung vereinbarte Versicherungssumme angemessen oder überhöht ist. Das bedeutet nicht, dass bezüglich der Angemessenheit die Kosten für eine Beerdigung auf dem niedrigsten Kostenniveau angesetzt werden. Stattdessen werden die Kosten für eine durchschnittliche Bestattung ohne Luxus zugrunde gelegt.

Eine Sterbegeldversicherung, die nur im Todesfall ausgezahlt wird, muss als zweckbestimmte Bestattungsvorsorge anerkannt werden. Das gilt auch für Vorsorgeverträge, die mit einem Bestatter abgeschlossen werden, unter der Voraussetzung, dass das Geld für die Beisetzung zweckbestimmt, verbindlich und getrennt vom übrigen Vermögen auf einem Treuhandkonto hinterlegt ist. Die Zweckgebundenheit lässt sich auch dadurch erreichen, dass als Bezugsberechtigter der Versicherungsleistung ein Bestatter oder eine andere Vertrauensperson benannt wird. Mit dieser sollte vereinbart werden, dass die Versicherungsleistung zweckgebunden und ausschließlich für die Bestattung zu verwenden ist.

Das Sozialgericht Gießen hatte zu klären, ob ein Empfänger von Sozialhilfe verpflichtet ist, seine Sterbegeldversicherung zu versilbern um mit diesen Eigenmitteln Heimpflegekosten zu bestreiten.

In der Angelegenheit hatte eine Ehefrau bei dem zuständigen Sozialhilfeträger einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII - Sozialhilfe – gestellt. Mit den beantragten Mitteln sollten ungedeckte Heimkosten für den Ehemann der Antragstellerin bezahlt werden. Der Ehemann befand sich in vollstationärer Pflege in einem Seniorenheim.

Der Antrag wurde vom Sozialhilfeträger abgelehnt. Zur Begründung verwies das Amt auf eine existierende Sterbegeldversicherung der Eheleute. Diese Versicherung sei, so das Amt, nicht zweckgebunden und könne gekündigt werden. Die so frei werdenden Mittel könnten zum Zweck der Deckung der Heimkosten eingesetzt werden.

Betroffene erhebt Klage zum Sozialgericht

Gegen die Versagung der beantragten Mittel legte die Ehefrau Klage zum Sozialgericht ein und bekam dort Recht.

Das Gericht hob die Bescheide des Sozialhilfeträgers auf und verurteilte das Amt zur Übernahme der Heimkosten für den Ehemann der Klägerin.

Das Gericht führte in der Begründung seiner Entscheidung aus, dass nach § 90 Abs. 1 SGB XII ein Sozialhilfeempfänger grundsätzlich verpflichtet sei, sein gesamtes verwertbares Vermögen einzusetzen, bevor der Staat einspringt. 

Ausgenommen von diesem Grundsatz sei aber so genanntes Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 SGB XII oder solches Vermögen, dessen Einsatz eine Härte bedeuten würde, § 90 Abs. 3 SGB XII.

Rückkaufwert der Sterbegeldversicherungen beträgt rund 5.000 Euro

Dem Grunde nach würden die Sterbegeldversicherungen der Eheleute mit einem Rückkaufwert von über 5.000 Euro auch verwertbares Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 1 SGB XII darstellen.

Das Sozialgericht ging aber davon aus, dass die Verwertung der beiden Sterbegeldversicherungen eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen würde.

Nach § 90 Abs. 3 SGB XII darf die Gewährung der Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den Hilfebedürftigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist nach § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII insbesondere dann der Fall, wenn die Verwertung eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschweren würde.

Das Sozialgericht sah bereits gute Gründe dafür, dass eine Sterbegeldversicherung als Mittel der Alterssicherung im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII zu qualifizieren und damit von der Verwertung ausgeschlossen ist.

Wunsch der Menschen nach einer würdigen Bestattung ist zu respektieren

Auch sei, so das Gericht weiter, „der Wunsch vieler Menschen, für die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen, dahingehend zu respektieren, dass ihnen die Mittel erhalten bleiben, die sie für eine angemessene Bestattung zurückgelegt haben.“

Soweit für die Umsetzung dieses Wunsches – zweckgebunden – ein angemessener Betrag zurückgelegt werde, würde es wohl auch eine Härte nach § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen, wenn die Betroffenen verpflichtet würden, auf diese Mittel zuzugreifen.

Den von den Eheleuten durch die Sterbegeldversicherung zurückgelegten Betrag in Höhe von 5.000 Euro hielt das Gericht im Ergebnis auch für angemessen.

Der Sozialhilfeträger musste die Heimkosten des Ehemannes der Klägerin mithin in voller Höhe übernehmen.

Kann eine sterbeversicherung gepfändet werden?

Ist die Sterbegeldversicherung vor einer Pfändung sicher? Laut Paragraph 850b der Zivilprozessordnung ist eine Sterbegeldversicherung unpfändbar, wenn die Versicherungssumme den Betrag von 3.579,- Euro nicht übersteigt.

Ist eine sterbeversicherung Erbmasse?

Die Auszahlungssumme gehört nicht zum Erbe des Verstorbenen. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass die Versicherung das Geld auf schnellsten und unbürokratischen Weg auszahlen kann. Damit die Hinterbliebenen die Versicherungssumme anfordern können, genügt in der Regel die Sterbeurkunde. Ein Erbschein ist nicht notwendig.

Wird eine Sterbegeldversicherung bei Hartz 4 angerechnet?

Sollte einer der Erben Arbeitslosengeld II (auch als Hartz IV bekannt) oder Grundsicherung beziehen, wird die Versicherungssumme aus der Sterbegeldversicherung darauf angerechnet. Das Sterbegeld wirkt sich also anspruchsmindernd für den Erben aus.

Ist eine Sterbegeldversicherung zweckgebunden?

Das Geld, das Sie in einer Sterbegeldversicherung angespart haben, darf nur zweckgebunden verwendet werden – also ausschließlich für Ihre Beisetzung.