Dichter ist wer menschlich spricht zitat

Was man über einen Menschen denkt, kann man allen sagen, nur ihm selbst nicht. Er verstünde es nicht. Ihm muß man sagen, was er will, daß man ihm über ihn sage. Nur das versteht er.

Informationen über Martin Walser

Schriftsteller, als "großer Dichter der kleinen Leute" bezeichnet, Georg-Büchner-Preis 1981, "Seelenarbeit", "Halbzeit", "Ein fliehendes Pferd", Überreichung des "Friedenspreis des Deutschen Buchhandels" am 11. 10. 1998/Frankfurt (Deutschland, 1927).


Martin Walser · Geburtsdatum

Martin Walser ist heute 95 Jahre, 8 Monate, 20 Tage oder 34.964 Tage jung.

Geboren am 24.03.1927 in Wasserburg (Bodensee)
Sternzeichen: ♈ Widder

Unbekannt

Weitere 66 Zitate von Martin Walser

  • Auch Kränkungen wollen gelernt sein. Je freundlicher, desto tiefer trifft's.

    • Kommunikation
    • Konflikt
    • Kritik(er)

  • Bei jeder Lektüre antwortet der Lesende mit seiner bewußten oder unbewußten Biographie auf das, was er liest.

  • Das Fernsehen besitzt Macht über die Schläfrigen.

    • Fernsehen
    • Macht

  • Das ist der Vorteil der Links-rechts-Schiene, man weiß dann immer gleich, warum einer das sagt, was er sagt.

    • Vorteil(e)

  • Das ist der Vorteil, wenn man häßlich ist: das Alter zerstört die Häßlichkeit.

    • Alter

  • Das Leben findet nicht auf dem Bildschirm statt.

    • Leben

  • Das Notieren ist das provisorische Abdichten eines Lecks bei einem Schiff, das untergehen wird. Man braucht eine Beschäftigung.

    • Engagement
    • Erinnerung
    • Erfahrung(en)

  • Der Angestellte und der Arbeiter werden heute nicht mehr in der Produktion ausgebeutet. Die Zeit dieses naiven Kapitalismus ist vorbei. Heute werden sie als Konsumenten ausgebeutet. Durch raffiniert entwickelte Bedürfnisweckung werden sie zu Sklaven der oktroyierten Wünsche, die sie für ihre eigenen halten.

    • Kapitalismus

  • Der Anrufbeantworter ist der genaueste Ausdruck der durch die Technik geschaffenen Kommunikationsmöglichkeit. Ich habe nie auf dieses Sprechkommando reagiert. Um die Brutalität der Abweisung zu mildern, werden die Sprechkommandos oft noch lustig verkleidet. Wie menschlich war das, als man es lange klingeln lassen konnte und sich dabei vorstellte, wie das Klingeln in der Stille der leeren Wohnung tönte.

    • Kommunikation

  • Der Dialekt ist empfindlicher gegen Unwahrhaftigkeit als die Schriftsprache.

  • Der Mund des Gastes macht den Wein gut.

    • Wein

  • Deshalb die Behauptung: Wer sich schreibend verändert, ist ein Schriftsteller.

  • Die Erinnerung ist eine Produktion, an der die Gegenwart genauso beteiligt ist wie die Vergangenheit.

    • Erinnerung
    • Vergangenheit
    • Gegenwart

  • Die Höhle in jedem von uns, in der das Dunkel Platz hat, das zu uns gehört, dürfen wir Gott nennen. Und sie ist leer, diese Höhle. Leute, denen die Leere fremd ist, sind mir fremd. Lasst die Leere zu. In ihr ist Gott daheim.

    • Einsamkeit
    • Gott
    • Glaube - Hoffnung - Hilfe - Trost

  • Die Medien dürfen alles und müssen nichts. Keine Macht ist so illegitim wie die der Medien.

    • Fernsehen
    • Medien
    • Macht

  • Die Meinung soll frei sein, das Eigentum geschützt. Wo alles jemand gehört, ist auch die Meinung Eigentum. Deshalb haben die meisten keine eigene.

    • Meinung

  • Die schlimmste Wirkung des Kapitalismus: daß man glaubt, alles, was man bezahlen könne, gehöre einem.

  • Die Witze, die hübsch klingen, wenn sie aus dem Munde kommen, nehmen sich nur selten auch auf dem Papier gut aus.

    Rainer Maria Rilke (1875 – 1926) war ein großer Lyriker des 20. Jahrhunderts, er dichtete in österreichisch-deutscher und französischer Sprache.

    Mit seiner von der bildenden Kunst beeinflussten Dinglyrik gilt er als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne.

    Beeinflusst durch die Philosophen Schopenhauer und Nietzsche, ist Rilkes Werk durch eine scharfe Kritik an der Jenseitsorientierung des Christentums und an einer einseitig naturwissenschaftlich-rationalen Weltdeutung geprägt.

    Rilke wendet sich in seinen Werken der Welt menschlicher Grunderfahrungen zu; nun aber nicht mehr, indem er das Innenleben beobachtet, sondern in einer das Subjekt zurückdrängenden symbolischen Spiegelung dieses Innen in den erlebten Dingen.

     Du musst dein Ändern leben.

    - Rilke, Rainer Maria

    Zitate von Rilke in Bildern

     

     

    Ich denke, wir müssen viel und aufmerksam zuhören, dann werden wir allmählich immer vorsichtiger antworten und immer besser.

    - Rilke Zitate

    Zitate von Rainer Maria Rilke

     

     

    Es gibt Augenblicke, in denen eine Rose wichtiger ist als ein Stück Brot.

    – Rainer Maria Rilke

     

    Die Zeit der anderen Auslegung wird anbrechen, und es wird kein Wort auf dem anderen bleiben.

    – Rainer Maria Rilke

    Das Leben und dazu eine Katze, das gibt eine unglaubliche Summe

    – Rainer Maria Rilke

     

    Dieses ist das erste Vorgefühl des Ewigen: Zeit haben zur Liebe.

    – Rainer Maria Rilke

    Sprüche von Rilke

     

    • Dass etwas schwer ist, muss ein Grund mehr sein, es zu tun.

    • Die Eltern sollen uns nie das Leben lehren wollen; denn sie lehren uns ihr Leben.

    • Die Zukunft zeigt sich in uns – lange bevor sie eintritt.

    • Ruhm ist die Summe der Missverständnisse, die sich um einen Namen sammeln.

    • Die Kunst ist nur ein Weg, nicht das Ziel.

    Rilkes narzisstische Mutter

     

    Rilkes Mutter weigerte sich, seine Geschlechtszugehörigkeit zu akzeptieren, betrachtete ihn als Ersatz für die zuvor verstorbene Tochter und erzog und kleidete ihn „wie ein kleines Mädchen“.

    Nach der Scheidung von ihrem Ehemann in Rilkes neuntem Lebensjahr zogen Mutter und Sohn nach Wien. Von der Mutter wurde er offenbar in die Rolle eines bewunderten Ersatzpartners gedrängt und narzisstisch vereinnahmt. So dichtet er später:

    „Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein. / Da hab ich Stein auf Stein zu mir gelegt,/ und stand schon wie ein kleines Haus, um das sich groß der Tag bewegt, / sogar allein. / Nun kommt die Mutter, kommt und reißt mich ein. (…)“.

    Rilke Zitate über Leben & Sinn

     

     

    Ich lerne es täglich, lerne es unter Schmerzen, denen ich dankbar bin: Geduld ist alles.

    – Rainer Maria Rilke

     

    Man muss nie verzweifeln, wenn einem etwas verlorengeht ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück. Es kommt alles noch viel herrlicher wieder.

    – Rainer Maria Rilke

    Ein Kunstwerk ist gut, wenn es aus Notwendigkeit entstand. In dieser Art seines Ursprungs liegt sein Urteil: es gibt kein anderes.

    – Rainer Maria Rilke

     

    Die Nacht ist wie ein großes Haus. Und mit der Angst der wunden Hände reißen sie Türen in die Wände - dann kommen Gänge ohne Ende, und nirgends ist ein Tor hinaus.

    – Rainer Maria Rilke

    Rilke Gedicht: “Abschied”

     

    Wie hab ich das gefühlt, was Abschied heißt.
    Wie weiß ich's noch: ein dunkles, unverwund'nes,
    grausames Etwas, das ein schön verbund’nes
    noch einmal zeigt und hinhält und - zerreißt.

    Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben!

    Sie zu halten, wäre das Problem.

    - Rilke Zitat

    Das ist die Sehnsucht: wohnen im Gewoge und keine Heimat haben in der Zeit.

    - Rilke Spruch

    Das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang,
    den wir gerade noch ertragen.

    - Rainer Maria Rilke

    Rilkes Selbsttherapie durchs Schreiben

    1885, auf Wunsch des Vaters in das raue Leben der Militär-Unterrealschule St. Pölten entlassen, verbrachte der den Anforderungen einer solchen Ausbildung nicht gewachsene Junge die meiste Zeit „geistig vergrämt“ auf der Krankenstation. Gleichzeitig „entwickelte sich zu jener Zeit der Trieb zu dichten“. Denn nur die Lyrik „verschaffte“ ihm „schon in seinen kindlichen Anfängen Trost”.

    „Die Bewältigung von fernsten, dunkelsten Kindererinnerungen“ begann im Sommer 1897. Mittels Prosa und Drama über krankmachende Mutter-Sohn-Beziehungen in einer von innerer Leere geprägten Kindheit setzte Rilke sich mit der eigenen Biografie auseinander. In der ganzen Konsequenz zeigte sich der eingeleitete Prozess der persönlichen und künstlerischen Selbstfindung des Dichters in dessen Namensänderung von René zu Rainer.

    Sei geduldig mit allen Fragen
    in deinem Herzen und versuche
    die Fragen an sich zu schätzen.

    Zitate von Rainer Maria Rilke

     

     

    Kunst heißt, nicht wissen, daß die Welt schon ist, und eine machen

    Darfst das Leben mit Würde ertragen, nur die Kleinlichen machen es klein; Bettler können dir Bruder sagen, und du kannst doch ein König sein.

    Wenn der Alltag dir arm erscheint, klage ihn nicht an - klage dich an, daß du nicht stark genug bist, seine Reichtümer zu rufen, denn für den Schaffenden gibt es keine Armut.

    – Rilke

     

    Sei allem Abschied voran, als wäre er hinter dir.

    – Rilke

     

    Der Weg zu Gott ist furchtbar weit und, weil ihn lange keiner ging, "verweht".

    – Rilke

    Lasst Euch nicht beirren
    von Übergängen.

    – Rilke

     

    Wir sollen nur tiefer und wunderbarer hängen an dem, was war, und lächeln: ein wenig klarer vielleicht als vor einem Jahr.

    – Rilke

    Rilke Spruch-Bilder

     

     

    Rilke & seine Geliebte: Lou Andreas-Salomé

    Die in Petersburg aufgewachsene Schriftstellerin Lou Andreas-Salomé (1861–1937), eine der ersten weiblichen Studierenden an der Universität Zürich, Nietzsche Freundin und -Biografin, galt aufgrund ihrer Intellektualität, aber vor allem ihrer Liebesaffären in der zeitgenössischen Gesellschaft als schillernde Persönlichkeit.

    Mit ihrer schriftstellerischen Arbeit ging stets der Versuch einer Bewältigung von Lebensfragen einher. Demnach war sie bestrebt, auch Rilke „auf einen so ganz bestimmten Weg der Gesundheit unermüdlich hin(zuweisen)“ und bestärkte ihn darin, sich vollständig der Kunst zu widmen.

    Nach ihrer Begegnung brach der 22-Jährige sein Studium in München ab und folgte der Geliebten nach Berlin. Fortan widmeten sie sich gemeinsam kunsthistorischen und philosophischen Studien und der eigenen schriftstellerischen Arbeit.

    Die vier Jahre andauernde Liebesbeziehung mit der 15 Jahre älteren Frau war für den „junge(n) Rainer“ ein Befreiungsschlag.

    Gleichzeitig offenbarte sich die Abhängigkeit Rilkes, der, geprägt von Selbstzweifeln und Sehnsucht, stets auf der Suche war nach emotionalem Halt. Lou fühlte sich zusehends eingeengt und war „damit R. fortging, […] einer Brutalität fähig“. In einem als Letzter Zuruf betitelten Brief kündigte sie ihm die lebenswichtig gewordene Gewohnheit des „Allesmiteinanderteilens“ auf.

    Rilke Sinnspruch

     Du musst das Leben nicht verstehen,
    dann wird es werden wie ein Fest.
    Und lass dir jeden Tag geschehen
    so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen
    sich viele Blüten schenken lässt.

    Sie aufzusammeln und zu sparen,
    das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
    Es löst sie leise aus den Haaren,
    drin sie so gern gefangen waren,
    und hält den lieben jungen Jahren
    nach neuen seine Hände hin.

    Zitate von Rainer Maria Rilke

     

     Jeder schafft die Welt neu mit seiner Geburt; denn jeder ist die Welt.

    – Rilke

     

    Die Lage eines Menschen ändern, bessern wollen, heißt, ihm für Schwierigkeiten, in denen er geübt und erfahren ist, andere Schwierigkeiten anbieten, die ihn vielleicht noch ratloser finden.

    – Rilke

    Es gibt keine Klassen im Leben für Anfänger es ist immer gleich das Schwierigste was von einem verlangt wird.

    – Rilke

     

    Von einem Unverheirateten erwartet man nicht, dass er glücklich ist - wenn er aber heiratet sind die Menschen aufs höchste erstaunt wenn er es nicht ist.

    – Rilke

    Mit der Zeit steht in einem Buch das Zehnfache von dem was es wirklich gedruckt enthält; ich lese meine eigenen Erinnerungen und Gedanken immer wieder mit.

    - Rainer Maria Rilke Zitat

     

    Armut ist ein großer Glanz aus Innen.

    - Rainer Maria Rilke Zitat

    Auch die Furcht ist kühn.

    - Rainer Maria Rilke Zitat

     

    Meide den Irrtum, dass es Entbehrungen gäbe für den geschehenen Entschluss diesen: zu sein!

    - Rainer Maria Rilke Zitat

     

    Wir haben keinen Grund gegen unsere Welt Misstrauen zu haben denn sie ist nicht gegen uns.

    - Rainer Maria Rilke Zitat

    Forsche jetzt nicht nach den Antworten
    die dir nicht gegeben werden können
    weil du sie nicht leben kannst

    Und es handelt sich darum, alles zu leben

    Lebe jetzt die Fragen
    vielleicht lebst du dann allmählich
    eines fernen Tages in die Antwort hinein.

    Rilkes Schaffenskrise
    - depressiv, ängstlich und vereinsamt

     „Wie ist es möglich zu leben, wenn doch die Elemente dieses Lebens uns völlig unfaßbar sind? Wenn wir immerfort im Lieben unzulänglich, im Entschließen unsicher und dem Tode gegenüber unfähig sind, […]“ – Diese Frage treibt den fiktiven Ich-Erzähler in „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ am Schauplatz Paris um.

    Auf diese Veröffentlichungen folgte bei Rilke, inzwischen als bedeutender Dichter anerkannt, eine jahrelange Schaffenskrise. Sein Zustand, eine alle Lebensbereiche ergreifende Verunsicherung und Unzufriedenheit, war so extrem, dass er 1912 ernsthaft über eine psychoanalytische Behandlung nachdachte.

    Eine Vielzahl von Leiden quälen ihn:

    • wiederkehrende heftige depressive Phasen,

    • Angstzustände,

    • Gefühle von umfassender Einsamkeit,

    • psychosomatische Krankheiten.

    • Die Ehe zu seiner Frau Clara ist schon vor Jahren gescheitert.

    • Generell erträgt er die Nähe von Menschen oft nicht

    • und verspürt auch keine Neigung, seiner inzwischen 12-jährigen Tochter Ruth ein Vater zu sein.

    Einen festen Wohnsitz hat er selten, meist lebt er über Monate bei Freunden und Bekannten im europäischen Umland – das Sich-Festlegen, Sich-Binden ist ganz offensichtlich gegen seine Natur.

    Lou Andreas-Salomé riet ihm jedoch ab. Erkannte sie doch die Gefahr, dass die Therapie zum künstlerischen Verstummen führen würde. Später nahm auch Rilke aus demselben Grunde hiervon Abstand und betrachtete vielmehr seine Dichtung als „eine Art Selbstbehandlung“, auf die er „mit zehn, zwölf Jahren schon […] gekommen“ war.

    Seine Anstrengungen, einen neuen dichterischen Zugriff auf die Welt zu finden, gipfelten in seinem bedeutendsten lyrischen Werk, das ihn zehn Jahre lang beschäftigten sollte.

    An die Stelle der düsteren Grundstimmung vergangener Jahre trat bei Rilke ein nie gekanntes Glücksgefühl, eine neue Anschauung auf die Welt mit dem Ziel, das Leben zu bejahen, die Welt zu rühmen. In den Duineser Elegien fand er Antwort auf die Frage, warum das Leben des Menschen sinnvoll und wertvoll sei:

    nicht weil es immer glücklich, aber immer einzigartig ist – „Hiersein ist herrlich.“

    Rilke starb mit gerade mal 51 Jahren an den Folgen einer seltenen Form der Leukämie.

    Rilke Zitate & Spruch-Bilder

     

    Rilkes esoterische Sinnsuche

    (Quelle: Dr. phil. Vera Kattermann)

    Er vermochte die Sprachlosigkeit der Depression in berührende Sprachintensität, ja Sprachgewalt zu wandeln. Vielleicht lässt sich diese Transformationskraft in einer starken spirituellen Öffnung und Suche erklären, die ihn schon früh umtreibt.

    „Wir alle fallen. / Diese Hand da fällt. / Und sieh dir andere an. Es ist in allen. Und doch ist einer welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält“, dichtet er und dichtet sich damit eine umfassende und tröstende Geborgenheit, die hinter dem Abgründigen und Depressiven aufscheint.

    Rilke suchte keinen Gott in der Religion. Die Kirchengläubigkeit assoziierte er mit seiner offenbar maniriert religiösen Mutter und verabscheute sie. In seinen Werken werden wir vielmehr Zeugen einer kontinuierlichen Suche nach spiritueller Ausrichtung. Durch seine Reisen nach Nordafrika kam er auch in Berührung mit dem Islam und schreibt über seine Auseinandersetzung mit dem Koran: „Er nimmt mir stellenweise eine Stimme an, in der ich so mit aller Kraft darinnen bin wie der Wind in der Orgel.“ In seinen Gedichten zeigt sich jedoch, dass er das Göttliche weder in einer jenseitigen Instanz verortet noch sich erst dort als von seinen Leiden erlöst erhofft.

    Gott wird von Rilke dabei als ein noch Werdender verstanden, als einer, der noch nicht vollendet ist. „Wann sollte er auch geworden sein? Der Mensch bedurfte seiner so dringend, dass er ihm gleich von Anfang als seienden empfand und sah. (...)“

    Rilkes Lyrik erscheint vielmehr als Versuch, die seelische Qualität der inneren wie der äußeren Welt in all ihren Facetten herauszuarbeiten und darin das Leiden an seiner Existenz aufzulösen. Der Erste Weltkrieg macht auch ihn für kurze Zeit zum Soldaten. Angesichts der kriegerischen Barbarei verfällt er in eine längere Phase des deprimierten Verstummens.

    Im Naturerleben und Naturbeschreiben konnte er offenbar die Erfahrung der mystischen Verschmelzung mit einer größeren göttlichen Kraft erleben und daraus Trost, Halt und auch Stärke ziehen.

    In der künstlerischen Verarbeitung Rilkes legt auch die katastrophische Einsamkeit ihre Qualität als depressives Symptom ab, sie wird Vehikel einer suchenden und dann auch mystisch-bergenden Seinserfahrung. Im Beschreiben des Haltlosen – so scheint es – kann Rilke sich eines Gehaltenseins vergewissern.

    Des Gehaltenseins in der Sprache und darüber auch des Gehaltenseins in einem größeren kosmischen Prinzip. Vielleicht war Rilkes Verzicht auf den Versuch einer psychoanalytischen Therapie persönlich ebenso tragisch wie fragwürdig. Durch seine Kunst jedoch werden wir Zeugen einer einzigartigen suchenden Auseinandersetzung mit existenziellen Leidenszuständen.

     Der Panther

    Im Jardin des Plantes, Paris

    Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
    so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
    Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
    und hinter tausend Stäben keine Welt.

    Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
    der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
    ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
    in der betäubt ein großer Wille steht.

    Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
    sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
    geht durch der Glieder angespannte Stille -
    und hört im Herzen auf zu sein.

    Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris

     

    Interpretation zu Rilkes Gedicht “Der Panther”

    (Quelle: Text von Mirca Schmithausen)

    Der Panther wird oft als Dinggedicht bezeichnet. Diese Gedichtform hat zum Ziel, Lebewesen als Objekte aus ihrer Perspektive über sich selbst sprechen zu lassen.

    Die grundlegende Trennung zwischen Innen und Außen verschwimmt in der Perspektive des Panthers. Das Gefangensein „im „allerkleinsten Kreise“ (V. 6) verdeutlicht die Isolation von der Wirklichkeit, sodass die äußere Welt als unerreichbares Ziel wahrgenommen wird. Das Raubtier verspürt einen inneren Willen, aus der Situation auszubrechen, der jedoch mittlerweile „betäubt“ (V. 8) ist.

    In der letzten Strophe findet eine Berührung des Inneren mit dem Äußeren statt. Das Augenlid des Panthers, das mit der Metapher „Vorhang der Pupille“ (V. 9) beschrieben wird, hebt sich. Sein Blick fängt ein Bild ein, das von seinem Inneren aufgenommen wird. Im letzten Vers „und hört im Herzen auf zu sein“ (V. 12), in dem das fünfhebige Metrum vorzeitig endet, bricht auch die Empfindung ab.

    Es ist in diesem Gedicht eine Steigerung der Ausweglosigkeit festzustellen. 

     

    Übertragung auf die menschliche Lebenswelt

    Der Panther wird zu Anfang von der Welt isoliert dargestellt und spaltet sich zum Ende des Gedichts sogar von seinen inneren Empfindungen ab.

    Automatisch folgt die Assoziation mit der Gefangenschaft von Menschen. Jedoch ist die Lage des „Gefangenseins“ nicht ausschließlich auf Haftstrafe zu beziehen.

    Der Mensch befindet sich in vielen alltäglichen Zwängen, die ihm die Gesellschaft auferlegt oder die er sich selbst schafft. Diese können äußerst vielfältig sein und im Beruf oder auch im Privatleben auftreten.

    Eine eigene Befreiung des Panthers scheint in dem Gedicht unmöglich. Jedoch kann es vielleicht auch als Appell wirken sich nicht zu sehr von den fortwährenden Zwängen gefangen nehmen zu lassen, da sonst Innere Leere droht.

    Andererseits beschreibt das Gedicht perfekt die Perspektive von depressiven Menschen: Sie sind von der Außenwelt isoliert, verlieren die Verbindung zur eigenen Gefühlswelt, leiden an einer eingeschränkten, hoffnungslosen Wahrnehmung und sind nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft heraus zu befreien.

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