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2.1. Analgetika, Antirheumatika, Myotonolytika und Gichttherapeutika

2.1.1. Paracetamol

Pharmakologie und Toxikologie.

Paracetamol (z.B. ben-u-ron®, Enelfa®) wirkt analgetisch und antipyretisch und ist gut verträglich. In therapeutischer Dosis hemmt es die Prostaglandinsynthese nicht. Die Wirkung wird über einen zentralen Angriffspunkt im Bereich des Hypothalamus vermittelt.

Wie die meisten anderen Medikamente ist auch Paracetamol plazentagängig. Anfänglich wurde aufgrund einzelner Fallberichte ein terato-genes Potenzial beim Menschen vermutet. Auch in den vergangenen Jahren wurden toxische Auswirkungen auf das Ungeborene diskutiert: Eine Assoziation von Gastroschisis mit einer mütterlichen Kombinationsmedikation aus Paracetamol und Pseudoephedrin im 1. Trimenon fanden Werler und Mitarbeiter (2002) bei retrospektiver Auswertung von 206 erkrankten Säuglingen. Kein Zusammenhang konnte zwischen mütterlicher Paracetamoleinnahme und Ventrikelseptumdefek-ten festgestellt werden (Cleves 2004). Eine neuere Studie diskutiert ein möglicherweise erhöhtes Risiko von Paracetamol in der Spätschwangerschaft für Asthma bronchiale erhöhte IgE-Spiegel im Vorschulalter (Shaheen 2005, Shaheen 2002). Abgesehen von methodischen Mängeln der Studie erscheint dieser Zusammenhang biologisch wenig plausibel. Alle vorliegenden Daten zusammengefasst, gibt es beim Menschen keine ernsthaften Hinweise auf Teratogenität (Übersicht in Briggs 2005). Zur Überdosis bei Suizidversuchen siehe Kapitel 2.22.4.10.

Die an Lymphozyten beobachteten diskreten genotoxischen Effekte (Hongslo 1991) scheinen keine klinische Relevanz zu besitzen.

Empfehlung für die Praxis:

Paracetamol ist das Analgetikum und Antipyreti-kum der Wahl. Es kann in jeder Phase der Schwangerschaft innerhalb des üblichen Dosisbereichs eingesetzt werden.

2.1.2. Acetylsalicylsäure

Pharmakologie.

Acetylsalicylsäure (ASS; z.B. Aspirin®, ASS ratio-pharm®) hemmt in Abhängigkeit von der Dosis die Synthese sowohl von Thromboxan als auch von Prostaglandinen und Vitamin-K-abhän-gigen Gerinnungsfaktoren. Daraus ergeben sich unterschiedliche Behandlungsindikationen. Bei niedriger Dosis bis etwa 300 mg/Tag kommt es zu einer Hemmung der Thromboxansynthese mit Verminderung der Thrombozytenaggregation. Dieser Wirkmechanismus wird für die Thrombembolieprophylaxe genutzt. Die analgetische, antipyreti-sche und antiphlogistische Wirkung erfolgt über eine Hemmung der Prostaglandinsynthese bei Einzeldosen ab 500 mg. Aufgrund der geringen therapeutischen Breite im antiphlogistischen Bereich (Tagesdosen von 3.000 mg und darüber) wurde Acetylsalicylsäure als Antirheumati-kum weitgehend durch die neueren, nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) verdrängt.

Salicylate sind lipophil, sie werden nach oraler Gabe rasch resorbiert und gelangen leicht über die Plazenta zum Fetus. Die Metabolisierung und Eliminierung durch Kopplung an Glucuronsäure in der Leber erfolgt beim Fetus und beim Neugeborenen nur langsam wegen der noch verminderten Enzymaktivität und der geringen glomerulären Filtrationsrate.

„Low-dose”-Therapie.

Niedrig dosiert mit 80–300 mg pro Tag wird Acetyl-salicylsäure als Thrombozytenaggregationshemmer zur Thrombembo-lie-Prophylaxe eingesetzt und in manchen Fällen zur Prävention einer Präeklampsie verordnet. Außerdem diskutiert man den Nutzen niedriger Dosen zur Prävention von Abortneigung und anderen Schwangerschaftskomplikationen bei Frauen mit Anti-Kardiolipin- oder Anti-Phospholipid-Antikörpern mit oder ohne systemischem Lupus erythe-matodes (Backos 1999). In einer prospektiven Studie mit jeweils 101 Schwangeren in Fall- und Kontrollgruppe, mit mindestens 2 Aborten in der Anamnese bzw. nachweisbaren Autoantikörpern konnte keine Verringerung der Abortrate unter Acetylsalicylsäure in Kombination mit Prednison im Vergleich zu Placebo festgestellt werden. Es fand sich jedoch in der Behandlungsgruppe ein signifikant höheres Risiko für eine Frühgeburt (Laskin 1997). Eine Meta-Analyse fand gegenüber Placebo ebenfalls keine Reduzierung des Abortrisikos, aber ein signifikant geringeres Risiko für eine Frühgeburt (Kozer 2003, Kozer 2002 A). Eine Erhöhung der Schwangerschaftsrate durch eine kombinierte Therapie mit Prednison und Acetylsalicylsäure konnte bei Kinderwunschpatient-innen mit nachweisbaren Autoantikörpern und wiederholt erfolglosen In-vitro-Fertilisationen (IVF) erzielt werden (Geva 2000, Geva 1998). Die Untersuchung einer vergleichbaren Therapie bei Patientinnen mit intrauteriner Insemination (IUI) konnte dieses Ergebnis beim Vergleich mit einer nicht behandelten Gruppe bestätigen (Hsieh 2000).

Viele Untersuchungen haben sich mit dem Nutzen einer „Low-dose”-Behandlung zur Prävention einer Plazentationsstörung mit daraus resultierendem Schwangerschaftshochdruck und intrauteriner Wachstumsverzögerung beschäftigt. Umfassend wurde dieses Thema von der „Collaborative low-dose Aspirin in Pregnancy study” (CLASP 1994) an insgesamt 9.000 Frauen untersucht. Im Gegensatz zu früheren Ergebnissen sind eindeutige Vorteile wohl nur bei Schwangeren mit einer sich früh entwickelnden Präeklampsie – vor 20 Schwangerschaftswochen (SSW) – und mit pathologischer Vorgeschichte zu erwarten.

In dieser Patientinnengruppe entwickelten sich sowohl der mütterliche Blutdruck als auch das kindliche Wachstum günstiger, und zwar ab einer täglichen Dosis von 80 mg und einem frühzeitigen Therapiebeginn vor 16 SSW. Für andere Schwangere ließ sich der Nutzen einer solchen Behandlung – auch wenn sie vor 20 SSW gestartet wurde – nicht eindeutig belegen (Heyborne 2000, Knight 2000, Cartis 1998, Golding 1998, Rotchell 1998). Dies gilt auch für die Therapie bei bereits bestehender Präeklampsie.

Toxikologie.

Salicylate können bei einigen Tierspezies in hoher Dosis Fehlbildungen erzeugen. Einige Untersucher haben in z.T. sehr kleinen Fall-Kontrollstudien auch beim Menschen teratogene Effekte beschrieben, beispielsweise ein erhöhtes Gastroschisis-Risiko als Disruptions-folge im Bereich der embryonalen Arteria omphalomesenterica (Martinez-Frias 1997, Torfs 1996). Eine retrospektive Untersuchung von 206 Säuglingen mit Gastroschisis fand im Vergleich zur Kontrollgruppe einen höheren Anteil mütterlicher ASS-Medikationen (Werler 2002). Eine Meta-Analyse zur ASS-Therapie im 1. Trimenon zeigte ein leicht erhöhtes Risiko für Gastroschisis bei nicht erhöhtem Gesamtfehlbil-dungsrisiko (Kozer 2002 B). In einer Studie zu renalen Anomalien gaben in der Fallgruppe mehr Mütter eine ASS-Einnahme im 1. Trime-non an. Daraus wurde ein leicht erhöhtes Risiko für Nierenfehlbildun-gen abgeleitet (Abe 2003), das erscheint jedoch wegen der geringen Fallzahl an Exponierten fraglich. Eine retrospektive Untersuchung mit Daten des schwedischen Geburtsregisters fand keinen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von kardiovaskulären Fehlbildungen und der ASS-Einnahme in der Schwangerschaft (Källén 2003). In vielen anderen Publikationen wurden keine entwicklungstoxischen Effekte beim Menschen beobachtet (Übersicht in Briggs 2005, Slone 1976). Zusam-mengefasst erscheint das teratogene Pontenzial dieses weit verbreiteten und bewährten Arzneimittels minimal. Auch die frühkindliche Intelligenzentwicklung bei Kindern bis zum Alter von 4 Jahren war in einer Untersuchung an über 19.000 Schwangeren mit ASS-Therapie im 1. oder 2. Trimenon nicht beeinträchtigt (Klebanoff 1988). Zur Überdosis bei Suizidversuchen siehe Kapitel 2.22.4.1.

Eine Studie beschreibt ein erhöhtes Abortrisiko für die Einnahme von ASS zum Zeitpunkt der Konzeption (Li 2003), es fehlen jedoch Angaben zur Dosis. Die Anzahl der ASS-exponierten Schwangeren (22 von 1.055) und jener, die einen Abort erlitten (5 von 22), war jedoch so gering, dass diese Studie sehr zurückhaltend zu bewerten ist, auch wenn die Rolle der Prostaglandine bei der Implantation den postulierten Effekt theoretisch erklären könnte.

Präpartalphase.

Da Prostaglandinsynthesehemmstoffe die Kontraktilität des Uterus vermindern, können Salicylate die Dauer der Schwangerschaft und den Geburtsvorgang durch Herabsetzung der Wehentätigkeit verlängern. Früher hat man deshalb Salicylate zur Tokolyse benutzt. Unter der Geburt wurde außerdem ein erhöhter mütterlicher Blutverlust nach Salicylateinnahme beobachtet.

Die Hemmung der Prostaglandinsynthese kann etwa ab SSW 28–30 zu einer Verengung bzw. einem verfrühten Verschluss des Ductus arte-riosus Botalli führen. Dieser zeit- und dosisabhängige Effekt wurde zuerst unter Indomethacintherapie dokumentiert (siehe Abschnitt 2.1.11), ist aber unter ASS (allerdings nicht bei „Low-dose”-Therapie!) ebenso möglich.

Bei Frühgeborenen, nicht jedoch bei gesunden, reifen Neugeborenen, wurden vermehrt intrakranielle Blutungen beschrieben, wenn die Mutter innerhalb der letzten Schwangerschaftswoche ASS in analgeti-scher oder antiphlogistischer Dosis eingenommen hatte (Rumack 1981).

Die „Low-dose”-Behandlung bewirkt keinen vorzeitigen Schluss des Ductus arteriosus und beeinträchtigt offenbar weder die Gesundheit der Mutter noch die fetale oder neonatale Gerinnung (Vetter 1995, CLASP 1994, Di Sessa 1994, Sibai et al., 1993, Sibai et al., 1989, Veille 1993). Es findet sich nur ein Fallbericht mit Low-dose-ASS und leichter intrakrani-eller Blutung bei einem reif geborenem Kind. Die kindliche Prothrom-binzeit sowie INR waren erhöht. Eine neurologische Symptomatik war nicht nachweisbar (Sasisharan 2001).

Empfehlung für die Praxis:

ASS ist in der Schwangerschaft Analgetikum und Antipyretikum der zweiten Wahl. Paracetamol ist vorzuziehen. Salicylate sollten im letzten Drittel der Schwangerschaft nicht regelmäßig und nicht in antiphlogistischer Dosis angewendet werden. Analgetische Einzeldosen sind jedoch akzeptabel. Für die längerfristige antiphlogistische Behandlung sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), wie z. B. Ibuprofen, zu bevorzugen (cave Ductus-arterio-sus-Verschluss ab 28–30 Wochen!). Wird dennoch im letzten Drittel der Schwangerschaft regelmäßig mit Acetylsalicylsäure in hoher Dosis behandelt, muss der fetale Ductus arteriosus dopplersonographisch kontrolliert werden. Ferner ist zu bedenken, dass insbesondere bei Frühgeborenen schon eine analgetische Einzeldosis von 500 mg die Blutungsbereitschaft des Fetus unter der Geburt erhöhen kann. Eine „Low-dose”-Behandlung mit ASS kann bei entsprechender Indikation uneingeschränkt durchgeführt werden.

2.1.3. Pyrazolon-und Phenylbutazonverbindungen

Pyrazolonverbindungen

Pharmakologie und Toxikologie.

Metamizol (Dipyron) (z.B. Novalgin®, Novaminsulfon®), Phenazon (z. B. Migräne-Kranit®) und Propyphena-zon (z.B. DEMEX®) haben als Analgetika und Antipyretika wegen unerwünschter Wirkungen auf die Hämatopoese an Bedeutung verlo -ren und wurden durch Paracetamol und andere Analgetika verdrängt. Pyrazolon- und Phenylbutazonverbindungen besitzen eine prostaglan-dinantagonistische Wirkung, die ab Schwangerschaftswoche 28–30 einen vorzeitigen Ductus-arteriosus-Verschluss beim Fetus auslösen kann.

Ein Fallbericht beschreibt eine Schwangere, die aufgrund einer Nierenkolik kurz vor Ende der Schwangerschaft hoch dosiert mit Metamizol behandelt wurde und darunter ein Oligohydramnion entwickelte (Catalan 1995). Eine brasilianische Studie berichtet über einen von anderen Autoren bisher nicht bestätigten Zusammenhang zwischen Metamizol-Einnahme durch die Mutter und dem vermehrten Auftreten von Wilms-Tumoren bei den Kindern (Sharpe 1996). In einer retrospektiven Studie hatte bei Kindern mit akuter Leukämie im Alter von < 18 Monaten ein höherer Anteil der Mütter Metamizol in der Schwangerschaft eingenommen als in der gesunden Kontrollgruppe. Daraus wurde ein signifikant erhöhtes Risiko für eine frühkindliche Leukämie nach Metamizol-Therapie in der Schwangerschaft abgeleitet (Alexander 2001). Diese Schlussfolgerung sollte jedoch aufgrund der geringen Fallzahl und der unzureichenden Informationen über den Zeitpunkt der Exposition sehr kritisch bewertet werden. Im Übrigen liegen keine Hinweise auf embryotoxische Eigenschaften beim Menschen vor. Eine prospektive Untersuchung von 108 im 1.Trimenon mit Metamizol behandelten Schwangeren fand im Vergleich zur Kontrolle kein signifikant erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen (Bar-Oz 2005). Dieses Ergebnis kann nach Sichtung von 154 eigenen prospektiv erfassten Metamizol-Expositionen im 1. Trimenon bestätigt werden.

Zu Propyphenazon liegen in unserer eigenen Datenbank 34 prospektiv erfasste Fälle mit mütterlicher Therapie im 1. Trimenon vor. Von diesen Schwangerschaften endeten 3 mit Abbruch, 8 mit einem Spontanabort und 23 mit einer Lebendgeburt. Es fand sich eine große Fehlbildung (Neuralrohrdefekt) bei einem abortierten Fetus. Insgesamt ergibt sich daraus kein Anhalt für ein teratogenes Risiko.

Zu Phenazon und Propyphenazon liegen keine ausreichend dokumentierten Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor.

Phenylbutazonverbindungen

Phenylbutazon (z.B. Ambene®) und verwandte Verbindungen wie Famprofazon, Kebuzon, Mofebutazon (z. B. Mofesal®) und Oxyphen-butazon sind schwache Analgetika und Antipyretika, die über eine Hemmung der Prostaglandinsynthese stark antiphlogistisch wirken. Phenylbutazon ist bei Morbus Bechterew indiziert. Phenylbutazonverbindungen können die Blutbildung schädigen, sie führen zu einer Flüs-sigkeitsretention und kumulieren stark (Halbwertszeit 30–170 Stunden). Diese Eigenschaften sind in der Schwangerschaft unerwünscht.

Im Tierversuch wirkt Phenylbutazon teratogen. Zur Beurteilung embryotoxischer Effekte beim Menschen liegen keine ausreichenden Daten vor, ein erhebliches teratogenes Potenzial erscheint unwahrscheinlich. Durch den Prostaglandinantagonismus können Phenylbutazonverbin-dungen ebenso wie Acetylsalicylsäure und andere NSAR einen vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus verursachen, wenn nach Woche 28–30 behandelt wird (Überblick in Briggs 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Auf den Einsatz von Metamizol, Phenazon und Pro-pyphenazon sollte verzichtet werden. Analgetikum der Wahl ist Paracetamol, in bestimmten Fällen auch in Kombination mit Codein. Nach heutiger Kenntnislage ergibt sich aus einer dennoch erfolgten Exposition mit einem der genannten Mittel im 1. Trimenon keine Risikosituation, die weitergehende Diagnostik erfordert oder in der ein risikobegründeter Abbruch einer gewünschten und intakten Schwangerschaft erwogen werden müsste (siehe Kapitel 1.15). Zusätzliche Untersuchungen wie dopplersonographische Kontrollen des Ductus arteriosus sollten eingeplant werden, wenn mit diesen Medikamenten nach Woche 30 behandelt wurde.

2.1.4. Analgetische Mischpräparate

Empfehlung für die Praxis:

Analgetische Mischpräparate sollten nicht eingenommen werden. Eine Ausnahme bildet in begründeten Fällen die Kombination von Paracetamol plus Codein (z.B. talvosilen®). Konkrete Hinweise auf embryotoxische Wirkungen beim Menschen gibt es zwar nicht, die Unwägbarkeit des toxischen Risikos steigt aber mit der Zahl der Inhaltsstoffe. Außerdem genügen die meisten Kombinationspräparate nicht den Anforderungen einer rationalen Arzneitherapie und verteuern die Behandlung. Nach heutiger Kenntnislage ergibt sich aus einer dennoch erfolgten Exposition im 1. Trimenon keine Risikosituation, die weitergehende Diagnostik oder einen risikobegründeten Abbruch einer gewünschten und intakten Schwangerschaft erfordert (siehe Kapitel 1.15).

Eine äußere Behandlung bei Gelenkschmerzen mit Kombinationen aus Nonivamid und Nicoboxil oder anderen Nicotinaten (z. B. Finalgon®, Rubriment®) ist zwar nicht systematisch in der Schwangerschaft untersucht, ein entwicklungstoxisches Risiko ist beim bestimmungsgemäßen Gebrauch jedoch kaum zu erwarten.

2.1.5. Morphin, Hydromorphon und Opioidanalgetika allgemein

Opiate sind zentral wirksame, starke Analgetika, die in ihrer Wirkung dem Morphin, dem Hauptalkaloid des Opiums, vergleichbar sind und ebenfalls zur Abhängigkeit und beim Neugeborenen zu Atemdepression und Entzugssymptomatik führen können. Bei den Opiaten unterscheidet man reine Agonisten (Endorphine, Morphin und therapeutisch ähnliche Opiate) von reinen Antagonisten (Naloxon) und Stoffen, die sowohl agonistische als auch antagonistische Eigenschaften besitzen (Pentazocin).

Hinsichtlich des toxischen Potenzials in der Schwangerschaft ist die kurzfristige therapeutische Gabe von Opiaten, z.B. in der Perinatal-phase, anders zu bewerten als der Opiatabusus (siehe auch Abschnitt 2.21.10).

Körpereigene Endorphine reagieren spezifisch mit Opiatrezeptoren und können Morphinwirkungen auslösen.

Systematische Untersuchungen zur Teratogenität von Morphin (z.B. Capros®) oder Hydromorphon (z. B. Dilaudid®) liegen nicht vor. Es gibt jedoch bislang keine Hinweise, dass diese Substanzen Fehlbildungen beim Menschen verursachen.

Ein Fallbericht mit intrathekaler Langzeitbehandlung mit Morphin wegen chronischer Schmerzen beschreibt ein gesundes Neugeborenes mit normalen Apgar-Werten, ohne Entzugssymptomatik und normaler Entwicklung im Alter von 18 Monaten (Oberlander 2000). Bei 5 pro-spektiv erfassten Fällen mit Langzeitbehandlung aus dem eigenen Datenbestand finden sich 3 Frühgeborene sowie ein reif geborenes Kind mit Entzugssymptomatik. Fehlbildungen waren nicht nachweisbar. Die einmalige intramuskuläre Applikation von 10–15 mg Morphin nach 18 Schwangerschaftswochen führte zu einer Reduzierung der fetalen Atembewegungen bei insgesamt nicht reduzierten Kindsbewegungen. Es wurde ein fetal-mütterlicher Plasmaquotient von 0,6 ermittelt (Kopecky 2000).

2.1.6. Pethidin

Pharmakologie.

Pethidin (Dolantin®) wurde wegen seiner unübertroffenen spasmoanalgetischen Wirkung unter der Geburt lange Zeit als Analgetikum der Wahl angesehen. Es verlängert weder den Geburtsvorgang, noch vermindert es die Wehenstärke.

Auch die Stärke von Nachblutungen und die Rückbildung der Gebärmutter im Wochenbett werden nicht ungünstig beeinflusst. Pethidin kann im Fetus höhere Konzentrationen als im mütterlichen Serum erreichen. Beim Neugeborenen wird Pethidin aufgrund der verminderten Stoffwechselleistung nur langsam abgebaut und hat eine verlängerte Halbwertszeit (bis 18 Stunden gegenüber 3–4 Stunden beim Erwachsenen, aktiver Metabolit Norpethidin 29–85 Stunden; Caldwell 1978).

Toxikologie.

Für Pethidin gibt es keine systematischen Untersuchungen zur Anwendung im 1. Trimenon. Bislang liegen keine Hinweise auf teratogene Effekte vor.

Pethidin gehört zu den am besten untersuchten Spasmoanalgetika für die Geburtsphase. Die nach parenteraler Applikation beschriebene metabolische Azidose (de Boer 1987, Kariniemi 1986) ist wahrscheinlich mit individueller Überdosierung und nachfolgender hypotoner Kreislaufreaktion der Mutter zu erklären. Bei Neugeborenen können Atemdepression und Adaptationsstörungen mit neurophysiologischen Auffälligkeiten auftreten, die über die ersten Lebenstage hinausreichen. Der atemdepressive Effekt hängt vor allem vom Zeitintervall zwischen Injektion und Entbindung und von der Reife des Kindes ab. Frühgeborene sind gefährdeter. In einer Gruppe von 13 Erstgebärenden zeigte sich, dass Neugeborene in den ersten 45 Minuten schwächer saugten, wenn die Pethidindosis innerhalb von 5 Stunden vor der Entbindung verabreicht wurde. Das Saugverhalten korrelierte mit der Konzentration von Pethidin im Plasma der Neugeborenen, nicht aber mit der des Metaboliten Norpethidin (Nissen 1997). Saugstärke und Saugfrequenz bei 9 reif geborenen Neugeborenen, deren Müttern 1 bis 12,5 Stunden vor der Entbindung 75–100 mg Pethidin intramuskulär verabreicht wurde, waren in den ersten 3 Tagen nach der Geburt deutlich geringer als bei nicht exponierten Kontrollen (Hafström 2000). Dies wurde auf die verlängerte Eliminationshalbwertszeit von Pethidin bei Neugeborenen zurückgeführt. Videoaufnahmen von 10 Pethidin exponierten Neugeborenen gaben gegenüber nicht analgesierten Kontrollen ebenfalls Hinweise für eine Trinkschwäche sowie auf eine reduzierte Hand-Finger-Beweglichkeit. Außerdem hatten die Kinder in der behandelten Gruppe eine leicht erhöhte Körpertemperatur und schrien mehr (Ransjö-Arvidson 2001).

Beim Vergleich der Wirksamkeit von Pethidin und Meptazinol unter der Geburt fanden sich keine wesentlichen Unterschiede. Eine Studie beschreibt eine etwas bessere Analgesie unter Meptazinol (Nicholas 1982). In einer weiteren randomisierten Studie und einer Meta-Analyse der Cochrane Database fand sich kein Unterschied in der Wirksamkeit beider Substanzen (Elbourne 2000, Morrison 1987). Generell wurde eine bessere Verträglichkeit von Pethidin im Vergleich zu Meptazinol beschrieben.

Empfehlung für die Praxis:

Das Spasmoanalgetikum Pethidin kann bei kritischer Indikationsprüfung unter der Geburt eingesetzt werden. Bei Frühgeburten ist es relativ kontraindiziert. Eine Anwendung im 1. Trimenon ist bei entsprechender Indikation akzeptabel.

2.1.7. Codein und Oxycodon

Pharmakologie und Toxikologie.

Codein (z.B. Codicaps®, Codipront®) ist ein Morphinderivat mit geringerer analgetischer und sedierender Wirkung als Morphin. Codein wird allein, vorwiegend als Antitussivum, oder in analgetischen Kombinationspräparaten mit Paracetamol und Acetylsalicylsäure angeboten. Da Codein abhängig machen kann, gibt es Schwangere, die einen Abusus mit täglich 300–600 (bis zu 2.000) mg betreiben oder Codein als Ersatzdroge für Heroin erhalten.

In den 70er Jahren gab es einige Veröffentlichungen, die der Behandlung mit Codein Fehlbildungen der Atemwege, Veränderungen am Herz-Kreislauf-System sowie Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten anlasteten. Dieser Verdacht bestätigte sich später nicht (Übersicht in Briggs 2005). Eigene Untersuchungen von 124 Codeinexpositionen im 1.Tri-menon ergaben keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen. Auch bei 12 Langzeitexpositionen fanden sich keine Fehlbildungen, jedoch Entzugssymptome bis hin zu Krampfanfällen bei 4 Neugeborenen nach mütterlichem Abusus. Eine Untersuchung von Kindern, die an einem Neuroblastom erkrankten, fand im Gegensatz zu gesunden Kontrollen einen höheren Anteil an mütterlicher Codeinme-dikation in Schwangerschaft oder Stillzeit (Cook 2004). Ein ursächlicher Zusammenhang sollte u.a. aufgrund der kleinen Fallzahl sehr zurückhaltend bewertet werden.

Etwa 100 ausgewertete Schwangerschaften mit Oxycodon-Therapie (OXYGESIC®) im 1. Trimenon erbrachten keine Hinweise auf Terato-genität (Schick 1996).

Eine Therapie bis zum Geburtstermin kann - wie bei allen Opiatabkömmlingen-beim Neugeborenen zur Atemdepression und ein Abusus auch zum Entzug führen (siehe Abschnitt 2.21.10).

Empfehlung für die Praxis:

Codein darf bei Schwangeren als Analgetikum (in Kombinationspräparaten mit Paracetamol) eingesetzt werden. Bei quälendem, trockenem Husten und Versagen physikalischer Maßnahmen kann es als Antitussivum verwendet werden. In jedem Fall muss das Suchtpotenzial beachtet werden. Bei strenger Indikationsstellung ist auch Oxycodon akzeptabel. In Abhängigkeit von Dosis und Zeitpunkt der Anwendung sind Atemdepression und Entzugserscheinungen beim Neugeborenen möglich. Eine länger dauernde Gabe ist außergewöhnlichen Indikationen vorbehalten. Zur Substitution bei Heroinabhängigkeit siehe Abschnitt 2.21.10.

2.1.8. Fentanyl, Alfentanil, Remifentanil und Sufentanil

Pharmakologie und Toxikologie.

Fentanyl (z.B. Fentanyl-Janssen®) wird in der Geburtshilfe häufig eingesetzt. Es wird intravenös und epidural appliziert. In der Nabelschnur finden sich 30–50% der mütterlichen Plasmakonzentration. Bei ausreichendem zeitlichem Abstand zur Entbindung scheint das Risiko einer neonatalen Atemdepression gering zu sein. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe fanden sich bei den Kindern von 137 mit Fentanyl behandelten Müttern keine Unterschiede bei Atemdepression, Apgar-Score, Naloxonbedarf sowie verschiedenen neurologischen Parametern bis zu 24 Stunden nach Geburt (Rayburn 1989). Die letzte Fentanyldosis wurde in dieser Untersuchung im Durchschnitt 112 Minuten vor der Entbindung gegeben. In einer weiteren Publikation waren in einer Gruppe von 15 Neugeborenen ebenfalls weder Atemdepression noch neurologische Abweichungen in den ersten 24 Stunden nach der Geburt zu beobachten. Die Applikation von Fentanyl erfolgte jeweils etwa 10 Minuten vor der Schnittentbindung (Eisele 1982). Die reif geborenen, gesunden Neugeborenen von 101 Frauen, die unter der Geburt Fentanyl epidural erhielten, zeigten keine Atemdepression. Die Autoren diskutieren, dass eine Epiduralanästhesie mit Fentanyl im Hinblick auf den Stillerfolg der Kinder wahrscheinlich günstiger ist als eine i.v.-Applikation im Rahmen einer Allgemeinnarkose (Jordan 2005). Andere Untersucher beobachteten, dass eine patientenkontrollierte Analgesie mit Fentanyl i.v. unter der Geburt gleich gut verträglich für das Neugeborene ist wie eine Epiduralanästhesie (Nikkola 1997).

Ein Fallbericht beschreibt die Anwendung von Fentanylpflastern mit einer transdermalen Dosis von ca. 125 μg/Stunde während der gesamten Schwangerschaft. Das gesunde reif geborene Kind wies normale Apgar-Werte auf. Nach 24 Stunden entwickelte sich jedoch eine leichte Entzugssymptomatik mit Übererregbarkeit und Schreiattacken, die nach 4 Tagen abgeklungen war. Die kindlichen Blutspiegel wiesen unmittelbar nach der Geburt ein Drittel der mütterlichen Werte auf und einen Tag nach Entbindung nur noch 9 % (Regan 2000).

Weder unsere eigenen Daten zu 22 Frauen mit Fentanylexposition im 1. Trimenon noch Beobachtungen anderer Autoren ergeben Hinweise auf Teratogenität. Fentanyl wurde in fetalen Organen in der Frühschwangerschaft nachgewiesen (Cooper 1999).

Mehrere Veröffentlichungen beschreiben die intravenöse und epidu-rale Anwendung von Alfentanil (Rapifen®) in der Geburtshilfe (Übersicht bei Briggs 2005, Gin 2000). Die Verträglichkeit für das Neugeborene scheint der des Fentanyls zu gleichen. Ein Untersucher hat geringe neuromuskuläre Funktionsabweichungen in den ersten 30 Minuten nach Geburt ermittelt, in der Nabelschnur betrug die Konzentration ca. 30 % der mütterlichen Werte.

In einigen neueren Studien wurde Remifentanil zur Schmerzreduktion unter der Geburt eingesetzt. Dabei wurde in einer der Studien über häufige Therapieabbrüche wegen starker Nebenwirkungen bei der Mutter berichtet, wie z.B. Übelkeit, Erbrechen, Atemdepression oder Juckreiz. Nebenwirkungen beim Neugeborenen fanden sich in keiner der Studien (Übersicht in Briggs 2005).

Die Anwendung von Sufentanil zur Analgesie bei 351 Frauen unter der Geburt ergab eine deutlich geringere Rate an Hypotonien im Vergleich zu anderen Analgesieverfahren, aber signifikant mehr Schwankungen der fetalen Herzfrequenz bzw. eine häufiger auftretende fetale Bradykardie (van de Velde 2001).

Berichte über teratogene Effekte liegen weder für Alfentanil vor noch für Remifentanil (Ultiva®) und Sufentanil (Sufenta®). Für eine endgültige Bewertung des teratogenen Risikos sind die vorliegenden Daten jedoch unzureichend.

Empfehlung für die Praxis:

Bei gegebener Indikation dürfen Fentanyl und ggf. auch die anderen Präparate in jeder Phase der Schwangerschaft eingesetzt werden. Bei Verabreichung kurz vor der Entbindung muss wie bei allen Analgetika vom Opiattyp mit einer atemdepressiven Wirkung beim Neugeborenen gerechnet werden. Bei Rückenmark-nahen Analgesieverfahren sind Auswirkungen auf den Kreislauf der Mutter (Hypotonie) zu vermeiden.

2.1.9. Andere Narkoanalgetika und zentral wirksame Analgetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Pentazocin ( Fortral®) wurde (in den USA) in Kombination mit dem Antihistaminikum Tripelenamin unter dem Namen T's and Blues als intravenös injizierbare Droge gehandelt. Tierexperimentell erwies sich diese Kombination als nicht teratogen. Intrauterine Wachstumsverzögerung und Verhaltensauffälligkeiten sind jedoch bei Ratten nach pränataler Applikation gehäuft aufgetreten. Vergleichbare Effekte haben sich auch beim Menschen nach Gebrauch dieser Droge gezeigt. Berichte zur therapeutischen Anwendung fehlen. Bei wiederholter Einnahme bis zum Ende der Schwangerschaft muss mit opiattypischen Entzugssymptomen gerechnet werden, wie z.B. Unruhe, Zittrigkeit, Muskelhypertonus, Diarrhö und Erbrechen. Pentazocin kann den Uterustonus erhöhen (Übersicht in Briggs 2005).

Pentazocin hat sich ebensowenig wie Tilidin (in Valoron N®) gegenüber Pethidin in der Geburtshilfe durchsetzen können. Hinweise auf ein teratogenes Potenzial beim Menschen gibt es zu beiden Substanzen bisher nicht.

Tramadol (z. B. Tramal®) ist in Deutschland eines der meistverschriebenen Opioidanalgetika. Seine analgetische Wirkung entspricht der von Codein und liegt damit bei einem Zehntel der Wirkstärke vom Morphin. Im Gegensatz zu Morphin hat es in äquianalgetischen Dosen jedoch keine deutliche atemdepressive Wirkung. Tramadol wird von Drogenabhängigen missbraucht. Bei der Anwendung unter der Geburt war Tramadol sowohl hinsichtlich der Schmerzreduktion als auch der mütterlichen Nebenwirkungen dem Pethidin unterlegen. Unterschiede in der neonatalen Entwicklung fanden sich jedoch nicht (Keskin 2003). In einer Meta-Analyse der Cochrane Database gab es keinen Unterschied in der Wirksamkeit beider Substanzen (Elbourne 2000). In unserer Datenbank befinden sich 94 prospektiv erfasste Schwangerschaften mit Tramadoltherapie im 1. Trimenon. Unter den 78 Lebendgeborenen hatten 5 Kinder große Fehlbildungen (6,4%), davon 2 Vorhofseptum-defekte, eine Transposition der großen Gefäße, eine Meningomyelozele mit Hydrozephalus und Spina bifida und ein Kind mit angeborenem Katarakt und Mikrophthalmus. In mindestens einem Fall hatte die Mutter zusätzlich teratogene Medikamente (u. a. Carbamazepin) eingenommen. Ein Verdacht auf embryotoxische Effekte lässt sich mit diesen Daten nicht untermauern, zumal von anderer Seite bisher weder zu Tra-madol noch zu anderen Opioidanalgetika substantielle Hinweise auf Teratogenität beim Menschen geäußert wurden.

Über Embryotoxizität wurde bisher auch nicht im Zusammenhang mit Buprenorphin (Temgesic®; siehe Kapitel 2.21.10), Dextropropoxy-phen, Flupirtin (Katadolon®), Meptazinol (Meptid®), Nalbuphin (Nubain®), Nefopam (z.B. Silentan®) und Piritramid (Dipido-lor®) berichtet. Systematische Untersuchungen zur Teratogenität fehlen jedoch.

Alle morphinähnlichen Opiate können abhängig von Behandlungsintervall und Dosis zur Atemdepression beim Neugeborenen und zu Entzugserscheinungen führen. Dies gilt insbesondere für die Substitution nach Drogenabusus (siehe auch Abschnitt 2.21.10). Neonatale Entzugserscheinungen können ebenso wie beim Heroin ggf. erst verzögert einsetzen.

Empfehlung für die Praxis:

Bei entsprechender Indikation kann mit erprobten Vertretern aus dieser Arzneigruppe wie Tramadol oder auch Buprenorphin in der Schwangerschaft behandelt werden. Als Schmerzmittel sollten jedoch Paracetamol (ggf. mit Codein) oder (bis Woche 30) Ibuprofen bevorzugt werden. Nach heutiger Kenntnislage ergibt sich aus einer Exposition mit anderen in diesem Abschnitt genannten Mitteln keine Risikosituation, die weitergehende Diagnostik erfordert oder einen risikobegründeten Abbruch einer gewünschten und intakten Schwangerschaft (siehe Kapitel 1.15).

2.1.10. Naloxon

Pharmakologie und Toxikologie.

Naloxon (z.B. Narcanti®) ist in der Lage, die atemdepressorische Wirkung von Opiaten aufzuheben. Bei Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft Opiatabusus betrieben haben, kann Naloxon Entzugserscheinungen verursachen. Ein terato-genes Potenzial wurde beim Menschen bisher nicht beschrieben.

Empfehlung für die Praxis:

Naloxon darf bei entsprechender Indikation eingesetzt werden.

2.1.11. Klassische nichtsteroidale Säureantiphlogistika/Antirheumatika (NSAR)

Pharmakologie.

Zu dieser Arzneimittelgruppe gehören Acemetacin (Rantudil®), Azapropazon, Dexketoprofen (Sympal®), Diclofenac (z.B. Diclac®, Voltaren®), Etofenamat (z.B. Rheumon®), Fenbufen, Flufenaminsäure, Flurbiprofen (z.B. Dobrofen®, Ocuflur), Ibuprofen (z.B. Dolgit®), Indometacin (z.B. Indo-CT®), Indoprofen, Ketoprofen (z. B. Alrheumun®, Orudis®), Ketorolac, Lonazolac (z. B. Argun), Lor-noxicam (Telos®), Mefenaminsäure (z.B. Ponalar®, Parkemed®), Meloxicam (Mobec®), Nabumeton, Naproxen (z.B. Proxen®), Niflu-minsäure, Nimesulid, Piroxicam (z.B. Felden®), Proglumetacin (Pro-taxon®), Sulindac, Suprofen, Tenoxicam und Tiaprofensäure (z.B. Surgam®). Die antiphlogistische Wirkung dieser großen Arzneimittelgruppe beruht auf der Synthesehemmung der Prostaglandine, die beim Entzündungsvorgang ausgeschüttet werden. Meloxicam und Nimesulid hemmen vorwiegend, aber nicht selektiv, die Cyclooxygenase-2 (COX-2). Ibuprofen und Indometacin sind die am besten untersuchten NSAR (Norton 1997). Als Indiz für wirksame Konzentrationen von Diclofenac beim Fetus mögen die Ergebnisse von Siu (2000) gelten: Vor einem Schwangerschaftsabbruch zwischen Woche 8 und 12 erhielten 30 Frauen zweimal 50 mg, welches in verschiedenen fetalen Geweb-sproben in ähnlichen Konzentrationen nachweisbar war wie im mütterlichen Blut. Bei zweimal 500 mg Naproxen erreichten die Konzentrationen in fetalen Gewebsproben dagegen durchschnittlich nur ein Zehntel der mütterlichen Blutspiegel. Ein leicht steigender plazentarer Transfer war bei Naproxen mit fortschreitender Schwangerschaft nachweisbar.

Zur Tokolyse mit NSAR siehe Abschnitt 2.14.8.

Fehlbildungen.

Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko beim Menschen liegen zu dieser Medikamentengruppe nicht vor. Eine retrospektive Analyse mit Daten des schwedischen Geburtsregisters zu 2.557 Lebendgeborenen mit mütterlicher NSAR-Einnahme im 1. Trime-non diskutiert bei nicht erhöhtem Gesamtfehlbildungsrisiko eine leicht erhöhte Rate an kardiovaskulären Defekten ohne Spezifizierung der Arzneisubstanzen (Ericson 2001).

Zu Ibuprofen liegen uns eigene Daten von 188 prospektiv erfassten Schwangerschaften mit Therapie im 1. Trimenon vor. In 21 Fällen endete die Schwangerschaft mit einem Abbruch, in 18 Fällen mit einem Spontanabort und in 149 Fällen mit einer Lebendgeburt. Insgesamt fan den sich 6 große Fehlbildungen, darunter 3 Vorhofseptumdefekte, einmal kombiniert mit einer Pulmonalklappenstenose, sowie eine Spina bifida, eine Lippen-Gaumen-Spalte und eine komplexe Skelettfehlbildung. Zusammenfassend ergibt sich daraus kein Anhalt für ein erhöhtes Abort- oder Gesamtfehlbildungsrisiko.

Systematische Studien zur Anwendung von Indometacin im 1. Tri-menon liegen nicht vor. Eigene Daten umfassen 172 prospektiv erfasste Schwangerschaften mit Diclofenac-Therapie im 1. Trimenon, von denen 22 mit einem Abbruch, 15 mit einem Spontanabort und 135 mit einer Lebendgeburt endeten. Große Fehlbildungen fanden sich in 6 Fällen, darunter 2 Vorhofseptumdefekte, ein Hydrozephalus, eine Doppelanlage der Niere, eine Nierenagenesie und beidseitiger Klumpfuß. Daraus lässt sich kein Anhalt für ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko ableiten.

Für Naproxen im 1. Trimenon fand sich in retrospektiven Analysen mit Daten des schwedischen Geburtsregisters ein leicht erhöhtes Risiko für Spaltbildungen bei nicht erhöhtem Gesamtfehlbildungsri-siko (Ericson 2001) und ein ebenfalls leicht erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Fehlbildungen (Källén 2003). Ein Fallbericht beschreibt ein Neugeborenes mit großer beidseitiger Lippen- und Gaumen-Spalte, Hypertelorismus, breiter Nasenwurzel, tiefem Ohransatz sowie asymmetrischem Fehlen von Endphalangen beider Füße nach mütterlicher Therapie mit Bisoprolol, Naproxen und Sumatriptan bis Woche 5 (Kajantie 2004). Der Expositionszeitraum spricht gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Von den durch uns prospektiv erfassten 10 Fällen mit Naproxentherapie im 1. Trimenon endeten 2 Schwangerschaften mit einem Spontanabort, die 8 Lebendgeborenen waren gesund.

Spontanaborte.

Zwei Studien beschreiben ein erhöhtes Abortrisiko durch die Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika (Li 2003, Nielsen 2001). Die geringe Fallzahl beider Studien lässt deren Aussage jedoch fraglich erscheinen. Des Weiteren werden in einer dieser Arbeiten lediglich Rezeptierungen registriert ohne Angabe zur tatsächlichen Einnahme des Medikamentes. Eine genaue Angabe der Substanzen fehlt in beiden Publikationen.

Auswirkungen auf den Kreislauf und andere Organsysteme beim Fetus.

Im letzten Drittel der Schwangerschaft können nichtsteroidale Antirheu-matika (NSAR) zum vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus beim Fetus führen (Mas 1999). Eine Mekoniumanalyse bei Neugeborenen zur Klärung eines möglichen Zusammenhanges zwischen NSAR und persistierendem pulmonalen Hypertonus (PPHN) fand bei Neugeborenen mit PPHN mehr als doppelt so häufig NSAR im Mekonium (Ibu-profen, Naproxen, Indometacin sowie Acetylsalicylsäure) als bei gesunden Kindern (Alano 2001).

Je reifer der Fetus, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich sein Ductus arteriosus unter der antiphlogistischen Therapie schließt (Rasanen 1995). Schon von Schwangerschaftswoche 27 an wurde dieser Effekt beobachtet (Bivins 1993). Vor Woche 32 soll der fetale Kreislauf nur in 5–10% der Fälle ansprechen, mit 32 Wochen in 50% und ab Woche 34 in 100% der Fälle (Moise, 1993, Moise et al., 1988). Auch ein scheinbar paradoxer Effekt wurde nach pränataler Exposition mit NSAR bei Neugeborenen beobachtet: ein persistierender Ductus arte-riosus. Dieser musste operativ verschlossen werden (Norton 1993). Von den Autoren wurde postuliert, dass Indometacin in diesem Fall die Intima des Ductus geschädigt und damit den Spontanverschluss verhindert hat.

Aus einem vorzeitigen Ductusverschluss kann sich ein pulmonaler Hypertonus beim Neugeborenen entwickeln, wie z.B. bei einem reifen Kind, dessen Mutter 2 Wochen vor Entbindung wegen einer Thrombophlebitis außer Heparin täglich 75 mg Diclofenac für 5 Tage erhalten hatte. Der pulmonale Hypertonus persistierte und musste 22 Tage lang mit hohen Dosen NO-Inhalation behandelt werden. Ein offenbar ischämisch verursachter Trikuspidalklappenreflux blieb auch danach bestehen (Zenker 1998). Ein weiterer Fall mit pulmonalem Hypertonus wurde bei einem Neugeborenen mit geschlossenem Ductus arteriosus beschrieben, das in Woche 39 auf Grund einer fetaler Bradykardie per Sectio entbunden wurde. Die Mutter war drei Tage zuvor mit Diclofe-nac therapiert worden (Siu 2004). In einem weiteren Fall mit zweimal täglich 220 mg Naproxen innerhalb der letzten 4 Tage vor Entbindung entwickelte ein reif geborenes Kind 2 Stunden nach Geburt einen pul-monalen Hypertonus bei Rechtsherzhypertrophie und geschlossenem Ductus arteriosus. Die Symptomatik normalisierte sich unter Sauerstofftherapie bis zum 2. Lebenstag. Nach 5 Monaten war das Kind klinisch gesund, bei leichter echokardiographisch noch nachweisbarer Rechtsherzhypertrophie (Talati 2000).

Auch die fetale und neonatale Nierenfunktion kann bis zur Anurie gehemmt werden, wenn im letzten Drittel der Schwangerschaft mit einem NSAR behandelt wurde. Dieser Effekt wird auf eine Minderperfusion der Niere und einen Anstieg des zirkulierenden Vasopressin zurückgeführt (van der Heijden 1994, Walker 1994). Ebenfalls durch Minderperfusion beim Fetus werden die bei Neugeborenen nach präna-taler NSAR-Exposition beobachteten Fälle von nekrotisierender Ente-rokolitis (NEC) erklärt (Ojala 2000, Parilla 2000, Major 1994, Norton 1993). Nierenfunktionsstörungen und NEC traten auch bei Neugeborenen auf, bei denen man den persistierenden Ductus arteriosus nach der Geburt mit Indometacin verschließen wollte.

Schließlich wurden auch intrakranielle Blutungen besonders bei Frühgeborenen beschrieben, möglicherweise als Folge einer durch Indometacin induzierten Hemmung der Thrombozytenaggregation (Norton 1993).

Es ist anzunehmen, dass die exemplarisch beschriebenen Organstörungen beim Fetus nach Gabe aller NSAR auftreten können (z.B. Ductusverschluss bei Ketoprofen und Nifluminsäure; Radi 1999, Llanas 1996).

Beim vorwiegend als COX-2-Hemmstoff wirkenden Nimesulid wurde in zwei Kasuistiken über (dialysepflichtiges) Nierenversagen beim Kind berichtet, nachdem die Mutter in der Spätschwangerschaft behandelt worden war. Im zweiten Fall waren es 200 mg/Tag zur Toko-lyse von Woche 26 bis 32 (Balasubramaniam 2000, Peruzzi 1999). Bei einem in Woche 33 geborenen Kind wurde ein akutes Nierenversagen beschrieben nach Feststellung eines Oligohydramnions in Woche 30 und bereits im 1. Trimenon, also vor der „sensiblen Phase” erfolgter Therapie mit Nimesulid, Diclofenac und Paracetamol (Benini 2004). Eine weitere Kasuistik beschreibt ein Kind mit chronischer Nierenschädigung nach vierwöchiger Nimesulidtherapie der Mutter ab Woche 30, bei der bereits 2 Wochen nach Therapiebeginn ein Oligohydramnion diagnostiziert wurde. Eine konservative Therapie war noch im Alter von 20 Monaten erforderlich (Magnani 2004). Holmes und Mitarbeiter (2000) berichten ebenfalls über ein Oligohydramnion, welches 3 Wochen nach einer in Woche 24 begonnenen Nimesulidtherapie zur Wehenprophylaxe auffiel und sich nach Ende der Therapie wieder normalisierte. Das reif geborene Kind war gesund. Ein ähnliches Ergebnis fand sich in einem Bericht über 5 Schwangerschaften mit Nimesulid-therapie wegen vorzeitiger Wehen. Alle Frauen entwickelten ca. 3 Tage nach Therapiebeginn ein Oligohydramnion, welches sich nach Behandlungsende zurückbildete. Keines der Kinder wies eine manifeste Nierenschädigung auf (Locatelli 2001). In einer prospektiven Studie entwickelte rund die Hälfte der 44 Frauen, die eine Nimesulidtherapie zur Prophylaxe vorzeitiger Wehen erhielten, nach ca. vierwöchiger Therapie ein Oligohydramnion, welches sich nach Therapieende wieder zurückbildete. In einem Fall mit akutem Nierenversagen des Frühgeborenen hatte die Mutter die vorgeschriebenen Kontrolluntersuchungen nicht wahrgenommen. In keinem Fall war eine Beendigung der Therapie wegen Verschluss des Ductus arteriosus erforderlich (Sawdy 2004). Paladini (2005) beschreibt 10 Fälle mit Verschluss des Ductus ateriosus beim Neugeborenen nach Einnahme von maximal 2 analgetischen Einzeldosen kurz vor der Geburt (Paladini 2005).

Andere Untersucher fanden keine Nebenwirkungen beim Neugeborenen nach Tokolyse mit Sulindac bei 10 Schwangeren in Woche 28–32 (Sawdy 2003). Sulindac soll aufgrund der geringen Plazentagängigkeit seines aktiven (Sulfid-)Metaboliten keine dopplersonographisch feststellbaren Veränderungen auf den fetalen Kreislauf besitzen (Carlan et al., 1995, Carlan et al., 1992, Kramer 1995). Dieser Vorzug gegenüber anderen NSAR wird in anderen Publikationen nicht bestätigt (Kramer 1999).

Empfehlung für die Praxis:

Gut erprobte NSAR wie Ibuprofen und Diclofenac dürfen als Analgetika oder zur antiphlogistischen Therapie in den ersten zwei Dritteln der Schwangerschaft verwendet werden. Ab Woche 30 sind diese Mittel zu meiden. Bei dennoch erfolgter Behandlung in der Spätschwangerschaft soll der fetale Kreislauf regelmäßig (1- bis 2-mal wöchentlich) sonographisch auf Veränderungen der Hämodynamik im Ductus arteriosus kontrolliert und ein Oli-gohydramnion ausgeschlossen werden. Die Tokolyse mit Prostaglandinantago-nisten kann nicht empfohlen werden. Keines dieser Mittel erfordert nach Therapie im 1. Trimenon invasive Diagnostik. Ein risikobegründeter Abbruch einer gewünschten und intakten Schwangerschaft ist nicht indiziert (siehe Kapitel 1.15).

2.1.12. Selektive Cyclooxygenase-2 (COX-2)-Inhibitoren

Pharmakologie und Toxikologie.

Von dieser Stoffgruppe erwartete man eine deutlich bessere Verträglichkeit aufgrund ihrer selektiven Hemmung der für Entzündungsprozesse entscheidenden Cyclooxygenase des Typs 2. Man erhoffte sich ein geringeres Risiko von Gastrointestinal- und Nierenschäden, die bei den klassischen NSAR durch unspezifische Hemmung der Typ-1-Cyclooxygenase verursacht werden. Zu den neuen COX-2-Inhibitoren zählen Celecoxib (Celebrex®), Etoricoxib (Arcoxia®), Lumiracoxib, Parecoxib (Dynastat®), Rofecoxib (VIOXX) und Valdecoxib (Bextra®) mit Halbwertszeiten von 8 bis 17 Stunden. Rofecoxib wurde bereits wegen schwerer kardialer Nebenwirkungen vom Markt genommen. Ebenso wurde der Verkauf von Valdecoxib wegen schwerwiegender Hautreaktionen bis auf weiteres gestoppt. Wegen möglicher kardialer und gastrointestinaler Nebenwirkungen sollten „Coxibe” nicht zum Einsatz kommen. Für Vorteile der COX-2-Inhibitoren bei Schwangeren gegenüber den klassischen NSAR gibt es keine Hinweise.

Es liegen kaum Daten zur Anwendung der COX-2-Inhibitoren in der Schwangerschaft vor. Tierversuche zeigten bisher keine spezifischen embryotoxischen Schäden, die über erwartete prostaglandinantagonis-tische Effekte hinausgingen.

Bei eigenen prospektiven Untersuchungen von 21 Schwangerschaften mit Celecoxib-Exposition im 1. Trimenon fanden sich keine großen Fehlbildungen. Von 19 beim Hersteller gesammelten Schwangerschaften mit Rofecoxib-Exposition im 1. Trimenon endeten 17 mit der Geburt eines gesunden Kindes und 2 mit Spontanabort (Merck & Co 2004). Von 40 eigenen prospektiv dokumentierten Rofecoxib-Behandlungen im 1. Trimenon endeten 2 mit einem Schwangerschaftsabbruch, 5 mit einem Spontanabort und 32 mit einer Lebendgeburt. Zwei Kinder wiesen Fehlbildungen auf: ein kleiner Vorhofseptumdefekt und eine Transposition der großen Gefäße. Von 5 mit Valdecoxib behandeltenr Schwangerschaften wurde eine abgebrochen und 4 endeten mit der Geburt eines gesunden Kindes (eigene Daten).

Eine kleine randomisierte Studie fand keine Unterschiede beim toko-lytischen Effekt zwischen Celecoxib und Indometacin. Im Gegensatz zu Indometacin waren unter Celecoxib kein partieller vorzeitiger Ver-schluss des Ductus arteriosus und auch keine Verminderung der Amni-onflüssigkeit nachweisbar (Stika 2002). Beim randomisierten Vergleich von Rofecoxib und Magnesiumsulfat war weder in der Effektivität der Tokolyse noch hinsichtlich neonataler Nebenwirkungen ein Unterschied feststellbar (McWorther 2004). Für eine endgültige Aussage sind die Fallzahlen zu gering. Man kann davon ausgehen, dass die bei den klassischen NSAR und Acetylsalicylsäure beschriebenen fetotoxischen Wirkungen in der Spätschwangerschaft auch bei den COX-2-Inhibito-ren zu erwarten sind.

In einer kleinen randomisierten Studie fand man nach Rofecoxib- Einnahme im Vergleich zu Placebo eine verspätete Follikelruptur. Das könnte ein Hinweis für eine mögliche Herabsetzung der Fertilität bei Einnahme von Rofecoxib zum Konzeptionszeitpunkt sein - ein Effekt, der auch im Zusammenhang mit anderen NSAR schon erörtert wurde (Pall 2001).

Die vorliegenden Daten zu Coxiben in der Schwangerschaft erlauben keine differenzierte Risikobewertung.

Empfehlung für die Praxis:

Selektive COX-2-Inhibitoren sind aufgrund mangelnder Erfahrung in der Schwangerschaft zu meiden. Nach heutiger Kenntnis ergibt sich aus einer dennoch erfolgten Exposition im 1. Trimenon keine Risikosituation, die eine invasive Diagnostik erfordert oder einen risikobegründeten Abbruch einer gewünschten und intakten Schwangerschaft (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeinuntersuchung sollte zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.1.13. Migränebehandlung

Man unterscheidet zwischen der medikamentösen Migräneprophylaxe und der Behandlung einer Migräneattacke. Die Pathophysiologie der Attacke verläuft in drei Phasen:

  • Prodromalstadium mit Vasokonstriktion der Gefäße der betroffenen Hirnhälfte,

  • Schmerzstadium mit Vasodilatation,

  • Ödemstadium, das mit einer erhöhten Gefäßpermeabilität einhergeht und lange anhalten kann.

Zur medikamentösen Therapie gibt es unterschiedliche Ansätze. Die im Folgenden angeführten Mittel werden zum Teil an anderer Stelle in diesem Buch detailliert erörtert.

Generell werden zur medikamentösen Prophylaxe und Therapie der Migräne die folgenden, mit Einschränkungen auch in der Schwangerschaft akzeptablen Mittel empfohlen (Göbel 1999). Keines der angegebenen Medikamente steht in Verdacht, beim Menschen teratogen zu wirken. Allerdings sind beispielsweise Cyclandelat und Flunarizin bisher unzureichend untersucht. Die zur Migräneprophylaxe empfohlenen Dosen von Betarezeptorenblockern (Metoprolol und Propranolol) können auch beim Fetus zu einer relativen Bradykardie führen. Diese ist nicht bedrohlich, kann aber falsch interpretiert werden, wenn die Medikation nicht bekannt ist.

Migräneprophylaxe

Metoprolol, Propranolol, Cyclandelat, Flunarizin, Acetylsalicylsäure, Magnesium, Ami-triptylin, Naproxen (nicht nach Woche 30)

Therapie der leichten Migräneattacke

Prokinetisches Antiemetikum bei Attackenbeginn: Metoclopramid, Domperidon Analgetikum nach 15 Minuten: Paracetamol, bis Woche 30 auch Ibuprofen und ASS

Therapie der schweren Migräneattacke

Sumatriptan (die anderen Triptane sollen nur bei Versagen oder Unverträglichkeit von Sumatriptan genommen werden)

Analgetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Paracetamol (z.B. ben-u-ron®, Enelfa®) (siehe Abschnitt 2.1.1) reicht zur Migränetherapie allein oft nicht aus. Eine Kombination mit Coffein oder Codein (z.B. Prontopyrin® plus, talvosilen®) kann hilfreich sein. Acetylsalicylsäure (siehe Abschnitt 2.1.2) und Antiphlogistika wie Ibuprofen (siehe Abschnitt 2.1.11) können von Woche 30 an den fetalen Ductus arteriosus vorzeitig verengen. Acetylsalicylsäure beeinträchtigt außerdem die Blutgerinnung. Dies ist besonders bei drohender Frühgeburt von Bedeutung.

Antiemetika und Prokinetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Das Antiemetikum Metoclopramid (siehe Abschnitt 2.4.6) wirkt gegen die begleitende Übelkeit und begünstigt ebenso wie Domperidon die Resorption der Analgetika durch Beschleunigung der Magenpassage.

Ergotaminabkömmlinge

Pharmakologie und Toxikologie.

Das gefäßtonisierende Dihydroergot-amin (DHE; z.B. DET MS®, Dihydergot®) galt früher wegen seiner Verwandtschaft zum Mutterkornalkaloid Ergotamin in der Schwangerschaft als kontraindiziert. Aufgrund der Hydrierung kann Dihydroer-gotamin jedoch Biomembranen schlecht überwinden und wird nach oraler Gabe nur in geringem Maß resorbiert. Der Wirkungsgipfel ist nach 2 Stunden erreicht. DHE wird in der Leber abgebaut, die Metabo-liten werden über die Galle ausgeschieden. Es ist in manchen Fällen hilfreich, darf aber in den letzten Wochen vor der Geburt nur oral und bei Wehenbereitschaft überhaupt nicht verabreicht werden. Nach oraler Anwendung in therapeutischer Dosis sind embryotoxische Effekte nicht zu erwarten. Ein Risiko ist jedoch bei Überdosis und parenteraler Behandlung nicht auszuschließen. Eine Auswertung von Daten des schwedischen Geburtsregisters fand bei 52 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren keine großen Fehlbildungen bei den Kindern (Källén 2001). Eigene Daten umfassen 44 prospektiv erfasste Schwangerschaften mit Behandlung im 1. Trimenon, von denen 37 zu Lebendgeburten führten. Dabei fanden sich 2 große Fehlbildungen (Ventrikelseptumde-fekt, Neuralrohrdefekt).

Nichthydrierte Ergotalkaloide wie Ergotamintartrat (z.B. Ergo-Kra-nit® akut) sind aufgrund ihrer pharmakokinetischen Eigenschaften theoretisch eher als DHE in der Lage, Uteruskontraktionen und eine Perfusionsstörung der Plazenta zu verursachen, mit der Folge einer Fruchtschädigung oder eines Fruchttodes (Übersicht in Briggs 2005). Allerdings sind bisher nur Einzelfälle von Fehlbildungen (Disruptions-anomalien) und Totgeburten beobachtet worden (Hughes 1988; eigene Beobachtungen). Epidemiologische Studien zeigten bisher keinen eindeutigen Anstieg der Gesamtfehlbildungsrate (Raymond 1995). Es gibt 2 Fallberichte mit einer Möbius-Sequenz (Entwicklungsstörung der Hirnnerven) nach Exposition in der Frühschwangerschaft (Smets 2003, Graf 1997). Bei 191 Müttern mit Ergotaminexposition im 1. Trimenon war kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachweisbar (Källén 2001). In einer Fall-Kontroll-Studie zu Kindern mit Neuralrohrdefekten hatten die Mütter erkrankter Kinder häufiger Ergotamin eingenommen (Medveczky 2004). Da die Einnahme allerdings nicht im sensiblen Zeitraum erfolgte, ist der Autor bei der Interpretation seiner Ergebnisse zurückhaltend.

Die anderen oral verfügbaren Ergotaminabkömmlinge Lisurid (z.B. Dopergin®) und Methysergid (Deseril® retard) sind hinsichtlich ihrer Verträglichkeit in der Schwangerschaft nicht so gut untersucht wie DHE und Ergotamintartrat.

Triptan-Serotonin-Agonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Sumatriptan (z.B. Imigran®) hilft bei schweren Migräneattacken. Insgesamt mehr als 700 Schwangerschaften wurden vom Hersteller und im Rahmen von Studien prospektiv ausgewertet. Bei Exposition vorwiegend im 1. Trimenon ergaben sich keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial beim Menschen (Glaxo Wellcome 2005, Reiff-Eldridge 2000, O'Quinn 1999, Shuhaiber 1998, Eldrige 1997). Ein Fallbericht beschreibt ein Neugeborenes mit großer beidseitiger Lippen- und Gaumenspalte, Hypertelorismus, breiter Nasenwurzel, tiefem Ohrenansatz sowie asymmetrischem Fehlen von Endphalangen beider Füße nach mütterlicher Therapie mit Sumatrip-tan, Bisoprolol und Naproxen bis Woche 5 (Kajantie 2004). Der frühe Expositionszeitraum spricht gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Bei der retrospektiven Analyse von Daten des schwedischen Geburtsregisters fanden sich 658 Sumatriptan-Expositionen im 1. Trimenon. Es war weder ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachweisbar, noch ergaben sich Hinweise auf spezifische teratogene Effekte (Källén 2001). Bei 34 pränatal exponierten Kindern aus dem dänischen Geburtsregister fanden sich keine Fehlbildungen. Allerdings beobachtete man ein leicht erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt (Olesen 2000). Diese Aussage konnte in den anderen größeren Studien zu Sumatriptan nicht bestätigt werden.

Zu Naratriptan (Naramig®) wurden bisher 38 im 1. Trimenon exponierte Schwangerschaften dokumentiert, auch hier ergaben sich keine Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko (Glaxo Wellcome 2005). Tierexperimentell wurden Skelett- und Gefäßanomalien bei Plasmakonzentrationen beobachtet, die nur um das 2,5fache über den therapeutisch empfohlenen lagen.

Zu Rizatriptan (Maxalt®) gibt es 32 prospektiv und 11 retrospektiv erfasste Fälle aus dem Schwangerschaftsregister des Herstellers sowie weitere 41 Fälle des schwedischen Geburtsregisters, die bisher kein erhöhtes teratogenes Risiko erkennen lassen (Fiore 2005). Unsere Daten zu 15 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren wiesen keine Fehlbildungen auf.

Von der 28 mit Zolmitriptan (AscoTop®) im 1. Trimenon behandelten Schwangeren unserer prospektiven Datenbank wiesen 2 von 21 Lebendgeborenen eine große Fehlbildung auf (Ventrikelseptumdefekt, Mikrophthalmus mit Katarakt).

Zu Almotriptan (Almogran®), Eletriptan (Relpax®) und Frovatrip-tan (Allegro®), liegen keine Daten vor.

Zusammengefasst ist außer zu Sumatriptan keine differenzierte Bewertung möglich. Ein erhebliches teratogenes Risiko ist bisher jedoch nicht zu erkennen.

Andere Migränemittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu Cyclandelat (z.B. Natil®), Ethaverin, Iprazochrom (Divascan®) und Pizotifen (Sandomigran, Mosegor®) liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Für eine Intervallprophylaxe der Migräne wird auch eine Änderung von Ernährung und Lebensführung empfohlen.

Empfehlung für die Praxis:

Migräneleiden werden durch eine Schwangerschaft häufig günstig beeinflusst. Die meisten der allgemein empfohlenen Arzneimittel zur Prophylaxe und Therapie der Migräne sind auch in der Schwangerschaft akzeptabel und zu Beginn dieses Abschnitts in einer Übersicht zusammengestellt. Kombinationen von Paracetamol mit Coffein oder Codein können bei Beachtung des Suchtpotenzials für die Mutter und des atemdepressiven Effekts beim Neugeborenen unter der Geburt in der gesamten Schwangerschaft verwendet werden, Ibuprofen bis Woche 30. Mit Ausnahme der späteren Schwangerschaft bzw. bei Wehenbereitschaft kann auch Dihydroergotamin per os als Vasotonikum eingesetzt werden. Kontraindiziert in den letzten Schwangerschaftswochen ist die parenterale Gabe von Ergotalkaloiden und insbesondere jede Ergotalkaloidan-wendung bei wehenbereitem Uterus. Natürlich sind auch in der Schwangerschaft nichtmedikamentöse Verfahren wie Akupunktur und Akupressur sowie Umstellungen von Lebensstil und Ernährung in Erwägung zu ziehen. Wurde ein von uns nicht empfohlenes Mittel genommen, erfordert dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Nach versehentlicher Injektion von Ergotaminabkömmlingen im letzten Trimenon können Auswirkungen auf Wehentätigkeit und fetales Befinden kardiotokographisch ausgeschlossen werden. Nach Applikation von Triptanen während der Organogenese (mit Ausnahme des hinreichend gut untersuchten Sumatriptan) sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus eine Ultraschallfeindiagnostik angeboten werden.

2.1.14. Myotonolytika und andere Analgetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Zur Behandlung von Muskelverspannungen werden Baclofen (z.B. Lioresal®), Carisoprodol, Chininethylcar-bonat, Chlormezanon, Clostridium botulinum Toxin (z. B. BOTOX®, Dysport®; siehe Abschnitt 2.16.7), Dantrolen (z.B. Dantamacrin®), Fe-nyramidol, Mephenesin (DoloVisano®), Methocarbamol (Ortoton®), Orphenadrin (Norflex®), Pridinol (z.B. Myoson®), Tetrazepam (z.B. Mobiforton®), Tizanidin (Sirdalud®) und Tolperison (z.B. Mydo-calm®) angeboten. Zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen steht seit neuestem Pregabalin (Lyrica®) zur Verfügung (siehe Abschnitt 2.10.13).

Zur intrathekalen Anwendung von Baclofen, z.B. bei spastischer Lähmung, gibt es Berichte über 5 Schwangerschaften. In 3 Fällen wurde Baclofen während der gesamten Schwangerschaft verabreicht. Alle Kinder waren gesund und wiesen keine Entzugssymptomatik auf (Roberts 2003, Munoz 2000). Zur Baclofen-Therapie per os über den gesamten Zeitraum der Schwangerschaft, bei der wesentlich höhere Dosierungen benötigt werden, gibt es 2 Kasusistiken (Dosis 20–80 mg/Tag). Beide Neugeborenen wiesen keine Fehlbildungen, aber eine Entzugssymptomatik auf. Diese äußerte sich in einem Fall in Krampfanfällen am 7. Lebenstag (Ratnayaka 2001). Beim anderen Neugeborenen wurden kurz nach der Entbindung Übererregbarkeit und Atembeschwerden beschrieben (Moran 2004). Aus eigener Beobachtung können wir über 2 gesunde Neugeborene nach oraler Baclofen-Therapie im 1. Trimenon berichten.

Nach Behandlung mit Chlormezanon in der Schwangerschaft wird über eine fulminant verlaufende Hepatitis mit Lebertransplantation und der anschließenden Geburt eines gesunden Kindes berichtet (Bourliere 1992). Eigene Daten zur Chlormezanon-Therapie im 1. Trimenon umfassen 6 Fälle. Von den 5 lebend geborenen Kindern wiesen 2 große Fehlbildungen auf (Arthrogryposis, Klumpfuß).

Die Analyse von 36 prospektiv erfassten Schwangerschaften mit Te-trazepam-Exposition im 1. Trimenon ergab keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen (eigene Daten).

Zu Tolperison (z.B. Mydocalm®) können wir über 22 prospektiv erfasste Schwangerschaften berichten. Davon wies 1 Kind multiple Skelettfehlbildungen auf.

Ausreichende Erfahrungen über die Anwendung in der Schwangerschaft liegen zu keinem dieser teilweise recht alten und therapeutisch überholten Mittel vor.

Empfehlung für die Praxis:

Abgesehen von der Notfallbehandlung mit Dantro-len bei maligner Hyperthermie sind Myotonolytika in der Schwangerschaft Ausnahmesituationen vorbehalten. Physiotherapeutische Maßnahmen und Anti-phlogistika/Antirheumatika sind vorzuziehen. Falls erforderlich, kann kurzzeitig die spannungslösende Wirkung des besser untersuchten Diazepam genutzt werden. Eine Exposition mit den genannten Myotonolytika rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.1.15. Gicht-Intervallbehandlung

Pharmakologie und Toxikologie.

Gicht ist auf eine erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut und in den Geweben zurückzuführen. Bei der Therapie unterscheidet man die Intervallbehandlung mit Urikosurika und Allopurinol von der des akuten Anfalls mit Colchicin und nichtsteroi-dalen Antiphlogistika (NSAR). Gicht tritt selten vor der Menopause auf. Bei Frauen im gebärfähigen Alter spielt die Therapie der Gicht daher nur eine untergeordnete Rolle.

Die zur Intervalltherapie der Gicht eingesetzten Urikosurika Benz-bromaron (Benzbromaron AL®) und Probenecid (Probenecid Wei-mer®) fördern über die Hemmung der renalen Rückresorption die Ausscheidung der Harnsäure.

Allopurinol (z.B. Zyloric®) ist ein Urikostatikum, das eine Senkung der Harnsäurekonzentration im Blut über die Hemmung des Enzyms Xanthinoxidase bewirkt.

Harnsäure ist ein Endprodukt des Purinstoffwechsels. Da Allopuri-nol strukturell diesen Nukleinsäuren ähnlich ist, besteht theoretisch die Möglichkeit, dass das Arzneimittel oder seine Metaboliten in Nukleinsäuren des Embryos eingebaut werden. Im Tierversuch erwies sich Allo-purinol bei Ratten als nicht teratogen, bei Mäusen wurden u.a. vermehrt Gaumenspalten beobachtet. Erfahrungen beim Menschen beschränken sich auf wenige Fallberichte. Diese erlauben wegen zusätzlicher mütterlicher Risikofaktoren (Grunderkrankung, andere Medikamente) keine differenzierte Bewertung der pränatalen Verträglichkeit von Allopurinol (Übersicht in Briggs 2005). Bei Anwendung im 3. Trimenon wurden keine Auffälligkeiten bei den Neugeborenen beobachtet (Gulmezoglu 1997). Eigene Daten umfassen 20 prospektiv erfasste Schwangerschaften mit Allopurinoltherapie im 1. Trimenon. Von den 17 Lebendgeborenen wies ein Kind multiple Fehlbildungen auf (Retrognathie, Nierenhypoplasie, Anophthalmie beidseits, Osteo-penie, Kryptorchismus).

Probenecid geht auf den Embryo über und hat sich als gut verträglich für Mutter und Kind erwiesen (Übersicht in Briggs 2005). Da Probene-cid weder analgetische noch antiphlogistische Wirkungen hat, ist es beim akuten Gichtanfall wirkungslos.

Zu Benzbromaron gibt es keine ausreichenden dokumentierten Erfahrungen in der Schwangerschaft.

Neu ist Febuxostat, ein „Nicht-Purin-Hemmer” der Xanthinoxidase, für den noch keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vorliegen.

Empfehlung für die Praxis:

Probenecid ist in der Schwangerschaft das Mittel der Wahl, um eine komplikationslose Harnsäureelimination zu erreichen. Allopu-rinol ist in der Schwangerschaft relativ kontraindiziert, da mit Probenecid ein erwiesenermaßen sicheres Arzneimittel als therapeutische Alternative zur Verfügung steht. Eine Verabreichung von Allopurinol oder von Benzbromaron im 1. Tri-menon ist jedoch kein Grund, die Schwangerschaft abzubrechen. Die Behandlung sollte aber umgestellt und eine Ultraschallfeindiagnostik zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.1.16. Gicht-Anfallsbehandlung, Colchicin

Pharmakologie und Toxikologie.

Neben den nichtsteroidalen Säureanti-phlogistika (NSAR) wie Ibuprofen ist Colchicin das klassische Mittel für den akuten Gichtanfall. Colchicin passiert die Plazenta, besitzt als Mitosehemmstoff mutagene und genotoxische Eigenschaften und wirkt tierexperimentell in verschiedenen Spezies embryotoxisch. Bei Dauertherapie mit täglich 1 mg wurde bei der Geburt ein mütterlicher Plasmaspiegel von 3,15ng/ml gemessen, im Nabelschnurblut waren es 0,47ng/ml (Amoura 1994). Bei Patienten, die mit Colchicin behandelt wurden, sind mutagene Effekte an den Lymphocyten beschrieben worden. Colchicin ist die einzige wirksame Behandlung zur Vorbeugung von Attacken beim Familiärem Mittelmeerfieber (FMF) und der sich bei FMF-Patienten chronisch entwickelnden Amyloidose der Niere.

Interessant ist, dass das Abortrisiko bei unbehandelten Frauen mit FMF fast doppelt so hoch ist wie bei Patientinnen mit Colchicin-Thera-pie (Rabinovitch 1992).

Teratogene Schäden wurden auch nach länger dauernder Behandlung des FMF nicht beobachtet (Übersicht in Briggs 2005). Eine kürzlich publizierte große Studie einer israelischen Arbeitsgruppe, die offenbar früher veröffentlichte Arbeiten (Barkei 2000, Rabinovitch 1992) einschließt, umfasst 628 Schwangerschaften mit Colchicin-Expo-sition der Mutter und 236, bei denen der Vater behandelt wurde. Insgesamt wurden 777 Lebendgeborene registriert (Berkenstadt 2005). Wie bereits in älteren Arbeiten diskutiert (Barkei 2000, Rabinovitch 1992), fand sich bei nicht erhöhter Gesamtfehlbildungsrate ein statistisch nicht signifikanter Anstieg der Häufigkeit chromosomaler Anomalien (6 Aneuploidien (davon u.a. 2 Trisomien 21, 1 Turner-Syndrom, 1 Kli-nefelter-Syndrom) sowie 1 balancierte Y-Chromosom-Translokation bei mütterlicher Erkrankung).

Einige Arbeiten (Ben-Chetrit 2004, Ben-Chetrit 2003) zitieren eine Publikation von Rabinovitch und Mitarbeitern (1992) mit 2.000 Geburten nach Colchicin-Exposition und 4 Fällen einer Trisomie21 bei den Neugeborenen. Dieses Zitat war jedoch weder in der Originalpublikation nachvollziehbar, noch ließ es sich nach persönlicher Kommunikation mit dem Autor bestätigen. Es führte jedoch zu der anhaltenden Diskussion über die Notwendigkeit einer Amniozentese bei mütterlicher Colchicin-Therapie. Ein leicht erhöhtes Risiko für Chromosomenaberrationen und Aneuploidien wurde zwar immer wieder diskutiert, war aber bisher nicht eindeutig belegbar. Aus unserer Sicht ist deshalb eine invasive Diagnostik, wie z.B. eine Amniozentese, primär nicht indiziert.

Eine neuere Arbeit beschäftigt sich explizit mit dem Risiko der väterlichen Erkrankung an FMF und dem Risiko einer Therapie des Vaters mit Colchicin zum Zeitpunkt der Befruchtung. Bei 60 Frauen von erkrankten Männern mit insgesamt 222 Schwangerschaften wurden keine chromosomalen Anomalien gefunden. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe war weder ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen noch für Aborte nachweisbar (Ben-Chetrit 2004).

Auch Phenylbutazon (z.B. Ambene®) wird zur Therapie des akuten Gichtanfalls eingesetzt. Immuntoxisches Potenzial, flüssigkeitsretinie-rende Wirkung und die lange Halbwertszeit von 30–170 Stunden sind jedoch während der Schwangerschaft ungünstig (siehe Abschnitt 2.1.3).

Empfehlung für die Praxis:

Ibuprofen ist das Medikament der Wahl beim in der Schwangerschaft seltenen Gichtanfall. Mittel der zweiten Wahl sind Phenyl-butazon und Colchicin. Beim familiären Mittelmeerfieber ist eine Dauerbehandlung mit Colchicin auch während der Schwangerschaft erforderlich. Eine Colchi-cin-Therapie im 1. Trimenon erfordert keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Hoch auflösender Ultraschall und Labordiagnostik sollten zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Eine primäre Chromosomenuntersuchung wird derzeit nicht empfohlen; sie kann nach Durchführung der nichtinvasiven Diagnostik im Zweifelsfall empfohlen werden.

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2.2. Antiallergika und Hyposensibilisierung

Sowohl Antihistaminika als auch Glucocorticoide haben sich bei der Behandlung allergischer Symptome in der Schwangerschaft als nicht toxisch erwiesen. Einige Antihistaminika werden auch erfolgreich bei Hyperemesis gravidarum (siehe Kapitel 2.4) und als Schlafmittel (siehe Kapitel 2.11) eingesetzt. Zu Glucocorticoiden siehe Abschnitt 2.3.2 und 2.15.9.

2.2.1. Antihistaminika (H1-Blocker)

Pharmakologie.

Antihistaminika hemmen die Wirkung von Histamin an den Histamin-Rezeptoren kompetitiv. Die Freisetzung von Histamin erregt einerseits die an der glatten Muskulatur vieler Organe vorkommenden H1-Rezeptoren und führt über die in der Magenschleimhaut lokalisierten H2-Rezeptoren zu einer Steigerung der Magensekretion. Für die antiallergische Therapie ist die Hemmung der H1-Rezeptoren entscheidend.

H1-Antihistaminika werden oral gut resorbiert, in der Leber oxidativ meta-bolisiert und nur in Spuren unverändert über die Nieren ausgeschieden.

Die älteren, heute noch in der Allergologie verwendeten Wirkstoffe haben eine geringe und teilweise erwünschte sedierende Wirkung. Zu dieser Gruppe gehören Alimemazin, Azelastin (z.B. Allergodil®), Ba-mipin (Soventol®), Brompheniramin, Carbinoxamin, Chlorphen-amin (z.B. in Grippostad® C), Chlorphenoxamin (Systral®), Clemas-tin (Tavegil®), Cyproheptadin (Peritol®), Dexchlorpheniramin (Polaronil®), Dimetinden (Fenistil®), Hydroxyzin, Levocabastin (z.B. Livo-cab® Augentropfen), Mebhydrolin, Meclozin, Mequitazin (Metaple-xan®), Mizolastin (z.B. Mizollen®), Oxatomid, Pheniramin, Triproli-din und Tritoqualin (Inhibostamin®).

Zu den neueren, praktisch nicht sedierenden Antihistaminika gehören Acrivastin, Astemizol, Cetirizin (z.B. Zyrtec®), Desloratadin (AERIUS®), Ebastin (Ebastel®), Fexofenadin (Telfast), Levocetirizin (XUSAL®), Loratadin (z.B. Lisino®) und Terfenadin (z.B. Terfedura®). Astemizol und Terfenadin haben mit 20–26 Stunden (Astemizolmeta-boliten über 9 Tage!) sehr lange Halbwertszeiten.

Neuere Lokaltherapeutika aus dieser Arzneimittelgruppe sind Epi-nastin (Relestat® Augentropfen) und Olopatadin (Opatanol® Augentropfen).

Toxikologie.

Umfangreiche Untersuchungen haben für keines der schon lange gebräuchlichen Antihistaminika wie Brompheniramin, Chlor-phenamin, Chlorphenoxamin, Clemastin, Dexchlorpheniramin, Dimetinden, Diphenhydramin, Hydroxyzin, Mebhydrolin und Phe-niramin den früher geäußerten Verdacht auf teratogene Effekte beim Menschen bestätigt (Källén 2002, Übersicht in Schardein 2000, Lione 1996).

Bei insgesamt 66 Behandlungen mit Acrivastin und 35 mit Alime-mazin in der Frühschwangerschaft wurden keine Fehlbildungen beobachtet (Källén 2002, Wilton 1998).

Epidemiologische Untersuchungen an insgesamt 187 im 1. Trimenon mit Astemizol exponierten Schwangeren ergaben weder eine erhöhte Fehlbildungsrate noch andere Abweichungen im Schwangerschaftsverlauf (Diav-Citrin 2003, Pastuszak 1996).

Daten zur Einnahme von Cetirizin im 1. Trimenon finden sich in drei prospektiven Studien mit über 300 und einer retrospektiven Studie mit 917 Schwangerschaften. Hinweise für ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko ergeben sich daraus nicht (Weber-Schöndorfer 2005, Paulus 2004, Källén 2002, Einarson 1997).

Cyproheptadin (Peritol®) hat tierexperimentell eine diabetogene Wirkung auf die Inselzellen des fetalen Pankreas. Hinweise auf vergleichbare Wirkungen beim Menschen gibt es bisher nicht. Im schwedischen Geburtsregister finden sich bei 8 Fällen nach Behandlung mit Cypro-heptadin im 1. Trimenon keine Hinweise auf eine fruchtschädigende Wirkung (Källén 2002).

Bei 39 Schwangeren mit Ebastin und 16, die Fexofenadin im 1. Tri-menon eingenommen hatten, fanden sich keine Fehlbildungen (Källén 2002). 26 eigene Fälle mit Fexofenadinbehandlung geben ebenfalls keine Hinweise auf Teratogenität.

Zur Therapie mit Hydroxyzin liegen zwei Studien mit insgesamt 80 Schwangerschaften vor, ohne Auffälligkeiten im Schwangerschaftsverlauf oder beim Neugeborenen (Diav-Citrin 2003, Einarson 1997). In einem Fallbericht zur anxiolytischen Therapie mit täglich 150 mg Hydroxyzin am Ende der Schwangerschaft entwickelte das in Woche 39 geborene Kind 4 Stunden nach Geburt tonisch-klonische Anfälle. Die Plasmakonzentration 6 Stunden nach Geburt war identisch mit den mütterlichen Werten. Die Anfälle wurden als Entzugssymptomatik gewertet. Nach 6 Monaten war die neurologische Entwicklung des Kindes normal (Serreau 2005).

Nach der Anwendung von Loratadin in der Frühschwangerschaft wurde im schwedischen Geburtsregister nach Auswertung von 2.780 Fällen der Verdacht auf ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Hypospadien bei männlichen Nachkommen geäußert. Das Gesamt-fehlbildungsrisiko war nicht erhöht (Källén 2002, Källén 2001). Dabei handelte es sich meist um leichte Formen der Hypospadie (Grad 1). Bei späterer Analyse der Daten von inzwischen 4.251 Loratadinexpositio nen wurde der ursprüngliche Verdacht nicht erhärtet (pers. Mitteilung Källén 2003). In anderen Studien fanden sich ebenfalls keine Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Loratadintherapie in der Frühschwangerschaft und Hypospadien. Moretti und Mitarbeiter (2003) berichten über 161 Schwangerschaften mit Loratadinexposition im 1. Trimenon und fanden kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko gegenüber einer Kontrollgruppe. In einer weiteren prospektiven Studie mit 210 Frauen mit Loratadintherapie, 163 davon im 1. Trimenon, gab es ebenfalls keinen Hinweis auf teratogene Effekte (Diav-Citrin 2003). Hypo-spadien wurden in beiden Studien nicht beobachtet. In einer neuen retrospektiven Studie wurden 563 Kinder mit Hypospadien und 1.441 männliche Kontroll-Kinder ohne Fehlbildungen auf eine mütterliche Loratadineinnahme im 1. Trimenon verglichen (Werler 2004). Ein Zusammenhang konnte auch hier nicht nachgewiesen werden. Bei weiteren 83 prospektiv erfassten Schwangerschaften mit Loratadinexposi-tion zwischen Schwangerschaftswoche 5 und 15 wurden keine Hypo-spadien gefunden (unveröffentlichte Daten des European Network of Teratology Information Services – ENTIS 2004). Die Analyse eigener Daten von 70 Schwangerschaften mit Loratadintherapie, davon 56 im 1. Trimenon behandelt, ergab keine Hinweise auf teratogene Effekte. Keiner der 26 männlichen Nachkommen hatte eine Hypospadie.

Im Zusammenhang mit Meclozin therapie im 1. Trimenon bei 16.536 Schwangeren des schwedischen Geburtsregisters war kein signifikant erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachweisbar (Källén 2003). Es fanden sich jedoch deutlich häufiger Mehrlingsschwangerschaften.

Bei 22 eigenen Fällen mit Mizolastin exposition gab es keine Hinweise auf Teratogenität.

Die Analysen von insgesamt 292 Schwangeren mit Terfenadin behandlung (Diav-Citrin 2003, Loebstein 1999, Schick 1994) und weiteren 1164 im 1. Trimenon exponierten Schwangeren des schwedischen Geburtsregisters (Källén 2002) ließen kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko erkennen.

In einer Untersuchung wurde beobachtet, dass sich nach Anwendung von Antihistaminika in den letzten beiden Schwangerschaftswochen die Häufigkeit schwerwiegender Augenhintergrundsveränderungen bei Frühgeborenen, der so genannten retrolentalen Fibroplasie, verdoppelte (Zierler 1986). Andere Untersucher konnten diesen Effekt nicht bestätigen.

Bei Neugeborenen wurden Entzugssymptome wie Zittrigkeit und Diarrhö nach langfristiger Antihistaminikabehandlung bis zur Geburt (z.B. mit Diphenhydramin und Hydroxyzin) beschrieben.

Bei 22 Fällen mit lokaler Anwendung von Levocabastin fanden sich keine Fehlbildungen (eigene Daten).

Zu den anderen Antihistaminika einschließlich Desloratadin (AERI-US®) und Levocetirizin (XUSAL ®) sowie zu den neueren Lokalthera-peutika Epinastin (Relestat® Augentropfen) und Olopatadin (Opata nol® Augentropfen) liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Empfehlung für die Praxis:

In der Schwangerschaft können H1-Antihistaminika zur Behandlung allergischer Erkrankungen eingesetzt werden. Ältere Präparate mit umfangreicher Markterprobung, wie z. B. Clemastin und Dimetinden, stellen kein Problem dar. Von den neueren, nicht sedierenden Antihistaminika sollten Loratadin und Cetirizin bevorzugt werden. Die Einnahme weniger gut dokumentierter Medikamente erfordert weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.2.2. Glucocorticoide

Siehe Abschnitte 2.3.2 und 2.15.9

2.2.3. Hyposensibilisierunq

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei der Hyposensibilisierung appliziert man einschleichend und kontinuierlich ansteigend Dosen des Allergens subkutan. Das Immunsystem bildet daraufhin blockierende Antikörper, die das Allergen binden sollen, noch bevor es mit sensibilisier-ten Mastzellen reagieren kann. Kommt es nach Abschluss der Behandlung zu einer Exposition mit dem Allergen, ist die Histaminausschüt-tung der Mastzellen deutlich verringert und damit die allergische Reaktion schwächer. Die Hyposensibilisierung hat sich bei Heuschnupfen und Insektenstichallergien gut bewährt; bei ausgeprägtem Asthma ist sie weniger erfolgreich.

Spezifische embryo- oder fetotoxische Effekte sind nicht zu erwarten (Metzger 1978). Eine seltene anaphylaktische Reaktion kann jedoch den Embryo/Fetus mittelbar schädigen (Luciano 1997).

Empfehlung für die Praxis:

Eine vor Eintritt der Schwangerschaft begonnene Hyposensibilisierung kann bei guter Verträglichkeit fortgesetzt werden. Auf Dosissteigerungen sollte wegen möglicher Unverträglichkeiten verzichtet werden. Eine Hyposensibilisierung sollte aus demselben Grund nicht während der Schwangerschaft begonnen werden, es sei denn, die Situation, z.B. bedrohliche Reaktionen auf Insektenstiche, erfordert diese Therapie. Ein risikobegründeter Schwangerschaftsabbruch ist aufgrund einer Hyposensibilisierung ebenso wenig indiziert wie zusätzliche diagnostische Maßnahmen (siehe Kapitel 1.15).

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2.3. Antiasthmatika und Hustenmittel

Asthma bronchiale muss auch bei Schwangeren ausreichend therapiert werden, um neben dem Wohlergehen der Mutter eine ausreichende Oxygenierung im fetoplazentaren Bereich zu gewährleisten. Schweres, unzureichend therapiertes Asthma ist mit einem höheren Risiko für Frühgeburtlichkeit, intrauterine Wachstumsverzögerung und Präeklampsie assoziiert (Beckmann 2003, Bracken 2003, Johnson 2002, Olesen 2001). Alle bisher untersuchten Antiasthmatika haben sich als verträglich für den Embryo bzw. Fetus erwiesen (Schatz 2004).

Dieser Abschnitt orientiert sich an der aktuellen, vom Schweregrad abhängigen Stufentherapie des Asthmas, geht aber auch auf nicht mehr aktuelle Arzneimittel ein. Am Ende des Abschnitts werden Expektoran-zien und Antitussiva besprochen.

Schweregrad 1: Leichte intermittierende Symptomatik, wenn Symptome seltener als ein- oder zweimal pro Woche auftreten, wird ein inhalierbares, kurzwirksames β 2-Sympathomimetikum bei Bedarf eingenommen.

Schweregrad 2: Persistierendes leichtes Asthma, definiert durch gelegentliche nächtliche Symptome oder Symptome tagsüber, die aber noch nicht täglich auftreten, wird mit einer Basistherapie behandelt. Dies sind in der Regel ein inhalatives Corticoid oder bei allergischem Asthma Cromoglicinsäure. Bedarfsweise kann zusätzlich ein inhalierbares, kurzwirksames β 2-Sympathomimetikum genommen werden.

Schweregrad 3: Persistierendes mittelgradiges Asthma mit täglichen Beschwerden und nächtlichen Symptomen einmal pro Woche und häufiger sollte mit einem langwirksamen β 2-Sympathomimetikum zusätzlich zum inhalativen Corticoid (ggf. Dosissteigerung gegenüber Schweregrad 2!) therapiert werden. Bedarfsweise kann wieder ein kurzwirksames β 2-Sympathomimetikum eingenommen werden. Sollte das nicht ausreichen, kommen auch Theophyllin und/oder Anticholinergika in Frage, außerhalb der Schwangerschaft auch Leukotrien-Rezeptor-Ant-agonisten.

Schweregrad 4: Persistierendes schweres Asthma mit ständigen Symptomen wird oral mit Glucocorticoiden (z.B. Prednisolon) therapiert oder mit einer Kombination aus drei oder mehr Substanzen aus Stufe 3; selten sind orale Glucocorticoide in Kombination mit mehreren anderen Substanzen erforderlich.

2.3.1. Selektiv wirkende β2-Sympathomimetika

Pharmakologie.

Beim vegetativen Nervensystem unterscheidet man im Bereich des Sympathikus α- und β-Rezeptoren, letztere werden in β 1-und β 2-Rezeptoren unterteilt. Stimulierung der β 1-Rezeptoren bewirkt am Herzen eine Aktivitätssteigerung. β 2-Rezeptoren vermitteln hingegen ein Erschlaffen der glatten Muskulatur an den Gefäßen (Vasodila-tation), an den Bronchien (Bronchodilatation) und am Uterus (Toko-lyse) und führen zum Anstieg der Konzentration von Glucose, Fettsäuren und Ketonkörpern im Blut. Darüber hinaus fördern β 2-Agonisten an den Bronchien die mukoziliäre Clearance und reduzieren die Gefäßpermeabilität.

Ein Sympathomimetikum, das ausschließlich β 2-sympathomimetisch wirkt, ohne gleichzeitig andere adrenerge Rezeptoren zu aktivieren, gibt es bisher nicht. Sympathomimetika mit vorwiegender β 2-Wirksam-keit haben in der Asthmatherapie aber inzwischen solche Mittel ersetzt, die noch deutliche β 1-Aktivität aufwiesen.

β 2-Sympathomimetika wirken nach Inhalation ebenso schnell wie nach intravenöser Injektion und erreichen ihr Wirkungsmaximum nach 10–20 Minuten. Durch die Depotfunktion der Bronchialschleimhaut verlängert sich zudem der therapeutische Effekt gegenüber einer par-enteralen Anwendung, obwohl die Plasmakonzentration nur bei 20 % liegt. Entsprechend geringer fallen die unerwünschten Wirkungen im Vergleich zur systemischen Applikation aus.

Nach oraler Gabe von β 2-Sympathomimetika werden 30–55 % resorbiert. Unabhängig von der Applikationsart werden diese Mittel nach Metabolisierung in der Leber und Kopplung an Sulfat mit dem Urin ausgeschieden.

Fenoterol (z.B. Berotec®), Reproterol (in Bronchospasmin®), Salbutamol (z.B. Sultanol®) und Terbutalin (z.B. Bricanyl®) sind Pharmaka, die ein günstiges Verhältnis zwischen β 2- und β 1-Stimulierung aufweisen und daher seit vielen Jahren mit Erfolg zur Behebung der Broncho-konstriktion bei Asthma eingesetzt werden. Sie gehören zu den kurzwirksamen Vertretern dieser Arzneimittelgruppe. Ihre Wirkung ist auf 4–6 Stunden begrenzt. Einige Untersuchungen legen nahe, dass die Anwendung von Fenoterol mit einem erhöhten Risiko für bedrohliche kardiopulmonale Nebenwirkungen verbunden ist.

Demgegenüber sind Formoterol (z.B. Oxis®) und Salmeterol (z.B. Serevent) länger als 12 Stunden wirksam. Sie sind nicht zur Behandlung akuter Asthmasymptome geeignet und stellen keinen Ersatz für eine Basistherapie dar, vielmehr sollten sie nur kombiniert mit z.B. inhalierbaren Glucocorticoiden gegeben werden (Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte 9/2003). Einer noch unveröffentlichten Studie des Herstellers GlaxoSmithKline zufolge kann die langfristige Einnahme von Salmeterol zu einem gerin gen, aber signifikanten Anstieg der durch Asthma bedingten Todesfälle führen (Arzneimittelbrief 2005).

Sympathomimetika hemmen im 2. und 3. Trimenon die Kontraktilität der Uterusmuskulatur. Sie werden daher auch als Tokolytika eingesetzt.

Toxikologie.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass β 2-Sympathomimetika Fehlbildungen hervorrufen oder das fetale Wachstum beeinträchtigen (z.B. Bakhireva 2004). Alle Sympathomimetika können jedoch in entsprechend hoher Dosis nicht nur bei der Mutter, sondern auch beim Fetus eine Tachykardie oder andere Rhythmusstörungen verursachen. Eine Kasuistik beschreibt eine fetale Tachykardie mit Vorhofflattern in Woche 33, nachdem die Mutter versehentlich über 24 Stunden inhala-tiv Überdosen von Albuterol erhalten hatte und selbst eine Herzfrequenz von 90–100/min aufwies. Die Symptomatik sistierte spontan nach Absetzen der Medikation (Baker 1997). β 2-Sympathomimetika können die Kohlenhydrattoleranz beeinträchtigen. Das ist bei einer diabetogenen Stoffwechsellage der Schwangeren zu berücksichtigen (Källén 2000).

Für Clenbuterol (z. B. Spiropent®), Pirbuterol und Tulobuterol (z.B. Brelomax®), Bambuterol (Bambec) liegen keine für eine spezifische Risikobewertung ausreichenden Erfahrungen zur Anwendung im 1. Trimenon vor. Es gibt jedoch auch bei diesen Wirkstoffen bislang keine Hinweise auf teratogene Effekte beim Menschen.

Empfehlung für die Praxis:

Sympathomimetika gehören auch in der Schwangerschaft zur Asthmatherapie, sie dürfen gemäß den Empfehlungen des Asthmastufenplans angewendet werden. Salbutamol ist Mittel der 1. Wahl unter den kurz wirksamen Sympathomimetika. Am Ende der Schwangerschaft müssen Wehenhemmung und β 2-spezifische Effekte beim Fetus bedacht werden (siehe oben).

2.3.2. Glucocorticoide

Inhalierbare Corticosteroide sind Mittel der Wahl in der Asthmabasis-Therapie der Schweregrade 2 bis 4. Sie wirken antiinflammatorisch, d.h. antiphlogistisch, antiallergisch und immunsuppressiv Außerdem haben sie einen günstigen Effekt auf die Ansprechbarkeit der Betarezeptoren an den Bronchien. In der Asthma-Therapie werden als inhalierbare Glucocorticoide Budesonid (Pulmicort®) und folgende haloge-nierte Derivate bevorzugt verwendet: Beclometason (z.B. Beconase®, Sanasthmyl®), Flunisolid (Syntaris®), Fluticason (z.B. atemur®) und Mometason (z.B. Asmanex). Seit 2005 ist der Wirkstoff Ciclesonid (Alvesco®) in Deutschland als inhalatives Corticoid zur Asthma-Therapie bei Erwachsenen zugelassen.

Theoretische Bedenken gegen die Anwendung von inhalierbaren Glucocorticoiden in der Schwangerschaft beruhten auf Ergebnissen einiger Studien bei systemischer Anwendung, in denen eine erhöhte Rate an Lippen-Gaumen-Spalten bei den Kindern diskutiert wird, sowie auf der Beobachtung, dass eine dauerhafte Cortisontherapie in der Schwangerschaft bei entsprechender Dosierung zur fetalen Wachstumsverzögerung führen kann.

Studien zur Anwendung von inhalierbaren Corticosteroiden in der Schwangerschaft konnten diese Zweifel beseitigen (Martel 2005, Bakhireva 2004, Schatz 2004). Budesonid ist mit mehr als 6000 Schwangeren (Gluck 2005) das am besten untersuchte Mittel, gefolgt von Beclo-metason (ca. 500 Schwangere) und Fluticason (ca. 130). Auch bei Tri-amcinolon (ca. 100) und Flunisolid (ca. 25) gibt es bisher keinen Hinweis auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko oder auf unerwünschte fetale Effekte (Namazy 2004, Norjavaara 2003, Källén 1999). Das gilt auch für das am schlechtesten untersuchte Mometason (eigene Beobachtungen).

Bei schwerem Asthma oder zur Therapie des Asthmaanfalls dürfen Glucocorticoide auch systemisch appliziert werden.

Empfehlung für die Praxis:

Inhalierbare Glucocorticoide sind gemäß Asthmastufenplan auch in der Schwangerschaft Mittel der Wahl, wobei besser untersuchte Substanzen zu bevorzugen sind. Bei systemischer Anwendung von Glucocorticoiden (siehe Kapitel 2.15.9) ist die Dosis, sofern es klinisch möglich ist, rasch zu reduzieren, um unerwünschte Wirkungen (auch auf die Mutter) zu verhindern. Wird bis zur Geburt systemisch behandelt, müssen Geburtshelfer und Pädiater über die Medikation informiert werden, um mögliche Stoffwechselauswirkungen beim Neugeborenen zu beachten. Es gibt keine wissenschaftlich belegte Corticosteroiddosis, die einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch erforderlich macht (siehe Kapitel 1.15).

2.3.3. Mastzellinhibitoren

Cromoglicinsäure und Nedocromil

Pharmakologie und Toxikologie.

Durch regelmäßige Zufuhr von Cromoglicinsäure (z.B. DNCG Mundipharma, Intal®) verlieren die Mastzellen des Bindegewebes ihre Fähigkeit, das in ihnen gespeicherte Hist-amin freizusetzen. Da Histamin zur Bronchialverengung führt, kann Cromoglicinsäure (DNCG) zur vorbeugenden Behandlung asthmatischer Beschwerden verwendet werden. Einen direkten bronchodilata-torischen Effekt besitzt Cromoglicinsäure nicht. Bei Behandlung eines Asthmaanfalls ist es unwirksam. Cromoglicinsäure ist auch zur Therapie allergischer Beschwerden der Nase, des Auges und bei Nahrungsmittelallergien zugelassen.

Zur Prävention des allergischen Asthmas und des Belastungsasthmas wird Cromoglicinsäure als Pulver oder Lösung vorbeugend inhaliert. Nur 1–2 mg einer 20-mg-Dosis erreichen die Alveolen, der Rest wird verschluckt. Ein Prozent hiervon wird im Darm resorbiert und unverändert mit dem Urin ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt 60–90 Minuten. Die Wirkung tritt erst nach 3–5 Tagen ein.

Cromoglicinsäure wirkt nicht embryotoxisch, wie sich bei einer großen Zahl behandelter Schwangerer bestätigt hat (Überblick bei Briggs 2005).

Nedocromil (z.B. Tilade®), dessen Wirkungsmechanismus dem von Cromoglicinsäure ähnelt, ist in der Schwangerschaft noch nicht ausreichend untersucht. Hinweise auf Unverträglichkeiten beim Ungeborenen liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Cromoglicinsäure kann zur Prävention eines allergisch bedingten Asthmas auch Schwangeren gegeben werden. Es darf auch als Augen- und Nasentropfen verwendet werden. Eine Anwendung von Nedocromil erfordert keine Konsequenzen.

Andere Mastzellinhibitoren

Pharmakologie und Toxikologie.

Substanzen wie Ketotifen (z. B. Zaditen®) und Oxatomid sind bezüglich ihrer pränatalen Verträglichkeit bisher nicht ausreichend untersucht. Hinweise auf embryotoxische Wirkungen beim Menschen liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Ketotifen und Oxatomid gehören nicht zum Standardtherapieschema bei Asthma und sollten in der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Eine dennoch erfolgte Applikation stellt weder eine Indikation zum risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch für zusätzliche Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.3.4. Theophyllin

Pharmakologie.

Theophyllin ist ein natürlich vorkommendes Methyl-xanthin, das stark bronchodilatatorisch wirkt. Außer Theophyllin (z. B. Bronchoretard®, duraphyllin®) wird das verwandte Aminophyllin (z.B. Aminophyllin®) angeboten.

Die therapeutische Wirkung von Theophyllin an der Bronchialmuskulatur wird auf eine unspezifische Hemmung des Enzyms Phospho-diesterase zurückgeführt, das zyklisches AMP (cAMP) inaktiviert. Die daraus resultierende Erhöhung der intrazellulären cAMP-Konzen-tration bewirkt eine Erschlaffung der Bronchialmuskulatur.

Die Plasmakonzentration des Theophyllins korreliert gut mit der Bronchodilatation, aber auch mit den unerwünschten Wirkungen. Bei mäßiggradiger Obstruktion wirkt Theophyllin weniger bronchodilata-torisch als β 2-Sympathomimetika.

Theophyllin wirkt am Herzen gering positiv inotrop und stimuliert verschiedene Abschnitte des Zentralnervensystems. Es steigert die Empfindlichkeit des Atemzentrums gegenüber CO2 und verursacht auf diese Weise eine Zunahme der Atemfrequenz und -tiefe. Diesen Effekt nutzt man zur Behandlung der Apnoeneigung bei Frühgeborenen.

Wie andere Methylxanthine wird Theophyllin nach oraler Gabe rasch resorbiert und in der Leber demethyliert und oxidiert. Nur etwa 10% werden unverändert über die Nieren ausgeschieden. Theophyllin ist plazentagängig (Arwood 1979). Seine Halbwertszeit beträgt etwa 5 Stunden. Bei Schwangeren ist sie mit etwa 8 Stunden verlängert (Sutton 1978). Aufgrund der veränderten Proteinbindung sind bei Schwangeren in der Regel Serumspiegel von 8–12 μg/ml therapeutisch ausreichend und führen außerdem zu einer geringeren Nebenwirkungsrate bei den Neugeborenen (Schatz 1993). Kinder metabolisieren Theophyllin rascher als Erwachsene, bei Frühgeborenen sind jedoch Halbwertszeiten bis zu 30 Stunden gemessen worden (Aranda 1976).

Toxikologie.

Obwohl Theophyllin im Tierversuch in hohen Konzentrationen teratogen wirkt, wurden beim Menschen keine embryotoxischen Effekte beobachtet (Überblick bei Briggs 2005). Während der Spätschwangerschaft wurde unter Theophyllin eine Zunahme der fetalen Atembewegungen (ohne pathologische Relevanz) beobachtet (Ishikawa 1996). Früher behauptete Zusammenhänge zwischen mütterlicher Therapie und erhöhtem Risiko für eine nekrotisierende Enteroko-litis (NEC) beim Neugeborenen wurden unter anderem in einer Studie an 59 Schwangeren widerlegt, die Theophyllin als Tokolytikum oder zur Surfactantbildung vor Woche 34 erhalten hatten (Zanardo 1996). Nach zwei neueren Arbeiten (Dombrowski 2004, Schatz 2004) gab es keine nennenswerten Unterschiede hinsichtlich der Geburtsparameter bei inhalierbaren β 2-Sympathomimetika, inhalativen Corticoiden und Theophyllin. Nur bei den Schwangeren selbst war die Nebenwirkungsrate unter Theophyllin höher. Beschrieben sind vor allem Zittrigkeit, Tachykardie und Erbrechen.

Empfehlung für die Praxis:

Theophyllin kann in der gesamten Schwangerschaft bei Asthma gemäß Stufenplan angewendet werden. Die niedrigste therapeutisch sinnvolle Serumkonzentration sollte angestrebt werden, um Nebenwirkungen bei Mutter und Neugeborenem zu minimieren.

2.3.5. Anticholinergika

Ipratropiumbromid und Oxitropiumbromid

Pharmakologie und Toxikologie.

Da eine Bronchokonstriktion auch über den Nervus vagus induzierbar ist, können anticholinerg wirkende Substanzen therapeutisch wirksam sein. Ipratropiumbromid (z.B. Atro-vent®) ist in der Lage, eine vollständige pulmonale Vagolyse zu bewirken. Seine bronchodilatatorische Aktivität kann zwei Drittel der Aktivität von β 2-Sympathomimetika erreichen. Es wird allein (z.B. Atro-vent®) oder in Kombination mit Fenoterol (Berodual®) angeboten. Hinweise auf pränatale Toxizität liegen nicht vor.

Oxitropiumbromid und Tiotropiumbromid (Spiriva®) sind bezüglich einer Anwendung in der Schwangerschaft unzureichend untersucht.

Empfehlung für die Praxis:

Ipratropiumbromid darf in der Schwangerschaft zur Bronchodilatation verwendet werden. Die Anwendung von Oxitropiumbromid rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.3.6. Antileukotriene

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten Montelukast (Singulair®), Zafirlukast und Pranlukast sowie der Lip-oxygenase-Inhibitor Zileuton werden zur Vorbeugung asthmatischer Beschwerden eingesetzt.

Der Hersteller Merck berichtet über 137 abgeschlossene prospektiv erfasste Schwangerschaften unter Montelukast. Von den Lebendgeborenen waren 116 im 1. Trimenon exponiert, es fanden sich 4 Kinder mit Anomalien, darunter ein Mädchen mit fehlender linker Hand. Diese als „Amnionband-Syndrom” klassifizierte Anomalie wurde nicht dem Medikament zugeschrieben. Eine weitere Extremitätenanomalie (Hypoplasie des rechten Daumens) wurde bei 33 prospektiv dokumentierten Schwangerschaften des schwedischen medizinischen Geburtsregisters beobachtet. Unter den 8 retrospektiven Fallberichten des Herstellers befand sich ein Neugeborenes mit fehlender Anlage von Unterarm und Hand. Unsere eigenen Daten umfassen 20 prospektiv erfasste Schwangerschaften mit Exposition im 1. Trimenon ohne Hinweise auf Extremitätenfehlbildungen. Auch die Ergebnisse von 96 in nordamerikanischen teratologischen Zentren beobachtete Schwangerschaften (Montelukast = 73, Zafirlukast = 23; Bakhireva 2006) sprechen nicht für ein substantiell erhöhtes Gesamtfehlbildungsrisiko, reichen aber nicht für eine differenzierte Risikoeinschätzung. Weder können daraus teratogene Eigenschaften noch eine Unbedenklichkeit für die Anwendung Schwangerer gefolgert werden.

Empfehlung für die Praxis:

Die Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten sind nicht Mittel der Wahl in der Schwangerschaft. Wenn konventionelle Mittel des Asthmastufenplans nicht ausreichend wirken, kann Montelukast im Ausnahmefall auch in der Schwangerschaft verordnet werden. Nach Anwendung dieser Mittel im 1.Trimenon sollte ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung einer normalen vorgeburtlichen Entwicklung angeboten werden.

2.3.7. Monoklonale Antikörper und sonstige Asthmamittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Ein neues Wirkprinzip für die Behandlung des allergischen Asthma bronchiale sind monoklonale Antikörper gegen IgE. Dieses Immunglobulin ist für die Auslösung der Asthmasymptomatik verantwortlich. Omalizumab (Xolair®) wurde 2005 eingeführt, Erfahrungen in der Schwangerschaft gibt es noch nicht.

Der so genannte PDEH-Typ-4-Wirkstoff Roflumilast ist noch in der Erprobungsphase. Er hat keine bronchodilatorische Wirkung, muss oral eingenommen werden und wirkt antiinflammatorisch bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen weder für Roflumilast noch für Cilomilast

Empfehlung für die Praxis:

Die hier genannten Substanzen sind nicht Mittel der Wahl in der Schwangerschaft. Nach (versehentlicher) Anwendung dieser Mittel im 1. Trimenon sollte ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung einer normalen vorgeburtlichen Entwicklung angeboten werden.

2.3.8. Expektoranzien

Acetylcystein und andere Mukolytika

Pharmakologie und Toxikologie.

Expektoranzien und Mukolytika, wie z.B. Acetylcystein (ACC; z.B. Fluimucil®, Mucret®), Ambroxol (z.B. Ambrohexal, Mucosolvan®) und Bromhexin (z.B. Bisolvon®, Brom-hexin-ratiopharm®), können in der Schwangerschaft nach bisherigen Erfahrungen ohne erkennbares teratogenes Risiko eingesetzt werden. Das gilt auch für hohe Dosen von N-Acetylcystein als Antidot bei Para-cetamolintoxikation (siehe Kapitel 2.22.2).

Zu Carbocistein (z.B. Transbronchin®), Guaifenesin (z.B. Fagu-san®), Guajacol und Mesna (z.B. Uromitexan®) sowie zu ätherischen Ölen und diversen Phytopharmaka (Efeublütter trockenextrakt, Thymianblätter trockenextrakt) liegen ebenfalls keine Hinweise auf terato gene Wirkungen beim Menschen vor, andererseits fehlen systematische Studien zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft (siehe auch Kapitel 2.19).

Empfehlung für die Praxis:

Falls Inhalationsbehandlung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr ungenügend wirken, können auch in der Schwangerschaft Expektoranzien und Mukolytika eingesetzt werden.

Iodsalze

Pharmakologie und Toxikologie.

Iodsalze, z. B. Iodkalium (Kalium ioda-tum) können in der Schwangerschaft in sekretolytischer Dosis beim Fetus und Neugeborenen die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen (therapeutische Einzeldosis beim Erwachsenen 250–500 mg). Dies ist nicht zu verwechseln mit der für Schwangere empfohlenen Iodsubstitution (200 μg/Tag). Eine versehentliche Gabe von Kalium iodatum zur Sekretolyse in der Schwangerschaft führt bei kurzfristiger Anwendung nicht zur Strumaentwicklung (Schardein 2000). Die Reifung des Zentralnervensystems, die von einer ausreichenden Versorgung mit Schilddrüsenhormons abhängig ist, kann jedoch gestört werden, wenn ab Ende des 1.Trimenon eine hohe Ioddosis die dann bereits aktive Schilddrüse des Fetus supprimiert.

Empfehlung für die Praxis:

Die Gabe von Iodsalzen als Expektorans ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Eine versehentliche Sekretolyse mit Iod erfordert aber weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche vorgeburtliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.3.9. Antitussiva

Codein und andere Antitussiva

Pharmakologie und Toxikologie.

Codein (Methylmorphin; z.B. Codicaps®, Codipront®) ist ein Morphinderivat mit stark hemmender Wirkung auf das Hustenzentrum. Die antitussive Wirkung wird von keinem anderen Arzneimittel übertroffen. Wegen seiner analgetischen Eigenschaft ist Codein auch Bestandteil von Schmerzmitteln. Der früher geäußerte Verdacht des Anstiegs oraler Spaltbildungen hat sich nicht bestätigt. Eine längere und hoch dosierte Einnahme kann, wenn sie bis zur Geburt dauert, Atemdepression und opiattypische Entzugssymptome beim Neugeborenen verursachen (Überblick bei Briggs 2005; siehe auch Kapitel 2.21.10).

Dextromethorphan (z. B. NeoTussan®) hat keine analgetische Komponente und ein offenbar geringeres (aber dennoch vorhandenes!) Suchtpotenzial. Der antitussive Effekt ist vergleichbar mit dem von Codein (Reynolds 1989). Ausgehend von tierexperimentellen Befunden wurde Dextromethorphan Ende der 90er Jahre ein teratogenes Potenzial unterstellt. Aufgrund der Erfahrungen an über 500 Schwangerschaften hat sich dieser Verdacht für den Menschen nicht bestätigt (Martinez-Frias 2001, Einarson 1999, Andaloro 1998).

Andere Antitussiva wie Benproperin (Tussafug®), Clobutinol (z.B. Silo mat®), Dropropizin (Larylin®), Eprazinon (Eftapan®), Isoaminil, Noscapin (z.B. Capval®), Pentoxyverin (Sedotussin®) und Pipazetat sind hinsichtlich pränataler Risiken beim Menschen unzureichend untersucht.

Empfehlung für die Praxis:

In begründeten Fällen darf Codein bei hartnäckigem, trockenem Husten oder in Kombination mit Paracetamol als Analgetikum in allen Phasen der Schwangerschaft verordnet werden. Auch Dextromethorphan kann als Antitussivum eingesetzt werden. Falls Codein präpartal oder regelmäßig in hoher Dosis als Suchtmittel oder zur Substitutionsbehandlung Heroinabhängiger genommen wird, muss beim Neugeborenen mit Atemdepression und im Fall hoher Dosen auch mit bedrohlichen Entzugserscheinungen gerechnet werden. Wurden die nicht empfohlenen Mittel verwendet, erfordert dies weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.3.10. Unspezifisch wirkende Sympathomimetika

Die im Folgenden besprochenen Arzneimittel gehören nicht zum aktuellen Asthma-Therapiestufenplan. Einige der Sympathomimetika finden sich in Kombination mit anderen Wirkstoffen in rezeptfreien Mitteln gegen Erkältungen, deren Anwendung nicht erwünscht ist.

Orciprenalin und Hexoprenalin

Pharmakologie und Toxikologie.

Orciprenalin (Alupent®) wirkt stimulierend auf β-Rezeptoren, allerdings nicht so selektiv wie die β 2-Sympa-thomimetika. Entsprechend stärker fallen die unerwünschten Wirkungen am Herzen und im Stoffwechsel aus. Das gilt auch für die stimulierende Wirkung auf das Zentralnervensystem und die Verminderung von Tonus und Motilität im Magen-Darm-Trakt. Hinweise auf spezifische embryo- oder fetotoxische Wirkungen liegen weder zu Orciprenalin noch zu Hexoprenalin vor.

Empfehlung für die Praxis:

Orciprenalin und Hexoprenalin gehören nicht zur Standardtherapie des Asthmas. Spezifische β 2-Sympathomimetika sind vorzuziehen. Eine dennoch erfolgte Therapie rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

Adrenalin (Epinephrin)

Pharmakologie und Toxikologie.

Adrenalin (Epinephrin; z.B. Suprare-nin®) ist ein Katecholamin, das natürlicherweise im Körper vorkommt und sowohl α- als auch β-adrenerge Wirkung besitzt. Bei Asthma bronchiale trägt zwar die schwache Stimulierung der ct-Rezeptoren über eine Vasokonstriktion zur Verminderung des Ödems der Bronchialschleimhaut bei, allerdings sind die ct-sympathomimetischen Herz-Kreislauf-Wirkungen (Tachykardie, Extrasystolen, Hypertonie) so stark, dass selektive β 2-Sympathomimetika vorgezogen werden.

Adrenalin ist Notfallsituationen vorbehalten und wird dann i.v oder endotracheal appliziert bzw. inhalativ als Aerosol gegeben (z. B. zum Abschwellen der oberen Atemwege). Nach oraler Gabe ist es unwirksam, weil es im Magen-Darm-Trakt inaktiviert wird. Katecholamine sind plazentagängig, sie werden dort aber teilweise enzymatisch inaktiviert (Morgan 1972).

Im Gegensatz zu tierexperimentellen Ergebnissen haben sich beim Menschen keine Hinweise auf teratogene Effekte ergeben (Heinonen 1977). Eine systemische Anwendung kann die Durchblutung von Uterus und Plazenta beeinträchtigen und zur fetalen Hypoxie führen.

Empfehlung für die Praxis:

Adrenalin ist vitalen Indikationen vorbehalten. Es gehört nicht zur Asthma-Standardtherapie. Eine Exposition rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Die einigen Lokalanästhetika beigefügten Mengen sind als unbedenklich anzusehen.

Isoprenalin

Pharmakologie und Toxikologie.

Isoprenalin weist keine α-sympathomi-metische Wirkung, aber eine etwa gleich starke β 1- und β 2-Aktivität auf. Die β1-Wirkung am Herzen schränkt die Verwendung auf Notfallsituationen ein, z. B. zur Abschwellung der oberen Atemwege.

Spezifische embryo- oder fetotoxische Wirkungen wurden bisher nicht bekannt. Die systemische Gabe von Isoprenalin könnte, ähnlich wie bei Adrenalin, eine verminderte utero-plazentare Durchblutung mit fetaler Hypoxie verursachen. Bei kurzfristiger inhalativer Anwendung oder in dermatologischen Präparaten ist dies aber nicht zu erwarten.

Ephedrin und andere Sympathomimetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Ephedrin ist das älteste bronchodilatato-risch wirkende Asthmamittel. Es gehört zu den indirekten Sympathomimetika, die über eine vermehrte Ausschüttung der körpereigenen Katecholamine wirken. Ephedrin hat sowohl α- als auch β-Aktivität mit entsprechenden unerwünschten Wirkungen, so dass es inzwischen als ungeeignet für die Asthmatherapie erachtet wird. Heute findet man Ephedrin und andere (indirekte) Sympathomimetika wie Pseudoephe-drin, Phenylephrin, Phenylpropanolamin in Kombinationsmitteln gegen Erkältungen. Eine unveröffentlichte Studie aus Schweden untersuchte Erkältungspräparate auf mögliche teratogene Effekte: Im 1. Tri-menon nahmen mehr als 2.000 Schwangere Phenylpropanolamin ein, ca. 140 Phenylpropanolamin plus Cinnarizin und mehr als 20 Pseudo-ephedrin. Die Fehlbildunsgrate war in keiner der Gruppen erhöht (Källén 2005, persönliche Kommunikation). Auch in der Bundesrepublik Deutschland werden Produkte, die zusätzlich Dextromethorphan, Doxylamin etc. enthalten, noch angeboten (z.B. Wick MediNait®). Zumindest bei unkontrolliertem Gebrauch und höheren Dosen dieser Mittel sind embryotoxische Wirkungen durch Sympathomimetika nicht auszuschließen, wie publizierte Fallberichte über Extremitätendefekte in Erinnerung rufen (Gilbert-Barness 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Ephedrin gehört nicht zur Asthma-Standardtherapie. Mittel gegen Erkältungen, die Ephedrin und andere Sympathomimetika enthalten, sollen nicht genommen werden. Eine (versehentliche) Exposition rechtfertigt jedoch weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

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2.4. Antiemetika und Hyperemesis gravidarum

Morgendliche Übelkeit und Erbrechen gehören zu den unangenehmen Begleiterscheinungen vieler Schwangerschaften. Man schätzt, dass 50–70% aller Schwangeren in den ersten Wochen unter morgendlicher Übelkeit leiden und die Hälfte von ihnen zusätzlich unter Erbrechen (Emesis gravidarum). Nur in sehr seltenen Fällen (0,3–2%) ist das Erbrechen so stark, dass ein Klinikaufenthalt wegen Störungen des Energie- und Elektrolythaushaltes erforderlich ist (Hyperemesis gravi-darum).

Während früher darüber diskutiert wurde, ob Übelkeit und Erbrechen prognostisch ungünstige Faktoren für die Schwangerschaft darstellen, gibt es heute eine Debatte darüber, ob das Fehlen von morgendlicher Übelkeit ein prognostisch ungünstiges Zeichen für die Entwicklung des Kindes ist. Boskovic (2004) ging in einer kontrollierten prospektiven Studie dieser Frage nach und verglich Kinder von Schwangeren ohne Übelkeit und Erbrechen mit solchen, die daran litten und eine Standarddosis Doxylamin-Pyridoxin (Kontrollgruppe 1) bzw. eine höhere Dosis Doxylamin-Pyridoxin (Kontrollgruppe 2) erhielten. Es gab keine Unterschiede zwischen den Kindern der verschiedenen Gruppen.

Bei jüngeren Schwangeren und denen, die schon mindestens ein Kind haben, sowie jenen, die während der Schwangerschaft zu Hause bleiben, ermittelte Källén (2003) ein höheres Risiko für Übelkeit und Erbrechen.

Über den Wert von Antiemetika wurde intensiv diskutiert, weil dieser Arzneimittelgruppe ursprünglich ein embryotoxisches Potenzial unterstellt wurde und gleichzeitig die Wirksamkeit der Therapie umstritten war. Umfangreiche Untersuchungen ergaben keinen Anhalt für ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko der klassischen Antiemetika (Asker 2005, Mazotta 2000, Seto 1997, Brent 1995, Heinonen 1977). Auch der von einer Untersuchergruppe beschriebene Zusammenhang von retrolenta-ler Fibroplasie bei Frühgeborenen und Antihistaminika-Anwendung in den letzten beiden Schwangerschaftswochen (Zierler 1986) konnte von anderen Autoren nicht bestätigt werden.

2.4.1. Nichtmedikamentöse bzw. alternative Therapien

Morgendliche Übelkeit und Emesis gravidarum sind keine Krankheiten, die generell medikamentös behandelt werden müssen. Es sollte versucht werden, der Schwangeren zu vermitteln, dass es sich um normale, schwangerschaftstypische Vorgänge handelt. In der Regel verliert sich die morgendliche Übelkeit von selbst. Bei gelegentlichem Erbrechen wird empfohlen, öfter kleine Mahlzeiten einzunehmen und auf die Position nach dem Essen zu achten (nicht hinlegen). In anderen Fällen kann es helfen, vor dem Aufstehen eine Kleinigkeit zu essen, z.B. trockene Kekse oder Weißbrot. Akupressur oder Akupunktur wird in vielen Fällen als hilfreich empfunden. Fugh-Berman (2003) fand diese Methode in 10 von 14 Studien erfolgreich. Auch Ingwer, ein altes Hausmittel gegen Übelkeit, zeigte in verschiedenen Studien eine ähnliche Wirksamkeit wie Pyridoxin (Smith 2004) und kein teratogenes Risiko (Portnoi 2003; siehe auch Kapitel 2.19).

2.4.2. Dimenhydrinat

Pharmakologie und Toxikologie.

Dimenhydrinat (z.B. Vomex A®) ist ein Salz aus dem Antihistaminikum Diphenhydramin und 8-Chlortheo-phyllin, das bei Gabe in der Frühschwangerschaft keine embryotoxischen Wirkungen zeigte (Mazotta 2000, Seto 1997, Lione 1996). Untersuchungsergebnisse berichten über eine Besserung der Symptomatik bei 45 % der Behandelten, diese war bei 25 % komplett (Übersicht in Broussard 1998). Dimenhydrinat soll ebenso wie Diphenhydramin einen Wehen fördernden Effekt besitzen (Broussard 1998). Hinweise auf ein teratogenes Risiko beim Menschen liegen nicht vor, dies wurde kürzlich in einer retrospektiven Fall-Kontroll-Studie bestätigt (Czeizel 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Dimenhydrinat ist akzeptabel, wenn kein Risiko für eine Frühgeburt vorliegt. Meclozin ist jedoch Antiemetikum der Wahl in der Schwangerschaft.

2.4.3. Diphenhydramin

Pharmakologie und Toxikologie.

Diphenhydramin (z.B. Emesan®) ist ein altbewährtes Antihistaminikum mit deutlich sedierenden Eigenschaf ten. Daher wird es heute als Beruhigungsmittel und bei Schlafstörungen verwendet. In den 70er Jahren wurde neben anderen Antihistaminika auch Diphenhydramin ein teratogenes Potenzial unterstellt. Dies ließ sich in späteren Untersuchungen nicht bestätigen (Mazotta 2000, Seto 1997, Lione 1996). Bei ca. 150 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren wurde eine Fehlbildungsrate von 1,1 % gefunden (Asker 2005).

Diphenhydramin hat, ebenso wie Dimenhydrinat, einen oxytocinarti-gen, wehenfördernden Effekt, der in den 50er und 60er Jahren unter der Geburt genutzt wurde (Broussard 1998, Brost 1996). Die klinische Relevanz wird durch eine neuere Kasuistik in Erinnerung gerufen, die Uteruskontraktionen nach Überdosis in Schwangerschaftswoche 26 beschreibt, welche sich unter Magnesium i.v. besserten (Brost 1996).

Ein Fallbericht beschreibt die Totgeburt eines reifen, organisch gesunden Kindes unmittelbar nach Einnahme von Diphenhydramin in Kombination mit Temazepam (Kargas 1985). Über Entzugssymptome mit Zittrigkeit wurde nach langfristiger Einnahme bis zur Geburt berichtet (Lione 1996).

Empfehlung für die Praxis:

Diphenhydramin darf eingesetzt werden, wenn kein Risiko für eine Frühgeburt vorliegt. Meclozin ist jedoch Antiemetikum der Wahl in der Schwangerschaft.

2.4.4. Doxylamin

Pharmakologie und Toxikologie.

Lenotan® und Bendectin® waren Mischpräparate aus Doxylaminsuccinat, Vitamin B6 (Pyridoxin) und dem Anticholinergikum Dicycloverin, die weltweit etwa 20 Jahre lang bei mehreren Millionen Schwangeren mit Emesis und Hyperemesis gravi-darum eingesetzt wurden. In den Jahren 1977/78 wurde in den USA und England ein Zusammenhang zwischen der Einnahme dieser Medikamente und dem gehäuften Auftreten unterschiedlicher Fehlbildungen an Extremitäten, Skelett und Magen-Darm-Trakt vermutet (Donnai 1978, Smithells 1978), der sich in ausführlichen prospektiven und retrospektiven Studien jedoch nicht bestätigen ließ (Zusammenfassung in Brent 1995, McKeigue 1994). Aufgrund der Kritik von Verbraucherverbänden im In- und Ausland wurde Lenotan® 1984 auch in der Bundesrepublik Deutschland vom Markt genommen. Vor einigen Jahren wurde dann das Risiko nochmals bewertet, dabei gab es definitiv keinen Anhalt für einen teratogenen Effekt (Brent 2003, Kutcher 2003). Auch eine Therapie mit höherer Dosierung hat nach einer vergleichenden Studie keine negativen Auswirkungen auf die Schwangerschaft (Atanackovic 2001).

In der Bundesrepublik Deutschland wird Doxylamin heute als Monosubstanz vorwiegend in Schlafmitteln (z.B. Sedaplus®), aber auch noch als Antiallergikum (z. B. Mereprine) angeboten. In Nordamerika ist es wieder das wichtigste Mittel bei Schwangerschaftsübelkeit.

Empfehlung für die Praxis:

Doxylamin darf in der Schwangerschaft verwendet werden.

2.4.5. Meclozin

Pharmakologie.

Meclozin (z.B. Postadoxin®) ist ein Antihistaminikum mit anticholinerger Aktivität, das die Erregbarkeit von Labyrinth und Kleinhirn vermindert und zentral sowohl dämpfend als auch erregend wirkt. Es wird nach oraler Gabe gut resorbiert. Meclozin verteilt sich rasch im Körper und erreicht auch den Embryo. Obwohl seine Halbwertszeit mit 3 Stunden angegeben wird, hält die Wirkung bis zu 24 Stunden an. In einer Doppelblindstudie wurde schon 1962 die Wirksamkeit von Meclozin bei Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft bestätigt (Diggory 1962). Spätere Studien fanden in 98% der Fälle eine Besserung der Symptomatik, bei 82% war diese komplett (Übersicht in Broussard 1998).

Cyclizin ähnelt als Piperazinderivat dem Meclozin. Obwohl seine Halbwertszeit wesentlich länger ist, beträgt die Wirkdauer nur vier Stunden.

Toxikologie.

Obwohl Meclozin und Cyclizin im Tierversuch bei Ratten teratogen wirken, haben mehrere Studien mit großer Fallzahl keine Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko beim Menschen ergeben (Källén 2003, Seto 1997, Lione 1996, Heinonen 1977). In einer schwedischen Studie fanden sich bei mehr als 18.000 im 1. Trimenon mit Meclozin und bei mehr als 1.200 mit Cyclizin behandelten Schwangeren keine erhöhten Fehlbildungsraten (Asker 2005). Die Food and Drug Administration (FDA) der USA hat deshalb nach zwischenzeitlichem Widerruf Meclozin 1979 wieder zur Therapie in der Schwangerschaft zugelassen.

Empfehlung für die Praxis:

Meclozin ist als altbewährtes und gut untersuchtes Medikament Mittel der Wahl bei Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft.

2.4.6. Metoclopramid

Pharmakologie.

Metoclopramid (z.B. MCP®, Paspertin®) regt die Peris-taltik des oberen Gastrointestinaltraktes an (siehe Kapitel 2.5) und blockiert Dopaminrezeptoren. Es besitzt deshalb einen zentralen antiemetischen Effekt durch Beeinflussung der Area postrema und fördert, ebenfalls über einen zentralen Angriffspunkt, die Entleerung des Magens. Zu den unerwünschten Wirkungen zählen extrapyramidale Symptome. Metoclopramid wird nach oraler Gabe gut resorbiert und erreicht den Fetus rasch.

Toxikologie.

Metoclopramid wurde vergleichsweise wenig bezüglich seiner Wirkung bei Schwangerschaftserbrechen untersucht. Dennoch wird es in vielen Ländern zu diesem Zweck benutzt (Bsat 2003, Einarson 1998). Embryotoxische Effekte wurden bisher nicht beobachtet (Überblick bei Broussard 1998). Zwei Studien mit 884 und 175 im 1.Trimenon behandelten Schwangeren fanden keine Auffälligkeiten (Asker 2005, Berkovitch 2002). Eine weitere Untersuchung, die auf Verordnungsprotokollen und Geburtsregisterdaten basierte, ergab ebenfalls keine Hinweise auf entwicklungstoxische Wirkungen (Sørensen 2000). Pränatal exponierte Kinder, die bis zum Alter von 4 Jahren untersucht wurden, entwickelten sich normal (Martynshin 1981).

Obwohl Metoclopramid die Prolaktinsekretion stimuliert, wurden weder von den Müttern noch bei den Feten unerwünschte Wirkungen registriert. Fetales Prolaktin wird nicht in erhöhtem Maß freigesetzt.

Empfehlung für die Praxis:

Metoclopramid zählt zu den Mitteln der Wahl bei Übelkeit und Erbrechen und ist speziell bei begleitendem gastroösophagealen Reflux, vor allem in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft, wirksam. Im Übrigen ist Meclozin Antiemetikum der ersten Wahl in der Schwangerschaft.

2.4.7. Phenothiazin-Antiemetika

Siehe auch Kapitel 2.11.

Pharmakologie und Toxikologie.

Phenothiazine wirken hemmend auf das Brechzentrum. Ihre dämpfende und distanzierende Wirkung kann bei Hyperemesis erwünscht sein. Chlorpromazin (Propaphenin), Prome-thazin (z. B. Atosil®) u. a. haben sich bei schwerer Hyperemesis mit Störung des Energie- und Elektrolythaushalts als gut wirksam erwiesen (Mazotta 2000).

Langjährige Erfahrungen haben weder bei Chlorpromazin noch bei Promethazin oder anderen selten gebrauchten Phenothiazinen terato-gene Wirkungen offenbart (Mazotta 2000, Broussard 1998, Heinonen 1977). Dies bestätigt eine neuere schwedische Studie, die unter ande rem 4.740 im 1. Trimenon mit Promethazin behandelte Schwangere untersuchte (Asker 2005). Auch Triflupromazin (das frühere Psyquil®) scheint nicht embryotoxisch zu wirken (McElhatton 1992).

Thiethylperazin wird vor allem in der Schweiz und in Osteuropa als Antiemetikum genutzt, ohne dass sich bisher Hinweise auf Risiken für den Fetus ergaben (Einarson 1998). Czeizel (2003) findet in seiner retrospektiven Fall-Kontroll-Studie ebenfalls kein erhöhtes Gesamt-fehlbildungsrisiko, allerdings deutet sich ein schwacher Zusammenhang zwischen Thiethylperazin und dem vermehrten Auftreten von Lippen-Gaumen-Spalten beim intrauterin exponierten Kind an. Dagegen findet eine schwedische Studie bei 137 im 1. Trimenon exponierten Fetus eine unauffällige Fehlbildungsrate von 1,1 % (Asker 2005).

Mit Nebenwirkungen wie Extrapyramidalsymptomatik muss bei Phe-nothiazinen gerechnet werden, wenn bis zur Geburt behandelt wurde. Solche Symptome sind meist unerheblich und nicht therapiepflichtig.

Empfehlung für die Praxis:

Phenothiazine, insbesondere Chlorpromazin und Promethazin, dürfen bei Hyperemesis gravidarum eingesetzt werden. Eine Anwendung anderer Phenothiazine im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Pränataldiagnostik (siehe Kapitel 1.15). Generell ist Meclozin das Antiemetikum der Wahl in der Schwangerschaft.

2.4.8. Serotonin-Antagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Dolasetron (Anemet®), Granisetron (Kevatril®), Ondansetron (Zofran®), Palonosetron (Aloxi®) und Tropi-setron (Navoban®) sind Serotonin-(5-HT3-)Antagonisten, die in der Onkologie bei Erbrechen nach Strahlentherapie oder Zytostatikabe-handlung Anwendung finden.

Ondansetron wird auch bei Hyperemesis gravidarum eingesetzt (Sullivan 1996). Fallberichte beschreiben die erfolgreiche intravenöse Anwendung nach Versagen anderer Arzneimittel bei schwerer Hyperemesis gravidarum zwischen den Schwangerschaftswochen 6 und 30. Die Neugeborenen waren unauffällig (Siu 2002, World 1993, Guikontes 1992). In einer prospektiven Studie wurden 176 mit Ondansetron behandelte Schwangere mit zwei unterschiedlichen Kontrollgruppen verglichen (Einarson 2004). Kontrollgruppe 1 umfasste Schwangere mit anderen Antiemetika, vorwiegend Doxylamin plus Pyridoxin oder Metoclopramid, Phenothiazine oder Ingwer. Kontrollgruppe 2 litt nicht an Übelkeit und nahm keine oder harmlose, gut untersuchte Medikamente ein. Hinsichtlich des Schwangerschaftsausgangs und des Befindens der Neugeborenen bestanden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

Empfehlung für die Praxis:

Serotonin-(5-HT3-)Antagonisten sollen nur bei Versagen besser untersuchter Antiemetika und schwerer Symptomatik eingesetzt werden. In einem solchen Fall ist Ondansetron als das am längsten eingeführte Mittel dieser Gruppe vorzuziehen. Bei üblicher Emesis sind Serotonin-(5-HT3-)-Antagonisten u.a. wegen der hohen Kosten keine therapeutische Alternative. Die Anwendung eines Serotonin-Antagonisten im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte jedoch aufgrund der unzureichenden Erfahrungen angeboten werden, wenn aus dieser Gruppe ein anderes Mittel als Ondansetron verwendet wurde.

2.4.9. Andere Antiemetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu Alizaprid (Vergentan®) liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Aprepitant (Emend®) ist ein neues, in der Tumortherapie eingesetztes Antiemetikum. Es gehört zur Gruppe der Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten. Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen noch nicht vor.

Für Betahistin (z.B. Aequamen®), ein schon länger gebräuchliches Histaminderivat, sowie für die Antihistaminika Cinnarizin (z.B. Cin-narizin forte R.A.N.®) und Flunarizin (z.B. Flunavert®) ist kein nennenswertes teratogenes Potenzial beim Menschen bekannt, es fehlen jedoch systematische Untersuchungen zu diesen Mitteln. Beide Medikamente werden bevorzugt bei vestibulärem Schwindel eingesetzt, z.B. im Rahmen einer Menière-Erkrankung.

Droperidol, ein Butyrophenon (siehe auch Abschnitt 2.11), wird z.T. in Nordamerika bei hospitalisierten Schwangeren mit Hyperemesis bevorzugt. Eine Untersuchung mit 81 Schwangeren ergab eine gute Wirksamkeit von Droperidol-Dauertropf plus Diphenhydramin als i.v Bolus (Nageotte 1996). Für eine differenzierte Risikoabschätzung reichen die Erfahrungen nicht aus.

Einige Fallserien sprechen für den therapeutischen Nutzen von Glu-cocorticoiden (siehe auch Abschnitt 2.15) bei zentral bedingtem Erbrechen (Übersicht in Broussard 1998). Eine vergleichende Untersuchung sieht Vorteile einer kurzzeitigen oralen Behandlung mit Methylpredni-solon gegenüber Promethazin bei Hyperemesis gravidarum (Safari 1998). Yost (2003) verglich den Schwangerschaftsverlauf und die Entwicklung der Neugeborenen an zwei Gruppen von stationären Patientinnen mit Hyperemesis gravidarum. Alle 112 Patientinnen erhielten intravenöse Rehydrierung, Promethazin und Metoclopramid, eine Hälfte der Schwangeren bekam 250 mg Methylprednisolon i.v. und anschließend eine absteigende Dosierung per os, während die andere Hälfte als Kontrollgruppe ein Placebo erhielt. Zwischen beiden Gruppen gab es keinerlei Unterschiede.

Zu Mirtazapin (Remergil®) siehe Abschnitt 2.11.

Pyridoxin (siehe auch Abschnitt 2.18) ist seit Jahrzehnten vor allem in Kombination mit Doxylamin Antiemetikum der Wahl in den USA. Es hat sich in einer Studie mit 342 Frauen als Monotherapie bei Übelkeit in der Schwangerschaft als effektiv erwiesen, nicht jedoch bei der Besserung von Erbrechen (Vutyavanich 1995). Eine weitere Untersuchung ergab nur eine Wirksamkeit bei starker Übelkeit, bei leichter und mittlerer Symptomatik war Pyridoxin Placebo nicht überlegen (Sahakian 1991).

Scopolamin (Scopoderm® TTS) ist ein Parasympatholytikum, das äußerlich als Pflaster zur antiemetischen Behandlung eingesetzt wird. Bei 309 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren wurde keine erhöhte Fehlbildungsrate festgestellt (Heinonen 1977). Auch andere Untersuchungen geben keine Hinweise auf teratogene Effekte (Überblick in Briggs 2005). Scopolamin kann, weil es plazentagängig ist, beim Fetus anticholinerge Symptome, wie z.B. Tachykardien, verursachen, die zumindest theoretisch die Diagnose hypoxiebedingter Bradykardien erschweren können.

In einer Falldarstellung wird diskutiert, dass bei Symptomen einer Hyperemesis, die bis ins 2. Trimenon hinein fortbestehen, ein Helico-bacter-pylori-assoziiertes Ulkus die Ursache der Beschwerden sein könne (Jacoby 1999).

Empfehlung für die Praxis:

Die in diesem Abschnitt besprochenen Antiemetika sollten nur bei Versagen der in den vorangehenden Abschnitten empfohlenen Substanzen angewendet werden. Meclozin ist Antiemetikum der Wahl in der Schwangerschaft. Die Gabe eines anderen Antiemetikums stellt weder eine Indikation für invasive Diagnostik noch für einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft dar (siehe Kapitel 1.15).

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2.5. Magen-Darm-Mittel, Lipidsenker und Spasmolytika

2.5.1. Antacida und Sucralfat

Pharmakologie.

Zu den chemisch definierten Antacida zählen Natrium-hydrogencarbonat (Alkala®), Aluminiumhydroxid (z.B. Acidrine neu®), Aluminiumphosphat (z.B. Phosphalugel®), Calciumcarbonat (z.B. Calcium-dura®), Kombinationspräparate aus Aluminium und Magnesium oder Carbonat (z.B. Solugastril®) bzw. aluminiumfreie Kombinationen (z.B. Rennie®) sowie die strukturell neueren Aluminium-Magnesium-Verbindungen Algeldrat (z.B. Aludrox®, Maalox®), Almasilat (z.B. Simagel®), Hydrotalcit (z.B. Talcid®), Magaldrat (z.B. Riopan®), die Aluminium-Saccharose-Verbindung Sucralfat (z.B. Ulcogant®) und alginsäurehaltige Kombinationen (z.B. Gaviscon® Advance).

Aluminiumhydroxid und Aluminiumphosphat neutralisieren die Salzsäure des Magens unter Bildung von Aluminiumchlorid. Eine Resorption von bis zu 20% einer oral gegebenen Aluminiumdosis ist möglich. Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend über die Nieren. Eine wiederholte Einnahme höherer Dosen kann obstipierend wirken. Im Tierversuch ist nachgewiesen, dass resorbierte Aluminiumsalze auch den Fetus erreichen.

Alginsäure oder Alginat führen in Anwesenheit von Magensäure zu einem viskösen Gel, das auf dem Mageninhalt „schwimmt”, wie eine mechanische Barriere wirkt und damit den gastroösophagealen Reflux reduziert. Vor kurzem wurde eine Studie an 150 Schwangeren veröffentlicht, die die Wirksamkeit und Sicherheit im 2./3. Trimenon untersucht hat (Lindow 2003).

Calciumcarbonat neutralisiert die Salzsäure unter Bildung von Cal-ciumchlorid, Kohlendioxid und Wasser. Etwa 15–30% der oral aufgenommenen Dosis werden resorbiert. Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion besteht nach Einnahme von calciumcarbonathaltigen Präparaten in therapeutischer Dosierung keine Gefahr einer Hypercalcä-mie. Exzessive Calciumzufuhr kann jedoch bei Schwangeren zu dem äußerst seltenen Milch-Alkali-Syndrom führen (Gordon 2005), so dass nicht mehr als 1,5 g elementares Calcium (entsprechend 3,75 g Calci-umcarbonat) täglich eingenommen werden sollten. Bei einer Schwangeren, die einen Monat lang täglich 10 Rennie und ca. 600 ml Milch zu sich nahm, litt das Neugeborene an einer vorübergehenden Hypercal-cämie. Eine andere Kasuistik beschreibt Krämpfe als Folge einer Hypo-calcämie beim Neugeborenen, dessen Mutter exzessiv während der gesamten Schwangerschaft Antacida eingenommen hatte (Robertson 2002). Im Gegensatz zu der o.g. Fallbeschreibung von Gordon (2005) handelte es sich um eine langfristige Einnahme, bei der die mütterliche Hypercalcämie vermutlich zur hormonellen Gegenregulation des Fetus mit Hypoparathyreoidismus und Hypocalcämie führte.

Magnesiumsilikate reagieren mit der Salzsäure des Magens unter Bildung von Siliziumdioxid und Magnesiumchlorid. Das Magnesium wird zu 5–10% resorbiert. Die wiederholte Einnahme größerer Dosen kann laxierend wirken.

Aus Hydrotalcit entsteht in Gegenwart von Salzsäure Kohlendioxid und Magnesium- bzw. Aluminiumchlorid.

Das in den vergleichsweise neueren Wirkstoffen wie Magaldrat gebundene Aluminium ist im Vergleich zu klassischen Antacida aufgrund seiner Molekülstruktur schlechter resorbierbar.

Sucralfat, ein wasserunlösliches Aluminiumsalz von Saccharosesulfat, haftet auf der Oberfläche von Ulzera und wirkt auf diese Weise schleimhautprotektiv Es wird praktisch nicht resorbiert.

Toxikologie.

Obwohl gelegentlich diskutiert wird, dass aus Antacida resorbiertes Aluminium zu funktionellen Störungen im Zentralnervensystem und in den Nieren des Fetus führen könnte, haben sich dafür klinisch bisher keine Hinweise ergeben. Auch spezifische Fehlbildungen wurden nicht beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Antacida und Sucralfat können in der gesamten Schwangerschaft angewendet werden. Bei Einnahme aluminiumhaltiger Präparate sind Mittel zu bevorzugen, denen eine geringere Resorption unterstellt wird, wie z. B. Magaldrat und Sucralfat.

2.5.2. H2-Rezeptor-Antagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Cimetidin (z.B. Tagamet®), Famotidin (z.B. Pepdul®), Nizatidin (Nizax®), Ranitidin (z.B. Raniberl®, Sostril®, Zantic®) und Roxatidin fördern die Heilung von Magen- und Duodenalulzera durch Blockierung der Histamin-H2-Rezeptoren in der Magenschleimhaut, über die die Sekretion der Salzsäure induziert wird. Cimetidin zeigte experimentell bei einigen Spezies schwache antian-drogene Effekte. Allerdings gibt es bisher keine Berichte über Geschlechtsdifferenzierungsstörungen bei Kindern, die intrauterin exponiert waren.

Die in den letzten Jahren veröffentlichten Studien zu Ranitidin und Cimetidin mit ca. 1.500 bzw. 800 im 1. Trimenon Exponierten sprechen gegen ein teratogenes Potenzial beim Menschen (Ruigomez 1999, Källén 1998, Magee 1996, Koren 1991). Anzahl und Muster der Fehlbildungen waren gegenüber der jeweiligen Kontrollgruppe nicht auffällig. Auch Frühgeburten und intrauterine Wachstumsretardierung traten nicht häufiger auf. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt eine neuere multizentrische prospektive Studie des European Network of Teratology Information Services (ENTIS) mit 553 Schwangeren, davon wurden 501 im 1. Trimenon behandelt. Bei Ranitidin (n=335), Cimetidin (n=113), Famotidin (n=75), Nizatidin (n=15) und Roxatidin (n=15) zeigte sich keine erhöhte Fehlbildungsrate. Allerdings war die Frühgeburtenrate in der behandelten Gruppe höher, ohne dass sich dafür eine Erklärung fand. Die 2 bei Famotidin beobachteten Neuralrohrdefekte sind eher als zufällig zu betrachten (Garbis 2005).

Umfangreiche Erfahrungen gibt es zur Behandlung in der Spätschwangerschaft: Zur Senkung des Aspirationsrisikos bei Sectio caesa-rea verabreichtes Cimetidin wird von Mutter und Fetus gut toleriert.

Empfehlung für die Praxis:

In der Schwangerschaft dürfen H2-Rezeptor-Ant-agonisten verordnet werden, wenn Antacida nicht ausreichend wirken. Ranitidin als die am besten untersuchte Substanz sollte auch Cimetidin gegenüber bevorzugt werden, da bei diesem theoretische Bedenken wegen eventueller antian-drogener Eigenschaften bestehen. Die Anwendung eines anderen H2-Rezeptor-Antagonisten rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.5.3. Protonenpumpenhemmer

Pharmakologie und Toxikologie.

Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol (z.B. Antra MUPS®), Esomeprazol (Nexium®), einem Isomer des Omeprazol, Lansoprazol (Agopton®), Pantoprazol (Pantozol®, Rifun®) und Rabeprazol (Pariet®) blockieren das für die Säuresekretion im Magen wichtige Enzym H+/K+-ATPase.

Inzwischen wurden zu dieser Medikamentengruppe etwa 2.000 Schwangere in verschiedenen Studien vorwiegend prospektiv dokumentiert (z.B. Nikfar 2002). Zu über 90% ging es um Omeprazol im 1. Trimenon (Källén 2001) und in weit geringerem Umfang um Pantoprazol und Lansoprazol (Diav-Citrin 2005). Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko wurde in keiner der Studien gefunden, auch andere präna-tale Schäden sind bisher nicht beschrieben.

Die Erfahrungen mit den anderen Protonenpumpenhemmern sind, insbesondere im 1. Trimenon, noch spärlich und erlauben keine differenzierte Risikobewertung. Hinweise auf ein teratogenes Potenzial beim Menschen haben sich bisher nicht ergeben.

Empfehlung für die Praxis:

Omeprazol ist Mittel der ersten Wahl für die Therapie einer Refluxösophagitis in der Schwangerschaft. Für andere Indikationen sind Protonenpumpenhemmer Mittel der zweiten Wahl, wenn Antacida oder Ranitidin nicht wirksam sind. Die Anwendung eines anderen Protonenpumpen-hemmers rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.5.4. Bismutsalze

Pharmakologie und Toxikologie.

Mit der Entdeckung des Zusammenhanges zwischen dem Auftreten von Magen- und Darmulzera und einer Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori erlebten die Bismutsalze, die schon früher als unspezifische Antidiarrhoika angewendet wurden, zunächst eine Renaissance. Bismutverbindungen wirken anti mikrobiell gegen Helicobacter pylori. Verfügbar ist nur noch basisches Bismutnitrat (z.B. Angass® S), bei dem eine Nitritbildung möglich ist. Bisherige Erfahrungen zur Behandlung Schwangerer erlauben keine differenzierte Risikobewertung. Hinweise auf eine spezifische terato-gene Wirkung beim Menschen haben sich bislang nicht ergeben.

Empfehlung für die Praxis:

Bismutsalze sind in der Schwangerschaft relativ kontraindiziert. Wenn eine antimikrobielle Behandlung gegen Helicobacter pylori erforderlich ist, sollten bevorzugt Makrolide gegeben werden (siehe Abschnitt 2.5.6).

2.5.5. Weitere Ulkustherapeutika

Pharmakologie und Toxikologie.

Pirenzepin (z.B. Gastrozepin®) ist ein vermutlich selektiv am Magen wirkendes Anticholinergikum (so genannter M1-Rezeptorenblocker), das zu etwa 25% resorbiert wird. Bisherige Erfahrungen zur Behandlung Schwangerer erlauben keine differenzierte Risikobewertung. Hinweise auf eine spezifische terato-gene Wirkung beim Menschen haben sich bislang nicht ergeben.

Proglumid, ein Gastrin-Rezeptorantagonist, reduziert die Magensaftsekretion. Bisherige Erfahrungen zur Behandlung Schwangerer erlauben keine differenzierte Risikobewertung. Hinweise auf eine spezifische teratogene Wirkung beim Menschen haben sich bislang nicht ergeben.

Misoprostol (Cytotec®) kann als Prostaglandinderivat Uteruskontraktionen und eine Minderperfusion beim Fetus verursachen. Weitere Details siehe Kapitel 2.14.1.

Carbenoxolon verlängert die Lebensdauer der Magenschleimhautzellen und fördert gleichzeitig die Sekretion des protektiven Muzin-schleims. Auf die Salzsäureproduktion hat Carbenoxolon keinen direkten Einfluss. Unerwünschte Wirkungen sind Natrium- und Wasserre-tention mit Hypokaliämie und Hypertonie. Hinweise auf eine spezifische teratogene Wirkung beim Menschen haben sich bisher jedoch nicht ergeben.

Empfehlung für die Praxis:

Pirenzepin, Proglumid, Misoprostol und Carbenoxolon sollen in der Schwangerschaft nicht verordnet werden. Eine dennoch erfolgte Anwendung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Zumindest nach einer (versehentlichen) Therapie mit Misoprostol sollte eine Ultraschallfeindiagnostik durchgeführt werden.

2.5.6. Helicobacter-pylori-Therapie

In vergangenen Jahrzehnten hat die antibiotische Behandlung von Helicobacter pylori das Therapiekonzept bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren und atrophischer Gastritis grundlegend verändert. Die so genannte Tripeltherapie mit Eradikationsquoten von mehr als 90 % bleibt Standard: Als Primärtherapie werden für mindestens 7 Tage 2 × 20 mg Omeprazol mit 2 × 500 mg Clarithromycin und 2 × 1.000 mg Amoxicillin (französische Tripeltherapie) oder Omeprazol mit 2× 250 mg Clarithromycin und 2 × 400 mg Metronidazol (italienische Tripeltherapie) kombiniert, wobei die erste Variante vorzuziehen ist, da es bei Therapieversagen zu geringeren Resistenzproblemen kommt. Als Sekundärtherapie, z. B. bei bekannter Resistenz, werden ein Protonen-pumpenblocker und Bismut, Tetracyclin und Metronidazol empfohlen. Ein Vorteil der anderen Protonenpumpenhemmer, wie Lansopra-zol und Pantoprazol, gegenüber Omeprazol ließ sich bisher nicht sicher nachweisen.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Helicobacter-pylori-Eradikation kann auch während der Schwangerschaft durchgeführt werden. Wie im Kapitel 2.6 „Antiin-fektiva” erörtert, gibt es bisher keine Einwände gegen die Anwendung von Amoxicillin und Clarithromycin in der Schwangerschaft. Metronidazol ist aufgrund experimenteller Ergebnisse zurückhaltender zu beurteilen, so dass zumindest im 1. Trimenon die „französische” Tripeltherapie bevorzugt werden sollte. Von den Protonenpumpenhemmern ist das am besten untersuchte Mittel Omeprazol zu wählen. Die Sekundärtherapie ist im Einzelfall kritisch zu überprüfen, da Tetrazy-kline nicht nach Woche 16 angewandt werden dürfen und die Erfahrungen zu Bismutsalzen gering sind.

2.5.7. Acida

Pharmakologie und Toxikologie.

Für Verdauungsstörungen, die durch mangelnde Säureproduktion im Magen bedingt sind, werden Glut-aminsäure-HCl (Pepsaletten® N) und Zitronensäure mit Pepsin-Pro-teinase (z.B. Pepzitrat®) angeboten. Es gibt keine detaillierten Untersuchungen zur Anwendung von Acida während der Schwangerschaft. Embryotoxische Schäden sind bisher nicht beobachtet worden und auch nicht zu erwarten.

Empfehlung für die Praxis:

Acida können während der Schwangerschaft bei entsprechender Indikation eingenommen werden.

2.5.8. Atropin und anticholinerge Spasmolytika

Pharmakologie und Toxikologie.

Atropin (z.B. Atropinsulfat Braun) ist ein klassisches Parasympatholytikum, das die muskarinartige Wirkung des Acetylcholins aufhebt, indem es dieses am Rezeptor verdrängt. Atropin erreicht im Fetus nach wenigen Minuten Konzentrationen, die denen der Mutter entsprechen (Kivado 1977). Die kindliche Herzfrequenz kann nach systemischer Applikation ansteigen.

Bei lokaler Applikation (am Auge) ist die systemische Verfügbarkeit zu vernachlässigen.

Atropinartige Belladonna-Alkaloide und ihre quarternären Ammoniumderivate bzw. deren synthetische Analoga werden bei verschiedenen Indikationen angewendet, wie z. B. als Spasmolytika, Sekretionshemmer, Anti-Parkinsonmittel und als Mydriatika. Der Wirkmechanismus dieser Parasympatholytika entspricht dem des Atropins. Bei systemischer Applikation sind atropinartige Wirkungen beim Fetus nicht auszuschließen.

Butylscopolamin ist das am weitesten verbreitete Spasmolytikum (z.B. Buscopan®). Oral eingenommen, wird es schlecht resorbiert. In zwei Kasuistiken wird beschrieben, wie nach i.v-Applikation von Butylscopolamin eklamptische Krampfanfälle bei zwei Schwangeren, die bereits an Präeklampsie litten, auftraten (Kobayashi 2002).

Scopolamin wird als Mydriatikum (Boro-Scopol®) angeboten und als Pflaster zur Vorbeugung von Reisekrankheit (Scopoderm TTS®). Cyclopentolat (Zyklolat®), Tropicamid (Mydriaticum Stulln®) und Homatropin sind ebenfalls Mydriatika. Letzteres ist zurzeit nicht mehr erhältlich.

Methylscopolamin wurde für Spasmen der Gallenwege angeboten, Methanthelinium (Vagantin®) ist bei entsprechenden Beschwerden des Magen-Darm-Traktes einsetzbar. Systematische Untersuchungen zur Entwicklungstoxizität dieser Mittel und verwandter Spasmolytika wie Butinolin, Clidinium, Denaverin (Spasmalgan®), Glycopyrroni-umbromid (Robinul®), Hymecromon (z.B. Cholspasmin®), Mebeverin (z.B. Duspatal®), Oxybutynin (z.B. Dridase®), Papaverin, Phenam-azid, Pipenzolat (ila-med®), Pipoxolan, Pro-Panthelin, Propiverin (z.B. Mictonorm®), Tiropramid, Tolterodin (Detrusitol®), Trospium-chlorid (z.B. Spasmex®), Flavoxat (Spasuret®), Solifenacin (Vesikur®) und Valethamatbromid liegen nicht vor.

In einem kanadischen Bericht zu 10 Anwendungen von Pinaverium in der Schwangerschaft werden 9 unauffällige Kinder und ein Spontanabort genannt. Fünf Mütter hatten das Mittel im 1. Trimenon, fünf zwischen Schwangerschaftswoche 12 und 16 eingenommen. In all diesen Fällen war die Einnahme unbeabsichtigt, es war mit dem Antiemetikum Diclectin verwechselt worden (Einarson 1999).

Darifenacin (Emselex®) ist ein selektiver M3-Rezeptorantagonist, der zur Behandlung der überaktiven Harnblase eingesetzt wird. Erfahrungen in der Schwangerschaft gibt es noch nicht.

Spezifische embryotoxische Effekte beim Menschen sind bei Anwendung der genannten Belladonna-Alkaloide bisher nicht beobachtet worden. Auch die Anwendung unter der Geburt wird, soweit dokumentiert (z.B. für das Anticholinergikum Glycopyrronium) offenbar gut vom Fetus vertragen (Ure 1999).

Empfehlung für die Praxis:

Anticholinergika können bei strenger Indikationsstellung in der gesamten Schwangerschaft angewendet werden. Dies betrifft auch das Atropin selbst. Funktionelle Auswirkungen, z. B. auf die Herzfrequenz des Fetus, müssen bei systemischer Applikation bedacht werden. Butylscopol-amin ist Spasmolytikum der Wahl in dieser Arzneigruppe. Bei bestimmten Arten der Blaseninkontinenz erscheint auch das ebenfalls weit verbreitete Oxybutynin akzeptabel. Die diagnostische Anwendung von Anticholinergika am Auge („Weittropfen”) ist unproblematisch. Eine Diarrhö sollte nicht routinemäßig mit Anticholinergika behandelt werden.

2.5.9. Cholinergika

Pharmakologie und Toxikologie.

In den vergangenen 30 Jahren sind zahlreiche Publikationen zur Therapie mit Pyridostigmin (z. B. Mestinon®) und Neostigmin (Prostigmin®) in der Schwangerschaft erschienen. Insbesondere bei Pyridostigmin ging es meist um die Behandlung der Autoimmunerkrankung Myasthenie. Nach diesen Erfahrungen besitzen Cholinergika beim Menschen kein teratogenes Potenzial.

Auf Auswirkungen der Autoimmunerkrankung selbst, z.B. auf die Plazenta und auf antikörperinduzierte Phänomene in der Neonatalzeit, soll hier nicht näher eingegangen werden. Etwa 30 % der Neugeborenen zeigen nach der Geburt vorübergehende Myastheniesymptome aufgrund von diaplazentar übergegangenen mütterlichen Autoantikörpern (Djelmis 2002).

Zu den anderen Cholinergika Ambenonium, Anetholtrithion (Mucinol®), Bethanechol (Myocholine-Glenwood®), Carbachol (Car-bamann® Augentropfen), Ceruletid (Takus®), Distigmin (Ubretid®), Edrophonium und dem Antidot Physostigmin (Anticholium®) liegen keine ausreichenden Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft vor. Doch auch bei ihnen sind teratogene Schäden wenig wahrscheinlich, insbesondere bei den relativ weit verbreiteten Substanzen Carbachol, Distigmin und Physostigmin.

Empfehlung für die Praxis:

Bei entsprechender Indikation wie z. B. (postoperativer) Atonie des Darmes oder der Blase und Myasthenie dürfen Neostigmin, Pyridostigmin, Carbachol, Distigmin und Physostigmin verwendet werden. Wurde versehentlich ein anderes Medikament dieser Gruppe appliziert, rechtfertigt dies weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.5.10. Andere Peristaltikanreger

Pharmakologie und Toxikologie.

Metoclopramid (z.B. Paspertin®) und Domperidon (z. B. Motilium®) sind zur Behandlung von Motilitätsstö-rungen des oberen Magen-Darm-Trakts zugelassen. Bromoprid und Ci-saprid sind zumindest in Deutschland zurzeit nicht erhältlich. Cisaprid wurde wegen seiner Nebenwirkungen (Herzrhythmusstörungen vom Typ Torsade de Pointes) vom Markt genommen.

Zu Metoclopramid siehe Abschnitt 2.4.6.

Eine Studie mit 128 Schwangeren, die mit Cisaprid behandelt wurden, davon 88 im 1. Trimenon, erbrachte keine erhöhte Fehlbildungsrate oder andere Auffälligkeiten des Schwangerschaftsausgangs gegenüber einer nicht behandelten Kontrollgruppe (Bailey 1997). Zu den anderen Arzneimitteln liegen keine ausreichenden Erfahrungen beim Menschen vor, jedoch auch keine Hinweise auf spezifische teratogene Effekte.

Empfehlung für die Praxis:

Metoclopramid kann bei Übelkeit mit Motilitäts-störungen im oberen Gastrointestinaltrakt verordnet werden. Eine Anwendung der anderen Mittel stellt nach heutigem Wissen keine Risikosituation für den Fetus dar.

2.5.11. Obstipation in der Schwangerschaft

Schwangere Patientinnen klagen häufig über hartnäckige Obstipation, die durch die muskelrelaxierende Wirkung des Progesterons an der Muskulatur des Dickdarmes und durch die gesteigerte Resorption von Wasser und Elektrolyten in der Schwangerschaft zu erklären ist. Sicher spielt aber das subjektive Empfinden der Schwangeren (Völlegefühl durch den wachsenden Uterus) dabei eine Rolle. Vor der Verabreichung von Laxanzien muss daher geklärt werden, ob überhaupt eine Obstipation vorliegt (Stuhlgang hart und trocken, schmerzhaft, seltener als 3-mal/Woche).

Therapeutisch sollte zunächst versucht werden, eine Besserung durch ballaststoffreiche Kost, ausreichende Flüssigkeitszufuhr (ca. 2 l/Tag), Trainieren des Defäkationsreflexes und vermehrte körperliche Bewegung zu erzielen. Nur falls der Erfolg ausbleibt, kann es erforderlich sein, Abführmittel einzusetzen, um die Passagegeschwindigkeit des Darminhaltes zu erhöhen.

Der Gewöhnung an diese Mittel und dem sich daraus entwickelnden Abusus mit überhöhten Dosen muss entgegengewirkt werden, weil Wasserverluste, Elektrolytimbalancen und in der fortgeschrittenen Schwangerschaft auch Uteruskontraktionen den Fetus gefährden könnten.

Laxanzien sollten in der Schwangerschaft nur verabreicht werden, wenn diätetische und physikalische Maßnahmen keinen Erfolg hatten. Dann sind Füll- und Quellstoffe Mittel der ersten Wahl.

2.5.12. Füll- und Quellstoffe

Pharmakologie und Toxikologie.

Nichtresorbierbare Stoffe, die unter Wasseraufnahme eine Volumenvergrößerung erfahren, lösen eine gesteigerte Darmperistaltik aus. Zu dieser Gruppe der Laxanzien gehören Nahrungsmittel mit hohem Zellulosegehalt wie Leinsamen, Weizenkleie und Weizenkeime sowie Agar-Agar, Guargummi und Carboxy-methyl-Cellulose bzw. Methylcellulose und indische Flohsamenschalen (Plantago ovata).

Empfehlung für die Praxis:

Alle Füll- und Quellstoffe sind in der Schwangerschaft als sicher anzusehen und sollten bei Obstipation bevorzugt eingesetzt werden.

2.5.13. Osmotische und salinische Abführmittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Lactulose (z.B. Lactocur®, Bifiteral®), ein schwer spaltbares Disaccharid mit osmotischer Wirkung, und sein Analogon Lactitol (Importal®) sind weit verbreitet und in moderater Anwendung gut verträglich. Mit gleicher Wirkung werden schlecht resorbierbare Alkohole wie Mannit und Sorbit verwendet. Salze mit abführender Wirkung sind ebenfalls schwer resorbierbar und binden im Darm größere Mengen Wasser, die die Dehnungsreflexe des Darmes stimulieren.

Zu empfehlen ist die Einnahme isotoner Lösungen, da hypertone Lösungen den Nachteil haben, dem Körper beträchtliche Flüssigkeitsmengen zu entziehen.

Salze, die sich am besten als salinische Abführmittel eignen, sind Natriumsulfat (Glaubersalz) und Magnesiumsulfat (Bittersalz); auch Ka-lium-Natriumtartrat, Kaliumbitartrat und Zitrate finden Anwendung. Generell können Magnesiumsalze die Wehen hemmen, nach oraler Zufuhr als Laxans ist dieser Effekt jedoch kaum nachzuweisen.

Zur Anwendung von Macrogol (z. B. in Klean-Prep®, Endofalk®) liegen keine publizierten Erfahrungen vor. Schon aufgrund der geringen Resorptionsquote sind teratogene oder andere entwicklungstoxische Effekte unwahrscheinlich.

Empfehlung für die Praxis:

Lactulose ist nach den Füll- und Quellstoffen das Abführmittel der Wahl in der Schwangerschaft. Auch Lactitol, Mannit und Sorbit sowie salinische Abführmittel dürfen in der Schwangerschaft als Laxanzien verwendet werden. Magnesiumsulfat ist vor allem bei Schwangeren mit Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen kontraindiziert, da bei ihnen die Resorption von Magnesiumionen eine zusätzliche Belastung bedeuten kann. Bei Natriumsulfat im normalen Dosisbereich ist die Resorption von Natriumionen zu vernachlässigen. Andere Salze sollten nicht benutzt werden.

2.5.14. Diphenylmethane

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Diphenylmethane Phenolphthalein und seine Derivate Bisacodyl (z.B. Dulcolax®) und Natriumpicosulfat (z. B. Agiolax® Pico) wirken durch Stimulierung der Dickdarmperistal-tik laxierend.

Phenolphthalein wird zu 15 % resorbiert und nach Glucuronidierung mit dem Harn (rötliche Verfärbung) ausgeschieden. Bisacodyl wird nur zu 5 % resorbiert. Eine teratogene oder spezifisch fetotoxische Wirkung der Diphenylmethane wurde nicht beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Bisacodyl ist in der gesamten Schwangerschaft Mittel der Wahl, wenn eine Obstipation medikamentös behandelt werden muss und weder Quellstoffe noch osmotische Laxanzien ausreichend wirken.

2.5.15. Anthrachinonderivate

Pharmakologie und Toxikologie.

Anthrachinonderivate mit laxierender Wirkung kommen in einer Reihe von Pflanzen vor: Sennesblätter (z. B. Neda Früchtewürfel), Rhabarberwurzel, Faulbaumrinde, Cascararin-de (Legapas®) und Aloe (z.B. Kräuterlax®). Die abführende Wirkung wird durch direkte Stimulierung der Muskulatur des Dickdarmes ausgelöst. Anthrachinonderivate liegen als Glykoside vor. Nach Abspaltung des Zuckeranteils im Darm werden sie teilweise resorbiert und mit dem Harn ausgeschieden (Verfärbung!). Anthrachinonderivate sind offenbar nicht teratogen.

Eine stimulierende Wirkung an der Uterusmuskulatur ist diskutiert worden, ebenso das Risiko des Mekoniumabgangs beim Fetus durch direkte Wirkung des Aloe-Wirkstoffs Aloin.

Empfehlung für die Praxis:

Anthrachinonderivate sind während der Schwangerschaft zu meiden. Eine dennoch erfolgte Anwendung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch eine invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.5.16. Rizinusöl

Pharmakologie und Toxikologie.

Aus Oleum Ricini (Rizinusöl) wird durch Lipasen im Dünndarm die Ricinolsäure freigesetzt. Diese ruft durch Reizung der Darmschleimhaut eine laxierende Wirkung hervor. Rizinusöl ist ein drastisch wirkendes Abführmittel, das für eine länger dauernde Therapie nicht geeignet ist. Beim Menschen wurden keine spezifischen embryotoxischen Effekte beobachtet. Manche Autoren warnen vor einem möglichen wehenauslösenden Effekt. Im Rahmen einer „natürlichen” Geburtseinleitung wurde es, gemischt z. B. mit Orangensaft, angewendet.

Empfehlung für die Praxis:

Die einmalige Anwendung von Rizinusöl in der Schwangerschaft ist, falls wirklich indiziert, vertretbar. Im letzten Trimenon sollte Rizinusöl wegen möglicher Wehenförderung jedoch nicht genommen werden.

2.5.17. Gleitmittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Paraffinum subliquidum hemmt die intestinale Resorption fettlöslicher Vitamine, wie z.B. von Vitamin K, und kann damit die fetale Entwicklung beeinträchtigen. Die Tatsache, dass geringe Mengen resorbiert werden und zu granulomatösen Reaktionen führen können, sowie das Risiko pulmonaler Schäden nach Aspiration (Lipoidpneumonie) schränken den therapeutischen Wert von Paraffinum subliquidum generell ein.

Docusat (in Norgalax® Miniklistier) ist ein Abführmittel, das ebenfalls die Gleitfähigkeit des Darminhaltes im Kolon erhöht. Es beeinträchtigt die Funktion der Darmschleimhaut und führt zur vermehrten Resorption anderer Arzneimittel. Auch wurde ein Neugeborenes mit klinisch manifester Hypomagnesiämie nach mütterlicher hoch dosierter Docu-satanwendung beschrieben (Schindler 1984). Bonapace (1998) fand kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nach Anwendung in der Schwangerschaft.

Empfehlung für die Praxis:

Paraffinum subliquidum ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte Exposition erfordert außer Umstellung der Behandlung keine Konsequenzen. Docusat kann in niedrigen Dosierungen bei entsprechender Indikation gegeben werden. Füll- und Quellstoffe sowie Lactu-lose und Bisacodyl sind aber vorzuziehen.

2.5.18. Andere Mittel gegen Obstipation

Noch in der Studienphase ist Alvimopan, ein selektiver Opioid-rezeptorblocker, der als Entrareq® auf den Markt kommen und bei Opioid-induzierter Obstipation eingesetzt werden soll. Erfahrungen zur Schwangerschaft liegen aus verständlichen Gründen noch nicht vor.

2.5.19. Antidiarrhoika

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei akuter Diarrhö steht auch in der Schwangerschaft die symptomatische Therapie mit Flüssigkeitsersatz und Aufrechterhalten des Elektrolythaushaltes im Vordergrund. Verlaufen infektiöse Enteritiden invasiv (blutige Stühle, hohes Fieber), so kann eine antibiotische Behandlung erforderlich sein.

Diphenoxylat wird zur Hemmung der Darmmotilität angeboten. Es ist ein Pethidinderivat und reagiert mit den Opiatrezeptoren, verfügt jedoch nicht über analgetische Eigenschaften. Bei seiner Anwendung bis zum Ende der Schwangerschaft können opiatartige Entzugssymptome nicht ausgeschlossen werden. Zu Diphenoxylat liegen keine Hinweise auf spezifische embryotoxische Wirkungen vor, der Umfang an dokumentierten Erfahrungen ist jedoch nicht groß.

Loperamid (z. B. Imodium®) ist mit dem Diphenoxylat hinsichtlich Struktur und Wirkung verwandt. Es wird nur zu geringen Teilen resorbiert. Nach den bisherigen Erfahrungen wirkt es zentral weit weniger opiatartig als Diphenoxylat. In einer prospektiven Untersuchung an 105 Schwangeren mit Loperamidbehandlung, davon 89 im 1. Trime-non, zeigten sich keine Hinweise auf teratogene Effekte. Auffällig war lediglich das gegenüber einer Kontrollgruppe um durchschnittlich 200 g niedrigere Geburtsgewicht der Kinder, deren Mütter durchgehend behandelt wurden (Einarson 2000).

Zu Racecadotril (Tiorfan®) liegen noch keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Zu Tanninalbumat (z. B. Tannalbin®) gibt es keine Hinweise auf spezifische embryotoxische Wirkungen, der Umfang an dokumentierten Erfahrungen ist jedoch nicht groß.

Medizinische Kohle, Apfelpektin und Ähnliches stellen kein Risiko für die Schwangerschaft dar.

Empfehlung für die Praxis:

Nur selten erfordert eine akute Diarrhö eine Behandlung, die über diätetische Maßnahmen hinausgeht. Falls tatsächlich eine medikamentöse Hemmung der Darmmotilität indiziert ist, sollte Loperamid gewählt werden.

2.5.20. Mittel gegen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen können, besonders wenn die Krankheitsaktivität hoch ist, zu einer höheren Abortrate, Frühge-burtlichkeit und einem niedrigeren Geburtsgewicht sowie zu vermehrt auftretenden perinatalen Komplikationen führen. Verschiedentlich wurden auch eine höhere Fehlbildungsrate beschrieben (Dominitz 2002) bzw. ein erhöhtes Risiko für spezielle Anomalien, wie z.B. Extremitätenfehlbildungen und obstruktive Harnwegsanomalien (Nørgård 2003). Beides ließ sich bisher nicht bestätigen.

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn kommen Sulfona-mide, 5-Aminosalicylsäure (5-ASA), Glucocorticoide (Prednisolon systemisch oder Budesonid rektal), Immunsuppressiva wie Azathioprin, Zytostatika in immunsuppressiver Dosierung wie Methotrexat, 6-Mer-captopurin, Thioguanin und neuerdings auch monoklonale Antikörper wie Infliximab zum Einsatz. Neu und ohne Erfahrungen in der Schwangerschaft sind auch Sargramostim (Leukine®) bei M. Crohn, Phosphatidylcholin bei Colitis ulcerosa, Anti-Interleukin-12-Antikörper und Integrin-Antikörper (NLN2) bei M. Crohn. Zu den immunmodulatorischen Medikamenten siehe Kapitel 2.12, Zytostatika siehe Kapitel 2.13, Glucocorticoide siehe Kapitel 2.15.

Salazosulfapyridin bzw. Sulfasalazin (Azulfidine®, Colo-Pleon®), ein Kombinationsprodukt aus einem Sulfonamidanteil und 5-ASA, galt lange Zeit als das Mittel der Wahl bei Colitis ulcerosa. Die vielfältigen Erfahrungen beim Menschen belegen, dass diese Substanz nicht terato-gen ist. Die Bedenken, der Sulfonamidanteil könnepränatal verabreichteinen Kernikterus beim Neugeborenen begünstigen, sind theoretisch verständlich, in der Praxis aber nicht von Bedeutung.

Da in den meisten Fällen der antiphlogistisch wirkende Anteil des Sulfasalazin, die 5-Aminosalicylsäure, bei Behandlung chronischentzündlicher Darmerkrankungen allein ebenso wirksam ist, wird diese als Monosubstanz Mesalazin angeboten (z.B. Claversal®, Salo-falk®).

Mesalazin wird sehr häufig in der Schwangerschaft verordnet, ohne dass sich bisher Hinweise auf teratogene Wirkungen ergeben haben (Habel 1993). Über ein Neugeborenes mit Nierenfunktionsstörungen wird berichtet, dessen Mutter vom 3. bis 5. Monat täglich 2–4 g Mesala-zin eingenommen hatte (Colombel 1994). Der von den Autoren als Ursache erwogene Prostaglandinantagonismus von 5-ASA wird von anderen in Frage gestellt. Obwohl bei oraler Anwendung von Mesala-zin bis zu 50% resorbiert werden, gelangen nur geringe Mengen über die Plazenta zum Fetus. Das könnte auch erklären, dass bisher keine Auswirkungen auf den fetalen Ductus arteriosus im Sinne eines vorzeitigen Verschlusses bei Behandlung nach Schwangerschaftswoche 30 beobachtet wurden. Andererseits werden in einer Publikation gleiche Mesalazinkonzentrationen im mütterlichen und im Nabelschnurblut beschrieben (Christensen 1994).

Auch die bisher größte Studie zur pränatalen Verträglichkeit des Mesalazins mit 318 Frauen, eine multizentrische Untersuchung des European Network of Teratology Information Services (ENTIS), ergab keine Hinweise auf pränatale oder perinatale Arzneitoxizität (Rost van Tonningen, persönliche Mitteilung 2003). Gleiches gilt für drei Untersuchungen an 148, 165 bzw. 123 Schwangeren (Nørgård 2003, Diav-Citrin 1998, Marteau 1998). Es ist aber erkennbar, dass für einen möglichst unkomplizierten Verlauf der Schwangerschaft Mesalazin ausreichend hoch dosiert werden muss, um das Risiko einer Exazerbation zu mindern, die ihrerseits die o.g. Komplikationen begünstigt.

Olsalazin (Dipentum®) zur Rezidivprophylaxe der Colitis ulcerosa ist ein Doppelmolekül aus zwei Mesalazinanteilen. Die Verträglichkeit für den Embryo ist analog Mesalazin zu bewerten.

Balsalazid wird im Colon zu 5-ASA metabolisiert.

Empfehlung für die Praxis:

Mesalazin ist Mittel der Wahl bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Es muss so hoch dosiert werden wie therapeutisch erforderlich. Es sollte keine Dosisreduktion mit Rücksicht auf die Schwangerschaft vorgenommen werden. Auch Olsalazin kann verschrieben werden. Falls der antibiotische Effekt des klassischen Sulfasalazin erwünscht ist, darf auch dieses verordnet werden. Corticoide können in der Schwangerschaft sowohl lokal, d.h. rektal, als auch systemisch verwendet werden. Sollte Azathio-prin unbedingt erforderlich sein, kann es auch in der Schwangerschaft eingenommen werden. Gleiches gilt für 6-Mercaptopurin. 6-Thioguanin und Infliximab sollten gemieden werden. Methotrexat ist kontraindiziert. Zu den immunmodulatorischen Medikamenten siehe Kapitel 2.12, Zytostatika siehe Kapitel 2.13, Glucocorticoide siehe Kapitel 2.15.

2.5.21. Simeticon und pflanzliche Carminativa

Pharmakologie und Toxikologie.

Unter Carminativa werden Substanzen zusammengefasst, die bei Meteorismus lindernd wirken. Dazu gehören pflanzliche Mittel wie Kümmel, Anis und Pfefferminz mit entsprechend wirksamen ätherischen Ölen. Sie sind in der Schwangerschaft als sicher anzusehen.

Simeticon (z.B. sab simplex® Suspension, Lefax®), die aktive Form von Dimeticon (z.B. sab simplex® Kautabletten), entschäumt das für den Meteorismus ursächliche Gas-Flüssigkeits-Gemisch und erleichtert damit den Weitertransport des Darminhaltes. Es wird nicht resorbiert und ist in der Schwangerschaft gut verträglich.

Empfehlung für die Praxis:

Simeticon, Dimeticon und pflanzliche Mittel, die Anis, Kümmel oder Pfefferminz enthalten, dürfen in der gesamten Schwangerschaft als Carminativa verwendet werden.

2.5.22. Chenodeoxycholsäure und Ursodeoxycholsäure

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Entstehung von Cholesteringallen-steinen wird in der Schwangerschaft wahrscheinlich durch eine verminderte Kontraktilität der Gallenblase begünstigt. Keinen Einfluss auf die Steinbildung soll hingegen die ebenfalls beobachtete Erhöhung der Cholesterinkonzentration in der Gallenflüssigkeit haben (Braverman 1980).

Zur Auflösung cholesterinhaltiger Gallensteine werden bei Patienten mit funktionsfähiger Gallenblase die natürlicherweise vorkommenden Gallensäuren bzw. deren Metaboliten eingesetzt. Chenodeoxycholsäure (z.B. Chenofalk®), Ursodeoxycholsäure (z.B. Ursofalk®) bzw. eine Kombination beider Wirkstoffe (z.B. Lithofalk®) können durch Verschiebung der Konzentrationsverhältnisse von Cholesterin zu Gallensäuren die Auflösung von Gallensteinen bewirken.

Ursodeoxycholsäure wirkt bei hepatozellulären Schäden, die durch Gallensäuren induziert sind, also vor allem bei cholestatischen Erkrankungen, wie der primär biliären Zirrhose. Aufgrund der symptomatischen Wirkung ist eine Dauerbehandlung erforderlich.

Aussagefähige Untersuchungen zur Anwendung bei Schwangeren gibt es bisher nur für Ursodeoxycholsäure in der zweiten Schwangerschaftshälfte, vor allem zur gut wirksamen Behandlung bei Schwanger-schaftscholestase (Roncaglia 2004, Mazella 2001), die mit Juckreiz, Ikterus sowie erhöhter alkalischer Phosphatase (AP) und γ-Glutamyl-transpeptidase (γ-GT) einhergeht. Unter dieser Therapie wurde nicht nur eine Besserung mütterlicher Symptome und Laborparameter beob achtet, sondern auch eine Verringerung der erkrankungsbedingten Frühgeburtlichkeit (Palma 1997). Es wurde keine Zunahme toxischer Ursodeoxycholsäuremetaboliten im Mekonium gefunden. Der Gallensäuregehalt des Mekoniums kann sich durch die mütterliche Erkrankung verändern, nicht aber durch die Medikation (Rodrigues 1999). Eine vergleichende Untersuchung an 84 Schwangeren mit Schwanger-schaftscholestase, die entweder Ursodeoxycholsäure oder Colestyramin einnahmen, zeigte deutliche Vorteile für die Anwendung von Ursodeoxycholsäure. Der Juckreiz wurde dadurch effektiver behandelt, es kam zu weniger Frühgeburten und die Leberwerte wurden deutlicher reduziert (Kondrackiene 2005).

Über embryotoxische Schäden durch Gallensäurebehandlung wurde bisher nicht berichtet. In unserer Datenbank liegen 24 Schwangerschaften mit Exposition im 1. Trimenon vor. Fehlbildungen wurden nicht beobachtet. Für die tierexperimentell beobachteten Fehlbildungen und Leberschäden nach Gabe dieser Mittel gibt es bislang kein Korrelat beim Menschen.

Empfehlung für die Praxis:

Chenodeoxycholsäure und Ursodeoxycholsäure sind während der ersten drei Schwangerschaftsmonate zu meiden. Falls eine Patientin während der Behandlung schwanger wird, sollte das Medikament möglichst abgesetzt werden. Eine Ausnahme stellt die primär biliäre Zirrhose dar, die ggf. durchgängig mit Ursodeoxycholsäure behandelt werden muss. Auch bei Schwangerschaftscholestase kann dieses Mittel verordnet werden. Eine Behandlung mit Gallensäuren im 1. Trimenon rechtfertigt nach heutigem Erkenntnisstand weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch zusätzliche diagnostische Maßnahmen (siehe Kapitel 1.15).

2.5.23. Clofibrinsäurederivate und -analoga

Pharmakologie und Toxikologie.

Clofibrat (inzwischen vom Markt genommen) und die anderen Fibrate stellen in der Behandlung der Hypercholesterinämie ein überholtes Therapiekonzept dar. Der Nutzen der Statine ist besser belegt. Auch wegen vermuteter Kanzerogenität, wegen der Hepatotoxizität und immunogener Reaktionen ist die Fibrat-therapie inzwischen in den Hintergrund gerückt. Wegen der verminderten Glucuronidkonjugation beim Fetus ist bei Behandlung am Ende der Schwangerschaft eine Kumulation möglich.

Die Analogprodukte Bezafibrat (z.B. Cedur®), Ciprofibrat, Etofi-brat (Lipo-Merz®), Etofyllinclofibrat (Duolip®), Fenofibrat (z.B. Nor-malip® pro) und Gemfibrozil sind pharmakologisch und toxikologisch ähnlich zu beurteilen.

Gemfibrozil (z.B. Gevilon®) eignet sich (als Reservetherapeutikum) zur Behandlung massiver Hypertriglyzeridämien und kombinierter Hypertrigyzerid- und Hypercholesterinämien, vor allem bei hohem Risiko für eine Pankreatitis.

Der Umfang an Erfahrungen in der Schwangerschaft ist für eine Risikobewertung unzureichend. Hinweise auf ein nennenswertes teratoge-nes Potenzial beim Menschen gibt es bisher nicht.

Empfehlung für die Praxis:

Die genannten Mittel sollten in der Schwangerschaft nicht verordnet werden. Eine dennoch erfolgte Behandlung mit einem dieser Lipidsenker rechtfertigt weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch invasive diagnostische Maßnahmen (siehe Kapitel 1.15).

2.5.24. Cholesterin-Synthese-Enzym-Hemmer

Pharmakologie und Toxikologie.

Atorvastatin (Sortis®), Cerivastatin (ehemals Lipobay®), Fluvastatin (Cranoc®, Locol®), Lovastatin (z.B. Mevinacor®), Pitavastatin, Pravastatin (z.B. Pravabeta®), Rosuvasta-tin und Simvastatin (z.B. Zocor®) sind Inhibitoren des Enzyms 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A-(HMG-CoA-)Reduktase, das für die Cholesterin-Biosynthese unerlässlich ist. Cerivastatin wurde 2001 vom Markt genommen, da es zu schweren Rhabdomyolysen mit z.T. tödlichem Ausgang führte. Theoretische Bedenken gegen die Anwendung dieser Arzneigruppe in der Schwangerschaft bestehen wegen der Bedeutung einer ungestörten Cholesterinsynthese insbesondere während der Organogenese und den z.T. noch unzureichenden klinischen Erfahrungen in der Gravidität.

Eine Vielzahl von Studien hat die Wirksamkeit der Statine untersucht. Bewiesen ist der Nutzen (zumindest von Simvastatin und Pravastatin) in der Sekundärprävention hinsichtlich Morbidität und Mortalität von vaskulären Erkrankungen, die mit einer Hyperlipidämie assoziiert sind. Widersprüchlich ist hingegen die klinische Bedeutung bei der Primärprävention.

Die Erfahrungen zur Schwangerschaft umfassen mehr als 400 exponierte Frauen. Bisher lässt sich kein entwicklungstoxisches Risiko erkennen. Hierbei handelt es sich um die Auswertung von 70 retrospektiven Fallberichten an die Federal Drug Administration (FDA; Edison 2004), in der ZNS- und Extremitätenanomalien als mögliche Gefahr diskutiert, aber von anderen Autoren angezweifelt wurden (Gibb 2005). Weitere Fallsammlungen finden kein erhöhtes Risiko: Ein Hersteller berichtet über 225 prospektiv erfasste Schwangerschaften, in denen Simvastatin oder Lovastatin eingenommen wurde. Auch retrospektive Fallberichte wurden ausgewertet (Pollack 2005). Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko wurde hier ebenso wenig beobachtet wie bei zwei kleineren prospektiv dokumentierten Fallsammlungen mit 19 (McElhatton 2005) bzw. 45 (Paulus 2004) im 1. Trimenon exponierten Schwangeren. Auch unsere eigenen, prospektiv erfassten Daten zu ca. 60 Schwangeren, die mit Statinen behandelt wurden, erbrachten keine Hinweise auf ein entwicklungstoxisches Risiko. Die Erhebungsweise der verschiedenen Untersuchungen und/oder ihre geringe Fallzahl erlauben keine statistische Risikoberechnung. Die Daten begründen aber keinen Verdacht auf Teratogenität beim Menschen.

Empfehlung für die Praxis:

Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin sollten in der Schwangerschaft nicht verordnet werden, da ihre Unbedenklichkeit nicht erwiesen ist und Nachteile für die Mutter durch eine Unterbrechung der Therapie für den Zeitraum der Schwangerschaft in der Regel nicht zu erwarten sind. Eine dennoch erfolgte Behandlung rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeindiagnostik zur Bestätigung der normalen morphologischen Entwicklung sollte jedoch angeboten werden. Erscheint eine Therapie in der Schwangerschaft unumgänglich, ist ein erprobtes Mittel wie Simvastatin zu wählen.

2.5.25. Colestyramin und andere Lipidsenker

Pharmakologie und Toxikologie.

Colestyramin (z.B. Quantalan®) ist ein Anionenaustauschharz, das aus dem Magen-Darm-Trakt nicht resorbiert wird. Es bindet Gallensäuren und bildet mit diesen einen unlöslichen Komplex, der mit dem Stuhl ausgeschieden wird. Dies führt zu einer Reduktion des Cholesterins und der LD-(low density-)Lipo-proteine im Serum. Colestyramin wird bei Schwangerschaftscholestase gegen den Juckreiz eingesetzt. Wirksamkeit und Sicherheit sprechen eher für Ursodeoxycholsäure (siehe dort; Kondrackiene 2005).

Die bisher vorliegenden Fallberichte zu Colestyramin zeigten keine Hinweise auf Teratogenität (Landon 1987). Ein Risiko ergibt sich allerdings für den Fetus daraus, dass es neben Gallensäuren auch andere lipophile Substanzen, wie z.B. fettlösliche Vitamine und Medikamente, bindet. Zwei Kasuistiken beschreiben schwere Hirnblutungen beim Fetus und diskutieren einen Vitamin-K-Mangel durch die Coles-tyraminbehandlung der Mutter (Sadler 1995 und eigene Daten).

Andere Lipidsenker wie Acipimox (Olbemox®), Colestipol (z.B. Cholestabyl®), β-Sitosterin (z.B. Sito Lande®), Inositolnicotinat (z.B. Nicolip®) und Probucol sind unzureichend hinsichtlich Verträglichkeit in der Schwangerschaft untersucht. Auch für diese Mittel fehlen bisher Hinweise auf spezifische embryo- bzw. fetotoxische Wirkungen.

Seit kurzem ist Ezetimib (Ezetrol® und in Inegy®) auf dem Markt, das selektiv die intestinale Resorption von Cholesterin aus Nahrung und Galle hemmt. Es soll zusammen mit Statinen angewendet werden, wenn diese alleine nicht wirksam genug sind. Diskutiert wird, ob es unter der Kombination beider Cholesterinsenker zu einer erhöhten Inzidenz von Myopathien und Hepatitiden mit Transaminasenerhö-hungen kommt. Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Colestyramin darf bei Schwangerschaftscholestase als Mittel zweiter Wahl eingesetzt werden. Mittel der ersten Wahl ist Ursodeoxy-cholsäure. Sollte die Anwendung eines Lipidsenkers zwingend indiziert sein, kann eine Therapie mit Colestyramin versucht werden. Es ist dabei streng auf die ausreichende Zufuhr von fettlöslichen Vitaminen zu achten, die zeitlich versetzt zum Medikament eingenommen werden müssen. Acipimox, Colestipol, ß-Sito-sterin, Inositolnicotinat und Probucol sowie Ezetimib sollen in der Schwangerschaft nicht verordnet werden. Eine dennoch erfolgte Applikation rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch eine invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.5.26. Appetitzügler, Abmagerungsmittel und Ernährungsstörungen

Pharmakologie und Toxikologie.

Amfepramon (synonym Diethylpropion; z.B. Regenon®), Norpseudoephedrin bzw. Cathin (Antiadipositum X-112 T®) und Phenylpropanolamin (Recatol® mono) sind Sympathomi-metika und gehören wie Sibutramin (Reductil®) zu den Appetitzüglern. Orlistat (Xenical®), ein Lipasehemmer, ist ein Abmagerungsmittel. Als solche werden auch Füll- und Quellstoffe zur Verminderung des Hungergefühls, wie lyophilisiertes Kollagen (Matricur Sättigungscomprimat®), angeboten. Inzwischen gibt es auch einige Substanzen mit anderem Wirkprinzip. Dazu gehören Oxyntomodulin, ein Dünndarmhormon, das Neuropeptid Melanocortin, das intranasal appliziert werden muss, und das noch in Erprobung befindliche Rimonabant, das durch eine Blockierung von Bindungsstellen für Endocannabinoide das Hungergefühl dämpfen soll.

Clobenzorex, Fenfluramin, Fenproporex, Mefenorex, Phentermin und andere Anorektika wurden europaweit, Dexfenfluramin auch weltweit wegen kardialer Nebenwirkungen vom Markt genommen.

Bedenken gegen die Appetitzügler in der Schwangerschaft sind aufgrund experimenteller Ergebnisse und im Zusammenhang mit Einzelfallberichten wiederholt geäußert worden. Es wird auf ein den Amphet-aminen ähnliches perfusionsminderndes Potenzial hingewiesen, das theoretisch zu Disruptionsfehlbildungen führen kann. Andere Autoren diskutieren Störungen der Temperaturregulation oder die im Zuge der Gewichtsabnahme auftretende azidotische oder ketotische Stoffwechsellage als Ursachen für embryotoxische Schäden, wie z. B. Neuralrohr defekte (Robert 1992). Eine Studie des European Network of Teratology Information Services (ENTIS) mit 168 vornehmlich Dexfenflur-amin exponierten Schwangerschaften erbrachte keine Hinweise auf teratogene Eigenschaften der Appetitzügler (Vial 1992).

Publizierte Erfahrungen zu Sibutramin, das strukurell Amphetamin ähnelt und ein Wiederaufnahmehemmstoff von Serotonin, Noradrena-lin und (in geringerem Maß) Dopamin ist, liegen nur in Form von 10 bzw. 2 Fallberichten vor (Einarson 2004, Kardioglu 2004), aus denen sich kein spezifisches Risiko ergibt. Wir überblicken zurzeit 26 im 1. Trimenon exponierte Schwangere: Von 19 lebend geborenen Kindern hatten zwei Fehlbildungen, eines eine einseitige Nierenagenesie, das andere einen Vorhofseptumdefekt.

Orlistat wird aus dem Gastrointestinaltrakt kaum resorbiert, so dass teratogene Effekte unwahrscheinlich erscheinen.

Zahlreiche Publikationen beschäftigen sich mit dem Risiko für Schwangerschaftskomplikationen einschließlich Fehlbildungen durch mütterliche Adipositas (Scialli 2006). Eine retrospektive Fall-Kontroll-Untersuchung mit 277 Müttern fand ein mindestens 2fach erhöhtes Risiko für Neuralrohrdefekte, insbesondere Spina bifida, unabhängig von perikonzeptioneller Vitamin- bzw. Folsäureeinnahme (Shaw 2000 A). In einer prospektiven Studie mit 1.451 Kindern von adipösen Frauen (Body-Mass-Index (BMI) ≥30 kg/m2) wurde eine deutlich erhöhte Fehlbildungsrate von 11,1% gefunden, vor allem Enzephalo-zele, Truncus arteriosus communis und Potter-Sequenz traten überzufällig häufig auf (Wiesel 2001). Ein durch Adipositas erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Fehlbildungen wird kontrovers diskutiert (Correa Villasešor 2004). Bei Frauen mit Fertilitätsstörungen und einem BMI ≥ 25 kg/m2 wurden in einer retrospektiven Studie signifikant häufiger obstruktive renale Anomalien bei den Kindern beobachtet (Honein 2003). Eine weitere Untersuchung beobachtete vermehrt Lippen-Gaumen-Spalten bei einem BMI > 29 kg/m2 (Cedergren 2005). Zu diskutieren ist, ob nicht eine Glukosetoleranzstörung bzw. ein unentdeckter Diabetes mellitus für die erhöhten Fehlbildungsraten bei adipösen Schwangeren verantwortlich sind (siehe auch Abschnitt 2.15.11).

Ähnliche Fehlbildungsrisiken beobachtete eine Fall-Kontroll-Untersuchung, die 538 Mütter mit einer unterdurchschnittlichen Gewichtszunahme in der Schwangerschaft von <10 kg verglich. Das höchste Risiko hatten Frauen, die <5 kg zunahmen. Andere bekannte Risikofaktoren, wie z.B. unzureichende Folsäureeinnahme, wurden in dieser Untersuchung ausgeschlossen (Shaw 2000 B). Die Autoren bewerten einen ursächlichen Zusammenhang jedoch sehr zurückhaltend.

Empfehlung für die Praxis:

Appetitzügler sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Die versehentliche Einnahme rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Bei Abusus bzw. nach länger dauernder Einnahme während der Schwangerschaft sowie nach erheblicher Gewichtsabnahme in der Frühschwangerschaft sollte durch Ultraschallfeinuntersuchung die morphologische Entwicklung insbesondere des Neuralrohres kontrolliert werden.

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2.6. Antiinfektiva

2.6.1. Penicilline

Pharmakologie und Toxikologie.

Penicilline hemmen die Zellwandsynthese von Bakterien und wirken bakterizid. Da vergleichbare Stoffwechselschritte im Säugetierorganismus nicht vorkommen, weisen die Penicilline und alle verwandten β-Lactam-Antibiotika in therapeutischer Dosierung praktisch keine Toxizität für den Menschen auf.

Zu den Penicillinen zählen Amoxicillin (z.B. Amoxypen®), Ampicillin (z.B. Ampicillin STADA®), Azidoclin (Infectobicillin H Tabletten), Azlocillin, Bacampicillin, Benzylpenicillin (z.B. Penicillin G®), Cloxacillin, Dicloxacillin (InfectoStaph®), Flucloxacillin (z.B. Sta-phylex®), Mezlocillin (Baypen®), Nafcillin, Oxacillin (InfectoStaph®), Panamecillin, Phenoxymethylpenicillin (z.B. Penicillin V®, Isocillin) Piperacillin (z.B. Piperacillin Fresenius®) und Propicillin (Baycillin®).

Penicilline gehen ungehindert auf den Fetus über und lassen sich in der Amnionflüssigkeit nachweisen. Es gibt bei mehreren Tausend ausgewerteten Schwangerschaften keine Anzeichen dafür, dass die Therapie mit Penicillinen embryo- oder fetotoxisch wirkt (Berkovitch 2004, Dencker 2002, Czeizel 2001 A, Czeizel 2000 A, Larsen 2000, Czeizel 1998 A). Dies gilt auch für Kombinationen mit Clavulansäure (siehe 2.6.3). Bei Behandlung einer Syphilis mit Penicillinen können im Rahmen einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion neben Fieber, Kopfschmerzen und Myalgien auch Uteruskontraktionen auftreten, die eine Beobachtung des Fetus erfordern (Myles 1998). Im Übrigen stellt auch während der Schwangerschaft eine Penicillinallergie (der Mutter) das einzige therapeutische Problem dar. Es sind keine Unterschiede der einzelnen Penicillinderivate in Bezug auf ihre Verträglichkeit in der Schwangerschaft bekannt. Da die Clearance von Penicillinen in der Schwangerschaft erhöht ist, müssen ggf. Korrekturen von Dosis oder Dosisintervall vorgenommen werden (Heikkilä 1994).

Empfehlung für die Praxis:

Penicilline gehören zu den Antibiotika der Wahl in der Schwangerschaft.

2.6.2. Cephalosporine

Pharmakologie und Toxikologie.

Cephalosporine gehören wie die Penicilline zu den β-Lactam-Antibiotika. Sie hemmen die Zellwandsynthese und wirken bakterizid. Man unterscheidet Cephalosporine der ersten, zweiten und dritten Generation.

Zu den Cephalosporinen der ersten Generation zählen Cefaclor (z.B. Ceclorbeta®, Panoral®), Cefradin, Cefadroxil (z.B. Grüncef®), Ce-falexin (z.B. Cephalex-CT®), Cefalotin und Cefazolin (z.B. Basocef®).

Zur zweiten Generation gehören Cefamandol, Cefmetazol, Cefoxi-tin (Mefoxitin®) und Cefuroxim (z. B. Elobact®, Zinnat®).

Dritte Generation sind Cefdinir, Cefepim (Maxipime), Cefetamet, Cefixim (z.B. Cephoral®, Suprax®), Cefmenoxim, Cefodizim, Cefope-razon, Cefotaxim (z.B. Claforan®), Cefotetan, Cefotiam (Spizef®), Cefpirom, Cefpodoxim (z.B. Orelox®), Cefprozil, Cefsulodin, Ceftazi-dim (Fortum), Ceftibuten (Keimax), Ceftizoxim, Ceftriaxon (z.B. Rocephin®) sowie Latamoxef und Loracarbef (Lorafem®).

Da die Clearance von Cephalosporinen in der Schwangerschaft erhöht ist, müssen ggf. Korrekturen von Dosis oder Dosisintervall vorgenommen werden (Heikkilä 1994). Cephalosporine sind plazentagängig und in der Amnionflüssigkeit in bakteriziden Konzentrationen nachweisbar. Im Zusammenhang mit Cephalosporinen der zweiten und dritten Generation, insbesondere Cefotetan, wurden immunhämolytische Ereignisse bei den behandelten Patientinnen beobachtet (Garratty 1999).

Nach bisherigen Beobachtungen, z.B. zu Cefuroxim im 1. Trimenon (Berkovitch 2000), verursachen Cephalosporine in therapeutischer Dosis keine teratogenen Schäden (Czeizel 2001 B). Eine normale körperliche und mentale Entwicklung bis zum Alter von 18 Monaten wurde bei Kindern bestätigt, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Cefuroxim behandelt worden waren (Manka 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Cephalosporine gehören wie die Penicilline zu den Antibiotika der Wahl in der Schwangerschaft. Man sollte länger eingeführten Cephalosporinen, wie z. B. Cefalexin und Cefuroxim den Vorzug geben.

2.6.3. Andere β-Lactam-Antibiotika und β-Lactamase-Inhibitoren

Pharmakologie und Toxikologie.

Aztreonam (Azactam®), Imipenem (Zienam®) und Meropenem (Meronem®) sind synthetische monozyklische β-Lactam-Antibiotika mit guter antimikrobieller Aktivität gegen gramnegative Keime, insbesondere solche aus der Gruppe der Entero-bakterien. Ihre Stabilität gegenüber bakteriellen β-Lactamasen entspricht der von Cephalosporinen der dritten Generation. Das seit Jahrzehnten verfügbare Pivmecillinam ist besonders in Skandinavien bei Harnwegsinfekten verbreitet und weist nur eine geringe Resistenzentwicklung auf.

Sulbactam (Combactam®) und Tazobactam sind β-Lactamase-Inhi-bitoren, die in Kombination mit einem Antibiotikum wie Ampicillin oder einem Cephalosporin verabreicht werden (fixe Kombinationen, z.B. Tazobac®, Unacid®).

Ferner werden Kombinationen von Clavulansäure plus Amoxicillin (Augmentan®) oder Ticarcillin eingesetzt.

Da die Clearance von Lactam-Antibiotika und β-Lactamase-Inhibito-ren in der Schwangerschaft erhöht ist, müssen ggf. Korrekturen von Dosis oder Dosisintervall vorgenommen werden (Heikkilä 1994).

Soweit untersucht, passieren β-Lactam-Antibiotika oder β-Lacta-mase-Inhibitoren die Plazenta und erreichen den Fetus in relevanten Mengen. Fehlbildungen oder andere unerwünschte Effekte sind bisher weder im Tierversuch noch beim Menschen beobachtet worden (Lewis 2003, Czeizel 2001 A, Sigg 2000). Pivmecillinam hat bei weit über 2.000 Schwangeren, über 500 davon im 1. Trimenon exponiert, weder eine erhöhte Fehlbildungsrate noch andere Auffälligkeiten beim Neugeborenen gezeigt (Vinther Sriver 2004).

Empfehlung für die Praxis:

Aztreonam, Clavulansäure, Imipenem, Meropenem, Sulbactam und Tazobactam können eingesetzt werden, wenn das Keimspektrum dies erfordert.

2.6.4. Erythromycin und andere Makrolidantibiotika

Pharmakologie.

Erythromycin (z.B. Erycinum®) und andere Makrolide hemmen die bakterielle Proteinsynthese und wirken bakteriostatisch. Makrolide werden in erster Linie zur Therapie von Infektionen mit grampositiven Keimen eingesetzt, wirken jedoch auch gegen Haemo-philus influenzae und viele anaerobe Keime. Bei Patienten mit Penicillinallergie bieten sich Makrolide als Alternative an.

Erythromycin ist das älteste Mittel dieser Gruppe. Im 3. Trimenon kann die Resorption verzögert sein. Gastrointestinale Nebenwirkungen können dann auf subtherapeutische Plasmakonzentrationen mit daraus resultierendem Therapieversagen hinweisen (Larsen 1998). Im Fetus werden nur 5–20% der mütterlichen Erythromycinkonzentration erreicht. Daher ist Erythromycin bei einer Infektion des Fetus oder der Eihäute nicht zuverlässig genug.

Die neueren Makrolidantibiotika Azithromycin (z.B. Zithromax®), Clarithromycin (z.B. Klacid®), Dirithromycin, Josamycin (Wilprafen®), Midecamycin, Oleandomycin und Roxithromycin (z.B. Rulid) haben ein weitgehend identisches Wirkungsspektrum wie Erythromycin, verursachen z.T. aber weniger gastrointestinale Nebenwirkungen.

Spiramycin (Rovamycine®, Selectomycin®) wird bei Toxoplasmose im 1. Trimenon verwendet.

Toxikologie.

Weder zu Erythromycin (Czeizel 1999 A) noch zu Azithromycin, Clarithromycin (Einarson 1998, Schick 1996), Josamycin, Roxithromycin und Spiramycin (Übersicht bei Briggs 2005, Czeizel 2000 D) hat sich bisher ein ernsthafter Verdacht auf teratogene Eigenschaften beim Menschen ergeben. Allerdings wurde kürzlich anhand der Daten des schwedischen medizinischen Geburtsregisters für Erythro-mycin eine gegenüber Phenoxymethylpenicillin schwach signifikant erhöhte Fehlbildungsrate bei 1.844 Kindern mit einer Exposition in der Frühschwangerschaft beschrieben (Källén 2005). Dies beruhte auf einer etwas höheren Zahl von Herzfehlbildungen (Odds Ratio 1,84, 95 % CI 1,29–2,62). Auch Pylorusstenosen waren geringfügig häufiger. Der Zusammenhang einer postpartalen Erythromycinbehandlung beim Kind in den ersten beiden Lebenswochen und einer Pylorusstenose wurde bereits früher diskutiert (Mahon 2001). Andere Untersucher konnten den Verdacht einer teratogenen Wirkung bisher nicht bestätigen (Malm 2005: Daten des finnischen medizinischen Geburtsregisters, pers. Mitteilung, Cooper 2002, Louik 2002).

Speziell bei Clarithromycin war man zunächst vorsichtig, da es tierexperimentell teratogene Wirkungen zeigte und z.B. in einigen Tests kardiovaskuläre Defekte bei Ratten verursachte (Übersicht in Schardein 2000).

Es gibt mehrere Berichte über lebertoxische Veränderungen bei der Mutter (z.B. Lewis 1991), wenn in der zweiten Schwangerschaftshälfte mit Erythromycinestolat (z.B. Infectomycin®) oder Troleandomycin behandelt wurde. In der zweiten Behandlungswoche entwickelte sich bei den betroffenen Patientinnen ein cholestatischer Ikterus. Dieser besserte sich nach Absetzen der Medikation binnen weniger Wochen ohne Folgeschäden oder Zeichen fetaler Beeinträchtigung.

Keine Erfahrungen in der Schwangerschaft gibt es zu Telithromycin (Ketek®). Im Tierversuch hat sich dieses dem Erythromycin strukturell verwandte Mittel als nicht teratogen erwiesen, Verdachtsmeldungen beim Menschen liegen ebenfalls nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Makrolide dürfen, wenn das Keimspektrum es erfordert oder eine Penicillinallergie vorliegt, in der Schwangerschaft verwendet werden. Aufgrund seiner Hepatotoxizität sollte jedoch das Erythromycinestolat im 2. und 3.Trimenon nicht gegeben werden. Spiramycin ist Mittel der Wahl bei Toxoplasmose im 1. Trimenon.

2.6.5. Clindamycin und Lincomycin

Pharmakologie und Toxikologie.

Clindamycin (z.B. Sobelin®) und Lincomycin (Albiotic®) gehören ebenfalls zu den Makroliden. Sie hemmen die bakterielle Proteinsynthese und haben ein ähnliches bakteriostati-sches Wirkungsspektrum wie Erythromycin. Nach oraler Gabe ist die Resorption fast vollständig. Im Nabelvenenblut werden 50 % der mütterlichen Plasmakonzentration erreicht. Es gibt keine Hinweise auf embryo- oder fetotoxische Effekte bei mehreren Hundert Schwangeren nach Behandlung mit Lincomycin zu verschiedenen Zeitpunkten (Czeizel 2000 E, Mickal 1975). Auch zu Clindamycin liegen keine entsprechenden Hinweise vor. Bedrohlich ist die nach mehrwöchiger Behandlung bei 2–10% der Patientinnen auftretende pseudomembra-nöse Colitis, die auch nach vaginaler Clindamycinanwendung beobachtet wurde (Trexler 1997).

Schwangerschaftskomplikationen infolge bakterieller Vaginosen lassen sich durch eine vaginale Clindamycintherapie nicht ausreichend verhüten (Joesoef 1999). Andere Untersucher fanden aber eine Reduktion von Spätaborten und Frühgeburten bei pathologischem vaginalem Keimspektrum nach oraler Clindamycintherapie bei mehreren hundert Schwangeren (Ugwumadu 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Clindamycin und Lincomycin sollten nur bei Versagen von Penicillinen, Cephalosporinen und den o.g. Makroliden verwendet werden, z. B. bei Infektionen mit Bacteroides fragilis und anderen Anaerobiern. Eine routinemäßige Clindamycinverordnung nach zahnärztlichen Eingriffen ist nicht begründet. Clindamycin oder Lincomycin rechtfertigen weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.6. Tetracycline

Pharmakologie.

Tetracycline, wie z.B. Chlortetracyclin (Aureomycin® Salbe), Doxycyclin (z. B. Doxy-Wolff®, Vibramycin®), Minocyclin (z.B. Klinomycin), Oxytetracyclin (z.B. Oxytetracyclin® Augensalbe) und Tetracyclin (z.B. Achromycin®, Tetracyclin-Heyl®), hemmen die Proteinsynthese von Bakterien und wirken bakteriostatisch. Diese Breitbandantibiotika, insbesondere das Tetracyclin selbst, gehen mit Calci-umionen stabile Chelatbindungen ein.

Toxikologie.

Tetracycline gelangen über die Plazenta zum Fetus. Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko durch Tetracyclinanwendung ist nach heutiger Erkenntnis nicht zu erwarten (Czeizel 1997). Die in einer Fall-Kontroll-Studie beobachtete erhöhte Fehlbildungsrate nach Oxytetracyclin (Czeizel 2000 B) ist bisher von anderen Untersuchern nicht bestätigt worden.

In der fetalen Mineralisierungsphase ab dem fünften Schwangerschaftsmonat können sich Tetracycline an Calciumionen in Zahnanlagen und Knochen anlagern. In den 50er Jahren gehörten Tetracycline zu den gebräuchlichen Antibiotika, auch in der Spätschwangerschaft. Damals erschienen zahlreiche Publikationen zur Gelbfärbung von Zähnen pränatal exponierter Kinder, dem einzigen erwiesenen vorgeburt lichen Effekt beim Menschen. Erörtert wurden außerdem Schmelzdefekte mit erhöhter Kariesanfälligkeit, Wachstumshemmung der langen Röhrenknochen, insbesondere der Fibula (nur nach Langzeitbehandlung Frühgeborener), ferner Katarakte durch Einlagerung in die Linse (Überblick bei Briggs 2005).

Eine Verfärbung der Milchzähne ist vor Schwangerschaftswoche 16 nicht zu erwarten, zumindest nicht bei der heute üblichen Dosis und einer Behandlungsdauer von bis zu 14 Tagen. Auch danach sind unter üblichen Therapieschemata von den bleibenden Zähnen allenfalls die ersten Molaren betroffen. Ein größeres Risiko für die beschriebenen Entwicklungsstörungen ist eventuell bei höheren Tetracyclindosen im 2. und 3. Trimenon zu erwarten, wie sie z.B. zur Malariabehandlung nötig sind.

Mehrfach wurde über schwere, sogar tödlich verlaufende tetracyclin-bedingte Leberschäden bei der Mutter berichtet (z.B. Lewis 1991). Betroffen waren Frauen, die in der zweiten Schwangerschaftshälfte Tetracyclin erhalten hatten. Dabei handelte es sich in den meisten Fällen um Patientinnen mit Nierenerkrankungen, bei denen die Tagesdosis häufig 2 g überstieg und fast ausschließlich intravenös verabreicht wurde. Die mütterlichen Serumkonzentrationen lagen dabei deutlich oberhalb des therapeutischen Bereiches.

Empfehlung für die Praxis:

Alle Tetracycline sind ab der Schwangerschaftswoche 16 kontraindiziert. Davor gelten sie als Antibiotika der zweiten Wahl. Eine versehentliche Tetracyclintherapie nach Schwangerschaftswoche 16 rechtfertigt keinen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft (siehe Kapitel 1.15), da schwere Defekte nicht zu erwarten sind. Zusätzliche pränataldiagnostische Maßnahmen sind insbesondere bei Doxycyclin nicht notwendig.

2.6.7. Sulfonamide, Trimethoprim, Co-trimoxazol

Pharmakologie.

Sulfonamide gehören zu den ältesten Antiinfektiva. Als Monopräparate werden heute beispielsweise noch Sulfadiazin (Sulfadi-azin-Heyl®) und Sulfalen angeboten. Sulfonamide wirken bakteriosta-tisch. Sie erreichen im Fetus 50–90 % der mütterlichen Plasmakonzentration, verdrängen Bilirubin aus der Bindung an Plasmaproteine und werden wie dieses von Enzymen der Leber an Glucuronsäure gekoppelt.

Trimethoprim wird meist in Kombination mit dem Sulfonamid Sul-famethoxazol, als Co-trimoxazol (z.B. Cotrim®, Eusaprim®) angeboten. Beide Kombinationspartner unterliegen keiner schwangerschaftbedingten Clearance-Schwankung, die eine Dosisanpassung erfordern würde. Trimethoprim soll bei Harnwegsinfekten in Monotherapie ebenso effektiv sein wie in der Kombination mit dem Sulfonamid in Co-trimoxazol.

Auch Tetroxoprim, ein Folsäureantagonist wie Trimethoprim, wird in Kombination mit einem Sulfonamid eingesetzt.

Sulfasalazin (z.B. Azulfidine®, Colo-Pleon®), eine Kombination aus dem Sulfonamid Sulfapyridin und 5-Aminosalicylsäure, wird in der Schwangerschaft häufig verordnet. Es ist ein lange bewährtes Mittel bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie z.B. Colitis ulce-rosa. Inzwischen wird jedoch meist nur der antiphlogistisch wirkende Anteil 5-Aminosalicylsäure als Mesalazin (z.B. Pentasa®, Salofalk®) verwendet (siehe Kapitel 2.5).

Sulfalen und Sulfadoxin werden in Kombination mit Pyrimethamin zur Prophylaxe und Behandlung der Malaria eingesetzt. Früher wurden Harnwegsinfektionen mit Sulfamethizol und Sulfafurazol behandelt. Sulfadicramid findet sich in Augenpräparaten.

Toxikologie.

Bisher gibt es keinen Anhalt dafür, dass Sulfonamide, Tri-methoprim und Kombinationspräparate, die diese Substanzen enthalten, ein teratogenes Potenzial beim Menschen besitzen (Norgard 2001, Czeizel 1990). Ein embryotoxisches Potenzial ist immer wieder diskutiert worden, weil Folsäureantagonisten im Tierversuch teratogen wirken können und sich beim Menschen die Spontaninzidenz von Neural-rohrdefekten (Spina bifida) durch Gabe von Folsäure während der Frühschwangerschaft senken lässt (siehe Abschnitt 2.18.6).

Die menschliche Folsäurereduktase ist sehr viel weniger empfindlich gegenüber Trimethoprim als das bakterielle Enzym. Dies könnte erklären, dass teratogene Schäden durch folsäureantagonistische Antibiotika beim Menschen bisher nicht nachgewiesen wurden. In einer neueren retrospektiven Fall-Kontroll-Untersuchung wird jedoch wieder eine kausale Assoziation diskutiert zwischen der Therapie mit Trimethoprim und anderen ebenfalls nicht onkologischen Folsäureantagonisten wie Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Triamteren und Neuralrohrdefekten, kardiovaskulären Fehlbildungen, Lippen-Gaumen-Spalten und Anomalien der Harnwege. Die Autoren erörtern eine präventive Gabe von Multivitamin- und Folsäurepräparaten (Hernandez-Diaz 2000). Tatsächlich hat sich der Vorschlag, Folsäure während einer Antibiotikatherapie mit den hier besprochenen Mitteln zu verabreichen, bisher aber nicht überzeugend begründen lassen.

Von den umfangreichen, eher beruhigenden Erfahrungen der Anwendung von Co-trimoxazol bei banalen Harnwegsinfektionen in der Schwangerschaft kann nicht auf eine generelle Sicherheit der Therapie mit einer vielfach höheren Dosis bei opportunistischen Infektionen wie Pneumocystis-carinii-Pneumonie (PCP) im Rahmen einer HIVInfektion geschlossen werden. Bisher wurde nach einer solchen Behandlung von Schwangeren nicht über ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko berichtet.

Zu Tetroxoprim liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Toxizität beim Neugeborenen.

Nach Sulfasalazintherapie einer Schwangeren mit 3 g täglich wurde bei dem Neugeborenen eine passagere Neu-tropenie beobachtet. Immer wieder wird das Kernikterusrisiko des Neugeborenen nach Sulfonamidtherapie am Ende der Schwangerschaft erörtert, weil ein Anstieg des Bilirubins bei Frühgeborenen nicht auszuschließen ist, wenn bis zur Geburt mit Sulfonamiden behandelt wurde. Bei der heute üblichen Überwachung ist die Gefahr eines Kern-ikterus in einem solchen Fall nicht real.

Empfehlung für die Praxis:

Sulfonamide, Trimethoprim und Co-trimoxazol sind in der gesamten Schwangerschaft Antibiotika der zweiten Wahl. Bei entsprechender Indikation, z.B. im Fall von Harnwegsinfektionen, sprechen bisherige Erfahrungen nicht gegen eine Co-trimoxazolbehandlung auch im 1. Trimenon. Im Fall der hoch dosierten Therapie einer Pneumocystis-carinii-Pneumonie bei AIDS-Patientinnen im 1. Trimenon sollte aus theoretischen Erwägungen Folsäure substituiert und eine Ultraschallfeinuntersuchung zur Bestätigung einer normalen Organentwicklung angeboten werden. Bei drohender Frühgeburt sollten Sulfonamide mit Rücksicht auf die Bilirubinkonzentration des Neugeborenen gemieden werden.

Tetroxoprim ist mangels dokumentierter Erfahrungen zu meiden. Eine Anwendung rechtfertigt aber weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.8. Gyrasehemmstoffe

Pharmakologie und Toxikologie.

Die so genannten Gyrasehemmstoffe sind 4-Chinolone, die in Bakterien das für deren Nukleinsäurestoffwechsel wichtige Enzym Topoisomerase (eine so genannte Gyrase) hemmen. Die Topoisomerase wird im menschlichen Organismus von den therapeutisch verwendeten Gyrasehemmstoffen nicht beeinträchtigt.

Zu den neueren Gyrasehemmstoffen zählen Cinoxacin, Ciprofloxa-cin (z. B. Ciprobay®), Enoxacin (Enoxor®), Fleroxacin, Grepafloxacin, Levofloxacin (z.B. Tavanic®), Lomefloxacin (Okacin® Augentropfen), Moxifloxacin (Avalox®), Nadifloxacin (Nadixa® Creme), Norfloxacin (z.B. BARAZAN®), Ofloxacin (z.B. Tarivid®), Pefloxacin, Rosoxacin und Sparfloxacin. Um Resistenzbildungen zu vermeiden, sollte diese Wirkstoffgruppe nur bei Infektionen mit Enterobakterien einschließlich Pseudomonas und anderen Keimen eingesetzt werden, die mit den klassischen Antibiotika nicht zu behandeln sind. Tatsächlich wurden in den vergangenen Jahren insbesondere Ciprofloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin für banale Harnwegs- und Atemwegsinfekte verordnet, auch zufällig bei schwangeren Frauen.

Eine Publikation des Europäischen Netzwerkes teratologischer Beratungszentren (ENTIS) zu über 700 exponierten Schwangerenmehr heitlich wurden Norfloxacin, Ciprofloxacin, Ofloxacin und Pefloxacin verwendeterbrachte keine Hinweise auf ein nennenswertes Fehlbildungsrisiko (Schaefer 1996). Zum gleichen Ergebnis kamen auch drei andere Publikationen mit kleineren Fallzahlen (Larsen 2001, Loebstein 1998, Berkovitch 1994). Lediglich in einem Fall wurde eine neonatale Hepatitis mit inkompletter intrahepatischer Cholestase nach Ofloxa-cinbehandlung der Mutter in Woche 15 beobachtet (Wiedenhöft 2000).

Die im Tierversuch bei jungen Hunden nach postnataler (!) Behandlung beobachteten irreversiblen Gelenkknorpelschäden (Gough 1992) wurden bei präpartal exponierten Kindern bisher nicht gesehen.

Pipemidsäure (Deblaston®) und Nalidixinsäure gehören zu den älteren Gyrasehemmstoffen. Sie erreichen nur in den ableitenden Harnwegen wirksame Konzentrationen. Gegenüber anderen Standardantibiotika haben sich diese Mittel jedoch nicht durchsetzen können. Hinweise auf teratogene Effekte liegen nicht vor. Allerdings wurde in einer retrospektiven Studie mit den Daten des ungarischen Fehlbildungsregisters ein möglicherweise zufälliger Zusammenhang zwischen Pylorus-stenose und der Behandlung mit Nalidixinsäure in der Spätschwangerschaft diskutiert. Das Fehlbildungsrisiko war insgesamt nicht erhöht (Czeizel 2001 D). Eine weitere Publikation zu Nalidixinsäure berichtet über den Anstieg des intrakraniellen Druckes beim Fetus (Übersicht bei Schardein 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Gyrasehemmstoffe sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. In wohl begründeten Fällen (unkomplizierte Harnwegs- und Atemwegsinfektionen gehören nicht dazu!), in denen besser erprobte Antibiotika nicht wirksam sind, sollten nur Gyrasehemmstoffe eingesetzt werden, zu denen Erfahrungen an einer größeren Zahl von Schwangeren vorliegen, z.B. Norfloxacin oder Ciprofloxacin. Die Einnahme eines Gyrasehemmstoffes rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Nach Exposition mit einem der weniger gut untersuchten Mittel dieser Gruppe im 1. Trimenon wird ein hoch auflösender Ultraschall empfohlen.

2.6.9. Nitrofurantoin und andere Harnwegstherapeutika

Pharmakologie und Toxikologie.

Nitrofurantoin (z.B. Furadantin®) ist ein erprobtes Harnwegsantiseptikum, das auf eine Reihe grampositiver und gramnegativer Erreger bakterizid wirkt. Nach oraler Gabe werden nur in den ableitenden Harnwegen therapeutisch wirksame Konzentrationen erreicht. Nitrofurantoin hat sich bei unkomplizierten akuten Harnwegsinfekten und auch bei der Dauertherapie und Prophylaxe chronischer Infektionen bewährt. Nitrofurantoin ist beim Menschen offenbar nicht teratogen (Czeizel 2001 C, Ben-David 1994). Ein Neugeborenen ikterus könnte bei Frühgeborenen durch eine Behandlung am Ende der Schwangerschaft verstärkt werden. Im seltenen Fall eines angeborenen Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels könnte es dann theoretisch zur hämolytischen Anämie kommen. Fehlende klinische Beobachtungen zu diesen Auswirkungen sprechen gegen ein reales Risiko.

Fosfomycin (z.B. Monuril®) wird verschiedentlich als Einmalgabe zur Behandlung einer Harnwegsinfektion auch in der Schwangerschaft empfohlen (Stein 1998, Reeves 1992). Weder liegen systematische Untersuchungen zur Verträglichkeit noch Hinweise auf embryotoxische Effekte beim Menschen vor.

Methenamin (z.B. Urotractan®) ist ein Harnwegsantiseptikum, aus dem im Urin das antiseptisch wirksame Formaldehyd freigesetzt wird. Methenaminmandelat wurde bei chronischen Harnwegsinfektionen mit E. coli und unproblematischen Erregern eingesetzt. Wirksamkeit und Verträglichkeit des Mittels sind umstritten. Embryotoxische Wirkungen wurden nicht beschrieben.

Zu Nitroxolin (z.B. Cysto-saar®) gibt es keine Erfahrungen in der Schwangerschaft.

Empfehlung für die Praxis:

Nitrofurantoin darf zur Dauertherapie rezidivieren-der Harnwegsinfektionen angewendet werden, wenn für die Schwangerschaft primär empfohlene Antibiotika, wie Cephalosporine, nicht indiziert sind. Am Ende der Schwangerschaft sollte die Möglichkeit einer Hyperbilirubinämie insbesondere beim Frühgeborenen bedacht werden. Fosfomycin sollte Infektionen mit Problemkeimen vorbehalten bleiben. Methenamin ist kontraindiziert, weil es besser wirksame und verträglichere Mittel gibt. Eine versehentliche Gabe dieser Mittel rechtfertigt aber weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.10. Nitroimidazolantibiotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Metronidazol (z.B. Arilin®, Clont®) wird vorwiegend oral und lokal bei Trichomoniasis und parenteral insbesondere bei verschiedenen Anaerobierinfektionen eingesetzt. Bei drohender Frühgeburt durch bakterielle Vaginosen wird es von einigen Autoren empfohlen (Joesoef 1999). Andere konnten keine Besserung der Frühgeburtsraten feststellen (Andrews 2003, Klebanoff 2001).

Metronidazol wirkt im Bakterienstoffwechsel als Elektronenakzeptor und führt zu Wachstumsstörungen empfindlicher Keime. Der Wirkmechanismus wird über aktive Metaboliten erklärt, die die DNA-Synthese beeinträchtigen. Metronidazol zeichnet sich durch eine große therapeutische Breite aus. Nach oraler und intravenöser Gabe erreicht es im embryonalen Organismus häufig höhere Konzentrationen als in der Mutter. Auch nach vaginaler Applikation gelangen relevante Mengen zum Fetus.

Metronidazol besitzt ein experimentell ermitteltes mutagenes und kanzerogenes Potenzial (Übersicht bei Dobias 1994). Es bestand deshalb die Befürchtung, es könne auch beim Menschen mutagen oder kanzerogen wirken. Bisher ließen sich derartige Effekte nicht bestätigen (Burtin 1995, Piper 1993). In einer retrospektiven Untersuchung wurde nach vorgeburtlicher Metronidazol-Exposition eine statistisch nicht signifikante Assoziation mit Neuroblastomen im Kindesalter beobachtet (Thapa 1998). Eine andere über mehr als 20 Jahre laufende Untersuchung ergab keinen Anhalt für ein erhöhtes Malignomrisiko nach Metronidazol-Behandlung (Beard 1988).

Auf der Grundlage von über 3.000 analysierten Schwangerschaften besitzt Metronidazol beim Menschen kein teratogenes Potenzial (Diav-Citrin 2001, Czeizel 1998 B, Caro-Paton 1997, Burtin 1995, Piper 1993). Hinweise aus dem ungarischen Fehlbildungsregister auf einen Zusammenhang zwischen vaginaler Behandlung mit Metronidazol und Miconazol im 2. und 3. Schwangerschaftsmonat und einem vermehrten Auftreten von Syndaktylien und Hexadaktylien haben andere Untersucher bisher nicht beobachtet (Kazy 2005).

Die zur systemischen Behandlung von Trichomonaden, Amöben und bakterieller Vaginose benutzten Mittel Nimorazol (Esclama®), Ornida-zol und Tinidazol (Simplotan®) sind aufgrund der spärlichen Datenlage nicht ausreichend zu bewerten. Bisher liegen keine Hinweise auf Teratogenität beim Menschen vor (Übersicht in Schardein 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Metronidazol darf bei entsprechender Indikation auch in der Schwangerschaft angewendet werden. Dies betrifft auch die systemische Therapie, zumal Zweifel an der Wirksamkeit der vaginalen Applikation bestehen. Die parenterale Gabe ist nur bei bedrohlichen Anaerobierinfektionen angezeigt. Metronidazol sollte bei der Behandlung Nimorazol und Tinidazol vorgezogen werden. Eine Behandlung mit Nimorazol oder Tinidazol rechtfertigt jedoch weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.11. Aminoglykoside

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Aminoglykosidantibiotika Amikacin (z.B. Biklin®), Framycetin (Leukase®), Gentamicin (z.B. Refobacin®), Kanamycin (z.B. Kanamytrex®), Neomycin (z.B. Myacyne®), Netilmi-cin (Certomycin®), Paromomycin (Humatin®), Spectinomycin (Sta-nilo®), Streptomycin (z.B. Strepto-Fatol®) und Tobramycin (z.B. Gernebcin®) hemmen die Proteinsynthese gramnegativer Keime und wirken bakterizid. Von oral verabreichten Aminoglykosiden werden nur minimale Anteile resorbiert. Bei parenteraler Therapie sind im Fetus 20–40 % der mütterlichen Plasmakonzentration nachweisbar.

Aminoglykoside wirken ototoxisch. Pränatale Streptomycin- oder Kanamycin-Injektionen haben zu Gehörschäden bei den betroffenen Kindern geführt (Übersicht bei Schardein 2000). Die besonders sensible Phase dauert bis zum vierten Schwangerschaftsmonat. Auch im Zusammenhang mit Gentamycin wurde ein solcher Fall beschrieben (Sanchez Sainz Trapaga 1998).

Tierexperimentelle Ergebnisse sprechen außerdem für eine Nephro-toxizität der Aminoglykoside, die sich in der fetalen Niere anreichern. Ein Fallbericht über eine konnatale Nierendysplasie nach mütterlicher Therapie (Hulton 1995) beweist allerdings noch kein klinisch relevantes Risiko beim Menschen, ebenso wenig der Fall einer letal verlaufenden Hydronephrose bei Verdacht auf hochgradige Ureterabgangsste-nose nach Gentamycin-Therapie in Schwangerschaftswoche 4 bis 5 und vorangegangener Ciprofloxacin-Behandlung einer Harnwegsinfektion (Yaris 2004). In einer retrospektiven Studie mit Daten des ungarischen Fehlbildungsregisters wurden keine Hinweise auf teratogene Effekte der Aminoglykoside gefunden. In dieser Studie wurden 38 Schwangere ausgewertet, die mehrheitlich oral mit Neomycin oder parenteral mit Gentamycin behandelt worden waren (Czeizel 2000 C).

Empfehlung für die Praxis:

Eine parenterale Aminoglykosid-Therapie darf nur bei vital bedrohlichen Infektionen mit gramnegativen Problemkeimen und bei Versagen der für die Schwangerschaft primär empfohlenen Antibiotika erfolgen. Die Serumkonzentration muss während der Therapie regelmäßig kontrolliert werden. Eine Aminoglykosid-Behandlung rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Je nach Umfang einer parentera-len Therapie muss die Hörleistung des Kindes frühzeitig kontrolliert werden. Da Aminoglykoside nach lokaler und oraler Applikation praktisch nicht resorbiert werden, ist diese Form der Anwendung bei entsprechender Indikation während der gesamten Schwangerschaft zulässig.

2.6.12. Chloramphenicol

Pharmakologie und Toxikologie.

Chloramphenicol (z. B. Paraxin®) ist ein bakteriostatisch wirkendes Antibiotikum, das die bakterielle Proteinsynthese hemmt. Es wird nach oraler Gabe gut resorbiert. Mit einer Häufigkeit von 1:40.000 kann eine Agranulozytose mit tödlichem Ausgang auftreten.

Chloramphenicol passiert die Plazenta gut und erreicht im Fetus wirksame Konzentrationen. Bisher liegen keine fundierten Hinweise auf Fehlbildungen vor (Czeizel 2000 F). Eine gefährliche Komplikation der Behandlung mit Chloramphenicol ist das Grey-Syndrom (Nah rungsverweigerung, Erbrechen, aschgraue Hautfarbe, Atemstörungen und Kreislaufversagen), das bei Neugeborenen tödlich verlaufen kann. Es ist auf den besonders bei Frühgeborenen noch nicht ausreichend entwickelten Arzneimittelstoffwechsel zurückzuführen. Auch wenn nicht der Säugling selbst, sondern seine Mutter behandelt wurde, kann Chlor-amphenicol beim Neugeborenen toxische Konzentrationen erreichen. Thiamphenicol ist wie Chloramphenicol zu bewerten.

Empfehlung für die Praxis:

Die systemische Behandlung mit Chloramphenicol und Thiamphenicol ist in der gesamten Schwangerschaft kontraindiziert. Ausnahmen bilden vital bedrohliche Infektionen der Mutter, die auf weniger toxische Antibiotika nicht ansprechen. Eine Behandlung rechtfertigt jedoch keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Bei unabweisbarer systemischer Behandlung vor Geburt muss auf toxische Symptome beim Neugeborenen (Grey-Syndrom) geachtet werden.

2.6.13. Polypeptidantibiotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu den Polypeptidantibiotika gehören Vancomycin (z. B. Vanco-cell®), Colistin (z. B. Diarönt®), Polymyxin B (z.B. in Polyspectran® Salbe), Teicoplanin (Targocid®) und das Lokal-therapeutikum Tyrothricin (Tyrosur).

Polypeptidantibiotika erhöhen die Permeabilität der Zytoplasma-membran sensibler Bakterien. Sie wirken gegen grampositive Keime.

Vancomycin wird z.B. gegen multiresistente Staphylokokken eingesetzt. Es gibt nur wenige Fallbeschreibungen zur Therapie in der Schwangerschaft. Dabei wurden weder Fehlbildungen noch Nierenfunktionsstörungen oder Hörschäden bei den Neugeborenen beobachtet (Reyes 1989). Ein Fallbericht beschreibt eine Patientin mit Blutdruckabfall nach intravenöser Verabreichung unter der Geburt. Der Fetus entwickelte eine bedrohliche Bradykardie (Hill 1985). Im Plazen-taperfusionsversuch wurden nur ein geringer Übergang und keine Akkumulation vom Vancomycin ermittelt (Hnat 2004).

Colistin und Polymyxin B haben bisher keinen Anhalt für teratogene Eigenschaften beim Menschen ergeben (Kazy 2005). Die Erfahrungen zu Teicoplanin reichen für eine Risikobewertung nicht aus.

Empfehlung für die Praxis:

Vancomycin darf nur im Fall vital bedrohlicher, bakterieller Infektionen verwendet werden. Auch Colistin, Polymyxin B und insbesondere das wenig erprobte Teicoplanin sollen nur wenn zwingend erforderlich verordnet werden. Eine Anwendung dieser Substanzen rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.14. Tuberkulostatische Behandlung in der Schwangerschaft

Eine aktive Tuberkulose (Tbc) muss auch in der Schwangerschaft behandelt werden, weil die Erkrankung nicht nur die Mutter, sondern auch den Fetus gefährdet. Im Gegensatz zu früheren Mutmaßungen verschlechtert eine Schwangerschaft den Verlauf einer Tbc nicht (Davidson 1995).

Zu den gebräuchlichen Tuberkulostatika in der Schwangerschaft zählen Isoniazid (INH), Rifampicin und Ethambutol sowie Pyrazin-amid als Reservemittel (American Thoracic Society 2003). Diese Mittel haben sich bisher nicht als teratogen oder fetotoxisch beim Menschen gezeigt (Bothamley 2001, Czeizel 2001 E). Selbst die Therapie einer multiresistenten Erkrankung hat sich als gut verträglich für das Ungeborene erwiesen (Shin 2003). Streptomycin sollte allerdings aufgrund seines ototoxischen Potenzials möglichst gemieden werden. Bei Isoniazid ist Pyridoxin (Vitamin B6) zu ergänzen.

2.6.15. Isoniazid (INH)

Pharmakologie und Toxikologie.

Isoniazid (z. B. Isozid®) ist ein bewährtes bakterizid wirkendes Tuberkulostatikum, das den Nikotinsäurestoffwechsel der Mykobakterien hemmt und möglicherweise auch den Pyri-doxinstoffwechsel in Säugetierzellen beeinträchtigt. In älteren Publikationen wurde ein Zusammenhang zwischen INH-Einnahme in verschiedenen Stadien der Schwangerschaft und unterschiedlichen Fehlbildungen sowie neurologischen Störungen bei den pränatal exponierten Kindern erörtert. Dabei wurde ein Pyridoxinmangel als Ursache diskutiert. Durch gleichzeitige Verabreichung von Vitamin B6 an die Mutter (durch Kombinationspräparate wie z.B. Tebesium®) wird ein Pyri-doxindefizit vermieden. Tierexperimentell wurde außerdem eine trans-plazentare Karzinogenese beobachtet. Keine dieser Befürchtungen hat sich beim Menschen bestätigt (Wong 2001).

Empfehlung für die Praxis:

Isoniazid gehört zu den Tuberkulostatika der Wahl in der Schwangerschaft. Es muss in Kombination mit Vitamin B6 gegeben werden.

2.6.16. Rifampicin

Pharmakologie und Toxikologie.

Rifampicin (z. B. Eremfat®) hemmt eine Polymerase der Nukleinsäuresynthese, die nicht nur im Bakterienstoff wechsel, sondern in ähnlicher Form auch im Säugetierorganismus vorkommt. Im Tierexperiment wurden nach Verabreichung der 5- bis 10fachen humantherapeutischen Dosis teratogene Effekte beobachtet. Beim Menschen besteht offenbar kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko (Übersicht in Briggs 2005). Eine Langzeittherapie der Mutter kann allerdings eine Hemmung der Vitamin-K-Synthese mit erhöhter Blutungsneigung beim Neugeborenen zur Folge haben.

Empfehlung für die Praxis:

Rifampicin gehört neben Isoniazid und Ethambutol zu den Tuberkulostatika der Wahl in der Schwangerschaft. Zusätzlich zu den bei den Vorsorgeuntersuchungen üblichen Dosen sollten Neugeborene in den ersten beiden Lebenswochen, Frühgeborene ggf. auch länger, zur Verhütung hämorrha-gischer Komplikationen 2- bis 3-mal pro Woche oral 1 mg Vitamin K1 (Phytome-nadion) erhalten. Alternativ kann Vitamin K unmittelbar post partum parenteral verabreicht werden. Eine ausschließlich präpartale Vitamin-K-Gabe an die Mutter schützt das Kind nicht ausreichend.

2.6.17. Ethambutol

Pharmakologie und Toxikologie.

Ethambutol (z. B. Myambutol®) ist ein bakteriostatisch wirkendes Tuberkulostatikum, das nur in Kombination mit anderen Tbc-Medikamenten eingesetzt wird. Es kann neurotoxisch wirken und z.B. eine Entzündung der Sehnerven hervorrufen. Diese Symptome wurden bei pränatal exponierten Kindern bisher ebenso wenig beobachtet wie ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko. Allerdings ist der Umfang an dokumentierten Schwangerschaftsverläufen begrenzt (Übersicht bei Briggs 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Ethambutol kann in der Schwangerschaft zur Therapie der Tbc eingesetzt werden, wenn zusätzlich zu Isoniazid und Rifampicin ein weiteres Tuberkulostatikum erforderlich ist.

2.6.18. Pyrazinamid

Pharmakologie und Toxikologie.

Pyrazinamid (z.B. Pyrafat®) ist ein spezifisch gegen Mycobacterium tuberculosis wirkendes Antibiotikum. Aufgrund seiner strukturellen Ähnlichkeit mit Nicotinamid wird angenommen, dass es in den Nukleinsäurestoffwechsel der Bakterienzelle eingreift. Pyrazinamid verfügt über gute bakterizide Eigenschaften. Es liegen keine systematischen Untersuchungen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft vor. Bisher hat sich jedoch kein Anhalt für embryo oder fetotoxische Effekte beim Menschen ergeben (Übersicht in Schardein 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Pyrazinamid gehört zu den Reservemitteln gegen Tuberkulose in der Schwangerschaft.

2.6.19. Aminosalicylsäure

Pharmakologie und Toxikologie.

4-Aminosalicylsäure (Pas-Fatol N®) hemmt die Folsäuresynthese. Aufgrund häufiger Unverträglichkeit wird dieses Tuberkulostatikum heute kaum noch eingesetzt. Es liegen keine systematischen Untersuchungen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft vor. Bisher hat sich jedoch kein Anhalt für spezifische embryo-oder fetotoxische Effekte beim Menschen ergeben (Übersicht in Schardein 2000).

Empfehlung für die Praxis:

4-Aminosalicylsäure ist allenfalls als Reservemittel akzeptabel. Eine Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.20. Dapson

Pharmakologie und Toxikologie.

Wegen zunehmender Resistenzentwicklung der Mykobakterien ist damit zu rechnen, dass das sulfonamidähn-liche Dapson (Dapson-Fatol®) in Zukunft vermehrt gegen Tuberkulose eingesetzt wird. Aus der Behandlung anderer Erkrankungen, wie z. B. Lepra, ist bekannt, dass dieses Medikament offenbar kein teratogenes Potenzial besitzt (Lush 2000, Bhargava 1996). Jedoch wurden Fälle von hämolytischer Anämie bei Müttern und Neugeborenen bekannt. Der Umfang an dokumentierten Erfahrungen ist begrenzt und reicht für eine differenzierte Risikobewertung nicht aus.

Empfehlung für die Praxis:

Dapson ist in der Schwangerschaft als Reserve-tuberkulostatikum akzeptabel.

2.6.21. Streptomycin

Pharmakologie und Toxikologie.

Streptomycin (z.B. Strepto Hefa®) ist ein Aminoglykosid, das auch beim Fetus ototoxisch wirken kann (siehe 2.6.11 Aminoglykoside).

Empfehlung für die Praxis:

Streptomycin ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte Behandlung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Nach einer (parenteralen) Therapie sollten beim Kind nach der Geburt sicherheitshalber Hörschäden ausgeschlossen werden.

2.6.22. Weitere Antibiotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Protionamid (z. B. ektebin®) und Terizi-don (Terizidon®) sind hinsichtlich ihrer Verträglichkeit in der Schwangerschaft unzureichend untersucht.

Gleiches gilt für Rifabutin (z. B. Mycobutin®), das auch gegen opportunistische Infektionen mit Mycobacterium avium bei HIV-Patienten eingesetzt wurde.

Zu dem bei Pneumocystis-carinii-Infektionen wirksamen Pentami-din (Pentacarinat®) gibt es keine ausreichenden Erfahrungen, um das embryotoxische Potenzial beim Menschen abzuschätzen. Eine Publikation beschreibt auf der Basis tierexperimenteller Ergebnisse ein embryotoxisches Risikopotenzial für medizinisches Personal, das regelmäßig den Aerosolen von inhalativ verabreichtem Pentamidin ausgesetzt ist (Ito 1994).

Auch zum Tigecyclin (Tygacil®), einem Glycylcyclin, dem eine Wirksamkeit gegen gramnegative und -positive Keime, Anaerobier und gegen den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) zugeschrieben wird, lassen sich aufgrund mangelnder Erfahrung keine Aussagen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft machen.

Mupirocin (z.B. Turixin®), ein lokales Antibiotikum zur Elimination von Staphylokken - einschließlich MRSA - in der Nasenschleimhaut, ist zwar nicht systematisch untersucht, hat sich bisher aber auch nicht als bedenklich erwiesen.

Empfehlung für die Praxis:

Mupirocin darf in der Schwangerschaft angewendet werden. Die anderen hier genannten Antibiotika sind Ausnahmesituationen vorbehalten, wenn ausreichend erprobte Antibiotika nicht wirken. Im Fall einer Behandlung im 1. Trimenon sollte ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung einer normalen fetalen Entwicklung empfohlen werden. Nicht gerechtfertigt sind ein risikobegründeter Schwangerschaftsabbruch oder invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.23. Malariaprophylaxe und -therapie in der Schwangerschaft

Immer häufiger reisen auch Schwangere in tropische Länder und bitten um eine geeignete Malariaprophylaxe. Die zunehmende Resistenz der Erreger macht eine generelle Empfehlung unmöglich, je nach Reiseziel muss den tropenmedizinischen Empfehlungen auch in der Schwangerschaft gefolgt werden. Besonders schwierig ist die Therapie der durch Plasmodium falciparum verursachten Malaria tropica (Nathwani 1992). Prophylaxe und Behandlung der Malaria dürfen nicht aus falscher Rücksicht auf eine bestehende Schwangerschaft verkürzt oder unterlassen werden, da eine Malaria nicht nur die Mutter, sondern auch den Fetus gefährdet. Insbesondere ist zu beachten, dass die Arzneimittelprophylaxe je nach Malariamittel bis zu 4 Wochen (Cloroquin, Mef-loquin; Atovaquon plus Proguanil: 7 Tage) nach Verlassen des Malariagebietes eingehalten werden muss. Die allgemeinen Nebenwirkungen der heute zur Prophylaxe eingesetzten Mittel unterscheiden sich (nach einer Studie an 623 Reisenden) erheblich von denen älterer Substanzen. Insgesamt waren die Kombination von Chloroquin und Proguanil sowie Mefloquin die am schlechtesten tolerierten Regime. Insbesondere Frauen gaben häufig neuropsychologische Nebenwirkungen bei Mefloquin an. Doxycyclin und Atovaquon plus Proguanil stellten sich als die am besten verträglichen Substanzen heraus (Schlagenhauf 2003). Aufgrund der zunehmenden Resistenzen werden bei der Malariatherapie zahlreiche Kombinationen eingesetzt, vor allem mit Arte-misininderivaten.

Empfehlung für die Praxis:

Aufgrund des Umfangs an Erfahrungen ist Chloroquin Mittel der Wahl zur Malariaprophylaxe in der Schwangerschaft ggf. in Kombination mit Proguanil. Falls, was zunehmend vorkommt, von beiden Mitteln keine ausreichende Wirksamkeit zu erwarten ist, sind die anderen Mittel je nach Resistenzlage anzuwenden. Generell muss der beratende Arzt mit der Patientin erörtern, ob die Reise in tropische Regionen verschoben werden kann (siehe auch Abschnitt 2.6.62).

2.6.24. Artemisininderivate

Pharmakologie und Toxikologie.

In einer Studie zu den Artemisininderiva-ten Artesunat und Artemether wurden 528 bzw. 11 dokumentierte Schwangerschaftsverläufe ausgewertet, bei denen eine akute Plasmodium falciparum-Malaria behandelt wurde. Nur bei insgesamt 44 dieser Fälle fand die Therapie im 1. Trimenon statt (McGready 2001). Diese und eine zweite Studie mit einmaliger Gabe von Artesunat plus Pyri-methamin-Sulfadoxin bei 287 Schwangeren fanden keine Hinweise auf Teratogenität. Beim Vergleich mit einer nicht exponierten Kontroll gruppe in der zweiten Studie waren Spontanabortrate und Totgeburtenrate nicht signifikant unterschiedlich. Bei 18 im 3. Trimenon Behandelten war das Geburtsgewicht der Kinder signifikant höher als in der Kontrollgruppe und wurde als Erfolg der antiparasitären Therapie interpretiert (Dean 2001). In einer weiteren Studie wurden 29 im 2. oder 3. Trimenon erkrankte Frauen mit Chinin behandelt und mit 28 Patientinnen verglichen, die mit Artesunat plus Mefloquin behandelt wurden. Die zuletzt genannte Kombination wurde besser vertragen, war effizienter und wurde für den Fetus daher als vorteilhafter beurteilt. Fehlbildungen wurden in keiner der beiden Gruppen beobachtet, die körperliche und neurologische Entwicklung der Kinder bis zum Alter von 12 Monaten wird als unauffällig beschrieben (Buonyasong 2001). Unter 27 Kindern einer anderen Untersuchung, die im 2. und 3. Trimenon mit Artemisinin exponiert waren, fanden sich bei Nachuntersuchungen bis ins Schulalter keine Auffälligkeiten (Phillips-Howard 1996).

Empfehlung für die Praxis:

Artemisininderivate dürfen bei entsprechender Resistenzlage in allen Phasen der Schwangerschaft angewendet werden. Zur Bestätigung der normalen morphologischen Entwicklung nach Exposition im 1. Trimenon sollte ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.25. Atovaquon

Pharmakologie und Toxikologie.

Da die Erreger der Malaria - vor allem Plasmodium falciparum (Malaria tropica) - im Laufe der Jahre gegen die bekannten Mittel resistent wurden, wird zunehmend eine Kombinationstherapie eingesetzt, z.B. mit Atovaquon und Proguanil (Mala-rone®).

Von 19 mit Atovaquon behandelten Schwangeren, davon 18 im 1. Trimenon, gebaren 16 ein gesundes Kind; ein Neugeborenes wies eine Hüftdysplasie auf und zwei Schwangerschaften waren ohne Hinweise auf Pathologie abgebrochen worden (eigene Daten). Bei 26 weiteren Schwangeren mit Malaria tropica (Plasmodium falciparum), die im 3. Trimenon Atovaquon plus Proguanil erhalten hatten, fanden sich ebenfalls keine Auffälligkeiten (Na-Bangchang 2005). Diese Zahlen reichen für eine differenzierte Risikobewertung nicht aus, deuten aber zunächst nicht auf ein erhebliches teratogenes Risiko.

Empfehlung für die Praxis:

Atovaquon ist Reservemittel für die Malariatherapie. Zur Bestätigung der normalen morphologischen Entwicklung nach Exposition im 1. Trimenon sollte ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.26. Chinin

Pharmakologie und Toxikologie.

Chinin (z.B. Chininum dihydrochlori-cum®) ist das älteste Malariamittel. Es hat eine gute und rasche schizon-tozide Wirkung gegen die erythrozytären Formen aller Plasmodienar-ten. Trotz relativ hoher Toxizität und geringer therapeutischer Breite wird es heute wieder vermehrt bei der Behandlung der chloroquinresis-tenten Malaria eingesetzt. Im Fetus erreicht Chinin ähnlich hohe, und damit potenziell toxische Konzentrationen wie bei der Mutter. Nach Behandlung mit Chinin in der Schwangerschaft wurden früher in einzelnen Berichten Augendefekte und Taubheit bei den Kindern beschrieben. Allerdings waren dann meist deutlich höhere Dosen als heute üblich verabreicht worden. Insbesondere in der Spätschwangerschaft wurden durch die Chininbehandlung schwere mütterliche Hypoglykämien ausgelöst. Eine Weheninduktion ist bei hohen Dosen nicht auszuschließen. In geringer und offenbar nicht embryotoxischer Dosis ist Chinin Bestandteil analgetischer Mischpräparate (siehe Abschnitt 2.1.4).

Es gibt bisher keine Hinweise auf entwicklungstoxische Risiken durch die bei Malaria üblichen Dosen von Chinin (McGready 2002, Phillips-Howard 1996). In einer weiteren Veröffentlichung wurden 29 im 2. oder 3. Trimenon erkrankte Frauen mit Chinin behandelt und mit 28 Patientinnen verglichen, die mit Artesunat plus Mefloquin behandelt wurden. Die zuletzt genannte Kombination wurde besser vertragen, war effizienter und wurde für den Fetus daher als vorteilhafter beurteilt. Fehlbildungen wurden in keiner der beiden Gruppen beobachtet, die körperliche und neurologische Entwicklung der Kinder bis zum Alter von 12 Monaten wird als unauffällig beschrieben (Buonyasong 2001).

Chininhaltige Getränke, wie z. B. Tonic Water, dürfen in Deutschland maximal 85 mg/l enthalten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnte 2005 vor regelmäßigem oder exzessivem Genuss in der Schwangerschaft. Über ein Neugeborenes mit vorübergehenden Entzugserscheinungen wurde berichtet, dessen Mutter während der Schwangerschaft täglich mehr als einen Liter Tonic Water getrunken hatte.

Empfehlung für die Praxis:

Chinin darf in der Schwangerschaft zur Therapie der chloroquinresistenten Malaria tropica verwendet werden. In dieser Situation ist das potenzielle Behandlungsrisiko für den Fetus weit geringer als die Gefährdung durch die schwere mütterliche Erkrankung. Auf Hypoglykämien muss bei der Mutter geachtet werden. Auch wenn embryotoxische Wirkungen von Chinin in analgetischen Mischpräparaten nicht zu erwarten sind, sollten derartige Mittel gemieden werden, da sie keiner rationalen Therapie entsprechen. Gleiches gilt für regelmäßigen oder exzessiven Konsum von chininhaltigen Getränken.

2.6.27. Chloroquin

Pharmakologie und Toxikologie.

Chloroquin (z.B. Resochin®, Weimer-quin®), ein Malariamittel aus der Gruppe der 4-Aminochinoline, verfügt über eine gute und rasche schizontozide Wirkung gegen die erythrozytä-ren Formen aller Plasmodienarten. In vielen Malariaendemiegebieten treten zunehmend Resistenzen gegen dieses recht gut verträgliche, seit vielen Jahrzehnten gebräuchliche Medikament auf. Diese Resistenzen betreffen überwiegend den Erreger der schwer und häufig auch tödlich verlaufenden Malaria tropica (Plasmodium falciparum). Aber auch bei Plasmodium vivax, dem Erreger der weniger schwer verlaufenden Malaria tertiana, wurden Resistenzen gegen Chloroquin beobachtet.

In der für die Malariaprophylaxe üblichen Dosierung und bei der 3-tägigen Behandlung des akuten Malariaanfalls wirkt Chloroquin weder embryo- noch fetotoxisch (Phillips-Howard 1996).

Zur Chloroquinbehandlung rheumatischer Erkrankungen siehe Abschnitt 2.12.7.

Empfehlung für die Praxis:

Chloroquin kann in allen Stadien der Schwangerschaft zur Infektionsprophylaxe und zur Therapie der Malaria angewendet werden, sofern eine ausreichende Wirksamkeit anzunehmen ist.

2.6.28. Halofantrin

Pharmakologie und Toxikologie.

Halofantrin (Halfan®) ist ein neueres Malariamittel. Es hat eine rasche schizontozide Wirkung auf die eryth-rozytären Formen auch solcher Plasmodien, die gegen Chloroquin und andere Malariamittel resistent sind. Halofantrin verlängert das QT-Intervall im EKG. Bei Patienten mit kardialen Erkrankungen und anderen arrhythmogenen Medikamenten kann es lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen provozieren. Der geringe Umfang an Erfahrungen mit der Anwendung in der Schwangerschaft erlaubt keine differenzierte Risikobewertung.

Empfehlung für die Praxis:

Halofantrin darf nur bei akut bedrohlicher Malaria tropica gegeben werden, die durch besser erprobte und weniger toxische Mittel therapeutisch nicht zu beherrschen ist. Es ist bei anderen Malariaformen als der Malaria tropica nicht indiziert. Bei Disposition zu kardialen Störungen muss auf andere Malariamittel zurückgegriffen werden. Eine Behandlung mit Halofantrin rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Zur Bestätigung der normalen morphologischen Entwicklung nach Exposition im 1.Trimenon kann ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.29. Mefloquin

Pharmakologie und Toxikologie.

Mefloquin (Lariam®) hat eine gute und rasche schizontozide Wirkung gegen die erythrozytären Formen aller Plasmodienarten. Diese ist auch bei den meisten chloroquinresistenten Erregern noch gewährleistet. Bisherige Erfahrungen mit über 2.000 Schwangeren deuten nicht auf ein teratogenes oder fetotoxisches Potenzial beim Menschen hin (McGready 2000, Schlagenhauf 1999, Phillips-Howard 1998, Smoak 1997, Vanhauwere 1998, nichtpubli-zierte Erfahrungen im European Network of Teratology Information Services ENTIS).

Allerdings fand man in einer vergleichenden Untersuchung an 200 an Malaria erkrankten Schwangeren in Thailand nach Therapie mit Mefloquin eine vorsichtig zu bewertende signifikant höhere Totgeburtenrate im Vergleich zu Chinin und anderen Malariamitteln (Nosten 1999). In einer weiteren Studie wurden 28 im 2. oder 3. Trimenon erkrankte Patientinnen mit Artesunat plus Mefloquin behandelt und mit 29 Frauen verglichen, die Chinin als Therapie erhielten. Die Mefloquinkombina-tion wurde besser vertragen, war effizienter und wurde für den Fetus daher als vorteilhafter beurteilt. Fehlbildungen wurden in keiner der beiden Gruppen beobachtet, die körperliche und neurologische Entwicklung der Kinder bis zum Alter von 12 Monaten war unauffällig (Buonyasong 2001).

Empfehlung für die Praxis:

Bei chloroquinresistenter Malaria tropica kann mit Mefloquin behandelt werden. Mefloquin kann in allen Stadien der Schwangerschaft zur Infektionsprophylaxe eingesetzt werden, sofern eine ausreichende Wirksamkeit anzunehmen ist und Resistenzen gegen Chloroquin und Proguanil vorliegen.

2.6.30. Primaquin

Pharmakologie und Toxikologie.

Primaquin ist ein 8-Aminochinolinderi-vat, das gegen die extraerythozytären Formen der Malariaplasmodien wirksam ist. Es wird zur vollständigen Erregerelimination im Anschluss an die Suppressionstherapie mit Chloroquin eingesetzt, um Rückfällen bei Malaria tertiana und Malaria quartana vorzubeugen.

Untersuchungen, die eine differenzierte Risikobewertung für die Schwangerschaft erlauben, liegen bisher nicht vor. Es gibt aber auch keine substantiellen Hinweise auf ein teratogenes Potenzial beim Menschen (Phillips-Howard 1996).

Empfehlung für die Praxis:

Primaquin gehört aufgrund unzureichender Erfahrungen nicht zu den Therapieoptionen in der Schwangerschaft. Besser erprobte Mittel sollten bevorzugt werden. Eine dennoch erfolgte Behandlung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.6.31. Proguanil

Pharmakologie und Toxikologie.

Proguanil (z.B. Paludrine®), ein altes Medikament zur Malariaprophylaxe aus der Gruppe der Folsäureanta-gonisten, hat durch das zunehmende Auftreten chloroquinresistenter Erreger eine Renaissance in verschiedenen Kombinationen erlebt. Es gibt keinerlei Anhalt für ein embryotoxisches Potenzial beim Menschen (Phillips-Howard 1996).

Empfehlung für die Praxis:

Proguanil darf in allen Stadien der Schwangerschaft gegeben werden.

2.6.32. Pyrimethamin/Sulfadoxin

Pharmakologie und Toxikologie.

Pyrimethamin (z. B. Daraprim®) ist ein Folsäuresynthesehemmstoff, der sich bei der Malariaprophylaxe in der Schwangerschaft bewährt hat. Bei resistenten Malariaformen wurden Schwangere erfolgreich mit einem Sulfonamidkombinationspräparat aus Pyrimethamin plus Sulfadoxin (Fansidar®) behandelt. Als unerwünschte Wirkungen wurden bei dieser Wirkstoffkombination bei den Patienten allerdings gelegentlich Hauterscheinungen, wie Erythema exsudativum multiforme und Stevens-Johnson-Syndrom, beschrieben. Pyrimethamin, in Kombination mit einem Langzeitsulfonamid, ist auch bei Toxoplasmose nach dem 1. Trimenon Mittel der Wahl (Wallon 1999).

Wegen embryotoxischer Effekte im Tierversuch bestanden Vorbehalte gegen die Anwendung dieses Folsäureantagonisten in der Frühschwangerschaft. Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko konnte beim Menschen bisher nicht erwiesen werden (Phillips-Howard 1996).

Empfehlung für die Praxis:

Pyrimethamin kann zur Malariaprophylaxe in der Schwangerschaft bei Chloroquin-/Proguanil-Resistenz eingesetzt werden. Bei der Behandlung der akuten, chloroquinresistenten Malaria tropica gibt es keine Einschränkungen, auch nicht für Kombinationen mit Sulfadoxin. Pyrimethamin plus Langzeitsulfonamid sind Arzneimittel derWahl bei der Toxoplasmose, insbesondere nach dem 1. Trimenon. Bei Gabe von Pyrimethamin in der Frühschwangerschaft bis Woche 8 sollte gleichzeitig 5 mg Folsäure pro Tag eingenommen werden.

2.6.33. Weitere Malariamedikamente

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei Resistenz gegen herkömmliche Therapieoptionen haben sich z.B. Amodiaquin, Dapson, Doxycyclin und die Kombinationen Chloroquin plus Pyrimethamin und Clindamycin plus Chinin als wirksam erwiesen (Alecrim 2000; siehe auch in den jeweiligen Abschnitten dieses Kapitels).

Amodiaquin ist dem Chloroquin verwandt. Aufgrund möglicher schwerer Nebenwirkungen, wie Lebertoxizität und Agranulozytose, ist es nicht zur Prophylaxe geeignet und dient als Reservemittel bei der Malariatherapie. Es gibt kaum Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft (Thomas 2004, Alecrim 2000). Das gilt auch für Lumefantrin, das in Kombination mit Artemisininderivaten (Arteme-ther; in Riamet®) zum Einsatz kommt.

Empfehlung für die Praxis:

Die hier besprochenen Malariamittel dienen als Reservemittel bei der Malariatherapie. Doxycyclin sollte nach Schwangerschaftswoche 15 nicht mehr angewendet werden. Ein risikobegründeter Schwangerschaftsabbruch ist nach Gabe dieser Mittel nicht erforderlich (siehe Kapitel 1.15). Nach Anwendung unzureichend untersuchter Mittel im 1. Trimenon sollte zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.34. Antimykotika allgemein

Bei der Therapie von Pilzinfektionen ist die lokale Therapie mit den länger gebräuchlichen Substanzen auch in der Schwangerschaft als ungefährlich zu betrachten. Bei Mykosen im Genitalbereich soll gleichzeitig der Partner behandelt werden. Ist eine systemische Therapie erforderlich, muss sorgfältig ein Mittel aus dieser zumindest hypothetisch riskanten Arzneimittelgruppe ausgesucht werden (Sobel 2000). In letzter Zeit ist es „modern” geworden, harmlose Pilzbefunde im Stuhl wegen vermeintlich damit zusammenhängender, unspezifischer Symptome zu behandeln. Dies sollte, vor allem in der Schwangerschaft, unterbleiben.

2.6.35. Clotrimazol

Pharmakologie und Toxikologie.

Clotrimazol (z.B. Canesten®, Canifug®) ist ein Antimykotikum aus der Gruppe der Imidazolderivate. Diese beeinträchtigen die Ergosterolbiosynthese und führen damit bei Pilzen zu Störungen der Zellmembranpermeabilität. Clotrimazol wird prak tisch nicht resorbiert und nur zur lokalen Therapie von Mykosen an Haut und Schleimhäuten verwendet. Es gibt umfangreiche Untersuchungen zur Behandlung vaginaler Mykosen in der Schwangerschaft, aus denen sich kein embryotoxisches Potenzial ableiten lässt (Czeizel 1999 B, King 1998). Eine Verringerung der Frühgeburtenrate durch lokale Therapie von Vaginosen mit Clotrimazol wurde ebenfalls beobachtet (Czeizel 1999 C).

Empfehlung für die Praxis:

Clotrimazol gehört nach Nystatin zu den Antimyko-tika der Wahl in der Schwangerschaft.

2.6.36. Nystatin

Pharmakologie und Toxikologie.

Nystatin (z. B. Candio-Hermal®, Moro-nal®) ist ein bei Candidainfektionen (Soor) von Haut und Schleimhäuten wirksames Antimykotikum, das nicht resorbiert wird. Es wird an Ergosterol in der Zellmembran von Pilzen gebunden und bewirkt dort eine Störung der Zellmembranpermeabilität. Trotz breiter Anwendung wurden keine Hinweise auf embryo- oder fetotoxische Wirkungen beobachtet (King 1998). In einer retrospektiven Studie mit Daten des ungarischen Fehlbildungsregisters wurde kein Hinweis auf ein erhöhtes Gesamtfehlbildungsrisiko gefunden. Bei Behandlung im 2. und 3. Monat ergab sich jedoch ein geringfügig erhöhtes Risiko für Hypospa-dien. Aufgrund der geringen Fallzahl und methodischer Probleme ist dieses Ergebnis jedoch sehr vorsichtig zu bewerten. Insgesamt wurden 106 mit Nystatin behandelte Schwangere in dieser Studie ausgewertet (Czeizel 2003 A).

Empfehlung für die Praxis:

Nystatin kann ohne Einschränkung in der gesamten Schwangerschaft verabreicht werden. Es ist das Mittel der Wahl zur Behandlung oberflächlicher Candidaaffektionen im Bereich von Mund, Darm und Vagina.

2.6.37. Andere lokale „Conazol-Antimykotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Bifonazol (z.B. BIFOMYK®), Crocona-zol (Pilzcin), Econazol (Epi-Pevaryl®), Fenticonazol (z. B. Lomexin®), Isoconazol (z.B. in Travocort Creme), Ketoconazol (z.B. Terzolin®), Miconazol (z.B. Daktar®), Omoconazol, Oxiconazol (Myfungar®), Sertaconazol (z. B. Zalain) und Tioconazol (Mykontral®) sind Imida-zolderivate und in Struktur und Wirkung dem Clotrimazol verwandt. Eine teratogene Wirkung dieser lokal anzuwendenden Antimykotika hat sich für den Menschen bisher nicht ergeben (Czeizel 2004 B, Czeizel 2003 B, King 1998). Der Erprobungsgrad dieser Mittel ist aber geringer als der des Clotrimazols. Hinweise aus dem ungarischen Fehlbildungsregister auf einen Zusammenhang zwischen vaginaler Behandlung mit Miconazol plus Metronidazol im 2. und 3. Schwangerschaftsmonat und einem vermehrten Auftreten von Syndaktylien und Hexa-daktylien wurden von anderen Untersuchern bisher nicht bestätigt (Kazy 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Bifonazol, Croconazol, Econazol, Fenticonazol, Iso-conazol, Ketoconazol, Miconazol, Omoconazol, Oxiconazol, Sertaconazol und Tioconazol sindAntimykotika der zweiten Wahl für eine lokale Therapie. Nystatin und Clotrimazol sind, wo immer möglich, vorzuziehen.

2.6.38. Weitere lokal wirksame Antimykotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Amorolfin (Loceryl®), Ciclopirox (Batra-fen®), Naftifin (Exoderil®), Terbinafin (Lamisil®), Tolciclat und Tol-naftat (z.B. Tinatox®) sind bezüglich ihrer pränatalen Toxizität beim Menschen nur unzureichend untersucht. Substantielle Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nach lokaler Anwendung liegen bisher nicht vor (Sarkar 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Eine äußerliche Behandlung mit Amorolfin, Ciclopirox, Naftifin, Terbinafin, Tolciclat und Tolnaftat sollte in der Schwangerschaft möglichst vermieden werden. Eine dennoch erfolgte Behandlung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Nystatin und Clotrimazol sollen, wo immer möglich, bevorzugt werden.

2.6.39. „Conazol-Antimykotika zur systemischen Anwendung

Pharmakologie und Toxikologie.

Itraconazol (z. B. Sempera®, Siros®) und Miconazol sind Imidazolderivate. Sie beeinträchtigen die Ergosterol-biosynthese und führen zu Störungen der Zellmembranpermeabilität bei Pilzen. Im Tierversuch passieren sie die fetoplazentare Schranke gut.

Fluconazol (z.B. Diflucan®) und Ketoconazol (Nizoral®) sind Tria-zolderivate, deren Wirkung den strukturell verwandten Imidazolderiva-ten entspricht. Im Tierversuch wurden nach Verabreichung sehr hoher Dosen teratogene Effekte beobachtet.

Es liegen Berichte über sechs Kinder mit multiplen Fehlbildungen an Schädel, Skelett und Herz vor, deren Mütter wegen einer Meningitis parallel zu antiretroviralen Medikamenten bei HIV-Infektion langfristig und hoch dosiert (400–800 mg/Tag) Fluconazol erhalten hatten (Lopez Rangel 2005, Sanchez 1998, Aleck 1997, Pursley 1996, Lee 1992). Die Symptome einiger dieser Kinder ähnelten dem so genannten Antley-Bix-ler-Syndrom. Kein Anhalt für ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko fand sich hingegen in anderen prospektiven Kohortenstudien und retrospektiven Untersuchungen mit über 600 Frauen, die in den Monaten vor oder während einer Schwangerschaft meist wegen Vaginalmykose niedrig dosiert (150 mg/Tag) mit Fluconazol behandelten wurden (Jick 1999, Sørensen 1999, Campomori 1997, Mastroiacovo 1996, Inman 1994).

Eine vom European Network of Teratology Information Services (ENTIS) durchgeführte Prospektivstudie zu den neueren „Conazol-Antimykotika” ergab unter 191 Schwangeren, die im 1. Trimenon durchschnittlich 8 Tage lang wegen Vaginal-, Haut- oder anderer Mykosen mit Fluconazol systemisch behandelt worden waren, ebenfalls keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial (Vial, pers. Kommunikation 2001).

Die zu Itraconazol vorliegenden Erfahrungen mit der systemischen Behandlung von Vaginal-, Haut- oder anderen Mykosen im 1. Trimenon umfassen drei prospektive Kohortenstudien mit 142, 182 und 198 Schwangeren (Paulus, pers. Mitteilung 2004, Vial, pers. Kommunikation 2001, Bar-Oz 2000), aus denen sich keine Hinweise auf Teratogenität ergeben. Das gilt auch für eine kleinere Fallzahl aus einer Arzneimittelverordnungsstudie (Jick 1999). Die durchschnittliche Behandlungsdauer in der ENTIS-Studie (Vial, pers. Kommunikation 2001) betrug 8 Tage.

Ketoconazol hemmt die Steroidsynthese und wird auch zur Behandlung des Cushing-Syndroms eingesetzt. Da es außerdem der Bildung von Testosteron entgegenwirkt, könnte die Geschlechtsentwicklung männlicher Feten gestört werden. Derartiges wurde außerdem bisher aber nicht beobachtet. Zwei Schwangere mit Cushing-Behandlung im 2. und 3. Trimenon wurden von gesunden Kindern (ein Junge und ein Mädchen) entbunden, die auch keine Nebennierenrindenanomalien aufwiesen (Berwaerts 1999, Amado 1990). Die unter Fluconazol zitierte ENTIS-Studie umfasste 280 Frauen mit einer durchschnittlich 16 Tage dauernden systemischen Ketoconazol-Behandlung im 1. Trimenon wegen Vaginal-, Haut- oder anderer Mykosen. Hinweise auf entwicklungstoxische Wirkungen ergaben sich nicht (Vial, pers. Kommunikation 2001). In einer kleinen, nur 6 fehlgebildete Kinder umfassenden retrospektiven Studie mit Daten des ungarischen Fehlbildungsregisters wurde kein Hinweis auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nach Behandlung mit Ketoconazol im 1. Trimenon gefunden (Kazy 2005).

Zu Miconazol liegen aus der o.g. ENTIS-Studie Angaben über 7 im 1. Trimenon behandelte Schwangere vor, deren Kinder keine Fehlbildungen aufwiesen (Vial, pers. Kommunikation 2001).

Zu den Triazol-Antimykotika Posaconazol (Noxafil®) und Vorico-nazol (VFEND®), die bei Aspergillosen und anderen schwerwiegenden invasiven Mykosen vor allem bei Patienten mit Immundefizit eingesetzt werden, liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Empfehlung für die Praxis:

Eine systemische antimykotische Therapie mit Flu-conazol, Itraconazol, Ketoconazol, Miconazol, Posaconazol oder Voriconazol sollte nur bei zwingender Indikation und möglichst nicht im 1. Trimenon erfolgen. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.40. Amphotericin B

Pharmakologie und Toxikologie.

Amphotericin B (z. B. Ampho-Moronal®) wird lokal und zur Therapie systemischer Pilzinfektionen verwendet, z. B. bei generalisierter Candidamykose oder Cryptococcose. Es wird an Ergosterol in der Zellmembran von Pilzen gebunden und führt zu Störungen der Zellwandpermeabilität. Dieses Antimykotikum kann, wenn es parenteral als Infusion gegeben wird, Überempfindlichkeitsreaktionen, Fieber und Nierenschäden verursachen.

Fallberichte beschreiben Aborte und pränatal dystrophe Frühgeborene. Jedoch darf der mögliche Einfluss der zugrunde liegenden, z.T. schweren Infektionen nicht übersehen werden. Auch über normale Schwangerschafts- und Geburtsverläufe wird berichtet. Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko liegen bisher nicht vor. Für eine differenzierte Risikobewertung der parenteralen Applikation reichen die vorliegenden Fallzahlen nicht aus (Ely 1998, Übersicht in Dean 1994). Die vereinzelt beobachteten vorübergehenden Nierenfunktionsstörungen beim Neugeborenen könnten durch protrahierte Wirkung von Arzneimitteldepots in der Plazenta und im Fetus erklärt werden (Dean 1994). Zur neueren Liposomzubereitung des Amphotericin B liegt erst ein Bericht mit unauffälligem Ausgang vor, in dem eine Schwangere im 2. Trimenon wegen viszeraler Leishmaniose behandelt worden war (King 1998).

Empfehlung für die Praxis:

Amphotericin B darf in der Schwangerschaft nur bei bedrohlichen, generalisierten Mykosen parenteral eingesetzt werden. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Die lokale Anwendung ist unbedenklich.

2.6.41. Flucytosin

Pharmakologie und Toxikologie.

Flucytosin (Ancotil®) hat eine gute Wirkung gegen Cryptococcus neoformans und viele Candidaspezies. Es wird bei systemischen Infektionen mit diesen Erregern eingesetzt und wirkt durch Hemmung der DNA-Synthese. In der Pilzzelle wird Flucytosin unter anderem zu dem Zytostatikum 5-Fluorouracil metabolisiert. Diese Reaktion ist in geringerem Ausmaβ auch im menschlichen Organismus zu erwarten. Im Tierversuch wirkt Flucytosin in Dosen terato-gen, die niedriger sind als die humantherapeutisch üblichen. Fehlbildungen wurden beim Menschen bisher nicht beschrieben, allerdings gibt es praktisch keine publizierten Erfahrungen zur Verabreichung von Flucytosin im 1. Trimenon. Wenige Erfahrungen zur Anwendung im 2. und 3. Trimenon bei bedrohlicher disseminierter Cryptococcose erbrachten keine Hinweise auf fetale Störungen (Ely 1998).

Empfehlung für die Praxis:

Flucytosin darf während der gesamten Schwangerschaft nur bei bedrohlichen Pilzinfektionen eingesetzt werden. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.42. Griseofulvin

Pharmakologie und Toxikologie.

Griseofulvin (z.B. Gricin®, Likuden®) ist ein aus Penicillium griseofulvum gewonnenes, systemisch wirkendes Antimykotikum, das bei Fadenpilzbefall von Haut, Haaren und Nägeln oral über mehrere Monate eingenommen werden muss. Es lagert sich in Keratin ein und ist damit besonders geeignet für die Therapie von Nagelmykosen. Im Tierversuch wirkt es teratogen, in hohen Dosen außerdem kanzerogen. Obwohl in einer Untersuchung das Auftreten von zwei siamesischen Zwillingspärchen nach Griseofulvineinnahme in der Schwangerschaft beobachtet wurde, ist ein teratogener oder kanzerogener Effekt beim Menschen bisher nicht erkennbar. Auch in einer neueren retrospektiven Studie mit 7 exponierten Schwangeren aus dem ungarischen Fehlbildungsregister wurde kein Hinweis auf ein erhöhtes Fehlbidungsrisiko von Griseofulvin gefunden (Czeizel 2004 A).

Empfehlung für die Praxis:

Da die mit Griseofulvin zu behandelnden Mykosen nicht lebensbedrohlich sind, ist die Therapie in der Schwangerschaft kontraindiziert. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.43. Terbinafin

Pharmakologie und Toxikologie.

Terbinafin (Lamisil®) wird zur oralen Behandlung von Nagelmykosen eingesetzt. Dokumentierte Erfahrungen mit etwa 80 behandelten Schwangeren, darunter auch zahlreiche im 1. Trimenon, ergeben bisher keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial. Diese Daten reichen allerdings nicht für eine differenzierte Risikobewertung aus (Sarkar 2003, Datenbank des Herstellers).

Empfehlung für die Praxis:

Da die Behandlung von Nagelmykosen keine hohe Dringlichkeit besitzt, ist Terbinafin in der Schwangerschaft kontraindiziert. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.44. Anthelmintika (Wurmmittel)

Die in der Schwangerschaft am besten erprobten Wurmmittel sind Pyr-viniumembonat, Mebendazol und Niclosamid. Die meisten hier vorkommenden Wurmerkrankungen lassen sich damit behandeln. Andere Anthelmintika lassen bisher auch kein teratogenes Risiko beim Menschen erkennen, die Datenlage erlaubt jedoch noch keine differenzierte Risikobewertung.

2.6.45. Albendazol

Pharmakologie und Toxikologie.

Albendazol (Eskazole®) ist ein neueres, hochwirksames Breitspektrumanthelminthikum, das strukturell dem Mebendazol verwandt ist. Es führt über eine Hemmung der Glukoseaufnahme zum Absterben der Parasiten und ist in erster Linie zur Behandlung der alveolären Echino kokkose (Echinococcus multilocu-laris) indiziert und außerdem bei fortgeschrittener zystischer Echinokokkose (Echinococcus granulosus). Über Fehlbildungen wurde -unter anderem in einer Studie mit 24 im 1. Trimenon exponierten Kindern - bisher nicht berichtet (Reuvers 2001, Cowden 2000), ausreichende Erfahrungen liegen jedoch nicht vor. In Endemiegebieten wurde eine vorteilhafte Wirkung auf mütterliche Anämie, Geburtsgewicht und neonatale Sterblichkeit bei Verabreichung im 2. und 3. Trimenon beobachtet (Christian 2004).

Empfehlung für die Praxis:

Bei dringlich zu behandelnder Echinokokkose kann Albendazol während der gesamten Schwangerschaft verabreicht werden. Für alle anderen Indikationen sind besser erprobte Anthelmintika verfügbar. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.46. Mebendazol

Pharmakologie und Toxikologie.

Mebendazol (z. B. Vermox®) ist ein gut wirksames und verträgliches Anthelmintikum gegen Nematodeninfek-tionen (Oxyuren, Askariden). Aus dem Gastrointestinaltrakt werden, mit Ausnahme von Entzündungen der Darmwand, nur geringe Mengen resorbiert. Die Substanz hemmt die Glukoseaufnahme der Parasiten und führt zu deren Absterben. Fallberichte und vorwiegend retrospektive Studien mit mehreren Hundert exponierten Schwangeren, darunter auch zahlreiche im 1. Trimenon behandelte, erlauben aufgrund methodischer Mängel keine differenzierte Risikobewertung. Einige Kinder mit unterschiedlichen Fehlbildungen wurden beschrieben, daraus lässt sich kein reproduzierbares Schädigungsmuster erkennen (Übersicht in Schardein 2000). Ein nennenswertes embryotoxisches Risiko beim Menschen ist nach zwei neueren Studien mit 64 und 400 im 1. Trimenon exponierten Schwangeren nicht zu erkennen (Reuvers 2001, de Silva 1999). In einer weiteren Studie wurden 5 Kinder mit Fehlbildungen unter 150 ausgetragenen Schwangerschaften beobachtet. Art und Zahl der Fehlbildungen weckten keinen Verdacht auf teratogene Effekte (Diav-Citrin 2003). Tierexperimentell hat Mebendazol bei der Maus teratogene Effekte erkennen lassen.

Flubendazol, dem Mebendazol strukturell ähnlich, zeigte bei 150 im 1. Trimenon exponierten Kindern keine teratogenen Eigenschaften (Reuvers 2001).

Empfehlung für die Praxis:

Mebendazol darf bei behandlungspflichtigen Wurmerkrankungen in der Schwangerschaft verabreicht werden. Allerdings soll die Indikation im 1. Trimenon kritisch geprüft werden. Bei Oxyuren ist Pyrvinium (siehe unten) Mittel der Wahl in der Schwangerschaft. Wurde während der Orga-nogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Gleiches gilt für Flubendazol.

2.6.47. Niclosamid

Pharmakologie und Toxikologie.

Niclosamid (Yomesan®) ist ein gegen Bandwürmer wirksames Anthelmintikum, das den Energiestoffwechsel der Würmer beeinträchtigt und im Magen-Darm-Trakt praktisch nicht resorbiert wird. Dieses früher häufig verwendete Mittel steht nicht im Verdacht, Fehlbildungen zu verursachen, wurde aber - bis auf eine Studie mit 39 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren (Reuvers 2001) -nicht systematisch beim Menschen untersucht.

Empfehlung für die Praxis:

Niclosamid darf bei behandlungspflichtigen Bandwurmerkrankungen in der Schwangerschaft verabreicht werden. Allerdings soll die Indikation im 1. Trimenon kritisch geprüft werden.

2.6.48. Praziquantel

Pharmakologie und Toxikologie.

Praziquantel (z. B. Cesol®) ist ein hochwirksames Breitspektrumanthelmintikum gegen viele Trematoden und gegen Cestoden. Hauptanwendungsgebiet sind die in Europa nur bei Fernreisenden und Immigranten auftretenden Bilharziosen. Ein Fallbericht beschreibt ein unauffälliges Kind nach Behandlung der Mutter von Woche 8–11 (Paparone 1996). Vier im 1. Trimenon exponierte Kinder aus einer anderen Studie waren ebenfalls gesund (Reuvers 2001). Die vorliegenden Erfahrungen reichen für eine differenzierte Risikobewertung nicht aus.

Empfehlung für die Praxis:

Da es für alle in Europa anzutreffenden Wurmerkrankungen therapeutische Alternativen gibt, ist Praziquantel „importierten” Wurmerkrankungen vorbehalten. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.49. Pyrantel

Pharmakologie und Toxikologie.

Pyrantel (Helmex®) ist ein Breitspek-trumanthelmintikum, das durch Hemmung der Cholinesterase zur spastischen Lähmung der Würmer führt. Etwa 15 % des Anthelminti-kums werden im Darm resorbiert. Es liegen bisher keine verwertbaren Publikationen über die Behandlung Schwangerer vor.

Empfehlung für die Praxis:

Pyrantel ist für die anthelmintische Behandlung in der Schwangerschaft relativ kontraindiziert. Es gibt für alle Indikationen besser erprobte und damit als sicherer anzusehende Anthelmintika. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.50. Pyrviniumembonat

Pharmakologie und Toxikologie.

Pyrviniumembonat (Molevac®, Pyrcon®) wirkt gegen Oxyuren und wird kaum resorbiert. Embryo- oder fetotoxi-sche Effekte wurden nicht beobachtet. Allerdings liegen keine systematischen Studien zur Anwendung in der Schwangerschaft vor.

Empfehlung für die Praxis:

Falls eine Oxyuriasis-(Madenwurm-)Behandlung erforderlich ist, darf Pyrviniumembonat als Mittel der Wahl in der Schwangerschaft verordnet werden.

2.6.51. Ivermectin

Pharmakologie und Toxikologie.

Ivermectin zur Behandlung der Oncho-zerkose wird gut gastrointestinal resorbiert. Tierexperimentelle Ergebnisse deuten nicht auf ein teratogenes Potenzial hin. Einige Fallberichte zur versehentlichen Behandlung in der Frühschwangerschaft beschreiben keine Auffälligkeiten (Chippaux 1993, Pacque 1990), erlauben jedoch keine differenzierte Risikobetrachtung.

Empfehlung für die Praxis:

Ivermectin darf bei zwingender Indikation auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

2.6.52. Aciclovir und andere Herpes-Virustatika

Pharmakologie und Toxikologie.

Aciclovir (z.B. Zovirax®) wirkt über eine Hemmung der viralen DNA-Polymerase bei Varizellen sowie bei Her-pesviren Typ 1 und Typ 2. Bisherige Erfahrungen mit mehreren tausend vom Hersteller gesammelten und in der Fachliteratur publizierten pros-pektiv oder retrospektiv erfassten Verläufen, davon etwa die Hälfte im 1. Trimenon, lassen kein embryo- oder fetotoxisches Risiko von Aciclovir bei systemischer Anwendung erkennen (Stone 2004, Ratanajamit 2003). Dies gilt vorbehaltlich der methodischen Schwächen von Schwangerschaftsregistern beim Arzneimittelhersteller. Nach äußerlicher Acicloviranwendung werden nur geringe Substanzmengen resorbiert.

Zu Famciclovir (Famvir®), einem Prodrug des Penciclovir, liegen keine dokumentierten Erfahrungen beim Menschen vor.

Ganciclovir (Cymeven®) ist tierexperimentell in Dosen embryotoxisch, die den therapeutischen beim Menschen entsprechen. Einzelne Fallberichte beschreiben einen normalen Schwangerschaftsausgang nach Therapie in der Frühschwangerschaft (Pescovitz 1999).

Eine Fallsammlung des Herstellers mit 56 mit Valaciclovir (Valtrex®) exponierten Schwangeren, davon 14 im 1. Trimenon, und eine Fallserie mit zehn Frauen, die ab Woche 36 bis zur Geburt behandelt wurden, zeigten keine Hinweise auf embryo- oder fetotoxische Schäden (Glaxo Wellcome 1998, Kimberlin 1998).

Zusammenfassend sind Famciclovir, Ganciclovir sowie Valaciclovir und Valganciclovir (Ester bzw. Prodrugs von Aciclovir und Ganciclovir) hinsichtlich ihrer Verträglichkeit in der Schwangerschaft unzureichend untersucht.

Empfehlung für die Praxis:

Die äußerliche Anwendung von Aciclovir ist unproblematisch. Die systemische Gabe ist nur dann indiziert, wenn beispielsweise bei disseminierter Herpes- oder Varizellenerkrankung die Mutter gefährdet ist oder wenn davon auszugehen ist, dass der Fetus durch die Therapie vor einer intrauterinen Infektion geschützt wird. Die anderen Virustatika sind nur bei Infektionen indiziert, bei denen sie eine therapeutische Überlegenheit gegenüber Aciclovir gezeigt haben. Eine Therapie im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Ein hoch auflösender Ultraschall istmit Ausnahme von Aciclovir - nach Anwendung im 1. Trimenon zu empfehlen.

2.6.53. Amantadin

Pharmakologie und Toxikologie.

Amantadin (z.B. Amanta®) verstärkt die Dopaminaktivität am Rezeptor und wird deshalb als Antiparkinsonmittel eingesetzt. Als Virustatikum wirkt es in erster Linie gegen Influenza-A-Viren. Im Tierversuch ist Amantadin in hohen Dosen teratogen. Beim Menschen wurden verschiedene Fehlbildungen nach Behandlung mit Amantadin beschrieben, die allerdings kein typisches Muster erkennen lassen (Übersicht in Schardein 2000). Andererseits erlauben die ebenfalls dokumentierten unauffälligen Verläufe keinen Ausschluss eines teratogenen Risikos.

Empfehlung für die Praxis:

Amantadin ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden.

2.6.54. Ribavirin

Pharmakologie und Toxikologie.

Ribavirin (z. B. Rebetol®, Virazole®) hat experimentell ein breites antivirales Spektrum, die klinische Relevanz ist jedoch begrenzt. Es wird u.a. bei RS-Viruserkrankungen im Säuglingsalter und in Kombination mit α-Interferonen bei Hepatitis C eingesetzt. Im Tierversuch ist Ribavirin bei mehreren Spezies teratogen und wirkt experimentell mutagen. Die Kinder von 9 Schwangeren, die in der zweiten Schwangerschaftshälfte wegen schwerer Masernverläufe behandelt worden waren, wiesen keine fetotoxischen Effekte auf (Atmar 1992). Über weitere 5 Fälle mit einer Behandlung in der Spätschwangerschaft und einen Fall mit prophylaktischer intramuskulärer Verabreichung von 3 Injektionen im 1. Trimenon wegen SARS (Severe acute respiratory syndrome) wird berichtet (Rezvani 2006). Schäden bei den Kindern wurden nicht beobachtet. Das im 1. Trimenon exponierte Kind entwickelte sich bis zum Alter von 8 Monaten unauffällig. Krankenhauspersonal kann bei ganztägiger Arbeit mit Patienten, die mit Aerosol behandelt wurden, mehr als 1 % der tierexperimentell embryotoxischen Dosis aufnehmen (Linn 1995). Die am Arbeitsplatz aufgenommene Menge von Ribavirin liegt jedoch um den Faktor 1.000 unter einer therapeutischen intramuskulären Dosis (zitiert in Rezvani 2006). Nach eigenen Beobachtungen von 17 Schwangerschaften mit väterlicher Ribavirintherapie ergibt sich kein Hinweis auf eine Schädigung des Ungeborenen. Für eine Risikobewertung in der Schwangerschaft reichen die bisherigen Erfahrungen jedoch nicht aus. Ein erhebliches entwicklungstoxisches Risiko lässt sich aus den bisher vorliegenden Fallberichten nicht ableiten.

Empfehlung für die Praxis:

Ribavirin ist in der Schwangerschaft vitalen Indikationen vorbehalten. Wurde während der Organogenese behandelt, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In einem solchen Fall sollte jedoch zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Schwangeres Klinikpersonal sollte nicht regelmäßig zur Aerosoltherapie herangezogen werden.

2.6.55. Andere Virustatika

Pharmakologie und Toxikologie.

Adefovir (Hepsera®) und Entecavir werden zur Behandlung der chronischen Hepatitis B verwendet, Brivudin (Zostex®) für schwere Infektionen durch Varicella-Zoster-Virus oder Herpes simplex Typ 1. Cidofovir (VISTIDE®), Foscarnet (z.B. Fosca-vir®) und (zur intravitrealen Applikation) Fomivirsen werden bei bedrohlichen Cytomegalieverläufen, z.B. bei AIDS-Patienten, eingesetzt. Oseltamivir (Tamiflu®), Rimantadin und (zur Inhalation) Zana-mivir (Relenza™) stehen für eine behandlungsbedürftige Influenza zur Verfügung. Zu diesen Mitteln liegen keine ausreichenden Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor. Tierexperimentell haben sich u. a. Adefovir und Oseltamivir bisher nicht als teratogen erwiesen, bei Foscarnet traten schon bei relativ niedrigen Dosen Skelettanomalien bei Ratten und Kaninchen auf.

Empfehlung für die Praxis:

Die genannten Virustatika dürfen bei zwingender Indikation einer Schwangeren nicht vorenthalten werden, d.h. wenn ein Therapieerfolg mit besser erprobten Mitteln nicht erfolgsversprechend ist. Nach Anwendung im 1. Trimenon sollte ein hoch auflösender Ultraschall empfohlen werden. Eine Behandlung mit den genannten Virustatika rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15).

2.6.56. HIV-Therapie und Prophylaxe in der Schwangerschaft

Das Ziel einer antiretroviralen Therapie (ART) in der Schwangerschaft ist einerseits die Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung von HIV, andererseits die optimale Behandlung der Schwangeren bei möglichst geringen unerwünschten Wirkungen der Medikamente auf die Schwangere und das ungeborene Kind. Unumstritten ist der protektive Wert einer perinatalen Prophylaxe mit dem nucleosidanalogen Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NRTI) Zidovudin zur Vermeidung der vorwiegend unter der Geburt möglichen Mutter-Kind-Übertragung (vertikale Transmission) von HIV (Connor 1994). Bei Anwendung einer kombinierten Interventionsstrategie mit Zidovudinprophylaxe in der Schwan gerschaft, während der Geburt und bei dem Neugeborenen sowie bei Durchführung eines Kaiserschnitts am noch wehenfreien Uterus lässt sich die Übertragungsrate von ehemals 20–30 % auf unter 2 % senken. Allerdings wird eine Monotherapie mit Zidovudin für die Behandlung der mütterlichen HIV-Infektion als suboptimal angesehen: Derzeit wird für nicht schwangere genauso wie für schwangere HIV-infizierte erwachsene Patientinnen als Standardtherapie eine Kombination von mindestens drei antiretroviral wirksamen Substanzen empfohlen (The EACS Euroguidelines Group 2003). Diese hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) besteht in der Regel aus der Kombination von zwei NRTI und entweder einem Proteaseninhibitor (PI) oder einem non-nuc-leosidanalogen Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI). Risiken, die sich aus der intrauterinen Exposition gegenüber einer Kombination mit mehreren antiretroviralen Substanzen ergeben, lassen sich aufgrund fehlender Daten zur Pharmakokinetik, zur Embryo- und Fetotoxizität derzeit schlecht abschätzen. Daten zur Langzeittoxizität einer intrauterinen antiretroviralen Medikamentenexposition liegen nicht vor. Informationen zur Sicherheit der HIV-Medikamente in der Schwangerschaft beschränken sich auf Daten aus Tierversuchen, Einzelfallberichten, klinischen Studien und Registern, wie z.B. der Antiretroviral Pregnancy Registry in den USA, die über die meisten Informationen zur Sicherheit antiretroviraler Substanzen in der Schwangerschaft verfügt.

2.6.57. Übersicht zu antiretroviralen Medikamenten

Man unterscheidet vier Gruppen von antiretroviralen Substanzen:

  • Nukleosid-/-tidanaloge Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI): Hierzu zählen Zidovudin (Retrovir®), Lamivudin (Epivir®), Abaca-vir (Ziagen®), Didanosin/dd l (Videx®), Stavudin/d4T (Zerit®), Emtricitabin (Emtriva®), Zalcitabin (HIVID®) und Tenovovir (Vire-ad®). Einige Medikamente dieser Gruppe liegen auch als Kombinationspräparate vor: Zidovudin + Lamivudin (Combivir®), A bacavir + Lamivudin (Kivexa®), Zidovudin + Lamivudin + Abacavir (Trizi-vir®), Tenofovir + Emtricitabin (Truvada®)

  • Nicht-nukleosidanaloge Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI): Delavirdin (Rescriptor®), Efavirenz (SUSTIVA®), Nevirapin (Vira-mune®)

  • Proteaseninhibitoren:

    Amprenavir (Agenerase®), Atazanavir (REYATAZ®), Fosamprena-vir (Telzir®), Indinavir (CRIXIVAN®), Lopinavir/Ritonavir (Kale-tra®), Nelfinavir (VIRACEPT®), Ritonavir (Norvir®), Saquinavir (INVIRASE®), Tipranavir (Aptivus®)

  • Fusionsinhibitoren: Enfurvitid (Fuzeon®)

Zu den aufgeführten antiretroviralen Substanzen vorliegende Daten erlauben keine differenzierte Risikobewertung. Mit Ausnahme von Efavi-renz finden sich bislang allerdings auch keine ernsthaften Hinweise auf spezifische teratogene oder fetotoxische Schäden beim Menschen (Watts 2004, European collaborative study 2003, Guay 1999, Silverman 1998): Prospektiv dokumentierte Schwangerschaften lassen keine erhöhten Fehlbildungsraten erkennen und zeigen wie die retrospektiv erhobenen Fallberichte keine typischen Fehlbildungsmuster. Häufig sind jedoch hämatologische Nebenwirkungen - vor allem Anämien - bei Kindern, die intrauterin oder nach der Geburt mit Zidovudin oder Kombinationen von antiretroviralen Substanzen exponiert waren (Paul 2005, Silverman 1998, Sperling 1998). Eine kürzlich publizierte Fallserie von 71 Kindern mit kombinierter antiretroviraler Therapie (CART) beschreibt 4 Kinder mit Fehlbildungen, von denen 3, die mit Zidovudin, Lamivudin und Nel-finavir exponiert waren, Hämangiome aufwiesen (4,2 %; De Santis 2004). Ob eine antiretrovirale Therapie auch Frühgeburten begünstigt, wird kontrovers diskutiert (Tuomala 2005, European collaborative study 2003). Zu mütterlichen Risiken einer Therapie in der Schwangerschaft wird unter den einzelnen Substanzen hingewiesen.

Die medikamentöse HIV-Behandlung ist ein Beispiel dafür, dass ggf. unzureichend untersuchte Medikamente aufgrund der vitalen Bedrohung von Mutter und Kind eingesetzt werden müssen. Individuell ist kritisch zu prüfen, ob eine bereits laufende oder aus mütterlicher Indikation notwendige Therapie auch während der Embryogenese (bis Woche 10) zwingend erforderlich ist oder ob sie für diesen Zeitraum ausgesetzt werden kann.

Empfehlung für die Praxis:

Antiretrovirale Medikamente können bei Beachtung der speziellen Risiken zur Transmissionsprophylaxe und zur Therapie der mütterlichen HIV-Infektion in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Die Wahl der Therapie sowie der Behandlungszeitraum muss individuell entschieden werden. Bei der Auswahl der Medikamente ist zu beachten, dass es einige antiretrovirale Substanzen gibt, die in der Schwangerschaft möglichst nicht eingesetzt werden sollen. Dies sind Efavirenz (teratogene Hinweise), die Kombination von Stavudin/Didanosin (Laktatazidosen), Zalcitabin und Delavirdin (unzureichende Erfahrungen beim Menschen und Hinweise auf tierexperimentelle Teratogenität) sowie Nevirapin bei Frauen mit CD4-Zellzahlen von >250/mm3 (Hepatotoxizi-tät). Wird Nevirapin in der Schwangerschaft angewendet, sollten vor allem in den ersten 18 Wochen nach Therapiebeginn regelmäßig Transaminasen kontrolliert und auf klinische Symptome geachtet werden. Die kurzfristigere Anwendung von Nevirapin als Transmissionsprophylaxe nach dem derzeit gültigen Schema birgt offenbar kein vergleichbares Risiko.

Nach einer Exposition im 1. Trimenon sollte ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Empfehlenswert ist eine frühzeitige Anbindung der Schwangeren an ein dafür spezialisiertes Zentrum. Betreuende Ärzte sollten Schwangerschaften, in denen HIV-Medikamente eingesetzt werden, möglichst prospektiv an das „Antiretroviral Pregnancy Registry” melden (www.APRegistry.com).

2.6.58. Nukleosid- und Nukleotidanaloge Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI)

Daten aus klinischen Studien zur Sicherheit in der Schwangerschaft beim Menschen liegen nur für Zidovudin, Lamivudin, Didanosin und Stavudin vor. Mit Ausnahme von Didanosin fand man bei den NRTI vergleichbare Konzentrationen im mütterlichen Serum und im Nabelschnurblut als Indiz für gute Plazentagängigkeit (Pacifici 2005).

Didanosin

Pharmakologie und Toxikologie.

In Tierversuchen fand sich auch bei Verabreichung hoher Dosen von Didanosin (Videx®) kein Hinweis auf Teratogenität. Didanosin ist nur sehr eingeschränkt plazentagängig (Wang 1999). Daten zum Übergang von Didanosin in die Muttermilch liegen beim Menschen nicht vor. Bei 14 HIV-infizierten Schwangeren, die mit 26 bis 36 Schwangerschaftswochen behandelt wurden, zeigten sich weder bei den Müttern noch bei den Neugeborenen nennenswerte Unverträglichkeiten (Wang 1999). Tödliche Laktatazidosen wurden jedoch vereinzelt bei schwangeren Frauen beschrieben, die eine Kombinationstherapie mit Stavudin und Didanosin erhielten (Mandelbrot 2003, Sarner 2002). Aufgrund dessen wird davor gewarnt, Schwangere mit dieser Kombination zu behandeln.

Lamivudin

Pharmakologie und Toxikologie.

Nach Zidovudin ist Lamivudin (Epivir®) die von allen NRTI am besten untersuchte Substanz. Es ist auch zur Behandlung der chronischen Hepatitis B zugelassen. Die Daten aus dem Antiretroviral Pregnancy Registry ergeben eine mit 3,0% unverdächtige Fehlbildungsrate. Die im Nabelschnurblut gemessene Konzentration entspricht den mütterlichen Werten.

Eine größere Studie zur Transmissionsprophylaxe wurde in Frankreich mit 445 schwangeren Frauen durchgeführt (Mandelbrot 2001). Hierbei erhielten die Frauen ab Schwangerschaftswoche 32 bis zur Geburt zusätzlich zum Zidovudin auch Lamivudin, die Neugeborenen wurden für 6 Wochen kombiniert behandelt. Zwar senkte diese Thera pie erfolgreich die Infektionsrate, es traten jedoch erhebliche Nebenwirkungen bei den Neugeborenen auf. Am häufigsten waren ausgeprägte Anämien und Neutropenien. Zwei Kinder starben infolge von neurologischen Komplikationen im Zusammenhang mit mitochondria-len Dysfunktionen.

Stavudin

Pharmakologie und Toxikologie.

Für Stavudin (Zerit®) liegen weder in Tierversuchen noch beim Menschen Hinweise für teratogene Effekte vor. Die Rate an Fehlbildungen liegt nach den beim Antitretroviral Pregnancy Registry gemeldeten Schwangerschaftsverläufen bei 2,2%, wenn im 1. Trimenon der Schwangerschaft behandelt wurde. Wade (2004) berichtet über eine gute Verträglichkeit der Medikamente bei 14 Mutter-Kind-Paaren. Vereinzelt wurden jedoch tödliche Laktatazido-sen bei schwangeren Frauen beschrieben, die eine Kombinationstherapie mit Stavudin und Didanosin erhielten (Mandelbrot 2003, Sarner 2002). Aufgrund dessen wird davor gewarnt, Schwangere mit dieser Kombination zu behandeln.

Zidovudin

Pharmakologie und Toxikologie.

Zidovudin (Retrovir®), auch als Azido-thymidin (AZT) bezeichnet, ist das älteste zur antiretroviralen Therapie (ART) eingesetzte Virustatikum. Es hemmt als nukleosidanaloger Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NRTI) kompetitiv die Vermehrung von HIV-1- und HIV-2-Viren.

Zidovudin ist gut plazentagängig, die nachgewiesene Metabolisie-rung in der Plazenta erklärt möglicherweise den transmissionshemmenden Effekt der Substanz. Die bisher vorliegenden Erfahrungen mit mehreren 1.000 dokumentierten Schwangerschaftsverläufen sprechen gegen ein nennenswertes teratogenes Potenzial (Watts 2004, Mofenson 2000). Nach den Daten des Antiretroviral Pregnancy Registry war die Fehlbildungsrate mit 2,8% nicht erhöht. Es wird diskutiert, ob Zidovu-din und andere NRTIs mitochondriale Dysfunktionen verursachen können. Blanche und Mitarbeiter (1999) berichten über 8 nicht HIVinfizierte Kinder mit solchen Auffälligkeiten, die intrauterin und nach der Geburt mit Zidovudin allein oder zusammen mit Lamivudin exponiert waren. Zwei der Kinder starben noch im Säuglingsalter, 3 weitere wiesen eine neurologische Symptomatik auf (Blanche 1999). Andere Kohortenstudien konnten diese medikamenteninduzierten Mitochon-driopathien nicht bestätigen. Tierexperimentelle Befunde an Affen ergaben strukturelle und funktionelle Störungen der Mitochondrienfunk-tion in Herz- und Skelettmuskelzellen der Jungtiere, nachdem die Muttertiere beim Menschen übliche Zidovudindosen erhalten hatten. Ent sprechende Herzanomalien konnten bei pränatal exponierten Kindern nicht nachgewiesen werden. In einer prospektiven Studie fand sich bei mit Zidovudin exponierten Kindern, die bis zum Alter von 5 Jahren echokardiographisch untersucht wurden, kein Hinweis auf kardiale Toxizität (Lipshultz 2000). Die einzige wiederholt beobachtete Auffälligkeit bei Neugeborenen nach intrauteriner Zidovudinexposition ist das Auftreten einer vorübergehenden Anämie, die sich innerhalb der ersten 12 Lebenswochen normalisiert (Sperling 1998, Connor 1994). In einer Nachsorgestudie von 234 Kindern des Pediatric AIDS Clinical Trials Group Protocol 076 (PACTG 076) zeigten Kinder mit einer intra-uterinen Zidovudinexposition keine Auffälligkeiten ihrer körperlichen, immunologischen und kognitiven Parameter bis zum 6. Lebensjahr (Curlane 1999). Es fanden sich auch keine Hinweise auf Tumorbildung bei über 700 prä- und perinatal exponierten Kindern (Curlane 1999, Hanson 1999). Daten zur Langzeitverträglichkeit liegen allerdings derzeit noch nicht vor.

2.6.59. Non-nukleosidanaloge Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI)

Daten aus klinischen Studien zur Sicherheit in der Schwangerschaft beim Menschen liegen nur für Efavirenz und Nevirapin vor.

Efavirenz

Pharmakologie und Toxikologie.

Tierexperimentell haben sich bei Efavirenz (SUSTIVA®) Hinweise auf Teratogenität ergeben. Bei 20 pränatal exponierten Affen, deren Plasmakonzentrationen den therapeutischen Konzentrationen beim Menschen entsprachen, wiesen drei Jungtiere unterschiedliche Fehlbildungen auf: (1) Anenzephalie mit unilateraler Anophthalmie, (2) Mikrophthalmie und (3) Gaumenspalte. Auch beim Menschen liegen Einzelberichte über ZNS-Fehlbildungen bei Kindern vor, deren Mütter im 1. Trimenon Efavirenz erhalten hatten (De Santis 2002, Fundaro 2002). Bei den der Antiretroviral Pregnancy Registry gemeldeten 4 Fällen handelte es sich u.a. um Neuralrohrdefekte und ein Kind mit einer Dandy-Walker-Fehlbildung.

Nevirapin

Pharmakologie und Toxikologie.

Nevirapin (Viramune®) ist gut plazentagängig und erreicht bei den Neugeborenen Medikamentenspiegel, die etwa denen der Mutter entsprechen. Im Tierversuch (Ratten und Kaninchen) finden sich keine Hinweise auf teratogene Effekte. Nach den Daten des Antiretroviral Pregnancy Registry zeigt sich mit 2% kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nach Exposition im 1. Trimenon. In einer Studie zur Transmissionsprophylaxe in Uganda (Guay 1999) konnte gezeigt werden, dass Nevirapin in einem einfachen Regime (einmalige Gabe von 200 mg p. o. für die Schwangere bei Wehenbeginn und die Einmalgabe von 2 mg/kg für das Neugeborene im Alter von 48 bis 72 Stunden) einen guten transmissionshemmenden Effekt aufweist. Die Einmalgabe von Nevirapin kann bei der Schwangeren jedoch die Selektion nevirapinresistenter Viren begünstigen und damit künftige Behandlungsmöglichkeiten der HIV-infizierten Frauen erschweren. Bei schwangeren Frauen wurden im Zusammenhang mit Nevirapin einzelne Fälle von schweren Hautausschlägen und Lebertoxizität berichtet (Knudtson 2003). Diese scheinen vor allem Patientinnen mit höheren CD4-Zellzahlen (> 250/mm3) zu betreffen. Bei ihnen ist das Risiko für symptomatische hepatische Ereignisse im Vergleich zu Frauen mit niedrigeren CD4-Zellzahlen (< 250/mm3) 12fach erhöht. Inwieweit eine Schwangerschaft die hepatotoxische Wirkung des Nevirapins bei hohen Zellzahlen begünstigt, ist unzureichend untersucht.

2.6.60. Proteaseninhibitoren und Fusionsinhibitoren

Die Daten zu Proteaseninhibitoren in der Schwangerschaft sind mit Ausnahme von Nelfinavir spärlich und erlauben keine differenzierte Risikobewertung. In-vivo- und In-vitro-Untersuchungen haben übereinstimmend ergeben, dass Proteaseninhibitoren offensichtlich aufgrund ihrer großen Molekularmasse die Plazenta kaum überschreiten (Pacifici 2005).

Aufgrund der eingeschränkten Plazentagängigkeit der meisten Proteaseninhibitoren, sind nur geringe Konzentrationen beim Fetus zu erwarten. Zu dem Fusionshemmer Enfurvitid (Fuzeon®) gibt es keine Erfahrungen in der Schwangerschaft.

Nelfinavir

Pharmakologie und Toxikologie.

Nelfinavir (VIRACEPT®) hat in Tierversuchen keine Hinweise auf Teratogenität erbracht. Nach den Daten des Antiretroviral Pregnancy Registry ist die Fehlbildungsrate nach Exposition im 1. Trimenon mit 2,9% nicht erhöht. Bei einer Auswertung von 915 Lebendgeborenen, davon waren 301 im 1. Trimenon exponiert, beobachtete man 9 Fehlbildungen, die keine Hinweise auf ein spezielles Muster bzw. keinen Anhalt für Teratogenität ergaben (Covington 2004). In einer Studie mit 38 HIV-infizierten Schwangeren konnte als Indiz für die geringe Plazentagängigkeit bei den meisten Neugeborenen kein Nelfinavir im Nabelschnurblut nachgewiesen werden (Mirochnick 2002).

2.6.61. Hyperthermie

Tierexperimentell wurde schon vor über 30 Jahren gezeigt, dass eine Erhöhung der Körpertemperatur Fehlbildungen verursachen kann (Graham 2005, Edwards 1995). Auch beim Menschen wurde dies immer wieder erörtert. Es gibt Hinweise darauf, dass verschiedene Anomalien, wie z.B. Neuralrohrdefekte (Suarez 2004, Shaw 1998), aber auch Nieren-, Herz- und Bauchwandfehlbildungen (Abe 2003, Chambers 1998) nach fieberhaften Infekten in der Frühschwangerschaft häufiger auftreten. Moretti und Mitarbeiter (2005) haben in einer MetaAnalyse zum Risiko von Neuralrohrdefekten nach Hyperthermie insgesamt 15 Studien mit 1.719 Fällen ausgewertet und sowohl in den 9 einbezogenen Fall-Kontroll-Studien als auch in 6 Kohorten-Studien signifikante Assoziationen mit einem Odds Ratio von etwa 1,9 ermittelt. Abe und Mitarbeiter (2003) haben in einer retrospektiven Studie mit wenigen Dutzend betroffenen Schwangeren schwache Signifikanzen sowohl für Fieber als auch generell für Infekte im 1. Trimenon ermittelt. Chambers und Mitarbeiter (1998) verglichen in einer prospektiven Untersuchung den Schwangerschaftsverlauf von 115 Frauen mit hohem Fieber mit 147 Schwangeren, die Episoden mit leichtem Fieber hatten und mit 298 ohne Fieber. Hohes Fieber wurde definiert als mindestens 38,9 °C für mindestens 24 Stunden, leichtes Fieber als unter 38,9°C oder weniger als 24 Stunden andauernd. Rund 80 % der Fieberepisoden ereigneten sich im 1. Trimenon. Diese Untersuchung hat jedoch kein statistisch signifikantes Risiko für Fehlbildungen insgesamt nach Fieberepisoden im 1. Trimenon oder später ermittelt.

Diskutiert wird u.a., dass hohe Körpertemperaturen vaskuläre Störungen verursachen können, so dass die sich entwickelnden Organe vorübergehend nicht ausreichend durchblutet werden (Graham 1998). Suarez und Mitarbeiter (2004) haben in ihrer retrospektiven Studie, die 184 von Neuralrohrdefekten betroffene Familien sowie gesunde Kontrollen einschließt, ein geringeres Risiko bei Einnahme fiebersenkender Medikamente beobachtet. Es fanden sich auch schwache Signifikanzen bei anderen potenziell zur Überwärmung führenden Faktoren, wie z.B. Heizdecken, Sauna und Kochen in überwärmter Küche während des 1. Trimenons.

Andere Untersuchungen belegen kein erhöhtes Risiko durch Saunen, obwohl schon nach 10–20 Minuten die Körpertemperatur auf über 38,5 °C steigen kann. In Finnland, wo dieser Frage nachgegangen wurde, ist häufiges Saunen auch während der Schwangerschaft üblich. Auch der Gebrauch elektrischer Heizdecken und geheizter Wasserbetten hat bei anderen Untersuchern kein signifikant erhöhtes Fehlbildungsrisiko erkennen lassen.

Eine weitere Studie hat bei Kindern im Alter von 5 und 12 Jahren häufiger Defizite im emotionalen und kognitiven Bereich beobachtet, wenn im 2. oder 3. Trimenon Fieber berichtet wurde (Dombrowski 2003).

Zusammenfassend ist von einem gering erhöhten Fehlbildungsrisiko bei hochfieberhaften Erkrankungen insbesondere in den ersten vier Wochen nach Konzeption auszugehen.

Empfehlung für die Praxis:

Bei hochfieberhaften Infekten insbesondere in der Frühschwangerschaft soll rechtzeitig mit Paracetamol und/oder physikalischen Maßnahmen (Wadenwickel, reichlich Flüssigkeitszufuhr etc.) das Fieber gesenkt werden. Saunabesuche sollten 10 Minuten nicht überschreiten. Sehr heiße Wannenbäder sind ebenso wie andere Überhitzungsquellen zu meiden. Im Zweifelsfall sollte Frauen, die in der Frühschwangerschaft einen hochfieberhaften Infekt durchmachten, eine Ultraschallfeindiagnostik zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Eine Fieberepisode rechtfertigt nach heutigem Kenntnisstand keinen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft (siehe Kapitel 1.15).

2.6.62. Fernreisen und Langstreckenflüge

Bei Fern- und Flugreisen während der Schwangerschaft müssen folgende potenziell riskanten Umstände beachtet werden:

  • Infektionsprophylaktische Maßnahmen (Malariaprophylaxe siehe Abschnitt 2.6.23; Impfungen siehe Abschnitt 2.7),

  • Infektionskrankheiten (siehe Enders 1991),

  • speziell bei Langstreckenflügen:

    • Thromboserisiko,

    • ionisierende Höhenstrahlung,

    • Herabsetzung des Sauerstoffpartialdrucks entsprechend einer Höhe von 2500 m,

    • trockene Luft,

  • körperlicher und psychischer Stress.

Spezifische Entwicklungsstörungen haben sich bei der Exposition von Schwangeren bisher weder im Zusammenhang mit Impfungen noch mit der empfohlenen Malariaprophylaxe oder mit den physikalischen Einflüssen bei Langstreckenflügen gezeigt.

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die mit einer Fernreise einhergehenden Belastungen, zumal bei disponierten Frauen, zu einer Steigerung des Abortrisikos beitragen könnten. Darüber hinaus wird häufig vergessen, dass neben den typischen Infektionskrankheiten auch „banale” Infektionen aufgrund der veränderten hygienischen Situation im Zielland gehäuft auftreten können. Wenn Dehydratation, hohes Fieber und andere Komplikationen hinzukommen, können Infektionen mittelbar auch für den Fetus riskant sein.

Die Strahlendosis bei einem Fernflug variiert stark in Abhängigkeit von der Aktivität der Sonnenoberfläche. Hierbei werden nach heutigem Wissen aber keine Dosen erreicht, die Fehlbildungen auslösen können.

Empfehlung für die Praxis:

Es sollte kritisch erörtert werden, ob eine Fernreise, zumal in tropische Regionen, unbedingt während der Schwangerschaft erforderlich ist. Hatte die Schwangere schon früher Spontanaborte, sollte sie die Reise verschieben. Eine gut vertragene Fernreise ist kein Grund für eine erweiterte vorgeburtliche Diagnostik und rechtfertigt keinesfalls einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft (siehe Kapitel 1.15).

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2.7. Impfstoffe und Immunglobuline

Die durch Impfstoffe angeregte spezifische Immunität der Mutter schützt auch das Kind durch diaplazentaren Übergang der mütterlichen IgG-Antikörper. Bisher haben sich für keinen Impfstoff entwicklungstoxische Eigenschaften gezeigt und bei keinem Lebendimpfstoff Hinweise auf eine infektionsbedingte Schädigung des Ungeborenen. Der Umfang an dokumentierten Erfahrungen ist jedoch für die einzelnen Impfstoffe sehr unterschiedlich. Generell sollten Routineimpfungen in der Schwangerschaft, insbesondere solche mit Lebendimpfstoffen, unterbleiben. Besteht aber ein erkennbares Expositionsrisiko und liegt kein Impfschutz vor, kann und muss ggf. auch während der Schwangerschaft im Interesse von Mutter und Kind geimpft werden (siehe unter den jeweiligen Impfstoffen).

Mehr oder weniger detailliert wird in verschiedenen Impfempfehlungen auf Schwangere eingegangen (z.B. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission - STIKO).

Bei Fragestellungen zum Risiko von tropischen Impfungen und Malariaprophylaxe in der Schwangerschaft sollten auch die allgemeinen Risiken von Fernreisen mit der Schwangeren erörtert werden (siehe Abschnitt 2.6.62). Wenn eine Impfung tatsächlich indiziert ist, muss diese selbstverständlich auch in der Schwangerschaft durchgeführt werden.

2.7.1. Choleraimpfung

Choleraimpfstoff enthält inaktivierte Vibrionen der Serotypen Inaba und Ogawa. Untersuchungen zur Anwendung dieses Impfstoffes während der Schwangerschaft liegen nicht vor. Der Impfschutz ist nicht vollständig und nur kurzfristig wirksam. Die antibiotische Behandlung einer Cholerainfektion ist auch in der Schwangerschaft möglich. Es ist dabei zu bedenken, dass bereits eine hohe Antibiotikaresistenz der Erreger besteht. Allgemein gültige Empfehlungen zur Infektionsprophylaxe in der Schwangerschaft können deshalb nicht gegeben werden, denn das Vorgehen hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab (Reisedauer, Unterkunft etc.). Schwangere, die in Endemiegebiete reisen müssen, sollten auf jeden Fall die grundsätzlichen Hygienemaßnahmen streng einhalten (boil it, cook it, peel it or forget it).

Empfehlung für die Praxis:

Eine Choleraimpfung kann und sollte indikationsgerecht auch in der Schwangerschaft durchgeführt werden, wenn eine entsprechende Reise unaufschiebbar ist.

2.7.2. Diphtherie- und Tetanusimpfung

Diese beiden Totimpfstoffe enthalten das jeweilige Toxoid. Außer den von Heinonen (1977) dokumentierten 75 Schwangerschaften, die in den ersten 4 Monaten gegen Diphtherie geimpft wurden, und den 337 mit Tetanusimpfung, fehlen weitere systematische epidemiologische Untersuchungen zur Anwendung dieser Impfstoffe während der Schwangerschaft trotz weiter Verbreitung. In zwei retrospektiven auf Fehlbildungsregisterdaten beruhenden Studien mit zusammen etwa 600 exponierten Kindern ergaben sich keine Assoziationen zwischen Tetanusimpfung und Fehlbildungen (Czeizel 1999, Silveira 1995). Auch konnte kein Zusammenhang mit Fehlgeburten beobachtet werden. Catindig und Mitarbeiter (1996) haben von 1980 bis 1994 während einer Zunahme der jährlichen Impfungen um mehr als das 10fache keinen Anstieg der Fehlgeburtenrate auf den Philippinen beobachtet. Nur historischen Charakter hat der bei Heinonen (1977) geäußerte und später nicht bestätigte Verdacht auf ein erhöhtes Risiko von Trichterbrust und Klumpfuß durch das Tetanustoxoid. Um eine mütterliche Erkrankung und den mit hoher Säuglingssterblichkeit behafteten Tetanus neo-natorum zu verhüten, sollte ein ausreichender Impfschutz in der Schwangerschaft gewährleistet sein. Berichte über Tetanus neonatorum aufgrund unzureichenden Impfschutzes aus anderen Ländern wie China (Häufigkeit des Tetanus neonatorum 0,16/1.000 Lebendgeborene, nur 12 % der Mütter waren geimpft; Chai 2004) und der Türkei (Kalaca 2004, Gurkan 1999) bekräftigen die dringende Notwendigkeit dieser Impfung. Im Regelfall erfolgt die Grundimmunisierung im Kindesalter, danach wird alle 10 Jahre eine Auffrischimpfung empfohlen, auch in der Schwangerschaft.

Empfehlung für die Praxis:

Bei unzureichendem Impfschutz sollte eine Schwangere gegen Tetanus (und Diphtherie) geimpft werden.

2.7.3. Frühsommer-Meningo-Enzephalitis-(FSME-)Impfung

Nach Impfung mit dem FSME-Impfstoff haben sich bisher keine Hinweise auf entwicklungstoxische Effekte beim Menschen gezeigt.

Empfehlung für die Praxis:

Da dieser Impfstoff nicht systematisch untersucht ist, sollte während einer Schwangerschaft die Impfindikation kritisch geprüft werden.

2.7.4. Gelbfieberimpfung

Der Gelbfieberimpfstoff enthält einen abgeschwächten Lebendimpfstoff. Ein Fallbericht beschreibt eine Gelbfieberinfektion beim Neugeborenen im Zusammenhang mit einer Impfung im 1. Trimenon (Tsai 1993). Dieser Befund wurde von anderer Seite nicht bestätigt. In einer Untersuchung an 101 geimpften Schwangeren, davon vier im 1. und 89 im 3. Trimenon, erbrachte keine Entwicklungsauffälligkeiten bei den Kindern bis zum Alter von 3–4 Jahren (Nasidi 1993). Eine leicht erhöhte Spontanabortrate wird in einer anderen, allerdings sehr kleinen retrospektiven Studie mit 39 Schwangeren beschrieben (Nishioka 1998). Unter 58 im 1. Trimenon Geimpften wurde keine konnatale Infektion und kein Hinweis auf teratogene Effekte gefunden (Robert 1999). Bisherige Erfahrungen sprechen also gegen ein nennenswertes entwicklungstoxisches Risiko der Impfung.

Empfehlung für die Praxis:

Da Gelbfieber im Erkrankungsfall lebensbedrohlich sein kann, muss eine Schwangere bei unaufschiebbarer Reise in ein Endemiegebiet auch im 1. Trimenon geimpft werden (American College of Obstetricians and Gynecologists 1993).

2.7.5. Grippe-(Influenza-)Impfung

Bisher publizierte Fallserien mit mehr als 2.000 Frauen, die kurz vor oder während der Schwangerschaft geimpft wurden, ergeben keine Hinweise auf eine entwicklungstoxische Wirkung dieses inaktivierten Impfstoffs (Munoz 2005, Deinhard 1981). Der Fall einer ZNS-Fehlbildung nach Impfung in Woche 6 (Sarnat 1979) wurde von anderen Untersuchern nicht bestätigt.

Das US-amerikanische „Advisory Committee on Immunization Practices of the Centers for Disease Control” empfahl 2004, Schwangere während der Grippesaison aufgrund möglicher influenzabedingter Komplikationen unabhängig vom Trimenon zu impfen.

Empfehlung für die Praxis:

Wenn andere beeinträchtigende Faktoren, wie z. B. Asthma, vorliegen oder in der Vorgeschichte wiederholt von Influenzainfektionen berichtet wird, sollten Schwangere geimpft werden, ggf. auch im 1. Trimenon.

2.7.6. Hämophilus-Influenza-B-(HIB)-Impfung

Systematische Untersuchungen zur Pränataltoxizität dieses inaktivierten Impfstoffs liegen nicht vor. Ein passiver Schutz vor einer möglicherweise bedrohlichen Infektion im Säuglingsalter ist durch diaplazenta-ren Übertritt mütterlicher Antikörper nach Impfung der Mutter im 3. Trimenon möglich (Glezen 1999).

Empfehlung für die Praxis:

Eine Impfempfehlung für Schwangere wird zurzeit noch diskutiert.

2.7.7. Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Impfung

Als Hepatitis-B-Impfstoff wird ein biotechnologisch hergestelltes, nicht vermehrungsfähiges Oberflächenantigen eingesetzt. Die bisher publizierten Verläufe nach Impfungen von über 150 Schwangeren zeigten keine unerwünschten Wirkungen beim Fetus (Ingardia 1999, Reddy 1994, Grosheide 1993, Levy 1991). Bei nahezu 90% der Schwangeren mit Serokonversion nach einer Impfung während der Schwangerschaft wurden auch im Nabelschnurblut protektive Antikörperkonzentrationen gefunden (Ingardia 1999). Systematische Untersuchungen zum Hepatitis-A-Impfstoff in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Wahrscheinlich ist dieser Totimpfstoff ähnlich zu beurteilen wie der Hepati-tis-B-Impfstoff.

Empfehlung für die Praxis:

Risikogruppen ist eine Impfung zu empfehlen; sie sollte aus grundsätzlichen Sicherheitserwägungen heraus möglichst erst nach Schwangerschaftswoche 12 erfolgen.

2.7.8. Masern- und Mumpsimpfung

Bisher gibt es keine Hinweise auf entwicklungstoxische Effekte beim Menschen. Die beiden Lebendimpfstoffe sind aber nicht systematisch untersucht. Allerdings gibt es bisher auch keine Hinweise auf kindliche Anomalien durch eine Infektion während der Schwangerschaft, allenfalls auf ein leicht erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburtlichkeit und Totgeburten. Mehrere Publikationen haben sich mit der Frage eines Zusammenhangs zwischen einer Masern-Mumps-Röteln-Imp-fung beim Kind (nach der Geburt) und später auftretendem Autismus beschäftigt, ohne Belege hierfür finden zu können (De Stefano 2002, Madsen 2002). Damit haben sich theoretisch bestehende Bedenken bezüglich eines solchen Risikos durch Impfung während der Schwangerschaft ebenfalls erledigt.

Empfehlung für die Praxis:

Auch wenn generell eine Masern- und Mumps-Impfung in der Schwangerschaft nicht indiziert ist, sind nach einer versehentlich durchgeführten Impfung keine Konsequenzen erforderlich.

2.7.9. Meningokokkenimpfung

Der Meningokokkenimpfstoff enthält Polysaccharide der Gruppen A, C, Y und W-135. Er wird seit Jahrzehnten benutzt und hat sich bei weit über 100 vorwiegend im 3. Trimenon geimpften Schwangeren nicht als embryo- oder fetotoxisch erwiesen (Letson 1998). Der Übergang von schützenden Antikörpern durch die Plazenta wurde nachgewiesen. Bei 157 im 3. Trimenon Geimpften wurden in der Muttermilch bis 3 Monate nach der Geburt und im Serum der Neugeborenen bis 6 Monate nach der Geburt signifikant höhere IgA- bzw. IgG-Konzentra-tionen ermittelt als in einer Kontrollgruppe (Shahid 2002).

Empfehlung für die Praxis:

Bei entsprechend dringlicher Indikation darf auch in der Schwangerschaft geimpft werden.

2.7.10. Pertussisimpfung

Systematische Untersuchungen zur Anwendung dieser Impfung während der Schwangerschaft liegen nicht vor. Einige Fallberichte lassen kein Risiko erkennen. Auch wenn das Ausbleiben auffälliger Schwangerschaftsverläufe nach dieser Impfung gegen ein Risiko spricht, reichen die vorliegenden Daten nicht für eine differenzierte Beurteilung aus.

Empfehlung für die Praxis:

Auch wenn generell eine Pertussisimpfung in der Schwangerschaft nicht indiziert ist, sind nach einer versehentlich durchgeführten Impfung keine Konsequenzen erforderlich.

2.7.11. Pneumokokkenimpfung

Erfahrungen an 280 geimpften Schwangeren zeigen keine Nutzen für den jungen Säugling hinsichtlich Morbidität und Mortalität durch Pneu-mokokkeninfektion (Chaithongwongwatthana 2006). Toxische Risiken für das Ungeborene wurden erwartungsgemäß nicht beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Bei vorliegender Indikation dürfen auch Schwangere geimpft werden.

2.7.12. Poliomyelitisimpfung

Routinemäßig wird heute nur noch der parenteral zu verabreichende Polio-Totimpfstoff benutzt. Der früher übliche und heute Ausnahmeindikationen vorbehaltene orale Polioimpfstoff (Sabin) enthält attenu-ierte Poliomyelitisviren aller drei Poliovirustypen. Ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen oder Spontanaborte konnte bei 15.000 in Israel und Finnland im Rahmen von Massenimpfungen geimpften Schwangeren nicht nachgewiesen werden (Harjulehto-Mervaala 1994, Ornoy 1994, Ornoy 1990). Um die durch Virusausscheidung von Wöchnerinnen verursachte Viruskontamination auf Entbindungsstationen zu vermeiden, sollte im letzten Schwangerschaftsmonat keine Schluckimpfung mit dem Lebendimpfstoff erfolgen.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Schwangerschaft ist keine Kontraindikation gegen eine erforderliche Polioimpfung, bei Vorliegen einer Impflücke sollte im Interesse von Mutter und Kind mit dem heute üblichen Totimpfstoff aufgefrischt werden. Ob die Leihimmunität beim Neugeborenen ausreicht oder diesen nur vor der sehr seltenen Impfpolio schützt, wird kontrovers diskutiert.

2.7.13. Rötelnimpfung

Aufgrund der immer noch nicht genügenden Durchimpfung in der Bundesrepublik Deutschland werden weiterhin Kinder mit den Zeichen einer Rötelnembryopathie geboren, in den vergangenen Jahren jedoch nur etwa eines jährlich. Man geht jedoch von einer höheren Dunkelziffer besonders bei den Kindern aus, die bei der Geburt kein typisches Schädigungsbild aufweisen; ein solcher Verdacht ergibt sich aus positiven, auf eine Infektion hindeutenden Serologiebefunden Schwangerer (Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 35/2004). Dagegen wurde in Schweden seit 1985 kein Fall mehr beobachtet (Boettiger 1997).

Die Rötelnimpfung wird mit dem zurzeit gebräuchlichen abgeschwächten Lebendimpfstoff RA 27/3 durchgeführt. Dieser ist auch in den Kombinationsimpfstoffen mit Masern und Mumps (MMR) enthalten. Der Rötelnimpfvirus ist plazentagängig und kann den Fetus infizieren. Bei 2,7% bis 7,7% (Durchschnitt 4,1%) in der Frühschwangerschaft Geimpfter fällt später der Nachweis von rötelnspezifischen IgM- Antikörpern im Nabelschnurblut beim Neugeborenen positiv aus (Enders 2005). In einem Fall wurde eine persistierende subklinische Infektion beobachtet (Hofmann 2000). In ca. 3–20 % konnte das Impfvirus nach Impfung aus Abortmaterial isoliert werden (Enders 1991, Center for Disease Control 1989).

Die Einzelfalldarstellung eines angeborenen Katarakts nach mütterlicher Impfung konnte nicht durch andere Untersucher bestätigt werden (Fleet 1974). Berichte über insgesamt 718 Schwangerschaften aus Deutschland, Schweden, England und den USA wurden bisher publiziert, bei denen seronegative Frauen im Zeitraum von 3 Monaten vor Konzeption bis in die Schwangerschaft hinein versehentlich mit unterschiedlichen Rötelnlebendimpfstoffen geimpft wurden (Enders, 2005, Enders, 1991). Im Zeitraum mit theoretisch hohem Risiko, also ein bis 2 Wochen vor bis 6 Wochen nach Konzeption, wurden 326 der 718 Schwangeren geimpft. Es wurde dabei keine Rötelnembryopathie beobachtet. Dies spricht dafür, dass eine impfbedingte Schädigung sehr unwahrscheinlich ist. Rein statistisch kann man mit einer solchen Fallzahl jedoch nur ausschließen, dass das Risiko größer als 0,5 % (95 % Konfidenzintervall) ist.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Rötelnimpfung sollte unmittelbar vor und während der Schwangerschaft nicht durchgeführt werden. Bisherige Erfahrungen sprechen gegen ein Risiko für Rötelnembryopathie durch Impfung. Daher ergeben sich aus einer versehentlichen Impfung keine Konsequenzen wie Schwangerschaftsabbruch oder invasive Diagnostik. Ob eine seronegative Schwangere mit hohem Expositionsrisiko gegenüber Röteln auch während der Schwangerschaft geimpft werden sollte, muss individuell entschieden werden.

2.7.14. Tollwutimpfung

Der Tollwutimpfstoff enthält einen abgeschwächten Lebendimpfstoff, der aus menschlichen Zellkulturen gewonnen wird. Der heute zur Verfügung stehende Impfstoff ist im Gegensatz zu früheren Tollwutimpfstoffen gut verträglich. Fallberichte zur aktiven und/oder passiven Impfung bei über 200 Schwangeren zeigen keine Auffälligkeiten (Chutivongse 1995, Chabala 1991, Fescharek 1990). Die mütterlichen Antikörper scheinen die Plazenta zu überwinden.

Empfehlung für die Praxis:

Da Tollwut eine tödlich verlaufende Erkrankung ist, muss eine Schwangere nach einem tollwutverdächtigen Tierbiss immer simultan (aktiv und passiv) geimpft werden.

2.7.15. Typhusimpfung

Es gibt zwei Typhusimpfstoffe: Die parenteral zu verabreichende inaktivierte Typhusvakzine und den oralen Typhus-Lebendimpfstoff mit Salmonella typhi Typ 21a. Der Lebendimpfstoff schützt nicht gegen Paratyphus A und B, weist aber eine geringere Nebenwirkungsrate auf als die inaktivierte Vakzine. Bei einer Typhuserkrankung in der Schwangerschaft ist durch die typhöse Septikämie das Abortrisiko erhöht. Deshalb ist auch für Schwangere der Schutz vor einer Infektion ratsam, vor allem bei einem längeren Aufenthalt in entsprechenden Ländern. Eine Untersuchung mit rund 20 Schwangeren, die den Lebendimpfstoff im 1. Trimenon erhielten, erbrachte keine spezifischen Auffälligkeiten (Mazzone 1994).

Empfehlung für die Praxis:

Bei entsprechender Indikation darf eine Schwangere geimpft werden.

2.7.16. Varizellen-(Windpocken-)Impfung

Die Erstinfektion mit Varizellen in der Schwangerschaft kann in etwa 1 % der Fälle zu Schäden beim Embryo bzw. Fetus führen. Dieser Verdacht hat sich bisher aber nicht nach Impfung mit diesem Lebendimpfstoff ergeben. Bei 530 vom Hersteller prospektiv dokumentierten Schwangerschaften (Merck/CDC Pregnancy Registry 2004) wurden insgesamt 11 Fehlbildungen unter 507 Lebendgeborenen beobachtet (2,2%), unter den 120 Seronegativen waren es 5 (4,2%) und begrenzt auf die Seronegativen mit Impfung im 1. oder 2. Trimenon 5/80 (6,3 %). Diese Fehlbildungsraten wurden als nicht statistisch signifikant erhöht bewertet. Außerdem war keine Varizellenembryopathie unter den Fehlbildungen.

Empfehlung für die Praxis:

Während einer Schwangerschaft sollte nicht geimpft werden. Bei dennoch erfolgter Anwendung sind keine Konsequenzen erforderlich.

2.7.17. Immunglobuline

Immunglobulinlösungen enthalten hauptsächlich Immunglobulin-G-(IgG-)Antikörper und werden aus gepooltem menschlichem Plasma hergestellt. Das Ausmaß der Plazentapassage von IgG-Antikörpern ist abhängig vom Gestationsalter, der Dosierung, der Dauer der Behand lung und der Art des verabreichten Präparates. Immunglobuline kommen bei sehr unterschiedlichen mütterlichen oder fetalen Indikationen zum Einsatz, z.B. bei Antikörpermangel, bei Infektionserkrankungen (insbesondere zur Prävention), bei Autoimmunkrankheiten zur Besserung der Symptome bei der Mutter oder bei der Behandlung fetaler Krankheitssymptome, wie z.B. dem fetalen Herzblock bei mütterlichem Lupus erythematodes.

Sowohl Immunglobuline als auch Hyperimmunseren gegen spezifische Infektionen wirken nach heutiger Erkenntnis nicht embryotoxisch.

Unspezifische Risiken durch menschliche Blutprodukte wie die Übertragung von Virusinfektionen und Anaphylaxie sind nicht völlig auszuschließen und könnten mittelbar auch den Fetus gefährden.

Eine Untersuchung an 93 Kindern von Müttern, die Gammaglobulin zur Hepatitisprophylaxe während der Schwangerschaft erhalten hatten, beschreibt signifikant gehäufte Veränderungen der Hautlinien an den Fingerkuppen der pränatal exponierten Kinder (Ross 1996). Diese kaum als Fehlbildungen zu bewertenden Effekte traten nur dann auf, wenn die Exposition in den ersten 162 Tagen der Schwangerschaft erfolgte. Dieser Bericht ist eher als anekdotisch zu betrachten.

Empfehlung für die Praxis:

Standard-Gammaglobulin und Hyperimmunseren dürfen bei gegebener Indikation auch während der Schwangerschaft verabreicht werden.

2.7.18. Thiomersalhaltige Impfstoffe

Die früher in manchen Impfstoffen als Konservierungsstoff enthaltenen Mengen an Thiomersal bzw. Ethylquecksilber (ca. 5 μg) sind kürzlich als Gefahrenpotenzial diskutiert worden (Bigham 2005, Clements 2003). Bei genauerer Betrachtung ergab sich, dass die Mengen an Ethylquecksilber, zumal nach einmaliger Verabreichung, sehr gering sind. Ein Vergleich mit dem für den Menschen riskanteren Methylquecksilber muss berücksichtigen, dass dieses die Blut-Hirn-Schranke leichter überwindet. Bisher liegen keine Fallberichte vor, die den Verdacht einer pränatalen Schädigung durch eine thiomersalhaltige Impfung begründen. Dies erscheint plausibel, wenn man andere Situationen mit erhöhter Quecksilberbelastung zum Vergleich heranzieht, wie die in manchen Ländern höhere „Hintergrundbelastung” mit Quecksilber durch regelmäßigen Verzehr kontaminierter Fische. Die WHO empfiehlt thiomersalhaltige Impfstoffe für die so genannte Dritte Welt, da sie dort leichter verfügbar, billiger, sicherer und wirksamer sind (Bigham 2005).

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2.8. Herz- und Kreislaufmittel

Während der Schwangerschaft kommt es zu gravierenden hämodyna-mischen Veränderungen. Ab Schwangerschaftswoche 5 nimmt das Blutvolumen zu, am Ende der Schwangerschaft beträgt die Steigerung 50%. Sowohl Gefäßwiderstand als auch Blutdruck sinken, und der Ruhepuls steigt um 10–20 Schläge pro Minute. Daraus resultiert ein 30–50 %iger Anstieg Herzminutenvolumens. Während der Geburt kommt es zu einer weiteren Zunahme des Auswurfvolumens und der Blutdruck steigt. Im Allgemeinen werden ein bis drei Tage nach Geburt, manchmal auch erst nach einer Woche, die hämodynamischen Ausgangswerte erreicht (Oakley 2003).

Während Herzkrankheiten in der Schwangerschaft selten sind (unter 1%), kommen behandlungsbedürftige hypertone und hypotone Regulationsstörungen häufiger vor.

2.8.1. Hypertonie und Schwangerschaft

Bei den Hochdruckkrankheiten Schwangerer unterscheidet man folgende Formen:

  • Chronische Hypertonie (mit oder ohne Proteinurie), die vor, während oder nach der Schwangerschaft diagnostiziert wird.

  • Präeklampsie, Eklampsie: Proteinurie (> 300 mg/24 h) und neu aufgetretene Hypertonie (fakultativ: Ödeme).

  • Pfropfgestose: Präeklampsie bei Schwangeren mit chronischer Hypertonie (Häufigkeit: bei 20–25 % der Schwangeren mit chronischer Hypertonie).

  • Schwangerschaftshochdruck: eine nach 20 Schwangerschaftswochen entstehende Hypertonie ohne Proteinurie, die sich spätestens 12 Wochen nach der Entbindung zurückbildet. Ungefähr die Hälfte dieser Schwangeren entwickelt eine Präeklampsie.

Ein Blutdruckwert von 140/90 mmHg gilt als Grenzwert für eine Hypertonie in der Schwangerschaft. Patientinnen haben ein niedriges Risiko, wenn die Werte im Grenzbereich liegen, wenn sie keine Auffälligkeiten bei der körperlichen Untersuchung bieten, ein normales EKG und Echokardiogramm aufweisen und keine Proteinurie besteht. Eine antihypertensive Therapie von Schwangeren mit Blutdruckwerten bis 160/110 mmHg stellt keinen Vorteil für den Schwangerschaftsverlauf und das Befinden der Mutter dar, so dass eine medikamentöse Behandlung nicht indiziert ist.

Komplikationen schwerer hypertoner Zustände sind Hirnblutungen der Mutter oder kardiale Probleme. Vor allem über eine Plazentadys-funktion sind Abruptio der Plazenta, Frühgeburt, Wachstumsretardie-rung und perinataler Tod assoziiert. Das Risiko für eine Schwangere und das werdende Kind ist bei einer Hypertonie mit Gefäß- bzw. Organschäden, mit kardiovaskulären Begleiterkrankungen und/oder mit Proteinurie, das heißt bei jeder Form der Präeklampsie, als hoch einzuschätzen. Man nimmt an, dass die Präeklampsie auf einer gestörten Interaktion zwischen Trophoblastinvasion und Dezidua beruht. Die daraus folgende mangelnde Dilatation der Spiralarterien kann zur pla-zentaren Hypoperfusion führen. Eine kausale Therapie außer der Geburt gibt es nicht. Blutdrucksenkung bei diastolischen Werten >110 mmHg und die Gabe von 100 mg/Tag Acetylsalicysäure sind Möglichkeiten einer konservativen Therapie, die nur unter strikter Kontrolle der fetoplazentaren Einheit erfolgreich sein kann. Das HELLP-Syndrom (Hämolyse, erhöhte Leberwerte, erniedrigte Throm-bozytenzahl) beinhaltet zusätzliche Risiken für Mutter und Fetus.

Eine große prospektive Studie mit fast 2.000 hypertensiven Schwangeren bestätigt, dass das fetale Risiko bei Präeklampsie und Pfropfges-tose deutlich höher ist als bei den beiden anderen Hypertonieformen (Ray 2001). Welche klinische Bedeutung der In-vitro-Untersuchung von Houlihan (2004) zukommt, muss offen bleiben: Labetalol, Hydra-lazin, Nifedipin und Magnesiumsulfat haben einen signifikant relaxierenden Effekt auf die Nabelarterie, dagegen führt Methyldopa zu keiner Änderung des Gefäßwiderstandes. Eine Metaanalyse zu möglichen Änderungen der fetalen und neonatalen Herzfrequenz bei mütterlicher antihypertensiver Medikation kommt zu dem Schluss, dass die vorliegenden Daten zu Nifedipin, Hydralazin, Labetalol und Methyldopa zu ungenau für eine endgültige Aussage sind (Waterman 2004).

Die Auswahl antihypertensiver Medikamente unterscheidet sich von einer Behandlung außerhalb der Schwangerschaft. Trotz vielfältiger Untersuchungen und Erfahrungen gibt es jedoch nach wie vor keine einheitlichen Empfehlungen für Schwangere. Systematische kontrollierte Studien mit großer Fallzahl und Exposition im 1. Trimenon sind rar.

Als Langzeitantihypertensivum bei chronischer Hypertonie kommt in erster Linie Methyldopa infrage. Mittel der zweiten Wahl sind Metopro-lol, Dihydralazin/Hydralazin und Nifedipin. Bei den Mutter und Fetus mehr gefährdenden, durch Präeklampsie bedingten Hochdruckformen haben sich Dihydralazin, Nifedipin und Urapidil bewährt. Auch β-Rezeptorenblocker können gegeben werden, von denen das in Deutschland nicht zur Verfügung stehende Labetalol am besten untersucht ist.

Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft erfordern vor allem eine spezialisierte Diagnostik, die dann eine ggf. indizierte Therapie begleiten bzw. steuern kann.

2.8.2. β-Rezeptorenblocker

Pharmakologie und Toxikologie.

β-Rezeptorenblocker werden zur Hochdrucktherapie in Form der 1-selektiven Präparate, wie z. B. Metoprolol (z. B. Beloc, Prelis®), Atenolol (z. B. Tenormin®) und Acebutolol (z. B. Prent®) eingesetzt. Der klassische β-Rezeptorenblocker Propranolol (z.B. Dociton®) hat ebenso wie z.B. Oxprenolol (z.B. Trasicor®) und Pindolol (Visken®) neben einer 1- auch eine β 2-blockierende Wirkung. Gute Erfahrungen werden auch mit Labetalol beschrieben, das eine zusätzliche α-Rezeptor-blockierende Komponente besitzt.

Alle β-Rezeptorenblocker passieren die Plazenta. Nach heutiger Erkenntnis haben sie keine teratogenen Eigenschaften. Zwar gibt es einen Bericht zu 105 Neugeborenen, die im 1. Trimenon Atenolol exponiert waren und von denen 12 Kinder große Fehlbildungen aufwiesen. Die Uneinheitlichkeit dieser Fehlbildungen sowie die Ergebnisse anderer Untersuchungen sprechen aber gegen einen ursächlichen Zusammenhang (Briggs 2005). In unserem Pharmakovigilanzzentrum konnten wir bisher mehr als 200 Schwangerschaften prospektiv nachverfolgen, die im 1. Trimenon Metoprolol exponiert waren. Unter 175 lebend geborenen Kindern wiesen 7 grobstrukturelle Fehlbildungen auf (4%): je zwei Fälle mit Gaumenspalte und Vorhofseptumdefekt, je ein Fall mit einer Stenose der A. pulmonalis, einer Zwerchfellhernie und einer polyzystischen Niere.

Atenolol kann zu einem geringeren Gewicht der Plazenta, einer intrauterinen Wachstumsverzögerung und einem geringeren Geburtsgewicht führen (Tabacova 2003). Diskutiert wird, dass andere β-Rezeptorenblocker dieselben Symptome verursachen können (Magee 2003). Es ist nicht endgültig geklärt, welchen Anteil an der möglicherweise zugrunde liegenden plazentaren Perfusionsminderung Atenolol (oder ein anderer β-Rezeptorenblocker) oder der behandlungsbedürftige Hypertonus hat. β-Rezeptorenblocker erhöhen - wenn auch nur sublim - den Tonus des Uterus und können auf diese Weise die Perfusion reduzieren. Auch die blutzuckersenkende Wirkung der Betablocker wird als Ursache diskutiert. Das postnatale Wachstum im ersten Lebensjahr ist offenbar ebenso wenig beeinträchtigt wie die übrige Entwicklung der Kinder (Reynolds 1984).

Bayliss (2002) untersuchte 491 Schwangerschaften mit Hypertonie, dabei wurde in 302 Fällen mindestens ein Antihypertensivum eingenommen. 189 unbehandelte Schwangere dienten als Kontrollgruppe. Das Ergebnis ist interessant: Nur die Neugeborenen, deren Mütter Atenolol zur Konzeption oder ab dem 1. Trimenon (n=40) bis zur Geburt eingenommen hatten, wiesen ein statistisch signifikant niedrigeres Geburtsgewicht auf. Atenolol im 2. Trimenon führte nicht zu diesem Effekt. Unabhängig vom eingenommenen Antihypertensivum stand eine Pfropfgestose (im 2/3. Trimenon) in Zusammenhang mit einem geringeren Geburtsgewicht.

Bei einem Kind wird eine retroperitoneale Fibromatose mit medullä-rer Kompression und später resultierender Skoliose in Zusammenhang mit der mütterlichen Atenololtherapie beschrieben. Die Autoren halten diese Assoziation für erwähnenswert, da analoge Befunde bei Erwachsenen nach Atenololexposition beschrieben wurden (Satge 1997).

Zu Sotalol siehe Abschnitt 2.8.17.

Es gibt keine ausreichenden Erfahrungen zu Alprenolol, Betaxolol (z.B. Kerlone®), Bisoprolol (z.B. Concor®), Bopindolol, Bupranolol (betadrenol®), Carazolol, Carteolol (Endak®), Carvedilol (z.B. Dila-trend®), Celiprolol (z.B. Selectol®), Esmolol (Brevibloc®), Levobuno-lol (Vistagan® Augentropfen), Mepindolol (z.B. Corindolan®), Meti-pranolol (z.B. in Betamann Augentropfen), Nadolol (z.B. Solgol®), Nebivolol (Nebilet®), Penbutolol (z.B. Betapressin®), Talinolol (Cor-danum®), Tertatolol und Timolol (im Kombinationspräparat MODU-CRIN® und in Augentropfen). Ein nennenswertes teratogenes Risiko ist auch bei diesen β-Rezeptorenblockern unwahrscheinlich.

Eine neonatale β-Rezeptorenblockade infolge mütterlicher Therapie ist theoretisch bei jeder Substanz zu erwarten und kann sich in erniedrigter Herzfrequenz und Hypoglykämie äußern. Ein Fallbericht beschreibt sogar unter Augentropfenanwendung von 0,5 %igem Timolol eine fetale Bradykardie und Arrhythmie bei 21 Schwangerschaftswochen, die sich unter Dosishalbierung und anschließendem Absetzen besserte (Wagenvoort 1998). Weitere Fälle wurden trotz häufiger Glaukombehandlung mit diesen Mitteln in der Schwangerschaft nicht berichtet.

Atemdepression bei Neugeborenen wurde unter intravenöser Gabe von Propranolol kurz vor der Schnittentbindung beobachtet (Überblick in Briggs 2005), ist aber eher eine Ausnahmeerscheinung.

Ein Absetzen der Medikation 24–48 Stunden vor der Entbindung wird von manchen Autoren erörtert. Dieses Vorgehen ist kaum zu rechtfertigen. Die meist nur milden Symptome einer β-Rezeptorenblockade bessern sich beim Neugeborenen innerhalb von 48 Stunden folgenlos. Dennoch sollten sich Geburtshelfer und Pädiater über die mütterliche Medikation informieren.

Die Verstärkung vorzeitiger Wehentätigkeit durch β-Rezeptorenblocker ist theoretisch denkbar. Es wurde jedoch bei Gabe von β1-Rezepto-renblockern während einer Tokolyse mit β 2-Sympathomimetika kein negativer Einfluss auf die Wehenhemmung beschrieben (Trolp 1980). Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass ein den Blutzucker senkender Effekt einerseits und eine leicht erhöhte Uteruswandspannung andererseits Basis des immer wieder beobachteten geringeren Geburtsgewichts sind.

Empfehlung für die Praxis:

β-Rezeptorenblocker gehören zu den Antihyperten-siva der Wahl in der Schwangerschaft, wobei erprobte Mittel wie Metoprolol zu bevorzugen sind. Atenolol sollte eher nicht verordnet werden. Timolol darf zur Glaukombehandlung in der gesamten Schwangerschaft angewendet werden. Eine Therapie mit Atenolol oder wenig untersuchten β-Rezeptorenblockern rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Eine Gewichtsrestriktion des Fetus durch Einnahme von β-Rezeptorenblockern durch die Mutter ist möglich. Mit perinata-len Auswirkungen wie Herzfrequenzabnahme und Hypoglykämie muss bei allen β-Rezeptorenblockern gerechnet werden, wenn bis zur Geburt behandelt wurde.

2.8.3. α-Methyldopa

Pharmakologie.

α-Methyldopa (z.B. Dopegyt®) wird oral gut resorbiert, die Halbwertszeit beträgt 2 Stunden. Seine Aktivierung erfolgt über die Decarboxylierung zu a-Methyl-Noradrenalin, das als „falsche” Trans-mittersubstanz wesentlich schwächer wirkt als Noradrenalin. Die Herzfunktion, besonders das Herzminutenvolumen, wird nicht verändert, der periphere Gesamtwiderstand wird gesenkt. Unabhängig davon, ob intravenös oder per os appliziert, wirkt α-Methyldopa erst nach 60–90 Minuten. Die Wirkung hält etwa 10–12 Stunden an. α-Methyldopa ist plazentagängig.

Toxikologie.

In einer Gruppe von 242 im 1. Trimenon exponierten Kindern waren Häufigkeit und Art der angeborenen Fehlbildungen nicht auffällig (zitiert in Briggs 2005). Eine andere Untersuchung ergab einen um 1,3 cm geringeren Kopfumfang bei Neugeborenen, deren Mütter zwischen Schwangerschaftswoche 16 und 20 α-Methyldopa erhalten hatten. Das Kontrollkollektiv bestand aus Kindern nicht behandelter, hypertensiver Mütter (Moar 1978). Dieses statistisch signifikante Ergebnis war im Alter von 6 und 12 Monaten nicht mehr nachweisbar. Auffälligkeiten der mentalen Entwicklung waren bei diesen im Alter von 4,5 und 7,5 Jahren nachuntersuchten Kindern nicht zu verzeichnen. Weshalb nur die Neugeborenen einen verringerten Kopfumfang aufwiesen, deren Mütter zwischen Schwangerschaftswoche 16 und 20 behandelt worden waren, konnten die Autoren nicht erklären. Andere Autoren haben kein vermindertes Schädelwachstum beobachtet (Fidler 1983).

In einzelnen Fällen wurden nach Gabe von α-Methyldopa während der Schwangerschaft hepatotoxische Effekte beobachtet (Smith 1995). Einer weiteren Untersuchung zufolge kann bei Neugeborenen nach präpartaler Behandlung der Mutter in den ersten beiden Lebenstagen ein um 4–5 mmHg erniedrigter Blutdruck auftreten, der jedoch klinisch keine Relevanz besitzt (Whitelaw 1981).

α-Methyldopa hatte in einer In-vitro-Untersuchung keinen Einfluss auf den Gefäßwidersand der Nabelarterie (Houlihan 2004). Günenc (2002) analysierte mit Hilfe der Dopplersonographie den Effekt von Methyldopa bei 24 Schwangeren mit Präeklampsie. Der Gefäßwiderstand der Arteria uterina wurde durch die Therapie herabgesetzt, jedoch nicht von Nabelarterien oder fetaler Arteria cerebri media.

Empfehlung für die Praxis:

α-Methyldopa ist eines der ältesten Antihyperten-siva, das auch in der Schwangerschaft für Mutter und Ungeborenes gut verträglich ist. Es ist das Mittel der 1. Wahl bei chronischer Hypertonie in der Schwangerschaft.

2.8.4. Dihydralazin

Pharmakologie und Toxikologie.

Dihydralazin (Depressan®, Nepresol®) gehört zu den bei Schwangerschaftshypertonie am längsten eingesetzten Medikamenten. Es wird zu 80 % nach oraler Gabe resorbiert, etwa zwei Drittel werden in der Leber inaktiviert, die Halbwertszeit beträgt 2–8 Stunden. Seine zentrale und periphere Wirkung wird seit über 40 Jahren gründlich untersucht. Entgegen früheren Berichten und tierexperimentellen Ergebnissen lieβ sich eine Zunahme der uterinen Durchblutung nicht bestätigen (Suionio 1986).

Bei einer Untersuchung mit 40 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren wurde ein Neugeborenes mit Fehlbildungen registriert (zitiert in Briggs 2005). Ein Anhalt für teratogene Wirkungen beim Menschen hat sich bisher nicht ergeben.

Die meisten publizierten Erfahrungen beschreiben eine Anwendung im 3. Trimenon. In einigen Fällen wurde eine lebertoxische Wirkung bei präeklamptischen Patientinnen beobachtet (Hod 1986). Eine Kasuistik beschreibt ein dem Lupus ähnliches Syndrom bei Mutter und Fetus; das Neugeborene verstarb. Eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Dihydralazin wird in diesem Fall als Ursache diskutiert (Yemini 1989). Ein „Pseudolupus” als Nebenwirkung ist bei mit Dihydralazin behandelten Patienten seit langem bekannt.

Magee (2003) untersucht in einer Metaanalyse mütterliche, fetale und perinatale Auswirkungen der Behandlung mit Hydralazin bei schwerer Hypertonie - in der Regel im 2./3. Trimenon. In den analysierten Studien wurde Hydralazin meistens mit Nifedipin oder Labetalol verglichen. Die Ergebnisse sind uneinheitlich, doch kann der Schluss gezogen werden, dass Dihydralazin nicht Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung der schweren Hypertonie in der Schwangerschaft sein sollte.

Empfehlung für die Praxis:

Dihydralazin kann bei der Hypertonie in der Schwangerschaft angewendet werden, bei akuten Hochdruckkrisen auch intravenös.

2.8.5. Calciumantagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Nifedipin (z. B. Adalat®, Corinfar®) ist der am häufigsten verordnete Calciumantagonist. Außer bei Hypertonie werden Nifedipin und andere Calciumantagonisten bei koronarer Herzkrankheit, als Tokolytika und als Antiarrhythmika verwendet.

Hinsichtlich der Anwendung in der Schwangerschaft sind Nifedipin und Verapamil (z.B. Verapamil ratiopharm®) gefolgt von Amlodipin (z.B. Norvasc®) und Diltiazem (z.B. Dilzem®) am besten untersucht. Zu Felodipin (z.B. Modip®), Gallopamil (z.B. Procorum®), Isradipin (z.B. Lomir®), Lacidipin (Motens®), Lercanidipin (z.B. Carmen®), Manidipin (Manyper®), Nicardipin (Antagonil®), Nilvadipin (z.B. Nivadil®), Nimodipin (Nimotop®), Nisoldipin (Baymycard®) und Nitrendipin (z.B. Bayotensin®) liegen mit Ausnahme einiger Einzelfallberichte (Casele 1997) keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Im Gegensatz zu tierexperimentellen Ergebnissen gibt es beim Menschen keine Hinweise auf eine Abnahme der uteroplazentaren Perfusion durch Calciumantagonisten. Experimentelle Befunde weisen auf eine Calciumabhängigkeit früher embryonaler Differenzierungsvorgänge hin, die durch Antagonisten gestört werden könnten. In diesem Zusammenhang wurden distale Extremitätenfehlbildungen in einzelnen Tierversuchsreihen beobachtet (Yoshida 1995).

Bisherige Erfahrungen beim Menschen deuten nicht auf teratogene Effekte hin. Nach Behandlung im 1. Trimenon fand sich unter 37 mit Nifedipin und 76 mit Verapamil exponierten Neugeborenen keine erhöhte Rate konnataler Anomalien. Allerdings wiesen von 27 Neugeborenen, deren Mütter mit Diltiazem behandelt wurden, vier Kinder (15%) Fehlbildungen auf, zwei davon am Herzen. Vermutlich handelt es sich dabei um einen Zufallsbefund (zitiert nach Briggs 2005). Magee (1996) fand bei 78 Schwangerschaften, davon waren 34 mit Nifedipin, 32 mit Verapamil und 10 mit Diltiazem im 1. Trimenon exponiert, keine erhöhte Rate an großen Fehlbildungen. Es fand sich jedoch sowohl eine höhere Abortrate als auch ein niedrigeres Gestationsalter bei Entbindung, und das Geburtsgewicht der Kinder war tendenziell geringer – Effekte, die nicht auf die Medikamentenexposition zurückgeführt wurden. 1998 publizierte Sørensen seine Ergebnisse von 25 im 1. Trimenon exponierten Schwangeren, bei deren Kindern keine erhöhte Fehlbildungsrate beobachtet wurde. Sørensen und Czeizel (2001) analysierten in einer retrospektiven Vergleichsstudie mit Daten des ungarischen Fehlbildungsregisters die Verträglichkeit der Calciumantagonisten Ver-apamil, Nifedipin und Felodipin während des 1. Trimenons. Sie fanden weder Hinweise für Extremitätenfehlbildungen noch ein erhöhtes Gesamtfehlbildungsrisiko. In einer weiteren Publikation wurden 56 retrospektive Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) nach Nifedipinexposition meist im 2. bzw. 3. Trimenon vorgestellt (Tabacova 2002). In 15 Fällen wurden Fehlbildungen beschrieben, davon 4 an den Extremitäten (u.a. ein Fall mit Defekten an den Endphalangen und einer mit Syndaktylie). Da der jeweilige Expositionszeitraum nicht genannt wird, kann eine Kausalität von Nifedipin nicht bewertet werden. Der retrospektive Ansatz erlaubt zudem keine Berechnung einer Fehlbildungsrate. Die bisher größte prospektive Studie mit 299 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren erbrachte ebenfalls weder eine erhöhte Fehlbildungsrate noch eine Häufung von Extremitätenfehlbildungen. Am meisten vertreten waren Nifedipin (75) und Verapamil (61), gefolgt von Diltiazem (39) und Amlodipin (38). Signifikante Unterschiede zur Kontrollgruppe ergaben sich bei der Frühgeburtsrate. Ferner lieβ sich sowohl bei den früh geborenen als auch bei den reif geborenen Kindern in einigen der Zentren eine Tendenz zu einem geringeren Geburtsgewicht feststellen. Diese Effekte sind am ehesten durch die Art und Schwere der meist zugrunde liegenden plazentaren Störungen zu erklären und nicht durch die Medikamentenexposition (Weber-Schöndorfer 2004).

Nifedipin sollte nicht in Kombination mit Magnesium i.v. gegeben werden (Vetter 1991, Waismann 1988), da dies zu gravierendem Blutdruckabfall mit fetaler Hypoxie oder Bradykardie führen kann. Nifedipin kann auch nach sublingualer Anwendung zur rapiden Blutdrucksenkung führen (Hata 1995). Gute Erfahrungen wurden mit Nifedipin als Tokolytikum gemacht (siehe Abschnitt 2.14.6).

Khandelwal (2002) berichtet über 7 Schwangere mit chronischer Nierenerkrankung und Proteinurie, von denen 4 Diltiazem im 2./3. Tri-menon einnahmen. Die Autoren diskutieren Diltiazem als Alternative zu den in der Schwangerschaft kontraindizierten Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten.

Verapamil, mit dem auch fetale supraventrikuläre Tachykardien behandelt werden, kann Hyperprolaktinämie und Galaktorrhö verursachen (siehe auch unter Antiarrhythmika Abschnitt 2.8.17).

Zusammenfassend ergeben sich aus den bisherigen Publikationen keine Hinweise auf ein nennenswertes teratogenes Risiko beim Menschen.

Empfehlung für die Praxis:

Calciumantagonisten gehören zu den Antihyper-tensiva der 2. Wahl in der Schwangerschaft, wobei erprobte Mittel wie Nifedipin und als Antiarrhythmikum Verapamil (siehe dort) zu bevorzugen sind. Eine Therapie mit einem weniger gut untersuchten Calciumantagonisten im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Eine hoch auflösende Ultraschallfeindiagnostik kann aber zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.8.6. ACE-Hemmstoffe

Pharmakologie und Toxikologie.

Captopril (z.B. Lopirin®, Tensobon®) und Enalapril (z. B. Xanef®) sowie Benazepril (z. B. Cibacen®), Cilaza-pril (Dynorm®), Fosinopril (z.B. dynacil®), Imidapril (Tanatril®), Lisi-nopril (z.B. Acerbon®), Moexipril (z.B. Fempress), Perindopril (z.B. Coversum®), Quinapril (z.B. Accupro®), Ramipril (z.B. Vesdil®, Delix®), Spirapril (z.B. Quadropril®) und Trandolapril (z.B. Gopten®) sind Antihypertensiva, die das Angiotensin konvertierende Enzymsystem hemmen (ACE-Hemmstoffe). Sie haben inzwischen eine starke Verbreitung bei der Behandlung des Bluthochdrucks erfahren. Zu Captopril und Enalapril liegen die meisten Erfahrungen vor. Es gibt nur wenige Fallberichte zu anderen ACE-Hemmstoffen wie Lisinopril (Tomlinson 2000). In den bisher publizierten Fallserien mit über 200 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren und weiteren über 450 von uns und anderen teratologischen Zentren in Europa dokumentierten Schwangerschaften zeigten sich keine eindeutigen Hinweise auf tera-togene Effekte beim Menschen (Briggs 2005, Burrows 1998, Bar 1997). Eine methodisch kritisch zu bewertende Verschreibungsstudie fand ein von anderen Untersuchern bisher nicht bestätigtes erhöhtes Fehlbildungsrisiko u.a. für Herzseptumdefekte (Cooper 2006). Tabacova (2003) analysierte 110 auffällige Schwangerschaftsverläufe nach Enala-pril-Exposition, die der FDA in den USA gemeldet wurden. Vor allem, wenn die Substanz nach dem 1. Trimenon eingenommen wurde, kam es zu Komplikationen. Besonders Oligohydramnion und daraus resultierende Auffälligkeiten wie Kontrakturen, Verknöcherungsdefekte, Lun-genhypoplasie und Niereninsuffizienz bis hin zu Anurie wurden beschrieben.

Seit längerem ist bekannt, dass ACE-Hemmstoffe in der zweiten Schwangerschaftshälfte zur Mangeldurchblutung der Plazenta (de Moura 1995), zu fetaler Hypotonie, Oligohydramnion und dialysepflichtiger Anurie beim Neugeborenen führen können (Murki 2005, Filler 2003, Lavoratti 1997). Der Pathomechanismus ist folgender: Die fetale Nieren- und Urinproduktion beginnt Ende des 1. Trimenons. ACE-Inhibitoren setzen den Gefäßtonus der Nierengefäße herab, so dass es zu einer reduzierten Urinproduktion kommt. Daraus resultiert ein Oligohydramnion, da nach Schwangerschaftswoche 16 die fetale Urinproduktion die Hauptquelle für die Amnionflüssigkeit ist. Eine hypoxämisch bedingte Dysgenesie der Nierentubuli wurde beobachtet (Prasad 2003). Eine Hypoplasie der Schädelknochen kann als Folge einer Minderperfusion und des durch das Oligohydramnion bedingten erhöhten Druckes auf den Schädel beobachtet werden (Barr 1994). Derartige Entwicklungsstörungen wurden auch tierexperimentell unter hoher Dosis beobachtet. Es gibt Fallbeschreibungen zur Rückbildung eines Oligohydramnions nach Absetzen des ACE-Hemmstoffes (Muller 2002).

Inwieweit die nach Gabe von ACE-Hemmstoffen beobachteten Spontanaborte, intrauterinen Fruchttode und Frühgeburten mit Atem-notsyndrom medikamentenbedingt oder dem behandelten schweren Hypertonus zuzuordnen sind, ist nicht geklärt. Das gilt auch für die Fälle des persistierenden Ductus arteriosus, der theoretisch mit durch Arzneimittel verursachte erhöhte Bradykininkonzentrationen erklärt werden könnte.

Empfehlung für die Praxis:

ACE-Hemmstoffe sind in der gesamten Schwangerschaft kontraindiziert bzw. nur der Therapie schwerer, nicht anders behandelbarer Erkrankungen vorbehalten. Da es keine Hinweise auf ein nennenswertes teratogenes Potenzial in der Frühschwangerschaft gibt, rechtfertigt eine Exposition im 1. Trimenon keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Umgehend sollte aber auf eines der empfohlenen antihypertensi-ven Mittel umgestellt werden. Die fetale Entwicklung sollte per Ultraschallfeindiagnostik kontrolliert und bei längerfristiger Therapie in der Spätschwangerschaft ein Oligohydramnion ausgeschlossen werden. Beim Neugeborenen muss auf die Nierenfunktion und eine mögliche Hypotonie geachtet werden, wenn im letzten Drittel der Schwangerschaft (versehentlich) mit ACE-Hemmstoffen behandelt wurde.

2.8.7. Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Candesartan (z.B. Blopress®), Eprosar-tan (z.B. Teveten®), Irbesartan (z.B. Aprovel®), Losartan (Lorzaar®), Olmesartan (Votum®, Olmetec®) Tasosartan, Telmisartan (z. B. Micar-dis®) und Valsartan (z.B. Diovan®) blockieren kompetitiv und selektiv den AT-I-Rezeptor, so dass es zur Inhibition von Angiotensin II kommt. Die Sartane werden als Antihypertensiva und bei Kardiomyopathie eingesetzt. Beim Diabetes mellitus mit Nierenbeteiligung vermindern sie die Proteinurie und erhöhen die glomeruläre Filtrationsrate.

Erfahrungen zur Anwendung im 1. Trimenon gibt es nur wenige: In unserem Pharmakovigilanzzentrum konnten wir bisher 66 Schwangerschaften prospektiv auswerten. Fast alle der 46 Lebendgeborenen waren gesund. Grobstrukturelle Fehlbildungen traten in 2 Fällen auf. Ein zum Termin geborenes Kind, dessen Mutter bis Schwangerschaftswoche 13 mit Valsartan behandelt wurde, wies Gaumenspalte, offenen Ductus Botalli, Aortenisthmusstenose und einen Ventrikelseptumde-fekt auf und war wachstumsretardiert. Eine weitere Schwangerschaft wurde wegen Exenzephalie abgebrochen, und eine endete mit der Totgeburt eines äußerlich unauffälligen Kindes (Schaefer 2003). Eine andere Publikation stellt 10 Schwangerschaften mit Einnahme von Sar-tanen vor (Serreau 2005), von denen 7 nur bis zur Schwangerschaftswoche 13 exponiert waren: Drei gesunde Kinder wurden geboren. In einem Fall (Losartan 50 mg/Tag bis Schwangerschaftswoche 8) wurden in Schwangerschaftswoche 30 ein Oligohydramnion und eine intraute-rine Wachstumsverzögerung diagnostiziert. Das eine Woche später geborene Kind hatte jedoch keine Auffälligkeiten, auch mit 18 Monaten war seine Entwicklung altersentsprechend. Eine weitere Schwangerschaft wurde in Woche 17 abgebrochen (Irbesartan bis zu 80 mg/Tag bis Schwangerschaftswoche 13). Der Fetus wies kraniofaziale Dysmor-phien, eine Klinodaktylie und eine tubuläre Dysplasie mit Mikrozysten auf. Bei einer Zwillingsschwangerschaft kam es in Woche 10 zum Abort des eines Embryos, in Woche 30 starb der zweite Fetus (Valsartan 80 mg/Tag und Furosemid 60 mg/Tag bis zur Woche 6).

Bei Anwendung im 2. und 3. Trimenon bestehen die gleichen Risiken wie bei den ACE-Hemmstoffen. Mindestens 19 Kasuistiken berichten über Oligo- oder Anhydramnion, Nierenfunktionsstörungen bis zur Anurie, Lungenhypoplasie, Kontrakturen der Extremitäten, Hypoplasie des Schädeldaches und Totgeburten bzw. Tod in der Neugeborenenpe-riode (Alwan 2005 A & B, Schaefer 2003). Zwei Fallberichte (Valsartan bis Schwangerschaftswoche 22 und Valsartan plus Hydrochlorothiazid bis Schwangerschaftswoche 24) mit Anhydramnion und eingeschränkter Nierenfunktion zeigen, dass nach Absetzen der Sartane (bei Schwangerschaftswoche 22 bzw. 24) diese Symptome zumindest teilweise reversibel sein können (Bos-Thompson 2005, Berkane 2004). In der oben erwähnten Studie von Serreau (2005) nahm eine Schwangere Losartan und Hydrochlorothiazid bis Woche 24 ein und bekam zum Termin ein gesundes Kind. In den zwei anderen Fällen mit Therapie in der 2. Schwangerschaftshälfte entwickelte sich ein Oligohydramnion. Eine dieser Schwangerschaften wurde abgebrochen, weil außerdem eine Makrozephalie mit Ventrikulomegalie und hyperechogene Nieren im Ultraschall gesehen wurden. Das andere Neugeborene zeigte lediglich eine vorübergehende Nierenfunktionsstörung.

Empfehlung für die Praxis:

Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten sind in der gesamten Schwangerschaft kontraindiziert bzw. schweren, nicht anders behandelbaren Erkrankungen vorbehalten. Da es keine Hinweise auf ein nennenswertes teratogenes Potenzial in der Frühschwangerschaft gibt, rechtfertigt eine Exposition im 1. Trimenon keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Umgehend sollte aber auf ein risikoärmeres Antihypertensi-vum umgestellt werden. Bei längerer Therapie muss ein Oligohydramnion ausgeschlossen und die fetale Entwicklung per Ultraschallfeindiagnostik kontrolliert werden. Beim Neugeborenen muss auf die Nierenfunktion und eine mögliche Hypotonie geachtet werden, wenn im letzten Drittel der Schwangerschaft behandelt wurde.

2.8.8. Clonidin

Pharmakologie und Toxikologie.

Clonidin (z.B. Catapresan®) ist ein Anti-hypertensivum mit vorwiegend zentralem Angriffspunkt. Das Arzneimittel wird gut resorbiert, die Bioverfügbarkeit liegt bei 75 % und die Halbwertszeit beträgt 8,5 Stunden.

Ein nennenswertes teratogenes Potenzial scheint Clonidin nicht zu besitzen. In einzelnen Fällen wurde ein plötzlicher Fruchttod im Zusammenhang mit einer Clonidintherapie beobachtet (Heilmann 1970). Dem stehen Berichte über gute Verträglichkeit und Wirksamkeit in mehr als 200 Schwangerschaften gegenüber (Horvarth 1985). In einer Fallserie mit 59 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren wurde keine erhöhte Fehlbildungsrate ermittelt (zitiert in Briggs 2005).

Boutroy (1988) beschreibt eine vorübergehende Hypertonie bei einigen Neugeborenen, die im Sinne einer Entzugssymptomatik interpretiert wurde. Huisjes (1986) untersuchte Kinder im Alter von etwa 6 Jahren, deren Mütter während der Schwangerschaft eine Monotherapie mit Clonidin erhalten hatten. Hyperaktives Verhalten und Schlafstörungen fanden sich etwas häufiger im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Der Befund dieser kleinen Studie ähnelt zwar Ergebnissen einer tierexperimentellen Untersuchung, wurde aber bisher nicht durch andere klinische Untersuchungen bestätigt.

Empfehlung für die Praxis:

Clonidin ist als Reserveantihypertensivum in der Schwangerschaft zu betrachten. Seine Anwendung stellt keine Indikation zum risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder zu invasiver Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.8.9. Diazoxid

Pharmakologie und Toxikologie.

Diazoxid (Proglicem®) wird nach oraler Gabe vollständig resorbiert und ist plazentagängig. Seine Halbwertszeit beträgt 20–40 Stunden. Zur antihypertensiven Behandlung wird es heute kaum mehr angewandt, es ist allenfalls noch Reservemittel bei Blutdruckkrisen. Nach Bolusinjektion beobachtete hypotone Zustände lassen sich durch kontinuierliche Infusion oder wiederholte kleine Dosen vermeiden. Diazoxid hat eine diabetogene Wirkung auf den Stoffwechsel der Schwangeren und nach länger dauernder Behandlung auch beim Neugeborenen (Überblick bei Briggs 2005). Daher wird der Thiazidabkömmling Diazoxid auch als orales Antihypoglykämikum angeboten.

Ferner wurden bei behandelten Müttern Hyperurikämie, Wasserre-tention und Wehenhemmung beobachtet, bei Neugeborenen Alopezie, vermehrte Lanugobehaarung und verzögerte Knochenentwicklung (Milner 1972).

Empfehlung für die Praxis:

Diazoxid sollte in der Schwangerschaft möglichst nicht eingesetzt werden. Eine dennoch erfolgte Einnahme stellt keine Indikation zum risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder zu invasiver Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.8.10. Nitroprussid-Natrium

Pharmakologie und Toxikologie.

Nitroprussid-Natrium (nipruss®) gehört zu den rasch wirksamen Vasodilatatoren. Es wird ausschließlich i.v. im Bereich der Intensivmedizin angewandt. Nitroprussid ist gut plazentagängig, erreicht beim Fetus die gleiche Konzentration wie im mütterlichen Organismus und wird auch dort sehr schnell zu Zyanid und Thio-zyanat metabolisiert. Daraus ergibt sich eine mögliche Toxizität, die bisher aber nicht als Fetotoxizität beim Menschen beschrieben wurde. Hinweise auf ein teratogenes Potenzial liegen ebenfalls nicht vor. Der Umfang an publizierten Erfahrungen ist aber für eine differenzierte Beurteilung unzureichend.

Empfehlung für die Praxis:

Nitroprussid-Natrium sollte während der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Eine dennoch erfolgte Einnahme stellt keine Indikation zum risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder zu invasiver Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.8.11. Reserpin

Pharmakologie und Toxikologie.

Reserpin (in Briserin®N), ein oral gut resorbierbares Sympatholytikum, wurde früher vielfach zur Langzeittherapie bei hypertensiven Schwangerschaftskomplikationen eingesetzt. Es führt zur Katecholamin- und Serotoninfreisetzung und wurde durch modernere Antihypertensiva verdrängt. Nach Gabe von Reserpin im letzten Drittel der Schwangerschaft wurden gelegentlich Atem- und Trinkstörungen bei Neugeborenen beobachtet. Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko besteht offenbar nicht.

Empfehlung für die Praxis:

Reserpin gehört nicht mehr zum Standardrepertoire einer antihypertensiven Behandlung. Eine dennoch erfolgte Einnahme stellt keine Indikation zum risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder zu invasiver Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.8.12. Weitere Antihypertensiva und Kardiaka

Pharmakologie und Toxikologie.

Prazosin (z.B. Minipress®), ein periphe-rer ci-Rezeptorenblocker, wurde in einzelnen Fällen in Kombination mit β-Rezeptorenblockern erfolgreich bei essentieller Hypertonie in der späten Schwangerschaft angewendet, ohne dass fetotoxische Wirkungen auftraten. Zum teratogenen Potenzial gibt es zwar keine Hinweise, aber auch keine ausreichend dokumentierten Verläufe, die eine fundierte Bewertung zulassen.

Zu den anderen peripheren α-Rezeptorenblockern Bunazosin (Andante®), Doxazosin (z.B. Diblocin®), Indoramin (Wydora®), Tera-zosin (z.B. Heitrin®) und Urapidil (z.B. Ebrantil®) liegen ebenfalls keine ausreichenden Erfahrungen zur Abschätzung des embryotoxischen Potenzials vor.

Urapidil, intravenös injiziert, wird allerdings von der Deutschen Sektion der „International Society for the Study of Hypertension in Pregnancy” als Alternative zu Dihydralazin bei der Präeklampsiebehandlung empfohlen. Es soll gegenüber Dihydralazin den Vorteil besitzen, dass der intrazerebrale Druck nicht ansteigt. Schulz (2001) kommt in einer klinischen Vergleichsstudie zu dem Ergebnis, dass Urapidil eine gleichwertige antihypertensive Alternative zu Dihydralazin bei Präeklampsie darstellt.

Guanabenz, Guanethidin (z.Z. nur in Augentropfen Thilodigon®), Guanfacin und Moxonidin (z. B. Cynt®) gehören zur Gruppe der zentral wirksamen α-Rezeptoragonisten, zu denen eine fundierte Risikobewertung mangels dokumentierter Erfahrungen nicht möglich ist.

Minoxidil (z.B. Lonolox®), ein Vasodilatator, der in lokaler Anwendung zur Förderung des Haarwuchses benutzt wird, kann Einzelberichten zufolge eine Hypertrichosis beim Fetus verursachen, die sich aber in den ersten 3 Lebensmonaten wieder verliert. Einzelne Fallberichte zu Neugeborenen mit verschiedenen Fehlbildungen lassen keine differenzierte Risikobewertung zu.

Auch zu dem Vasodilatator Diisopropylamin liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Gleiches gilt für Cicletanin (Justar®).

Phenoxybenzamin (Dibenzyran®), ein α-adrenerger Blocker, wird zur Behandlung des Phäochromozytoms und bei neurogenen Blasenentleerungsstörungen eingesetzt. Publizierte Erfahrungen zur Anwendung im 1. Trimenon gibt es nicht. In den Kasuistiken mit Exposition in der späteren Schwangerschaft wurden keine Entwicklungsstörungen beschrieben.

Bosentan (Tracleer®) ist ein Endothelin-Rezeptor-Antagonist, der bei pulmonaler arterieller Hypertonie zur Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit eingesetzt wird. Es gibt nur einen Fallbericht zu einer kompliziert verlaufenden Schwangerschaft mit versehentlicher Einnahme von Bosentan und Sildenafil bis zur Entbindung in Schwangerschaftswoche 30. Das wachstumsretardierte Mädchen hatte keine Fehlbildungen. Nach anfänglich gutem Gedeihen verstarb es im Alter von 6 Monaten an einer RS-Virus-Infektion (Molelekwa 2005).

Sildenafil (Viagra®) wurde in einer experimentellen Vergleichstudie an menschlichen Plazenten getestet: 27 Plazenten aus normalen Schwangerschaften und 12 aus solchen mit fetaler Wachstumshemmung wurden mit und ohne Sildenafil untersucht. Sildenafil verbesserte die plazentare Durchblutung bei den Plazenten, die aus Schwangerschaften mit intrauteriner Wachstumsverzögerung stammten (Wareing 2005). In den USA soll Sildenafil für die Indikation der pul-monalen Hypertonie zugelassen werden. Ein kürzlich publizierter Fallbericht (siehe Bosentan) hat keine Fehlbildungen nach Sildenafil beobachtet.

Der Serotoninantagonist Ketanserin wird unter anderem auch bei arterieller Hypertonie eingesetzt. Bisherige Erfahrungen bei der Behandlung der Präeklampsie haben keine spezifischen fetotoxischen Effekte gezeigt.

Nesiritide ist ein neuer Wirkstoff zur Behandlung der Herzinsuffizienz. Erfahrungen in der Schwangerschaft gibt es nicht.

Empfehlungen für die Praxis:

Urapidil kann in der Spätschwangerschaft als Alternative zu Dihydralazin bei der Präeklampsie eingesetzt werden. Prazosin kommt im 2./3. Trimenon nur bei Versagen der primär empfohlenen Antihyper-tensiva infrage. Phenoxybenzamin kann beim Phäochromozytom eingesetzt werden. Die anderen genannten Substanzen sind mangels ausreichender Erfahrung in der Schwangerschaft zu meiden. Besser erprobte, in den vorangehenden Abschnitten besprochene Mittel sind vorzuziehen. Eine dennoch erfolgte Einnahme stellt keine Indikation zum risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder zu invasiver Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.8.13. Hypotonie und Antihypotonika

Eine Hypotonie ist im Prinzip ohne klinische Bedeutung für den Schwangerschaftsverlauf. Sie sollte abgegrenzt werden von einer in der Schwangerschaft nicht seltenen Kreislaufdysregulation. Bei deren Therapie stehen physikalische Maßnahmen, wie das Tragen von Kompressionsstrümpfen, Beingymnastik vor dem Aufstehen, Kaltwasseranwendungen und Bürstenmassage im Vordergrund. Auch Kaffee ist in Maßen erlaubt. Eine medikamentöse Therapie ist gewöhnlich nicht indiziert.

In den 80er Jahren wurde, überwiegend auf den deutschsprachigen Raum begrenzt, den Folgen einer chronischen Hypotonie in der Schwangerschaft besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Eine bis auf 17 % erhöhte Frühgeburtsrate schrieb man der unbehandelten Hypotonie zu (Goeschen 1984), und es wurde für eine medikamentöse Behandlung plädiert. Dabei wurde das Wirkungsprofil (z.B. Tonisie-rung auch des venösen Systems) bei Dihydroergotamin günstiger als bei den adrenergen Substanzen beurteilt (Goeschen 1984). Andere Autoren widersprachen einer Therapieempfehlung aus „fetaler” Indikation (Wolff 1990). In der englischsprachigen Literatur finden sich zu diesem Thema und zur Risikobewertung der betreffenden Arzneimittel praktisch keine Publikationen, da man dort die Hypotonie in der Schwangerschaft nicht als therapiepflichtige Erkrankung betrachtet.

2.8.14. Dihydroergotamin

Siehe Abschnitt 2.1.13

2.8.15. Adrenerge Substanzen

Pharmakologie und Toxikologie.

Die adrenergen Substanzen Etilefrin (z.B. Effortil®) und Norfenefrin sowie Amezinium (z.B. Supratonin®), Gepefrin, Midodrin (Gutron®), Oxilofrin (Carnigen®) und Pholedrin werden als Antihypotonika verwendet.

Adrenerge Substanzen können im Tierversuch die Uterusdurchblutung reduzieren. Eine teratogene Wirkung im therapeutischen Dosisbereich konnte man beim Menschen bisher nicht beobachten. Jedoch sind die Erfahrungen zu gering, um ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko auszuschließen. Die in unserem Pharmokovigilanzzentrum gesammelten Erfahrungen können Risiken weder ausschließen noch bestätigen.

Empfehlung für die Praxis:

Im 1. Trimenon sind die genannten Substanzen zu meiden. Sollte eine Exposition während der Organogenese stattgefunden haben, begründet dies jedoch keinen Schwangerschaftsabbruch. Zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus kann ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Wenn erhebliche Symptome im 2./3. Trimenon zur medikamentösen Behandlung einer Hypotonie zwingen, dürfen adrenerge Substanzen verordnet werden. Länger erprobte Mittel wie Etilefrin sind zu bevorzugen. Auf Kombinationspräparate sollte verzichtet werden.

2.8.16. Herzglykoside

Pharmakologie und Toxikologie.

Digitoxin (z.B. Digimerck®) wird zu 90–100% und Methyl- bzw. Acetyldigoxin (z.B. Novodigal) zu etwa 80 % im Gastrointestinaltrakt resorbiert.

Methyldigoxin wird in der Leber demethyliert, Acetyldigoxin in der Darmmukosa deacetyliert. Digoxin wird hauptsächlich über die Niere, Digitoxin über die Leber ausgeschieden. Die Halbwertszeit von Digoxin beträgt etwa 40 Stunden, die von Digitoxin im Durchschnitt 7 Tage. Digoxin ist ein Stoffwechselprodukt des Digitoxins. Alle Digitalisglyko-side sind plazentagängig, die fetale Plasmakonzentration entspricht der mütterlichen. Allerdings scheint die Myokardempfindlichkeit beim Fetus geringer als beim Erwachsenen zu sein. Digitalis wirkt im 1. Trimenon nach bisherigen Erfahrungen nicht teratogen (Aselton 1985). Toxische Effekte von Digitalisglykosiden beim Fetus in therapeutischer Dosis sind bisher nicht bekannt. Eine Vielzahl von Fallberichten beschreibt die gute Verträglichkeit bei der Behandlung von Tachyar-rhythmien sowohl der Schwangeren als auch des Fetus.

Empfehlung für die Praxis:

Digitalisglykoside können in der Schwangerschaft bei Herzinsuffizienz und als Antiarrhythmika bei Mutter oder Fetus eingesetzt werden. Bei fetalen Tachykardien sind sie Antiarrhythmika der 1. Wahl (siehe auch Abschnitte 1.6 und 2.8.17).

2.8.17. Antiarrhythmische Therapie der Schwangeren und des Fetus

Grundsätzlich sind zwei Situationen voneinander zu unterscheiden: die Therapie der Schwangeren oder die des Fetus. Im ersten Fall ist ein geringer diaplazentarer Übergang des Antiarrhythmikums wünschenswert, im zweiten Fall ein genügend großer, um den Fetus via Mutter behandeln zu können. Supraventrikuläre und ventrikuläre Extrasysto-len sind bei Mutter und Fetus in der Regel nicht behandlungsbedürftig.

Antiarrhythmika zur Behandlung der Schwangeren. Es ist selten, dass sich bei herzgesunden Frauen erstmals in der Schwangerschaft eine „klassische” Tachykardie manifestiert. Wenn bei supraventrikulä-ren Tachykardien, bei Vorhofflattern oder -flimmern und bei ventriku-lären Tachykardien eine instabile Hämodynamik vorliegt, sollte ebenso wie bei Kammerflattern oder -flimmern eine elektrische Kardioversion durchgeführt werden. Da der Fetus außerhalb des Spannungsfeldes liegt und die Reizschwelle des fetalen Herzens hoch ist, hat diese Behandlung keine Auswirkungen auf den Fetus. Ist die Patientin hämo-dynamisch stabil, kann eine medikamentöse Kardioversion versucht werden. Eine weitere Indikation für Antiarrhythmika ist die Rezidivprophylaxe. Bombelli (2003) schildert drei therapierefraktäre Schwangere mit supraventrikulärer Tachykardie, die im 3. Trimenon erfolgreich eine Katheterablation erhielten. Die dabei benötigten Durchleuchtungszeiten müssen jedoch als Risiken bedacht werden. Schwangere mit kontinuierlicher behandlungsbedürftiger Bradykardie werden mit Schrittmachern versorgt.

Antiarrhythmika zur Behandlung des Fetus. In ca. 0,4–0,6 % aller Schwangerschaften kommt es, vor allem im 2. oder 3. Trimenon, zu einer fetalen (meist supraventrikulären) Tachykardie (> 180 Schläge/Minute). Die meisten dieser Feten haben keine sichtbare Fehlbildung des Herzens. Bei länger anhaltender Symptomatik kann eine Herzin-suffizienz/Kardiomyopathie beispielsweise mit Pleura- oder Perikard-erguss, Aszites oder Hautödemen resultieren. Bei einer Flüssigkeitsansammlung in zwei oder mehr Kompartimenten spricht man vom Hydrops fetalis. Dieser kann einem intrauterinen Fruchttod vorausgehen. Das Medikament der ersten Wahl ist Digitalis. Liegt ein Hydrops vor, wird möglicherweise keine ausreichende Digoxinkonzentration im Serum erreicht. Dies könnte der Grund dafür sein, warum Digitalis bei einem durch Tachykardie verursachten Hydrops häufig unzureichend wirkt (Oudijk 2002). Als zweite Wahl, in Kombination mit und ohne Digitalis, kommen Sotalol und/oder Flecainid infrage (Doherty 2003, Oudijk 2003). Bei Flecainid dauert es ca. 72 Stunden (maximal 14 Tage), bis der Umschlag in einen Sinusrhythmus zu erwarten ist (Krapp 2002). Einige Autoren diskutieren Verapamil als zweite Therapieoption (Athanssiadis 2004), andere halten es für kontraindiziert (Oudijk 2002). Falls diese Medikamente nicht zum Sinusrhythmus führen, kann Adenosin direkt in die Vena umbilicalis appliziert werden. Es gibt Beispiele dafür, dass der Hydrops sich allmählich nach erfolgreicher Kar-dioversion zurückbildet (D' Souza 2002), das kann 8 Tage (Porat 2003) oder auch 4–6 Wochen dauern. Berichtet wird auch über einen Fetus mit einem Hydrops als Folge einer tachykarden Rhythmusstörung, der über die Mutter mit Flecainid behandelt wurde. Ein Sinusrhythmus stellte sich dennoch nicht ein. Es kam lediglich zur Abnahme der Herzfrequenz, die aber ausreichte, um zu einer Rückbildung des Hydrops zu führen (Krapp 2002). Bei nicht erfolgreicher Therapie wird ggf. auch über eine vorzeitige Entbindung diskutiert, um z.B. postnatal elektrisch kardiovertieren zu können. Im Allgemeinen wird eine antiarrhythmische Therapie bei herzgesunden Schwangeren gut vertragen. Als fetale Nebenwirkung kann es selten zur Bradykardie kommen, die bei direkter Adenosinapplikation in die Nabelvene wahrscheinlicher ist als bei einer diaplazentaren Therapie. Nicht auszuschließen ist auch ein arrhythmogener Effekt des Antiarrhytmikums, der zum Kammerflimmern beim Fetus und zum intrauterinen Fruchttod führen kann.

Eine fetale Bradykardie kann zunächst durch ein kompensatorisch größeres Schlagvolumen ausgeglichen werden. Eine fetale Herzfrequenz von 55/Minute wird als hämodynamisch nicht mehr ausreichend beschrieben (Eronen 2001). Daraus kann sich eine Herzinsuffizienz entwickeln, die bis zum Hydrops führen kann. Die Ursache ist meist ein AV Block III°, der durch diaplazentare Autoantikörper der Mutter (meist anti-Ro-Antikörper) verursacht wird. Als Therapieoption kommen die Gabe von halogenierten Steroiden (solange der AV-Block noch nicht komplett ist) oder ggf. eine vorzeitige Entbindung infrage, um postnatal einen Schrittmacher implantieren zu können. Auch Sympathomimetika wurden versuchsweise eingesetzt.

Pharmakologie und Toxikologie.

Man ordnet Antiarrhythmika verschiedenen Klassen zu (IA, IB, IC, II, III und IV), die bei unterschiedlichen Formen der Arrhythmie angewendet werden:

  • Klasse-IA-Antiarrhythmika sind solche vom Chinidin-Typ. Dazu zählen außer dem Chinidin selbst (z. B. Chinidin-Duriles®), Ajmalin (Gilurytmal®), Detajmium (Tachmalcor®), Disopyramid, Prajmali-um (Neo-Gilurytmal®) und Procainamid (Procainamid Duriles®).

  • Zu den Klasse-IB-Antiarrhythmika zählen die dem Lidocain (z.B. Xylocain®) verwandten Mittel wie Aprindin, Mexiletin (Mexitil®), Phenytoin (z.B. Phenhydan®) sowie Tocainid.

  • Zu den Klasse-IC-Antiarrhythmika gehören Flecainid (Tambocor®) und Propafenon (z. B. Rytmonorm®) sowie Encainid und Lorcainid.

  • Die Klasse-II-Antiarrhythmika umfassen die β-Rezeptorenblocker.

  • Zu den Klasse-/II-Antiarrhythmika gehören Amiodaron (Corda-rex®) und der β-Rezeptorenblocker Sotalol (z.B. Sotalex®) sowie Bretylium, Ibutilid, Almokalant und Dofetilid.

  • Die Klasse-IV-Antiarrhythmika umfassen die Calciumantagonisten Verapamil (z.B. Falicard®, Isoptin®), Gallopamil (Procorum®) und Diltiazem (Dilzem®).

Das Nukleosid Adenosin wird keiner der klassischen Antiarrhythmika-gruppen zugeordnet.

Klasse-IA-Antiarrhythmika: Chinidin wird nach oraler Zufuhr fast vollständig resorbiert und erreicht in 1–4 Stunden seine maximale Serumkonzentration. Etwa 20 % werden über die Nieren, 80 % über die Leber ausgeschieden. Als Vagusantagonist kann es trotz depressori-scher Wirkung auf die Schrittmacherzellen die Herzfrequenz leicht erhöhen. Chinidin als eines der ältesten Antiarrhythmika hat offenbar kein nennenswertes teratogenes Potenzial. Es ist plazentagängig und erreicht beim Fetus ähnlich hohe Konzentrationen wie bei der Mutter. Sowohl bei Schwangeren als auch bei Feten wurde es erfolgreich eingesetzt. Der beschriebene wehenfördernde Effekt des Chinidins ist bei antiarrhythmischer Dosierung nicht zu erwarten.

Auch Disopyramid soll eine wehenfördernde Wirkung besitzen (Briggs 2005). Fallberichte in Zusammenhang mit Fehlbildungen nach Disopyramid oder Procainamid wurden bisher nicht publiziert. Beide Substanzen sind plazentagängig. Procainamid wurde auch erfolgreich bei fetaler Tachykardie eingesetzt. Zu Ajmalin, Detajmium und Praj-malium liegen keine ausreichenden Erfahrungen zur pränatalen Verträglichkeit vor.

Klasse-IB-Antiarrhythmika: Die meisten der umfangreichen Erfahrungen mit Lidocain in der Schwangerschaft liegen zur anästhetischen Anwendung vor. Zur antiarrhythmischen Behandlung wird es parente-ral appliziert, da es oral nicht ausreichend wirkt. Cuneo (2003) beschreibt einen Fetus mit QT-Verlängerung im EKG, der ventrikuläre Tachykardien und einen intermittierenden AV-Block II° hatte und erfolgreich mit Lidocain therapiert wurde. Ein teratogener Effekt beim Menschen ist nicht beschrieben. Lidocain ist gut plazentagängig und kann bei hohen Konzentrationen beim Neugeborenen zur ZNS-Depression führen, zur Anwendung unter der Geburt siehe Kapitel 2.16.6. Über eine völlig andere Indikation wird in einer Studie aus Frankreich berichtet: die Anwendung von Lidocain zur Herbeiführung des Fetozids in 50 Fällen. Feten (zwischen Schwangerschaftswoche 20 und 36) mit verschiedenen Fehlbildungen erhielten über die Nabelvene zunächst Sufentanil (5 μg), dann 7 bis 30 ml Lidocain (1 %) und erlitten dadurch eine kardiale Asystolie (Senat 2003).

Phenytoin ist ein teratogenes Antikonvulsivum (siehe Abschnitt 2.10.12). Mexiletin ist plazentagängig und hat sich in wenigen Fallberichten bisher als nicht bedenklich erwiesen. Zu Aprindin und Tocai-nid gibt es keine für eine Bewertung ausreichenden Erfahrungen.

Klasse-IC-Antiarrhythmika: Eine Vielzahl an Fallberichten beschreibt die gute Wirksamkeit von Flecainid bei der Behandlung von fetalen Tachykardien (Krapp 2002). Besonders bei Feten, die schon einen Hydrops entwickelt haben, ist es Digitalisglykosiden überlegen. Eine engmaschige Kontrolle der mütterlichen Serumkonzentration als Hinweis auf die fetale Konzentration wird empfohlen (Rasheed 2003), damit Nebenwirkungen minimiert werden können. In einer Kasuistik ist eine Hyperbilirubinämie beim Neugeborenen als Nebenwirkung beschrieben (nach Athanassiadis 2004). Bisher ist im Gegensatz zu tierexperimentellen Erfahrungen kein teratogener oder fetotoxischer Effekt beim Menschen erkennbar; allerdings gibt es kaum Fallberichte zur Anwendung im 1. Trimenon. Propafenon ist bisher unzureichend in der Schwangerschaft untersucht. Der Hersteller berichtet über mehr als 30 Schwangerschaften unter Propafenon, aus denen kein nennenswertes vorgeburtliches Risiko abgeleitet werden kann. In unserer Datenbank gibt es 7 im 1. Trimenon exponierte Schwangerschaften, darunter einen Spontanabort und zwei Abbrüche wegen der mütterlichen Erkrankung. Die 4 lebend geborenen Kinder waren gesund.

Klasse-II-Antiarrhythmika: Zu β-Rezeptorenblockern siehe Abschnitt 2.8.2.

Klasse-III-Antiarrhythmika: Amiodaron hat eine sehr lange Eliminationshalbwertszeit von 14–58 Tagen. Wenn eine fetale Exposition vermieden werden soll, müsste das Medikament einige Monate vor der Konzeption abgesetzt werden. Folgende fetale Nebenwirkungen sind gehäuft aufgetreten: fetale Bradykardien sowie konnatale Hypothyreo-sen, ausgelöst durch den Jodanteil von 39 % (Lomenick 2004, Grosso 1998). In einigen Fallbeschreibungen wurde Thyroxin intraamnial zur Substitution injiziert. Bei 26 intrauterin behandelten Kindern fanden sich 5 mit einer Hypothyreose bei Geburt. Ein sechstes, das postnatal weiter mit Amiodaron therapiert wurde, entwickelte im Alter von 3 Monaten eine Hypothyreose (Strasburger 2004). Bartelena (2001) wertet 64 schon anderweitig publizierte Kasuistiken aus. In 56 Fällen bestand eine mütterliche Indikation für die Therapie. Bei einem Dutzend Kinder wurde eine (vorübergehende) Hypothyreose, in zwei Fällen zusammen mit einer Struma, diagnostiziert. Diskrete neuropsycho-logische Auffälligkeiten fand man bei einigen dieser Kinder, jedoch auch bei euthyreoten, so dass ein direkter neurotoxischer Effekt von Amiodaron auf den Fetus diskutiert wird. Gelegentlich wurde eine QT-Verlängerung im EKG der Neugeborenen gesehen. Intrauterine Wachstumsverzögerungen wurden beobachtet, wobei ungeklärt ist, welchen Anteil daran Amiodaron, die Begleitmedikation (meist β-Rezeptoren-blocker) und die Grunderkrankung hatte. Die meisten Kinder waren jedoch unauffällig. Über die Neonatalzeit hinaus untersuchte Kinder wiesen keine erkennbaren hypothyreosebedingten Funktionsdefizite auf (Magee 1999). Die Erfahrungen mit Amiodaron im 1. Trimenon sind auf etwa 20 exponierte Schwangerschaften, die im Wesentlichen unauffällig waren, begrenzt (Briggs 2005).

Sotalol ist aufgrund seines guten plazentaren Übergangs ein potentes Antiarrhythmikum, das zur Behandlung von fetalen Tachykardien infrage kommt. In einer Fallserie von 18 Feten mit Tachykardie wurde eine Akkumulation im Fruchtwasser, nicht aber im Fetus selbst festgestellt. Von den 14 Feten, die Sotalol als Monotherapie erhielten, konnte bei 13 ein Sinusrhythmus wiederhergestellt werden, zwei wurden rückfällig, in einem Fall kam es zum intrauterinen Fruchttod. Bei zwei der vier Feten, die zusätzlich Digoxin erhielten, war die Behandlung erfolgreich (Oudijk 2003). Auch andere Fallbeschreibungen zur Behandlung mütterlicher oder fetaler Arrhythmien lassen kein nennenswertes prä-natal toxisches Risiko erkennen. Mit Symptomen einer β-Rezeptoren-blockade wie Bradykardie und Hypoglykämie muss jedoch bei Neugeborenen gerechnet werden, wenn bis zur Geburt behandelt wurde (siehe Abschnitt 2.8.2).

Bretylium und Ibutilid werden i.v verabreicht, das Erstere bei Kam-mertachykardie und Kammerflimmern, das Zweite bei Vorhofflimmern. Zu Bretylium gibt es eine Publikation zur durchgehenden Behandlung mit unauffälligem Kind (Gutgesell 1990), zu Ibutilid liegen keine ausreichenden Erfahrungen über eine Anwendung in der Schwangerschaft vor. In tierexperimentellen Studien zeigten Ibutilid, Almokalant und Dofetilid ein Fehlbildungsmuster, das dem von Phenytoin ähnelt (Danielsson 2001).

Klasse-IV-Antiarrhythmika: Zu den bereits seit längerem eingeführten Calciumantagonisten Verapamil und Diltiazem siehe Abschnitt 2.8.5. Tierexperimentelle Ergebnisse zeigten zwar teratogene Entwicklungsstörungen, z.B. im Bereich der distalen Phalangen, die bisherigen Erfahrungen beim Menschen erbrachten aber keine entsprechenden Hinweise.

Adenosin hat eine sehr kurze Halbwertszeit von weniger als 2 Sekunden und muss i.v. injiziert werden. Die bisherigen Erfahrungen bei Schwangeren und mit der Behandlung fetaler Arrhythmien ergaben keine fetotoxischen Effekte (Hubinont 1998).

Das gleiche gilt für die Elektrokardioversion einschließlich der implantierten Defibrillatoren. Die Reizschwelle beim fetalen Herzen liegt relativ hoch, außerdem befindet sich der Fetus außerhalb des direkten Spannungsfeldes bzw. Stromflusses (Joglar 1999).

Empfehlung für die Praxis:

Da Antiarrhythmika selbst Arrhythmien verursachen können, ist die Indikation einer Behandlung kritisch zu prüfen. Mittel der Wahl für die Therapie der Schwangeren sind in der Gruppe IA Chinidin, in IB Lidocain, in IC kommen sowohl Propafenon als auch im 2. und 3. Trimenon Fle-cainid infrage. In Gruppe II sollten lang eingeführte β-Rezeptorenblocker bevorzugt werden. Ist ein Klasse-III-Antiarrhythmikum erforderlich, sollte Sotalol gewählt werden. In der Gruppe IV sind Verapamil und Diltiazem akzeptabel. Wegen erwiesener Teratogenität ist Phenytoin kontraindiziert. Wurde mit einem der primär nicht empfohlenen Mittel behandelt oder sind diese aus mütterlicher oder fetaler Indikation zwingend erforderlich, rechtfertigt dies keinen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft. Abgesehen von gut untersuchten β-Rezeptorenblockern und Calciumantagonisten sollte bei einer Exposition im 1. Trimenon eine Ultraschallfeinuntersuchung zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Wurde mitAmiodaron behandelt, ist eine pränatale Strumaentwicklung per Ultraschall auszuschließen und auf eine mögliche Hypothyreose beim Fetus und Neugeborenen zu achten. Zur Behandlung der supraventrikulären Tachykardie beim Fetus kommen in erster Linie Digitalisglyko-side infrage. Als zweite Option sollten Sotalol oder Flecainid versucht werden. Amiodaron ist als Reservemittel zu betrachten, wenn andere Antiarrhythmika erfolglos waren.

2.8.18. Nitrate und andere Vasodilatatoren

Pharmakologie und Toxikologie.

Mononitrate (z. B. elantan®, Ismo 20®), Dinitrate (z.B. isoket®) und Nitroglyzerin (Glyceroltrinitrat; z.B. Corangin® Nitrospray) wurden als Koronardilatatoren sowohl zur Therapie nach Herzinfarkt als auch zur Prophylaxe bei Koronarspasmen in der Schwangerschaft verwendet. Außerdem wurden sie erfolgreich bei Gallenkoliken eingesetzt, und es wurde versucht, mit ihnen den Blutdruck bei Präeklampsie zu senken. Auch als Tokolytikum werden sie eingesetzt (Lees 1994). Unerwünschte Wirkungen bei der Mutter, wie Kopfschmerz, Schwäche, Schwindel, müssen bei der meist vitalen Indikation in Kauf genommen werden.

Ein toxischer Effekt auf den Fetus ist bisher nicht beobachtet worden. Allerdings sind die Erfahrungen, besonders bei Anwendung im 1. Trimenon, begrenzt.

Andere so genannte Vasodilatatoren wie Amrinon, Buflomedil (z. B. Bufedil®), Dipyridamol (z.B. in Aggrenox®), Molsidomin (z.B. Corva-ton®) sind bezüglich ihrer Wirksamkeit umstritten, Dipyridamol soll eine Myokardischämie verstärken. Molsidomin ist im Tierversuch kanzerogen, bei hohen Dosen wurde eine Methämoglobinbildung beobachtet.

Dokumentierte Erfahrungen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft liegen nur zu Dipyridamol vor, das vorwiegend als Adjuvans zur Thromboseprophylaxe bei Herzklappenersatz in den 80er Jahren verwendet wurde. Spezifische embryotoxische Effekte zeigten sich nicht.

Empfehlung für die Praxis:

Nitrate dürfen bei entsprechender Indikation in der Schwangerschaft verabreicht werden. Dipyridamol, Molsidomin und andere so genannte Vasodilatatoren sind dagegen kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte Applikation erfordert weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.8.19. Durchblutungsmittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Pentoxifyllin (z.B. Trental®) und Nafti-drofuryl (z. B. Dusodril®, Naftilong®) werden häufig beim so genannten Hörsturz verordnet, ohne dass ihre Wirksamkeit bis heute belegt ist (Arzneimittelbrief 2004). Pentoxifyllin gehört zu den Methylxanthinen, von denen sich auch Coffein und Theophyllin ableiten. Zwar gibt es weder zu Naftidrofuryl noch zu Pentoxifyllin größere epidemiologische Arbeiten, doch sprechen bisherige Erfahrungen in der Beratungspraxis und die Pharmakologie der Substanzen gegen ein nennenswertes tera-togenes Potenzial. In unserem Pharmakovigilanzzentrum konnten wir bisher 26 Schwangere nachverfolgen, die im 1. Trimenon Pentoxifyllin eingenommen hatten. Unter 18 lebend geborenen Kindern (4 Spontanaborte und 4 Abbrüche aus persönlichen Gründen) befand sich nur eines mit einer kleinen Fehlbildung (Nävus flammeus).

Ginkgo biloba (z.B. Gingopret) wird häufig verordnet. Hinweise auf spezifische teratogene Schäden beim Menschen liegen bisher nicht vor, systematische Untersuchungen allerdings auch nicht. Daher ist eine differenzierte Risikobewertung nicht möglich.

Hydroxyethylstärke siehe Kapitel 2.9.

Zu den Calciumantagonisten Flunarizin und Cinnarizin siehe Kapitel 2.4.9.

Erfahrungen zu anderen so genannten Durchblutungsmitteln sind nicht verfügbar.

Empfehlung für die Praxis:

Erscheint die Behandlung mit einem Durchblutungsmittel unerlässlich, können am ehesten Pentoxifyllin oder Hydroxyethylstärke verwendet werden. Die Applikation eines der anderen Mittel rechtfertigt keinen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft (siehe Kapitel 1.15). Im Zweifelsfall kann eine Ultraschallfeindiagnostik zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.8.20. Diuretika

Nur in seltenen Fällen, wie z.B. bei Herzinsuffizienz oder Lungenödem, sind Diuretika in der Schwangerschaft indiziert.

Die Indikationsstellung hat sich gegenüber früheren Jahren geändert und unterscheidet sich von der bei nicht schwangeren Patientinnen. Seit man die Ursachen der Präeklampsie besser versteht (siehe Abschnitt 2.8.1), werden Hypertonie und Ödeme und vor allem die Präeklampsie nicht mehr mit diesen Wirkstoffen behandelt. Diuretika können das Plasmavolumen herabsetzen. Die daraus resultierende Minderperfusion der Plazenta beeinträchtigt die intrauterine Versorgung zusätzlich.

2.8.21. Thiaziddiuretika

Pharmakologie und Toxikologie.

Hydrochlorothiazid (z.B. Esidrix®, Dis-alunil®), Chlortalidon (Hygroton®), Mefrusid sowie Bendroflumethia-zid, Butizid (z.B. in Modenol®), Chlorazanil, Clopamid, Indapamid (Natrilix®), Metolazon, Polythiazid, Trichlormethiazid und Xipamid (Aquaphor®) sind Benzothiadiazidderivate bzw. -analoga, deren Wirkung auf die Hemmung der Resorption von Natrium und Chlorid im distalen Tubulusbereich zurückzuführen ist. Diese Mittel führen zu Kaliumverlusten und einer Verminderung des Plasmavolumens, außerdem hemmen sie die Harnsäureausscheidung.

Benzothiadiazide werden gut im Magen-Darm-Trakt resorbiert und unverändert mit dem Urin ausgeschieden. Sie passieren die Plazenta und können, sub partu gegeben, zu Elektrolytveränderungen (Hypona-triämie, Hypokaliämie), zu Thrombozytopenie und reaktiver Hypoglyk-ämie (infolge eines diabetogenen Effekts auf die Mutter) beim Neugeborenen führen. Außerdem wurde eine Geburtsverzögerung durch die hemmende Wirkung auf die glatte Muskulatur beschrieben.

Bei Patientinnen mit schwerer Präeklampsie ist das intravasale Volumen in den meisten Fällen vermindert; Benzothiadiazidderivate würden es noch zusätzlich reduzieren (Sibai 1985). Außerdem wurde eine Herabsetzung der Plazentaperfusion beobachtet, die über eine Beeinträchtigung der fetalen Versorgung zu vermindertem intrauterinen Wachstum führt. Klinisch gibt es bisher keinen Anhalt für teratogene Wirkungen dieser Saluretika, dies haben publizierte Erfahrungen an insgesamt über 5.000 behandelten Schwangeren ergeben.

Am besten untersucht ist Hydrochlorothiazid. In einer Gruppe von 567 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren wurde weder eine Häufung spezieller Anomalien noch eine erhöhte Gesamtfehlbildungsrate gefunden (Übersicht in Briggs 2005).

Auch bei 46 Neugeborenen mit Indapamid-Exposition im 1. Trimenon waren weder Häufigkeit noch Art der Anomalien auffällig (Übersicht in Briggs 2005).

Anhand dänischer und schottischer Register wurden 315 bzw. 73 Schwangerschaften analysiert, in denen mindestens einmal Diuretika verschrieben worden waren (Olesen 2001). Um Thiaziddiuretika handelte es sich dabei in 232 bzw. 31 Fällen. Fehlbildungen wurden bei 3 von 35 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren beobachtet. Das Geburtsgewicht wurde nach Diuretikabehandlung als signifikant erniedrigt beschrieben, vorzeitige Entbindungen waren häufiger. Die Studie hat allerdings methodische Mängel.

Empfehlung siehe unter 2.8.25.

2.8.22. Schleifendiuretika

Pharmakologie und Toxikologie.

Furosemid (z.B. Furosemid Stada®, Lasix®), Etacrynsäure (z.B. Hydromedin®), Azosemid, Bumetanid (Burinex®), Etozolin, Piretanid (z.B. Arelix®) und Torasemid (z.B. Torem®) sind Schleifendiuretika und forciert wirkende Natriuretika.

Furosemid wird nach oraler Gabe gut resorbiert und fast unverändert mit Urin und Faeces ausgeschieden. Seine Wirkung klingt nach 2–4 Stunden ab. Bei der Mutter kann Furosemid zu einer Verminderung des intravasalen Volumens und zu einer Abnahme der utero-plazentaren Durchblutung führen, so dass die Versorgung des Fetus beeinträchtigt sein kann (Sibai 1985). Beim Fetus kann es zu einer kurzfristigen Stimulierung der Urinproduktion kommen. Über Prostaglandin E2 vermittelt, wird eine den physiologischen Verschluss des Ductus arteriosus hemmende Wirkung bei Frühgeborenen mit resultierendem Atemnot-syndrom diskutiert. Die Häufigkeit angeborener Fehlbildungen war bei 350 im 1. Trimenon exponierten Neugeborenen allenfalls geringfügig erhöht (5,1%), ein spezifisches Muster war nicht erkennbar (Briggs 2005). Insbesondere bei Kombination mit Aminoglykosiden wird eine ototoxische Wirkung beschrieben (Brown 1991, Salamy 1989).

In zwei Fallberichten wurden nach Behandlung mit Etacrynsäure im 3. Trimenon eine Schädigung des Innenohres (Jones 1973) und Störungen des Säure-Basen-Haushaltes (Fort 1971) beschrieben. Bisher gibt es keine anderen substantiellen Hinweise auf teratogene Schäden beim Menschen. Der Umfang an dokumentierten Erfahrungen ist jedoch unzureichend für eine differenzierte Risikobewertung.

Nach Therapie mit Bumetanid im 1. Trimenon wurden in einer Gruppe von 44 Schwangeren zwei Kinder mit Fehlbildungen des Herzens geboren (zitiert in Briggs 2005). Zu den anderen Schleifendiuretika Azosemid, Etozolin, Piretanid und Torasemid, liegen keine Erfahrungen in ausreichendem Umfang vor. Eine spezifische teratogene Wirkung ist bisher bei keinem der genannten Mittel zu erkennen.

Anhand dänischer und schottischer Register wurden 315 bzw. 73 Schwangerschaften analysiert, in denen mindestens einmal Diuretika verschrieben worden waren (Olesen 2001). Um ein Schleifendiureti kum handelte es sich dabei in 83 bzw. 31 Fällen. Fehlbildungen wurden bei 5 von 43 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren beobachtet. Das Geburtsgewicht war in der dänischen Teilgruppe um 105 g höher. Da aber auch ein Diabetes gehäuft auftrat (10,3 %), mag dieser den Befund erklären. Vorzeitige Entbindungen waren häufiger. Die Studie hat allerdings methodische Mängel.

Empfehlung siehe unter 2.8.25.

2.8.23. Aldosteronantagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Spironolacton (z.B. Aldactone®) ist der wichtigste Vertreter der Aldosteronantagonisten, deren diuretische Wirkung auf der Hemmung von Rezeptoren für Aldosteron und andere Mineralocorticoide an den Tubuluszellen beruht. Eine antiandrogene Wirkung ist ebenfalls bekannt, die bei Frauen mit Hirsutismus und bei Jungen mit Pubertas praecox therapeutisch genutzt wurde. Bei behandelten Männern kann sich eine Gynäkomastie entwickeln.

Spironolacton führt im Gegensatz zu den oben besprochenen Salure-tika zur Retention von Kalium. Eine für Spironolacton typische Nebenwirkung ist daher die Hyperkaliämie. Kanzerogene Eigenschaften wurden tierexperimentell beobachtet, ohne dass sich bisher Hinweise auf eine klinische Relevanz dieser Befunde ergeben haben. Bei 31 im 1. Trimenon exponierten Neugeborenen gab es keine Anzeichen für spezifische Fehlbildungen (Briggs 2005). Ein Fallbericht beschreibt eine Frau, die in 3 Schwangerschaften Spironolacton eingenommen und 3 gesunde Kinder (1 Junge, 2 Mädchen) zur Welt gebracht hat, die sich auch hinsichtlich antiandrogener Effekte unauffällig entwickelten. Das älteste Kind wurde bis zum 13. Lebensjahr nachuntersucht (Groves 1995).

Eplerenon (Inspra®), ein neuer Aldosteronantagonist, wird als Zusatzmedikament zur Verringerung des Risikos der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität bei Patienten mit linksventrikulärer Dys-funktion und klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz nach kürzlich aufgetretenem Herzinfarkt angewendet. Erfahrungen in der Schwangerschaft liegen bisher nicht vor.

Empfehlung siehe unter 2.8.25.

2.8.24. Amilorid und Triamteren

Pharmakologie und Toxikologie.

Amilorid (z.B. Tensoflux®) und der schwache Folsäureantagonist Triamteren (z.B. in Dytide® H) gehören zu den kaliumsparenden Diuretika, deren Wirkung auf einer direkten Beeinflussung des tubulären Transportes beruht. Sie sind im Gegensatz zu Spironolacton keine Aldosteronantagonisten.

In einem Bericht wurden 318 Neugeborene nach Exposition mit Triamteren und 28 mit Amilorid im 1. Trimenon beschrieben. Eine Häufung spezieller Fehlbildungen war nicht zu beobachten (zitiert in Briggs 2005). Weitere Einzelfalldarstellungen zu Amilorid, meist bei mütterlichem Bartter-Syndrom, beschreiben gesunde Neugeborene (Deruelle 2004, Almeida 1989).

Eine spezifische teratogene Wirkung von Amilorid oder Triamteren ist bisher nicht zu erkennen.

Empfehlung siehe unter 2.8.25.

2.8.25. Mannit

Pharmakologie und Toxikologie.

Mannit (Mannitol; z. B. Osmofundin®) ist das am häufigsten eingesetzte osmotische Diuretikum. Es wird intravenös appliziert, unverändert über die Niere ausgeschieden und führt zu einer raschen Verminderung des interstitiellen Flüssigkeitsvolumens bei gleichzeitiger Vermehrung der intravasalen Flüssigkeit mit daraus resultierender Hämodilution. In der Vergangenheit wurde über eine günstige Wirkung von Mannit bei Anwendung in der Schwangerschaft berichtet (Schwarz 1980). Heute spielt es bei der Therapie der Präeklampsie keine Rolle mehr.

Empfehlung für die Praxis:

Diuretika gehören nicht zur Standardtherapie bei Schwangerschaftshochdruck und -ödemen. Ihre Anwendung ist speziellen Indikationen vorbehalten. In einem solchen Fall ist Hydrochlorothiazid Mittel der Wahl. Auch Furosemid kann zur Behandlung von Herz- oder Niereninsuffizienz gegeben werden. Wird längerfristig therapiert, sind bei der Mutter Elektrolyte und Hämatokrit zu überwachen und die Entwicklung eines Oligohydramnions auszuschließen. Wird bis zur Geburt behandelt, sollte auf eine eventuelle Hypo-glykämie beim Neugeborenen geachtet werden. Mannit darf in der Schwangerschaft angewendet werden, wenn ein osmotisches Diuretikum erforderlich ist. Andere Benzothiadiaziddiuretika, Etacrynsäure sowie andere Schleifendiuretika, Amilorid, Triamteren und Aldosteronantagonisten sind während der Schwangerschaft möglichst zu meiden. Falls eine Therapie mit einem Aldosteronantagonisten zwingend erforderlich ist, sollte Spironolacton gewählt werden. Keines dieser Mittel stellt eine Indikation zum risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft oder zu invasiver Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

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2.9. Antikoagulanzien, Fibrinolytika und Volumenersatzmittel

2.9.1. Indikationen zur Antikoagulation

In der Schwangerschaft steigt die Konzentration nahezu aller Gerinnungsfaktoren kontinuierlich an. Gleichzeitig nimmt die Aktivität der Gerinnungsinhibitoren, wie z. B. Antithrombin III (AT III), und des fib-rinolytischen Potenzials ab. Die Zunahme des Gerinnungspotenzials erscheint im Hinblick auf die Sicherstellung einer effektiven Blutstillung unter der Geburt nach Plazentalösung sinnvoll. Allerdings hat sie auch zur Folge, dass thrombembolische Erkrankungen in der Schwangerschaft etwa 5-mal häufiger auftreten als sonst. Bei Schwangeren mit entsprechenden anamnestischen Hinweisen oder aktuell erhobenen Befunden sollte unbedingt eine Thromboseprophylaxe durchgeführt werden.

Generell ist die Therapie mit Antikoagulanzien in folgenden Fällen indiziert:

  • bei thrombembolischen Vorerkrankungen,

  • bei erblicher thrombophiler Diathese, wie z.B. Antithrombin-III-Mangel, Protein-C-oder -S-Mangel, Faktor-V-Leiden (Resistenz gegen aktiviertes Protein C), Prothrombin-Gen-Mutation, eingeschränktem Fibrinolysepotenzial und dem Antiphospholipidsyn-drom, einer erworbenen Thrombophilie,

  • bei Begleiterkrankungen mit hohem Thromboserisiko, wie z.B. Malignomen, Autoimmunerkrankungen sowie nach operativen Eingriffen, Trauma, Herzklappenersatz oder bei anderen kardiovaskulären Vorerkrankungen,

  • bei Immobilisation, wie z.B. bei therapeutischer Bettruhe in der Schwangerschaft.

Seit Einführung der Thromboseprophylaxe sind Todesfälle aufgrund thrombembolischer Erkrankungen erheblich seltener geworden. Anti-koagulanzien werden auch zur Therapie thrombembolischer Ereignisse während der Schwangerschaft und im Wochenbett eingesetzt. Da die verschiedenen o.g. Thrombophilien (und neuerdings auch eine möglicherweise thrombosenbegünstigende Genmutation der Methylen-Tetrahydrofolatreduktase; Martinelli 2000) als eine der Ursachen rezidi-vierender Spontanaborte betrachtet werden, kann eine Antikoagulan-zientherapie auch schwangerschaftserhaltend wirken (Brewster 1999).

2.9.2. Heparine

Pharmakologie.

Heparin (z.B. Calciparin®) ist ein kettenförmiges, sulfatreiches Mukopolysaccharid mit einer Molekularmasse von etwa 15.000, das natürlicherweise in hohen Konzentrationen in den Gewebemastzellen vorkommt. Heparin wirkt hauptsächlich über eine Aktivierung des körpereigenen Glykoproteins Antithrombin III, das sich wiederum irreversibel an Gerinnungsfaktoren bindet, wie z.B. Faktor IIa (Thrombin). Heparin ist die stärkste organische Säure, die im Organismus vorkommt. Für die Gerinnungshemmung ist die stark negative Ladung des Heparins wichtig. Salzbildung mit organischen Kationen wie Protamin (siehe unten) hebt die Wirkung von Heparin prompt auf. Bei niedrig dosierter Heparintherapie ist der gerinnungshemmende Effekt wahrscheinlich überwiegend eine Folge der Aktivierung von Antithromin III und Faktor Xa, der in der Gerinnungskaskade eine Schlüsselrolle einnimmt und dem Thrombin übergeordnet ist.

Heparin wird nach oraler Gabe kaum resorbiert. Es ist aber nach subkutaner, intravenöser und intramuskulärer Applikation gut wirksam. Heparin wird in der Leber metabolisiert und hat eine Halbwertszeit von nur 6 Stunden. Aufgrund seiner Struktur (Ladung und Molekularmasse) gelangt Heparin nicht durch die Plazenta zum Fetus. Das gilt auch für die niedermolekularen Heparine Certoparin (Mono-Embo-lex®), Dalteparin (Fragmin®), Enoxaparin (Clexane®), Nadroparin (z.B. Fraxiparin®), Reviparin (Clivarin®) und Tinzaparin (Innohep®) mit einer oberen Molekularmasse von etwa 5.000. Niedermolekulare Heparine sind besser verträglich und weisen eine längere Halbwertszeit auf, so dass nur eine oder zwei Injektionen pro Tag erforderlich sind.

Überempfindlichkeitsreaktionen sind selten. Bei niedermolekularen Heparinpräparaten werden allergische Reaktionen an der Haut sowie die gefürchtete heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT), die paradoxerweise zur Thrombozytenaggregation führen kann, seltener beobachtet als bei unfraktionierten Heparinpräparaten (Arzneimittelbrief 1995). Greer (2005) hat alle bis 2003 veröffentlichten Studien zu niedermolekularen Heparinpräparaten analysiert und bei insgesamt fast 2.800 Schwangerschaften eine gute Verträglichkeit und Wirksamkeit zur Thromboseprophylaxe und zur Abortprävention bei entsprechender Vorgeschichte gefunden. Osteoporotische Knochenfrakturen traten bei 0,04% auf, die Autoren fanden keinen Fall von HIT. Neuere Fallsammlungen zu Enoxaparin in 85 bzw. 24 Schwangerschaften (Huxtable 2005, Glueck 2004) und zu Nadroparin bei 30 Patientinnen (Ruffati 2005) kamen zu vergleichbaren Ergebnissen. Di Nisio und Mitarbeiter (2005) sahen jedoch keinen ausreichenden Wirksamkeitsnachweis für eine Abortprävention, wenn keine Gerinnungsstörung wie das Antiphospholipid-Syndrom vorliegt. Ihr Ergebnis basiert auf den vorliegenden randomisierten Studien zur Abortprävention, die insgesamt 242 Schwangere umfassen.

Eine Untersuchung an 284 Schwangeren mit durchschnittlich 251 Tage dauernder Enoxaparin-Behandlung ergab gegenüber einer nicht behandelten Kontrollgruppe keine erhöhte Komplikationsrate bei vaginaler oder operativer Entbindung sowie bei Epiduralanästhesie, wenn Enoxaparin mindestens 12 Stunden vorher abgesetzt wurde (Maslovitz 2005).

Toxikologie.

Entgegen früheren Berichten wirkt Heparin beim Menschen nicht embryo- oder fetotoxisch. Die Langzeittherapie mit täglich 15.000 IE Heparin über mehrere Monate kann auch bei Schwangeren über eine Aktivierung der Osteoklasten zur Osteoporose führen. Außerdem besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko, das gilt auch für niedermolekulare Heparine (Lindqvist 2000).

Bisher publizierte Erfahrungen mit tausend Schwangeren, die mit den niedermolekularen Heparinen Certoparin, Enoxaparin, Daltepa-rin und Nadroparin behandelt worden waren - davon in zwei neueren Studien allein 700 zu Enoxaparin - ergeben keine Hinweise auf entwicklungstoxische Effekte oder ein besonderes Risiko im Vergleich zu den unfraktionierten Heparinen (Rowan 2003, Lepercq 2001, Bar 2000, S⊝rensen 2000, Chan 1999, Sanson 1999, Schneider 1997, Dulitzki 1996). Eher anekdotischen Charakter hat ein Fallbericht zur Aplasia cutis bei Tinzaparin-Therapie ab Woche 10 (Sharif 2005). Daher können im Bedarfsfall die Vorzüge niedermolekularer Heparine auch in der Schwangerschaft genutzt werden, so beispielsweise bei schwerer, früh manifester Präeklampsie, Abortneigung und intrauteriner Wachstums-retardierung infolge erworbener oder angeborener Thrombophilie (Bar 2000, Kupferminc 1999). Obwohl niedermolekulare Heparine die menschliche Plazenta nicht oder kaum überwinden (Greer 1999, Sanson 1999), wurden im Tierexperiment dennoch Auswirkungen auf die fetale Gerinnung beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Heparine können auch in der Schwangerschaft bei entsprechender Indikation, z. B. bei angeborenen Thrombophilien, dem Antiphos-pholipid-Syndrom, bei Lupus erythematodes etc. verordnet werden. Dies gilt auch für die ausreichend erprobten niedermolekularen Präparate.

2.9.3. Thrombininhibitoren und Thrombozytenaggregationshemmer

Pharmakologie und Toxikologie.

Hirudinverbindungen wie Desirudin (Revasc®) und Lepirudin (Refludan®) sind gentechnologisch hergestellte gerinnungshemmende Polypeptide des Leberegels. Sie wirken als Thrombininhibitoren. Diese und auch das Heparinoid Danaparoid (Orgaran®) werden bei Heparinunverträglichkeit (Heparininduzierte Thrombozytopenie, HIT) verwendet. Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass diese Mittel eine entwicklungstoxische Wirkung entfalten. Zumindest Danaparoid, zu dem etwa 50 dokumentierte Schwangerschaften vorliegen (Lindhoff-Last 2005, Schindewolf 2004, Myers 2003), soll die Plazenta nicht überschreiten. Zu Bivalirudin (Angiox®) für die perkutane Koronarintervention liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Ximelagatran (Exanta®) ist ein oral resorbierbarer Thrombininhibi-tor (Bioverfügbarkeit 20 %), der nach der Aufnahme in das aktive, lipo-phile synthetische Dipeptid Melagatran umgewandelt wird (Molekularmasse 430). Melagatran wirkt als indirekter Inhibitor sowohl von freiem als auch fibringebundenem Thrombin und hemmt darüber hinaus die Thrombinbildung. Es verstärkt den fibrinolytischen Effekt von Gewebeplasminogen-Aktivator (t-PA) durch Hemmung sowohl der Carboxypeptidase U als auch der Wirkung von thrombomodulinge-bundenem Thrombin. Ximelagatran hat mit 3–4 Stunden eine kürzere Halbwertszeit als Vitamin-K-Antagonisten und ist in fixer Dosierung ohne regelmäßige Kontrolle der Blutgerinnung zu verabreichen. Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Argatroban (Argatra) ist ein parenteral anzuwendender Thrombin-inhibitor. Ausreichende Erfahrungen in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Fondaparinux (Arixtra®), ein selektiver synthetischer Hemmstoff des aktivierten Faktor X (Xa) wird s.c. verabreicht. Im Tierversuch ist es nicht teratogen. In-vitro-Versuche an der Plazenta des Menschen ergaben keinen nennenswerten Übergang zum Fetus. Klinische Erfahrungen in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Zu den Thrombozytenaggregationshemmern Clopidogrel (z.B. Isco-ver®) und Ticlopidin (z.B. Tiklyd®) liegen nur Einzelfallberichte vor (Klinzing 2001, Ueno 2001). Diese deuten ebenso wenig wie tierexperimentelle Ergebnisse auf teratogene oder fetotoxische Risiken hin, erlauben jedoch keine differenzierte Bewertung der Verträglichkeit für das Ungeborene.

Zur „Low-dose”-Therapie mit Acetylsalicylsäure siehe Kapitel 2.1.2.

Empfehlung für die Praxis:

Falls zwingend erforderlich, z. B. bei Heparinunver-träglichkeit oder unzureichender Thrombozytenaggregationshemmung bzw. Unverträglichkeit im Zusammenhang mit einer „Low-dose”-Therapie mit Acetylsalicylsäure, dürfen die o.g. Mittel verwendet werden. Bei vergleichbarer Wirksamkeit könnte sich Ximelagatran gegenüber den entwicklungstoxischen Vita-min-K-Antagonisten als vorteilhaft erweisen. Eine Therapie mit den genannten Mitteln im 1. Trimenon stellt keine Indikation zum risikobegründeten Abbruch einer Schwangerschaft dar (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeinuntersuchung zur Bestätigung einer normalen Entwicklung sollte angeboten werden.

2.9.4. Cumarinderivate

Pharmakologie.

Zu den oralen Antikoagulanzien mit Vitamin-K-Antago-nismus zählen die Cumarinderivate Acenocoumarol, Phenprocoumon (z.B. Falithrom®, Marcumar®, Phenpro-ratiopharm®) und Warfarin (Coumadin®) sowie die Indanedione Fluindion und Phenindion. Vitamin-K-Antagonisten sind indirekt wirkende Antikoagulanzien, die aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit Vitamin K dosisabhängig in der Leber die Synthese der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X hemmen.

Die meisten Vitamin-K-Antagonisten werden nach oraler Gabe vollständig resorbiert und im Blut zu mehr als 95 % an Albumin gebunden. Die Halbwertszeit beträgt 24 Stunden bei Acenocoumarol (einschließlich seiner Metaboliten), 36 Stunden bei Warfarin und 150 Stunden bei Phenprocoumon. Der langsame Wirkungseintritt ist darauf zurückzuführen, dass es 1–3 Tage dauert, bis die Hemmung der Synthese der Gerinnungsfaktoren in der Leber zu einer Konzentrationsminderung im Blut führt.

Cumarine werden in der Leber oxidativ metabolisiert und über die Nieren ausgeschieden. Die Wirkung der Cumarine wird durch gleichzeitige Gabe anderer Medikamente beeinflusst, die mit dem Cumarin um die arzneimitteloxidierenden Enzyme in der Leber einerseits sowie um die Bindung an Plasmaproteine andererseits konkurrieren. Vitamin-K-Antagonisten sind plazentagängig und erreichen den Fetus. Bei einem Neugeborenen wurde beispielsweise ein Quick von 5 % gemessen, während der Wert der mit Phenprocoumon behandelten Mutter > 25 % betrug (eigene Beobachtung).

Cumarinembryopathie.

Cumarinembryopathien wurden vor allem in den USA im Zusammenhang mit Warfarin veröffentlicht. Das führte zu dem Begriff Warfarinembryopathie. Es ist nicht geklärt, ob dies auf eine größere Publikationsfreudigkeit in den USA, wo hauptsächlich dieses Cumarin verwendet wird, oder aufgrund der im Vergleich zu den anderen Mitteln häufigeren Anwendung, einer höheren Dosierung oder stärkeren teratogenen Potenz des Warfarins zurückzuführen ist.

Das teratogene Risiko von Vitamin-K-Antagonisten ist von zunehmender Aktualität, weil immer mehr Frauen auch nach Herzklappenersatz eine Schwangerschaft austragen und Kardiologen zunehmend eine durchgehende Cumarinantikoagulation in der Schwangerschaft empfehlen mit dem Hinweis, dass diese die mütterliche Letalität durch Klappenthrombose zuverlässiger senkt als eine durchgehende oder im 1. Trimenon eingeschaltete Heparintherapie (Chan 2000, Vitale 1999, Wellesley 1998).

In einer Übersicht aller seit 1955 veröffentlichten Berichte zu insgesamt 63 Cumarinembryopathien stehen mit 51 von 63 Fällen (81%) Skelettanomalien an erster Stelle (van Driel 2002). Eine Mittelgesichts-hypoplasie wurde in 47 Fällen beschrieben. Hierzu gehören eine kleine, aufwärts gerichtete Nase mit Einbuchtungen zwischen Nasenspitze und Nasenflügeln, tiefliegender Nasenwurzel und Fehlanlage des Nasenseptums. Ferner wurden Mikrognathie, prominente Stirn, flache Gesichtsstruktur und punktförmige Kalzifizierungen in den Epiphysen der langen Röhrenknochen, intrauterine Wachstumsretardierung sowie Gliedmaßenverkürzungen beobachtet. Einzelfallberichte beschreiben u.a. Störungen der Augen- und Ohrenentwicklung, Herzfehlbildungen, Asplenie, Nierenagenesie, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und Lungen-hypoplasie. Eine kausale Assoziation ist zumindest bei den häufiger beobachteten Anomalien anzunehmen.

Teratogener Mechanismus.

Cumarinderivate entfalten ihre teratogene Wirkung wahrscheinlich über eine Synthesehemmung verschiedener Vitamin-K-abhängiger Proteine in Knochen, Knorpel und ZNS. Nach dem 1. Trimenon können Mikroblutungen mit nachfolgender Narbenbildung zu Entwicklungsstörungen des Zentralnervensystems führen (Hall 1980). Besonders gefürchtet sind größere zerebrale Blutungen in der Spätschwangerschaft und unter der Geburt.

Die Cumarinembryopathie ähnelt der Chondrodysplasia punctata Conradi-Hünermann (Savarirayan 1999, Becker 1975). Im Zusammenhang mit diesem Krankheitsbild wurde die ätiologisch relevante Mutation der Arylsulfatase E (ARSE) beschrieben, die zum (völligen) Aktivitätsverlust dieses Enzyms führt. Die Cumarinembryopathie als identischer Phänotyp wird mit einer cumarinbedingten ARSE-Hemmung in Zusammenhang gebracht (Savarirayan 1999).

Häufigkeit von Fehlbildungen.

In der älteren Literatur wird das Fehlbildungsrisiko mit 15–30% angegeben. Eine Analyse aller publizierten Fallserien und Kohortenstudien errechnet nur noch rund 6 % (23/394) Cumarinembryopathien, selbst wenn während der gesamten Schwangerschaft mit Cumarinderivaten behandelt wird. Insgesamt wurden in diesem Review 17 Studien mit zusammen 979 Schwangerschaften analysiert (449 Acenocoumarol, 327 Warfarin, 203 nicht spezifiziert) (van Driel 2002). In einer weiteren Fallserie, die 71 Schwangere mit Warfa-rintherapie bei künstlicher Herzklappe umfasst, wurden 4 Kinder mit Zeichen einer Cumarinembryopathie registriert (Cotrufo 2002). Hier wie in einer anderen Untersuchung (Vitale 1999) wurde ein ungünstiger Schwangerschaftsausgang vor allem bei höheren Warfarindosen (> 5 mg) beobachtet.

Die bisher größte, prospektive Kohortenstudie mit 666 Frauen, bei denen in eine Schwangerschaft hinein mit einem oralen Antikoagulanz behandelt wurde, ermittelt ebenfalls nur ein geringes Cumarinembryo-pathie-Risiko (Schaefer 2006). In dieser, von uns durchgeführten, mul-tizentrischen Studie wurden 226 Schwangere mit Acenocoumarol the-rapiert, 280 mit Phenprocoumon, 99 mit Fluindion, 2 mit Phenindion und 63 mit Warfarin. Vier der Patientinnen erhielten 2 Vitamin-K-Ant-agonisten.

Im Vergleich zu einer nichtbehandelten Kontrollgruppe fand sich ein mit 4,9% vs. 1,4% (OR 3,86) signifikant erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen nach Exposition im 1.Trimenon. Die beobachteten Fehlbildungen waren jedoch heterogen, nur zwei Cumarinembryopathien unter insgesamt 356 Lebendgeborenen wurden beobachtet (0,6%).

Andere Auswirkungen einer Cumarintherapie.

Weitere Ergebnisse der mul-tizentrischen Kohortenstudie (Schaefer 2006) sind ein geringeres Geburtsgewicht, das nur zum Teil durch die erhöhte Frühgeburtenrate erklärt wurde. Spontanaborte traten 3-mal häufiger unter Cumarintherapie auf, am höchsten war die Rate bei Phenprocoumon mit 42% gegenüber 14 % in der Kontrollgruppe. Natürlich kann auch die Grunderkrankung der Mütter, wie Herzklappendefekte, Embolien, verschiedene Koagulopathien, zum ungünstigeren Abschneiden der Cumarin-gruppe beigetragen haben. Die mütterliche Erkrankung war in einigen Fällen auch der Grund für den medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbruch. Ein Problem stellen die undifferenzierten, das terato-gene Risiko übertreibenden Warnhinweise auf Packungsbeilagen dar, die häufig zu einer erheblichen Verunsicherung von Patientinnen und Ärzten führen.

Sensible Phase.

Weder in den früher publizierten Fallberichten noch bei den von uns beobachteten, ausschließlich vor Schwangerschaftswoche 9 exponierten 235 Lebendgeborenen ergeben sich Hinweise darauf, dass bis Schwangerschaftswoche 8 p.m. ein nennenswertes Risiko für eine Cumarinembryopathie besteht. Es wird gelegentlich von einer sensiblen Phase in den Wochen 6 bis 9 gesprochen. Eine kritische Analyse derjenigen Fallberichte, die als Beleg für ein Embryopathierisiko vor Woche 9 p.m. interpretiert werden könnten (Hall 1989, Balde 1988, Ruthnum 1987, Lapiedra 1986, Cox 1977), lässt Zweifel an der Richtigkeit dieser Hypothese aufkommen. Es ist zumindest nicht eindeutig, dass in diesen Fallberichten ausschließlich vor Woche 9 p.m. behandelt wurde, dass es sich um cumarinspezifische Anomalien handelte und dass nicht weitere teratogene Faktoren im Spiel waren. Die zwei in unserer Studie erfassten typischen Embryopathien ereigneten sich bei Schwangeren, die deutlich länger als bis Woche 8 bzw. ausschließlich danach behandelt wurden. Andererseits könnte das erhöhte Spontanabortrisiko Ergebnis einer embryotoxischen Schädigung sein. Es kann aber auch ebenso wie die erhöhte Rate an Frühgeburten, Folge der Grunderkrankung sein.

Mentale Entwicklung.

Die spätere Entwicklung im Alter von 7 bis 15 Jahren wurde in einer Studie an etwa 300 Kindern mit pränataler Cumarin-exposition untersucht (van Driel et al., 2001, van Driel et al., 2002, Wesseling et al., 2000, Wesseling et al., 2001). Nur zwei Kinder in dieser Gruppe wiesen bei der Geburt typische Zeichen einer Cumarinembryopathie auf. Diese waren im Alter von 9 bzw. 13 Jahren normal entwickelt (van Driel 2002). Die durchschnittliche Größe der exponierten Kinder unterschied sich nicht von einer Kontrollgruppe. Keines der exponierten Kinder war hinsichtlich seiner neurologischen Entwicklung deutlich auffällig. Lediglich leichte neurologische Abweichungen traten etwas häufiger auf, wenn die Mutter im 2. oder 3. Trimenon behandelt wurde. Der durchschnittliche IQ unterschied sich nicht signifikant von der Kontrollgruppe. Allerdings wurden in der Cumaringruppe mit 11 gegenüber 3 mehr Kinder mit einem IQ<80 gezählt. Diese Kinder wiesen keine typischen Dysmor-phiezeichen auf. Auch hinsichtlich der Verhaltensentwicklung gab es keine Häufung von problematischen Entwicklungen, allenfalls leichte Differenzen bei einzelnen Tests. Drei andere Studien mit insgesamt 72 Kindern fanden ebenfalls keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich körperlicher und mentaler Entwicklung (Olthof 1994, Wong 1993, Chong 1984).

Empfehlung für die Praxis:

Da Vitamin-K-Antagonisten, wie z. B. das Phenpro-coumon, teratogen sind, ist bei Planung einer Schwangerschaft und weiter bestehender Indikation für eine Gerinnungshemmung ein anderes Antikoagulanz in Betracht zu ziehen. Wenn ein Wechsel vor der Schwangerschaft für die Mutter zu riskant ist, erscheint es verantwortbar, bis in die Frühschwangerschaft hinein weiter zu behandeln. Dies erhöht zwar das Abortrisiko, und auch ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko ist bei Therapie bis in die Frühschwangerschaft nicht auszuschließen. Ein Risiko für Cumarinembryopathien ist aber bei einer Behandlung ausschließlich bis Woche 8 p.m. nicht zu erkennen. Bei einigen Erkrankungen, vor allem bei speziellen Herzklappenprothesen, ist eine durchgehende Behandlung der Schwangeren aufgrund eines hohen Thrombose- bzw. Embolierisikos erforderlich. Aufgrund der vor allem nach Schwangerschaftswoche 8 bestehenden Gefahren für eine Cumarinembryopathie und für Hirnblutungen sollte die früher verbreitete Empfehlung einer Wiederaufnahme der Therapie ab Ende des 1. Trimenons sehr kritisch betrachtet werden. Entweder ist eine durchgehende Behandlung zur Sicherheit der Mutter erforderlich oder es sollte spätestens in der Frühschwangerschaft für die gesamte Gravidität auf andere Antikoagulan-zien umgestellt werden. Der Abbruch einer gewünschten und intakten Schwangerschaft aufgrund einer (versehentlichen) Exposition in der (Früh-)Schwanger-schaft ist nicht indiziert. Es gibt jedoch Situationen, in denen die Erkrankung selbst gegen das Austragen einer Schwangerschaft spricht. Mit einem hoch auflösenden Ultraschall sollte die Entwicklung des Fetus im Fall einer Exposition kontrolliert werden.

2.9.5. Vitamin K

Pharmakologie und Toxikologie.

Vitamin K ist das Antidot bei der Cuma-rinbehandlung. Es hat eine besondere Bedeutung in der Therapie der verstärkten Blutungsneigung bei Neugeborenen. Bei diesen besteht ein relativer Vitamin-K-Mangel und zwar einerseits wegen der noch fehlenden Besiedlung des Darmes mit Kolibakterien, die beim Erwachsenen Vitamin K2 aus Vitamin K1 bilden, und andererseits aufgrund der entwicklungsbedingten geringen Syntheseleistung der Leber, die in Gegenwart von Vitamin K die für die Blutgerinnung wichtigen Proteine bildet. Man unterscheidet Vitamin K1 (Phytomenadion; z.B. Konakion®), Vitamin K2 (siehe oben) und die synthetischen Derivate Vitamin K3 (Me-nadiol; Adek Falk®), K4, K5 etc.

Zur Gabe von Vitamin K in der Schwangerschaft liegen hauptsächlich für das 3. Trimenon Erfahrungen vor, weil es vor der Geburt zur Prophylaxe der verstärkten Blutungsneigung bei Neugeborenen verordnet wurde. Bisher konnte weder ein Übergang von Vitamin K1 auf den Fetus nachgewiesen werden noch eine Verbesserung des Gerinnungsstatus (Anai 1993; siehe auch Abschnitt 2.10.9). Eine Menadiol-Thera-pie bei der Mutter vor der Geburt soll eine Hyperbilirubinämie beim Neugeborenen begünstigen. Der vor einiger Zeit geäußerte Verdacht, dass die parenterale Applikation von Vitamin K beim Neugeborenen eine spätere Malignombildung begünstigen könnte, gilt inzwischen als widerlegt.

Empfehlung für die Praxis:

Neugeborene erhalten routinemäßig bei den ersten drei Vorsorgeuntersuchungen oral 1–2 mg Vitamin K1. Falls die Mutter Medikamente einnimmt, die Vitamin K antagonisieren (z. B. bestimmte Antiepileptika -siehe dort sowie Rifampicin und Cumarinantikoagulanzien) oder wenn es sich um Frühgeborene oder andere Risikogeburten handelt, sollte das Kind unmittelbar post partum 1 mg parenteral (i.m.) erhalten. Falls eine parenterale Verabreichung nicht infrage kommt, sollten durch mütterliche Medikamente mit Vitamin-K-Antagonismus gefährdete Neugeborene zusätzlich zu den Vorsorgeuntersuchungen in den ersten Lebenswochen 2-mal pro Woche 1–2 mg Vitamin K1 oral erhalten.

2.9.6. Protamin

Pharmakologie und Toxikologie.

Protamin-HCl (Protamin ICN®) ist bei Gerinnungsstörungen infolge der Überdosierung von Heparin auch in der Schwangerschaft als Antidot indiziert. Protamine sind niedermolekulare basische Proteine aus Fischspermien, die sich mit dem stark sauren Heparin zu stabilen Salzen verbinden. Diese weisen keine gerin-nungshemmende Wirkung mehr auf. Die Protamin-Heparin-Komplexe werden über die Nieren ausgeschieden. Untersuchungen über embryotoxische Wirkungen von Protamin liegen nicht vor. Gegen niedermole-kuleres Heparin soll das Antidot Protamin schwächer wirksam sein.

Empfehlung für die Praxis:

Protamin-HCl darf im Fall einer Heparinüberdosie-rung auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

2.9.7. Fibrinolyse

Fibrinolytika lösen thrombotische Gefäßverschlüsse auf. Fibrin, das Endprodukt der Blutgerinnung, ist ein Polymer, das durch Plasmin, eine Peptidase, in wasserlösliche Bruchstücke gespalten wird. Dies führt zu einer Auflösung des Fibrins und damit des Thrombus. Plasmin wiederum entsteht aus dem körpereigenen Glykoprotein Plasminogen unter dem Einfluss körpereigener Aktivatoren, wie z. B. Urokinase und Gewebs-Plasminogen-Aktivator. Außerdem fördern auch körperfremde Stoffe wie Streptokinase die Bildung von Plasmin. Schließlich gibt es körpereigene (Antithrombin III) und synthetische Hemmstoffe (Tranexamsäure, p-Aminomethylbenzoesäure = PAMBA) des Plasmins, die bei Blutungen infolge einer fibrinolytischen Therapie rasch wirksam sind.

2.9.8. Streptokinase

Pharmakologie und Toxikologie.

Streptokinase (z.B. Streptase®) ist ein Fibrinolytikum, das aus Streptokokken gewonnen wird und durch Aktivierung des inaktiven Plasminogens zum wirksamen Plasmin eine Fibri-nolyse frischer, nur wenige Stunden alter Thromben bewirken kann. Zur Therapie mit Streptokinase in der Schwangerschaft liegen Berichte zu etwa 200 vor allem nach dem 1. Trimenon behandelter Frauen vor. Diese ergaben weder teratogene Effekte noch andere gravierende Auswirkungen (Nassar 2003, Anbarasan 2001, Henrich 2001, Turrentine 1995). Auch tierexperimentell liegen keine Hinweise auf Teratogenität vor.

Streptokinase gelangt beim Menschen allenfalls in Spuren durch die Plazenta (Ludwig 1965). Streptokinase kann jedoch als Antigen die Bildung von Immunantikörpern hervorrufen, die plazentagängig sind und die zu einer passiven Immunisierung der Frucht führen. In der Perinatal-phase birgt die fibrinolytische Therapie die Gefahr gesteigerter Blutverluste.

Empfehlung für die Praxis:

Streptokinase darf in der Schwangerschaft bei vitalen Indikationen eingesetzt werden.

2.9.9. Andere Fibrinolytika

Urokinase (z. B. Corase®) ist ein in verschiedenen Organen vorkommender Aktivator des Plasminogens, der die Auflösung von physiologisch auftretenden Fibringerinnseln fördert, wie z.B. im Menstrualblut. Über den Einsatz von Urokinase als Fibrinolytikum in der Schwangerschaft liegen einige Fallberichte mit unauffälligem Ausgang vor (La Valleur 1996, Turrentine 1995). Auch tierexperimentell gibt es keine Hinweise auf Teratogenität.

Alteplase (Gewebs-Plasminogen-Aktivator, rt-PA; Actilyse®) ist ein körpereigener Faktor aus Endothelzellen, der seine Aktivität vorwiegend bei Kontakt mit Fibrin aus Thromben entwickelt. Zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor. Dies gilt auch für Anistreplase (Eminase®), APSAC (acetylierter Plasmino-gen-Streptokinase-Aktivator-Komplex) und Reteplase (Rapilysin®).

Empfehlung für die Praxis:

Die Fibrinolytika Urokinase, Alteplase (rt-PA), Anistreplase, APSAC und Reteplase sind vitalen Indikationen vorbehalten. Besondere Vorsicht ist in der Perinatalphase geboten. Eine Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch eine invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.9.10. Antifibrinolytika

Epsilon-Aminocapronsäure bzw. Aminohexansäure (Epsilon-Amino-capronsäure Roche®) wirkt im Tierversuch beim Kaninchen nicht tera-togen, für den Menschen liegt nur ein Fallbericht über einen unauffälligen Verlauf vor. Bei der Therapie mit diesem antifibrinolytisch wirkenden Medikament besteht die Gefahr einer gesteigerten Thrombenbildung mit Embolien und Nierenversagen durch Thrombosierung der glomerulären Kapillaren.

p-Aminomethylbenzoesäure (PAMBA, Gumbix®) und Tranexamsäure (z. B. Cyklokapron®) sind synthetische Antifibrinolytika, die ähnlich wie Epsilon-Aminocapronsäure wirken und therapeutisch bei Koagulopathien mit gesteigerter Fibrinolyse eingesetzt werden. Einige Fallberichte zu Tranexamsäure (z.B. Lindoff 1993) sowie tierexperimentelle Ergebnisse deuten nicht auf erhebliche fetotoxische Risiken hin. Im Nabelschnurblut wurden 70 % der mütterlichen Konzentration gemessen.

Aprotinin (Trasylol®) ist ein Polypeptid, das eine große Zahl von Pro-teinasen hemmt, zu denen auch Plasmin und Aktivatoren des Plasmi-nogens gehören, so dass auf diese Weise die antifibrinolytische Wirkung zu erklären ist. Aprotinin kann als artfremdes Protein (aus Rinderlunge) Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zum Schock verursachen. Erfahrungen mit dieser Therapie in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Für Epsilon-Aminocapronsäure, p-Aminomethylbenzoesäure, Tranexamsäure und Aprotinin gibt es keine schwangerschaftsspezifischen Indikationen. Eine Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.9.11. Volumenersatzmittel

Zu den Volumenersatzmitteln gehören Dextrane, Gelatinederivate, Hydroxyethylstärke und Humanalbuminlösungen. Bei entsprechender Indikation, insbesondere beim Kreislaufschock, können sie auch bei Schwangeren indiziert sein, nicht jedoch zur Hämodilution, die mit Elektrolytlösungen - wenn überhaupt - ebenso wirkungsvoll zu erreichen ist.

Bluttransfusionen verlangen in der Schwangerschaft aus virologi-scher Sicht (HIV, Hepatitis, Cytomegalie) eine besonders strenge Indikationsstellung.

Dextrane

Dextrane sind Glukopolysaccharide, die als Volumenersatzmittel eingesetzt werden, und zwar mit einer Molekularmasse (MM) von 60.000 als Dextran 60 (z.B. Macrodex®) und mit einer Molekularmasse von 40.000 als Dextran 40 (z.B. Rheomacrodex®). Dextran 60 hat eine Halbwertszeit von 24 Stunden und Dextran 40 von 6 Stunden. Das Risiko anaphylaktischer Reaktionen lässt sich mindern, wenn vor einer Dextraninfusion 20 ml des niedermolekularen Dextran 1 (Promit®, MM etwa 1.000) injiziert werden. Spezifische embryo- oder fetotoxische Wirkungen von Dextranen sind nicht bekannt. Bei anaphylaktischen Reaktionen ist mittelbar auch der Fetus gefährdet.

Empfehlung für die Praxis:

Dextrane sind im Notfall als Volumenersatzmittel akzeptabel.

Gelatine

Gelatineabbauprodukte, die über Harnstoffbrücken vernetzt sind, werden als Polymerisate mit einer Molekularmasse von etwa 35.000 in 4%iger Lösung als Plasmaersatzmittel angeboten (z.B. Gelafundin®). Spezifische embryo- oder fetotoxische Wirkungen sind nicht bekannt.

Empfehlung für die Praxis:

Gelatinepräparate sind im Notfall als Volumenersatzmittel akzeptabel.

Hydroxyethylstärke

Hydroxyethylstärke (HES) ist ähnlich wie Dextran ein vernetztes Poly-saccharid. Die mittlere Molekularmasse liegt je nach Präparat bei 70.000 (Expafusin®), 200.000 (z.B. Hämofusin®) bzw. 450.000 (z.B. Plasmafusin®, Plasmasteril®). Niedermolekulare Hydroxyethylstärke soll die Fließeigenschaften des Blutes verbessern. Anaphylaktische Reaktionen können auch bei Hydroxyethylstärke auftreten. Außer Ablagerungen in der Plazenta wurden keine spezifischen embryo- oder fetotoxischen Effekte beschrieben. Die Indikation sollte entsprechend streng gestellt werden.

Empfehlung für die Praxis:

Hydroxyethylstärke darf bei Schwangeren in kritischen Situationen als Volumenersatzmittel oder zur Verbesserung der Mikrozirkulation eingesetzt werden.

Humanalbumin

Humanalbumin (z.B. Humanalbin®) ist eine Albuminlösung, die aus dem Blut gesunder Spender hergestellt wird und frei von HI- und Hepatitisviren sein soll.

Humanalbumin wird insbesondere bei Albuminmangel zur Hebung des onkotischen Druckes bei Ödemen und intravasalem Volumenmangel infundiert. Humanalbumin kann die Plazenta nicht passieren. Spezifische embryo- oder fetotoxische Wirkungen sind nicht bekannt.

Bei signifikanter Proteinurie als Hinweis auf eine renale Störung ist keine der aufgeführten Substanzen in der Lage, den onkotischen Druck mit Sicherheit aufrecht zu erhalten bzw. günstig zu beeinflussen. Es muss abgewogen werden, ob – unter Berücksichtigung von Vor- und Nachteilen – eine Gabe von Humanalbumin überhaupt indiziert ist.

Empfehlung für die Praxis:

Humanalbumin ist bei entsprechender Indikation in der Schwangerschaft akzeptabel.

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2.10. Epilepsie und antiepileptische Medikation

Etwa jede 200.-250. Schwangere leidet an Epilepsie bzw. wird mit Antiepileptika behandelt (Morrow 2003). Kinder von Müttern, die mit (klassischen) Antiepileptika behandelt werden, unterliegen einem erhöhten Risiko für Fehlbildungen, Dysmorphien des Mittelgesichts und der Endphalangen, intrauterine Wachstumsretardierung und funk-tionelle Entwicklungsstörungen des Zentralnervensystems (ZNS). Jedes 5.-10. pränatal exponierte Kind weist nach heutigen Erkenntnissen zumindest eine dieser Auffälligkeiten auf. Antiepileptika werden zunehmend auch bei anderen Erkrankungen eingesetzt, z.B. in der Psychiatrie als Affektstabilisatoren bei bipolaren Störungen oder in der Neurologie bei neuropathischen Schmerzen. Wegen des teratogenen Potenzials der Antiepileptika muss ihr Einsatz außerhalb der Krampfprophylaxe immer dann kritisch geprüft werden, wenn eine Schwangerschaft nicht ausgeschlossen werden kann.

2.10.1. Epilepsie, Antiepileptika und Reproduktion

  • Antiepileptika besitzen ein embryotoxisches Potenzial. Dies betrifft vor allem die klassischen Antiepileptika Carbamazepin, Valproin-säure, Phenobarbital/Primidon und Phenytoin. Ursprünglich wurde auch der Epilepsie selbst eine teratogene Wirkung zugeschrieben. Dies konnte jedoch weder für die Grunderkrankung noch für Grandmal-Anfälle eindeutig bestätigt werden (Kapitel 2.10.7).

  • Sexualhormone können bei entsprechender Disposition krampffördernd (Estrogene) oder antikonvulsiv (Gestagene) wirken. Dies spielt z. B. bei zyklusabhängigen Krampfanfällen eine Rolle.

  • Bestimmte Antiepileptika führen zum „Pillenversagen”. Carbamazepin, Phenobarbital, Primidon, Phenytoin, Felbamat und mit dosisabhängigen Einschränkungen auch Oxcarbazepin und Topiramat können das Cytochrom-P450-Enzymsystem induzieren und über den verstärkten Abbau oraler Kontrazeptiva zu unerwünschten Schwangerschaften führen (Kuhl 2002). Es empfiehlt sich daher, in erster Linie keine systemische Hormontherapie, also auch keine oralen Kontrazeptiva vorzusehen, da selbst die gelegentlich empfohlene Verdopplung der Dosis nicht die gewünschte Sicherheit garantiert. Ein Intrauterinsystem mit lokaler Gestagenabgabe (Mirena®) wäre zu bevorzugen oder bei etwas geringerer Sicherheit ein Intrauterinpessar (IUD). Nur wenn diese Methoden nicht vertragen werden, ist eine höher dosierte hormonelle Kontrazeption -ggf. mit Einschränkungen der Verlässlichkeit - in Betracht zu ziehen. Hierfür kommt eine durchgehende Einnahme von täglich 2 Dosen eines niedrig dosierten monophasischen Präparates infrage und zwar im Langzyklus durchgehend für 3–9 Monate. Andere Empfehlungen zielen auf „Pillen” mit einer höheren ovula-tionshemmenden Dosis ab.

    Bei Benzodiazepinen, Ethosuximid, Gabapentin, Lamotrigin, Leve-tiracetam, Tiagabin, Valproinsäure, Vigabatrin und Zonisamid sind keine Wirkungsverluste bei gleichzeitig eingenommenen hormonel-len Kontrazeptiva bekannt (Crawford 2002).

  • Epilepsie und Antiepileptika können die Fertilität herabsetzen. Beispielsweise besteht ein bisher noch nicht vollständig geklärter Zusammenhang zwischen einer Temporallappen-Epilepsie und einer Valproat-Therapie einerseits und einer anovulatorisch bedingten Fer-tilitätsminderung mit polyzystischem Ovar-Syndrom (PCOS) andererseits. Dieses Syndrom wird bei 10–25% der epilepsiekranken Frauen beobachtet - bei Patientinnen unter Valproattherapie noch häufiger - und bei 5 % aller gesunden Frauen. Eine Adipositas mit Hyperinsulinismus bzw. Insulinresistenz scheint eine fördernde Rolle zu spielen. Daher sind Antiepileptika, die eine Gewichtszunahme begünstigen (Valproinsäure, Carbamazepin, Gabapentin, Vigabatrin) auch in dieser Hinsicht kritisch zu beurteilen.

  • Während der Schwangerschaft können Anfälle häufiger auftreten, weil der Wirkspiegel von Antiepileptika vermindert ist, und zwar durch schlechte Compliance (Absetzen der Medikation, um das Kind zu schützen), erhöhte Clearance und durch Schlafstörungen.

2.10.2. Instrumente zur Risikoabschätzung

Obwohl die klassischen Antiepileptika zu den am häufigsten verschriebenen und am besten untersuchten teratogenen Arzneimitteln gehören, ist die individuelle Risikobestimmung immer noch schwierig. In den wichtigsten epidemiologischen Studien der vergangenen Jahre (Kaaja 2003, Dean 2002, Diav-Citrin 2001, Holmes 2001, Canger 1999, Kaneko 1999, Samren et al., 1997, Samrén et al., 1999, Mastroiacovo 1998) und den international etablierten Registern für Epilepsie und Schwangerschaft in Europa, EURAP (2005; www.eurap.org) und UK Epilepsy and Pregnancy Register (Morrow 2003), in Australien (Vajda 2003) und Nordamerika (NAREP) wurden bisher annähernd 10.000 vorwiegend in Monotherapie mit klassischen Antiepileptika exponierte Schwangerschaften erfasst. Die Häufigkeitsangaben zu großen Fehlbildungen schwanken zwischen 3 und 11 % bei Monotherapie. Bei einer Kombinationstherapie mit mehreren Antiepileptika liegt das Risiko durchschnittlich etwas höher als bei Monotherapie; deutlich erhöht auf mindestens 10 % ist es bei Kombinationen mit Valproinsäure. Diese Werte entsprechen dem Zwei- bis Vierfachen der jeweiligen Kontrollgruppen gesunder Schwangerer. Die Unterschiede zwischen den Studienergebnissen sind durch mehrere Faktoren bedingt: a) das vorwiegend untersuchte Antiepileptikum (Valproinsäure hat die höchste Teratogenität), b) die Definition einer großen Fehlbildung, c) den Beobachtungszeitraum nach der Geburtje später man untersucht und je gründlicher, desto höher ist die ermittelte Rate an Anomalien d) regionale und zeitliche Unterschiede der Fehlbildungs-Prävalenzen in den Kontrollgruppen, e) andere Merkmale des Studiendesigns und der Erfassungs- und Dokumentationsqualität angeborener Anomalien.

Noch unterschiedlicher fallen die Studienergebnisse bei kleinen Anomalien aus, den Gesichts- und Fingerdysmorphien und den funkti-onellen ZNS-Störungen.

2.10.3. Große und kleine Anomalien bei Behandlung mit klassischen Antiepileptika

Durch Antiepileptika erhöht sich vor allem das Risiko jener Organanomalien, die auch spontan am häufigsten vorkommen. Dazu gehören die folgenden Fehlbildungen (in Klammern: Häufigkeiten nach Exposition mit Antiepileptika; Schardein 2000):

  • Herzfehler (Häufigkeit etwa 1,8%),

  • Lippen- und Gaumen-Spalten (Häufigkeit etwa 1,7%),

  • Neuralrohrdefekte (bei Carbamazepin und Valproat, Häufigkeit 1–2%),

  • Harnwegsanomalien, insbesondere Hypospadien,

  • Skelettanomalien, z.B. Klumpfuβ, Hüftdysplasie,

  • Augenanomalien (Ptosis, Iriskolobom).

    Zu den kleinen Anomalien und Dysmorphien, dem so genannten „fetalen Antiepileptika-Syndrom”, gehören:

  • Mittelgesichtshypoplasie (kurze Nase, tief liegender, breiter Nasenrücken bzw. Hypertelorismus, Epikanthus, lange Oberlippe),

  • Auffälligkeiten der distalen Phalangen (kleine Nägel, kurze Fingerendglieder, fingerähnlicher Daumen),

  • Wachstumsrückstand,

  • Mikrozephalie (insbesondere bei Phenytoin und Kombinationstherapie),

  • mentale Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten sowie Hinweise auf autismusartige Symptome speziell bei Valproinsäure.

Die Diagnose der Dysmorphiezeichen ist nicht immer einfach, sie unterliegt subjektiven Bewertungsunterschieden und ist z.T. nur radiologisch nachweisbar (Harvey 2003, Lu 2000).

Gewöhnlich treten nur einige und nicht alle beschriebenen Fehlbildungen bzw. Dysmorphien auf.

2.10.4. Mentale Entwicklungsstörungen

Funktionsstörungen des ZNS kommen häufiger bei Kindern mit Mittel-gesichtshypoplasie vor; die Angaben bewegen sich im zweistelligen Prozentbereich. Moore und Mitarbeiter (2000) untersuchten 57 Kinder mit einem Antiepileptika-Syndrom und fanden bei etwa 80 % Verhaltensauffälligkeiten, Sprachentwicklungsstörungen, Lernstörungen und bei 60 % zwei oder mehr autistische Symptome. Im Vergleich der verschiedenen Antiepileptika finden sich diese Entwicklungsauffälligkeiten vor allem nach vorgeburtlicher Exposition mit Valproinsäure (Übersicht in Schmitz 2006, Adab et al., 2001, Adab et al., 2004).

2.10.5. Wie spezifisch wirken die einzelnen Antiepileptika?

Eine spezifische Zuordnung von Fehlbildungsmustern zu den einzelnen Antiepileptika ist, abgesehen von einigen Ausnahmen, nicht möglich (Morrow 2003). Es gibt Fehlbildungen, die typisch für Valproinsäure sind, wie z. B. Neuralrohrdefekte, insbesondere die lumbale Spina bifida sowie präaxiale Extremitätenfehlbildungen, die z.B. den Radiusstrahl betreffen. Unter dem Begriff Antiepileptika-Syndrom fasst man heute das Carbamazepin-, Phenytoin- und Barbiturat-Syndrom zusammen. Als Syndrom werden alle Symptome jenseits der großen Fehlbildungen verstanden, also Dysmorphien, Wachstumsretardierung, Mikrozephalie und mentale Funktionsstörungen. Die einzelnen Entwicklungsanomalien werden bei den jeweiligen Antiepileptika eingehender beschrieben.

Valproinsäure verursacht eine höhere Fehlbildungsrate als alle anderen Antiepileptika und eine Kombinationstherapie mit Valproinsäure wirkt stärker teratogen als die Monotherapie.

2.10.6. Teratogene „Mechanismen”

Es gibt verschiedene Erklärungsversuche für die teratogene Wirkung von Antiepileptika, die vor allem experimentell abgeleitet wurden. Demnach können mehrere „Mechanismen” die Teratogenität eines Arzneimittels begründen.

  • Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin können die Folsäureauf-nahme beeinträchtigen oder deren Metabolismus über eine Induktion des Cytochrom-P450-Enzymsystems verändern. Valproinsäure hemmt die Glutamat-Formyl-Transferase und beeinträchtigt darüber die Produktion von Folinsäure. Ggf. ist auch ein genetisch determinierter Mangel an Methylentetrahydrofolat-Reduktase relevant.

  • Valproinsäure hemmt die Genexpression des Enzyms Histon-Acety-lase (HDAC). Dieses Enzym ist an der Kontrolle der Nukleosomen-struktur beteiligt. Ein HDAC-Mangel führt zur Hyperacetylierung embryonaler Proteine besonders im Bereich des kaudalen Neural-rohrs und stellt damit einen Folsäure-unabhängigen Mechanismus der Entwicklung einer Spina bifida dar (Massa 2005).

  • Valproinsäure bewirkt Veränderungen an Wachstumsfaktorgenen, wie z.B. brain-derived growth factor (BDGF) und nerve growth factor (NGF) und den entsprechenden Rezeptoren.

  • Ein Mangel des mikrosomalen Enzyms Epoxidhydrolase bei der Mutter und beim Embryo führt u.a. bei Carbamazepin und Phenytoin zur Anhäufung teratogener Arenoxidmetabolite (Raymond 1995, Omtzigt 1993). Diese durch Cytochrom-P450-assoziierte Monooxygenase produzierten Arenoxide können nach Bindung an Makromoleküle die Zellfunktion stören und bis zum Zelltod führen (Wells 1997).

  • Phenytoin vermindert die mRNA-Expression mehrerer Wachstumsfaktoren (z.B. TGFbeta, NT3 und WNT1) (Musselman 1994).

  • Eine durch Phenytoin verursachte Hemmung des Kaliumkanals führt zu einer Hypoxie mit darauf folgender Reoxygenierung (Danielsson 1997).

  • Phenytoin hemmt die Genexpression von Retinsäurerezeptoren (Gelineau-van Waes 1999).

  • Valproinsäure setzt den intrazellulären pH z.B. in den Extremitätenknospen herab (zitiert in Dean 2002).

  • Klinische Beobachtungen von familiärer Häufung typischer Anomalien unter Antiepileptika und Ergebnisse von Gensequenzierungen sprechen dafür, dass eine genetische Disposition Voraussetzung für die teratogene Wirksamkeit eines potenziell schädigenden Arzneimittels ist. Ein Zusammenspiel äußerer (medikamentöser) und genetischer Faktoren wurde zuerst beim Antiepileptikum Phenytoin vor etwa 25 Jahren am Beispiel eines dizygoten Zwillingspaares erörtert: ein Zwilling war gesund, der andere zeigte die typischen Phenytoinauffälligkeiten trotz gleichen intrauterinen Milieus (Phelan 1982). Individuelle genetische Metabolisierungsmuster können auch die beobachteten Unterschiede bei einer dreieiigen Drillingsschwangerschaft erklären, die unter Phenytoin/Phenobarbital-Medikation ausgetragen wurde. Die drei Kinder zeigten verschieden ausgeprägte intrauterine Wachstumsretardierung, Mittelgesichts- und Endpha-langenhypoplasie. Ein Drilling wies zusätzlich eine Lippen-Gaumen-Spalte auf und ein anderer eine Kraniosynostose (Bustamante 1978).

2.10.7. Wirkt die Epilepsie teratogen?

Nach heutigem Kenntnisstand sind die beobachteten Fehlbildungen eher Folge der antiepileptischen Therapie als des Anfallsleidens selbst. Allerdings ist eine Klärung schwierig, weil nur bei leichteren Formen der Erkrankung auf eine Therapie verzichtet werden kann. Manche Autoren beobachteten höhere Fehlbildungsraten, wenn die Mütter während des 1. Trimenons Grand-mal-Anfälle hatten (Lindhout 1992). Mastroiacovo und Mitarbeiter (1998) ermittelten an einer sehr kleinen Kohorte ein signifikant erhöhtes Fehlbildungsrisiko bei nicht behandelter Epilepsie (4/31=13%). Die meisten anderen Untersuchungen fanden jedoch weder teratogene Effekte bei unbehandelter Epilepsie noch bei Grand-mal-Anfällen während der Schwangerschaft. Auch zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Dauer einer antiepileptischen Therapie vor der Schwangerschaft und dem Schwangerschaftsausgang (Dansky 1991). Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurden 3,5 % große Fehlbildungen bei 239 Schwangeren gefunden, deren Epilepsie nicht medikamentös behandelt wurde. Bei antiepileptischer Monotherapie wurden durchschnittlich 3,7% große Fehlbildungen errechnet. Bei Kombinationstherapie waren es 6,0% (Morrow 2006).

In einer Metaanalyse werteten Fried und Mitarbeiter (2004) 10 Studien aus, die 400 Schwangerschaften von Frauen mit unbehandelter Epilepsie umfassten. Sie konnten keinen teratogenen Effekt der Erkrankung selbst belegen, geben aber zu bedenken, dass die unbehan-delten Epilepsien wahrscheinlich leichtere Erkrankungen seien. Eine später von Artama und Mitarbeitern (2005) publizierte Untersuchung mit Daten des finnischen medizinischen Geburtsregisters fand mit 26 Fehlbildungen bei 939 Schwangerschaften ebenfalls eine unverdächtige Fehlbildungsrate von 2,8%. Holmes und Mitarbeiter (2000) haben 57 Kinder untersucht, deren Mütter eine Epilepsie in der Vorgeschichte angaben und die während der Schwangerschaft weder unter Krampfanfällen litten noch antiepileptisch behandelt wurden. Diese Kinder zeigten gegenüber einer Kontrollgruppe weder Einschränkungen der Intelligenzentwicklung noch die nach antikonvulsiver Behandlung in der Schwangerschaft gehäuft beschriebenen Dysmorphien des Gesichts oder der Finger. Adab und Mitarbeiter (2004) stellten hingegen einen niedrigen Sprach-IQ (< 79) signifikant häufiger fest, wenn während der Schwangerschaft - unabhängig von einer antikonvulsiven Therapie -mehr als 5 generalisiert tonisch-klonische Anfälle auftraten.

2.10.8. Folsäure und Antiepileptika

Eine Substitution mit Folsäure bei Therapie mit Folsäure-antagonisti-schen Antiepileptika in der Schwangerschaft wird verschiedentlich empfohlen, der Nachweis protektiver Wirksamkeit wurde bisher jedoch nicht erbracht (Hernandez-Diaz 2000). Da heute generell für alle Frauen mindestens bis Schwangerschaftswoche 9 eine Folsäureprophy-laxe empfohlen wird (siehe Kapitel 2.18 Vitamine), sollten selbstverständlich auch an Epilepsie erkrankte Frauen mit Kinderwunsch eine Folsäuresubstitution durchführen, und zwar mit einer Dosis von 5 mg/Tag, wie sie auch zur Minderung des Wiederholungsrisikos von Neural-rohrdefekten empfohlen wird. Dabei ist zu beachten, dass Folsäure den Arzneimittelmetabolismus der Hydroxylasen in der Leber anregt, so dass die Konzentrationen von Antiepileptika im Blut der Mutter erniedrigt sein können.

2.10.9. Vitamin K und Antiepileptika

Unabhängig von einer Medikation der Mutter weisen Neugeborene und insbesondere Frühgeborene einen Vitamin-K-Mangel auf, der zur Verhütung von Blutungskomplikationen unmittelbar nach Geburt durch Substitution behoben werden muss. Darüber hinaus gehören Carbama-zepin, Ethosuximid, Oxcarbazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Topir-amat, Vigabatrin und Zonisamid zu den Enzym induzierenden Arzneimitteln, die eine Verminderung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren induzieren können. Als indirekter Marker kann die Prothrom-binvorstufe PIVKA II (Protein induced by Vitamin K abscence of factor II) beim Neugeborenen erhöht sein.

Es wurde vielfach empfohlen, dass bei einer Therapie mit Vitamin-K-antagonisierenden Medikamenten die Mutter in den letzten vier Schwangerschaftswochen täglich Vitamin K1 (z.B. Konakion®) einnimmt, zunächst 10 mg am Tag und während der letzten beiden Wochen 20 mg. Die Wirksamkeit dieses Vorgehens ist umstritten (Hey 1999).

Kaaja und Mitarbeiter (2002) konnten keine höhere Rate an Blutungskomplikationen bei 667 Neugeborenen mit pränataler Antiepilep-tika-Medikation (davon 463 Carbamazepin, 212 Phenytoin, 44 Phenobarbital) gegenüber einer Kontrollgruppe mit 1.324 Kindern nicht erkrankter Mütter feststellen. Die Mütter hatten während der Schwangerschaft kein Vitamin K erhalten, alle Kinder jedoch nach Geburt 1 mg Vitamin K1i.m. In einer weiteren Untersuchung an etwa 200 Kindern von Müttern mit Antiepileptika-Therapie, die während der Schwangerschaft keine Vitamin-K-Prophylaxe durchgeführt hatten, wurde keine erhöhte Blutungsneigung bei den Neugeborenen festgestellt (Choulika 2004).

Vitamin K wird zwar oral ähnlich gut aufgenommen wie parenteral, aber unmittelbar nach der Geburt kann diese Verabreichungsform aufgrund der Situation im Kreissaal unzuverlässig sein, so dass eine intramuskuläre Applikation von 0,5–1 mg Vitamin K1 zu empfehlen ist. Diese soll vor allem zur Prävention von Spätblutungen (ab 2 Wochen) der oralen Verabreichung überlegen sein (American Academy of Pediatrics 2003). Wird die orale Prophylaxe gewählt, ist gewissenhaft darauf zu achten, dass das Neugeborene die Dosis auch tatsächlich herunterschluckt und in den ersten beiden Wochen alle 3 Tage eine zusätzliche orale Dosis erhält.

2.10.10. Die neueren Antiepileptika

Zu den neueren Antiepileptika zählen Felbamat, Gabapentin, Lamotri-gin, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Pregabalin, Tiagabin, Topiramat, Vigabatrin, Zonisamid. Sie wurden in den 90er Jahren zunächst als so genannte Add-on-Antiepileptika eingeführt als Zusatz zu klassischen Antiepileptika bei fokalen Epilepsien. Die Proteinbindung ist bei den neuen Antiepileptika meist niedriger als bei den klassischen Antiepileptika: Felbamat 30%, Gabapentin 0%, Lamotrigin 55%, Oxcarbazepin 40%, Tiagabin 96%, Topiramat 15%, Vigabatrin 0%, Zonisamid 40–50%. Die neuen Antiepileptika induzieren das Cytochrom-P450-Enzymsystem gar nicht oder, wie Oxcarbazepin und Topiramat, in geringerem Umfang und sie bilden keine potenziell teratogenen Arenoxid- bzw. Epoxidmetaboliten (Bruno 2002). Im Gegensatz zu den klassischen Antiepileptika besitzen sie keine nennenswerte Antifolatwir-kung und zeigen eine geringere Interaktion mit Sexualhormonen. Tierexperimentell haben Felbamat, Gabapentin und Lamotrigin bisher keine Hinweise auf Teratogenität erbracht, während alle klassischen Antiepileptika im Tierversuch teratogen wirken. Die mit Ausnahme von Lamotrigin noch recht spärlich vorliegenden klinischen Verlaufsbeobachtungen zur Schwangerschaft deuten bei Monotherapie nicht auf eine spezifische Teratogenität hin. Möglicherweise ist das terato-gene Risiko dieser Gruppe bei Monotherapie geringer als bei den klassischen Antiepileptika. Eine abschließende Beurteilung der neuen Antiepileptika ist jedoch noch nicht möglich.

2.10.11. Generelle Empfehlungen zur antiepileptischen Therapie in der Schwangerschaft

  • Keine Schwangere sollte ohne zwingenden Grund mit Antiepileptika behandelt werden. Dies gilt erst recht für die Antiepileptikatherapie bei neurologischen oder psychiatrischen Indikationen. Bei einer Frau, die über mehrere Jahre anfallsfrei ist, soll geprüft werden, ob die Medikation vor einer geplanten Schwangerschaft abgesetzt werden kann, denn nahezu 50% aller an Epilepsie Erkrankten können zu einem gegebenen Zeitpunkt auf die Medikation verzichten (Morrow 2003). Andererseits gibt es schwerste Verläufe von epileptischen und psychiatrischen Erkrankungen, bei denen nur die als teratogen erwiesenen klassischen Antiepileptika, wie z. B. Valproinsäure, wirksam sind.

  • Wurde unter einer antiepileptischen Therapie bereits ein Kind mit typischen Anomalien geboren, sollte vor der nächsten Schwangerschaft die Therapie auf andere Antiepileptika umgestellt werden, da aufgrund einer arzneimittelspezifischen, pharmakogenetischen Disposition von Mutter und Kind ein erhöhtes Wiederholungsrisiko besteht.

  • Auf Valproinsäure sollte bei Frauen im reproduktionsfähigen Alter verzichtet werden, wenn nicht begründete Ausnahmefälle, wie z. B. schwere Verlaufsformen, diese Therapie erforderlich machen.

  • Eine Monotherapie ist anzustreben, da die gleichzeitige Gabe mehrerer Antiepileptika zu einem deutlichen Anstieg des embryotoxischen Risikos führen kann (Wide 2004, Kaneko 1999, Samrén 1999).

  • Insbesondere während der Organogenese sollte die Arzneimitteldosis so niedrig wie möglich gehalten und auf 2–4 Einzeldosen pro Tag verteilt werden. Konzentrationsbestimmungen des freien, nicht an Protein gebundenen Wirkstoffes im mütterlichen Blut sollten einmal in jedem Trimenon durchgeführt werden, ggf. auch öfter. Vor allem bei Lamotrigin und Oxcarbazepin machen Clearancesteigerungen während der Schwangerschaft eine Dosiserhöhung erforderlich.

  • Eine an Epilepsie erkrankte Frau muss darüber aufgeklärt werden, dass das Risiko für große Fehlbildungen unter einer antiepileptischen Medikation durchschnittlich um das 2- bis 3fache erhöht ist.

  • Eine stabile medikamentöse Einstellung sollte während der Schwangerschaft nicht überstürzt abgesetzt oder umgestellt werden.

  • Weder eine Monotherapie noch eine Kombinationstherapie mit mehreren Antiepileptika oder die Epilepsie selbst stellen per se eine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dar.

  • Jeder Schwangeren, die Antiepileptika erhält und jeder schwangeren Frau mit Epilepsie, ob behandelt oder nicht, sollte eine erweiterte vorgeburtliche Diagnostik angeboten werden. Hierzu gehört eine hoch auflösende Ultraschalluntersuchung durch einen erfahrenen Untersucher.

Klassische Antiepileptika

2.10.12. Carbamazepin

Pharmakologie.

Carbamazepin (z.B. Tegretal®, Timonil®) weist strukturelle Ähnlichkeit mit den trizyklischen Antidepressiva auf und wird bei Grand-mal-Epilepsie, fokalen und komplex-fokalen Anfällen, als Pha-senprophylaktikum bzw. Affektstabilisator und bei Trigeminusneuralgie eingesetzt. Die antikonvulsive Wirkung von Carbamazepin ist ähnlich wie bei anderen Antiepileptika über eine membranstabilisierende Wirkung zu erklären.

Carbamazepin wird nach oraler Gabe gut resorbiert, weist eine hohe Proteinbindung auf und besitzt eine Plasmahalbwertszeit von 1–2 Tagen. Carbamazepin erreicht im Fetus 50–80 % der mütterlichen Konzentration. Während der Schwangerschaft bleiben die Konzentrationen von proteingebundenem und freiem Wirkstoff relativ stabil.

Orale Kontrazeptiva können durch die ausgeprägte Cytochrom-P450-Enzyminduktion ihre Wirksamkeit verlieren (siehe Kapitel 2.10.1).

Typische Fehlbildungen.

Carbamazepin wirkt wie die anderen klassischen Antiepileptika nicht nur im Tierversuch, sondern auch beim Menschen teratogen. Ein spezifisches Carbamazepin-Syndrom wurde Ende der 80er-Jahre postuliert, das Epikanthus, antimongoloide Lidachse, kurze Nase, langes Philtrum, Hypoplasie der Endphalangen, Mikrozephalie und Entwicklungsretardierung umfasste (Jones 1989). Andere Untersucher konnten die Spezifität dieser Auffälligkeiten nicht bestätigen oder fanden keine Häufung von Hypoplasien der distalen Phalangen. Fehlbildungen, die im Zusammenhang mit Carbamazepin vermehrt beschrieben wurden, betreffen Herz und Extremitäten, Hüftanomalien, Inguinalher-nien, Gaumenspalten und Hypospadien (Ornoy 1996). Sie ähneln den Wirkungen von Phenytoin und Phenobarbital; siehe auch Kapitel 2.10.3 und 2.10.5. Typisch für Carbamazepin ist wie bei Valproinsäure das Risiko für Neuralrohrdefekte. Insbesondere die Meningomyelozele (Spina bifida) im Lumbalbereich tritt unter Carbamazepin etwa 10-mal häufiger auf, d.h. bei etwa einem von 100 exponierten Feten (Källén 1994).

Häufigkeit großer Fehlbildungen.

Nach einer Metaanalyse an 1.255 exponierten Schwangeren verdoppelt Carbamazepin die Rate großer Fehlbildungen von etwa 2 auf 4–5 % (Matalon 2002). Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurden unter Monotherapie mit Carbamazepin nur 2,2% große Fehlbildungen bei 900 Schwangerschaften gefunden (Morrow 2006). Die Vollständigkeit der Datenerhebung ist in solchen Registern allerdings kritisch zu werten. Auch bei den über 900 vorwiegend mit Carbamazepin-Monotherapie behandelten Schwangeren einer finnischen Studie (Artama 2005) fand sich kein signifikant erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen.

Kaaja und Mitarbeiter (2003) verglichen 740 pränatal mit Antiepilep-tika exponierte Kinder mit 239 anderen, deren Mütter zwar in der Vorgeschichte eine Epilepsie aufwiesen, in der Schwangerschaft aber nicht behandelt wurden. Ein signifikant erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen fand sich nur bei einer Kombinationstherapie mit Carbamaze-pin, nicht jedoch bei Monotherapie.

Studienergebnisse zu anderen Entwicklungsanomalien.

Holmes und Mitarbeiter (2001) untersuchten mit einem dysmorphologisch geschulten Kinderarzt 316 Neugeborene antiepileptisch behandelter Mütter auf das Vorhandensein von mindestens einem der folgenden Merkmale: große Fehlbildungen, Mikrozephalie, Wachstumsretardierung, Mittel-gesichtshypoplasie und Fingerhypoplasie. Die Ergebnisse wurden mit zwei Kontrollgruppen verglichen: 98 Kinder, deren Mütter eine Epilepsie in der Vorgeschichte aufwiesen, aber während der Schwangerschaft nicht behandelt worden waren, und 508 Kinder gesunder Mütter. Signifikant erhöht war die Rate der Anomalien nach einer Kombinationstherapie mit mehr als einem Antiepileptikum. Nach einer Monotherapie mit Carbamazepin war das Ergebnis mit 8/58 = 14% nicht signifikant auffällig.

Dean und Mitarbeiter (2002) haben 149 pränatal exponierte Kinder mit 38 (älteren) Geschwistern dieser Kinder verglichen, bei denen die Mütter (noch) keine Antiepileptika genommen hatten. Bei einer Monotherapie mit Carbamazepin ergab sich ein höheres, jedoch statistisch nicht signifikantes Risiko für große Fehlbildungen (11% versus 5%). Die Häufigkeit von Gesichtsdysmorphien bei Carbamazepin lag jedoch mit 60% gegenüber 25% signifikant über der nicht exponierten Geschwistergruppe. Es ergaben sich ebenfalls signifikante Effekte für eine postnatale Entwicklungsverzögerung (22% versus 11%) und für Verhaltensauffälligkeiten sowie für andere Anomalien in der späteren Kindheit (Sehstörungen, Otitis media, Gelenkprobleme). Die Ergebnisse dieser Studie sind u.a. aufgrund der kleinen Fallzahlen und einiger methodischer Aspekte vorsichtig zu bewerten, andererseits gibt der hohe Anteil auffälliger Kinder zu denken. Ornoy (1996) ermittelte eine Beeinträchtigung der kognitiven Entwicklung und zwar besonders bei Kindern, die auch Gesichtsdysmorphien aufweisen. Demgegenüber haben Gaily und Mitarbeiter (2004) bei 86 Kindern nach Monotherapie mit Carbamazepin keine Beeinträchtigung des verbalen und nonverbalen IQ im Vergleich zu einer nicht exponierten Kontrollgruppe gefunden.

Als weiteren Effekt fanden Diav-Citrin und Mitarbeiter (2001) ein um 250 g reduziertes Geburtsgewicht bei der Auswertung von 210 exponierten Schwangeren. Ein Fallbericht beschreibt einen Jungen, der nach Geburt 5 Wochen lang Symptome einer cholestatischen Hepatitis zeigte, und dessen Mutter eine Monotherapie mit Carbamazepin während der gesamten Schwangerschaft und in der Stillzeit erhielt (Frey 2002 ). Zum Vitamin-K-Mangel beim Neugeborenen siehe Kapitel 2.10.9.

Empfehlung für die Praxis:

Die Ergebnisse zum Fehlbildungsrisiko bei Carba-mazepin sind widersprüchlich insofern, dass in mehreren Studien keine signifikant erhöhten Häufigkeiten gegenüber Kontrollgruppen gefunden wurden. Das darf aber nicht über die deutlich erhöhten Risiken spezieller Anomalien, wie z.B. Spina bifida, hinweg täuschen und zur Schlussfolgerung fehlender Teratogenität führen. Zusammenfassend liegt das Risiko für Fehlbildungen bei Monotherapie nicht höher als das Zweifache der Spontaninzidenz. Auswirkungen auf die mentale Entwicklung sind nicht auszuschließen.

Bei behandlungspflichtiger Epilepsie und stabiler Einstellung mit Carbamazepin kann unter Beachtung der genannten Risiken die Therapie in der Schwangerschaft fortgesetzt werden. Eine Monotherapie ist anzustreben. Die Arzneimittelkonzentration muss regelmäßig kontrolliert werden. Die tägliche Dosis sollte so gering wie therapeutisch verantwortbar eingestellt werden. Außerdem sind Leber- und Nierenfunktion sowie hämatologische Parameter bei der Schwangeren zu überwachen. Bei Behandlung bis zur Geburt sind Auswirkungen auf das Neugeborene möglich, es muss deshalb auf klinische Symptome in den ersten Lebenstagen geachtet werden. Eine Carbamazepin-Therapie im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Als zusätzliche Vorsorge sollte aber ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Zur erweiterten Folsäureprophylaxe bei Planung einer Schwangerschaft und zur Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen siehe Kapitel 2.10.9. Bei psychiatrischen und anderen nicht epileptischen Indikationen sind Alternativen zu Carbamazepin zu suchen.

2.10.13. Clobazam und Clonazepam

Pharmakologie und Toxikologie.

Clobazam (Frisium®) und Clonazepam (z. B. Rivotril®) sind Benzodiazepine, die beide als Antiepileptika zugelassen sind, Clobazam auch als Anxiolytikum. Zu Clobazam liegen kaum Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft vor. Daher muss auf die mit anderen Benzodiazepinen gemachten Erfahrungen verwiesen werden (siehe auch Kapitel 2.11.16). In einer Metaanalyse zeigten die gesammelten Daten von Kohortenstudien zu einer Benzodiazepin-therapie in der Schwangerschaft keine Auffälligkeiten. Die Analyse aller Daten aus retrospektiven Fall-Kontroll-Studien erbrachte hingegen eine erhöhte Rate an großen Fehlbildungen und speziell an isolierten Mundspaltbildungen nach einer Behandlung der Mütter mit Benzodiazepinen (Dolovich 1998).

Speziell zu Clonazepam liegen Erfahrungen mit mehr als 175 Schwangeren vorwiegend im 1. Trimenon vor (Lin 2004, Vajda 2003, Weinstock 2001, Ornoy 1998). Die beobachteten Anomalien, wie z.B. Fallot-Tetralogie, Mikrozephalie und Dysmorphiezeichen ergeben weder ein typisches Muster noch ist ihre Häufigkeit Besorgnis erregend. Eine von anderen Autoren nicht bestätigte Beobachtung beschreibt einen Mekoniumileus im 3. Trimenon unter Langzeitbehandlung mit Clonazepam (Haeusler 1995). Die Symptomatik besserte sich kurz nach Geburt. Aus den vorliegenden Daten ist kein nennenswertes tera-togenes Potenzial erkennbar. Neonatal muss mit den gleichen Anpassungsstörungen gerechnet werden wie bei Diazepam, wenn langfristig und bis zur Geburt behandelt wird. Einerseits ist eine Atemdepression beim Neugeborenen möglich, andererseits kann nach andauernder Exposition eine Entzugssymptomatik mit Unruhe, Tremor, Muskelhypertonus, Erbrechen und Durchfall auftreten. Auch Krampfanfälle in der Neonatalphase sind möglich sowie ein Wochen bis Monate anhaltendes „Floppy-infant-Syndrom” mit Muskelschlaffheit, Lethargie, Temperaturregulationsstörungen und Trinkschwäche.

Empfehlung für die Praxis:

Sollte eine Indikation für Clobazam oder Clonazepam vorliegen, darf auch im 1. Trimenon behandelt werden. Bei einer länger-fristigen Therapie, insbesondere im letzten Trimenon, sollte das Neugeborene zumindest zwei Tage auf mögliche Symptome hin beobachtet werden. Das Gleiche gilt für die hoch dosierte Applikation unter der Geburt, die eine Atemdepression verursachen kann. Eine Exposition mit Clobazam oder Clonazepam rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15).

2.10.14. Ethosuximid und andere Succinimide

Pharmakologie.

Ethosuximid (z.B. Petnidan®, Suxilep®) ist ausschlie;ßlich bei Abscencen wirksam. Es erreicht 3–4 Stunden nach oraler Gabe maximale Konzentrationen im Blut. Es liegt nur zu einem geringen Anteil an Plasmaproteine gebunden vor. Zur Therapie von Petit-mal-Anfällen sind Plasmakonzentrationen von 40–100 μg/ml erforderlich.

Toxikologie.

Es gibt nur wenige Berichte über die Therapie mit Ethosuximid in der Schwangerschaft. Typische Fehlbildungsmuster wurden bei den Kindern von 57 behandelten Frauen nicht beobachtet (Lindhout 1992). Eine andere Fallsammlung mit 18 im 1. Trimenon exponierten Schwangeren ergab keinen Anhalt für Fehlbildungen (Rosa, zitiert in Briggs 2005). Auch wenn die vorliegenden Berichte für eine differenzierte Risikobewertung nicht ausreichen, scheint kein erhebliches tera-togenes Potenzial vorzuliegen. Über eine erhöhte neonatale Blutungsbereitschaft durch einen Vitamin-K-Antagonismus wurde berichtet (siehe Kapitel 2.10.9).

Zu den anderen Succinimiden Mesuximid (Petinutin®) und Phen-succimid liegen keine für eine Beurteilung ausreichenden Erfahrungen vor.

Empfehlung für die Praxis:

Falls Ethosuximid bei Petit-mal-Anfällen indiziert ist, kann es auch in der Schwangerschaft weiter genommen werden. Mesuximid und Phensuccimid sind weniger gut untersucht und deshalb nicht zu empfehlen. Eine Monotherapie ist anzustreben. Die Arzneimittelkonzentration muss regelmä;ßig kontrolliert werden. Die tägliche Dosis sollte so gering wie therapeutisch verantwortbar eingestellt werden. Bei Behandlung bis zur Geburt sind Auswirkungen auf das Neugeborene möglich. Es muss deshalb auf klinische Symptome in den ersten Lebenstagen geachtet werden. Als zusätzliche Vorsorge sollte ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Zur erweiterten Folsäurepro-phylaxe bei Planung einer Schwangerschaft und zur Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen siehe Kapitel 2.10.9.

2.10.15. Phenobarbital und Primidon

Pharmakologie.

Von den Barbituraten werden vor allem Phenobarbital (z.B. Luminal®) und Primidon (z.B. Liskantin®, Mylepsinum®) als Antiepileptika eingesetzt. Primidon wird zu den antikonvulsiv wirksamen Metaboliten Phenobarbital und Phenylethylmalonamid umgebaut. Barbexaclon ist eine Verbindung von Phenobarbital und Levopropyl-hexedrin, einem Psychostimulans, das gegen Sedierung wirksam sein soll.

Phenobarbital und Primidon haben sich bei fokaler Epilepsie und bei Grand-mal-Anfällen bewährt. Phenobarbital wird schon seit 100 Jahren als Sedativum und Antikonvulsivum eingesetzt (Hauptmann 1912). In der Schwangerschaft liegen langjährige Erfahrungen mit dieser Therapie vor. Phenobarbital wird nach oraler Gabe gut resorbiert. Im Blut wird es zu 50 % an Protein gebunden. Im Verlauf der Schwangerschaft sinkt der freie, nicht an Protein gebundene Wirkstoffanteil deutlich. Etwa 25 % werden unverändert über die Nieren ausgeschieden und 75 % nach Oxidation und Metabolisierung. Die Halbwertszeit beträgt 2–6 Tage. Zur Beeinträchtigung oraler Kontrazeptiva siehe Kapitel 2.10.1. Phenobarbital erreicht den Fetus rasch und führt besonders in der Perinatalphase zu einer Aktivitätssteigerung der fetalen Leberenzyme. Das gilt auch für die glucuronidierenden Enzyme, die für die Ausscheidung des Bilirubins verantwortlich sind.

Typische Fehlbildungen.

Heinonen (1977) fand bei 1.415 Schwangeren, die im 1. Trimenon mit Phenobarbital behandelt wurden, keine Hinweise auf Teratogenität. Bei anderen Barbituraten ermittelte er jedoch ein leicht erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Fehlbildungen. Jones und Mitarbeiter (1992) diagnostizierten bei 7 von 46 pränatal exponierten Neugeborenen Gesichtsdysmorphien, die auch von anderen Antiepileptika bekannt sind, z.B. Epikanthus, Hypertelorismus, flache Nasenwurzel und aufwärts gerichtete Nasenspitze. Elf dieser Kinder wiesen hypoplastische Fingernägel auf und 3 von 16 Entwicklungsver- zögerungen. Bereits in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden intrauterine und postnatale Wachstumsretardierung bei Behandlung mit Phenobarbital in der Schwangerschaft beschrieben. Im Gegensatz zur langfristigen antiepileptischen Anwendung sind Einzeldosen von Barbituraten (auch anderen als Phenobarbital) in (nicht mehr empfohlenen) Schmerzmitteln oder im Rahmen einer Narkose wahrscheinlich nicht teratogen.

Häufigkeit gro;ßer Fehlbildungen.

Samren und Mitarbeiter (1999) fanden bei Monotherapie mit Phenobarbital mit 3% (5/172) und Primidon mit 1% (1/151) keine erhöhten Fehlbildungsraten. In zwei weiteren Studien wurden unter Monotherapie 5% Fehlbildungen beobachtet (Canger 1999, Kaneko 1999). Holmes und Mitarbeiter (2004) haben im amerikanischen Register für Antiepileptika und Schwangerschaft bei 77 ausschließlich mit Phenobarbital behandelten Schwangeren 5 große Fehlbildungen (6,5%) ermittelt und gegenüber einer gesunden Kontrollgruppe ein 4fach erhöhtes Risiko errechnet. Die Autoren thematisieren einen häufig vernachlässigten Aspekt, dass es zum preiswerten Antiepileptikum Phenobarbital in armen Ländern keine Alternativen gibt und unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Teratogenität in Kauf genommen werden müssen oder keine Beachtung finden. Einige Untersucher betonen, dass Coffein in Kombinationspräparaten mit Phenobarbital das Fehlbildungsrisiko zusätzlich erhöht (Samrén 1999).

Studienergebnisse zu anderen Entwicklungsanomalien.

Holmes und Mitarbeiter (2001) untersuchten mit einem dysmorphologisch geschulten Kinderarzt 316 Neugeborene antiepileptisch behandelter Mütter auf das Vorhandensein von mindestens einem der folgenden Merkmale: große Fehlbildungen, Mikrozephalie, Wachstumsretardierung, Mittel-gesichtshypoplasie und Fingerhypoplasie. Die Ergebnisse wurden mit zwei Kontrollgruppen verglichen: 98 Kinder, deren Mütter eine Epilepsie in der Vorgeschichte aufwiesen, aber während der Schwangerschaft nicht behandelt worden waren, und 508 Kinder gesunder Mütter. Ein mit 27% (17 von 64) signifikant erhöhter Anteil der Kinder, deren Mütter eine Monotherapie mit Phenobarbital hatten, wies zumindest eine der genannten Entwicklungsanomalien auf. Dean und Mitarbeiter (2002) haben 149 pränatal exponierte Kinder mit 38 (älteren) Geschwistern verglichen, bei denen die Mütter keine Antiepileptika in der Schwangerschaft genommen hatten. Bei einer Monotherapie mit Phenobarbital ergab sich eine erhöhte, aber statistisch nicht signifikante Rate gro;ßer Fehlbildungen (10% versus 5%). Gesichtsdysmor-phien und Entwicklungsretardierung waren mit 21 und 10% nicht häufiger als in der unbehandelten Kontrollgruppe.

Entzugssymptome traten bei Neugeborenen auf, wenn die Mütter in den letzten Monaten der Schwangerschaft täglich 60–300 mg Phenobar-bital eingenommen hatten. Hyperirritabilität und Tremor können sich verzögert erst 3–14 Tage nach Geburt entwickeln.

Auch eine Störung des Steroid-, Vitamin-D- und Vitamin-K-Metabo-lismus durch Phenobarbital wurde erörtert mit daraus resultierender Hypocalcämie sowie Gerinnungsstörung und Blutungsneigung beim Neugeborenen (siehe auch Kapitel 2.10.9). Der Vergleich einer Pheno-barbitalbehandlung gegenüber Plazebo im Rahmen einer Studie an 436 Kindern, erbrachte weder Vor- noch Nachteile für intrakranielle Blutungen und den neurologischen Entwicklungsstatus im Alter von 18–22 Monaten (Shankaran 2002).

Zahlreiche Kasuistiken und die Ergebnisse epidemiologischer Arbeiten (Adams 2004, van der Pol 1991) sprechen dafür, dass nach antikonvulsiver Therapie mit Phenobarbital häufiger als in gesunden Kontrollgruppen mentale Entwicklungsverzögerungen, insbesondere im Bereich der Sprachentwicklung auftreten. Koch und Mitarbeiter (1999) haben 116 Kinder im Alter von 11 bis 18 Jahren nachuntersucht. Sie ermittelten einen signifikant geringeren Intelligenzquotienten, wenn während der Schwangerschaft mit einer Kombinationstherapie aus Primidon und Phenytoin behandelt wurde. Der IQ korrelierte negativ mit der Primidondosis. Das Ergebnis war unabhängig vom sozioökonomi-schen Status. Ein Einfluss des mütterlichen IQ kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Empfehlung für die Praxis:

Zusammenfassend liegt das Risiko für Fehlbildungen bei einer antiepileptischen Monotherapie mit Phenobarbital nicht höher als das Zweifache der Spontaninzidenz. Auswirkungen auf die mentale Entwicklung sind nicht auszuschlie;ßen. Primidon ist wahrscheinlich analog zu Phenobarbital zu bewerten. Bei behandlungspflichtiger Epilepsie und stabiler Einstellung mit Phenobarbital oder Primidon kann unter Beachtung der genannten Risiken die Therapie in der Schwangerschaft fortgesetzt werden. Eine Monotherapie ist anzustreben. Die Arzneimittelkonzentration muss regelmäßig kontrolliert werden. Die tägliche Dosis sollte so gering wie therapeutisch verantwortbar eingestellt werden. Bei Behandlung bis zur Geburt sind Auswirkungen auf das Neugeborene möglich. Es muss deshalb auf klinische Symptome in den ersten Lebenstagen geachtet werden. Nach hoch dosierter Applikation unter der Geburt kann es beim Neugeborenen zur Atemdepression kommen. Eine Barbiturattherapie im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Als zusätzliche Vorsorge sollte aber ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Zur erweiterten Folsäureprophylaxe bei Planung einer Schwangerschaft und zur Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen siehe Kapitel 2.10.9.

2.10.16. Phenytoin

Pharmakologie.

Phenytoin (z.B. Phenhydan®, Zentropil®, Epanutin®) und Mephenytoin gehören zu den Hydantoinderivaten, die bereits 1938 in die antiepileptische Therapie eingeführt wurden. Sie haben aus- geprägte krampfhemmende Wirkung und sind bei Grand-mal-Anfällen, fokaler Epilepsie und auch beim Status epilepticus wirksam, ohne dabei ausgeprägt sedativ-hypnotische Eigenschaften zu entfalten. Auch bei der Eklampsie wurde Phenytoin gelegentlich eingesetzt (Friedman 1993). Phenytoin wird durch Hydroxylierung in der Leber inaktiviert, der Hauptmetabolit wird über die Nieren ausgeschieden. Die Halbwertszeit von Phenytoin schwankt zwischen 20 und 50 Stunden. Phe-nytoin reichert sich im Fettgewebe an. Die Plasmakonzentration ist während der Schwangerschaft vermindert. Im letzten Drittel wird dies teilweise dadurch kompensiert, dass der nicht an Plasmaproteine gebundene Anteil ansteigt. Die verminderte Plasmakonzentration wird auch als Ursache für eine erhöhte Anfallsbereitschaft während der Schwangerschaft angesehen. Falls erforderlich sollte der freie Pheny-toinanteil im Blut bestimmt werden. Eine Beeinträchtigung der Wirkung oraler Kontrazeptiva wird im Abschnitt 2.10.1 erörtert.

Typische Fehlbildungen.

Das teratogene Potenzial von Phenytoin ist seit 1964 bekannt (Janz 1964) und gilt als erwiesen, auch wenn dies nicht in allen Studien bestätigt werden konnte (Samrén 1999). Im Vordergrund stehen Herzfehlbildungen, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten und urogenitale Fehlbildungen. Ursprünglich wurden diese Anomalien als „fetales Hydantoin-Syndrom” bezeichnet (siehe Kapitel 2.10.3 und 2.10.5).

Häufigkeit gro;ßer Fehlbildungen.

Kaaja und Mitarbeiter (2003) fanden in einer Studie mit pränatal exponierten Kindern gegenüber einer Kontrollgruppe, deren Mütter nicht behandelt wurden, aber eine Epilepsie in der Vorgeschichte aufwiesen, bei Phenytoin eine mit 2% (3/124) nicht signifikant erhöhte Fehlbildungsrate. Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurden unter Monotherapie mit Phenytoin 3,7% gro;ße Fehlbildungen bei 82 Schwangerschaften gefunden (Morrow 2006). Die Vollständigkeit der Datenerhebung ist in solchen Registern allerdings kritisch zu werten.

Studienergebnisse zu anderen Entwicklungsanomalien.

Dean und Mitarbeiter (2002) haben 149 pränatal exponierte Kinder mit 38 (älteren) Geschwistern verglichen, bei denen die Mütter keine Antiepileptika genommen hatten. Bei Monotherapie mit Phenytoin ergab sich eine erhöhte Fehlbildungsrate (16% versus 5%), Dysmorphiezeichen des Gesichts waren mit 52% gegenüber 25% ebenfalls häufiger, aber nur der Unterschied bei der postnatalen Entwicklungsverzögerung (33% versus 11%) war statistisch signifikant. Die Ergebnisse dieser Studie sind u.a. aufgrund der kleinen Fallzahlen vorsichtig zu bewerten. Andererseits gibt der hohe Anteil auffälliger Kinder zu denken.

Holmes und Mitarbeiter (2001) untersuchten mit einem dysmorpho-logisch geschulten Kinderarzt 316 Neugeborene antiepileptisch behandelter Mütter auf das Vorhandensein von mindestens einem der folgenden Merkmale: gro;ße Fehlbildungen, Mikrozephalie, Wachstumsretar- dierung, Mittelgesichtshypoplasie und Fingerhypoplasie. Die Ergebnisse wurden mit zwei Kontrollgruppen verglichen: 98 Kinder, deren Mütter eine Epilepsie in der Vorgeschichte aufwiesen, aber während der Schwangerschaft nicht behandelt worden waren, und 508 Kinder gesunder Mütter. Ein mit 21% (18 von 87) signifikant erhöhter Anteil der Kinder, deren Mütter eine Monotherapie mit Phenytoin hatten, wies zumindest eine der genannten Entwicklungsanomalien auf.

Einschränkungen der kognitiven Entwicklung wurden unter Pheny-tointherapie gehäuft beobachtet (Scolnik 1994, Vanoverloop 1992, Hättig 1987). Eine Gesichtsdysmorphie kann auf ein erhöhtes Risiko mentaler Entwicklungseinschränkungen hinweisen (Orup 2000). Koch und Mitarbeiter (1999) haben 116 Kinder im Alter von 11 bis 18 Jahren nachuntersucht und einen signifikant geringeren IQ ermittelt, wenn während der Schwangerschaft mit einer Kombinationstherapie aus Phenytoin und Primidon behandelt wurde. Das Ergebnis war unabhängig vom sozioökonomischen Status, ein Einfluss des mütterlichen IQ ist jedoch nicht auszuschließen. Ein Bericht diskutiert bei pränatal mit Phenytoin exponierten Kindern Konflikte bei der späteren geschlechtsspezifischen Identitätsentwicklung (Dessens 1999).

Bei Neugeborenen kann es nach Phenytoinexposition zu Gerinnungsstörungen durch Vitamin-K-Mangel kommen (siehe Kapitel 2.10.9).

Einige Veröffentlichungen beschäftigten sich mit dem möglichen Risiko der transplazentaren Karzinogenese durch Phenytoin. Zwölf pränatal exponierte Kinder mit neuroektodermalen Tumoren wurden beschrieben, sechs davon hatten Neuroblastome (Übersicht in Briggs 2005). Die Fallzahlen sind zu klein, um einen kausalen Zusammenhang zu belegen.

Empfehlung für die Praxis:

Zusammenfassend liegt das Risiko für Fehlbildungen bei einer antiepileptischen Monotherapie mit Phenytoin nicht höher als das Zweifache der Spontaninzidenz. Auswirkungen auf die mentale Entwicklung sind nicht auszuschlie;ßen.

Bei behandlungspflichtiger Epilepsie und stabiler Einstellung mit Phenytoin kann unter Beachtung der genannten Risiken die Therapie in der Schwangerschaft fortgesetzt werden. Eine Monotherapie ist anzustreben. Die Arzneimittelkonzentration muss regelmäßig kontrolliert werden. Die tägliche Dosis sollte so gering wie therapeutisch verantwortbar eingestellt werden. Bei Behandlung bis zur Geburt sind Auswirkungen auf das Neugeborene möglich. Es muss deshalb auf klinische Symptome in den ersten Lebenstagen geachtet werden. Eine Phe-nytointherapie im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1). Als zusätzliche Vorsorge sollte aber ein hoch auflösender Ultraschall angeboten werden. Zur erweiterten Folsäureprophylaxe bei Planung einer Schwangerschaft und zur Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen siehe Kapitel 2.10.9.

2.10.17. Sultiam

Pharmakologie und Toxikologie.

Sultiam (Ospolot®) wird vorwiegend im Kindesalter bis zur Pubertät bei fokaler Epilepsie eingesetzt. Eine über 30 Jahre alte Fallsammlung beschreibt 11 Schwangere, von denen 3 eine Fehlgeburt erlitten. Über Fehlbildungen wurde nicht berichtet. Für eine Risikobewertung in der Schwangerschaft reichen diese Daten nicht aus.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Sultiamexposition im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1). Wie bei anderen Antiepileptika, insbesondere bei Kombinationstherapie, muss jedoch mit einem erhöhten Fehlbildungsrisiko gerechnet werden. Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.10.18. Valproinsäure

Pharmakologie.

Unter den klassischen Antiepileptika ist Valproinsäure (Valproatnatrium, 2-Propylpentansäure; z.B. Convulex®, Ergenyl®, Orfiril®) ein vergleichsweise neues Mittel, das bei verschiedenen Formen der Epilepsie wirksam ist (seine antikonvulsiven Eigenschaften wurden 1963 entdeckt). Es wird diskutiert, dass die therapeutische Wirkung durch eine Erhöhung der Konzentration der hemmenden Überträgersubstanz Gammaaminobuttersäure (GABA) vermittelt wird. Inzwischen wird Valproinsäure (VPA) auch bei anderen neurologischen und psychiatrischen Indikationen eingesetzt, z. B. als Phasenpro-phylaktikum bzw. Affektstabilisator bei bipolaren Erkrankungen.

VPA wird nach oraler Gabe gut resorbiert und liegt im Plasma zu 95 % an Eiwei;ß gebunden vor. Die Lipophilie erklärt, dass VPA die Blut-Hirn-Schranke und die Plazenta leicht überwindet.

Gegen Ende der Schwangerschaft wird VPA in stärkerem Umfang in der Leber metabolisiert, gleichzeitig nimmt der ungebundene Anteil im Plasma zu. Beide Effekte können sich aufheben, so dass die verfügbare aktive Substanz in etwa gleich bleibt (Nau 1981).

Die Konzentration im Nabelvenenblut ist bei Geburt mit dem 1,4–2,4fachen deutlich höher als im mütterlichen Plasma (Nau 1981). Neugeborene scheiden VPA aufgrund der noch nicht ausgereiften Leberenzyme verzögert aus. Die Halbwertszeit kann von 8–15 auf 15–60 Stunden verlängert sein. VPA verstärkt möglicherweise Zyklusunregelmä;ßigkeiten und wird im Zusammenhang mit dem polycysti-schen Ovar-Syndrom (PCOS) diskutiert, das mit einer herabgesetzten Fertilität und einem erhöhtem Testosteronspiegel einhergeht (Isojärvi 1993). Eine nennenswerte Beeinträchtigung oraler Kontrazeptiva durch Enzyminduktion ist nicht bekannt.

Typische Fehlbildungen.

Ein Valproinsäure-Syndrom wurde in den 80er Jahren definiert, das dysmorphe Entwicklungen an Augenlidern, Nase und Mund umfasste, wie z.B. Epikanthus, flache Nasenwurzel, flaches Philtrum sowie schmale sich überkreuzende Finger und Zehen und hyperkonvexe Nägel (Kozma 2001). Au;ßerdem wurde über eine als Tri-gonozephalie imponierende Auffälligkeit der Schädelform berichtet. Weitere Fallberichte beschreiben verschiedene präaxiale Extremitätenanomalien (Rodriguez-Pinella 2000, Sharony 1993, Robert 1992), z.B. doppelter oder fehlender Daumen, Aplasie des Radiusstrahls sowie Rippen- und Wirbelsäulenanomalien, Herzfehlbildungen, Hypospadie, Porenzephalie und andere Hirnanomalien (Arpino 2000). Typisch für VPA ist vor allem das 20fach erhöhte Risiko für Spina bifida und andere Neuralrohrdefekte, wenn die Mutter zwischen dem 17. und 28. Tag nach Konzeption behandelt wurde (Dansky 1991, Robert 1982), d.h. etwa 1–2% der exponierten Kinder sind betroffen.

Häufigkeit gro;ßer Fehlbildungen.

Bei Monotherapie mit VPA ist das Gesamtfehlbildungsrisiko um das 2- bis mehr als 4fache höher als das Basisrisiko für unbehandelte, nicht an Epilepsie erkrankte Schwangere und es ist ebenfalls höher als bei Monotherapie mit allen anderen Anti-epileptika (Alsdorf 2004). Wide und Mitarbeiter (2004) bestätigten das in einer Studie des schwedischen Geburtsregisters mit Daten von 1.398 Schwangeren, die mit Antiepileptika behandelt wurden, davon 310 mit VPA. Auch Artama und Mitarbeiter (2005) kamen anhand von 263 mit Monotherapie behandelten Schwangeren aus dem finnischen Geburtsregister zu vergleichbaren Ergebnissen, die sich wiederum von allen anderen Antiepileptika deutlich abhoben.

Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurden bei 715 Schwangerschaften nach VPA-Monotherapie 6,2% gro;ße Fehlbildungen gefunden. Die Durchschnittsrate für alle Antiepileptika (Monotherapie) in diesem Register betrug 3,7% (Morrow 2006). Im Australischen Epilepsieregister wurde bei den 110 mit VPA-Monotherapie Exponierten eine ungewöhnlich hohe Rate von 17,1% ermittelt (Vajda 2005).

Kaaja und Mitarbeiter (2003) in Finnland verglichen pränatal mit Antiepileptika exponierte Kinder mit einer Kontrollgruppe, deren Mütter nicht behandelt wurden, aber eine Epilepsie in der Vorgeschichte aufwiesen. Bei einer Monotherapie mit VPA fanden sich mit 7% (4/61) signifikant häufiger gro;ße Fehlbildungen.

Samren und Mitarbeiter (1999) fanden mit 6% (9/158) ebenfalls signifikant häufiger gro;ße Fehlbildungen.

Mastroiacovo und Mitarbeiter (1998) haben in einer prospektiven, kontrollierten Studie des europäischen teratologischen Netzwerkes ENTIS mehr als 1.650 Schwangerschaften ausgewertet. Unter Monotherapie waren gro;ße Fehlbildungen nur bei VPA signifikant häufiger (10/163 = 6%).

Eine antiepileptische Kombinationstherapie mit VPA ergab in den o.g. Studien z. T. über 10 % gro;ße Fehlbildungen (siehe auch Wyszynski 2005).

Speziell für fehlende oder hypoplastische Extremitätenanlagen errechneten Rodriguez-Pinella und Mitarbeiter (2000) gegenüber einer Kontrollgruppe ein etwa 6fach erhöhtes Risiko, danach sind 0,4% der exponierten Kinder von einer derartigen Entwicklungsstörung betroffen.

Dosis-Wirkungs-Beziehung.

Einige Studien untersuchten für VPA die Dosisabhängigkeit des Fehlbildungsrisikos. Mehr als 1.000 mg/Tag oder eine Serumkonzentration über 70 μg/ml ergab ein signifikant höheres Risiko (Kaneko 1999, Samren et al., 1997, Samrén et al., 1999). Morrow und Mitarbeiter (2006) fanden bei > 1.000 mg/Tag unter Monotherapie mit 9,1 % gro;ßen Fehlbildungen ein deutlich höheres, jedoch statistisch nicht signifikantes Risiko als bei niedrigeren Tagesdosen. Einen besonders ausgeprägten Risikoanstieg für Neuralrohrdefekte, Herzfehlbildungen, Gaumenspalten und Hypospadien fanden auch Vajda und Mitarbeiter (2005) ab 1.400 mg/Tag. Sie diskutieren unterschiedliche Metabolisie-rungswege für Dosen bis 1.000 mg/Tag, die unterschiedliche teratogene Mechanismen zur Folge haben könnten. Andere Untersucher konnten Schwellendosis oder Schwellenkonzentrationen nicht feststellen (Kaaja 2003).

Andere Organanomalien.

Dean und Mitarbeiter (2002) verglichen 149 pränatal exponierte Kinder mit 38 (älteren) Geschwistern, bei denen die Mütter keine Antiepileptika in der Schwangerschaft genommen hatten. Bei Monotherapie mit VPA ergab sich ein signifikant höheres Risiko für Gesichtsdysmorphien (70% versus 25%). Erkrankungen in der späteren Kindheit (Sehstörungen, Otitis media, Gelenkprobleme) wurden ebenfalls häufiger beobachtet. Die Ergebnisse dieser Studie sind aufgrund der kleinen Fallzahlen vorsichtig zu bewerten, bemerkenswert ist der hohe Anteil auffälliger Kinder bei den pränatal exponierten und den Kontrollen. Die Autoren einer anderen Studie warnen von der Überbewertung der Zeichen einer Gesichtsdysmorphie (Kini 2006). Sie fanden Auffälligkeiten am häufigsten bei VPA, allerdings wiesen auch 45 % der Kinder nicht behandelter, an Epilepsie erkrankter Mütter einige der Dysmorphiezeichen auf.

Neonatale Auffälligkeiten.

Zu weiteren Auffälligkeiten der Therapie mit VPA gehören fetale Hypoxie mit niedrigen Apgar-Werten, Mikrozephalie und ein vermindertes postnatales Wachstum. Auch Leberzellnekro-sen wurden bei einzelnen Kindern nach VPA-Behandlung der Mutter beschrieben (Legius 1987), ebenso Hämorrhagien infolge von Fibrino-genmangel und gestörter Thrombozytenfunktion (Bavoux 1994) und eine Hypoglykämie des Neugeborenen (Ebbesen 1998).

Mentale Entwicklungsauffälligkeiten.

Koch und Mitarbeiter (1996) zeigten, dass Übererregbarkeit und andere neurologische Auffälligkeiten im Verlauf der Kindheit mit der VPA-Konzentration im Nabelschnurblut bei Geburt korrelieren. Eine Beeinträchtigung der kognitiven Entwicklung wird von einigen Autoren diskutiert (Ornoy 1996) und zwar besonders bei Kindern, die auch Gesichtsdysmorphien aufweisen. In zahlreichen Publikationen des vergangenen Jahrzehnts wurden mentale Entwicklungseinschränkungen, Verhaltensauffälligkeiten, wie z.B. Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität, sowie autismusartige Symptome (ASD - autism spectrum disorders) nach Therapie mit VPA beschrieben. Erstmalig hat Christianson (1994) das Auftreten von Autismus im Zusammenhang mit intrauteriner VPA-Exposition in einer Fallstudie beschrieben. Vorgestellt wurden 2 Geschwisterpaare, von denen drei Kinder eine globale Entwicklungsstörung mit Sprachstörungen und Dysmorphiezeichen aufwiesen. Bei einem dieser Kinder wurde zusätzlich die Diagnose eines infantilen Autismus gestellt. Das vierte Kind wies leichte Dysmorphiezeichen auf und hatte einen reduzierten IQ, vor allem hinsichtlich verbaler Leistungen. Williams und Mitarbeiter (2001) berichteten in der Folge über insgesamt 6 Patienten mit einem fetalen VPA-Syndrom, mentaler Retardierung und der Manifestation einer autistischen Symptomatik.

In einer Untersuchung an 57 Kindern mit Antiepileptika-Syndrom -46 waren VPA-exponiert - zeigten 80% der Kinder Sprachentwick-lungsstörungen, Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten. Bei 60 % fanden sich mindestens 2 autistische Symptome, bei 4 Kindern wurde regelrecht die Diagnose Autismus gestellt, bei zweien ein Asperger Syn-drom diagnostiziert (Moore 2000). Eine andere Untersuchung an 40 Kindern, deren Mütter mit einem Antikonvulsivum (mono)therapiert wurden, fand man bei einer Nachuntersuchung die stärksten Auffälligkeiten in der VPA-Gruppe. Gaily und Mitarbeiter (2004) haben bei 13 Kindern nach einer Monotherapie mit VPA oder einer antiepileptischen Kombinationstherapie eine Beeinträchtigung des verbalen Intelligenzquotienten gefunden, die bei 86 Kindern nach einer Monotherapie mit Carbamazepin nicht nachweisbar war. Mütterlicher Epilepsietyp und generalisiert tonisch-klonische Anfälle in der Schwan- gerschaft waren nicht mit der kindlichen Intelligenz assoziiert. Adab und Mitarbeiter (2001) haben in einer Untersuchung, die etwa 70 Schulkinder mit vorgeburtlicher VPA-Exposition einschloss, nur bei diesen signifikant häufiger zusätzliche schulische Fördermaßnahmen ermittelt (OR = 3,4 bei Monotherapie und 2,5 bei Kombinationstherapie mit Valproat). Eine weiterführende Untersuchung ergab negative Auswirkungen auf die sprachliche Entwicklung (Sprach-IQ), wenn die tägliche Valproat-dosis über 800 mg lag. Dysmorphiezeichen waren mit einem erniedrigten Sprach-IQ (< 79) assoziiert: 55 % der Kinder mit mittleren bis ausgeprägten Dysmorphiezeichen gegenüber 22% mit leichten oder keinen dysmorphen Merkmalen hatten einen Sprach-IQ < 79. Andere Antiepileptika ergaben keine signifikanten Effekte, hingegen korrelier-ten mehr als 5 generalisiert tonisch-klonische Anfälle in der Schwangerschaft - unabhängig von der antiepileptischen Medikation - signifikant mit einem geringeren Sprach-IQ (Adab 2004). Eriksson und Mitarbeiter (2005) fanden unter 13 Kindern mit Valproat-Exposition einen niedrigeren IQ im Vergleich zu nicht exponierten bzw. nach Therapie mit Carbamazepin. Bei einigen dieser Untersuchungen ist nicht auszuschließen, dass der Bildungsgrad der Eltern zum statistisch signifikanten Effekt beigetragen hat (Schmitz 2006).

VPA und Autismus.

Der postulierte Zusammenhang zwischen VPA und Autismus wird unterstützt durch Beobachtungen, dass Allelvarianten des HoxA1-Gens bei autistischen Personen gefunden wurden und VPA in der Lage ist, die Expression von HoxA1 beim Embryo zu verändern. Auch anderen teratogenen Einflüssen wie Rötelninfektion, Misopro-stol, Alkoholabusus und Thalidomid wird unterstellt, autismusartige Symptome pränatal induzieren zu können. Bei Thalidomid waren autistische Symptome vermehrt dann beobachtet worden, wenn die Exposition während des Zeitraumes stattfand, in dem sich das Neural-rohr schlie;ßt (Stromland 1994). Neuropathologisch fanden sich sowohl in einer Humankasuistik eines pränatal Thalidomid exponierten Patienten als auch tierexperimentell bei Ratten mit intrauteriner VPA-Exposition eine Läsion der Hirnnervenkerne im Stammhirn sowie Kleinhirnanomalien mit verringerter Zahl von Purkinjezellen (Übersicht in Arndt 2005, Rodier 1997). Andere Untersucher haben gravierende Auswirkungen von VPA auf serotonerge Neurone nachgewiesen, deren Entwicklung auch bei autistischen Patienten gestört ist (Miyazaki 2005).

Empfehlung für die Praxis:

VPA ist das riskanteste Antiepileptikum in der Schwangerschaft. Es erhöht das Fehlbildungsrisiko mindestens um das 2–3fache und verursacht auch mentale Entwicklungsstörungen. Bei einer antiepileptischen Kombinationstherapie ist das Risiko noch höher. Wurde bereits ein durch VPA geschädigtes Kind geboren, ist aufgrund der genetischen Disposition mit einem Wiederholungsrisiko von etwa 50% für eine teratogene Schädigung zu rechnen. Im reproduktionsfähigen Alter, zumindest aber bei Planung einer Schwangerschaft, sollte VPA strikt gemieden und nur in therapierefraktären Fällen bei Epilepsie eingesetzt werden. Falls es keine therapeutische Alternative zu VPA, wie z. B. Lamotrigin, gibt, ist eine Monotherapie anzustreben. Die Tagesdosis sollte möglichst unter 1.000 mg liegen und auf 3–4 Einzeldosen verteilt werden. Die Konzentration im Plasma sollte regelmäßig kontrolliert werden und 70 μg/ml möglichst nicht überschreiten. Zur erweiterten Folsäureprophylaxe bei Planung einer Schwangerschaft siehe Kapitel 2.10.8. Die Behandlung mit VPA rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Es sollte jedoch eine erweiterte vorgeburtliche Diagnostik mit hoch auflösendem Ultraschall angeboten werden.

Neuere Antiepileptika

2.10.19. Felbamat

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu Felbamat (Taloxa®), das im Kindesalter zur Behandlung des Lennox-Gastaut-Syndrom verwendet wird, liegen 7 vom Hersteller beobachtete Schwangerschaftsverläufe vor, die zur Geburt von 4 unauffälligen Kindern, zwei Abbrüchen sowie einem Spontanabort führten.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Felbamat-Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1). Wie bei anderen Antiepileptika muss jedoch insbesondere bei Kombinationstherapie mit einem erhöhten Fehlbildungsrisiko gerechnet werden. Es sollte eine erweiterte vorgeburtliche Diagnostik mit hoch auflösendem Ultraschall angeboten werden.

2.10.20. Gabapentin

Pharmakologie und Toxikologie.

Gabapentin (z. B. Neurontin®) wird vor allem bei fokaler Epilepsie und bei neuropathischen Schmerzen angewendet. Es liegt im Serum frei, d. h. nicht an Protein gebunden vor. Von mehr als 50 Schwangerschaften wird aus dem Register des Herstellers berichtet (Montouris 2003). Neben weiteren Einzelfallberichten liegen einige Dutzend dokumentierte Schwangerschaften aus einer Verschrei-bungsstudie (Wilton und Shakir 2002), aus dem australischen Register für Epilepsie und Schwangerschaft sowie eigenen Beobachtungen vor. Unter den gesammelten prospektiven und retrospektiven Berichten finden sich 4 (gro;ße) Fehlbildungen: ein Kind mit Holoprosenzephalie und Zyklopie (Rosa 1995) und ein weiteres mit Gehörgangsatresie (zitiert in Briggs 2005; beide in Kombination mit anderen Antiepileptika), eines mit Hypospadie nach Kombinationstherapie mit Valproin-säure und ein Kind mit einseitiger Nierenagenesie nach Kombinationstherapie mit Phenobarbital. Von den 11 Neugeborenen aus dem o.g. Schwangerschaftsregister, deren Mütter in der gesamten Schwangerschaft eine Monotherapie erhielten, wies keines Fehlbildungen auf (Montouris 2003). Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurde nach Monotherapie mit Gabapentin nur eine gro;ße Fehlbildung unter 31 Schwangerschaften (3,2%) gefunden (Morrow 2006). Unter 15 prospektiv (Monotherapie) und 9 retrospektiv von uns dokumentierten Schwangerschaften sahen wir keine gro;ße Fehlbildung. Chambers und Mitarbeiter (2005) berichten über 13 pränatal exponierte Neugeborene, von denen 2 (eines mit Monotherapie) Zeichen einer Gesichts-dysmorphie aufwiesen, die sonst bei klassischen Antiepileptika be- obachtet werden. Die bisher vorliegenden Daten lassen kein spezifisches Muster an gro;ßen Fehlbildungen und keine Häufung von kleineren Anomalien bzw. Dysmorphien erkennen. Allerdings reichen Fallzahl und Methodik der Datenerhebung nicht aus, um ein Risiko auszuschlie;ßen. Tierexperimentell gibt es bisher keine Hinweise auf Teratoge-nität.

Empfehlung für die Praxis:

Nach den bisher vorliegenden klinischen und tierexperimentellen Daten scheint das teratogene Risiko im Vergleich zu den klassischen Antiepileptika nicht höher, sondern eventuell sogar geringer zu sein. Gabapentin kann bei Epilepsie in der Schwangerschaft eingesetzt werden, wenn die noch bestehende Unsicherheit zum teratogenen Risiko akzeptiert wird. Eine Kombination mit Valproinsäure ist zu vermeiden. Bei nicht epileptischen Behandlungsindikationen sollten primär Mittel aus dem jeweiligen Indikationsbereich bevorzugt werden, d.h. Schmerzmittel oder Psychopharmaka. Die Gabapentin-Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.10.21. Lamotrigin

Pharmakologie.

Lamotrigin (Lamictal®) wird bei partiellen und sekundär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen sowie als Phasenprophylaxe bei bipolaren psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt.

Es ist chemisch ein Phenyltriazin und hemmt die Dihydrofolsäure-Reduktase. Dennoch lässt sich beim Erwachsenen keine nennenswerte folatantagonistische Wirkung darstellen. Die Proteinbindung ist bei Lamotrigin mit etwa 55 % deutlich geringer als bei den klassischen Antiepileptika.

Anders als bei der Valproinsäure liegen bisher keine Hinweise für nennenswerte Störwirkungen auf Menstruationszyklus bzw. Fertilität vor. Nach Umstellung von Valproinsäure auf Lamotrigin bei Frauen mit polycystischem Ovar-Syndrom (PCOS) besserte sich die Symptomatik (Übersicht zur geschlechtsspezifischen Pharmakologie siehe Schmitz 2003, Isojärvi 1998). Eine leichte Beeinträchtigung oraler Kontrazep-tiva durch Enzyminduktion ist möglich (siehe Kapitel 2.10.1). Andererseits kann bei gleichzeitiger Einnahme der Pille die Lamotriginkonzen-tration abnehmen bzw. nach Absetzen der Pille wieder ansteigen (Sabers 2001). Werden hormonale Kontrazeptiva vor einer (geplanten) Schwangerschaft abgesetzt, normalisiert sich die durch Kontrazeptiva erhöhte Clearance wieder. Wird Lamotrigin in unverändert hoher Dosis weiter gegeben, können zum Zeitpunkt einer nun folgenden Konzeption (zu) hohe Lamotriginspiegel vorliegen (de Haan 2004).

Erhebliche Clearancesteigerungen während der Schwangerschaft mit einem Maximum von über 300% um Schwangerschaftswoche 32 erfordern monatliche Serumkonzentrationsbestimmungen, wenn es nicht zur erhöhten Krampfbereitschaft kommen soll (Petrenaite 2005, Pennell 2004). Die entsprechende Dosissteigerung kann nach der Geburt zu toxischen Symptomen führen, wenn die Dosis nicht wieder reduziert wird.

Toxikologie.

Fallserien und Schwangerschaftsregister mit über 1.000 prospektiv beobachteten Schwangerschaftsverläufen unter Monotherapie ergeben bislang keine eindeutigen Hinweise auf teratogene Effekte (GlaxoSmithKline: Lamotrigine Pregnancy Register 2006, Morrow 2006, Sabers 2004, eigene Erfahrungen). Allein das Lamotrigine Pregnancy Register des Herstellers (Interim Report 1.9.1992 bis 31.9.2005) überblickt 766 prospektiv erfasste, mit Monotherapie im 1. Trimenon behandelte Schwangere. Bei 20 von 707 auszuwertenden Schwangerschaften (2,8%) wurden gro;ße Fehlbildungen gefunden. In Kombination mit Valproinsäure waren es hingegen 14/119 (11,8%) und in Kombination mit anderen Antiepileptika 7/256 (2,7%). Sowohl gro;ße Fehlbildungen wie auch kleine Anomalien deuten nicht auf ein spezifisches Muster hin.

Die bei den klassischen Antiepileptika beobachteten Dysmorphiezei-chen sind aus diesen Registerdaten bisher nicht zu erkennen. Allerdings zielt die Erfassung auch vordergründig auf gro;ße Fehlbildungen.

Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurden unter 647 Schwangerschaften mit Monotherapie 3,2% gro;ße Fehlbildungen gefunden. Eine Doppelterfassung mit dem Register des Herstellers ist nicht auszuschlie;ßen. Die Belfaster Daten ergaben ein mit 5,4% signifikant höheres Fehlbildungsrisiko für Dosen über 200 mg/Tag (Morrow 2006). Eine solche Dosisabhängigkeit lieβ sich anhand der Daten des Herstellers (Lamotrigine Pregnancy Register 2006) nicht darstellen. Unter 52 vorwiegend mit Kombinationstherapie behandelten Schwangeren des australischen Epilepsieregisters wurde mit 4 (7,7%) Fehlbildungen eine erhöhte, aber statistisch nicht signifikante Rate ermittelt (Vajda 2003). Im dänischen Epilepsieregister fand man unter 51 vorwiegend mit Monotherapie behandelten Schwangeren nur eine gro;ße Fehlbildung (Sabers 2004). Im nordamerikanischen Epilepsieregister NAREP wurde kürzlich eine andernorts nicht beobachtete erhöhte Rate von Mundspaltbildungen (5/564) ermittelt (pers. Mitteilung 2006). In unserer eigenen Datenbank mit 134 vorwiegend in Monotherapie behandelten Schwangeren ergeben sich beim Vergleich zu einer unbe-handelten Kontrollgruppe keine erhöhten Fehlbildungsziffern.

Tierversuche haben bisher keinen Anhalt für Teratogenität erbracht.

Hinweise auf nennenswerte neonatale Störungen wurden bislang nicht bekannt. Untersuchungen zu Langzeitauswirkungen auf die mentale Entwicklung liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Lamotrigin ist unter den neuen Antiepileptika das derzeit am besten untersuchte Mittel. Dennoch reichen die vorliegenden Daten nicht für eine abschlie;ßende Risikobewertung aus. Da bislang weder tierexperimentelle noch nennenswerte klinische Hinweise auf Teratogenität bei Monothe-rapie vorliegen, sollte es bei Planung einer Schwangerschaft als Antiepileptikum bevorzugt werden. Insbesondere sollte bei bestehender Valproattherapie eine Umstellung auf Lamotrigin vor einer Schwangerschaft angestrebt werden. Eine Kombination mit Valproinsäure muss vermieden werden. Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Der erheblich gesteigerte Abbau von Lamotrigin während der Schwangerschaft erfordert monatliche Serumkonzentrationsbestimmungen und eine Dosisanpassung.

2.10.22. Levetiracetam

Pharmakologie und Toxikologie.

Nach Levetiracetam (Keppra®), das bei fokaler und generalisierter Epilepsie eingesetzt wird, kamen drei gesunde Kinder zur Welt, die im Alter von 6 bzw. 12 Monaten normal entwickelt waren (Long 2003). Elf in den Niederlanden im Rahmen des EURAP-Projektes registrierte Schwangerschaften (Ten Berg 2005) und etwa 60 dem Hersteller vorliegende Schwangerschaftsverläufe (vorwiegend unter Kombinationstherapie) ergaben bislang ebenfalls keine Hinweise auf teratogene Effekte. Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurde unter Monotherapie bei 22 Schwangerschaften keine gro;ße Fehlbildung gefunden (Morrow 2006). In unserer Datenbank beobachteten wir unter 14 prospektiv erfassten Schwangerschaften nur eine kleine Fehlbildung (Hexadaktylie) nach einer Kombinationstherapie mit Carbamazepin. Tierexperimentell wurden bei Ratten und Kaninchen kleinere Extremitätenanomalien beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Die vorläufigen Ergebnisse zu Levetiracetam reichen für eine Risikobewertung nicht aus. Bei behandlungspflichtiger Epilepsie und stabiler Einstellung mit Levetiracetam kann in der Schwangerschaft thera-piert werden, wenn die bestehende Unsicherheit zum teratogenen Risiko akzeptiert wird. Eine Kombination mit Valproinsäure ist zu vermeiden. Eine Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.10.23. Oxcarbazepin

Pharmakologie.

Oxcarbazepin (z. B. Trileptal®), das bei fokaler Epilepsie verwendet wird, ist dem Carbamazepin verwandt, wird aber im Gegen- satz zu diesem nicht über potenziell (embryo)toxische Epoxidmetabo-lite abgebaut, sondern zum aktiven Metaboliten 10,11-Dihydro-10-Hydroxy-Carbazepin (MHD). Durch Enzyminduktion kann die hormonale Kontrazeption versagen. Daher sollte primär nicht mit hormonalen Kontrazeptiva verhütet werden (siehe Kapitel 2.10.1). Eine verstärkte Ausscheidung ist während der Schwangerschaft möglich und kann eine Dosiserhöhung erforderlich machen. Im Nabelschnurblut wurden ähnliche Konzentrationen wie bei der Mutter nachgewiesen.

Toxikologie.

Es liegen über 300 dokumentierte Schwangerschaftsverläufe vor, etwa zwei Drittel mit Monotherapie (Artama 2005, Meischenguiser 2004, Sabers 2004, Kaaja 2003, Andermann 1994, Friis 1993, Herstellerdatenbank, eigene Beobachtungen). Andermann und Mitarbeiter (1994) haben unter 28 Schwangerschaften ein Kind mit Neural-rohrdefekt (dessen Mutter zusätzlich Valproinsäure eingenommen hatte), ein Kind mit Amnionbandsyndrom und ein weiteres mit Dys-morphiezeichen dokumentiert. Unter den 108 vom Hersteller erfassten Schwangerschaften gibt es 15 Fehlbildungen, davon 5 nach Monotherapie. Ein typisches Fehlbildungsmuster ist bislang nicht zu erkennen. Die Datensammlung erlaubt noch keine Risikoberechnung, da es sich sowohl um prospektive als auch retrospektive Berichte handelt, die Monotherapien und Kombinationen mit anderen Antiepileptika umfassen.

Kaaja und Mitarbeiter (2003) fanden in einer grÖßeren Studie, zu der auch 9 pränatal mit Oxcarbazepin exponierte Kinder gehörten, eine gro;ße Fehlbildung. Dies Ergebnis (1/9 = 11%) dieser sehr kleinen Gruppe wurde als signifikant erhöht gegenüber der Kontrollgruppe mit 239 Kindern gewertet, deren Mütter nicht behandelt wurden, aber eine Epilepsie in der Vorgeschichte aufwiesen. Eine weitere Publikation aus Finnland berichtet über eine (urogenitale) Fehlbildung unter 99 Schwangerschaften mit Monotherapie (Artama 2005). Einige dieser 99 Schwangerschaften sind möglicherweise bereits bei Kaaja (2003) publiziert.

Meischenguiser und Mitarbeiter (2004) haben unter 55 Neugeborenen (20 mit Kombinationstherapie, 35 mit Monotherapie) nur eine gro;ße Fehlbildung (des Herzens; Kombinationstherapie mit Phenobar-bital) beobachtet. Alle Kinder aus der Monotherapiegruppe waren gesund. Diese 55 Fallberichte enthalten offenbar (teilweise) auch die 42 Kinder, die von Rabinowicz (2002) publiziert wurden. Sabers und Mitarbeiter (2004) fanden unter 37 Schwangerschaften zwei Herzfehlbildungen (davon eine Kombinationstherapie mit Lamotrigin). In einem Review errechnet Montouris (2005) eine Fehlbildungshäufigkeit von 2,4% (6/248) unter Monotherapie mit Oxcarbazepin.

Tierexperimentell wirkt Oxcarbazepin teratogen. An Eizellen beim Hamster wurden genotoxische Effekte beobachtet und bei Ratten kra-niofaziale, kardiovaskuläre und Skelettfehlbildungen in einem Dosis- bereich, der dem therapeutischen beim Menschen (auf die Körperoberfläche bezogen) entspricht.

Empfehlung für die Praxis:

Zusammenfassend lässt eine Monotherapie mit Oxcarbazepin bislang keine teratogene Wirkung beim Menschen erkennen. Die vorläufigen Ergebnisse reichen jedoch für eine differenzierte Risikobewertung noch nicht aus. Bei behandlungspflichtiger Epilepsie und stabiler Einstellung mit Oxcarbazepin kann in der Schwangerschaft therapiert werden, wenn die bestehende Unsicherheit zum teratogenen Risiko akzeptiert wird. Eine Kombination mitValproinsäure muss vermieden werden. Die Oxcarbazepin-Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Zur erweiterten Folsäurepro-phylaxe bei Planung einer Schwangerschaft und zur Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen siehe Abschnitt 2.10.9.

2.10.24. Pregabalin

Pharmakologie und Toxikologie.

Pregabalin (Lyrica®) wird bei partiellen Anfällen mit und ohne Generalisierung und bei neuronalen Schmerzen eingesetzt. Seine analgetische Wirkung soll es über selektive Bindung an spezielle Untereinheiten der spannungsabhängigen Calciumkanäle an den Endigungen der primär afferenten Nozirezeptoren im Rückenmark entfalten und darüber den Calciumeinstrom in die Nervenzellen-digung modellieren. Daraus resultieren eine verminderte Freisetzung exzitatorischer Überträgersubstanzen und die Abschwächung der Übererregung. Eine Interaktion mit hormonalen Kontrazeptiva hat sich nicht gezeigt. Zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen keine Erfahrungen vor.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Behandlung mit Pregabalin im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Wie bei anderen Antiepileptika, insbesondere bei Kombinationstherapie, ist ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nicht auszuschlie;ßen. Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.10.25. Tiagabin

Pharmakologie und Toxikologie.

Tiagabin (Gabitril®) ist ein reversibler GABA-Wiederaufnahmehemmstoff, der durch die Erhöhung des extrazellulären GABA (Gammaaminobuttersäure), einem inhibitorischen Neurotransmitter, antikonvulsiv wirkt und bei fokaler Epilepsie verwendet wird. Von 22 in einer Publikation erwähnten Schwangerschaften wurden 9 ausgetragen. Darunter befand sich ein Kind mit Hüftluxa-tion bei Stei;ßlage (Leppik 1999). Weitere, teils unter Kombinationstherapie ausgetragene Kinder, wiesen keine Fehlbildungen auf (z. B. Vajda 2003, eigene Beobachtungen). Tierexperimentell zeigten sich bei Ratten unter hohen Dosen (100 mg/kg/Tag) u.a. kraniofaziale Anomalien.

Empfehlung für die Praxis:

Die vorläufigen Ergebnisse reichen für eine Risikobewertung nicht aus. Eine Behandlung mit Tiagabin im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Wie bei anderen Antiepileptika, insbesondere bei Kombinationstherapie, ist ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nicht auszuschlie;ßen. Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Feten angeboten werden.

2.10.26. Topiramat

Pharmakologie und Toxikologie.

Topiramat (Topamax®) wird bei fokaler und generalisierter Epilepsie eingesetzt. Durch Enzyminduktion kann es zum Versagen hormonaler Kontrazeption führen. Daher sollte primär nicht mit hormonalen Kontrazeptiva verhütet werden (siehe Kapitel 2.10.1).

Zu Topiramat wird über drei gesunde Kindern berichtet und über ein reif geborenes Mädchen mit Wachstumsretardierung, generalisiertem Hirsutismus, einer dritten Fontanelle und Dysmorphien an Nase und Endphalangen, dessen Mutter während der gesamten Schwangerschaft zweimal täglich 700 mg Topiramat als Monotherapie erhielt (Hoyme 1998). Während der klinischen Prüfung im Rahmen der Zulassung und im Postmarketing Surveillance wurden weitere 38 Schwangerschaften, davon 17 unter Monotherapie erfasst. Drei Kinder wiesen Anomalien auf (alle nach Kombinationstherapie). Der Hersteller berichtet über weitere 110 Schwangerschaften, bei denen 5 Jungen Hypospadien hatten. Weitere Details wurden nicht angegeben (zitiert in Yerby 2003). Andere Untersucher haben die Assoziation mit Hypospadien bisher nicht bestätigt. Im Belfaster UK Epilepsy and Pregnancy Register wurden zwei gro;ße Fehlbildungen (7,1 %) bei 28 Schwangerschaften mit Monotherapie registriert (Morrow 2006). In unserer eigenen prospektiv angelegten Datenbank kam es bei 10 Schwangerschaften zu 7 Lebendgeburten. Ein Kind hatte eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte bei umfangreicher Co-Medikation (keine anderen Antiepileptika), eines eine Hypospadie (Kombination mit Valproinsäure) und eines war mikrozephal und wies eine Ohrmuscheldysplasie auf.

Weitere Einzelfallberichte ergeben keine Hinweise auf spezifische teratogene Effekte (Öhman 2002, Vajda 2003, eigene Beobachtung).

Topiramat wirkt tierexperimentell teratogen. Bei Mäusen wurden bereits bei 20 % der beim Menschen therapeutischen Dosis (auf Körperoberfläche bezogen) kraniofaziale Fehlentwicklungen festgestellt und bei Ratten und Kaninchen wurden u.a. Extremitätenreduktionsdefekte beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Die bisher vorliegenden Daten lassen kein spezifisches Muster an gro;ßen Fehlbildungen erkennen. Allerdings reichen Fallzahl und Methodik der Datenerhebung nicht aus, um ein Risiko für Anomalien auszuschließen. Bei behandlungspflichtiger Epilepsie und stabiler Einstellung mit Topiramat kann in der Schwangerschaft therapiert werden, wenn die bestehende Unsicherheit zum teratogenen Risiko akzeptiert wird. Eine Kombination mit Val-proinsäure muss vermieden werden. Die Behandlung mit Topiramat im 1. Trime-non rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Zur erweiterten Folsäureprophylaxe bei Planung einer Schwangerschaft und zur Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen siehe Abschnitt 2.10.9.

2.10.27. Vigabatrin

Pharmakologie und Toxikologie.

Vigabatrin (Sabril®) wird nur noch in Ausnahmefällen bei Resistenz gegenüber anderen Antiepileptika (bei fokaler Epilepsie und bei West-Syndrom im Kindesalter) angewendet. Es hemmt irreversibel die GABA-Aminotransferase und erhöht damit die Konzentration des inhibierenden Neurotransmitters GABA im Zentralnervensystem. Infolgedessen werden abnorme, Krampfaktivitäten auslösende Entladungen unterdrückt. Obwohl die Halbwertszeit nur 4–8 Stunden beträgt, hält der Hemmeffekt 3–5 Tage an. Im Plasma liegt es in nicht proteingebundener Form vor. Vigabatrin kann zu einer irreversiblen konzentrischen Gesichtsfeldeinengung beim Patienten führen. Tierexperimentell gibt es Hinweise auf neuropathologische Effekte mit Mikrovakuolenbildung in verschiedenen Bereichen des ZNS.

Der plazentare Übergang von Vigabatrin wurde nachgewiesen (Tran 1998). Etwa 400 dokumentierte Schwangerschaftsverläufe in mehreren Fallserien (Morell 1996, Fallsammlung des Herstellers) liegen vor, die eine auffällige Rate angeborener Anomalien offenbaren: 18% bei Morell (1996) und 57 von 239 Lebendgeburten im Register des Herstellers, das insgesamt 331 Schwangerschaften umfasst. Allerdings enthält die Herstellerdatenbank sowohl prospektiv als auch retrospektiv erfasste Fälle mit Mono- und Kombinationstherapie, daher ist eine Risikoberechnung auf dieser Datenbasis nicht möglich. Ein typisches Fehlbildungsmuster ist bislang nicht erkennbar. Zwei Publikationen erwäh- nen eine Zwerchfellhernie (Kramer 1992) und Hypospadie (Lindhout 1994), allerdings nach Kombinationstherapie mit Carbamazepin. Bei 8 Schwangerschaften aus dem australischen Epilepsieregister (Vajda 2003) und weiteren 7 aus eigener Beobachtung (alle Kombinationstherapie) fanden sich keine teratogenen Ereignisse.

Empfehlung für die Praxis:

Aufgrund der allgemeinen Nebenwirkungen (z.B. am Auge) sollte Vigabatrin sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Falls zwingend indiziert, ist dies auch unter Beachtung möglicher (teratogener) Risiken in der Schwangerschaft möglich. Eine Kombination mitValproinsäure muss vermieden werden. Die Vigabatrin-Behandlung im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Zur erweiterten Folsäureprophylaxe bei Planung einer Schwangerschaft und zur Vitamin-K-Prophylaxe beim Neugeborenen siehe Kapitel 2.10.9.

2.10.28. Zonisamid

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu Zonisamid (Zonegran®), das vor allem bei fokaler Epilepsie eingesetzt wird, liegt eine Fallserie mit 26 Schwangerschaften vor (Kondo 1996), darunter vier Kinder mit Mono-therapie, die keine Fehlbildungen aufwiesen. Bei den Müttern, die mit Kombinationstherapie (Valproinsäure und/oder Phenytoin) behandelt wurden, hatten zwei Kinder Anomalien: Anenzephalie bzw. Vorhofsep-tumdefekt. Zwei weitere von Kawada und Mitarbeiter (2002) beobachtete Kinder waren nach Kombinationstherapie gesund.

Empfehlung für die Praxis:

Die vorläufigen Ergebnisse reichen für eine Risikobewertung nicht aus. Eine Behandlung mit Zonisamid im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1,15). Wie bei anderen Antiepileptika, insbesondere bei Kombinationstherapie, ist ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nicht auszuschlie;ßen. Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

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2.11. Psychopharmaka

2.11.1. Allgemeine Grundsätze zur Therapie in der Schwangerschaft

Wie andere gravierende Erkrankungen, können auch schwere psychische Krisen oder psychiatrische Erkrankungen den Schwangerschaftsverlauf gefährden. Hansen und Mitarbeiter (2000) haben ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko bestimmter embryonaler ZNS-Strukturen nach tiefgreifenden Lebenskrisen in der Schwangerschaft diskutiert. Andersson und Mitarbeiter (2004) hingegen konnten in einer schwedischen Untersuchung an 204 Müttern mit Depressionen oder Angststörungen verschiedener Ausprägung im Vergleich zu einer Kontrollgruppe keine Auswirkung auf die Neugeborenen beobachten. Zeskind und Stephens (2004) berichten in ihrer Übersichtsarbeit, dass bei Kindern depressiv erkrankter Mütter, unabhängig von einer Medikation, Geburtskomplikationen häufiger auftreten, die Reifung des fetalen Herzrhythmus verzögert erfolgt, der neonatale Cortisol- und Norepinephrinspiegel erhöht und das Schlafverhalten gestört ist. Eine psychotherapeutische oder medikamentöse Behandlung sollte daher auch im Interesse des werdenden Kindes betrachtet werden. Auf der anderen Seite werden Psychopharmaka gelegentlich schon jungen Patientinnen bei Stimmungsschwankungen ohne stichhaltige Indikation verordnet und dann auch in der Schwangerschaft weiter genommen.

Nicht selten setzen Frauen ihre Psychopharmaka nach Feststellung einer Schwangerschaft abrupt ab aus Furcht vor einer teratogenen Schädigung. Dies scheint bei Psychopharmaka häufiger vorzukommen als bei anderen Medikamenten. Entscheidend für die Compliance ist die primäre Information zum Arzneirisiko in der Schwangerschaft (Einarson et al., 2004, Einarson et al., 2003). Soweit klinisch vertretbar, kann mit der Patientin eine Reduktion bzw. auch das vorübergehende Absetzen eines Antide-pressivums vor der Geburt vereinbart werden, um Anpassungsstörungen des Neugeborenen entgegen zu wirken. Das für diese Maßnahmen notwendige Zeitintervall richtet sich nach der Halbwertszeit des Medikamentes.

Nicht selten wird Frauen mit einer bipolaren Erkrankung auch von ihrem Arzt von einer Schwangerschaft abgeraten. Dagegen kann eine qualifizierte Information zu den Auswirkungen von Arzneimitteln zu einer positiveren Haltung der Patientin und ihres Arztes führen (Viguera 2002). Optimal ist natürlich die rechtzeitige Planung einer Schwangerschaft (Yonkers 2004). Wenn eine psychiatrische Erkrankung vor der Schwangerschaft unkompliziert war, ist weder eine eindeutige Verbesserung noch eine erhebliche Verschlechterung zu erwarten. Hingegen ist bei schweren Verläufen, insbesondere um die Geburt herum und im Wochenbett mit einem erhöhten Rückfallrisiko zu rechnen. Therapieabbrüche sind in solchen Fällen besonders riskant (Viguera 2000).

Langzeitwirkungen psychotroper Substanzen in der Schwangerschaft sind bis auf wenige Ausnahmen kaum untersucht, z. B. bei einigen Antidepressiva (Mattson 2004, Casper 2003, Nulman et al., 2002, Nulman et al., 1997), klassischen Antiepileptika und bei harten Drogen (Details siehe bei den entsprechenden Substanzen). Besonders Psychopharmaka könnte man unterstellen, dass sie das fetale und kindliche ZNS in seiner funktionellen Entwicklung stören und zu Verhaltensauffälligkeiten, feinmotorischen Störungen oder intellektuellen Defiziten führen. Bisher liegen jedoch keine beunruhigenden Hinweise für länger eingeführte Präparate vor. Solche Zusammenhänge sind allerdings nicht leicht nachweisbar, da die psychosoziale Situation, d.h. die Interaktion zwischen der erkrankten Mutter und ihrem Kind, dessen Entwicklung beeinflussen kann. Eine Differenzierung zwischen Arzneimittelwirkung und dem sozialen Umfeld des Kindes ist ausgesprochen schwierig.

2.11.2. Tri- und tetrazyklische Antidepressiva

Pharmakologie und Toxikologie.

Trizyklische Antidepressiva blockieren die Wiederaufnahme von Überträgerstoffen, wie z. B. Noradrenalin und Serotonin, an adrenergen Nervenendigungen. Der therapeutische Effekt wird auf den Anstieg dieser Neurotransmitterstoffe an spezifischen Rezeptoren zurückgeführt. Eine Wirkungsverstärkung bei gleichzeitiger Einnahme oraler Kontrazeptiva ist durch Hemmung der Meta-bolisierung möglich (Kuhl 2002). Eine Wirkungsabschwächung oraler Kontrazeptiva ist z. B. beim gut untersuchten Amitriptylin bisher nicht bekannt.

Prototyp der trizyklischen Antidepressiva ist das Imipramin (z.B. Tofranil), ihm recht ähnlich sind Clomipramin (z.B. Anafranil®), Di-benzepin (Noveril®) und Lofepramin (Gamonil®). Bei einigen Derivaten überwiegen die antriebssteigernden Eigenschaften, wie z. B. bei De-sipramin (aktiver Metabolit des Imipramins; z.B. Petylyl®), Nortripty-lin (aktiver Metabolit des Amitriptylin; Nortrilen®) und Trimipramin (chemisch dem Imipramin ähnelnd; z.B. Stangyl®). Bei anderen sind die dämpfenden Eigenschaften stärker ausgeprägt, wie z. B. bei Amitriptylin (z.B. Amineurin®, Saroten®), Dosulepin (Idom®), Doxepin (z. B. Aponal®, Sinquan®) und dem chemisch verwandten Opipramol (Insidon®), dem eine Mittelstellung zwischen Antidepressiva und Neu-roleptika zugeschrieben wird.

Maprotilin (z.B. Ludiomil®) und Mianserin (z.B. Tolvin®) gehören zur Gruppe der tetracyclischen Antidepressiva; beide sind Antidepressiva vom Imipramin-Typ. Maprotilin hemmt vor allem die Wiederaufnahme von Noradrenalin an der Synapse und wirkt vorwiegend stim- mungsaufhellend. Im Gegensatz zu Maprotilin und den trizyklischen Antidepressiva besitzt Mianserin kaum anticholinerge Wirkungen. Das dem Mianserin verwandte Ketanserin wurde auch erfolgreich zur Therapie der Präeklampsie und zur Tokolyse eingesetzt ohne Hinweise auf fetotoxische Effekte (Steyn 1998, Bolte 1997).

Trizyklische Antidepressiva treten aufgrund ihrer hohen Lipidlöslich-keit rasch diaplazentar über. In manchen Tierspezies erwiesen sich tri-zyklische Antidepressiva als teratogen. In den 70er und 80er Jahren wurden den klassischen Antidepressiva auch beim Menschen Fehlbildungen zugeordnet, darunter Extremitätenfehlbildungen, Herzfehler, Polydaktylie und Hypospadie. Jedoch konnte bei keinem der seit längerem gebräuchlichen Präparate der Verdacht auf teratogene Effekte bestätigt werden (McElhatton ENTIS Studie pers. Mitteilung 2005, Ericson 1999, McElhatton 1996, Brunel 1994, Patuszak 1993).

Speziell zu Dosulepin, Doxepin, Lofepramin, Opipramol und Tri-mipramin liegen keine für eine fundierte Risikobewertung ausreichenden Fallzahlen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor. Allerdings ist auch bei diesen schon lange eingeführten Mitteln nicht mit einem nennenswerten teratogenen Risiko beim Menschen zu rechnen.

Nach lang andauernder intrauteriner Exposition (bis zur Geburt) wurden bei Neugeborenen Entzugssymptome wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit, Atemnotsyndrom und vereinzelt auch Krämpfe beobachtet (Källén 2004 A, Bromiker 1994, Schimmel 1991). Källén (2004) sieht im Gegensatz zu anderen Untersuchern ein höheres Risiko für neona-tale Anpassungsstörungen bei trizyklischen Antidepressiva als bei den selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmstoffen (SSRI). Er hat in seiner Studie mit annähernd 1.000 Schwangeren in der Trizyklika-Gruppe vor allem Clomipramin (n = 353) untersucht. Diese und andere Studien (Ericson 1999) haben auch ein etwas höheres Geburtsgewicht nach Trizyklika-Exposition beobachtet als bei den SSRI. Dieses Phänomen wird mit einem diabetogenen Effekt und intrauteriner Hyperglyk-ämie erklärt.

Bei 80 Kindern, die vorwiegend im 1. Trimenon mit Trizyklika exponiert waren, zeigten sich im Vorschulalter gegenüber einer Kontrollgruppe keine Abweichungen bei Intelligenzentwicklung, Verhalten und Sprachentwicklung (Nulman 1997). Eine spätere prospektive Untersuchung derselben Autorengruppe findet auch bei jenen Kindern, deren Mütter während der gesamten Schwangerschaft Trizyklika (46 MutterKind-Paare; davon 36 bereits in der Studie von 1997 erfasst) genommen hatten, keine arzneispezifischen Auffälligkeiten in der Entwicklung der Kinder im Alter zwischen 15 und 71 Monaten. Die Dauer der Depression hatte jedoch Auswirkungen auf den Intelligenzquotienten und die Häufigkeit depressiver Episoden auf die Sprachentwicklung. Die Autoren leiten daraus die Notwendigkeit einer Therapie bei Schwangeren ab (Nulman 2002).

Empfehlung für die Praxis:

Trizyklische Antidepressiva gehören immer noch zu den Mitteln der Wahl bei therapiebedürftiger Depression in der Schwangerschaft. Eine Monotherapie ist anzustreben, gut dokumentierte Präparate wie Amitripty-lin, Clomipramin, Desipramin, Imipramin und Nortriptylin sind zu bevorzugen. Die anderen der o.g. Antidepressiva sind aufgrund der geringeren Erprobung Reservemittel in der Schwangerschaft. Eine unter Therapie stabile Patientin sollte während einer Schwangerschaft diese Medikation unverändert fortsetzen, um keine für Mutter und Kind bedrohlichen Krisen zu provozieren. Zur Dosisanpassung sollten die mütterlichen Serumkonzentrationen während der Schwangerschaft und nach Entbindung untersucht werden. Die Anwendung unzureichend erprobter Substanzen rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15) noch invasive Diagnostik. Entzugssymptome beim Neugeborenen sind möglich. Deshalb sollte in den ersten beiden Lebenstagen auf Symptome beim Kind geachtet werden. Reaktive Depressionen oder Angstzustände sind nicht zwangsläufig eine Indikation für die Behandlung mit Antidepressiva; auch psychotherapeutische Optionen sollten ausgeschöpft werden.

2.11.3. Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmstoffe (SSRI)

Zu den so genannten selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) gehören Citalopram (z.B. Cipramil®), Escitalopram (Cipralex®, aktives Isomer des Citaloprams), Fluoxetin (z.B. Fluctin®), Fluvox-amin (z.B. Fevarin®), Paroxetin (Tagonis®, Seroxat®) und Sertralin (z. B. Zoloft®). Sie sind chemisch heterogen und besitzen keine strukturelle Verwandtschaft zu den trizyklischen Antidepressiva. Sie hemmen selektiv die Wiederaufnahme (Reuptake) von Serotonin aus dem synap-tischen Spalt und besitzen eine erheblich geringere anticholinerge Wirkung als trizyklische Antidepressiva. Von diesen Mitteln sind Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin hinreichend untersucht.

Unter den SSRI geht Citalopram am stärksten plazentar über, gefolgt von Fluoxetin. Den geringsten Übergang fand man bei Sertralin, gefolgt von Paroxetin (Hendrick 2003). Es ist bekannt, dass Serotonin schon während der Embryogenese, also bevor es als Neurotransmitter funktioniert, an der Regulation der Zellmigration, des Axonwachstums und der Anlage der synaptischen Kommunikation beteiligt ist. Tierexperimentelle Ergebnisse zeigen, dass erhöhte Serotoninspiegel neuroanato-mische Abweichungen verursachen mit verringerter Anzahl von Beta-adrenergen- und Serotoninrezeptoren sowie abnormer Serotoninrezep-torbindung im Zentralnervensystem (ZNS).

Fehlbildungsrisiko.

Bei mehreren tausend Schwangerschaften unter SSRI-Behandlung im 1. Trimenon sind teratogene Effekte i.S. gro;ßer Fehlbildungen beim Menschen bislang nicht eindeutig nachzuweisen (Garbis 2005), auch wenn einige neuere Publikationen vor allem bei Paroxetin ein etwas höheres Risiko für Herzfehlbildungen diskutieren (siehe dort). Bei Behandlung mit SSRI am Ende der Schwangerschaft fanden Chambers und Mitarbeiter (2006) in einer Fall-Kontroll-Studie, die allerdings nur auf 14 bzw. 6 exponierten Kindern basiert, einen signifikanten Zusammenhang mit persistierendem pulmonalem Hochdruck beim Neugeborenen. Die Autoren errechnen, dass etwa 1 von 100 exponierten Kindern betroffen sein könne.

Anpassungsstörungen nach der Geburt.

Eine zunehmende Anzahl von Veröffentlichungen thematisiert funktionelle Auswirkungen beim Neugeborenen nach SSRI-Therapie. Hierzu zählen Überregbarkeit, Zittern, Atemnotsyndrom, auffälliges Schlafverhalten mit vermehrten Schreckreaktionen und längeren REM-Phasen, sowie eine geringere Variabilität an Verhaltensmustern (Übersicht in Moses-Kolko 2005). Ein Fallbericht beschreibt ein Neugeborenes, bei dem nach Paroxetin-Behandlung der Mutter 2 Wochen lang kein Schmerzreflex nachweisbar war (Morag 2004). Diese Beobachtungen, die auf eine Störung des autonomen Nervensystems hinweisen, wurden zunächst als Entzugssymptomatik interpretiert, inzwischen aber auch als direkte Serotonintoxizität. Eine 2004 publizierte kontrollierte Studie mit 17 pränatal exponierten Neugeborenen hat dies eindrucksvoll bestätigt (Zeskind 2004). Die klinische Symptomatik beim Neugeborenen gibt allein keinen Aufschluss darüber, ob eine Serotonintoxizität oder ein Entzug vorliegen. Hier kann Labordiagnostik weiter helfen. Ist keine Wirksubstanz im Serum des Kindes nachweisbar, spricht dies eher für einen Entzug. Hohe Arzneikonzentrationen im Blut und eine erniedrigte 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA) im Liquor werden als Indiz für eine Serotonintoxizität gewertet (Jaiswal 2003), wobei die Liquoruntersuchung selbstverständlich nicht zur routinemäßigen Diagnostik gehört. Postnatale Anpassungssymptome werden häufiger bei Paroxetin als bei den anderen SSRI beschrieben (Sanz 2005; siehe auch unter Paroxetin). Andere Autoren sehen keine Unterschiede zwischen den einzelnen SSRI (Källén 2004 A). Moses-Kolko und Mitarbeiter (2005) fassen in ihrem Review 13 Einzelfallberichte mit 18 Kindern sowie 9 Kohortenstudien (Sanz 2005, Zeskind 2004, Costei 2002, Cohen 2000, Chambers 1996) zusammen und errechnen ein relatives Risiko von 3,0 (95% KI 2,0–4,4) für das Auftreten einer neonatalen Symptomatik nach SSRI-Exposition in der Spätschwangerschaft gegenüber einer ausschließlich in der Frühschwangerschaft exponierten und einer unbehandelten Kontrollgruppe.

Soweit klinisch vertretbar, kann mit der Patientin eine Reduktion bzw. auch das vorübergehende Absetzen des Antidepressivums vor der Geburt vereinbart werden, um den nicht selten beobachteten Anpassungsstörungen des Neugeborenen entgegen zu wirken. Das notwendige Zeitintervall richtet sich dabei nach der Halbwertszeit des Medikamentes.

Langzeitentwicklung.

Eine Studie an 31 Müttern mit SSRI im Vergleich zu 13 ebenfalls erheblich depressiven Frauen ohne Medikation beobachtete bei den exponierten Kindern signifikant geringere Werte beim Apgar-Score, bei einigen psychomotorischen Parametern sowie bei feinmotorischen Kontrollfunktionen. Die übrigen mentalen Entwicklungsparameter unterschieden sich nicht. Untersucht wurden Kinder im Alter zwischen 6 und 40 Monaten (Casper 2003). Auch Mattson und Mitarbeiter (2004) verglichen 3 bis 34 Monate alte, pränatal SSRI exponierte Kinder mit einer Kontrollgruppe, die unverdächtigen Medikamenten ausgesetzt war. Dabei zeigten die mit SSRI Exponierten etwas häufiger psychomotorische Entwicklungsrückstände, jedoch keine vermehrten Auffälligkeiten bei den mentalen Entwicklungsparametern des Bayley-Tests. Oberlander und Mitarbeiter (2005) fanden in einer kleinen Studie eine eingeschränkte Mimik und Herzfrequenzvariabilität nach Schmerzreiz im Alter von 2 Monaten bei Kindern mit SSRI-Exposition.

Bei anderen Untersuchungen wurden keine eindeutigen Entwicklungsunterschiede festgestellt, z.B. bei psychomotorischen Tests im Alter von 2 und 8 Monaten (Oberlander 2004).

Ein weiterer Vergleich zwischen pränatal SSRI-Exponierten (129 Fluoxetin, 28 Paroxetin, 32 Sertralin) und Kontroll-Kindern (209 tri-zyklische Antidepressiva, 185 unbehandelt) im Alter von 2 Jahren fand ebenfalls keine psychomotorischen Entwicklungsunterschiede (Simon 2002). Heikkinen und Mitarbeiter (2002) beobachteten keine neurologischen Differenzen im Alter von einem Jahr bei 11 mit Citalopram exponierten Kindern gegenüber 10 nicht exponierten. Nulman und Mitarbeiter (2002) sahen keine Auffälligkeiten bei 40 Fluoxetin exponierten Kindern im Alter zwischen 15 und 71 Monaten.

Citalopram

Es ergaben sich keine Hinweise auf Teratogenität bei mehreren Hundert ausgewerteten Schwangerschaften einer Studie der europäischen teratologischen Arbeitsgruppe ENTIS (Garbis 2005) sowie in anderen kleinen Fallserien (Review in Hallberg und Sjöblom 2005) und bei über 1.600 im schwedischen medizinischen Geburtsregister erfassten Schwangerschaften (Hallberg und Sjöblom 2005, Ericson 1999). Unter 92 an die amerikanische FDA gemeldeten, vorwiegend auffälligen Schwangerschaftsverläufen mit insgesamt 19 Fehlbildungen fanden sich 4 angeborene Entwicklungsstörungen am Auge (vorwiegend Sehnerv und Retina). Die Autoren ziehen eine Parallele zu den Ergebnissen von Langzeitversuchen an erwachsenen Ratten (Tabacova 2004). Eine neuere Untersuchung zu Citalopram und Fluoxetin beobachtete bei Neugeborenen signifikant häufiger Symptome einer serotonergen Überstimulation in den ersten Lebenstagen im Vergleich zu einer pränatal nicht exponierten Kontrollgruppe (Laine 2003). Siehe auch Einleitung zu SSRI. Tierexperimentell wurde keine Teratogenität beobachtet.

Escitalopram

Escitalopram ist ein aktives Isomer des Citaloprams. Von uns wurden 10 exponierte Schwangere prospektiv erfasst. Unter den 7 Lebendgeborenen gab es keine Fehlbildung. Zwei Schwangerschaften endeten als Spontanabort, eine wurde aus persönlichen Gründen abgebrochen. Die Datenlage ist für eine differenzierte Beurteilung noch unzureichend. Tierexperimentell wurde keine Teratogenität beobachtet.

Fluoxetin

Fehlbildungsrisiko.

Mehrere Studien mit insgesamt über 2.000 Schwangerschaften und eine ähnlich gro;ße Zahl vom Hersteller registrierter Fälle ergaben keine Hinweise auf ein substantiell erhöhtes Fehlbildungsrisiko (Garbis 2005, Hallberg 2005, Hines 2004, Källén 2004 B, Pastuszak 1993). Ein gering erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen wurde jedoch kürzlich diskutiert (Diav-Citrin 2006). Auch eine leicht erhöhte Abortrate wurde beschrieben, ohne die Ursachen – Grunderkrankung oder Medikation – klären zu können (Chambers 1996). Außerdem wurden ein vermehrtes Auftreten kleinerer Fehlbildungen, sowie bei Behandlung im letzten Trimenon von Frühgeburten und Anpassungsstörungen der Neugeborenen beobachtet (Übersicht in Hines 2004, Cohen 2000, Chambers 1996). Bei kritischer Sicht erscheint eine kausale Assoziation bei den kleinen Fehlbildungen wenig wahrscheinlich und wird auch von anderen Autoren bezweifelt (Robert 1996).

Anpassungsstörungen nach der Geburt.

Bei manchen Neugeborenen wurden wenige Tage dauernde, als Entzug oder serotonerge Überstimulation (Laine 2003; siehe auch Einleitung zu den SSRI) interpretierte Symptome wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet, wenn bis zum Ende der Schwangerschaft behandelt wurde (Zusammenfassung in Hines 2004, Mhanna 1997, Chambers 1996, Spencer 1993). Bei einem von uns beobachteten Fall traten bei dem frühgeborenen Kind ausgeprägte extrapyramidale Symptome auf. Fluo-xetin hat einschlie;ßlich seiner aktiven Metaboliten mit bis zu 9 Tagen die längste Halbwertszeit unter den SSRI und ist daher in Hinsicht auf die Neonatalperiode problematischer als andere SSRI. Auf eine möglicherweise erhöhte Blutungsbereitschaft postpartal wird ebenfalls hingewiesen (Mhanna 1997).

Langzeitentwicklung.

Bei einer Nachuntersuchung im Vorschulalter von 55 vorwiegend im 1. Trimenon exponierten Kindern ergaben sich keine Abweichungen bezüglich Intelligenzentwicklung, Verhalten und Sprachentwicklung gegenüber zwei Vergleichsgruppen mit Amitriptylin oder ohne Medikation (Nulman 1997). Eine spätere prospektive Untersuchung derselben Autorengruppe findet auch bei Kindern, deren Mütter während der gesamten Schwangerschaft Fluoxetin (40 Mutter-KindPaare; davon 18 bereits in der Studie von 1997 erfasst) genommen hatten, keine arzneispezifischen Auffälligkeiten in der Entwicklung im Alter zwischen 15 und 71 Monaten. Die Dauer der Depression hatte jedoch Auswirkungen auf den Intelligenzquotienten und die Häufigkeit depressiver Episoden auf die Sprachentwicklung. Die Autoren leiten daraus die Notwendigkeit einer Therapie bei Schwangeren ab (Nulman 2002).

Fluvoxamin

Keine substantiellen Hinweise auf spezifische teratogene Effekte haben sich bisher bei mehreren hundert Schwangerschaften unter Fluvox-amin gezeigt (Hallberg 2005, Garbis 2005).

Paroxetin

Fehlbildungsrisiko.

Mehrere tausend in verschiedenen Studien oder Fallserien dokumentierte Schwangerschaftsverläufe zu Paroxetin haben überwiegend keine Hinweise auf eine substantiell erhöhte Fehlbildungsrate erbracht (Vial 2006, Garbis 2005, Hallberg 2005, Malm 2005, Diav-Citrin 2002, Ericson 1999, Kulin 1998). Jedoch wurde in einigen neueren Untersuchungen ein gering erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen nach Therapie im 1. Trimenon diskutiert. Bei Diav-Citrin (2006) lag die Rate für alle gro;ße Fehlbildungen bei 18/348 = 5,2 % (Kontrollgruppe 2,5%). Um Fehlbildungen des Herzens handelte es sich in 7 Fällen (2,0%) vs. 8 auf 1.358 in einer unbehandelten Kontrollgruppe (0,6%). Das relative Risiko von 3,4 war schwach signifikant (95% KI 1,25–9,36). Eine auf über 800 Schwangerschaften beruhende Analyse mit Daten des schwedischen Geburtsregisters findet ebenfalls ein schwach signifikantes Ergebnis (OR 1,8) für Herzfehlbildungen bei nicht signifikant erhöhter Rate aller Fehlbildungen. Hier handelte es sich vor allem um Septumdefekte (Källén 2005, persönl. Mitteilung). Eine Untersuchung des spanischen Fehlbildungsregisters ergab bei insgesamt unauffälliger Fehlbildungshäufigkeit eine hoch signifikante Assoziation zwischen der Gabe von Paroxetin im 1. Trimenon und Aortenanomalien. Allerdings beruhte diese Berechnung auf nur 3 Kindern mit solchen Fehlbildungen (Rodriguez-Pinilla 2005, pers. Mitteilung). Im Register des Herstellers GlaxoSmithKline für Bupropion und Paroxetin (2005) fand sich eine leicht erhöhte Gesamtrate aller Fehlbildungen für Paroxetin. Die Häufigkeit von Herzfehlbildungen erreichte allerdings kein Signifikanzniveau.

Ein erhöhtes Risiko für eine Omphalocele (OR 6,3; 95% KI 2,0–19,6), nicht aber für andere Fehlbildungen, fanden Alwan und Mitarbeiter (2005) auf der Basis von Geburts- bzw. Fehlbildungsregisterda-ten. Tierexperimentell ergab sich bei Paroxetin bisher keine Teratogeni-tät. Insgesamt sind die schwachen Hinweise auf das häufigere Auftreten von (Herz-)Fehlbildungen unter Paroxetin zurückhaltend zu bewerten, da sie nur in einigen Analysen beobachtet wurden, und die Gesamtrate aller Fehlbildungen nicht erhöht zu sein scheint.

Anpassungsstörungen nach der Geburt.

Bei Behandlung bis zur Geburt wurden wiederholt Symptome beschrieben, u.a. Übererregbarkeit, Schlaf-und Trinkstörungen, Tremor, erhöhter Muskeltonus, Atemnotsyndrom und Hypoglykämie, die eine stationäre Überwachung erforderlich machten (Übersicht in Moses-Kolko 2005, Sanz 2005, Jaiswal 2003). Herbst und Gortner (2003) empfehlen, bei Symptomen einer neonatalen Enze-phalopathie differentialdiagnostisch auch an eine Paroxetinbehandlung der Mutter zu denken. Die Symptome beginnen in den ersten Lebenstagen und dauern im Extremfall einen Monat, meist aber nicht länger als 1–2 Wochen. In einer Studie mit 55 Kindern waren 12 betroffen (Costei 2002). Sanz (2005) berichtete über Spontanmeldungen an das internationale WHO-Drug-Monitoring-Zentrum in Uppsala, Schweden. Von insgesamt 93 Fällen mit einer durch SSRI induzierten Symptomatik bei Neugeborenen (davon 13 mit Krampfanfällen) war Paroxetin mit 64 überproportional häufig betroffen. Neben rezeptorspezifischen Unterschieden zwischen den SSRI erörtern die Autoren als Ursache für eine Entzugssymptomatik die verkürzte Halbwertszeit des Mittels, nachdem die Hemmung des Cytochrom-P450-2D6-Enzyms durch das Arzneimittel selbst nach der Geburt entfällt. In einem weiteren Fallbericht wies ein lethargisches reifes Neugeborenes als einziges Symptom eine fehlende Schmerzreaktion in den ersten beiden Lebenswochen auf (Morag 2004). Andere Autoren fanden keine Häufung neonataler Probleme bei Paroxe-tin im Vergleich zu anderen SSRI oder Trizyklika (Källén 2004 A).

Zwei Fallberichte diskutieren den Zusammenhang einer Paroxetin-behandlung in der Spätschwangerschaft mit einer Thrombozytenfunk-tionsstörung, die zu Subarachnoidalblutung bzw. Ventrikelblutung und Krampfanfällen beim (reifen) Neugeborenen führte (Duijvestijn 2003, Salvia-Roiges 2003). Zur Langzeitentwicklung nach pränataler SSRI-Exposition siehe Einleitung dieses Abschnitts.

Sertralin

Weit über 500 dokumentierte Schwangerschaftsverläufe haben keine Hinweise auf teratogene Effekte erbracht (Garbis 2005, Übersicht in Hallberg 2005, Hendrick 2003, Chambers 1999, Ericson 1999, Kulin 1998, eigene Erfahrungen), und auch tierexperimentell gibt es keinen Anhalt für Teratogenität.

Nach Gabe von Sertralin wurden Zittrigkeit, Unruhe, Übererregbarkeit, erhöhter Muskeltonus und schrilles Schreien beobachtet und zunächst als neonataler Entzug interpretiert (Chambers 1999, Kent 1995). Wie bei den anderen SSRI können diese Symptome auch Zeichen einer Serotonintoxizität sein, dazu gehört auch der Fall eines Nystagmus beim Neugeborenen (Oca und Donn 1999; siehe auch Einleitung zu den SSRI).

Empfehlung für die Praxis:

SSRI gehören zu den Mitteln der Wahl bei therapiebedürftigen Depressionen in der Schwangerschaft. Die gut untersuchten und in der Schwangerschaft i.A. gut verträglichen Mittel Sertralin und Citalopram sollten bei einer Neueinstellung bevorzugt werden. Eine unter Therapie mit einem anderen SSRI stabile Patientin sollte - zumal während einer Schwangerschaft -diese Medikation unverändert fortsetzen, um keine für Mutter und Kind bedrohlichen Krisen zu provozieren. Die Exposition mit einem weniger gut erprobten SSRI im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1). Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte jedoch angeboten werden. Bei Gabe von SSRI bis zur Geburt müssen Anpassungsstörungen und möglicherweise auch eine erhöhte Blutungsbereitschaft beim Neugeborenen bedacht werden. Daher sollte in den ersten Lebenstagen die Beobachtung des Neugeborenen gewährleistet sein, am besten durch Entbindung in einem perinatologischen Zentrum. Soweit klinisch vertretbar, sollte mit der Patientin eine Reduktion bzw. auch das vorübergehende Absetzen des Antidepressivums vor der Entbindung vereinbart werden; dabei richtet sich das erforderliche Zeitintervall nach der Halbwertszeit des Medikamentes. Aufgrund der sehr langen Halbwertszeit ist dieses Vorgehen besonders bei Fluoxetin anzuraten.

2.11.4. Monoaminooxidase-(MAO-)Hemmstoffe

Pharmakologie und Toxikologie.

Monoaminooxidase-Hemmstoffe wirken antriebssteigernd bei depressiver Verstimmung. Sie hemmen reversibel (neuere MAO-Hemmstoffe: z.B. Moclobemid; z.B. Aurorix®) oder irreversibel das Enzym Monoaminoxidase (MAO), das oxidativ die Überträgerstoffe im adrenergen System (Noradrenalin und Adrenalin) inaktiviert. Monoaminooxidase-Hemmstoffe sind strukturell dem Amphetamin verwandt. Therapeutisch wird heute vorwiegend Moclobemid und wegen der dabei erforderlichen strengen Diät nur noch selten Tranylcypromin (Jatrosom®) eingesetzt.

Unter MAO-Hemmern kann ein Hypertonus in der Schwangerschaft verstärkt und die Plazentaperfusion gemindert werden mit negativen Auswirkungen auf die fetale Entwicklung. Au;ßerdem können MAO-Hemmer eine Tokolyse mit Betarezeptorenblockern aufheben und unter der Geburt mit Narkotika interagieren.

Eine ältere Fallsammlung von 21 Schwangeren, die im 1. Trimenon mit MAO-Hemmstoffen behandelt wurden, davon 13 mit Tranylcypro-min (Heinonen 1977), sowie ein Bericht über 2 Kinder mit Anomalien und über Plazentainfarkte (Kennedy 2000) vermitteln den Eindruck eines pränatal toxischen Potenzials bei dieser Arzneimittelgruppe. Dieser Verdacht konnte bisher durch weitere Studien nicht erhärtet werden. Allerdings ist der Umfang der dokumentierten Erfahrungen gering. Das trifft in noch stärkerem Ma;ße für Moclobemid und andere MAO-Hemmer zu. Tierexperimentell liegen zu Moclobemid und Tranylcypro-min keine Hinweise auf Teratogenität vor.

Empfehlung für die Praxis:

Irreversible MAO-Hemmstoffe sind im 1. Trimenon zu meiden, im 2. und 3. Trimenon sind sie und auch die reversiblen MAO-Hem-mer allenfalls Reservemittel bei Versagen der besser untersuchten Trizyklika oder SSRI. Jedoch sollte eine stabil eingestellte Patientin während der Schwangerschaft nicht umgesetzt werden, um keine für Mutter und Kind bedrohlichen Krisen zu provozieren. Die Behandlung mit einem MAO-Hemmer in den ersten drei Monaten rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Mit Ultraschallfeindiagnostik sollte die normale morphologische Entwicklung des Fetus nach Exposition im 1. Trimenon kontrolliert werden. Entzugserscheinungen nach Geburt sind nicht auszuschlie;ßen. Daher sollte in den ersten beiden Lebenstagen eine kontinuierliche Beobachtung des Neugeborenen gewährleistet sein und die Entbindung möglichst in einem Perinatalzentrum erfolgen.

2.11.5. Andere Antidepressiva

Pharmakologie und Toxikologie.

Die übrigen Antidepressiva Amineptin, Amoxapin, Atomoxetin (Strattera®), Bupropion (= Amfebutamon; Zyban®), Duloxetin (Cymbalta®), Iprindol, Medifoxamin, Mirtazapin (Remergil®), Nefazodon, Oxitriptan, Reboxetin (z.B. Edronax®), Tia-neptin, Trazodon (z. B. Thombran®), Venlafaxin (Trevilor®) und Vilo-xazin (Vivalan®) sind strukturell weder den trizyklischen Antidepressiva noch den SSRI oder den MAO-Hemmern ähnlich.

Atomoxetin ist ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hem-mer, der kürzlich zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperak-tivitätsstörung zugelassen wurde. Im Gegensatz zu Methylphenidat gehört es nicht zu den Psychostimulanzien. Die Gefahr einer Überdosie-rung mit dem Risiko von Krampfanfällen wurde im Zusammenhang mit gleichzeitig gegebenen und ebenfalls über das Cytochrom-P450-Isoen-zym-2D6 verstoffwechselten Antidepressiva (Paroxetin, Fluoxetin, Bupropion) erörtert. Erfahrungen in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Der Wirkmechanismus von Bupropion, das vor allem zur Raucherentwöhnung verwendet wird und in der Bundesrepublik als Antide-pressivum nicht zugelassen ist, ist nicht genau bekannt.

Zu Bupropion wurden bisher weit über 500 Schwangerschaften im Herstellerregister erfasst (Glaxo-Smith-Kline 2005). Bis Juni 2004 registrierte man 10 Kinder mit Fehlbildungen unter 352 Lebendgeborenen. Das ergibt zwar keine auffällige Fehlbildungsrate, Herzfehlbildungen (Septumdefekte, Klappenanomalien, Fehlbildungen der gro;ßen Gef;ße) dominierten jedoch hier ebenso wie in den retrospektiven Fallberichten des Herstellers. In einer weiteren Studie aus Kanada wurden bei 136 Schwangeren mit Behandlung im 1. Trimenon bzw. 105 Lebendgeborenen keine gro;ße Fehlbildungen beobachtet, jedoch eine erhöhte Spontanabortrate (Chun-Fai-Chan 2005).

Zu Duloxetin, einem Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmstoff (SNRI), das zunächst als Urologikum (YENTREVE®) zur Behandlung der Belastungsharninkontinenz zugelassen wurde, liegen bisher keine ausreichenden Erfahrungen beim Menschen vor, die Aussagen zum teratogenen Potenzial erlauben. Tierexperimentell wurden bei Kaninchen kardiovaskuläre und Skelettfehlbildungen bei Dosen beobachtet, die unterhalb des maximalen klinischen Bereichs lagen. Wie bei anderen serotonerg wirkenden Antidepressiva muss auch bei Duloxetin mit toxischen Symptomen wie Übererregbarkeit beim Neugeborenen in den ersten Lebenstagen gerechnet werden.

Zu Mirtazapin, einem noradrenerg und serotonerg wirkenden Anti-depressivum, finden sich bei rund 100 veröffentlichten (Yaris 2004, Biswas 2003, Kesim 2002, Saks 2001) bzw. von uns dokumentierten Schwangerschaftsverläufen mit Behandlung vorwiegend im 1. Trime-non keine Hinweise auf Teratogenität. Auch tierexperimentell liegen keine Hinweise auf Teratogenität vor. Mirtazapin wird auch bei Hyper-emesis gravidarum eingesetzt (Guclu 2005, Rohde 2003, Dorn 2002, Saks 2001).

Zu Nefazodon, das die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin hemmt, liegen fast 100 publizierte, vorwiegend im 1. Trime-non exponierte Schwangerschaften vor (Yaris 2004, Einarson 2003). Weder diese Daten (Fehlbildungsrate 1,6%) noch tierexperimentelle Ergebnisse deuten bisher auf Teratogenität hin.

Oxitriptan ist die physiologische Vorstufe des Neurotransmitters Serotonin, das dessen Konzentration im ZNS erhöht. Ausreichende Erfahrungen zur Schwangerschaft liegen nicht vor.

Dies gilt auch für Tianeptin, das im Gehirn die Aufnahme des Seroto-nins erhöht. Trazodon ist strukturell dem Nefazodon verwandt und besitzt sedative Eigenschaften. Es wird auch als Hypnotikum verschrieben und hat sich bei etwa 70 publizierten Schwangerschaftsverläufen – meistens im 1. Trimenon angewendet – bisher nicht als teratogen erwiesen (Einarson 2003, McElhatton 1996). Gleiches gilt für tierexperimentelle Ergebnisse.

Trazodon ist strukturell dem Nefazodon verwandt und besitzt sedative Eigenschaften. Es wird auch als Hypnotikum verschrieben und hat sich bei etwa 70 publizierten Schwangerschaftsverläufen – meistens im 1.Trimenon - bisher nicht als teratogen erwiesen (Einarson 2003, McElhatton 1996). Gleiches gilt für tierexperimentelle Ergebnisse.

Zu Venlafaxin, einem so genannten bizyklischen Antidepressivum, das die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin hemmt, liegen einschlie;ßlich einer kontrollierten Studie mit 150 exponierten Schwangeren publizierte Erfahrungen an etwa 200 Schwangeren vor und 80 aus unserer eigenen Datenbank, die bisher keine Hinweise auf teratogene Effekte geben (Yaris 2004, Einarson 2001, Okotore 1999, Ellingrod 1994). Auch im Tierversuch wurde keine Teratogenität beobachtet. Entzugserscheinungen nach der Geburt sind nicht auszuschlie;ßen.

Die wenigen bis einige Dutzend dokumentierten Schwangerschaften zu Amineptin, Amoxapin, Medifoxamin, dem Noradrenalin-Wieder-aufnahme-Hemmstoff Reboxetin (eigene Beobachtungen) und Viloxa-zin (McElhatton 1996, Brunel 1994) ergeben keine spezifischen terato-genen Wirkungen, reichen aber für eine differenzierte Risikobewertung nicht aus.

Das Gleiche gilt für das heute auch von Schwangeren häufig eingenommene, aber formal unzureichend untersuchte, pflanzliche Antidepressivum Johanniskraut (Hypericin; z.B. Esbericum®; siehe auch Kapitel 2.19).

Empfehlung für die Praxis:

Die hier genannten Antidepressiva sollten - mit Ausnahme von Hypericin und ggf. Mirtazapin und Venlafaxin - in der Schwangerschaft primär nicht verschrieben werden, da keine ausreichenden Erfahrungen beim Menschen vorliegen. Andererseits sollte eine stabil eingestellte Patientin während der Schwangerschaft nicht auf andere Medikamente umgesetzt werden, um für Mutter und Kind keine bedrohlichen Krisen zu provozieren. Die Einnahme im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeindiagnostik kann jedoch angeboten werden, um eine Normalentwicklung des Fetus zu bestätigen. Entzugserscheinungen nach Geburt sind nicht auszuschlie;ßen. Daher ist in den ersten beiden Lebenstagen eine zuverlässige Beobachtung des Neugeborenen zu gewährleisten und eine Entbindung in einem perinatologischen Zentrum anzustreben.

2.11.6. Antipsychotische Behandlung

Neuroleptika rufen eine psycho-physiologische Umstimmung bei Gesunden und psychisch Kranken hervor, bei der die intellektuellen Fähigkeiten erhalten bleiben. Sie wirken wahrscheinlich über eine Blockade zerebraler Dopaminrezeptoren. Zur Gruppe der Neuroleptika zählen (schwach und stark wirksame) Phenothiazine, Thioxanthene, Butyrophenone als erste Generation und die so genannten atypischen Neuroleptika, kurz Atypika genannt, als zweite Generation. Generell sollte Folgendes bedacht werden:

  • Behandeln oder Nichtbehandeln. Angesichts potenzieller Arzneimittelrisiken sollte man nicht vergessen, dass auch eine unzureichend behandelte psychotische Erkrankung den Schwangerschaftsverlauf ungünstig beeinflussen kann (siehe Kapiteleinleitung).

    Weniger Fertilitätsstörungen unter Atypika. Durch geringere prolakti-nerge Wirkung der Atypika bessern sich nach einer Therapieumstellung die unter konventionellen Neuroleptika vorkommenden Fertili-tätstörungen. Dies führt dazu, dass mehr psychotisch erkrankte Frauen absichtlich oder unabsichtlich schwanger werden. McKenna und Mitarbeiter (2004) diskutieren die Konsequenzen, die sich aus der steigenden Zahl von Kindern psychotisch erkrankter Mütter seit Einführung der Atypika ergeben.

  • Klassische oder atypische Neuroleptika. Zu den klassischen Neuroleptika, also Phenothiazinen und Haloperidol, liegen seit Jahrzehnten Erfahrungen (auch bei Schwangeren) vor. Bisher haben sich dabei keine Hinweise auf teratogene Effekte beim Menschen ergeben. Beim Neugeborenen muss jedoch insbesondere bei Haloperidol mit Anpassungsstörungen gerechnet werden. Andererseits sind Nebenwirkungen wie akute Extrapyramidalsymptomatik und die Jahre später auftretenden Spätdyskinesien bei den (mit Haloperidol) behandelten Patientinnen bekannt; potenzielle Auswirkungen auf das kindliche Gehirn sind unzureichend untersucht. Es sollte im Einzelfall geprüft werden, ob das Nebenwirkungsprofil atypischer Neuroleptika tatsächlich dem der Phenothiazin-Neuroleptika oder einer niedrig dosierten Haloperidoltherapie (Tagesdosis unter 10 mg) überlegen ist, insbesondere im Fall einer Kurzzeitbehandlung (Zusammenfassung in Henke 2005, Davis 2004, Rosenheck 2003). In einer Vergleichsstudie zur Behandlung der chronischen Schizophrenie haben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Perphenazin und den atypischen Neuroleptika hinsichtlich unerwünschter Wirkungen einschließlich extrapyramidalmotorischer Störungen ergeben (Lieberman 2005). Zur Langzeitverträglichkeit von Atypika liegen noch keine Studiendaten vor.

2.11.7. Phenothiazine und Thioxanthene

Pharmakologie und Toxikologie.

Der Prototyp der Phenothiazine ist Chlorpromazin (Propaphenin®), das strukturell den Antihistaminika mit Phenothiazingerüst, wie z.B. Promethazin (z.B. Atosil®) verwandt ist. Phenothiazine blockieren die Dopaminrezeptoren in den Basal-ganglien, im Hypothalamus und im limbischen System. Die Beeinflussung des Dopaminstoffwechsels ist Ursache für einen Teil der Nebenwirkungen, wie z.B. parkinsonartige Symptome. Au;ßerdem haben Phe- nothiazine antiallergische und antiemetische Wirkungen, die therapeutisch genutzt werden (siehe Abschnitt 2.2.1 und 2.4.7). Die stärkste antipsychotische Wirksamkeit haben Flupentixol (Fluanxol®) und Per-phenazin (z.B. Decentan®).

Zu folgenden Phenothiazinen und Thioxanthenen liegen Berichte zur Anwendung in der Schwangerschaft vor: Alimemazin (siehe Kapitel 2.2 zu Antiallergika), Chlorpromazin (Propaphenin®), Dixyrazin, Fluphenazin (z.B. Dapotum®, Omca®), Levomepromazin (z.B. Neu-rocil®), Pericyazin, Perphenazin (z.B. Decentan®), Prochlorperazin, Promazin (z.B. Protactyl®), Thioridazin (z.B. Melleril®), Trifluopera-zin und Triflupromazin (Psyquil®, in Deutschland nicht mehr zugelassen). In Einzelfallberichten und einer kontrollierten Studie zu Pheno-thiazinen wurde über unterschiedliche Fehlbildungen, wie z.B. Mikrozephalie, Syndaktylie und Herzfehlbildungen, berichtet. Ein kausaler Zusammenhang lie;ß sich jedoch durch größere Studien nicht erhärten (Altshuler 1996, McElhatton 1992). Die meisten Informationen liegen zur antiemetischen Therapie bei Hyperemesis vor. Hierbei werden allerdings geringere Phenothiazindosen verwendet als bei der antipsychotischen Behandlung. Zusammenfassend können Phenothiazine nach allen bisher vorliegenden Erfahrungen als relativ sicher in der Schwangerschaft angesehen werden.

Speziell zu Chlorprothixen (z.B. Truxal®), Clopenthixol, Flupenti-xol (z.B. Fluanxol®), Metofenazat, Perazin (z.B. Taxilan®), Prothipen-dyl (Dominal® forte), Zotepin (Nipolept®) und Zuclopenthixol (Ciatyl Z®) sind keine Berichte mit größeren Fallzahlen publiziert. Aufgrund der langen Markterfahrung und des breiten Einsatzes zumindestens von Chlorprothixen, Flupentixol, Perazin und Zuclopenthixol ist ein nennenswertes teratogenes Risiko unwahrscheinlich.

Nach intrauteriner Phenothiazin-Exposition können dosisabhängig unter Umständen über Wochen anhaltende extrapyramidale Symptome bei den Neugeborenen auftreten. Au;ßerdem gibt es Berichte über (Ent-zugs-)Symptome bei Neugeborenen, d.h. leichte Sedierung oder motorische Unruhe (McElhatton 1992). In einer Kasuistik wird über ein Frühgeborenes der Schwangerschaftswoche 35 berichtet, dessen Mutter mit Chlorpromazin und Biperiden behandelt worden war. Am zweiten Lebenstag diagnostizierte man bei diesem Kind eine nekrotisie-rende Enterokolitis. Ein Zusammenhang zwischen mütterlicher Medikation und Erkrankung des Neugeborenen wurde diskutiert (Meut 1994), konnte aber von anderen Autoren nicht bestätigt werden.

Empfehlung für die Praxis:

Phenothiazine und Thioxanthene können zur Behandlung einer psychotischen Symptomatik in der Schwangerschaft verwendet werden. Sie sind auch bei Hyperemesis wirksam. Falls wegen extrapyramidaler Nebenwirkungen erforderlich, darf auch zusätzlich Biperiden gegeben werden. Zu den in der Schwangerschaft recht gut dokumentierten Phenothiazinderi- vaten gehören z.B. Alimemazin, Fluphenazin, Levomepromazin, Promazin und Thioridazin. Bei hoch dosierter Medikation bis zur Geburt ist eine zumindest 2-tägige Überwachung des Neugeborenen zum Ausschluss einer Extrapyramidaloder Entzugssymptomatik sinnvoll. Soweit klinisch vertretbar, kann mit der Patientin eine Reduktion bzw. auch das vorübergehende Absetzen des Neurolepti-kums vor der Geburt vereinbart werden, um den nicht selten beobachteten Anpassungsstörungen des Neugeborenen entgegen zu wirken. Das notwendige Zeitintervall richtet sich dabei nach der Halbwertszeit des Medikamentes. Zur Vermeidung eines Rezidivs muss sofort nach der Geburt die Dosierung wieder in den Bereich, der vor der Schwangerschaft üblich war, angehoben werden. Wurde ein Präparat im 1. Trimenon verschrieben, für das keine ausreichenden Daten vorliegen (siehe oben), stellt dies keine Indikation zum risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder zu invasiver Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.11.8. Haloperidol und andere Butyrophenone

Pharmakologie und Toxikologie.

Haloperidol (z. B. Haldol®, Sigaperidol®, Haloper®) ist der wichtigste Vertreter dieser Arzneimittelgruppe. Die anderen Derivate Benperidol (z. B. Glianimon®), Bromperidol (Impro-men®, Tesoprel®), Droperidol (Dehydrobenzperidol®), Melperon (Eunerpan®), Pipamperon (z.B. Dipiperon®) und Trifluperidol sind weniger verbreitet. Strukturell verwandte Neuroleptika sind Fluspirilen (z.B. Imap®), Penfluridol und Pimozid (Orap®).

Butyrophenone wie Haloperidol setzen die Fertilität durch deutliche Prolaktinerhöhung herab. Dies darf aber nicht als sichere Kontrazeption betrachtet werden! Zyklusstörungen und Amenorrhö sind häufig. Eine nennenswerte Interaktion mit hormonellen Kontrazeptiva ist nicht bekannt.

Ältere Fallberichte beschreiben Fehlbildungen, z.B. der Extremitäten, ohne dass diese Beobachtungen später bestätigt werden konnten. Es liegen prospektive Studien mit zusammen über 400 vorwiegend im 1. Trimenon oder durchgehend behandelten Schwangeren vor sowie retrospektive Fall-Kontroll-Untersuchungen (Diav-Citrin 2005, eigene Daten), die keinen teratogenen Effekt belegen konnten. Tierexperimentell beobachtete man nach hohen Dosen bei Mäusen orale Spaltbildungen und Neuralrohrdefekte und bei Ratten ein vermindertes Hirnwachstum.

Nach der Geburt können in den ersten Lebenstagen toxische bzw. Entzugssymptome beim Neugeborenen auftreten, insbesondere Unruhe, Sedierung, Trinkschwäche und extrapyramidale Symptome. Von 64 lebend geborenen Kindern in unserer prospektiven Datenbank wiesen 13 (20%) vorübergehende Symptome (vorwiegend Zittrigkeit) auf, die nicht durch Frühgeburtlichkeit bedingt waren. In der bisher größten publizierten prospektiven Studie von Diav-Citrin (2005), die einen Teil unserer eigenen Daten einschlie;ßt, waren es nur 5 % der Kinder. In vielen Fällen mit neonataler Symptomatik nahm die Mutter vor der Geburt zusätzlich andere Psychopharmaka ein. Im Vergleich zu gesunden Kontrollgruppen, liegt der Anteil früh geborener Kinder unter Haloperidolbehandlung höher (Diav-Citrin 2005, eigene Daten). Langzeituntersuchungen zum Risiko von Spätdyskinesien bei den Kindern liegen nicht vor.

Zu Fluspirilen und zu Penfluridol liegen ca. 40 bzw. etwa 30 pro-spektiv nachverfolgte Schwangerschaften vor (Diav-Citrin 2005, eigene Daten), aus denen sich keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial ergeben. Andere Butyrophenone sind unzureichend in der Schwangerschaft untersucht. Aufgrund der strukturellen Verwandtschaft sind sie wahrscheinlich analog zu bewerten.

Empfehlung für die Praxis:

Haloperidol kann bei entsprechender psychiatrischer Indikation in der Schwangerschaft verordnet werden, zur Besserung extrapyramidaler Nebenwirkungen auch in Kombination mit Biperiden. Die Einnahme eines anderen Butyrophenons rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1) noch invasive Diagnostik. Sorgfältige Schwangerschaftsüberwachung und engmaschige psychiatrische Kontakte sind anzuraten, um rechtzeitig Krisen bei der Mutter und Entwicklungskomplikationen beim Fetus (Frühgeburtsbestrebungen, Wachstumsretardierung) begegnen zu können. Das Neugeborene soll zum Ausschluss einer Entzugssymptomatik oder/und extrapyramidaler Symptome zumindest 2 Tage beobachtet werden. Soweit klinisch vertretbar, kann mit der Patientin eine Reduktion bzw. auch das vorübergehende Absetzen des Neuroleptikums vor der Geburt vereinbart werden, um den nicht selten beobachteten Anpassungsstörungen des Neugeborenen entgegen zu wirken. Zur Vermeidung eines Rezidivs in dieser für die Mutter kritischen Phase muss sofort nach der Geburt die vor der Schwangerschaft übliche therapeutische Dosierung wieder aufgenommen werden.

2.11.9. Atypische Neuroleptika

Die meisten atypischen Neuroleptika haben eine relativ höhere Affinität zu Serotonin- als zu Dopaminrezeptoren. Gegenüber Haloperidol und anderen klassischen Neuroleptika wird ihnen eine bessere Verträglichkeit in Bezug auf extrapyramidale/dyskinetische Nebenwirkungen zugeschrieben. Mit Ausnahme von Amisulprid erhöhen sie die Prolak-tinkonzentration nicht oder nur in geringerem Ma;ße oder wie Risperi-don nur vorübergehend. Der geringere prolaktinämische Effekt birgt das Risiko ungewollter Schwangerschaften, wenn von klassischen Neuroleptika auf atypische Neuroleptika umgestellt wird und die prolaktin-bedingte Fertilitätsminderung wegfällt. Daher ist eine wirksame Kontrazeption sicherzustellen. Eine Wechselwirkung mit Kontrazeptiva ist bisher nicht bekannt. Bei Clozapin und Olanzapin wurden eine Hyperglykämie bzw. Glucoseintoleranz bei Schwangeren beschrieben. Eine Gewichtszunahme wurde bei diesen beiden Mitteln sowie bei Quetiapin und Risperidon beobachtet (Überblick in Gentile 2004). Sowohl die Glucoseintoleranz als auch übermäßige Gewichtszunahme sind Risikofaktoren für den Schwangerschaftsverlauf. Zum Teil wird über ein geringeres Geburtsgewicht nach Atypikabehandlung berichtet (McKenna 2005). Wie auch bei anderen Psychopharmaka können Neugeborene in den ersten Lebenstagen Anpassungsstörungen zeigen, einzelne Fallberichte erwähnen auch Krampfanfälle. Für bleibende Funktionsstörungen gibt es bisher keinen Anhalt, allerdings sind für eine differenzierte Bewertung die vorliegenden Daten unzureichend.

Amisulprid

Zu Amisulprid (z.B. SOLIAN®), einem Benzamidderivat und selektiven Dopamin-D2- und -D3-Rezeptorantagonisten, liegen nur Einzelfallberichte vor, die bisher keine spezifische Teratogenität erkennen lassen. Wir überblicken 11 prospektiv dokumentierte Schwangerschaften, von denen eine als Spontanabort endete. Von den 10 lebend geborenen Kindern wies keines eine Fehlbildung auf. Allerdings reicht diese geringe Zahl für eine differenzierte Risikobewertung nicht aus. Zur perinatalen Dosisanpassung siehe „Empfehlung für die Praxis” weiter unten.

Aripiprazol

Aripiprazol (Abilify®) wird als erstes atypisches Neuroleptikum der 2. Generation bezeichnet. Es zeichnet sich aus durch gemischten dop-aminergen Agonismus (in Regionen verminderter dopaminerger Aktivität, beispielsweise im mesokortikalen Bereich) und Antagonismus (in Regionen mit erhöhter Dopaminkonzentration, z.B. im mesolimbi-schen Bereich). Im Gegensatz zu den klassischen Neuroleptika und manchen Atypika wie dem Risperidon bewirkt es keine Erhöhung, sondern tendentiell sogar eher eine Erniedrigung des Prolaktins. Besonders beim Umsetzen von einem klassischen Neuroleptikum (Phenothiazine, Butyrophenone wie Haloperidol) muss mit einer ungeplanten Schwangerschaft gerechnet werden, da sich durch den geringeren Einfluss auf den Prolaktinspiegel im Vergleich zu den klassischen Neuroleptika die Fertilität verbessern kann. Daher muss eine wirksame Kontrazeption sichergestellt werden. Bisher sind keine Wechselwirkungen mit Kontra-zeptiva bekannt. Für eine Bewertung des Risikos in der Schwangerschaft liegen weder ausreichende Daten noch Einzelfallhinweise auf spezifische teratogene Ereignisse vor. Tierexperimentell fanden sich bei Ratten vermehrt Zwerchfellhernien und bei Kaninchen Skelettauffälligkeiten. Zur perinatalen Dosisanpassung siehe „Empfehlung für die Pra-xis” weiter unten.

Clozapin

Clozapin (Leponex®) besteht strukturell aus einem phenothiazinarti-gen und einem aliphatischen, aromatischen, trizyklischen Dibenzodi-azepinanteil. Es wirkt anders als die anderen Atypika auf unterschiedliche zentralnervöse Rezeptoren. Clozapin wird aufgrund potenziell schwerer immunallergischer Agranulozytose oder Myokarditis sowie Krampfanfällen heute nur noch bei sonst therapierefraktären schizophrenen Patienten verordnet. Menstruationszyklus und Fertilität sind im Gegensatz zu den klassischen Neuroleptika kaum beeinträchtigt, weil Clozapin den Prolaktinspiegel kaum bzw. nur vorübergehend erhöht. Besonders beim Umsetzen von einem klassischen Neurolepti-kum (Phenothiazinderivate, Butyrophenone wie Haloperidol) muss mit einer ungeplanten Schwangerschaft gerechnet werden, da sich durch den geringeren Einfluss auf den Prolaktinspiegel im Vergleich zu den klassischen Neuroleptika die Fertilität verbessern kann. Daher muss eine wirksame Kontrazeption sichergestellt werden. Bisher sind keine Wechselwirkungen mit Kontrazeptiva bekannt. Eine Akkumulation von Clozapin im fetalen Serum konnte nachgewiesen werden (Barnas 1994). Hinweise auf typische Fehlbildungen ergeben sich weder aus den bisher publizierten Verläufen von etwa 200 Schwangerschaften (McKenna 2005, Gentile 2004) noch aus den rund 500 beim Hersteller gesammelten Fallberichten oder von uns prospektiv erfassten 51 Schwangerschaftsverläufen (1 gro;ße Fehlbildung mit Transposition der gro;ßen Gefäße). Vier Falldokumentationen beschreiben einen Gestati-onsdiabetes, der unter der Therapie neu aufgetreten ist oder sich verschlechtert hat (Überblick in Gentile 2004). Hinweise auf ein nennenswertes Risiko für Beeinträchtigungen der Blutbildung oder gar einer Agranulozytose beim Fetus bzw. Neugeborenen liegen bisher nicht vor.

Eine Kasuistik beschreibt eine eingeschränkte fetale Herzfrequenzvariabilität am Ende der Schwangerschaft (Yogev 2002). Sedierung des Neugeborenen, Zittrigkeit oder andere Entzugssymptome, sowie Krampfanfälle und eine Floppy-Infant-Symptomatik wurden vereinzelt beschrieben (Überblick in Gentile 2004). Von 39 lebend geborenen Kindern in unserer prospektiven Datenbank wiesen 2 (5%) vorübergehende, nicht durch Frühgeburtlichkeit bedingte Symptome auf. Manche Autoren empfehlen eine Dosisreduktion am Ende der Schwangerschaft (Barnas 1994). Zur perinatalen Dosisanpassung siehe „Empfehlung für die Praxis” weiter unten.

Olanzapin

Im Gegensatz zu den klassischen Neuroleptika sind Menstruationszyklus und Fertilität bei Olanzapin (ZYPREXA®) mit seinem kombinierten D2/5-HT2A-Rezeptorantagonismus kaum beeinträchtigt. Der Prolaktin-spiegel ist nur in geringem Ma;ße und nur vorübergehend erhöht.

Besonders beim Umsetzen von einem klassischen Neuroleptikum (Phe-nothiazine, Butyrophenone wie Haloperidol) muss mit einer ungeplan-ten Schwangerschaft gerechnet werden, da sich durch den geringeren Einfluss auf den Prolaktinspiegel im Vergleich zu den klassischen Neu-roleptika die Fertilität verbessern kann. Daher muss eine wirksame Kontrazeption sichergestellt werden. Bisher sind keine Wechselwirkungen mit Kontrazeptiva bekannt.

Olanzapin hat sich tierexperimentell bei Ratten und Kaninchen nicht als teratogen erwiesen. Etwa 200 Schwangerschaften wurden inzwischen ausgewertet, die z.T. mit den rund 240 vom Hersteller gesammelten Fallberichten identisch sind. Diese Daten ergeben bisher keine Hinweise auf embryo- oder fetotoxische Effekte (McKenna 2005, Levinson 2003, Ernst 2002, Mendhekar 2002, Biswas 2001, Malek-Ahmadi 2001, Nagy 2001, Neumann 2001, Goldstein 2000, Kirchheiner 2000). Auch die von uns prospektiv erfassten 63 Schwangerschaften mit nur einer gro;ßen Fehlbildung ergeben keinen Hinweis auf Teratogenität.

Nach Anwendung bis zum Ende der Schwangerschaft wurden Sedie-rung und anhaltender Ikterus bei einem Säugling im Zusammenhang mit der mütterlichen Olanzapineinnahme diskutiert (Goldstein 2000). Bei drei retrospektiv erfassten Kindern, deren Mütter bis zur Geburt behandelt wurden, traten in der Neonatalzeit Krampfanfälle auf (Goldstein 2000, eigene Erfahrungen). Da unter den prospektiv dokumentierten Fällen keine Krampfanfälle beobachtet wurden, ist ein hohes Krampfrisiko nicht gegeben, ein ursächlicher Zusammenhang ist aber nicht auszuschlie;ßen. Die lange Halbwertszeit von etwa 30 Stunden und die noch nicht voll entwickelte Exkretionsleistung beim Neugeborenen könnten derartige toxische Wirkungen begünstigen. Von 44 lebend geborenen Kindern in unserer prospektiven Datenbank wiesen 8 (18%) vorübergehende, nicht durch Frühgeburtlichkeit bedingte Symptome (vorwiegend Zittrigkeit) auf. Zur perinatalen Dosisanpassung siehe „Empfehlung für die Praxis” weiter unten.

Quetiapin

Beim Umsetzen von einem klassischen Neuroleptikum (Phenothiazine, Butyrophenone wie Haloperidol) auf Quetiapin (Seroquel®) mit seinem kombiniertem D2/5-HT2A-Rezeptorantagonismus muss mit einer ungeplanten Schwangerschaft gerechnet werden, da durch den geringeren Einfluss auf den Prolaktinspiegel im Vergleich zu den klassischen Neuroleptika die Fertilität ansteigen kann. Daher muss eine wirksame Kontrazeption sichergestellt werden. Bisher sind keine Wechselwirkungen mit Kontrazeptiva bekannt.

Etwa 40 bisher veröffentlichte Schwangerschaftsverläufe und 150 vom Hersteller gesammelte Fallberichte lassen keine spezifische Terato-genität oder – soweit untersucht – bleibende Funktionsstörungen erkennen, sie sind aber unzureichend für eine differenzierte Risikobewertung (McKenna 2005, Pace zitiert in Gentile 2004, Taylor 2003, Tényi 2002). Von weiteren 42 in unserer Datenbank prospektiv erfassten Schwangerschaften wiesen 2 (statistisch nicht signifikant gegenüber einer nicht behandelten Kontrollgruppe) eine gro;ße Fehlbildung auf: Vorhofseptumdefekt, Lippen-Gaumen-Spalte. Die Mutter des Kindes mit der Spaltbildung rauchte 20 Zigaretten täglich und war Au;ßerdem mit Olanzapin behandelt worden. Rauchen wird bei Frauen mit einem gleichzeitig vorliegenden Defekt des Enzyms TGF-Alpha als Risikofaktor für Spaltbildungen diskutiert. Im Tierversuch ist keine Teratogenität bekannt. Von den 36 lebend geborenen Kindern in unserer prospekti-ven Datenbank wiesen 3 (9%) vorübergehende, nicht durch Frühge-burtlichkeit bedingte Anpassungssymptome (vorwiegend Zittrigkeit) auf. Zur perinatalen Dosisanpassung siehe „Empfehlung für die Praxis” weiter unten.

Risperidon

Beim Umsetzen von einem klassischen Neuroleptikum (Phenothiazine, Butyrophenone wie Haloperidol) auf Risperidon (Risperdal®), einem Benzisoxazolderivat und kombiniertem D2/5-HT2A-Rezeptorant-agonisten, muss mit einer ungeplanten Schwangerschaft gerechnet werden, da sich durch den geringeren Einfluss auf den Prolaktinspiegel im Vergleich zu den klassischen Neuroleptika die Fertilität normalisieren kann. Daher muss eine wirksame Kontrazeption sichergestellt werden. Bisher sind keine Wechselwirkungen mit Kontrazeptiva bekannt.

Zu Risperidon gibt es etwa 60 publizierte Fallberichte (McKenna 2005, Ratnayake 2002, Mackay 1998) und rund 200 vom Hersteller gesammelte Datensätze sowie 32 von uns prospektiv erfasste Schwangerschaftsverläufe, die bisher keine spezifische Teratogenität erkennen lassen. Von den 32 in unserer Datenbank prospektiv erfassten Schwangerschaften wies 1 Kind eine gro;ße Fehlbildung auf. Dies ist gegenüber der Kontrollgruppe statistisch nicht signifikant. Allerdings erlaubt die geringe Fallzahl keine differenzierte Risikobewertung. Im Tierversuch ist keine Teratogenität bekannt. Zur perinatalen Dosisanpassung siehe „Empfehlung für die Praxis” weiter unten.

Ziprasidon

Beim Umsetzen von einem klassischen Neuroleptikum (Phenothiazine, Butyrophenone wie Haloperidol) auf Ziprasidon (Zeldox®), einem kombiniertem D2/5-HT2A-Rezeptorantagonisten, muss mit einer unge-planten Schwangerschaft gerechnet werden, da durch den geringeren Einfluss auf den Prolaktinspiegel im Vergleich zu den klassischen Neu- roleptika die Fertilität steigen kann. Daher muss eine wirksame Kontrazeption sichergestellt werden. Bisher sind keine Wechselwirkungen mit Kontrazeptiva bekannt.

Zu Ziprasidon gibt es nur wenige publizierte Fallberichte. Von den 12 in unserer Datenbank prospektiv erfassten Schwangerschaften wies ein Kind (von 10 Lebendgeborenen) eine gro;ße Fehlbildung auf (Vorhofseptumdefekt). Dies ist gegenüber einer gesunden Kontrollgruppe statistisch nicht signifikant und lässt keine spezifische Terato-genität erkennen, ist aber unzureichend für eine differenzierte Risikobewertung. Im Tierversuch hat sich Ziprasidon beim Kaninchen als teratogen erwiesen (Herzfehlbildungen). Zur perinatalen Situation und Dosisanpassung um die Geburt siehe Abschnitt „Empfehlung für die Praxis”.

Empfehlung für die Praxis:

Ein atypisches Neuroleptikum kann bei entsprechender Indikation in der Schwangerschaft eingesetzt werden, wobei möglichst länger eingeführte Präparate bevorzugt werden sollten. Olanzapin ist das bisher am umfangreichsten in der Schwangerschaft dokumentierte Mittel aus dieser Gruppe. Da Olanzapin den Blutzuckerspiegel erhöhen kann, muss ein Gesta-tionsdiabetes ausgeschlossen werden. Die anderen genannten atypischen Neu-roleptika sind aufgrund der geringeren Erprobung Reservemittel in der Schwangerschaft, die unter stabiler Therapie während einer Schwangerschaft jedoch nicht umgesetzt werden sollten, um keine für Mutter und Kind bedrohliche Krise zu provozieren. Wegen allgemeiner Nebenwirkungen sollte eine Neueinstellung von Clozapin in der Schwangerschaft unterbleiben, eine gut auf Clozapin eingestellte Patientin muss jedoch nicht umgestellt werden. Generell sind sorgfältige Schwangerschaftsüberwachung und engmaschige psychiatrische Kontakte unerlässlich, um rechtzeitig Krisen bei der Mutter und Entwicklungskomplikationen beim Fetus (Frühgeburtsbestrebungen, Wachstumsretardierung) begegnen zu können. Nach Exposition im 1. Trimenon sollte die normale Entwicklung des Fetus mittels Ultraschallfeindiagnostik bestätigt werden. Die Einnahme eines atypischen Neuroleptikums rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Bei Therapie im letzten Schwangerschaftsdrittel sollte, wenn möglich, die Dosis in den Tagen vor der Geburt reduziert werden, um Symptome beim Neugeborenen zu vermeiden. In den ersten beiden Lebenstagen muss eine zuverlässige Beobachtung des Neugeborenen gewährleistet sein, daher sollte die Entbindung möglichst in einem Perinatalzentrum erfolgen. Bei Erkrankungen mit hoher Rezidivgefahr (wie etwa bipolare Störungen) sollte bedacht werden, dass eine zu rasche Dosisreduktion vor Geburt in dieser für die Mutter vulnerablen Phase probelmatisch sein kann und postpartal das höchste Risiko für ein Rezidiv besteht. Die Notwendigkeit einer postpartalen Dosiserhöhung in therapeutische bzw. hochtherapeutische Bereiche muss frühzeitig besprochen werden.

2.11.10. Weitere Neuroleptika

Zu Clothiapin, Loxapin, Remoxiprid, Sertindol (Serdolect®) und Sul-pirid (z.B. Dogmatil, Meresa®) liegen keine ausreichenden Daten vor. Sulpirid wurde in der Vergangenheit aufgrund seiner prolaktinergen Wirkung zur Anregung der Milchproduktion eingesetzt.

Empfehlung für die Praxis:

Die genannten atypischen Neuroleptika sollten aufgrund unzureichender Erfahrung bei Planung einer Schwangerschaft nicht verordnet werden. Eine hierunter stabile Patientin muss jedoch während einer Schwangerschaft nicht umgesetzt werden, um keine für Mutter und Kind bedrohliche Krise zu provozieren. Eine Exposition im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte hingegen angeboten werden. In den ersten beiden Lebenstagen muss eine zuverlässige Beobachtung des Neugeborenen gewährleistet sein, daher sollte die Entbindung möglichst in einem Perinatalzentrum erfolgen.

2.11.11. Lithiumsalze

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Lithiumsalze Lithiumacetat (Quilo-num®), Lithiumcarbonat (z.B. Hypnorex®), Lithiumhydrogenaspar-tat (Lithium-Aspartat®) und Lithiumsulfat (Lithium-Duriles®) haben sich zur Prophylaxe manischer Symptome im Rahmen bipolarer affekti-ver Störungen bewährt. Sie beeinträchtigen die normalen psychischen Funktionen nicht und haben bei Gesunden in therapeutischer Dosis keine Wirkung.

Lithiumsalze werden nach oraler Gabe gut resorbiert und zu mehr als 95 % unverändert mit dem Urin ausgeschieden, ihre Halbwertszeit beträgt 24 Stunden. Bei Schwangeren ist die Lithiumausscheidung durch die Niere um 50–100% gesteigert. Lithium ist plazentagängig und erreicht im Fetus ebenso hohe Konzentrationen wie im mütterlichen Serum.

In den 70er Jahren wurde Lithium eine erhebliche Teratogenität unterstellt und Herzfehlbildungen als Folge der Behandlung im 1. Trimenon angesehen, insbesondere die sonst seltene Ebstein-Anomalie mit einer Fehlanlage der Trikuspidalklappe. Zur Dokumentation exponierter Feten wurde das so genannte „Lithium-Baby-Register” 1968 in Dänemark eingerichtet und dann international ausgeweitet. Als es 1979 geschlossen wurde, lagen Berichte über 225 Kinder vor, davon hatten 25 (11%) Fehlbildungen, in 18 Fällen am Herzen und den gro;ßen Gefäßen. Andere Anomalien betrafen die äußeren Ohranlagen, das Gehirn, die Ureter und das endokrine System (Übersicht bei Kozma 2005). Der hohe Anteil von Kindern mit Fehlbildungen erklärt sich aus der retro- spektiven Fallerfassung, bei der wie üblich auffällige Verläufe überrepräsentiert sind. Spätere prospektive Kohorten- und retrospektive FallKontroll-Untersuchungen ergaben nur zum Teil erhöhte Fehlbildungsraten, u.a. auch für Herzfehler. Doch scheint das teratogene Risiko deutlich geringer zu sein, als früher angenommen (Kozma 2005, Cohen 1994, Jacobson 1992, Källén 1991, Zalzstein 1990). Weit über 90% der exponierten Kinder werden nach diesen neueren Untersuchungen organisch gesund geboren. Das Risiko für eine Ebstein-Anomalie, die spontan bei 1 von 20.000 Kindern vorkommt, beträgt nach heutigem Wissen nur etwa 1 auf 1.000 exponierte Feten, d.h. es tritt unter einer Lithiumtherapie etwa 20-mal häufiger auf als spontan (Shepard 2002). Unter Lithium wurde auch über vermehrte Frühgeburten, erhöhtes Geburtsgewicht und Polyhydramnie berichtet (Troyer 1993).

Da unter der Geburt die Clearance sinkt und das therapeutische Dosisintervall bei Lithium sehr schmal ist, sind toxische Symptome bei Mutter und Kind nicht ungewöhnlich. Während der Schwangerschaft können toxische Symptome bei der Mutter durch eine Hyperemesis begünstigt werden, andererseits können toxische Symptome des Lithiums mit einer schwangerschaftsbedingten Emesis verwechselt werden.

Beim Neugeborenen können in einzelnen Fällen Atemstörungen, funktionelle kardiale Störungen wie persistierender fetaler Kreislauf, Vorhofflattern und erhebliche Rechtsherzbelastung bei pathologischem Lungengefä;ßwiderstand auftreten. Auch ein kurzzeitig mit ADH behandlungsbedürftiger Diabetes insipidus (Pinelli 2002), Krampfanfälle und Hypothyreose wurden beschrieben (Malzacher 2003, Zegers 2003, Frassetto 2002, Llewellyn 1998). Diese toxischen Effekte des Lithiums besserten sich meist innerhalb von 1–2 Wochen nach der Geburt. Bei Neugeborenen mit ausgeprägter Hypothyreose und konna-taler Struma wurde jedoch auch über eine wochenlang erforderliche Thyroxinsubstitution berichtet (Frassetto 2002). Länger anhalten kann auch ein so genanntes „Floppy-Infant-Syndrom” mit Lethargie, Trinkschwäche, Tachypnoe, Tachykardie, Zyanose, Temperaturregulationsstörung und Muskelhypotonie. Die spätere Entwicklung der Kinder verläuft anscheinend normal (Kozma 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Ist eine Lithiumtherapie in der Schwangerschaft erforderlich, sollten gleich bleibend niedrige Serumkonzentrationen angestrebt werden, insbesondere im 1. Trimenon. Die mütterliche Tagesdosis (üblicherweise 300 bis höchstens 1200 mg/Tag) sollte auf 3–4 Einzeldosen verteilt werden. Eine Ultraschallfeindiagnostik bzw. eine fetale Echokardiographie sind nach Exposition im 1. Trimenon zu empfehlen.

Die Schwangere soll keine salzarme Diät einhalten und keine Diuretika einnehmen. Letztere können einen paradoxen antidiuretischen Effekt bei gleichzeitiger Lithiumtherapie entfalten. Wegen Veränderungen im Flüssigkeitshaushalt während der Schwangerschaft sollte die Serumkonzentration (0,5–0,8 mEq/l) monat- lich kontrolliert und die Dosis dann ggf. erhöht werden. Im letzten Schwangerschaftsmonat sind wöchentliche Kontrollen erforderlich und vor der Geburt alle 2 Tage. In der Woche vor der Geburt sollte, wenn möglich, die Dosis um 30–50% herabgesetzt werden. Eine Dehydratation ist ggf. mit parenteraler Flüssigkeitssubstitution zu therapieren. Nach der Geburt kann die vor der Schwangerschaft übliche Dosis wieder eingenommen werden. Dabei muss zunächst weiter engmaschig der Spiegel kontrolliert werden und wegen der erneuten Umstellung des Flüssigkeitshaushalts die Dosis ggf. vorübergehend nach unten angepasst werden. Aufgrund der unreifen renalen Elimination insbesondere in den ersten Lebenstagen ist auf toxische Symptome beim Kind zu achten. Au;ßerdem muss eine Hypothyreose ausgeschlossen werden. Die Entbindung sollte in einem Peri-natalzentrum erfolgen. Gerade bei bekannter bipolarer Störung muss bei der Planung der Medikation für die Mutter das hohe postpartale Rezidivrisiko bedacht werden und zwar sowohl für postpartale Depressionen als auch für Manien.

2.11.12. Andere antimanische Psychopharmaka

Die Antiepileptika Valproinsäure, Carbamazepin und Lamotrigin werden ebenfalls als Phasenprophylaktika bei bipolaren affektiven (manisch-depressiven) Erkrankungen verordnet. Da Valproinsäure und Carbamazepin ein erhebliches teratogenes Potenzial besitzen und weniger riskante Mittel zur Verfügung stehen, sind sie strikt zu meiden, wenn eine Schwangerschaft nicht ausgeschlossen werden kann (siehe Kapitel 2.10).

2.11.13. Anxiolytika (Tranquilizer)

Pharmakologie und Toxikologie.

Anxiolytika sollen Angst- und Span-nungszustände lösen und den Einfluss negativer Emotionen auf das körperliche Befinden mindern (psycho-vegetative Entkopplung). Für diese Indikation werden bzw. wurden verschiedene Arzneimittel verwendet: Neuroleptika, Benzodiazepine, Meprobamat, Buspiron, Hydroxyzin und Kavain. Diese Präparate wirken mehr oder minder sedierend und antriebshemmend. Zu Benzodiazepinen und Neuroleptika siehe die entsprechenden Abschnitte.

Buspiron (Bespar®) hat eine Affinität zu Serotonin- und Dopaminre-zeptoren und kann den Prolaktinspiegel erhöhen. Im Tierversuch zeigte das Präparat keine teratogene Wirkung. Ausreichende Daten zur Schwangerschaft beim Menschen liegen nicht vor.

Hydroxyzin (z. B. Atarax®) ist ein Antihistaminikum mit sedativen, antiemetischen und angstlösenden Eigenschaften. Es liegen mehrere Untersuchungen mit zusammen etwa 240 Schwangerschaften vor. Hin- weise auf entwicklungstoxische Effekte ergeben sich hieraus nicht (Diav-Citrin 2003, Einarson 1997). Tierexperimentell finden sich Hinweise auf Teratogenität.

Kavain ist zusammen mit anderen Kavalactonen einer der Hauptinhaltsstoffe aus der Kava-Kava-Wurzel (Piper methysticum, Rauschpfeffer). Diesem Wirkstoff mit antidopaminerger und daher auch prolakti-nerger Wirkung, werden psychostabilisierende Eigenschaften zugeschrieben. Untersuchungen zur Anwendung bei Schwangeren liegen nicht vor, allerdings gibt es bisher auch keine Hinweise auf teratogene Effekte. Aufgrund seiner Hepatotoxizität hat es in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren.

Meprobamat ist einer der ältesten Tranquilizer. Seit der Einführung der Benzodiazepine hat Meprobamat therapeutisch keine gro;ße Bedeutung mehr. In einer Studie mit 400 Frauen, die Meprobamat im 1. Tri-menon erhalten hatten, war die Häufigkeit von Herzfehlbildungen erhöht (Milkovich 1974). Diese Beobachtung konnte in anderen Untersuchungen nicht bestätigt werden. Unbestätigt blieb auch der Verdacht auf Polydaktylie durch mütterliche Meprobamat-Behandlung. Im Tierversuch fanden sich bei Mäusen unter hohen Dosen Anomalien der Endphalangen und bei Ratten Verhaltensauffälligkeiten.

Empfehlung für die Praxis:

Buspiron, Hydroxyzin, Kavain und Meprobamat sind in der Schwangerschaft zu meiden. Eine dennoch erfolgte Exposition im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Zur Anxiolyse sind niedrig dosierte Antidepressiva mit sedierenden Eigenschaften geeignet (z. B. Amitriptylin) und für die kurzfristige Therapie auch Benzodiazepine. Zur Sedierung kommen Diphenhydramin und als Antiemetikum Meclozin infrage (siehe dort).

2.11.14. Hypnotika

Als Schlafmittel (Hypnotika) werden Substanzen verschiedener Stoffgruppen eingesetzt. Sie führen dosisabhängig zu einer Sedierung oder wirken hypnotisch. Schlafstörungen haben die unterschiedlichsten Ursachen und sollten erst nach Ausschöpfung aller Alternativen medikamentös behandelt werden. Eine Dauermedikation mit Schlafmitteln ist wegen der Abhängigkeitsgefahr nicht nur in der Schwangerschaft kontraindiziert.

2.11.15. Barbiturate

Pharmakologie und Toxikologie.

Bis zur Einführung der Benzodiazepine waren Barbitursäurederivate die wichtigsten Schlafmittel. Seitdem haben Barbiturate ihre Bedeutung als Hypnotika fast vollständig verlo- ren. Anwendung findet heute fast nur noch das Phenobarbital (z. B. Luminal®).

Erfahrungen zu Barbituraten in der Schwangerschaft wurden hauptsächlich bei der Behandlung der Epilepsie gesammelt (siehe Kapitel 2.10). Bei kurzzeitiger Verwendung als Schlafmittel und zur Narkose sind Barbiturate als wahrscheinlich sicher für den Embryo anzusehen. Eine Gabe unter der Geburt kann eine Atemdepression beim Neugeborenen verursachen.

Empfehlung für die Praxis:

Phenobarbital ist als Hypnotikum in der Schwangerschaft relativ kontraindiziert. Benzodiazepine oder niedrig dosierte Trizyklika (z. B. Amitriptylin) sind zu bevorzugen. Eine dennoch erfolgte Exposition, insbesondere mit Einzeldosen, erfordert keine diagnostischen Konsequenzen. Bei antiepileptischer Dauertherapie mit Barbituraten im 1. Trimenon sollte jedoch eine Ultraschallfeindiagnostik veranlasst werden. Nach einer Therapie bis zur Geburt ist das Neugeborene in den ersten beiden Lebenstagen zum Ausschluss von Atemdepression und ggf. auftretenden Entzugssymptomen gut zu überwachen.

2.11.16. Benzodiazepine

Pharmakologie.

Benzodiazepinderivate werden nicht nur als Hypnotika, sondern auch als Antiepileptika (siehe Kapitel 2.10) und Anxiolytika eingesetzt. In den letzten 30 Jahren wurde eine Vielzahl von Benzodiazepi-nen in die Therapie eingeführt. Sie sind strukturell miteinander verwandt und ihre Halbwertszeit hängt vor allem von der biologischen Aktivität der Metabolite ab, die durch Oxidation in der Leber entstehen.

Zur Narkoseeinleitung und als Hypnotika werden kurzwirksame Benzodiazepine (Halbwertszeit < 6 Stunden) eingesetzt: Brotizolam (Lendormin®), Flurazepam (z.B. Dalmadorm®, Staurodorm®), Mida-zolam (Dormicum®), Triazolam (Halcion®).

Mittellangwirksame Benzodiazepine (Halbwertszeit 6–24 Stunden) stehen als Sedativa und Hypnotika zur Verfügung: Alprazolam (z.B. Tafil®), Bromazepam (z.B. Bromazanil®, Lexotanil®), Clotiazepam, Flunitrazepam (z.B. Rohypnol®), Loprazolam (Sonin®), Lorazepam (z.B. Tavor®), Lormetazepam (z.B. Noctamid®), Metaclazepam, Ni-trazepam (z.B. Mogadan, Radedorm®), Oxazepam (z.B. Adumbran®, Praxiten®), Temazepam (z.B. Planum®, Remestan®).

Langwirksame Benzodiazepine (Halbwertszeit >24 Stunden bis mehrere Tage) werden hauptsächlich als Sedativa, Anxiolytika und Antikonvulsiva verordnet: Chlordiazepoxid (z.B. Librium®, Radepur®), Clobazam (Frisium®), Clonazepam (Antelepsin®, Rivotril®), Diaze-pam (z.B. Faustan®, Valium®), Dikaliumclorazepat (Tranxilium®), Medazepam (z.B. Rudotel®), Nordazepam (Tranxilium® N), Praze-pam (Demetrin®).

Diazepam wird nach oraler Gabe rasch resorbiert und im Blut überwiegend an Plasmaproteine gebunden transportiert. In der Leber erfolgen eine Hydroxylierung und die Metabolisierung zu dem noch aktiven Desmethyldiazepam, das nach Glucuronidierung über die Nieren ausgeschieden wird. Die Halbwertszeit beträgt 1–2 Tage, beim Neugeborenen ist sie aufgrund verminderter Clearance erheblich verlängert.

Orale Kontrazeptiva können durch Hemmung des Metabolismus die Alprazolam- oder Diazepamkonzentration erhöhen. Au;ßerdem können sie die enterale Absorption von Benzodiazepinen verändern und zu einer Wirkungsabschwächung von Lorazepam durch Einwirkung auf dessen Kinetik führen. Andererseits ist eine Beeinträchtigung oraler Kontrazeptiva bei Benzodiazepintherapie durch Cytochrom-P450-Enzyminduktion möglich (Kuhl 2002). Diazepam ist gut plazentagängig. Unter der Geburt ist die Konzentration im Nabelvenenblut bis zu 3fach höher als im mütterlichen Blut.

Fehlbildungsrisiko.

Für Benzodiazepine besteht nach heutigem Wissen kein nennenswertes teratogenes Risiko, obwohl die vorliegenden Studien ein teilweise widersprüchliches Bild ergeben. Die meisten Erfahrungen liegen zu Diazepam vor. Im Zusammenhang mit einer Benzodi-azepintherapie im 1. Trimenon wurden Herzfehlbildungen, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten, Inguinalhernien und komplexe andere Fehlbildungen beschrieben (Übersicht bei McElhatton 1994). Andere Studien konnten teratogene Effekte nicht bestätigen (Czeizel 2003, Ornoy 1998, Patuszak 1996). In einer Metaanalyse zeigten die gesammelten Daten von Kohortenstudien mit Schwangeren, die mit Benzodiazepinen behandelt wurden, keine Auffälligkeiten. Die zusammenfassende Analyse der verfügbaren retrospektiven Fall-Kontroll-Studien erbrachte hingegen ein erhöhtes Risiko für gro;ße Fehlbildungen bzw. für isolierte Mundspaltbildungen nach Behandlung der Mütter mit Benzodiazepi-nen (Dolovitch 1998). Auch Rodriguez-Pinilla (1999) erörtert im Zusammenhang mit zwei retrospektiven Fall-Kontroll-Untersuchungen mit Daten aus Fehlbildungsregistern schwache, aber statistisch signifikante Assoziationen zwischen Benzodiazepin-Exposition im 1. Trime-non und Spaltbildungen, intestinalen Atresien und Mikrozephalie.

Zu Alprazolam ergaben sich bislang keine Hinweise auf Teratogeni-tät (Schick-Boschetto 1992, St Clair 1992). Zwei retrospektive FallKontroll-Untersuchungen mit rund 400 mit Chlordiazepoxid exponierten Schwangeren (Czeizel 2004), sowie 10 Patientinnen mit Alprazo-lam, etwa 100 mit Clonazepam (Details siehe Kapitel 2.10 Antiepileptika), 18 mit Medazepam, 18 mit Nitrazepam und 13 mit Tofisopam ergaben ebenfalls keine Hinweise auf nennenswerte teratogene Effekte (Lin 2004, Eros 2002).

Bonnot und Mitarbeiter (2001) fanden kein erhöhtes Risiko für spezielle Fehlbildungen bei Benzodiazepinen insgesamt, jedoch eine Assoziation zwischen Analatresie und Lorazepam: von 6 Kindern mit Anal- atresie, deren Mütter Benzodiazepine genommen hatten, waren 5 prä-natal mit Lorazepam exponiert.

Anpassungsstörungen nach der Geburt.

Laegreid und Mitarbeiter (1989) berichteten über acht Kinder, deren Mütter während der gesamten Schwangerschaft Arzneimittelabusus mit täglich mindestens 30 mg Di-azepam und mindestens 75 mg Oxazepam betrieben hatten. Alle Kinder wiesen Gesichtsdysmorphien auf, einige Au;ßerdem eine Mikrozephalie sowie postpartal toxische Symptome (Apnoe) und Entzugserscheinungen. Später wurden unterschiedlich ausgeprägte mentale Retardierungen, Konzentrationsstörungen und Hyperkinesien beobachtet. Diesen Falldarstellungen ist jedoch vorgehalten worden, Art und Umfang der Exposition nicht ausreichend abgesichert und in einem Fall ein Zellweger-Syndrom nicht ausgeschlossen zu haben. In Nachfolgeuntersuchungen wurde bei den etwa 18 Monate alten Kindern eine Besserung der Symptomatik festgestellt (Laegreid 1992).

Als gesichert wird hingegen das Risiko funktioneller Störungen beim Neugeborenen angesehen, wenn unter der Geburt Benzodiazepine hoch dosiert verabreicht wurden oder wenn über längere Zeiträume, das letzte Schwangerschaftsdrittel inbegriffen, regelmäßig Diazepam oder andere Benzodiazepine eingenommen wurden. Einerseits muss nach hohen Dosen sub partu mit Atemdepression gerechnet werden, wie z.B. bei Therapie einer Eklampsie. Andererseits kann nach andauernder Exposition eine Entzugssymptomatik mit Unruhe, Tremor, Muskelhypertonus, Erbrechen, Durchfall auftreten, wie z.B. nach Opiaten. Auch zerebrale Krampfanfälle in der Neonatalphase sind möglich und ein Wochen bis Monate anhaltendes „Floppy-infant-Syndrom” mit Muskelschlaffheit, Lethargie, Temperaturregulationsstörungen und Trinkschwäche. Aufgrund der Akkumulation im Fetus können im Einzelfall schon geringe Dosen Diazepam (unter 10 mg) beim Neugeborenen zu klinischen Symptomen führen (Peinemann 2001).

Das Neugeborene metabolisiert Benzodiazepine wesentlich langsamer als der Erwachsene. Langzeitwirkungen einer pränatalen Exposition auf die spätere Entwicklung des Kindes sind nicht abschlie;ßend geklärt. Besorgnis erregende Hinweise gibt es bisher aber nicht.

Benzodiazepine können in der Peripartalphase Bilirubin aus der Albuminbindung im Blut verdrängen und zumindest theoretisch einen Icterus neonatorum verstärken.

Empfehlung für die Praxis:

Bei strenger Indikationsstellung sind Benzodiaze-pine Mittel der Wahl zur Behandlung einer Angstsymptomatik und in bestimmten Fällen auch von Schlafstörungen in der Schwangerschaft. Sie sollten, auch nach Ausschöpfung aller nicht medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten und medikamentöser Alternativen (z.B. niedrig dosierte Antidepressiva, wie etwa Amitriptylin), nur kurzzeitig verordnet werden. Eine Dauertherapie im letzten Tri- menon, z.B. als Zusatzmedikation zur Wehenhemmung oder eine Behandlung am Geburtstermin ist wegen möglicher neonataler Komplikationen (siehe oben) besonders kritisch zu prüfen. In den ersten Lebenstagen muss verstärkt auf Symptome beim Kind geachtet werden. Nach Möglichkeit sollte mit der werdenden Mutter eine Dosisreduktion rechtzeitig vor dem erwarteten Geburtstermin besprochen werden (abhängig von der Halbwertszeit).

Im Fall einer Therapie mit Benzodiazepinen empfiehlt es sich, aufgrund der durch Enzyminduktion verursachten Unsicherheit hormoneller Kontrazeption keine systemische Hormontherapie, also auch keine oralen Kontrazeptiva, vorzusehen, da selbst die gelegentlich empfohlene Verdopplung der Dosis nicht die gewünschte Sicherheit garantiert. Ein Intrauterinsystem mit lokaler Gestagenabgabe (Mirena®) wäre zu bevorzugen oder bei etwas geringerer Sicherheit ein Intraute-rinpessar (IUD). Nur wenn diese Methoden nicht vertragen werden, ist eine höher dosierte hormonelle Kontrazeption - ggf. mit Einschränkungen der Ver-lässlichkeit - in Betracht zu ziehen. Hierfür kommt eine durchgehende Einnahme von täglich 2 Dosen eines niedrig dosierten monophasischen Präparates infrage und zwar im Langzyklus durchgehend für 3–9 Monate.

2.11.17. Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon

Zaleplon (Sonata®), Zolpidem (z.B. Stilnox®) und Zopiclon (Ximo-van®) sind neuentwickelte Hypnotika mit agonistischer Wirkung am Benzodiazepinrezeptor. Sie sind chemisch nicht mit der Gruppe der Benzodiazepine verwandt. Wegen des geringeren Suchtpotenzials finden sie heute zunehmende Verbreitung. Untersuchungen an verschiedenen Tierspezies lassen nach Angaben der Hersteller keine teratoge-nen Effekte erkennen.

Zur Anwendung von Zaleplon gibt es keine ausreichenden Erfahrungen für eine differenzierte Risikobeurteilung in der Schwangerschaft.

Zu Zolpidem liegen auf der Basis von einem Dutzend im 1. Trimenon exponierten Schwangerschaften keine Hinweise für teratogene Eigenschaften vor (Wilton 1998). Für eine differenzierte Risikobewertung reichen die Daten jedoch nicht aus.

In einer prospektiven Studie mit 40 im 1. Trimenon mit Zopiclon behandelten Schwangeren fanden sich keine Auffälligkeiten gegenüber einer Kontrollgruppe (Diav-Citrin 1999). Zu Eszopiclon (Lunesta®, Estorra®), dem S-Enantiomer des Zopiclon, gibt es keine Erfahrungen in der Schwangerschaft.

Empfehlung für die Praxis:

Die hier genannten Arzneimittel sollten während der Schwangerschaft nicht als Hypnotika verordnet werden. Eine dennoch erfolgte Einnahme im 1. Trimenon rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwan- gerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15), ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus sollte aber angeboten werden.

2.11.18. Chloralhydrat

Pharmakologie und Toxikologie.

Chloralhydrat (z.B. Chloraldurat®) ist seit über 100 Jahren auf dem Markt und damit das älteste derzeit benutzte Hypnotikum. Nach der Resorption wird Chloralhydrat rasch zu dem ebenfalls hypnotisch wirksamen Metaboliten Trichlorethanol umgewandelt und teilweise zu Trichloressigsäure metabolisiert. Chloralhydrat kann chromosomale Veränderungen auslösen (Sora 1987), jedoch konnte im Tierversuch an der Maus keine erhöhte Fehlbildungsrate nachgewiesen werden. Es gibt nur wenige Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft. Über ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko wurde nicht berichtet (Heinonen 1977).

Empfehlung für die Praxis:

Chloralhydrat ist in der Schwangerschaft zu meiden. Eine dennoch erfolgte Einnahme im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15) noch zusätzliche Diagnostik. Behandlungsbedürftige Schlafstörungen sollten primär mit sedierenden Antihistaminika oder Benzodiazepinen behandelt werden.

2.11.19. Andere Hypnotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Einige Antihistaminika (H1-Blocker) sind gut wirksame Schlafmittel, wie z. B. Diphenhydramin (z. B. Dolestan®, Emesan®, nervo-OPT®N) und Doxylamin (z.B. Gittalun®, Hoggar® Night, Sedaplus®). Die Anwendung von H1-Antihistaminika in der Schwangerschaft wird in Abschnitt 2.2.1 dargestellt.

Baldrianprodukte (z. B. Baldrian Dispert®) werden bei Unruhe oder Einschlafstörungen auch von Schwangeren häufig eingenommen. Systematische Untersuchungen liegen jedoch nicht vor, allerdings auch keine Hinweise auf Teratogenität beim Menschen.

Clomethiazol (Distraneurin®), Melperon (Eunerpan®), Promethazin (z. B. Atosil®) und Scopolamin-HBr (Scopoderm TTS® Membranpflaster) haben als Hypnotika keine Relevanz. Clomethiazol (Distraneurin®) wird bei akuten Entzugserscheinugen nach chronischem Alkoholabusus eingesetzt.

Tryptophan ist eine Aminosäure, die bei Schlafstörungen gegeben wurde. Bei chronischem Gebrauch während der Schwangerschaft wurde beim Fetus eine Zunahme der Atembewegungen registriert.

Empfehlung für die Praxis:

Die hier genannten Arzneimittel sollten, mit Ausnahme von Baldrian und Diphenhydramin (siehe Abschnitt 2.21), während der Schwangerschaft nicht als Hypnotika verordnet werden. Eine dennoch erfolgte Einnahme dieser Präparate rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15).

2.11.20. Psychoanaleptika

Pharmakologie und Toxikologie.

Psychoanaleptika sind Psychostimulan-zien, die die Aktivität bestimmter Abschnitte des Zentralnervensystems steigern. Sie wirken weder depressionslösend noch stimmungsaufhel-lend. Zu den Analeptika im weiteren Sinne gehören die Methylxan-thine Coffein und Theobromin (siehe auch Kapitel 2.21).

Die am häufigsten verwendeten Analeptika sind Derivate des Phe-nylethylamins. Der Prototyp dieser Substanzgruppe ist das Amphet-amin (siehe Kapitel 2.21.5). Die so genannten „Weckamine” sind den Sympathomimetika verwandt, steigern bei Ermüdung die Leistungsfähigkeit und können zur Abhängigkeit führen. Zu dieser Substanzgruppe gehören Amfetaminil (AN 1®), Fenetyllin (Captagon®) und Methylphenidat (Ritalin®).

Auch Modafinil (Vigil), bei Narkolepsie eingesetzt, und Pemolin (Tradon®), ein Oxazolidin, das z.B. bei Aufmerksamkeitsdefizit verwendet wurde, gehören zu den Psychostimulanzien.

Methylphenidat hat bei etwa 50 Schwangerschaften, davon über ein Dutzend im 1. Trimenon exponiert, keine eindeutigen Hinweise auf Teratogenität ergeben (Übersicht in Golub 2005, DeBooy 1993, eigene Beobachtungen). Allerdings reichen die beiden publizierten Fallserien aufgrund ihres geringen Umfangs und z. T. erheblicher zusätzlicher Risikofaktoren bei den ausgewerteten Schwangerschaften für eine differenzierte Bewertung nicht aus. Soweit untersucht, ergaben tierexperimentelle Studien keine Hinweise auf Teratogenität. Beim Menschen wurde über Frühgeburtlichkeit, intrauterine Wachstumsretardierung und Entzugssymptome berichtet. Einerseits wird Missbrauch mit dem Medikament betrieben, zum anderen wird es in jüngerer Vergangenheit zunehmend bis ins Erwachsenenalter wegen Aufmerksamkeitsdefizit und hyperkinetischem Verhalten gegeben und führt dann zufällig zu einer Exposition während der Schwangerschaft.

Zu Amfetaminil, Fenetyllin, Modafinil und Pemolin gibt es keine für eine Risikobeurteilung ausreichenden Daten zur Anwendung während der Schwangerschaft. Hinweise auf Teratogenität im Tierversuch liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Die genannten Psychoanaleptika sind in der Schwangerschaft zu meiden. Eine dennoch erfolgte Exposition im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15) noch invasive Diagnostik.

2.11.21. Parkinsonmittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Das Parkinsonsyndrom tritt vorwiegend bei älteren Patienten auf. In der Schwangerschaft spielt die Therapie kaum eine Rolle mit Ausnahme der Behandlung des juvenilen Parkinsonismus und bei Restless-legs-Syndrom. Die vorliegenden Fallberichte zu L-Dopa/Benserazid (z. B. in Levopar®) in etwa 15 durchgehend behandelten Schwangerschaften deuten nicht auf Störungen der vorgeburtlichen Entwicklung hin (Arai 1997, Nomoto 1997, von Graevenitz 1996).

Die ebenfalls als Parkinsonmittel verwendeten dopaminagonistisch wirkenden Ergotaminabkömmlinge Bromocriptin (z. B. Pravidel®), Ca-bergolin (z.B. Cabaseril®), a-Dihydroergocryptin (Almirid®), Lisurid (z.B. Dopergin®) und Pergolid (z.B. Parkotil) werden bei Frauen im reproduktionsfähigen Alter auch bei Prolaktinomen und daraus resultierenden Fertilitätsstörungen eingesetzt (siehe Kapitel 2.15).

Weitere Parkinsonmittel, die z.T. zur Behandlung der durch klassische Neuroleptika induzierten extrapyramidalen Symptome verwendet werden, sind das Virustatikum Amantadin (z.B. Adekin®; siehe Kapitel 2.6), Biperiden (z.B. Akineton®), Benzatropin, Bornaprin (Sormodren®), Budipin (Parkinsan®), Metixen (z.B. Tremarit®), Pramipexol (Sifrol®), Pridinol (Myoson®), Procyclidin (Osnervan®), Ropinirol (Requip®), Tiaprid (Tiapridex®) und Trihexyphenidyl (z.B. Artane®) sowie die Monoamminoxidase-B-(MAO-B-) Hemmstoffe Se-legilin (z.B. Antiparkin®) und Rasagilin (Azilect®).

Mit Ausnahme der älteren Ergotaminabkömmlinge liegen zu den meisten dieser Mittel keine ausreichenden Erfahrungen in der Schwangerschaft vor. Hinweise auf ein erhebliches teratogenes Potenzial beim Menschen sind bisher nicht erkennbar.

Empfehlung für die Praxis:

In gut begründeten Einzelfällen ist die Behandlung mit Parkinsonmitteln auch im 1. Trimenon akzeptabel, z. B. bei Therapie eines Prolaktinoms mit Ergotaminderivaten oder von extrapyramidalen Nebenwirkungen einer Neuroleptika-Therapie mit Biperiden. Bei Restless-legs-Symptomen sollten möglichst andere Therapieoptionen genutzt werden. Keines der hier erörterten Mittel rechtfertigt, wenn es im 1. Trimenon eingenommen wurde, einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte jedoch angeboten werden, wenn eines der unzureichend untersuchten Produkte im 1. Trimenon eingenommen wurde.

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2.12. Immunmodulatoren und Therapie rheumatischer Erkrankungen

2.12.1. Immunmodulatoren allgemein

Immunmodulatoren umfassen Immunsuppressiva und Immunstimulanzien. Man unterscheidet

  • chemisch definierte Immunsuppressiva: Azathioprin, Ciclosporin A, Mycophenolatmofetil, Tacrolimus, Sirolimus, Everolimus

  • Immunsuppressiva aus der Gruppe der monoklonalen Antikörper: Basiliximab, Daclizumab, Infliximab, Muromonab-CD3, Palivi-zumab.

  • Tumor-Nekrose-Faktor-(TNF-)α-Antikörper: Adalimumab, Etanercept, Infliximab.

Auch Corticosteroide sind zu den Immunsuppressiva zu rechnen (siehe Kapitel 2.15). Zu den Immunstimulanzien gehören Interferone, Kolonie-stimulierende Faktoren (CSF) und Glatiramer.

Klinische Erfahrungen liegen vor allem zu Schwangerschaften nach Nieren- und Lebertransplantation und zur Langzeittherapie mit Azathioprin, Ciclosporin und Tacrolimus in Kombination mit einem niedrig dosierten Glucocorticoid (Prednisolon) vor. Insbesondere dann, wenn keine Abstoßungsreaktion auftritt und die Transplantation mindestens 1–2 Jahre zurückliegt, ist die Prognose für eine Schwangerschaft gut. Zwar wird häufiger per Sectio entbunden, und es kommt vermehrt zu Frühgeburten und zu intrauteriner Wachstumsretardierung (small for gestational age) sowie zur passageren Nierenfunktionsstörung beim Neugeborenen. Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko oder bleibende Funktionsdefizite sind aber aufgrund der vorliegenden Erfahrungen nicht zu erwarten. Bei einem Vergleich von Schwangerschaften organtransplantierter Frauen einige Jahre vor und nach Transplantation zeigte sich, dass verschiedene Befunde in beiden Gruppen ähnlich häufig auftraten. Das betrifft die Rate an Präeklampsie (22%), an Frühgeburten (46 %), niedrigerem Geburtsgewicht (41 %), small for gestational age (16%) und die Säuglingssterblichkeit (5%). Eine erhöhte Fehlbildungsrate wurde in keiner der beiden Gruppen festgestellt (Källén 2005). Diese Studie legt nahe, dass die geschilderten Komplikationen in erster Linie durch die Schwere der mütterlichen Erkrankung verursacht werden und nicht durch die Transplantation oder die immunsuppres-sive Therapie. Die Abortrate war in dem Kollektiv vor Transplantation höher als danach.

Zur antirheumatischen Therapie siehe Kapitel 2.12.7.

2.12.2. Azathioprin

Azathioprin (AZA) (z.B. Imurek®) ist ein zur Immunsuppression genutzter Antimetabolit, der zu mehr als 80 % zu 6-Mercaptopurin (6-MP) metabolisiert wird. Von AZA werden nach oraler Gabe ca. 47 % resorbiert, während es bei 6-MP durchschnittlich nur 16% sind (Polifka 2002). Von vielen Autoren wird das Risiko für beide Substanzen bei immunsuppressiven Dosierungen als vergleichbar angesehen.

AZA wirkt in Bakterientestsystemen mutagen und im Tierexperiment teratogen. Annähernd 40 Studien bzw. Fallserien mit insgesamt mehr als 1.000 Schwangeren sowie weitere Fallberichte zu 120 Schwangerschaften lassen kein nennenswert erhöhtes Fehlbildungsrisiko erkennen (Berkovitch 2005, Moskovitz 2004, Armenti 2003, Francella 2003, Polifka 2002). Nur Nørgård (2003) fand anhand der Daten aus dem dänischen Geburtsregister bei einer Fallzahl von nur 10 Frauen eine signifikante Erhöhung an grobstrukturellen Fehlbildungen, perina-taler Sterblichkeit und Frühgeburtlichkeit.

Wie andere zytotoxische Substanzen vermag AZA das intrauterine Wachstum zu hemmen, so dass verschiedentlich ein erniedrigtes Geburtsgewicht beobachtet wurde. Dies kann allerdings auch Folge der Grunderkrankung oder der häufig gleichzeitig erfolgten Glucocortico-idtherapie sein. Eine Leukopenie der Mutter am Ende der Schwangerschaft kann auf eine neonatale Hämatopoesehemmung und Immun-suppression hinweisen (Davison 1985).

Bei 23 Kindern mit intrauteriner Exposition mit Ciclosporin oder AZA wurden später Intelligenztests durchgeführt und mit einer Kontrollgruppe von 18 Kindern verglichen. Dabei zeigten sich diskret schlechtere Ergebnisse bei bestimmten kognitiven Leistungen, nicht aber beim verbalen IQ, sowie beim Sprach- und Hörverständnis (Nulman 2004). Die Ergebnisse dieser Studie sind angesichts der geringen Fallzahl als vorläufig zu bewerten.

Nach bisher vorliegenden Erkenntnissen scheint eine Therapie des Vaters mit AZA bzw. 6-MP zum Zeitpunkt der Konzeption keine negativen Folgen für die intrauterine Entwicklung zu haben (siehe Kapitel 1).

Empfehlung für die Praxis:

Bei der Immunsuppression mit Azathioprin ist ein nennenswertes teratogenes Potenzial beim Menschen bisher nicht erkennbar. Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Bei einer Leukopenie der Mutter im 3.Trime-non sollte zur Vermeidung einer Hämatopoesehemmung und Immunsuppression beim Neugeborenen versucht werden, die Dosis zu verringern.

2.12.3. Ciclosporin A

Ciclosporin A (z. B. Sandimmun®) wird schon lange bei Organtransplantationen eingesetzt und seltener bei immunologischen Erkrankungen. Im Tierversuch wirken hohe Dosen teilweise fetotoxisch. Terato-gene Schäden traten hingegen nicht auf.

In einer Vielzahl von Studien mit mehr als 1.000 schwangeren organ-transplantierten Frauen wurde kein teratogenes Risiko festgestellt (Armenti 2003, Bar-Oz 2001, Lamarque 1997).

Intrauterine Wachstumsverzögerung und eine erhöhte Rate an Frühgeburtlichkeit wurden beschrieben, jedoch sind diese Befunde wahrscheinlich durch die mütterliche Grunderkrankung bedingt.

Bei sechs im ersten Lebensjahr untersuchten Kindern fanden sich Veränderungen bei den B- und T-Lymphozyten sowie den Natural-Kil-ler-Zell-Funktionen (NK), die aber offenbar klinisch nicht relevant waren (DiPaolo 2000). In zwei anderen Untersuchungen zeigte sich keine veränderte Immunreaktion bei Kindern bis zum Alter von 2 Jahren (Baarsma 1993) bzw. bis zum Alter von 5 Jahren (Rieder 1997). Weder die Untersuchung von Rieder (1997) an 14 Kindern, noch eine andere von Nulman (2004) an 20 Kindern erbrachte Hinweise auf neurologische Störungen bzw. auf Einschränkungen der intellektuellen Entwicklung. Ein einzelner Fallbericht beschreibt ein 2-jähriges Kind mit Hepatoblastom nach mütterlicher Behandlung mit Ciclosporin während der gesamten Schwangerschaft (Roll 1997).

Empfehlung für die Praxis:

Bei der Immunsuppression mit Ciclosporin A ist ein nennenswertes teratogenes Potenzial beim Menschen bisher nicht erkennbar. Ein hoch auflösender Ultraschall sollte zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.12.4. Selektive Immunsuppressiva

Tacrolimus (Prograf®) ist ein Makrolid aus Streptomyces, das zunehmend als Immunsuppressivum bei Organtransplantationen und auch lokal bei Hauterkrankungen eingesetzt wird (siehe Kapitel 2.17). Folgende Vor- und Nachteile werden im Vergleich mit Ciclosporin bei Schwangeren diskutiert: Unter Tacrolimus kommt es seltener zu Abstoßungsreaktionen und zur Hypertonie. Die benötigte Prednisondosis ist geringer. Jedoch tritt ein Gestationsdiabetes häufiger auf und es kommt vermehrt zur vorübergehenden Hyperkaliämie und Einschränkung der Nierenfunktion bei Neugeborenen. Eine 36 Stunden anhaltende Anurie war der gravierendste Befund (Jain 1997). Wie bei anderen Immunsuppressiva wurde ein vermehrtes Auftreten von Präeklampsie, Frühgeburten, geringerem Geburtsgewicht und Schnittentbindungen beobachtet.

Die Erfahrungen in der Schwangerschaft beruhen auf retrospektiven Fallberichten, Fallserien (Jain 2004, Rayes 1998), einer kleinen pro-spektiven Studie (Jain 2003) und auf der 1991 von Arzneimittelherstellern eingerichteten „National Transplantation Registry” (Armenti 2003). Etwa 200 Schwangerschaften sind unter Tacrolimus dokumentiert, das in der Regel zusammen mit Prednison, aber auch mit anderen Immunsuppressiva gegeben wird. Ein nennenswertes teratogenes Risiko konnte bisher nicht festgestellt werden. Die oben erwähnten Schwangerschaftskomplikationen und vorübergehenden Nebenwirkungen beim Neugeborenen wurden von den meisten Autoren beobachtet.

In der prospektiven Studie von Jain (2003) wurden 49 Kinder von 37 lebertransplantierten Müttern analysiert. Zwei Frühgeborene und ein Kind mit multiplen Fehlbildungen verstarben, außerdem hatte ein Neugeborenes unilateral eine nicht funktionierende, zystische Niere. In einer retrospektiven Analyse von 100 Schwangerschaften mit 68

Lebendgeborenen fanden sich vier Kinder mit verschiedenen Fehlbildungen (Kainz 2000). In einem retrospektiven Fallbericht findet sich ein frühgeborenes Zwillingspaar mit Cardiomyopathie, an der eines der beiden Kinder verstarb (Vyas 1999). Nagy (2003) berichtet über 9 u.a. mit Tacrolimus exponierten Schwangerschaften, darunter sind zwei Kinder mit einem kleinen Ventrikelseptumdefekt. Hypoplastische Nägel und beidseits kurze fünfte Finger wurden bei einem sonst gesunden Frühgeborenen nach immunsuppressiver Kombinationstherapie mit Tacrolimus und MMF (siehe unten) beschrieben (Pergola 2001).

Das Makrolid Sirolimus (Rapamune®) verhindert die T-Zellprolifera-tion. Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft erstrecken sich auf wenige Fallberichte (Armenti 2003). Zu Everolimus (Certi-can®) liegen bisher keine Berichte vor. Pimecrolimus gibt es nur zur lokalen Anwendung (siehe Kapitel 2.17).

Mycophenolatmofetil (MMF; CellCept®) hat tierexperimentell tera-togene Eigenschaften. Fallbeobachtungen zur Anwendung beim Menschen umfassen einen Fetus mit multiplen Fehlbildungen, dessen Mutter im 1. Trimenon mit MMF, Tacrolimus und Prednison behandelt worden war (Le Ray 2004). Hypoplastische Nägel und beidseits kurze fünfte Finger wurden bei einem sonst gesunden Frühgeborenen nach immunsuppressiver Kombinationstherapie mit MMF und Tacrolimus beschrieben (Pergola 2001). Ferner wird in der einleitend zu diesem Kapitel erwähnten schwedischen Studie ein Kind mit Ösophagusatre-sie, Fehlbildung des Herzens und der Iris beschrieben, dessen Mutter lebertransplantiert war (Källén 2005). Demgegenüber deuten ungefähr 20 weitere Fallberichte bisher nicht auf teratogene Effekte hin (Armenti 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Bei der Immunsuppression mit Tacrolimus ist ein nennenswertes teratogenes Potenzial beim Menschen bisher nicht erkennbar. Allerdings sind bei Neugeborenen, die bis zum Ende der Schwangerschaft exponiert waren, Nierenfunktionsstörungen und Hyperkaliämie beschrieben. Ein Gestationsdiabetes tritt häufiger auf. Sirolimus, Everolimus und Mycophenolat-mofetil sind unzureichend untersucht. Bisher gibt es keine Hinweise auf erhebliche Teratogenität. Bei all diesen Substanzen sollte ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden. Bei organtransplantierten Schwangeren, die stabil auf ein selektives Immunsup-pressivums eingestellt sind, handelt es sich um eine Risiko-Nutzen-Abwägung, ob die Medikation umgestellt werden kann bzw. soll. Bei Behandlung im 2./3. Trimenon mit Tacrolimus, Everolimus oder Sirolimus sollten nach der Geburt Kalium und Kreatinin beim Kind bestimmt werden.

2.12.5. Monoklonale Antikörper (Biologica)

Infliximab (Remicade®) ist ein monoklonaler chimärer (Maus-Mensch) Antikörper, der Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) neutralisiert und bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, besonders bei Morbus Crohn, eingesetzt wird sowie bei rheumatoider Arthritis. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) gibt ein im Vergleich zur Normalpopulation 3fach häufigeres Auftreten von Lymphomen nach Infliximab-Therapie an.

Die bisherigen Erfahrungen mit ungefähr 60 mehrheitlich wegen Morbus Crohn behandelten Schwangeren wurden retrospektiv, z.B. aus Krankenakten, gewonnen (z.B. Mahadevan 2005, Katz 2004). Sie lassen kein teratogenes Risiko erkennen.

Aus Berichten über 10 Schwangerschaften mit Anwendung von Eta-nercept (Enbrel®), davon einmal bis zur 32. Schwangerschaftswoche, lässt sich kein teratogenes Risiko erkennen (Chakravarty 2003, Wallace 2003, Sills 2001). Die 5 von uns prospektiv erfassten Schwangerschaften mit Exposition im 1. Trimenon erbrachten zwei gesunde Kinder, einen Spontanabort und zwei Schwangerschaftsabbrüche aus persönlichen Gründen.

Zu den monoklonalen Antikörpern Adalimumab (Humira®), Basili-ximab, (Simulect®), Daclizumab (Zenapax®), Efalizumab (Raptiva®), Muromonab-CD3 (Orthoclone®OKT3), Palivizumab (Synagis®) liegen keine ausreichenden Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Weitere monoklonale Antikörper siehe Kapitel 2.13.

Empfehlung für die Praxis:

Monoklonale Antikörper sollten in der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Eine versehentliche Therapie in die Schwangerschaft hinein begründet weder einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch zusätzliche invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus sollte angeboten werden.

2.12.6. Interferone

Interferone sind natürlich vorkommende proteinartige Makromoleküle mit antiviraler Aktivität. Man findet sie in allen Geweben und auch schon beim Embryo und Fetus. Vier Klassen werden unterschieden: die Interferone α, β, γ und τ. Interferon-α ist wichtig zum physiologischen Erhalt der Schwangerschaft. Interferon-α und -γ sind für die Funktion des Ovars von Bedeutung. Die Rolle der Interferone bei Zellwachstum und -differenzierung ist nicht abschließend geklärt. Die meisten der heute auf dem Markt befindlichen Interferone werden gentechnisch hergestellt.

Interferon-α-Arzneimittel werden therapeutisch bei chronisch aktiver Hepatitis B und C sowie bei chronisch myeloischer Leukämie, Haarzell-Leukämie und anderen Malignomen eingesetzt. Hierzu zählen Interferon alfa-2a (Roferon®), Interferon alfa-2b (Intron A®), Interferon alfacon-1 (Inferax®) sowie Peginterferon alfa-2a (Pegasys) und Peginterferon alfa-2b (PegIntron®). Auch bei essentieller Throm-bozythämie werden Interferon-α-Arzneimittel verabreicht. Interferon-α ist nicht plazentagängig. Zahlreiche Fallberichte haben bisher keine Hinweise auf spezifische Schädigungen der vorgeburtlichen Entwicklung erbracht (Übersicht bei Briggs 2005). Eine 15-jährige Schwangere, die durchgängig wegen Thrombozythämie Interferon alfa-2a erhielt, brachte ein gesundes, wachstumsretardiertes weibliches Frühgeborenes zur Welt. Mutter und Kind zeigten klinische und laborchemische Cha-rakteristika eines (neonatalen) Lupus-Syndroms (Fritz 2005).

Interferon beta human (Fiblaferon) ist für schwer verlaufende Viruserkrankungen zugelassen, Interferon beta-1 a (AVONEX™, Rebif®) und Interferon beta-lb (Betaferon®) bei multipler Sklerose. Boskovic (2005) führte eine kleine prospektive Studie mit 23 an multipler Sklerose erkrankten Schwangeren durch, die β-Interferon erhielten und verglich sie mit zwei Kontrollgruppen, eine umfasste unbehan-delte Schwangere mit multipler Sklerose und eine weitere gesunde Schwangere. In der behandelten Gruppe war die Spontanabort- und Totgeburtenrate erhöht. In unserer Datenbank gibt es unter 27 mit Interferon beta-1a exponierten Schwangeren zwei Spontanaborte und fünf Schwangerschaftsabbrüche aus persönlichen Gründen. Unter 20 Lebendgeborenen befand sich ein Kind mit einer schweren Hüftdysplasie. Von 10 mit Interferon beta-1b exponierten Schwangerschaften endeten 3 in einem Spontanabort, zwei wurden aus persönlichen Gründen abgebrochen und die fünf lebend geborenen Kinder waren gesund. Es ist zurzeit ungeklärt, ob β-Interferone ursächlich zu einer höheren Abortrate führen.

Interferon gamma-1b (Imukin®) wird zur Verhinderung schwerwiegender Infektionen bei septischer Granulomatose eingesetzt.

Generell kann eine Interferontherapie zu verschiedenen Nebenwirkungen, wie z.B. Fieber führen. Dies kann wiederum entwicklungstoxische Auswirkungen auf den Embryo bzw. Fetus haben (siehe Kapitel 2.6). Für eine differenzierte Risikobewertung reichen die bisherigen Erfahrungen nicht aus, ein erhebliches teratogenes Risiko erscheint jedoch unwahrscheinlich.

Empfehlung für die Praxis:

Interferone dürfen in der Schwangerschaft gegeben werden, wenn besser erprobte Medikamente keine vergleichbare Wirksamkeit versprechen. Ein hoch auflösender Ultraschall zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus sollte angeboten werden.

2.12.7. Antirheumatische Therapie und Morbus Wilson

Die pharmakologische Basistherapie rheumatischer Erkrankungen besteht aus krankheitsmodifizierenden Antirheumatika, so genannten „Disease modyfying antirheumatic drugs” (DMARD): Dazu gehören Methotrexat (siehe 2.13.10), Sulfasalazin (siehe 2.6.7), Chloroquin sowie Hydroxychloroquin, Leflunomid, Goldpräparate und D-Peni-cillamin. Ciclosporin (siehe 2.12.3) und Azathioprin (2.12.2.) kommen auch zum Einsatz. Nichtsteroidale Antirheumatika (2.1.11), Cox-2-Inhibitoren (siehe 2.1.12) und Corticosteroide (siehe 2.15.9) sind Phasen gesteigerter Aktivität vorbehalten. So genannte Biologica (siehe 2.12.5) wie Adalimumab, Etanercept und Infliximab werden bei der rheumatoiden Arthritis erst nach Ausschöpfen von zwei DMARDs eingesetzt. Auch Anakinra wird üblicherweise erst bei unzureichendem Therapieerfolg von Methotrexat zusammen mit diesem eingesetzt. Neu ist Abatacept.

Hydroxychloroquin und Chloroquin

Hydroxychloroquin (z.B. Quensyl®) und Chloroquin (z.B. Resochin®) werden z.B. bei der rheumatoiden Arthritis und beim systemischen Lupus erythematodes gegeben. Zur Malariaprophylaxe mit Chloroquin siehe Kapitel 2.6

In Dosierungen, wie sie zur Therapie chronisch-entzündlicher Prozesse erforderlich sind, können Hydroxychloroquin und Chloroquin möglicherweise abortiv wirken. Im Tierversuch reicherte sich Chloroquin in der fetalen Retina und im ZNS an. Immer wieder wird der Fall einer Mutter mit Lupus erythematodes zitiert, die unter Dauertherapie mit Chloroquin drei geschädigte und ein gesundes Kind zur Welt brachte. Bei zwei dieser Kinder wurde eine Cochleovestibularisparese diagnostiziert und bei einem Kind wurde im Alter von 5 Jahren ein Wilms-Tumor festgestellt (Hart 1964). Dokumentierte Erfahrungen zu etwa 300 Schwangeren konnten jedoch kein spezifisches Risiko belegen:

Bei 21 Kindern von 15 Müttern, die in der Schwangerschaft wegen Lupus erythematodes oder rheumatoider Arthritis durchschnittlich 7 Monate hoch dosiert mit Hydroxychloroquin oder Chloroquin behandelt wurden, waren im mittleren Alter von 3 Jahren keine ophthalmolo-gischen Auffälligkeiten nachweisbar (Klinger 2001). Motta (2005) konnte dies bei der Untersuchung weiterer 24 in Schwangerschaft und Stillzeit Hydroxychloroquin exponierter Kinder bestätigen.

Andere kleinere Untersuchungen an insgesamt mehr als 100 erkrankten Schwangeren mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) oder rheumatoider Arthritis geben keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial (Motta 2005, Buchanan 1996, Parke 1996, Levy 1991). Eine größere prospektive Studie mit 133 Schwangeren konnte im Alter von durchschnittlich 2 Jahren bei den 117 Lebendgeborenen weder visuelle, akustische noch Wachstums- oder sonstige Entwicklungsdefizite finden (Costedoat-Chalumeu 2003). Einige Autoren empfehlen ausdrücklich eine Fortsetzung der Therapie beim Lupus erythematodes während der gesamten Schwangerschaft, weil sie ein größeres Risiko in einer sonst eher möglichen Exazerbation der Erkrankung sehen (Costedoat-Chalumeu 2005, Khamashta 1997).

D-Penicillamin

D-Penicillamin (z.B. Metalcaptase®, Trolovol®) findet bei rheumato-ider Arthritis heute kaum noch Anwendung. Es wirkt aufgrund seiner Struktur als Chelatbildner und wird deshalb als Antidot bei Vergiftungen mit Metallen und auch zur Therapie der Kupfer-Speicherkrankheit Morbus Wilson eingesetzt. Außerdem hat Penicillamin antiphlogisti-sche Eigenschaften. Im Zusammenhang mit einer pränatalen Exposition bei mütterlicher Zystinurie, bei chronischer Polyarthritis und bei Morbus Wilson werden sechs Fälle mit angeborener Cutis laxa, zum Teil mit Inguinalhernien und mit weiteren sehr unterschiedlichen und schweren Fehlbildungen in der Literatur beschrieben (Pinter 2004, Rosa 1986); diesen stehen mehr als 100 publizierte unauffällige Verläufe gegenüber (Sinha 2004, Tarnacka 2000, Messner 1998, Schaefer 1994, Dupont 1991). Ob die in einigen Fällen reversiblen Störungen der Bindegewebsentwicklung durch Penicillamin bedingt sind, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Manche beschriebenen Fehlbildungen, wie z.B. eine Lippen-Gaumen-Spalte, wurde auch im Tierversuch unter hohen Dosen bei Mäusen beobachtet (Martinez-Frias 1998).

Ein durch den Chelatbildner Penicillamin verursachter Kupfermangel ist als Ursache für teratogene Effekte unwahrscheinlich, da bei Behandlung des Morbus Wilson die neonatale Kupferkonzentration nicht erniedrigt ist. Auch ein Zinkmangel wurde als Ursache diskutiert.

Bisherige Erfahrungen zusammenfassend besteht beim Menschen, wenn überhaupt, nur ein geringes teratogenes Risiko.

Da Penicillamin die Wirkungen von Pyridoxin antagonisieren kann, sollten zusätzlich täglich 25 mg Pyridoxin (Vitamin B6) verabreicht werden (Schmidt 2003).

Trientin

Trientin wird ebenfalls bei Morbus Wilson eingesetzt. Bei 13 während der (gesamten) Schwangerschaft behandelten Frauen fanden sich keine Hinweise auf spezifische Auffälligkeiten im Schwangerschaftsverlauf und bei den Neugeborenen (eigene Beobachtungen, Überblick in Devesa 1995). Da als Nebenwirkung der Behandlung häufig eine Eisen mangelanämie beobachtet wurde, wird eine therapiebegleitende Eisen-supplementierung empfohlen (Schmidt 2003).

Goldverbindungen

Auranofin (Ridaura®), Halbwertszeit 70–80 Tage, und Natriumauro-thiomalat (Tauredon®), Halbwertszeit 225–250 Tage, sind alte Basis-therapeutika und wurden zur Langzeittherapie chronischer Entzündungsprozesse genutzt, wie z.B. auch bei rheumatoider Arthritis. Beim Menschen konnte, im Gegensatz zum Tierexperiment, kein nennenswertes teratogenes Potenzial entdeckt werden. Der diaplazentare Übergang von Goldverbindungen in die fetale Leber und Niere ist erwiesen. Kasuistiken und Fallsammlungen, u.a. von 119 im 1. Trimenon wegen Asthma bronchiale (in Japan) mit Gold behandelten Schwangeren, zeigten keine Häufung spezieller Organentwicklungsstörungen (Übersicht in Briggs 2005).

Leflunomid

Leflunomid (Arava®), ein Pyrimidinsynthesehemmstoff, war im Tierversuch bei Serumkonzentrationen teratogen, die den therapeutischen Werten beim Menschen entsprechen. Auffällig waren Anophthalmie bzw. Mikrophthalmie und Hydrozephalus. Allerdings zeigten sich gleichzeitig toxische Effekte bei den Muttertieren, so dass der terato-gene Charakter der Schädigung kontrovers diskutiert wird. Die Halbwertszeit von Leflunomid beträgt 2 Wochen und länger. Ausreichende Erfahrungen beim Menschen liegen nicht vor (Brent 2001). Der Autor diskutiert eine mehrtägige Behandlung mit 3 × 8 g Colestyramin zur Verkürzung der Eliminationshalbwertszeit auf etwa 1 Tag, wenn der empfohlene zeitliche Abstand zu einer Schwangerschaft nicht eingehalten werden kann. Bei der Planung einer Schwangerschaft wird ein therapiefreies Intervall von ca. 1 Monat vor Konzeption empfohlen.

Bisher gibt es keine Fallberichte, die einen teratogenen Effekt beim Menschen belegen. Von 6 publizierten Schwangerschaftverläufen wurden 2 abgebrochen, eine endete als Spontanabort und 3 mit der Geburt eines frühgeborenen und zweier reifgeborener Kinder ohne Fehlbildungen (Chakravarty 2003). Wir beobachteten 2 gesunde Kinder nach mütterlicher Leflunomidexposition 4 Wochen vor Konzeption und 4 weitere gesunde Kinder nach Behandlung im 1. Trimenon, davon eines nachweislich bis Woche 9.

Anakinra und Abatacept

Zu Anakinra (Kineret®), einem anti-Interleukin-1β-Therapeutikum, und Abatacept (Orencia), einem selektiven Co-Stimulans-Blocker bei

rheumatoider Arthritis, gibt es bisher keine Erfahrungen in der Schwangerschaft.

Ademetionin, Hyaluronsäure, Oxaceprol und Glucosamin

Zu Ademetionin (Gumbaral®), Hyaluronsäurepräparaten (z.B. Hya-ject®) und Oxaceprol (AHP 200®) liegen keine systematischen Untersuchungen zum Nutzen und zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft vor.

Bei 34 Schwangeren mit Glucosamin(Dona)-Therapie, das zur Schmerzlinderung bei rheumatoider Arthritis und Gonarthrose eingesetzt wird, waren keine grobstrukurellen Fehlbildungen nachweisbar (Sivojelezova 2005). Bei 10 weiteren prospektiv nachverfolgten Schwangerschaften mit Exposition im 1. Trimenon fanden sich ebenfalls keine Anomalien (eigene Daten).

Empfehlung für die Praxis:

Zur antirheumatischen Basistherapie (DMARD) in der Schwangerschaft kommt als erstes Sulfasalazin infrage. Azathioprin, Ciclo-sporin, (Hydroxy-)Chloroquin, aber auch Goldpräparate und D-Penicillamin sind akzeptabel. Methotrexat, Leflunomid, Anakinra und Biologica sind kontraindiziert. Nichtsteroidale Antirheumatika können bis Woche 30 und Prednison/Pred-nisolon in der gesamten Schwangerschaft bei Bedarf eingesetzt werden. Soll Penicillamin als Chelatbildner z.B. bei Morbus Wilson eingesetzt werden, muss die Dosis so niedrig wie möglich gewählt werden. Eine begleitende Gabe von Kupfer in präventiver Absicht wird nicht empfohlen, da allenfalls die Penicill-aminwirksamkeit beeinträchtigt würde. Empfehlenswert ist allerdings eine ergänzende Therapie mit Pyridoxin (Vitamin B6). Ob der Chelatbildner Trientin eine Alternative für die Morbus-Wilson-Behandlung in der Schwangerschaft darstellt, kann mangels Erfahrung noch nicht entschieden werden. Keines der in diesem Abschnitt besprochenen Mittel rechtfertigt nach (versehentlicher) Anwendung im 1. Trimenon einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Zusätzliche Untersuchungen wie eine Ultraschallfeindiagnostik sollten jedoch eingeplant werden.

2.12.8. Thalidomid

Thalidomid (ehemals Contergan®) ist seit 1998 in den USA für die Behandlung des Erythema nodosum leprosum, eines schweren, entzündlichen Verlaufs bei Lepra, unter dem Namen Thalomid™zugelassen. Im Rahmen des so genannten STEPS-Programms (System for Thalidomide Education and Prescribing Safety; Übersicht in Neiger 2000) sollen in dieser Form bisher nicht praktizierte Einschränkungen und Kontrollen bei verordnungsbefugten Ärztinnen und Patientinnen tera-togene Ereignisse weitgehend ausschließen. Es wird jedoch befürchtet, dass dieses wirksame Medikament auch (unkontrolliert) bei anderen entzündlichen und immunologischen Erkrankungen eingesetzt wird, wie bei ulzerierenden HIV-assoziierten Hauterkrankungen, anderen AIDS-begleitenden Krankheiten, Morbus Behçet, chronischen Graft-versus-Host-Erkrankungen nach Transplantation, therapierefraktären Arthritiden etc. (Teratology Society 2000).

Am teratogenen Risiko der Substanz hat sich seit der Rücknahme vom Markt in den frühen 60er Jahren nichts geändert. Laut einer Publikation wurden 34 „Contergan-Kinder” in Lateinamerika seit 1965 registriert, vorwiegend in solchen Regionen Brasiliens, in denen Lepra endemisch ist. Dort war das Medikament weiter frei erhältlich. Die Dunkelziffer geschädigter Kinder liegt wahrscheinlich um ein Vielfaches höher (Castilla 1996). Wie kürzlich vom teratologischen Zentrum in Porto Allegre berichtet (Schüler, pers. Mitteilung 2006), ist es keine Ausnahme, dass frühschwangere Frauen in Unkenntnis des Risikos das Thalidomid eines an Lepra erkrankten Familienmitglieds für andere Beschwerden einnehmen. Besonders von Analphabetismus betroffene Familien sind mit Verordnungsprotokollen wie dem oben genannten kaum zu erreichen.

Thalidomid kann neben der bekannten Phokomelie und Amelie (vorwiegend der Arme) auch weniger ausgeprägte Muskel- und Skelett-Fehlanlagen an den Extremitäten verursachen. Häufig wurden Daumenanomalien (z.B. Dreigliedrigkeit) beobachtet. Außerdem sind Anomalien der Ohrmuschel, des Gehörgangs und Mittelohrs mit oder ohne Taubheit möglich. Ferner treten auf: Hirnnervenparesen (Nervus facia-lis), Fehlbildungen am Herzen und anderen Organen. Mentale Entwicklungsauffälligkeiten, auch autismusartige Symptome, abnorme Tränensekretion (Krokodilstränen) oder andere Augenanomalien wie Kolo-bom, Glaukom, Mikrophthalmie und Ptosis (Miller 1999) sind selten.

Der Schädigungsmechanismus des Thalidomids wird bis heute diskutiert, z.B. über eine Transkriptionsstörung jener Gene, die die Blutgefäßbildung (Angiogenese) in sich entwickelnden Organen steuern (Stephens 2000).

Auch die Nachkommen von „Contergan-Patienten” wurden untersucht. Eine Hypothese besagte, dass diese ebenfalls ein höheres Fehlbildungsrisiko, z.B. aufgrund einer zusätzlichen mutagenen Wirkung des Thalidomids, haben. Diese Vermutung konnte widerlegt werden (z.B. Strömland 2002). In einzelnen Fällen lag offenbar eine genetisch definierte, vererbbare Anomalie mit gleichem Erscheinungsbild vor, die mit „Contergan” verwechselt wurde. Zum Risiko bei Einnahme des Vaters siehe Kapitel 1.12.

Empfehlung für die Praxis:

Thalidomid ist als das für den Menschen stärkste Teratogen absolut kontraindiziert, wenn eine Schwangerschaft nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

2.12.9. Sonstige Immunmodulatoren

Glatiramer (Copaxone®) wird bei der multiplen Sklerose eingesetzt. Chemisch ist es ein synthetisches Polypeptid aus vier Aminosäuren. Der Hersteller berichtet, dass es auch bei einer sehr hohen Dosierung keine Fehlbildungen im Tierversuch bei Ratten und Kaninchen gegeben habe. Die Erfahrungen beim Menschen beschränken sich auf wenige unauffällige Fallberichte: Unter 14 Lebendgeborenen fand sich kein Kind mit einer Fehlbildung (Paulus 2005, Johnson 1995, eigene Daten).

Granulozyten-Kolonien-stimulierende Faktoren wie Lenograstim (Granocyte), Pegfilgrastrim (Neulasta®) und Nartograstim sind unzureichend untersucht. Diese Substanzen werden auch physiologisch in Plazenta und Dezidua gebildet und finden sich im Nabelschnurblut. Ein teratogenes Risiko erscheint deshalb wenig wahrscheinlich.

Zu dem auch als Immunstimulator und als hämatopoetischer Wachstumsfaktor eingesetzten Zytokin Filgrastim (Neupogen®) liegen Erfahrungen im 2. und 3. Trimenon vor (Sangalli 2001), jedoch nur wenige Einzelfälle im 1. Trimenon. Die meisten Kinder wurden gesund geboren. Filgrastrim passiert die Plazenta und wird in der Schwangerschaft auch zur Prophylaxe von neonatalen Infektionen bei Frühgeborenen eingesetzt (Calhoun 1996).

Zu Inosin (Isoprinosine®) liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Levamisol wird als Immunmodulator in Kombination mit Fluoroura-cil bei kolorektalen Karzinomen gegeben oder als Anthelmintikum in der Tiermedizin. Es bestehen Ähnlichkeiten zu Metronidazol. Bei 11 Schwangeren, davon waren 4 im 1. Trimenon exponiert, gab es keine Besonderheiten (Kazy 2004).

Empfehlung für die Praxis:

Alle in diesem Abschnitt genannten Substanzen sind unzureichend untersucht. Eine (versehentliche) Anwendung im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte jedoch angeboten werden.

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2.13. Antineoplastische Mittel

2.13.1. Maligne Erkrankungen und Schwangerschaft

In der Praxis ergeben sich zu diesem Thema Fragestellungen zu zwei unterschiedlichen Aspekten: (1) Hat eine jahrelang zurückliegende Chemo- oder Radiotherapie, die zu einer Remission oder Heilung geführt hat, Auswirkungen auf eine später entstehende Schwangerschaft. (2) Welche Konsequenzen erfordert bzw. erlaubt eine in der Schwangerschaft diagnostizierte maligne Erkrankung.

Nach heutigem Wissensstand führt eine zurückliegende Polychemo-therapie bei einem Großteil der Exponierten weder zur dauerhaften Infertilität, noch zu einer signifikant erhöhten Abortrate oder einem geringeren Geburtsgewicht bei den später entstehenden Schwangerschaften (Falconer 2002). Außer Dauer, Dosis und Art der applizierten Zytostatika hat das Alter der Frau bei der Chemotherapie einen wichtigen Einfluss auf die spätere Fertilität (Minton 2002). Eine neuere Arbeit untersuchte die ovarielle Funktion nach einer intensivierten Therapie bei Non-Hodgkin-Lymphomen mit Cyclophosphamid, Doxorubicin und Vincristin (Mega-CHOP). Nur eine von 13 Patientinnen, die mit 40 Jahren älteste, hatte auch noch 70 Monate nach Therapieende eine ovarielle Dysfunktion. Acht Patientinnen wurden schwanger und bekamen insgesamt 12 Kinder. Sieben Frauen hatten prophylaktisch monatlich GnRH-Analoga erhalten, darunter nicht die 40-Jährige, jedoch 5 der Frauen, die später schwanger wurden (Dann 2005).

Eine zurückliegende zytostatische Behandlung stellt auch kein nennenswertes Risiko für Fehlbildungen dar. Trotz des mutagenen und zytotoxischen Potenzials vieler antineoplastischer Substanzen sind bisher nicht vermehrt klinisch relevante Chromosomenstörungen oder Gendefekte beschrieben worden, so dass eine Amniozentese oder Cho-rionzottenbiopsie nicht routinemäßig durchgeführt werden muss. In einer Untersuchung von etwa 2.300 Schwangerschaften, bei denen der Vater eine Krebsbehandlung hinter sich hatte, war das Geschlechtsverhältnis der Kinder mit 1,0:1,03 (Kontrollgruppe: 1,24:1,0) zugunsten der Mädchen verändert (Green 2003).

Auch eine länger zurückliegende Radiotherapie führt i.A. weder beim Mann noch bei der Frau zu bleibender Infertilität, wenn Ovarien bzw. Testes nicht gezielt bestrahlt wurden (Stovall 2004), und hat nach heutigem Kenntnisstand keine relevanten Auswirkungen auf eine spätere Schwangerschaft. In einer Untersuchung war die Wahrscheinlichkeit, Kinder mit einem Gewicht unter 2.500 g zu gebären etwas höher, wenn früher im Bereich des Beckens bestrahlt wurde (Green 2002). Boice (2003) untersuchte in einer multizentrischen Studie mehr als 6.000 Kinder von Eltern, die in ihrer Kindheit mit einer Radiotherapie behandelt wurden: Bei 46% der Eltern betrug die Gonadendosis mehr als 100 mSv, bei 16% mehr als 1.000 mSv. Es fanden sich keine Hinweise für eine erhebliche Zunahme genetischer Auffälligkeiten.

Eine maligne Erkrankung während der Schwangerschaft ist mit 0,2–1 pro 1.000 Schwangerschaften selten. Am häufigsten treten Lymphome, Leukämien, Brustkrebs, Zervix- und Ovarialkarzinome, Melanome, sowie Schilddrüsen- und Colonkarzinome auf. Es gibt keine substantiellen Hinweise dafür, dass eine Schwangerschaft per se die Prognose beeinflusst. Dies gilt auch für das Mammakarzinom (Merlob 2004), das allerdings in der Gravidität häufig erst in einem späteren Stadium erkannt wird. Abgesehen vom Melanom gibt es keine Fallbeschreibungen über Metastasierungen der Plazenta oder des Fetus.

Wenn im 1. Trimenon eine maligne Erkrankung diagnostiziert wird, entscheiden sich viele Paare aufgrund des potenziellen teratogenen Risikos der zu erwartenden Therapie für einen Abbruch der Schwangerschaft, so dass hierüber die wenigsten Erfahrungen vorliegen. Die dokumentierten Fälle zeigen jedoch, dass Fehlbildungen keineswegs obligatorisch auftreten. Eine Polychemotherapie im 2. oder 3. Trimenon kann je nach Substanz und verabreichter Dosis zu fetaler Wachstumsverzögerung und/oder zur passageren Knochenmarksdepression mit fetaler Anämie, Leukopenie und Thrombozytopenie führen. Ein intra-uteriner Fruchttod wurde nur selten beschrieben. Überraschenderweise wird die Chemotherapie vom Fetus meistens ohne bleibende Schäden toleriert. Bisher konnte auch keine Beeinträchtigung der intellektuellen Entwicklung festgestellt werden (Nulman 2001). Im 3. Trimenon wird häufig eine vorzeitige Entbindung diskutiert, um dann „freie Hand” für die Therapie zu haben und den Fetus nicht weiter mit potenziell toxischen Substanzen zu belasten.

Empfehlung für die Praxis:

Im Allgemeinen wird eine Frist von 2 Jahren bei der Frau und von sechs Monaten beim Mann nach einer antineoplastischen Therapie empfohlen. Sollte vorher eine Schwangerschaft eintreten, ist dies kein Grund, eine intakte und gewollte Schwangerschaft abzubrechen. Eine maligne Erkrankung während einer Schwangerschaft ist selten und erfordert größtmögliche interdisziplinäre fachärztliche und psychosoziale Unterstützung. Die Entscheidung eines Paares über eine antineoplastische Therapie in der Schwangerschaft sollte nach sorgfältiger Aufklärung über die jeweiligen Risiken von ärztlicher Seite mitgetragen werden. Jede Krebserkrankung in der Schwangerschaft verlangt eine individuelle Beratung und Behandlung. In der Regel werden neoplastische Erkrankungen heute nach optimierten Therapieschemata behandelt, die auch in der Schwangerschaft beibehalten werden sollten, um der Schwangeren bestmögliche Chancen für ihr Überleben zu gewährleisten. Deshalb werden in diesem Abschnitt im Gegensatz zu den übrigen Kapiteln keine Therapievorschläge aus embryonaltoxikologischer Perspektive gegeben. Hoch auflösende Ultraschalldiagnostik sollte diesen Frauen zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.13.2. Einteilung der Chemotherapeutika

In der Krebs-Chemotherapie unterscheidet man folgende Arzneimittelgruppen:

Chemische Zytostatika

  • Alkaloide und Podophyllotoxin-Derivate

    • Vinca-Alkaloide, z. B. Vinblastin, Vincristin

    • Podophyllotoxinderivate, z.B. Etoposid

  • Alkylanzien

    • Nitroseharnstoff-Alkylanzien

    • Stickstofflost-analoge Alkylanzien und Analoga, z.B. Cyclophos-phamid

    • andere Alkylanzien, z.B. Busulfan

  • zytotoxische Antibiotika

    • Anthracycline und verwandte Substanzen, z.B. Daunorubicin, Doxorubicin

    • andere zytotoxische Antibiotika, z. B. Bleomycin

  • Antimetabolite

    • Folsäure-Analoga, z. B. Methotrexat

    • Purin-Analoga, z.B. Mercaptopurin, Tioguanin

    • Pyrimidin-Analoga, z.B. Cytarabin, 5-Fluorouracil

  • andere Zytostatika, z. B. Docetaxel, Paclitaxel

Andere antineoplastische Mittel

  • Platinverbindungen, z. B. Carboplatin, Cisplatin

  • sonstige antineoplastische chemisch definierte Einzelstoffe, z.B. Imatinab, Hydroxycarbamid, Tretinoin

  • sonstige antineoplastische Mittel

    • aus Enzymen, z. B. Asparaginase

    • aus Organen: monoklonale Antikörper

Endokrin wirkende antineoplastische Mittel

  • Hormone, z. B. Medroxyprogesteron

  • Hormon-Antagonisten, z.B. Tamoxifen

  • Enzyminhibitoren, z.B. Aminoglutethimid

Pflanzliche Zytostatika, z.B. Mistelpräparate

Da maligne Erkrankungen während der Schwangerschaft glücklicherweise selten auftreten und die antineoplastische Therapie meistens als Polychemotherapie nach etablierten Studienprotokollen durchgeführt wird, ist es schwierig, das teratogene Potenzial einzelner Zytostatika für den Menschen zu bestimmen. Antimetabolite haben nach der Retinsäure Tretinoin (siehe Kapitel 2.17) offenbar die stärkste teratogene Wirkung.

2.13.3. Vinca-Alkaloide und Analoga

Vinblastin (Vinblastin®) ist ein pflanzliches Alkaloid. Es hemmt ebenso wie das verwandte Vincristin die Zellteilung durch Angriff an der Mitosespindel. Es liegen mehr als 15 Fallberichte zur Anwendung von Vinblastin im 1. Trimenon vor, meist in Kombination mit anderen Zytostatika. Die meisten beschreiben unauffällige Verläufe. Es gibt aber auch Berichte über Kinder mit Fehlbildungen: ein Kind mit Hydrozephalus, das intrauterin in Woche 3 nur mit Vinblastin exponiert war, ein weiteres mit Lippen-Gaumen-Spalte, dessen Mutter nach einer Vincristin-therapie bis Woche 6 Vinblastin und andere Zytostatika von Woche 9 bis zur Entbindung erhalten hatte und ferner ein Spontanabort kurz nach Vinblastininjektion in Woche 6 (Mulvihill 1987). Beschrieben wird auch der Spontanabort eines männlichen Fetus in Schwangerschaftswoche 24 mit jeweils nur 4 Zehen und einer Syndaktylie (Garrett 1974), sowie ein 1.900 g schweres Neugeborenes, das einen Vorhofseptumdefekt hatte und an einem Atemnotsyndrom starb (Thomas 1976). Die Mütter dieser vier Kinder hatten Vinblastin im Rahmen einer zytostatischen Kombinationstherapie erhalten. Einige unauffällige Verläufe sind nach Behandlung mit Vinblastin im 2./3. Trimenon beschrieben.

Es gibt mehr als 20 Fallberichte von unauffälligen Kindern nach einer im 1. Trimenon erfolgten Therapie mit Vincristin (z.B. cellcristin®; Übersicht in Schardein 2000 und //www.motherisk.org). Publiziert wurden jedoch auch ein abortierter Fetus mit Nierenagenesie nach einer Kombinationstherapie (Mennuti 1975), ein 1.900 g schweres Neugeborenes mit Vorhofseptumdefekt, das an einem Atemnotsyndrom starb und dessen Mutter mit Vincristin und Vinblastin behandelt worden war (Thomas 1976), ein Kind mit Gaumenspalte nach Vincristin bis Woche 6, gefolgt von Vinblastin und anderen Zytostatika (Mulvihill 1987) sowie eine Frau mit einer Kombinationstherapie wegen Morbus Hodg-kin im 1. Trimenon, deren Kind mit Hydrozephalus vier Stunden nach Geburt verstarb (Zemlicki 1992). Ferner gibt es Berichte zu unauffälligen Schwangerschaften nach Exposition im 2. und/oder 3. Trimenon, jedoch auch über eine neonatale Panzytopenie (Pizzuto 1980) und intrauterine Wachstumsretardierung.

Drei Kinder, deren Mütter wegen Brustkrebs im 2. bzw. 3. Trimenon mit Vinorelbin (Navelbine®) plus 5-Fluorouracil behandelt wurden, waren im Alter von 2 bzw. 3 Jahren normal entwickelt (Cuvier 1997).

Zu Vindesin (Eldisine®) liegen bisher keine Erfahrungen vor.

2.13.4. Podophyllotoxin-Derivate

Zu Etoposid (z.B. Riboposid®) liegen mindestens 13 Fallberichte (Han 2005, Rodriguez 1995, Horbelt 1994, Arango 1994, Brunet 1993) vor, darunter auch 2 mit Exposition im 1. Trimenon (Aviles 1991), bei denen gesunde Kinder zur Welt kamen. Die weitere Entwicklung dieser beiden Kinder verlief bis zum Alter von 3 bzw. 8 Jahren normal.

Bei der Exposition im 2./3. Trimenon wurde bei einigen Kindern eine vorübergehende Panzytopenie beschrieben (Hsu 1995, Murray 1994). Ein Fallbericht schildert, dass ein Frühgeborenes, dessen Mutter wegen eines Ovartumors neben Bleomycin und Cisplatin auch 100 mg/m2 Etoposid für 5 Tage in Woche 26/27 erhalten hatte, eine zerebrale Atrophie mit Hirnventrikelvergrößerung entwickelte (Elit 1999). Ein anderes Frühgeborenes der Schwangerschaftswoche 27, dessen Mutter eine Polychemotherapie in Woche 26 erhielt, zeigte ab dem 3. Lebenstag eine schwere Leukopenie und Anämie und verlor ab dem 10. Lebenstag Kopf- und Lanugobehaarung. Nach 12 Wochen erholte sich das Haarwachstum. Eine Nachuntersuchung nach einem Jahr zeigte bis auf einen moderaten beidseitigen Hörverlust (sensorineural) eine normale Entwicklung (Raffles 1989).

Teniposid (VM 26-Bristol®) ist ein semisynthetisches Derivat des Podophyllotoxins. Es hemmt die Topo-Isomerase, verhindert die DNA-Synthese und die Zelltransformation in die Prophase. Nur ein Fallbericht zu einem gesunden Neugeborenen liegt vor, bei dem die Mutter während des 2. Trimenons gleichzeitig mit anderen Chemotherapeutika behandelt worden war (Lowenthal 1982).

2.13.5. Nitroseharnstoff-Alkylanzien

Die Nitroseharnstoffverbindung Streptozocin, eine antibiotisch-anti-neoplastische Substanz, wird nur bei metastasierendem Inselzell-Karzi-nom des Pankreas eingesetzt. Ein Fallbericht beschreibt nach durchgehender Behandlung einen unauffälligen Schwangerschaftsausgang (Schapira 1984). Der tierexperimentell beobachtete diabetogene Effekt ist beim Menschen offenbar nicht relevant.

Zu Carmustin (BCNU; Carmubris®), Fotemustin, Lomustin (CCNU; Cecenu®), Nimustin (ACNU®) und Semustine (Methyl-CCNU) liegen keine Informationen vor.

2.13.6. Stickstofflost-analoge Alkylanzien

Chlorambucil (Leukeran®) blockiert die DNA-Replikation. Es gibt drei Berichte über Schwangerschaftsabbrüche nach Exposition im 1. Trime-non: zwei Feten hatten eine unilaterale Nieren- und Ureteragenesie (Steege 1980, Shotton 1963), wobei einer einen offenbar gesunden Zwilling hatte. Der dritte Fetus zeigte retinale Defekte (Rugh 1965). Auch Berichte mit unauffälligem Schwangerschaftsausgang liegen vor (Jacobs 1981).

Cyclophosphamid (Endoxan®) ist eine alkylierende Substanz, die man zur Behandlung einer Vielzahl von malignen Erkrankungen und bei Autoimmunerkrankungen, wie z.B. dem systemischen Lupus ery-thematodes, einsetzt. Tierexperimente bei Ratten, Mäusen, Kaninchen, Affen und Hühnern führten zu ZNS-, kraniofazialen und Skelettfehlbildungen (zitiert nach Enns 1999).

Die Erfahrungen zur Behandlung Schwangerer mit Cyclophosphamid im 1. Trimenon beruhen auf einer kleinen Fallserie (Aviles 1991) und auf retrospektiven Kasuistiken. Insgesamt gibt es Berichte über mehr als 30 im 1. Trimenon behandelte Frauen, darunter eine Zwillingsschwangerschaft: 16 Kinder waren gesund (Peres 2001, Aviles 1991, Pizzuto 1980), 11 Feten bzw. Kinder hatten große oder kleine Fehlbildungen (Paskulin 2005, Paladini 2004, Vaux 2003, Giannakopoulou 2000, Enns 1999, Mutchinick 1992, Kirshon 1988, Murray 1984, Toledo 1971, Greenberg 1964), zwei Schwangerschaften endeten als Spontanabort (Clowse 2005) und bei weiteren 2 kam es in Woche 25/26 zum Fruchttod (Peres 2001, Ba-Thike 1990). Ein weiterer Junge wurde mit multiplen Fehlbildungen geboren und entwickelte mit 11 Jahren ein Schilddrüsenkarzinom, mit 14 ein Neuroblastom und im Alter von 16 Jahren wurde ein metastasiertes papilläres Schilddrüsenkarzinom diagnostiziert. Seine Zwillingsschwester war gesund (Zemlickis 1993).

Wir konnten bisher 5 im 1. Trimenon exponierte Schwangerschaften prospektiv auswerten, davon endete eine als Spontanabort, eine wurde im 2. Trimenon trotz unauffälligem hoch auflösendem Ultraschallbefund aus mütterlicher Indikation abgebrochen, und es wurden drei gesunde Kinder geboren.

Neuerdings wird eine Cyclophosphamid-Embryopathie (Enns 1999) bzw. eine Cyclophosphamid-Methotrexat-Cytarabin-Embryopathie (Vaux 2003) diskutiert: Kennzeichen sind ZNS-Auffälligkeiten, faziale Dysmorphien, distale Extremitätenreduktionsdefekte sowie Augen-und Ohrfehlbildungen und eine Wachstumsretardierung. Neun der oben genannten Fallbeschreibungen entsprechen zumindest teilweise diesem Muster, darunter auch solche, bei denen die Mütter im Rahmen eines systemischen Lupus erythematodes als einziges Zytostatikum Cyclophosphamid erhalten hatten.

Durch Therapie mit Cyclophosphamid im 2. und 3. Trimenon kann eine Panzytopenie und ein verringertes Geburtsgewicht beim Neugeborenen verursacht werden. Auch Frühgeburten treten häufiger auf (Kerr 2005). Zahlreiche Fallbeschreibungen schildern einen unauffälligen Ausgang der Schwangerschaft, auch bei malignen Erkrankungen (Ring 2005, Köseoglu 2001, Luisiri 1997, Oates 1990). Bei zwei Lupus-Patientinnen, die wegen der Schwere der Erkrankung im 2. Trimenon Cyclophosphamid erhielten, endete die Schwangerschaft mit Spätabort (Clowse 2005).

Ifosfamid (z. B. Holoxan®) und Trofosfamid (Ixoten®) sind dem Cyclophosphamid strukturell ähnlich. Es gibt einen Fallbericht über ein gesundes Kind, dessen Mutter wegen Ewing-Sarkom des Beckens im 3. Trimenon u.a. mit Ifosfamid behandelt wurde (Merimsky 1999).

Chromosomale Anomalien und Malignomentstehung wurden bei nicht schwangeren Patienten beobachtet, die mit Melphalan (Alkeran®) behandelt worden waren. Entsprechende Auswirkungen bei pränatal exponierten Kindern sind nicht bekannt. Zur Anwendung in der Schwangerschaft liegt lediglich ein Bericht über eine Fehlgeburt unter Monotherapie im 1. Trimenon vor (Zemlickis 1992).

Zu Bendamustin (Ribamustin®) wird über ein gesundes Kind berichtet, dessen Mutter im 1. Trimenon behandelt worden war (Schardein 2000).

Zu Estramustin (z.B. cellmustin®) liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

2.13.7. Andere Alkylanzien

Busulfan (z.B. Myleran®) wirkt speziell auf das Knochenmark alkylie-rend und wird deshalb bei Leukämien und bei der Vorbereitung zur Knochenmarktransplantation eingesetzt. Mindestens 49 Schwangerschaften, darunter 31 mit Anwendung im 1. Trimenon wurden publiziert, von denen wiesen 6 Kinder bzw. Feten unterschiedliche Fehlbildungen auf (Briggs 2005).

Vier von 12 mit Dacarbazin (Detimedac®) behandelte Schwangere waren im 1. Trimenon exponiert. Alle Neugeborenen waren unauffällig (DiPaola 1997, Aviles 1991).

In 4 von 12 Fallberichten mit einer Mechlorethamin-Therapie im 1. Trimenon (zusammen mit anderen zytotoxischen Substanzen) wurden folgende Anomalien beschrieben: Oligodaktylie, Hirnblutungen, Hydrozephalus und Nierenanomalien (Zemlickis 1992, Mennuti 1975). In 4 Fällen kam es zum Abort und zweimal zum Schwangerschaftsabbruch, andere Schwangerschaften verliefen unauffällig (Aviles 1991).

Procarbazin (Natulan®) ist Bestandteil einer Kombinationstherapie bei Morbus Hodgkin und anderen Lymphomen. Von 10 im 1. Trimenon exponierten Neugeborenen waren lediglich 3 gesund (Aviles 1991, Schapira 1984). Folgende Anomalien wurden beschrieben: multiple Hämangiome, Nieren- und Extremitätenanomalien, Lippen-, Kiefer-, Gaumen-Spalten, Vorhofseptumdefekt sowie intrauterine Wachstums-retardierung. Eine Frau, die 30 Tage lang versehentlich 50 mg täglich im 2. Trimenon einnahm, wurde von einem gesunden Kind entbunden (Daw 1970). Procarbazin ist ein schwacher Monoaminooxidase-Hemmstoff. Hypertensive Kreislaufzwischenfälle können daher bei gleichzeitiger Applikation von synergistisch wirkenden Arzneimitteln auftreten.

Keine fetotoxischen Effekte fand man bei einem Kind, dessen Mutter im 3. Trimenon wegen Leukämie mit täglich 30 mg Thiotepa = Thio-phosphamid (Thiotepa „Lederle”®) behandelt wurde. Weitere dokumentierte Erfahrungen liegen nicht vor.

Zu Chlormethin, Temozolomid (Temodal®) und Treosulfan (Ova-stat®) gibt es keine Erfahrungen bei Schwangeren. Gleiches gilt für Pi-pobroman (bei Polycythaemia vera eingesetzt) und für Plicamycin.

2.13.8. Zytotoxische Anthracyclin-Antibiotika

Daunorubicin (z.B. Daunoblastin®) greift in die DNA-Synthese ein. Daunorubicin tritt aufgrund seiner Molekülgröße und seiner relativen Hydrophilie nur wenig und verzögert plazentar über. Konzentrationen im fetalen Gewebe sind 100- bis 1.000fach geringer als beim Erwachsenen bzw. im Tumorgewebe (nach Germann 2004).

In der Übersicht von Briggs (2005) werden 29 Schwangere beschrieben, vier davon waren im 1. Trimenon exponiert (Feliu 1988, Alegre 1982). Die 22 lebend geborenen Kinder wiesen keine Fehlbildungen auf. Bei 2 dieser Kinder kam es im Alter von 2 Monaten zur vorübergehenden Neutropenie. Nachfolgeuntersuchungen an 13 Kindern dieser Gruppe im Alter zwischen 6 Monaten und 9 Jahren zeigten eine normale Entwicklung. Zuazu (1991) berichtet über 2 weitere im 1. Trimenon exponierte Schwangerschaften. Eine endete 20 Tage nach Ende der Polychemotherapie mit Spontanabort, die andere führte zur Geburt eines gesunden Frühgeborenen in Woche 34. Artlich (1994) schildert eine Patientin, die zum Zeitpunkt der Konzeption mit Daunorubicin und Cytarabin behandelt wurde und 5 Wochen später Cytarabin und Tioguanin erhielt. Das Kind wies eine Kraniosynostose und Radius-aplasie auf. Daunorubicin kann bei Anwendung im 2./3. Trimenon gelegentlich zur Myelosuppression führen.

Doxorubicin (z.B. Adriblastin®), das im Englischen als Adriamycin bezeichnet wird, wurde in zahlreichen Schwangerschaften beschrieben, darunter mindestens 12 mit Behandlung im 1. Trimenon (Garcia 1981, Blatt 1980, Hassenstein 1978). Ein Kind, dessen Mutter gleichzeitig Cyclophosphamid und eine Kobaltbestrahlung der linken Axilla und Supraklavikularregion von Woche 8–13 erhalten hatte, wies eine Anal- atresie mit rektovaginaler Fistel auf (Murray 1984). Kim (1996) berichtet über ein Frühgeborenes mit Blepharophimose, Mikrozephalie, Hydrozephalus und einer balancierten autosomalen Translokation, von der Mutter ererbt, die im 1. Trimenon zwei Zyklen Cyclophosphamid, Doxorubicin und Cisplatin erhalten hatte. Die anderen Neugeborenen wiesen keine Anomalien auf.

Germann (2004) wertete in einer Übersichtsarbeit 160 zwischen 1976 und 2001 publizierte Fallberichte aus, davon 50 zu Daunorubicin und 99 zu Doxorubicin. Darunter befindet sich ein Teil der oben genannten Fallberichte. Ungefähr 30 der 160 Patientinnen erhielten die Behandlung im 1. Trimenon und gebaren 20 gesunde Kinder, drei Neugeborene wiesen Fehlbildungen auf.

Ein Fallbericht (Nakajima 2004) zeigte erneut, dass eine zytostatische Therapie (Doxorubicin und Ifosfamid) im 2./3. Trimenon zu gesunden, aber wachstumsretardierten Kindern führen kann. Bei Doxorubicin sind jedoch kardiotoxische Nebenwirkungen bekannt: Drei Fallberichte über junge Schwangere, die in ihrer Kindheit bzw. Jugend Doxo-rubicin erhalten hatten und kardial unauffällig waren, dekompensierten am Ende der Schwangerschaft (Pan 2002).

Zu Epirubicin (z.B. Farmorubicin®) liegen mindestens 20 Fallberichte über Kombinationstherapien vor, davon 2 Expositionen im 1. Tri-menon, die mit Spontanabort endeten. Bei den übrigen Schwangerschaften gab es einen Abort, eine Totgeburt und ein Kind starb kurz nach der Geburt. Beschrieben wurden ferner intrauterine Wachstums-retardierung, Frühgeburten und eine vorübergehende Leukopenie (Ring 2005, Gadducci 2003, Giacalone 1999, Müller 1996, Goldwasser 1995). Der plazentare Übergang von Epirubicin ist gering und liegt etwas über dem von Doxorubicin (Gaillard 1995).

Fünf Falldokumentationen berichten über eine Kombinationstherapie mit Idarubicin (Zavedos®) nach dem 1. Trimenon (Claahsen 1998, Reynoso 1994). Im ersten Fall kam es nach Therapiebeginn zum intrauteri-nen Fruchttod, im zweiten wurde ein wachstumsretardiertes, im Übrigen aber gesundes Neugeborenes beschrieben. Das dritte Kind wurde in Woche 28 geboren und fiel mit einer drei Tage andauernden reversiblen Herzinsuffizienz auf, die von den Autoren auf Idarubicin zurückgeführt wurde (Achtari 2000). In 2 weiteren Fallberichten wird von einer reversiblen Rechtsherzvergrößerung beim Kind berichtet (Niedermeier 2005, Siu 2002). In einem dieser beiden Fälle wurden außerdem ein Ventrikel-septumdefekt, kurze Finger mit dysplastischen Nägeln, kurze Extremitäten und faziale Auffälligkeiten diagnostiziert, die sich mit der ausschließlich im 2. und 3. Trimenon erfolgten Exposition mit Idarubicin und Cytarabin nicht erklären lassen (Niedermeier 2005). Idarubicin hat zwar eine geringere Kardiotoxizität als die traditionellen Anthrazykline, die größere Lipophilie begünstigt jedoch den plazentaren Übergang. Dies könnte erklären, warum es in den wenigen Fallbeschreibungen so häufig zu kardialen Komplikationen beim Fetus kam.

Zu Mitoxantron (z. B. Onkotrone®) liegen 4 Fallbeschreibungen vor. Die eine betrifft eine Kombinationsbehandlung u. a. mit Idarubicin, mit folgendem Fruchttod (Reynoso 1994). Außerdem wurde ein unauffälliges Neugeborenes nach Polychemotherapie in Woche 24–34 beobachtet (Azuno 1995) sowie ein gesundes und ein wachstumsretardiertes Kind nach Therapie im 2. Trimenon (Giacalone 1999). Mitoxantron besitzt immunmodulatorische Eigenschaften und wird bei bestimmten Formen der Multiplen Sklerose eingesetzt.

Zur Behandlung Schwangerer mit Aclarubicin und Pirarubicin liegen keine Informationen vor.

2.13.9. Andere zytotoxische Antibiotika

Bleomycin (z.B. BLEO-cell®) ist ein zytotoxisches Glycopeptid-Anti-biotikum, das mit anderen Chemotherapeutika bei Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphomen und Teratomen eingesetzt wird. Es zeigten sich weder Fetopathien noch Chromosomenstörungen (Lowenthal 1982). Ein Kind, dessen Mutter außerdem mit Etoposid und Cisplatin bis eine Woche vor der Entbindung behandelt worden war, wies eine Neutropenie und Leukopenie auf (Raffles 1989). Zwei andere Kinder, die den gleichen Substanzen im 2./3. Trimenon ausgesetzt waren, waren unauffällig (Han 2005). Weitere 22 Kinder, darunter 11 mit Beginn der Polychemotherapie im 1. Trimenon, zeigten ebenfalls keine Anomalien (Aviles 1991).

Unauffällig waren auch 6 Kinder, die im 2. und 3. Trimenon mit Dac-tinomycin (LYOVAC-COSMEGEN®) exponiert waren (Briggs 2005). Zu Mitomycin (z.B. Mito-medac®) gibt es keine Erfahrungen in der Schwangerschaft.

2.13.10. Folsäure-analoge Antimetabolite (Folsäure-Antagonisten)

Aminopterin

Nach Behandlung mit Aminopterin, einer dem Methotrexat verwandten Substanz, wurden schon in den 50er Jahren Fehlbildungen beschrieben (Warkany 1959, Meltzer 1956, Thiersch 1952). Es liegen Berichte von misslungenen Abortversuchen mit Aminopterin vor, in denen u.a. folgende Auffälligkeiten beschrieben wurden: ZNS-Anomalien, wie z.B. Meningoenzephalozele, Hydrozephalus, Brachyzephalus, Anenzephalus; Anomalien des Gesichtsschädels, wie Mikrognathie, Lippen- und Gaumen-Spalte, Kraniosynostose, tief sitzende Ohren, Hypertelorismus und verschiedene Extremitätenfehlbildungen, sowie Wachstumsretardierung und mentale Retardierung (Übersicht bei Briggs 2005). Auch einige Fallbeschreibungen mit normalem Schwangerschaftsausgang nach einer Exposition im 1. Trimenon sind veröffentlicht.

Methotrexat (MTX)

Methotrexat (ein Methylderivat des Aminopterins, im Englischen auch Amethopterin genannt; z.B. MTX Hexal®) hat zwar nur eine Halbwertszeit von 12–24 Stunden, aber ca. 5–35% werden als Polyglutamat-Derivat in Hepatozyten und Erythrozyten über mehrere Monate gespeichert (Hendel 1984). Es wird bei einem breitem Spektrum von Indikationen eingesetzt: zur Beendigung von ektopen oder unerwünschten Schwangerschaften, bei Autoimmunerkrankungen, bei chronisch entzündlichen Krankheiten und zur Behandlung von Neoplasien. Metho-trexat besitzt ein teratogenes Risiko mit einem ähnlichen Muster an Fehlbildungen wie Aminopterin (siehe oben), so dass verschiedentlich von einem Aminopterin/Methotrexat-Syndrom gesprochen wird (Bawle 1998). Betrachtet man die Übereinstimmung der bei Methotre-xat, Cyclophosphamid und Cytarabin beschriebenen Fehlbildungen (siehe unter Cyclophosphamid 2.13.6), dann scheint der Begriff Ami-nopterin/Methotrexat-Embryopathie nicht gerechtfertigt. Ob diese Arzneimittel einen gemeinsamen embryotoxischen Wirkungsmechanismus besitzen, wie Vaux (2003) vermutet, ist unklar. Ob noch weitere Anti-metabolite vergleichbare Fehlbildungen hervorrufen, ist derzeit nicht zu beurteilen.

In über 30 Veröffentlichungen fanden sich mehr als 200 im 1. Trime-non behandelte Schwangere. Da es sich in der Regel um retrospektive Fallberichte handelt und nicht um eine prospektive Studie, verbieten sich Berechnungen eines Fehlbildungsrisikos. Bei einigen dieser Publikationen fehlen zudem Angaben zur Dosis und Indikation, wie z.B. bei McElhatton (2000), die über 82 exponierte Feten berichtet, davon 53 im 1. Trimenon. Zwölf Feten mit nicht genanntem Expositionszeitraum waren auffällig, darunter 9 Schädelanomalien und 6 andere Skelettfehlbildungen. Im Folgenden werden nur die Arbeiten mit genaueren Angaben vorgestellt.

Zehn Veröffentlichungen beschreiben Schwangere, die im Rahmen einer Polychemotherapie im 1. Trimenon Methotrexat erhalten hatten. Interessanterweise fanden sich in dieser Hochrisikogruppe 16 gesunde Kinder (Zemlickis 1992, Aviles 1991, Feliu 1988, Dara 1981, Pizzuto 1980), ein Kind mit einer Inguinalhernie (Giannakopulou 2000), ein Spontanabort (Giacalone 1999), eine Totgeburt ohne Fehlbildungen (Peres 2001) und nur 1 Kind mit typischen Fehlbildungen (Bawle 1998), dessen Mutter von Woche 8 bis 29 wöchentlich 80 mg MTX wegen eines Mammakarzinoms erhalten hatte. Außerdem wurde sie von Woche 16 bis 25 bestrahlt mit einer geschätzten fetalen Dosis von 14 rad.

Im 2. und 3. Trimenon kann Methotrexat, wie andere Zytostatika auch, zur intrauterinen Wachstumsretardierung, zur Myelosuppression beim Fetus und selten auch zum intrauterinen Fruchttod führen.

Abortversuch mit MTX.

In 8 Publikationen werden Fallberichte nach fehlgeschlagenem Abortversuch beschrieben. Alle 11 Kinder zeigten für MTX typische Fehlbildungen (z.B. Seidahmed 2006, Milunsky 1968). Die Gesamtdosis lag zwischen 10 und 100 mg Methotrexat. In 7 dieser Schwangerschaften (8 Kinder) wurde zusätzlich Misoprostol (Yedlinski 2005, Adam 2003, Wheeler 2002) einige Tage nach Methotrexat verabreicht. In einem Fall wurde zuvor erfolglos eine Kürettage durchgeführt (Bawle 1998). Andere Berichte thematisieren pränatal diagnostizierte Schädigungen exponierter Feten, die zum Abbruch der Schwangerschaft führen (Chapa 2003, Krähenmann 2002).

Antirheumatische Therapie mit MTX.

Zehn Veröffentlichungen mit mehr als 110 im 1. Trimenon exponierten Schwangerschaften beziehen sich auf die als „Low-dose” bezeichnete Therapie bei Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis. Doch abgesehen von der kürzlich veröffentlichten kleinen prospektiven Studie aus Frankreich (Lewden 2004) und unseren eigenen noch unveröffentlichten Daten handelt es sich um retrospektive Fallbeschreibungen oder allenfalls um kleine prospektive Fallserien mit maximal 4 Schwangerschaften (Østensen 2000, Donnenfeld 1994).

Insgesamt fanden sich 4 Kinder mit typischen Fehlbildungen, von denen allerdings zwei Mütter (Del Campo 1999, Powell 1971) mit 3 ×12,5 mg/Woche (bis Woche 10) bzw. 5 mg/Tag (bis Woche 8) mehr MTX einnahmen als bei „Low-dose” (maximal 25 mg/Woche) üblich ist. Eine weitere erhielt 7,5 mg/Tag für zwei Tage in Woche 6 (Nguyen 2002) und die vierte Schwangere 12,5 mg/Woche bis Woche 10 in Kombination mit täglich 1 mg Folsäure (Buckley 1997).

Dem stehen Fallbeschreibungen mit 14 gesunden Kindern mit einer Dosis zwischen 7,5 und 15 mg/Woche gegenüber (Østensen 2000, Donnenfeld 1994, Feldkamp 1993, Kozlowski 1990), 4 Spontanaborte (Østensen 2000, Kozlowski 1990) und 2 Schwangerschaftsabbrüche ohne embryopathischen Hintergrund. Chakravarty (2003) berichtet über 38 retrospektive Schwangerschaften unter „Low-dose”-MTX, wobei genauer Einnahmezeitraum und Dosis nicht bekannt sind. Es kamen 21 gesunde Kinder zur Welt, bei 3 Schwangerschaften wurden Fehlbildungen beschrieben keine Spezifizierung, 7 endeten als Spontanabort und 8 Schwangerschaftsabbrüche wurden durchgeführt. In einer prospektiven französischen Studie (Lewden 2004) mit 28 Fällen und einer wöchentlichen mittleren MTX-Dosis von 10,5 mg wurden 4 Spontanaborte, 5 Schwangerschaftsabbrüche und 19 Lebendgeburten registriert, darunter keine MTX-Embryopathie.

Diese Erfahrungen decken sich mit unseren eigenen: von 22 prospek-tiv dokumentierten im 1. Trimenon exponierten Schwangerschaften (wöchentliche Dosis 10 bis 25 mg MTX) wurden 3 bei unauffälligem Ultraschallbefund abgebrochen, 5 endeten als Spontanabort und 13 mit der Geburt eines gesunden Kindes (1 Frühgeborenes mit 36 Wochen). Ein Kind, dessen Mutter zusätzlich Phenprocoumon und andere Medikamente einnahm, war mit 1.600 g am Geburtstermin wachstumsretardiert, wies eine Inguinalhernie auf und war 14 Tage lang hyperirritabel.

Bei Kindern mit typischen Fehlbildungen scheint eine begleitende Kleinwüchsigkeit bestehen zu bleiben. In der weiteren Entwicklung wurden sowohl eine normale Intelligenzentwicklung als auch mentale Retardierung beobachtet.

Die Dosierungsbereiche für MTX bei Polychemotherapie, Abortversuch und bei rheumatischen Indikationen („Low-dose”) überschneiden sich. Daher ist die Schlussfolgerung, es gibt für MTX sichere und riskante Indikationen, unzulässig. Zwar fand sich bei 10 mg wöchentlich bisher nur ein Fallbericht mit verdächtiger Symptomatik, so dass die von Feldkamp (1993) geäußerte These plausibel erscheint, dass MTX erst ab einer wöchentlichen Dosis von 10 mg teratogen wirkt. Die Autorin postuliert ferner eine sensible Phase zwischen Woche 8 und 10. Für eine definitive Schlussfolgerung sind die vorliegenden Daten jedoch noch unzureichend.

Empfehlung für die Praxis:

Nach Behandlung mit dem teratogenen Methotre-xat wurden bei einer Reihe von Schwangerschaften Entwicklungsanomalien beobachtet, die im Wesentlichen aus einer pränatal beginnenden Wachstumsre-tardierung, einem schweren Ossifikationsdefekt des Calvariums, fazialen Dys-morphien, ZNS-Störungen mit oder ohne Intelligenzminderung und Extremitätendefekten bestehen. Eine unbedenkliche Dosis kann nicht angegeben werden, allerdings gibt es bisher keine Hinweise auf teratogene Effekte unterhalb einer wöchentlichen Dosis von 10 mg. Eine (versehentlich) ins 1. Trimenon hinein weiter geführte antirheumatische „Low-dose”-Therapie scheint nur ein gering erhöhtes Fehlbildungsrisiko zu besitzen. Generell sind bei einer Exposition im 1. Trimenon Fehlbildungen keineswegs obligat, auch nicht bei der Behandlung von bösartigen Erkrankungen. Dass Kinderwunschpatientinnen nach einer (antirheumatischen) Methotrexat-Therapie mindestens 3 Monate Pause bis zur Konzeption einhalten, kann mit den jetzt vorliegenden Daten nicht begründet werden. Jeder Schwangeren, die im 1. Trimenon mit MTX exponiert war, sollte eine hoch auflösende Ultraschalldiagnostik zur Bestätigung einer normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.13.11. Purin-analoge Antimetabolite (Purin-Antagonisten)

6-Mercaptopurin (6-MP; Puri-Nethol®) ist ein Purin-Analogon, das über eine Hemmung der Nukleinsäuresynthese wirkt (siehe auch Aza-thioprin = AZA, Prodrug von 6-MP). Es wurde bisher kein spezifisches Fehlbildungssyndrom beschrieben. 6-MP wird auch als Immunsuppres-sivum eingesetzt, z. B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen („Inflammatory bowel disease” = IBD). Auch wenn die Plasma-HWZ von 6-MP und AZA mit 1–3 Stunden sehr kurz ist, beträgt die Halbwertszeit des zytostatisch aktiven Metaboliten, der Tioguanin-Nukleo-tide, 3 bis 13 Tage. Wirkungsweise und Metabolisierung von 6-MP sind interindividuell variabel. Dabei spielt die Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) eine Rolle, deren Aktivität genetisch determiniert ist. AZA und 6-MP können die Plazenta passieren (Polifka 2002).

Von mehr als 100 im 1. Trimenon exponierten Schwangeren nahmen über 60 das 6-MP im Rahmen einer IBD ein (Francella 2003), häufig in Kombination mit Prednisolon und eine kleine Gruppe sogar fortlaufend während der gesamten Schwangerschaft. Die meisten Kinder der mit 6-MP therapierten Schwangeren in dieser und anderen Publikationen wurden ohne Anomalien geboren (Moskowitz 2004, Polifka 2002, Aviles 1990, Dara 1981, Pizzuto 1980). Einige Kinder bzw. Feten wiesen Fehlbildungen auf, wie z.B. Polydaktylie (Mulvihill 1987), Hypospadie (Sosa 1983), Hydrozephalus (Francella 2003), Lungenhypopla-sie, sowie Harnblasen- und Urethrafehlbildungen (Nørgård 2003), Gaumenspalte und Gesichtsdysmorphien (Tegay 2002). Ein nennenswertes teratogenes Potenzial lässt sich aus diesen Berichten nicht ableiten. Die Dosierungsbereiche bei den beiden wichtigsten Behandlungsindikationen IBD und Leukämie überschneiden sich. Daher ist die Indikation primär kein Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich potentieller Teratogenität.

Tioguanin (Thioguanin-GSK®) ist ein Purin-Analogon, das DNA-Brüche in Säugetierzellen verursacht. Es ist dem 6-MP hinsichtlich Struktur, Wirkungsweise, Nebenwirkungen und Interaktionen ähnlich. Bei 5 im 1. Trimenon behandelten Schwangeren fand sich kein auffälliges Neugeborenes (Übersicht in Schardein 2000). Eine weitere Kasuistik beschreibt 1 Kind mit Kraniosynostose, Fingeranomalien und Radi-usaplasie, dessen Mutter in Woche 8 gleichzeitig auch mit Cytarabin, das vermutlich die Fehlbildungen verursacht hat, behandelt wurde (Schafer 1981). Auch Artlich (1994) berichtet über 1 fehlgebildetes Kind nach Exposition im 1. Trimenon (siehe unter Cytarabin).

Das Kind einer wegen Haarzell-Leukämie bis Woche 10 mit Cladri-bin (z.B.Leustatin®) behandelten Schwangeren zeigte keine teratoge-nen Effekte (Alothman 1994).

Zu Fludarabin (Fludara®) gibt es bisher keine Informationen.

2.13.12. Pyrimidin-analoge Antimetabolite (Pyrimidin-Antagonisten)

Der Pyrimidin-Antagonist Cytarabin (auch Cytosin Arabinosid oder Ara C; z.B. Alexan, Udicil) hemmt sowohl die DNA- als auch die RNA-Synthese durch Verdrängen von Cytosin, von dem es sich durch den Zuckeranteil Arabinose unterscheidet. Über eine Behandlung mit Cytarabin im 1. Trimenon wird in 11 Kasuistiken berichtet. Sechs Kinder waren gesund (Aviles et al., 1991, Aviles et al., 1990), ein Spontanabort ereignete sich 20 Tage nach Ende der Zytostase (Zuazu 1991), zwei Schwangerschaftsabbrüche wurden registriert, einer davon mit 20 Wochen und unauffälligem Befund beim Fetus (Zemlickis 1992, Lilleyman 1977). Drei Kinder wiesen Extremitätenanomalien auf, eines von ihnen hatte zusätzlich eine bilaterale Mikrotie und Atresie des äußeren Gehörgangs (Wagner 1980). Die Mutter hatte im Rahmen einer Erhaltungstherapie bei akuter lymphatische Leukämie ausschließlich Cytarabin erhalten: zum Zeitpunkt der Konzeption, in Woche 6/7 und in Woche 10. Dies ist der einzige Bericht mit einer Monotherapie. Bei allen anderen Fällen wurde mit einer Polychemotherapie behandelt. Das zweite auffällige Kind hatte eine beidseitige Radiusaplasie und jeweils vier Finger mit hypoplastischem Daumen, eine schwere Brachyzephalie, Hypoplasie der Schädelbasis und des Mittelgesichts, sowie Synostose der Schädelnähte. Die Mutter wurde wegen akuter myeloischer Leukämie (AML) zur Konzeption und vom 35.-37. Tag danach u.a. mit Cytarabin behandelt (Artlich 1994). Die dritte Kasuistik (Schafer 1981) wird bei Tiogua-nin beschrieben. Hinsichtlich der Spezifität teratogener Schäden durch Cytarabin sei auf Vaux (2003) verwiesen, der eine „gemeinsame” Cyclo-phosphamid-Methotrexat-Cytarabin-Embryopathie diskutiert (siehe Kapitel 2.13.6).

Ungefähr 30 publizierte Fälle liegen uns zur Exposition mit Cytarabin im 2./3. Trimenon vor, in Übersichten werden weitere Kasuistiken erwähnt. Dabei ist ein Großteil der Kinder gesund (Peres 2001, Veneri 1996, Requena 1995, Aviles et al., 1991, Aviles et al., 1990, Blatt 1980). Auch über 3 Spätaborte bzw. Totgeburten wurde berichtet (Greenlund 2001, zitiert nach Zuazu 1991), des Weiteren über 3 Frühgeborene mit schwerer, aber reversibler Panzytopenie (Hsu 1995, Murray 1994, Engert 1990). Reynoso (1987) berichtet über 3 gesunde Kinder und ein Frühgeborenes der Schwangerschaftswoche 29, dessen Mutter wegen AML ab Schwangerschaftswoche 25 zytostatisch behandelt wurde. Im Alter von 2 Jahren wurde eine angeborene Adhärenz der Iris an der Kornea des linken Auges diagnostiziert. Bis zum 3. Lebensjahr entwickelte sich der Junge im Übrigen unauffällig.

5-Fluorouracil (5-FU; z.B. 5-FU Hexal®) greift durch Verdrängen von Uracil ebenfalls in die DNA- und RNA-Synthese ein. Zur lokalen vaginalen Anwendung von 5-Fluorouracil im 1. Trimenon liegen Berichte über fünf gesunde Kinder vor (Kopelman 1990, Odom 1990). Kasuistiken zur Anwendung im 1. Trimenon zusammen mit anderen Chemotherapeutika beschreiben 4 gesunde Kinder (Andreadis 2004, Peres 2001, Zemlicki 1992), zwei Spontanaborte (Giacalone 1999) und eine komplexe Fehlbildung nach Exposition in Woche 11 und 12 (Stephens 1980). Paskulin (2005) beschreibt ein Kind, das intrauterin bis Woche 16 mit Cyclophosphamid, Fluorouracil und Doxorubicin exponiert war und mit Wachstumsretardierung, fazialen Dysmorphien und verschiedenen distalen Extremitätenfehlbildungen geboren wurde.

Die meisten der mehr als 40 Kinder mit intrauteriner 5-FU-Exposi-tion im 2. und 3. Trimenon waren gesund (Ginopoulos 2004, Berry 1999). Selten wurde eine intrauterine Wachstumsretardierung beschrieben (Zemlickis 1992). Dreicer (1991) berichtet über einen Jungen, der im 2./3. Trimenon hohen Dosen 5-FU ausgesetzt war (insgesamt 20 g), bei der Geburt in Schwangerschaftswoche 38 mit 2.660 g ein unterdurchschnittliches Gewicht aufwies und im Alter von zwei Jahren normal entwickelt war. Zur topischen Anwendung von Fluorouracil siehe Abschnitt 2.17.

Zu Gemcitabin (Gemzar®) und Capecitabin (Xeloda®) gibt es keine Informationen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft.

2.13.13. Taxane

Taxane wirken antineoplastisch über eine Hemmung der Synthese der Mikrotubuli. Sie werden beim Mammakarzinom eingesetzt. Erfahrungen zur Anwendung im 1. Trimenon liegen nicht vor.

Sechs Kasuistiken zur Exposition mit Paclitaxel (Taxol®) im 2./3. Trimenon berichten über gesunde Kinder (v.a. Gonzales-Angulo 2004, Cardonick 2004, Gaducci 2003, Mendez 2003, Sood 2001).

Docetaxel (Taxotere®) ist ein Analogon des Paclitaxel, zu dem ein Fallbericht mit einem gesunden Mädchen vorliegt (DeSantis 2000).

2.13.14. Platin-Verbindungen

Cisplatin (z. B. Platinex®) wird bei verschiedenen Tumoren eingesetzt. Es gibt Hinweise darauf, dass Cisplatin am Anfang einer Schwangerschaft nur in geringem Umfang den Embryo erreicht, mit Reifung der Plazenta nimmt der Transfer zu (Kopf-Maier 1983). Bisher gibt es nur einen Fallbericht über eine Polychemotherapie mit Cisplatin, Cyclo-phospamid und Doxorubicin im 1. Trimenon (Kim 1996). Eine junge Schwangere erhielt zwei Zyklen in Woche 7 und 12. In Woche 25 wurde ein Junge per Notsectio geboren (Geburtsgewicht 1.020 g), der eine Blepharophimose, Mikrozephalie und erweiterte Seitenventrikel beidseits aufwies. Ebenso wie bei seiner Mutter wurde eine balancierte autosomale Translokation diagnostiziert. Bis zum 30. Lebenstag zeigten sich keine Änderungen im Ultraschall des Schädels. Jacobs (1980) beschreibt einen äußerlich unauffälligen Fetus nach Cisplatinexposi-tion mit 12 Schwangerschaftswochen.

Etwa 27 Veröffentlichungen liegen über die Anwendung im 2. und 3. Trimenon vor, sowohl als Monotherapie als auch im Rahmen einer Polychemotherapie. Han (2005) schildert zwei Fallberichte mit unauffälligem Schwangerschaftsausgang unter Cisplatin, Etoposid und Bleo-mycin. Ferrandina (2005) berichtet über ein gesundes männliches Frühgeborenes, das intrauterin mit sechs Zyklen Cisplatin exponiert war. Tomlimson (1997) beschreibt eine unauffällige Schwangerschaft unter Cisplatin und Cyclophosphamid und gibt eine Übersicht zu neun weiteren Fällen. Darunter ist auch ein Frühgeborenes mit Neutropenie, reversiblem Haarausfall ab 10. Lebenstag, das 6 Tage vor der Geburt Cisplatin und Etoposid ausgesetzt war. Im Alter von einem Jahr zeigte das Kind außer einer milden Hörstörung keine Auffälligkeiten (Raffles 1989). Elit (1999) berichtete über ein mit Bleomycin, Cisplatin und Etoposid exponiertes Kind, das bis zum Alter von 16 Monaten untersucht wurde. Dabei bestätigte sich die bereits intrauterin abzeichnende Ven-trikulomegalie, die zu einer Hirnatrophie geführt hatte. In einer Fallserie von Peres (2001) wird über eine Totgeburt mit 26 Schwangerschaftswochen ohne Fehlbildungen berichtet. Die Mutter hatte wegen eines Non-Hodgkin-Lymphoms Cisplatin und Etoposid in Woche 22 erhalten. Außer der in 2 Fällen beschriebenen intrauterinen Wachstumsre-tardierung waren die übrigen Kinder gesund (Ohara 2000, DiPaola 1997, Giacalone 1996, Hoffmann 1995).

Ob die tierexperimentell beobachtete erhöhte Rate an Tumoren, z.B. der Haut, nach pränataler Exposition mit Cisplatin für den Menschen relevant ist, kann nicht beurteilt werden.

Carboplatin (z.B. Ribocarbo®) ist dem Cisplatin verwandt. Fetotoxi-sche Wirkungen wurden bei einer zwischen Woche 17 und 33 behandelten Schwangeren nicht beobachtet (Mendez 2003).

Zu Oxaliplatin (Eloxatin®) liegen keine Informationen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft vor.

2.13.15. Andere antineoplastische Mittel

Hydroxycarbamid bzw. Hydroxyurea (Hydroxyharnstoff; z.B. Litalir®) hemmt die DNA-Synthese und wird zur Behandlung von chronischer Leukämie, bei Polycythaemia vera sowie bei Thrombozythämie und Sichelzellanämie eingesetzt. Bisher gibt es ca. 25 Berichte über eine Behandlung mit Hydroxycarbamid in der Schwangerschaft. Bei den Lebendgeborenen, deren Mütter vorwiegend im 1. Trimenon behandelt wurden, fanden sich keine grobstrukturellen Fehlbildungen (Merlob 2005, Pata 2004, Thauvin-Robinet 2001, Wright 2001, Diav-Citrin 1999).

Anagrelid wird zur Behandlung der essentiellen Thrombozythämie eingesetzt. Es hemmt die Phosphodiesterase III und wirkt in der post-mitotischen Phase der Megakaryozyten-Entwicklung. So wird isoliert nur die Thrombozytenzahl verringert. Es wirkt weder zytotoxisch noch mutagen. Die Erfahrungen in der Schwangerschaft beschränken sich auf ca. 10 Berichte, die keine Teratogenität haben erkennen lassen (AlKindi 2005, Doubek 2004, eigene Erfahrungen).

All-trans-Retinsäure (ATRA) bzw. Tretinoin (Vesanoid®) wird oral bei promyelozytärer Leukämie mit einer Tagesdosis von 45 mg/m2 eingesetzt. Aus den Erfahrungen bei der Akne- und Psoriasistherapie ist bekannt, dass Retinoide die stärksten Teratogene nach Contergan sind. Ungefähr 20 dokumentierte Verläufe, davon allerdings nur einer mit Behandlung im 1. Trimenon, erbrachten keine Hinweise auf Fehlbildungen. Wenn es Probleme bei Neugeborenen gab, waren sie meist durch die Frühgeburt bedingt und vorübergehender Natur. Auch Wachstumsretardierung und fetale Arrhythmie sowie Herzstillstand mit erfolgreicher Reanimation sind beschrieben (Consoli 2004, Carradice 2002, Fadilah 2001). Ein weibliches Reifgeborenes, das intrauterin ab Woche 15 mit ATRA und Idarubicin exponiert war, wies einen Vorhof-septumdefekt und eine milde rechtsventrikuläre dilatative Kardiomyo-pathie auf, die sich nach ein bis zwei Monaten vollständig zurückbildete. Der hämodynamisch unbedeutende Vorhofseptumdefekt war weiter nachweisbar (Siu 2002).

Zu Amsacrin (Amsidyl®), Miltefosin (Miltex®), das auch bei Leish-maniose eingesetzt wird, sowie zu Pentostatin (Nipent®) und Mitogu-azon gibt es keine Informationen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft. Gleiches gilt für die Topo-Isomerase-Inhibitoren Irinotecan (Campto®) und Topotecan (Hycamtin®), sowie für die Photosensitizer Temoporfin (Foscan®) und Porfimer-Natrium (Photofrin®) und für Bexaroten (Targretin®), einem Agonisten am Retinoid-X-Rezeptor. Auch zu Pemetrexed. (Alimta®), einem Thymidylat-Synthese-Inhibitor, und zu Mitotan (Lysodren®) liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Imatinib, ein Protein-Tyrosinkinase-Inhibitor (Glivec®) wird u.a. zur Therapie der chronisch myeloischen Leukämie eingesetzt. Wenige Fallberichte existieren zur Anwendung in der Schwangerschaft. Eine 44Jährige gebar ein gesundes 3.200 g schweres Mädchen, das intrauterin bis Woche 8 mit Imatinib exponiert war (Ali 2005). Hensley (2003) beschreibt einen Jungen mit Hypospadie und zwei Schwangerschaftsabbrüche wegen Fehlbildungen der Feten (Hydrozephalus, Herzfehler). In einem weiteren Fallbericht mit Imatinib-Exposition bis Woche 7 geht es um ein Mädchen mit Pylorusstenose (Heartin 2004).

Erlotinib (Tarceva®) ist ein neu zugelassenes Zytostatikum zur Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms. Erfahrungen zur Schwangerschaft liegen nicht vor.

2.13.16. Weitere antineoplastisch wirkende Enzyme und Antikörper

Asparaginase (Asparaginase®) ist ein pflanzliches Enzym, das die Verfügbarkeit der Aminosäure Asparagin für das Tumorwachstum reduziert. Es wird mit anderen Chemotherapeutika bei akuter Leukämie kombiniert. Bei 7 im 2. Trimenon exponierten Kindern fanden sich keine Fehlbildungen, 2 Kinder wiesen jedoch eine Knochenmarkhypoplasie auf und 1 Kind Chromosomenanomalien (Turchi 1988, Scheuning 1987).

Alemtuzumab (MabCampath®), Ibritumomab-Tiuxetan (Zevalin®), Cetuximab (Erbitux®), Edrecolomab und Bortezomib (Velcade®) und Tositumomab (Bexxar®) sind monoklonale Antikörper, für die es keine Erfahrungen zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft gibt.

Zu Rituximab (MabThera®) liegen 3 Erfahrungsberichte mit unauffälligem Schwangerschaftsausgang vor. Zwei Behandlungen fanden aus Versehen im 1. Trimenon statt, die andere ab Woche 21 (Ojeda-Uribe 2006, Kimby 2004, Herold 2001).

Trastuzumab (Herceptin®) ist ein monoklonaler Antikörper, der das „Human epidermal growth factor receptor 2”-Protein blockiert und eine geschätzte HWZ von 12 Tagen hat. Es gibt einen Fallbericht über eine versehentliche Exposition einer 28-Jährigen mit Brustkrebs, die bis Woche 20 alle drei Wochen das Medikament bekam. Als in Woche 23 die Schwangerschaft bemerkt wurde, zeigte sich ein Anhydramnion bei einem gesunden weiblichen Fetus. Allmählich regenerierte sich die Fruchtwassermenge. In Woche 37 wurde ein gesundes Mädchen entbunden, das auch im Alter von 6 Monaten eine normale Nierenfunktion zeigte und keinen Anhalt für eine pulmonale Hypoplasie aufwies (Watson 2005).

Noch in der Erprobung ist Gefitinib beim kleinzelligen Bronchialkarzinom, zu dem es noch keine Erfahrungen in der Schwangerschaft gibt. Gleiches gilt für Lapatinib und für Bevacizumab (Avastin®), das zusammen mit 5-Fluorouracil beim metastasierten Colon- oder Rek-tumkarzinom angewendet wird.

Aldesleukin (Proleukin®) wird gentechnisch aus E. coli hergestellt und zur Behandlung des metastasierenden Nierenkarzinoms eingesetzt. Erfahrungen in der Schwangerschaft gibt es nicht. Dies gilt auch für Lenalidomid zur Therapie des myelodysplastischen Syndroms.

Noch in der klinischen Erprobung sind der lipsomale Krebsimpfstoff L-BLP25 gegen nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom, sowie Actino-nin, ein Antibiotikum mit antiproliferativen Eigenschaften. Erfahrungen zur Schwangerschaft gibt es verständlicherweise nicht.

2.13.17. Endokrin wirkende antineoplastische Mittel

Der Hormon-Antagonist Tamoxifen wird zur Behandlung des Mamma-karzinoms eingesetzt. Seine Wirkung auf das Endometrium könnte indirekt die vorgeburtliche Entwicklung gefährden. Bei 37 vom Herstel ler gesammelten Verläufen waren 19 Neugeborene gesund und 2 Kinder hatten kraniofaziale Fehlbildungen. Zwei weitere Fallberichte beschreiben ein Kind mit Auffälligkeiten, die einem Goldenhar-Syndrom ähnelten (Cullins 1994) und ein weibliches Neugeborenes mit indifferenter Genitalentwicklung (Tewari 1997). Bei einem Mädchen, dessen Mutter bis zum 4. Schwangerschaftsmonat Tamoxifen nahm, wurde im Alter von 2 Jahren ein Adenom der Vagina diagnostiziert. Auch über unauffällige Verläufe wird berichtet (Andreadis 2004, Isaacs 2001, Lai 1994). Bei 9 Schwangerschaften nach Ovulationsinduktion mit Tamoxifen zeigten die Neugeborenen keine Fehlbildungen (Ruiz-Velasco 1979). Für eine differenzierte Risikobeurteilung reichen die vorliegenden Erfahrungen jedoch nicht aus.

Zu Toremifen (Fareston®) und zu Fulvestrant (Faslodex®), einem Estrogen-Antagonisten, liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor. Enzyminhibitoren wie Aminoglutethimid (Orimeten®) setzt man auch zur Therapie des Cushing-Syndroms bei NNR-Adenomen und -Karzinomen und beim ektopischen ACTH-Syndrom ein. Einige Fallberichte zu Aminoglutethimid beschreiben sowohl eine Maskulini-sierung weiblicher Feten als auch normale Verläufe (Übersicht in Schardein 2000).

Die Aromatasehemmer Letrozol (Femara®) und Exemestan (ARO-MATASE®) werden postmenopausalen Frauen bei hormonabhängigem Mammakarzinom verordnet. Neuerdings findet Letrozol auch in der Sterilitätsbehandlung zur Ovulationsauslösung als Alternative z.B. zu Clomiphen Anwendung. Studien zur Embryotoxizität gibt es bisher nicht (Mitwally 2005).

Zu Medroxyprogesteron, Megestrol und Goserelin siehe Kapitel 2.15.

2.13.18. Pflanzliche Zytostatika

Mistelpräparate (Viscum album; z.B. Iscador®) siehe Kapitel 2.19.

2.13.19. Beruflicher Umgang mit Zytostatika

Ein erhöhtes Abortrisiko für Krankenschwestern, die in der Schwangerschaft regelmäßig mit Zytostatika arbeiten, wurde diskutiert. Ein kausaler Zusammenhang lässt sich mit den bisher vorliegenden Erfahrungen weder beweisen noch ausschließen (Stucker 1990).

Empfehlung für die Praxis:

Ein regelmäßiger beruflicher Umgang mit Zytostatika sollte in der Schwangerschaft unterbleiben. Hat eine Krankenschwester oder Pharmazeutin bis zur Feststellung der Schwangerschaft in einer entsprechenden Abteilung gearbeitet, ergeben sich daraus weder diagnostische Konsequenzen noch rechtfertigt dies einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft.

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2.14. Uteruskontraktionsmittel, Tokolytika, Vaginaltherapeutika und lokale Kontrazeptiva

2.14.1. Prostaglandine

Pharmakologie und Toxikologie.

Prostaglandine (PG) sind an vielen Geweben des Organismus wirksame, biologisch aktive Stoffe. Von praktischer Bedeutung sind in der Schwangerschaft insbesondere die als PGE1, PGE2, PGF2 a und PGI2 bezeichneten Derivate. Prostaglandine werden durch das Enzym Phospholipase A2 aus Arachidonsäure gebildet. Die Halbwertszeit der natürlich vorkommenden, z. B. im Uterus gebildeten Prostaglandine, beträgt nur wenige Minuten. Nieren, Leber, Magen-Darm-Trakt und Lunge enthalten Enzyme, die Prostaglandine rasch abbauen. Die Synthese der Prostaglandine wird durch die Hormone Estradiol, Progesteron und auch durch Katecholamine gesteuert.

PGE1 und PGE2 bewirken eine Reifung der Zervix mit Gewebsauflockerung, die eine Verkürzung der Zervix und die Öffnung des Muttermundes unter Wehen erleichtert. PGF2 a wirkt im Gegensatz zu PGI2kontraktionsfördernd.

Seit 2006 steht in Deutschland - wie in der Schweiz schon länger -kein PGF2 a-Präparat (Dinoprost; Minprostin®F2 a) mehr zur Verfügung. Misoprostol (PGE1; Cytotec®), das neben Gemeprost (Cergem®) zweite kommerziell erhältliche PGE1-Präparat, war nicht für gynäkologisch-geburtshilfliche Indikationen zugelassen und kann, da es 2006 ebenfalls in Deutschland vom Markt genommen wurde, nur noch im Ausland bezogen und „Off-label” eingesetzt werden.

In der Praxis werden folgende Anwendungen unterschieden:

  • Geburtsvorbereitung, Zervixreifung, Priming

    Dinoproston (PGE2; Minprostin®E2, Prepidil®), appliziert in Form von Tabletten, Suppositorien oder Gel intravaginal oder als Gel intrazervikal, oder Misoprostol (PGE1) in niedrigster Dosis z.B. 25 μg intravaginal oder per os.

  • Geburtseinleitung und Wehenverstärkung

    Dinoproston (PGE2; Minprostin®E2, Propess®-Pessar-Band), appliziert als Gel oder Vaginal-Insert-Band intravaginal oder als Gel intrazervikal und extraamnial. International am meisten verwendet wird -Misoprostol (PGE1) intravaginal, oral oder sublingual.

  • Behandlung der postpartalen Uterusatonie

    Sulproston (PGE2; Nalador®), Applikation intravenös oder Misoprostol (PGE1) oral, sublingual oder rektal.

  • Abortinduktion, individuell nach Ausgangsbefund

Dinoproston (PGE2), als Gel intrazervikal (wie Priming), Sulproston (PGE2; Nalador®) i.v., Gemeprost (PGE1; Cergem®), intravaginal oder Misoprostol (PGE1) intravaginal, oral oder sublingual.

Für eine beschleunigte Rückbildung des Uterus im Wochenbett werden Prostaglandine bisher kaum benutzt.

Alle Kontraktionsmittel können zu einer Überstimulierung des Myo-metriums führen. Prostaglandine verursachen dann, anders als die Erhöhung des Basaltonus bei Oxytozin, eher einen Wehensturm, den man mit Tokolytika aufheben kann. Aus einer solchen Situation können sich mittelbar embryo- oder fetotoxische Risiken ergeben, weil über eine Perfusionsminderung Disruptionsfehlbildungen und im Extremfall auch ein Fruchttod resultieren können (Bond 1994). Fallbeschreibungen über fehlgeschlagene Abortversuche und Überdosierungen unter der Geburt beschreiben derartige seltene Vorkommnisse.

Eine Untersuchung in Brasilien spricht für eine kausale Beziehung zwischen fehlgeschlagenem Abortversuch mit dem auch als Ulkusmittel verwendeten Misoprostol (Cytotec®) und einer in wenigen Fällen beobachteten Möbius-Sequenz (u.a. Hirnnervenaplasie und Extremitätendefekte) bei den Kindern. Auch andere Fehlbildungen, wie Schädelknochendefekte, Omphalocele und Gastroschisis, wurden beobachtet (Orioli 2000, Gonzalez 1998, Hofmeyr 1998, Castilla 1994, Schüler 1992). Die zum Abortversuch oral oder manchmal zusätzlich auch vaginal genommene Dosis von Misoprostol variierte zwischen 200 und 16.000 μg und betrug durchschnittlich 800 μg. Die hohen Dosen waren zeitlich über bis zu 20 Tage verteilt angewendet worden. In einer retrospektiven brasilianischen Fall-Kontroll-Studie ergab die Medikamentenanamnese der Mütter von 94 Kindern mit Möbius-Sequenz, dass nahezu die Hälfte Misoprostol angewendet hatte. In einer Kontrollgruppe von Kindern mit Neuralrohrdefekten waren es lediglich 3 % der Mütter. Zwei prospektive Kohortenstudien zu Misoprostol fanden keine Auffälligkeiten bei Schwangerschaftsverlauf und Befinden der Neugeborenen, allerdings betrug die Anzahl exponierter Mütter nur 125 bzw. 86 und schließt bei derart selten auftretenden Defekten kein Risiko aus (Bellemin 2000, Schüler 1999). Ein Teil der Mütter hatte Misoprostol als Schutz vor Magengeschwüren bei einer Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika eingenommen.

Schon 200 μg Misoprostol können den arteriellen Strömungswiderstand in den Aa. uterinae dopplersonographisch nachweisbar heraufsetzen. Dieser Effekt kann die beobachteten Disruptionsfehlbildungen als Folge einer Perfusionsstörung erklären (Yip 2000). Zusammenfassend muss nach (versehentlicher) Misoprostolanwendung ein geringes, teratogenes Risiko angenommen werden.

Obwohl für keine der Indikationen in der Schwangerschaft zugelassen, ist ein Trend zu beobachten, dass Misoprostol vermehrt eingesetzt wird, sei es zur Abortinduktion, zur Geburtseinleitung oder in der Post-partalperiode. Sowohl die einfache Applikation per os als auch der Preis spielen dabei eine Rolle. So ist Misoprostol bei der Geburtseinleitung nach Blasensprung das wirkungsvollste Medikament, das ohne zusätzliche applikationsbedingte Infektgefährdung eingesetzt werden kann. Es wird in der WHO-Liste der essentiellen Medikamente geführt (World Health Organization 2005).

Eine mögliche Überstimulation und pathologische CTG-Muster geben allerdings Anlass, vor einem unkritischen Einsatz zu warnen. Bei Zustand nach Sectio oder anderen transmuralen Eingriffen ist Miso-prostol wegen deutlich erhöhter Gefahr einer Uterusruptur kontraindiziert.

Empfehlung für die Praxis:

Prostaglandine dürfen indikationsgerecht zur Geburtsvorbereitung (Zervixreifung), Geburtseinleitung, Wehenunterstützung und bei Atonie eingesetzt werden. Eine nach fehlgeschlagenem Abortversuch mit Prostaglandinen weiterbestehende Schwangerschaft ist aus embryotoxikologischer Sicht kritisch zu beurteilen, insbesondere wenn eine Unterbauchsymptomatik auf die Wirksamkeit der gegebenen Medikamente hindeutet. Die morphologische Entwicklung des Fetus sollte per Ultraschallfeindiagnostik kontrolliert werden, da teratogene Effekte nicht auszuschließen sind.

2.14.2. Oxytocin

Pharmakologie.

Oxytocin (z. B. Syntocinon®) ist chemisch ein Oktapep-tid, das im Hypothalamusbereich gebildet, im Hypophysenhinterlappen gespeichert und von dort in das Blut abgegeben wird. Die Inaktivierung erfolgt durch ein spezifisches Enzym in Leber, Milz und Ovar. Während der Schwangerschaft wird Oxytocin durch die von der Plazenta gebildete so genannte Schwangerschaftsoxytocinase inaktiviert. Oxytocin hat eine Halbwertszeit von nur wenigen Minuten und wird im Fettgewebe gespeichert.

Wirkorte sind vor allem der Uterusmuskel und die Milchdrüsenausführungsgänge. Voraussetzung für die Oxytocinwirkung am schwangeren Uterus ist ein sehr komplexes Geschehen. Dazu gehören eine Abnahme der Estrogen- und Progesteronkonzentration im Blut mit einer Verminderung der et- und β-adrenergen Sicherung der Uterusmuskulatur. Die wehenanregende Wirkung soll durch eine Depolarisierung der Muskelzellmembran ausgelöst werden. Während der Schwangerschaft erhöht sich die Oxytocinkonzentration im Blut nur gering. Erst am Ende steigen sowohl die Konzentration als auch die Zahl der Oxy-tocinrezeptoren im Myometrium deutlich an. Während der verschiedenen Geburtsphasen bis zum Pressen kann ein Anstieg der Oxytocinkonzentration um das 3- bis 4fache beobachtet werden. Diese Konzentrationserhöhung wird beispielsweise während der Austreibungsphase durch den so genannten Ferguson-Reflex bewirkt. Dabei wird der Druckreiz von dem in der Kreuzbeinhöhle gelegenen Frankenhäuser-schen Ganglion über Rückenmarksbahnen zum Hypophysenhinterlappen geleitet.

Toxikologie.

Oxytocin besitzt aufgrund seiner strukturellen Ähnlichkeit mit Vasopressin eine antidiuretische Wirkkomponente. Diese fördert die Rückresorption salzfreier Flüssigkeit in den distalen Nierentubulus und kann bis zur Wasserintoxikation mit Krämpfen und Koma, selten auch mit tödlichem Ausgang, führen. Das Risiko einer Wasserintoxikation lässt sich durch Reduktion der Flüssigkeitszufuhr und Kontrolle der Elektrolyte vermeiden.

Wie bei allen Kontraktionsmitteln kann eine Überstimulation des Myometriums auftreten. Oxytocin erhöht dabei, was zum Teil nur schwer nachweisbar ist, den Basaltonus mit nachfolgender utero-pla-zentarer, respiratorischer Versorgungsstörung. Dies kann eine Hypoxie mit entsprechenden Folgen beim Fetus bewirken.

Empfehlung für die Praxis:

Oxytocin kann indikationsgerecht zur Induktion oder zur Verstärkung von Wehen eingesetzt werden.

2.14.3. Mutterkornalkaloide

Pharmakologie und Toxikologie.

Uteruswirksame Mittel dieser Gruppe sind Ergometrin und Methylergometrin (Methergin®, Methylergobre-vin®). Ursprünglich hatten Mutterkornalkaloide (Ergotaminderivate) einen festen Platz in der Geburtshilfe. Inzwischen haben sie an Bedeutung verloren. Medikamente dieser Gruppe lösen, wenn uteruswirksam verabreicht, keine rhythmischen, sondern Dauerkontraktionen aus, die ein erhebliches Hypoxierisiko für den Fetus bergen.

Empfehlung für die Praxis:

Methylergometrin und Ergometrin dürfen nur nach der Geburt des Kindes bei postpartaler Atonie injiziert werden. Während der Schwangerschaft sind sie kontraindiziert. Eine versehentliche Anwendung während des 1. Trimenons rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Unmittelbare, funktionelle Störungen und spätere morphologische Entwicklungsstörungen sollten jedoch per Kardiotokographie oder durch Ultraschallfeindiagnostik ausgeschlossen werden. Andere Ergotamin-abkömmlinge siehe Abschnitt 2.1.13 und 2.15.3.

2.14.4. Tokolytika allgemein

Kritische Analysen zeigten, dass der Nutzen einer medikamentösen Tokolyse fast ausschließlich im Kurzzeitbereich von 24–48 Stunden liegt, ein Zeitraum, der es erlaubt, die Schwangere in ein Perinatalzen-trum zu verlegen und eine Lungenreifungsbehandlung mit Glucocorti coiden durchzuführen (Higby 1999, Katz 1999). Eine wirkliche Prävention von Frühgeburten muss weiter greifen. Kein Langzeittokolyse-Schema hat eindeutig zur Verringerung von kindlicher Morbidität und Mortalität beigetragen (Higby 1999).

Als Wehenhemmer wurden bzw. werden β-adrenerge Substanzen, Calciumantagonisten, Magnesium, Prostaglandin- und Oxytocinan-tagonisten und Nitroglycerin verwendet. Am weitesten verbreitet sind verschiedene β 2-selektive Sympathomimetika. Diese auch in der Asthmatherapie bewährten Pharmaka haben weniger kardiovaskuläre Nebenwirkungen als die nichtspezifischen β-Sympathomimetika.

2.14.5. β2-Sympathomimetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Fenoterol (Partusisten®) ist das in Deutschland am meisten zur Wehenhemmung verwendete β 2-Sympa-thomimetikum. Auch Clenbuterol, Ritodrin, Salbutamol, Terbutalin und das nicht β 2-spezifische Hexoprenalin gehören zu den in der Toko-lyse gebräuchlichen β-Sympathomimetika.

Bei intravenöser Applikation begrenzen kardiovaskuläre Wirkungen die Anwendung von β-Sympathomimetika. Seit langem und kontrovers wird die Wirksamkeit der oralen Behandlung erörtert (Baumgarten 1985). Obwohl vergleichbare Konzentrationen wie bei der intravenösen Behandlung erreicht werden (Von Mandach 1995), wird eine effektive tokolytische Wirkung angezweifelt.

Tierexperimentell und in einzelnen Fallberichten beim Menschen wurden Myokardnekrosen beim Fetus und Myokardinfarkte bei der Mutter nach Tokolyse mit β 2-Sympathomimetika beobachtet. Ein erhöhter Sauerstoffbedarf des Myokards zusammen mit dem durch das Tokolytikum bedingten intrazellulären Calciumeinstrom wird als Ursache diskutiert. Ein vermuteter kardioprotektiver Einfluss von Verapa-mil führte zeitweise zur Kombination beider Pharmaka (Weidinger 1973), bis Berichte über Lungenödeme unter dieser Kombination bei gleichzeitiger Überwässerung erschienen (Grospietsch 1981). Lungenödeme wurden auch bei einer Tokolyse mit Ritodrin alleine wiederholt beschrieben.

Insbesondere bei Kombination mit Corticosteroiden steigt die Gluco-sekonzentration. Das kann bei insulinabhängigen Diabetikerinnen zum abrupten Anstieg des Insulinbedarfs führen.

Wiederholt wurden hyperkinetische Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter als Folge wochenlanger β-sympathomimetischer Tokolyse diskutiert. Auch über passagere neurologische Abweichungen in den ersten Lebenstagen, die durch entsprechende Tests im Vergleich zu nicht exponierten Neugeborenen ermittelt wurden, ist berichtet worden (Thayer 1997). Eine abschließende Beurteilung ist hierzu bisher nicht möglich.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Kurzzeittokolyse mit β 2-Sympathomimetika, kontinuierlich intravenös oder als Bolusgabe (Spätling 1993), soll eine Verbesserung der Geburtsbedingungen ermöglichen, insbesondere durch eine Lungenreifungsbehandlung. Eine gleichzeitige Verabreichung von Calciumantagonisten wie Verapamil ist obsolet. Die Indikation für eine medikamentöse Langzeittoko-lyse über länger als 48 Stunden sollte kritisch geprüft werden. Zur Kurzzeit- oder Notfalltokolyse eignen sich auch β-Mimetika in Sprayform (Asthmaspray).

2.14.6. Calciumantagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Ca++-Kanal-Blocker, wie z. B. Nifedipin oder Nicardipin, werden auch als Tokolytika eingesetzt. Mehrere Untersuchungen haben Verträglichkeit und Wirksamkeit dieser Mittel im Vergleich mit anderen Tokolytika wie β2-Sympathomimetika und Prosta-glandinantagonisten bestätigt (El-Sayed 1998, Janet 1997, Papatsonis 1997). Bei bestehendem Hypertonus bzw. Präeklampsie (siehe auch Kapitel 2.8) oder Diabetes mellitus besitzen die blutdrucksenkenden Calciumantagonisten Vorteile gegenüber den β 2-Sympathomimetika. Sie scheinen seltener und weniger schwere Nebenwirkungen als diese zu verursachen. Jedoch wurde vereinzelt über Myokardinfarkte berichtet (Oei 1999). Die Kombination von Calciumantagonisten mit Magnesium kann durch die gemeinsame kumulierte blutdrucksenkende Wirkung zu bedrohlichen Situationen für Mutter und Kind führen (Van Veen 2004; siehe auch Abschnitt 2.8.5). Da die blutdrucksenkende Wirkung bei der sublingualen Applikation am stärksten ist und hierbei die meisten bedrohlichen Blutdruckabfälle beobachtet wurden, sollte Nifedipin als Tokolytikum nur oral verabreicht werden. Derzeit gelten Nifedipin, Beta-Mimetika und Atosiban als gleich wirksam bei der Hemmung vorzeitiger Wehen (Coomarasamy 2003, King 2003). Trotz fehlender Zulassung wird Nifedipin z.B. in Großbritannien vom dortigen geburtshilflichen Fachgremium (RCOG) empfohlen. Nifedipin gehört zu den essentiellen Medikamenten der WHO (World Health Organization 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Calciumantagonisten eignen sich bei entsprechender Indikation zur Tokolyse. Vorsicht ist bei gleichzeitiger i.v. Magnesiumbehandlung und sublingualer Applikation geboten.

2.14.7. Magnesium

Für den intravenösen Einsatz von Magnesiumpräparaten zur Wehenhemmung fehlt bisher der Wirkungsnachweis. Zu Magnesium(sul-fat) siehe auch Abschnitt 2.8.5.

2.14.8. Prostaglandinantagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Prostaglandinsynthesehemmstoffe werden von einigen Autoren zur Wehenhemmung empfohlen. Eine spezifische Zulassung gibt es nicht. Benutzt werden insbesondere Indometacin und Sulindac (Higby 1999, Morales 1993). Higby und Mitarbeiter (1993) sahen die Prostaglandinantagonisten wie Indometacin sogar als die einzig effektiven Tokolytika an. Sulindac hat entgegen anders lautender Mitteilungen die gleichen Nebenwirkungen wie andere Prostaglandinantagonisten (Kramer 1999). Diese Mittel können zum vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli und über eine herabgesetzte Nierenfunktion des Fetus zum Oligohydramnion führen. Dies ist offenbar bei kurzzeitiger Tokolyse (höchstens 48 Stunden) und vor Woche 30 kaum problematisch (Norton 1993). Andererseits sind generelle Vorteile dieser Wirkstoffgruppe gegenüber den β 2-Sympathomime-tika und Calciumantagonisten nicht erwiesen. Indometacin wurde auch zur Behandlung des Polyhydramnions angewendet (Nordstrom 1992).

Wenn die letzte Indometacin-Applikation nicht länger als 48 Stunden zurücklag, war bei sonst vergleichbarem Befinden des Neugeborenen eine Surfactant-Therapie etwas häufiger erforderlich als bei nicht exponierten Kindern (Abbasi 2003). Beim Vergleich von 56 Frühgeborenen mit intrakranieller Hämorrhagie fand sich gegenüber 224 Kontrollen kein signifikanter Zusammenhang mit einer Indometacin-Tokolyse (Suarez 2001). Von 8 Frühgeborenen, bei denen eine chirurgische Intervention wegen persistierendem Ductus arteriosus erforderlich wurde, war ein größerer Anteil intrauterin mit Indometacin exponiert als bei 69 konservativ therapierten Kindern (Suarez 2002). Als Ursache hierfür wurde eine Schädigung der Intima des Ductus diskutiert, die den Spon-tanverschluss verhindert hat (siehe auch Kapitel 2.1.11). In einer Meta-analyse beschreiben Cuzzolin und Mitarbeiter (2001) Fälle mit renalen Komplikationen als Ausdruck möglicher Nephrotoxizität nach tokoly-tischer Applikation von Prostaglandinantagonisten, weisen aber darauf hin, dass diese eher selten sind. Beim Vergleich der Verträglichkeit dieser Mittel ergaben sich widersprüchliche Ergebnisse. Sawdy und Mitarbeiter (2003) fanden bei Indometacin, Sulindac und Nimesulid keinen Unterschied in der Wirksamkeit der Tokolyse sowie bei maternalen oder neonatalen Nebenwirkungen. Sciscione und Mitarbeiter (2000) wiesen jedoch auf ein unter Indometacin erhöhtes Risiko für broncho-pulmonale Dysplasien hin.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Tokolyse mit Prostaglandinantagonisten ist möglich. Auswirkungen auf den Kreislauf und die Nierenfunktion des Fetus mit resultierendem Oligohydramnion müssen bedacht werden (siehe auch Kapitel 2.1.11).

2.14.9. Oxytocinantagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Seit dem Jahr 2000 ist der Oxytocinant-agonist Atosiban für die Wehenhemmung zugelassen. Es ist ein paren-teral wirksames spezifisches Tokolytikum mit wenigen Nebenwirkungen. Aus Preisgründen wird es in Deutschland überwiegend bei Problemsituationen eingesetzt, wie z.B. Diabetes mellitus. Fetotoxische Wirkungen wurden bisher nicht beschrieben.

Empfehlung für die Praxis:

Der klinische Wert von Atosiban zur Wehenhemmung ist gesichert.

2.14.10. Andere Tokolytika

Früher wurde Ethylalkohol erfolgreich als Tokolytikum eingesetzt. Seine Wirkung beruht auf der Hemmung der Oxytocinausschüttung. Per intravenöser Zufuhr wurden 2% und mehr im mütterlichen Blut angestrebt. Da die schädigende Wirkung von Alkohol auf die kindliche Entwicklung nachgewiesen ist, gehört diese Therapie nicht mehr zu den akzeptablen tokolytischen Maßnahmen.

Nitroglyzerin als Pflaster und i.v verabreicht hat sich in kleineren Untersuchungen als wirksames Tokolytikum erwiesen. Kopfschmerzen waren ein häufiges therapiebedingtes Symptom, das seine weitere Verbreitung verhinderte. Negative Auswirkungen auf den Kreislauf des Neugeborenen sind aufgrund der kurzen Halbwertszeit nicht wahrscheinlich (Black 1999, David 1998).

Der oral verfügbare Vasopressin-V1a-Rezeptor-Hemmstoff Relcovap-tan hat sich in einer kleinen randomisierten Studie gegenüber Plazebo als wirksam bei der Wehenhemmung erwiesen (Steinwall 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Alkohol ist kontraindiziert. Nitroglyzerin kann, wenn eine entsprechende Indikation vorliegt, unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen als Tokolytikum eingesetzt werden.

2.14.11. Vaginaltherapeutika

Es gibt Hinweise dafür, dass die Behandlung bakterieller Vaginosen Frühgeburten verhindern kann (Hoyme 2003, Donders 1999). Bei Risikoschwangerschaften scheint eine protektive Wirkung möglich durch eine systemische antibiotische Behandlung, die eher als eine vaginale Applikation von beispielsweise Clindamycin (z.B. Sobelin®) oder Me-tronidazol (z. B. Arilin®) eine aszendierende Infektion vermeidet bzw. heilt (Donders 2000, Joesoef 1999). Eine systemische (orale) antiinfek-tive Therapie führt bei Berücksichtigung der für die Schwangerschaft empfohlenen Mittel zu keinem entwicklungstoxischen Risiko (siehe Kapitel 2.6).

Problematisch sind Povidon-Iod als Vaginal-Suppositorien und Iod-spülungen der Scheide wegen der möglichen passageren Beeinträchtigung der fetalen Schilddrüsenfunktion ab Woche 12 (siehe Abschnitt 2.17.3).

Die Behandlung mit anderen Vaginaltherapeutika, die Desinfizien-zien enthalten, z.B. Dequaliniumchlorid (Fluomycin®), Hexetidin (Vagi-Hex®), Policresulen (Albothyl®) oder mit Estrogenen steht bisher nicht im Verdacht, teratogen zu wirken. Im Bemühen um eine rationale Therapie sollte man jedoch veraltete und in ihrer Wirksamkeit umstrittene Mittel meiden. Auch der Einsatz von Nitrofuranen wie Furazoli-don und Nifuratel (inimur®) sowie vom Antimykotikum Chlorphene-sin ist kritisch zu prüfen.

2.14.12. Spermizide Kontrazeptiva

Frei verkäufliche vaginale Kontrazeptiva, die als Creme, Gel, Tabletten oder Schaumovula angeboten werden (z.B. Patentex®), enthalten Nonoxinol 9 als spermizid wirksame Substanz. Diese Form der Kontrazeption galt jahrelang als völlig ungefährlich, bis 1981 in den USA in einer Studie an 763 Kindern von Müttern, die trotz Anwendung vaginaler Kontrazeptiva schwanger wurden, über einen geringen Anstieg der Fehlbildungsrate berichtet wurde (Jick 1981). Eine Metaanalyse mehrerer, z.T. erheblich umfangreicherer Untersuchungen konnte diesen Verdacht entkräften (Einarson 1990). In zahlreichen Publikationen wurde erörtert, dass der Gebrauch dieses Spermizids über eine Schädigung der Vaginalschleimhaut und eine Störung der physiologischen Bakterienflora eine HIV-Infektion bei entsprechendem Kontakt begünstigen könne (Rosenstein 1998, Stafford 1998).

Empfehlung für die Praxis:

Eine Konzeption trotz Anwendung eines Nonoxi-nol-9-haltigen vaginalen Kontrazeptivums stellt nach heutigem Wissen kein Risiko dar.

2.14.13. Intrauterinpessare

Die Kupferkonzentration im Eileitergewebe ist bei Frauen mit kupfer-haltigen IUCDs (Intrauterine Contraceptive Devices) erhöht. Im Serum finden sich jedoch keine erhöhten Coeruloplasmin- und Kupferkonzentrationen (Wollen 1994).

Einige 100 Schwangerschaften mit liegendem (und verbleibendem) IUCD sind bisher beschrieben worden. Abort- und Frühgeburtsraten sind im Vergleich zu Frauen erhöht, die sich das IUCD entfernen ließen. Sichere Hinweise auf ein spezifisches Fehlbildungsrisiko haben sich nicht ergeben (Übersicht in Schardein 2000). Dies ist auch für das als Intrauterines System (IUS) bezeichnete Produkt mit Levonorge-strel (Mirena®) zu erwarten.

Empfehlung für die Praxis:

Ein verbleibendes IUCD rechtfertigt aus embryotoxikologischer Sicht weder einen risikobegründeten Abbruch einer Schwangerschaft noch erfordert es invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

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2.15. Hormone

Hormone sind körpereigene Stoffe, die physiologische Prozesse steuern. Ihre Regulation erfolgt auf drei Ebenen, der Zwischenhirn-Hypo-thalamus-Ebene (vorwiegend Releasing-Funktion), der Stimulatore-bene in der Hypophyse und der Drüsenebene in den jeweiligen Organen. Die Ausschüttung der Hormone wird über Regelkreise zwischen den drei Ebenen gesteuert.

Wenn die Mutter mit Hormonen behandelt wird, sind auch beim Fetus Auswirkungen auf den verschiedenen Ebenen möglich.

Die in diesem Abschnitt besprochenen klassischen Hormone sind von den Gewebshormonen oder Mediatoren zu unterscheiden, zu denen u.a. auch die Prostaglandine (siehe Abschnitt 2.14.1) und Leu-kotriene gehören.

2.15.1. Hypothalamus-Releasing-Hormone

Die hypothalamischen Releasinghormone, die im Zwischenhirn gebildet werden, sind aufgrund ihrer Molekularmasse plazentagängig. Die folgenden Hormone gehören zu dieser Gruppe.

TRH (Thyrotropin releasing Hormone).

Synthetische Analoga sind Protirelin (z.B. Antepan®) und Corticorelin (CortiRel®, CRH Ferring®).

TRH steuert die Schilddrüsenfunktion und regt die Prolaktinsekre-tion an. Mit seinem Analogon Protirelin konnte man den Effekt präna-tal verabreichter Corticoide auf die Lungenreifung des Fetus verstärken, eine günstige Wirkung auf das neonatale Atemnotsyndrom ließ sich jedoch nach Auswertung von über 1.000 Fällen nicht nachweisen (Ballard 1998, Collaborative 1998, ACTOBAT 1995). Glucocorticoide allein waren genauso wirksam. Es wurde kontrovers diskutiert, ob die in der exponierten Gruppe beobachtete leichte Entwicklungsverzögerung im Alter von 1 Jahr durch TRH bedingt ist (Crowther 1997, McCormick 1997).

GHRH (Growth hormone releasing Hormone).

Synthetische Analoga sind Sermorelin und Somatorelin (GHRH Ferring®).

GHRH und seine Analoga wirken durchblutungsmindernd im Uterusbereich und hemmen die Proliferation des Endometriums. Daher werden sie präoperativ zur Verkleinerung von Myomen eingesetzt. Bei versehentlicher Anwendung während der Schwangerschaft sind Abort und intrauterine Wachstumsretardierung denkbar. Diese Effekte wurden bisher aber ebenso wenig beobachtet wie eine Hormonwirkung auf den Fetus (Übersicht bei Briggs 2005).

GnRH (Gonadotropin releasing Hormone) bzw. LHRH (Luteiniz-ing hormone releasing Hormone).

Synthetische Analoga sind Buse-relin (z.B. Profact®), Gonadorelin (z.B. Kryptocur®), Goserelin (Zola dex®), Leuprorelin (z.B. Enantone®), Nafarelin (Synarela®) und Trip-torelin (z.B. Decapeptyl®). Cetrorelix (Cetrotide®) und Ganirelix (Orgalutran®) sind Antagonisten der GnRH. Therapeutisch werden GnRH-Analoga bei hypothalamischer Ovarialinsuffizienz und in der Onkologie eingesetzt und ebenso wie die GnRH-Antagonisten zur Vermeidung eines vorzeitigen Anstiegs des luteinisierenden Hormons (LH) und damit eines vorzeitigen Eisprungs im Rahmen einer assistierten Reproduktion.

Bei über 340 im 1. Trimenon versehentlich mit GnRH-Analoga behandelten Schwangeren fanden sich weder eine Häufung angeborener Anomalien oder Fehlgeburten noch eine hemmende Wirkung auf das intrauterine Wachstum (Übersicht in Cahill 1998, Elefant 1995). In einer nur 6 Kinder umfassenden Untersuchung wurden bei 4 Kindern im Alter von durchschnittlich 8 Jahren Entwicklungsauffälligkeiten diagnostiziert, wie z.B. Aufmerksamkeitsdefizite, motorische und Sprachstörungen sowie bei einem Kind eine Epilepsie. Die Autoren führen dies auf einen möglichen entwicklungstoxischen Effekt der GnRH-Analoga zurück (Lahat 1999). Klinische Erfahrungen mit der versehentlichen Gabe von GnRH-Antagonisten bei einer bereits bestehenden Schwangerschaft sind unzureichend für eine Risikobewertung, bisher liegen jedoch keine Verdachtsmomente für eine Schädigung des Embryos vor. Bei der üblichen Anwendung in der Reproduktionsmedizin scheinen GnRH-Agonisten und -Antagonisten hinsichtlich Wirksamkeit und Schwangerschaftsverlauf vergleichbar zu sein.

Somatostatin (Somatostatin®) und Octreotid (Sandostatin®), ein synthetisches Octapeptidderivat des Somatostatins, hemmen sowohl die Freisetzung des Somatotropins (STH) wie auch des Thyreoidea stimulierenden Hormons (TSH). Unter den Hypothalamushormonen nimmt Somatostatin daher eine Sonderstellung ein. Therapeutisch wird es als Hämostyptikum, bei Karzinoiden und zur Senkung der Wachstumshormonkonzentration bei Akromegalie verwendet. In einigen Fallberichten wird über die Behandlung Schwangerer mit Octreotid berichtet, ohne dass Nebenwirkungen beobachtet wurden (Boulanger 2004, Blackhurst 2002, Takeuchi 1999, Colao 1997). Lanreotid (Somatuline Autogel®), ein Analogon des Somatostatins, wird seit 2005 zur Therapie der Akromegalie eingesetzt.

Pegvisomant (Somavert®) ist ein Somatotropin-Rezeptorantagonist, der bei Akromegalie eingesetzt wird und – verglichen mit den bisherigen Therapieoptionen – den Insulin-like-growth-factor-1 (IGF-1) und damit die Symptome der Akromegalie am effektivsten senkt (Stewart 2003). Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen noch nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Für den Einsatz der hypothalamischen Releasing-hormone gibt es während der Schwangerschaft kaum eine Indikation. Eine versehentliche Applikation erfordert weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.15.2. Hypophysenvorderlappenhormone

Im Hypophysenvorderlappen (HVL) werden Hormone gebildet, die endokrine Körperdrüsen stimulieren oder regulieren. Die Freisetzung der HVL-Hormone wird durch hypothalamische Releasinghormone gesteuert. Hypophysäre Hormone sind aufgrund ihrer hohen Molekularmasse nicht plazentagängig, eine direkte Beeinflussung des Fetus ist daher nicht zu erwarten. Die folgenden Hormone gehören zu den HVL-Hormonen.

Adrenocorticotropes Hormon (ACTH), als Medikament Tetracos-actid (Synacthen®), stimuliert die Synthese der Gluco- und Mineralo-corticoide in der Nebennierenrinde.

Thyreotropin oder Thyreoidea stimulierendes Hormon (TSH) stimuliert die Synthese der Schilddrüsenhormone.

Somatotropin (STH) oder Wachstumshormon (GH) (z.B. Genotro-pin®, Norditropin®), ein dem Somatotropin strukturell und funktionell ähnliches Hormon, wird von der Plazenta mit Fortschreiten der Schwangerschaft in zunehmender Menge gebildet. Es wird auch als humanes plazentares Laktogen (HPL) oder seltener als humanes cho-riales Somatomammotropin (HCS) bezeichnet. Funktionell hat es Ähnlichkeit mit Prolaktin (siehe unten).

Zu den Gonadotropinen zählen das Follikelstimulierende Hormon (FSH) (Urofollitropin, Follitropin alpha, Follitropin beta; z.B. Gon-alf® 75, Puregon®) und das Luteinisierungshormon (LH). Während der Schwangerschaft wird das dem LH analog wirkende HCG (Humanes Choriongonadotropin) in der Plazenta synthetisiert.

Prolaktin fördert zusammen mit einigen anderen Hormonen das Wachstum der Milchgänge und die Synthese der Milchproteine, außerdem beeinflusst es den Flüssigkeitshaushalt der Mutter. Es hat keine therapeutische Bedeutung.

Von den Hypophysenvorderlappenhormonen werden FSH und Gemische aus FSH und LH therapeutisch eingesetzt, dazu gehören plazentares HCG (Humanes Choriongonadotropin; z.B. Choragon®) und HMG (Humanes Menopausengonadotropin). Analoga sind Menotro-pin (Menogon®) bzw. Urogonadotropin. Indikationen für diese Hormonbehandlung sind Ovulationsinduktion und Erhaltung des Corpus luteum.

Eine Stimulierung der Ovulation mit Gonadotropinen kann zu Mehrlingsschwangerschaften führen, darunter in 5–6 % zu Drillingen (Scialli1986 ). Zwei Publikationen beschreiben eine komplexe Fehlbildung und vier Neuroblastomfälle im ersten Lebensjahr nach Gonadotropin-stimulation (Mandel 1994, Litwin 1991). Diese Befunde wurden durch andere Untersuchungen ebenso wenig bestätigt wie andere Risiken für den Verlauf der Schwangerschaft oder die spätere Kindesentwicklung. Es gibt auch keine nennenswerten Hinweise auf eine Schädigung, wenn Hormone des Hypophysenvorderlappens versehentlich während einer Schwangerschaft appliziert wurden.

Melatonin steuert periphere, dem Biorhythmus unterworfene Vorgänge im Organismus. Es stimuliert die Progesteronsekretion, hemmt die Prostaglandinsynthese und hat (experimentell) einen tokolytischen Effekt. Es liegen keine ausreichenden Erfahrungen zur therapeutischen Anwendung von Melatonin in der Schwangerschaft vor, z. B. zur Vermeidung des Jetlags bei Interkontinentalflügen.

Empfehlung für die Praxis:

Für die Gabe von Hypophysenvorderlappenhormo-nen gibt es in der Schwangerschaft keine Indikation. Eine versehentliche Applikation rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.15.3. Prolaktinantagonisten/Dopaminagonisten

Pharmakologie und Toxikologie.

Sterilität infolge eines hyperprolaktinämi-schen Hypogonadismus (Galaktorrhö-Amenorrhö-Syndrom) oder pro-laktinbildender Tumoren (Prolaktinome) wird üblicherweise mit zentral wirkenden, von Ergotalkaloiden abstammenden Dopaminagonisten behandelt. Zu diesen gehören Bromocriptin (z. B. Pravidel®), Cabergo-lin (z.B. Dostinex®), Lisurid (Dopergin), Metergolin (Liserdol®) und der Dopaminagonist Quinagolid (Norprolac®), der nicht zu den Ergotalkaloiden gehört.

Eine Untersuchung von 2.587 Schwangerschaften, in denen Bromocriptin während der ersten Wochen gegeben wurde, zeigte zwar einen geringen Anstieg der Frühabortrate, jedoch keine Hinweise auf terato-gene Effekte (Krupp 1987). Da die meisten Frauen die Therapie nach Feststellung der Schwangerschaft abgesetzt hatten, bestätigt das Ergebnis der Untersuchung gleichzeitig die Unschädlichkeit der weiter bestehenden Hyperprolaktinämie für den sich entwickelnden Fetus. Eine Studie mit 27 Schwangerschaften bewies ebenfalls Verträglichkeit und Wirksamkeit einer Therapie von Mikro- und Makroprolaktinomen mit Bromocriptin oder Lisurid, selbst wenn sie bis in die Frühschwangerschaft hinein erfolgte. Treten bei Makroprolaktinomen im Verlauf der Schwangerschaft ophthalmologische Probleme auf, wird die Wiederaufnahme der Therapie empfohlen (Ventz 1996). In Einzelfällen empfiehlt sich eine Dauertherapie während der gesamten Schwangerschaft.

Cabergolin, das aufgrund seiner längeren Wirkdauer nur ein- bis zweimal pro Woche eingenommen werden muss, hat in über 300 unter dieser Therapie entstandenen Schwangerschaften keinen Anhalt für teratogene Effekte gezeigt (Ricci 2002, Robert 1996), selbst wenn in einzelnen Fällen durchgehend behandelt wurde (de Turris 2003, Jones 1997).

Bei 9 Schwangerschaften, in denen die Frauen wegen einer Bromo-criptinresistenz mit Quinagolid therapiert wurden, zeigten die Neugeborenen keine Auffälligkeiten. In 4 Fällen war eine Therapie bis zur Geburt erforderlich (Morange 1996). Weitere 159 vom Hersteller gesammelte Schwangerschaftsverläufe, bei denen durchschnittlich 37 Tage in die Schwangerschaft hinein behandelt wurde, geben ebenfalls keine Hinweise auf entwicklungstoxische Effekte (zitiert in Webster 1996).

Metergolin ist wahrscheinlich ähnlich wie die übrigen Dopaminago-nisten zu bewerten. Die wenigen Erfahrungen reichen für eine differenzierte Risikobewertung nicht aus.

Empfehlung für die Praxis:

Bromocriptin und Cabergolin sind bei hyperprolak-tinämischer Amenorrhö aufgrund der umfangreichen Erprobung Dopaminago-nisten der Wahl. Nach der Konzeption sollte das Mittel in der Regel abgesetzt werden. Eine Weiterbehandlung rechtfertigt jedoch weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Dies gilt auch für die Anwendung von Lisurid, Metergolin und Quinagolid.

2.15.4. Hypophysenhinterlappenhormone

Pharmakologie und Toxikologie.

Von der Neurohypophyse, dem Hypo-physenhinterlappen (HHL), werden Oxytocin und Vasopressin (Adiu-retin) sezerniert. Strukturell ähneln diese Oktapeptidhormone den hypothalamischen Hormonen.

Oxytocin (z. B. Syntocinon®) ist das klassische Wehenhormon. Während der Schwangerschaft wird es in zunehmender Menge gebildet und gleichzeitig durch die ebenfalls gesteigerte Synthese des Enzyms Schwangerschaftsoxytocinase inaktiviert. Erst bei fetaler Reife wird dieses Gleichgewicht zugunsten des Oxytocins verändert oder vorzeitig bei einer Plazentafunktionsstörung, so dass Kontraktionen des Uterus über ct-Rezeptoren induziert werden.

Eine Hypoxie des Fetus kann als Folge einer Oxytocinüberdosierung und Überstimulation des Uterus im Rahmen der Geburtseinleitung auftreten (siehe auch Kapitel 2.14).

Vasopressin oder antidiuretisches Hormon (ADH) spielt therapeutisch auch in der Schwangerschaft eine Rolle bei der Behandlung des Diabetes insipidus. Über teratogene Wirkungen wurde bisher nicht berichtet (Ray 1998). Das Enzym Schwangerschaftsoxytocinase inaktiviert neben Oxytocin auch Vasopressin.

Von den synthetischen Analoga Argipressin, Desmopressin (z.B. Minirin®), Lypressin, Ornipressin und Terlipressin (z.B. Glycylpres-sin®) wurde zur Behandlung des schwangerschaftsbedingten Diabetes insipidus am häufigsten Desmopressin verschrieben. Die tierexperimentell induzierbaren, offenbar durch Vasokonstriktion hervorgerufenen peripheren Extremitätenanomalien wurden beim Menschen bisher ebenso wenig beobachtet wie andere spezifische Schwangerschaftsstörungen. Allerdings ist die Zahl dokumentierter Verläufe mit rund 50 für eine differenzierte Risikobeurteilung zu klein (Siristatidis 2004, Ray 1998).

In Fällen mit Thrombozytenfunktionsstörung, wie z.B. nach einer Therapie mit Acetylsalicylsäure (ASS), vermag Desmopressin die Aktivität der Thrombozyten zu stimulieren. Der Einsatz erfolgt meist kurzfristig peripartal.

Empfehlung für die Praxis:

Oxytocin darf in der Geburtshilfe zur Einleitung und Verstärkung von Wehen eingesetzt werden. Schwere Fälle von ADH-Mangel (Diabetes insipidus) rechtfertigen die Gabe von Vasopressin bzw. Desmopressin in der Schwangerschaft. Dabei sind jedoch genaue Kontrollen der Kreislauf- und Nierenfunktion unerlässlich. Auch bei einer Thrombozytenfunktionsstörung kann Desmopressin gegeben werden. Eine Behandlung mit den anderen Vasopressin-analoga rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.15.5. Schilddrüsenfunktion und Iodversorgung in der Schwangerschaft

Die hormonalen Veränderungen und der geänderte Stoffwechselbedarf während der Schwangerschaft gehen bei jeder gesunden Frau mit einer physiologischen Anpassung der Schilddrüsenfunktion einher. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die normale embryonale und fetale Entwicklung sowie für eine ungestörte Schwangerschaft.

Die fetale Schilddrüse nimmt ihre Aktivität am Ende des dritten Schwangerschaftsmonats auf (Burrow 1994), vorher ist der Embryo ganz auf die Thyroxinversorgung durch die Mutter angewiesen.

In der Schwangerschaft steigt der mütterliche Bedarf an Iodid. Sowohl die mütterliche als auch die fetale Schilddrüsenfunktion sind von einer ausreichenden Iodzufuhr abhängig. In Iodmangelregionen muss daher möglichst schon vor der Schwangerschaft eine ausreichende Iodversorgung sichergestellt werden. Eine Substitution erst nach dem 2. Trimenon kann bei gravierendem Iodmangel-Reifungsstö rungen des Zentralnervensystems nicht mehr verbessern (Xue-Yi 1994, Pharoah 1984).

Der tägliche Iodbedarf während der Schwangerschaft beträgt 260 μg. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist die Iodaufnahme häufig unzureichend. Da eine Zufuhr durch Iodsalz, iodierte Nahrungsmittel und Seefische unzuverlässig erscheint, sollten während der Schwangerschaft täglich 200 μg mit Tabletten substituiert werden.

2.15.6. Hypothyreose, Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4)

Hypothyreote Schwangere haben ein höheres Risiko für Komplikationen (Glinoer 1997) und außerdem kann eine Hypothyreose die geistige Entwicklung des Kindes beeinträchtigen. Dies ist seit langem insbesondere im Zusammenhang mit Iodmangel bekannt.

Eine neuere Studie an über 60 hypothyreoten Frauen (nach 12 Schwangerschaftswochen diagnostiziert) ergab, dass ihre bis zum Alter von 2 Jahren nachverfolgten Kinder mental und motorisch schlechtere Testergebnisse zeigten als Kinder von euthyreoten oder leicht hyperthy-reoten Schwangeren (Pop 2003). Auch Haddow (1999) kam bei einer Untersuchung an ca. 60 sieben- bis neunjährigen Kindern zu ähnlichen Ergebnissen; die Mütter litten in der Schwangerschaft an einer diskreten Hypothyreose. Daher sollten Unterfunktionen der mütterlichen Schilddrüse gerade auch im Interesse des werdenden Kindes diagnostiziert und behandelt werden. Zum Risiko einer Hypothyreose des Neugeborenen nach thyreostatischer Therapie der Mutter siehe auch Abschnitt 2.15.7.

Pharmakologie und Toxikologie.

Die hormonal wirksamen Schilddrüsenhormone sind die L-Formen von Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4), die nur in freier, nicht-proteingebundener Form stoffwechselaktiv sind. T3 ist dabei das biologisch wirksame Hormon, das relativ schnell anflutet und eine kürzere Wirkdauer hat, während T4 als ein weniger wirksames Prohormon oder Hormondepot anzusehen ist, das bedarfsgesteuert zu T3 deiodiert wird. Die Plazenta benötigt für ihre Entwicklung Schilddrüsenhormone, sie deiodiert T4 zu rT3 (reverses T3) und T3zu T2. Die Plazenta lässt Schilddrüsenhormone nur eingeschränkt passieren (Burrow 1994). Jedoch kommt bei fetaler Schilddrüsenagenesie ein quantitativer Transfer aufgrund des dann bestehenden hohen Konzentrationsgradienten zustande.

An Arzneimitteln stehen Levothyroxin (z. B. Eferox®) und Liothyro-nin (z.B. Thybon®) oder Kombinationspräparate (z.B. Novothyral®) zur Verfügung. Teratogene oder fetotoxische Wirkungen sind bei den üblichen Dosierungen, die physiologische Verhältnisse herstellen, nicht zu erwarten. In der Schwangerschaft steigt der Bedarf an Schilddrüsenhormon, so dass hypothyreote Frauen ihre Dosis entsprechend anpas sen müssen. Als Kontrollparameter für die richtige therapeutische Einstellung dient der TSH-Wert (Alexander 2004).

Empfehlung für die Praxis:

Im Bedarfsfall sollten Präparate mit Levothyroxin verordnet werden, da der mütterliche Organismus durch die Konversion zu Tri-iodthyronin die Kontrolle über die tatsächliche Hormonaktivität behält. Falls erforderlich, ist auch Iod zu substituieren. Zu Beginn einer Schwangerschaft (ab 5 Schwangerschaftswochen) sollte die T4-Dosis um ca. 30% gesteigert werden. Als Faustregel gilt die Empfehlung, dass Schwangere nach Feststellung der Schwangerschaft die Thyroxindosis um 25–50 μg erhöhen sollen. Im 2.Trimenon ist eine weitere Dosiserhöhung erforderlich und zwar auf 40–50 % über der Ausgangsdosis vor der Schwangerschaft. Mit dem TSH-Wert lässt sich die therapeutische Einstellung kontrollieren. Schilddrüsenhormone sollen nicht parallel zu einer thyreostatischen Therapie gegeben werden, da dies den Bedarf an plazentagängigen Thyreostatika erhöht.

2.15.7. Hyperthyreose und Thyreostatika

Eine unbehandelte, manifeste Hyperthyreose der Mutter stellt ein Risiko für die Schwangerschaft und den Fetus dar. Beschrieben sind fetale Wachstumsretardierung, Präeklampsie, Frühgeburt und intrauteriner Fruchttod bzw. Totgeburt (Glinoer 1997). Bei der Basedow-Krankheit wie auch bei der Hashimoto-Thyreoiditis, die in der Regel zur Hypo-thyreose führt, sollten zu Beginn der Schwangerschaft und am Anfang des 3. Trimenons die Schilddrüsen-Autoantikörper bei der Schwangeren bestimmt werden. Hohe Werte, besonders von TSH-R-Immunglobulinen (= TSI) sind ein Hinweis darauf, dass diese Antikörper diaplazentar übergehen könnten. Man schätzt, dass es auf diese Weise bei 1–2% der Schwangeren mit Basedow-Krankheit zu einer vorübergehenden Hyperthyreose beim Fetus bzw. Neugeborenen kommt (Carrol 2005). Eine kürzlich veröffentlichte prospektive Studie an 115 Frauen berichtet über eine wesentlich höhere Rate von 12,6 %. Vier Neugeborene mit gesteigerter Schilddrüsenfunktion hatten eine Struma (Rosenfeld 2005).

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu den Thyreostatika zählen Propylthio-uracil (PTU; Propycil®), Carbimazol (z.B. Carbimazol-Henning®) und Thiamazol bzw. Methimazol (z.B. Favistan®), ein aktiver Metabolit des Carbimazols. Alle Mittel können zum Fetus gelangen. Der plazen-tare Übergang von Methimazol und Propylthiouracil ist vergleichbar (Briggs 2005). Bei der Schilddrüsenfunktion der Neugeborenen wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Thyreostatika gefunden.

Unter einer mütterlichen Erhaltungsdosis von bis zu 100 mg PTU oder bis zu 10 mg Methimazol pro Tag zeigten 21 bzw. 14 % der Kinder neonatal erhöhte TSH-Werte (Momotani 1997). In der oben erwähnten Studie von Rosenfeld (2005) hatten 9,5% der Neugeborenen nach intrauteriner PTU-Exposition eine Hypothyreose und 5,4% gleichzeitig eine Struma. Nicht bei allen dieser Kinder war die Schilddrüsenfunktion unmittelbar nach der Geburt supprimiert, sondern zum Teil erst bei der Kontrolluntersuchung nach zwei Wochen.

Fallbeschreibungen führten zu der Hypothese, Methimazol könne beim Fetus Hautdefekte (Aplasia cutis), Choanalatresie, Ösophagus-atresie, tracheo-ösophageale Fisteln, hypoplastische Brustwarzen, faziale Dysmorphien und eine mentale sowie motorische Entwicklungsverzögerung verursachen (Barbero 2004, Karg 2004, Ferraris 2003, Karlsson 2002, Clementi 1999, Wilson 1998, Hall 1997, Johnsson 1997, Vogt 1995). Foulds (2005) kommt bei der Sichtung aller Kasuistiken zu dem Schluss, dass es inzwischen 16 Fallberichte von Kindern oder Feten gibt, die im 1. Trimenon Methimazol/Carbimazol exponiert waren und die ein Fehlbildungsmuster aufweisen, das als Embryopathie zu werten ist.

Auf der anderen Seite haben mehrere Fallsammlungen weder nach Behandlung mit PTU noch bei Carbimazol/Methimazol morphologische Entwicklungsstörungen (Wing 1994) oder Auswirkungen auf Größe und Funktion der Schilddrüse und auf die physische und intellektuelle Entwicklung der Kinder erkennen lassen (Eisenstein 1992, Messer 1990). In einer multizentrischen prospektiven Fall-KontrollStudie an 204 Methimazol exponierten Schwangerschaften fand sich kein erhöhtes Gesamtfehlbildungsrisiko. Allerdings wies unter den 8 Kindern mit Fehlbildungen eines eine Choanalatresie und ein anderes eine Ösophagusatresie auf (Di Gianantonio 2001).

Aufgrund der jetzigen Datenlage kann man feststellen, dass Thyreo-statika nicht zu einer nennenswerten Zunahme der Gesamtfehlbil-dungsrate führen. Allerdings kann Methimazol mit einer Häufigkeit von 1/1.000 bis 1/10.000 exponierte Feten zu o.g. Organentwicklungsstörungen führen (Cooper 2002, Diav-Citrin 2002).

Eine sorgfältig eingestellte thyreostatische Therapie führt heute kaum noch zu einer schweren angeborenen Struma. Früher wurden strumabedingte Atemwegsobstruktion und Behinderung des Geburtsvorgangs als Folgen der Therapie mit Thyreostatika, zum Teil in Kombination mit hoch dosiertem Iod oder mit Schilddrüsenhormonen, beschrieben (Übersicht bei Briggs 2005). Insgesamt sollte sich die Therapie mit Thy-reostatika eher an klinischen Befunden, wie der Herzfrequenz der Mutter, als an Laborwerten orientieren.

Natriumperchlorat (Irenat®) ist nur selten bei übermäßiger Iodauf-nahme indiziert. In der Schwangerschaft kann es den Iodtransfer zum Fetus beeinträchtigen.

Bei schwerer Thyreotoxikose der Mutter kann eine operative Strumaresektion auch während der Schwangerschaft indiziert sein.

Empfehlung für die Praxis:

Eine manifeste Hyperthyreose muss auch in der Schwangerschaft behandelt werden. Propylthiouracil ist, insbesondere im 1. Tri-menon, Thyreostatikum der Wahl, Thiamazol (Methimazol) und Carbimazol sind als Reservemittel zu betrachten. Thyreostatika sind so niedrig wie möglich zu dosieren. Die thyreostatische Therapie soll nicht mit einer Thyroxinsupplementie-rung kombiniert werden, da diese den Thyreostatikabedarf der Mutter erhöht. Sowohl fetale Hypothyreosen als auch eine Hyperthyreose wurden gelegentlich nach mütterlicher Thyreostatikatherapie infolge des plazentaren Übergangs mütterlicher Autoantikörper beschrieben. Daher sollte die Schilddrüse des Fetus sonographisch kontrolliert werden. Unverzichtbar ist das Screening der Schild-drüsenlaborparameter beim Neugeborenen, das in vielen Ländern routinemäßig durchgeführt wird. Zu erwägen ist eine zweite Kontrolle nach 14 Tagen. Leichte Symptome einer Hyperthyreose mit grenzwertigen Laborparametern können in der Schwangerschaft symptomatisch ohne Thyreostatika behandelt werden, z. B. mit β-Rezeptorenblockern wie Propranolol oder Metoprolol. Nach Therapie mit Thiamazol (Methimazol) und Carbimazol im 1. Trimenon sollte eine Ultraschallfeindiagnostik zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Fetus angeboten werden.

2.15.8. Hyperthyreose und Radioiodtherapie

Siehe Kapitel Diagnostika 2.20.

2.15.9. Glucocorticoide

Pharmakologie.

Die Nebennierenrinde (NNR) bildet 2 verschiedene Hormongruppen, die Gluco- und die Mineralocorticoide, die u.a. den Kohlenhydrat- und Mineralstoffwechsel regeln. Während der Schwangerschaft treten Veränderungen im Hormonhaushalt der NNR auf. Etwa vom 3. Monat an erhöht sich die Konzentration des Cortisols im Serum und die Ausscheidung steigt zum Ende der Schwangerschaft an.

Therapeutisch sind vor allem Glucocorticoide von Bedeutung. Man unterscheidet die nicht halogenierten von den halogenierten Cortico-iden. Die ausschließlich lokal, dermal oder inhalativ verwendeten Derivate werden an anderer Stelle besprochen (siehe unter Asthma, Derma-tika, Augen-, Nasen- und Ohrentropfen). In der Plazenta werden Cortisol und Prednisolon, nicht aber Betamethason und Dexamethason enzymatisch inaktiviert. Perinatal finden sich im fetalen Blut nur 10% der mütterlichen Konzentration von Prednison und Prednisolon; bei Betamethason sind es 30% und bei Dexamethason nahezu 100%.

Hauptindikationen für Glucocorticoide.

Glucocorticoide sind in der Therapie allergischer, entzündlicher und proliferativer Erkrankungen wirk sam. Dabei werden unphysiologisch hohe Dosierungen eingesetzt. Außerdem werden sie in der Substitutionstherapie bei Nebennierenrin-denversagen verabreicht und zur Induktion der Lungenreife des Fetus. In Tabelle 2.1 sind für die verschiedenen Glucocorticoide die Dosierungen zusammengefasst, deren Wirksamkeit 10 mg Prednisolon entsprechen.

Tab. 2.1

Wirksamkeitsvergleich der verschiedenen Glucocorticoide. 10 mg Prednisolon entsprechen

Einige HandelsnamenHalogeniert/FluoriertBetamethason1,5 mgz.B. Celestamine® N+Budesonid*z. B. Budenofalk®Cloprednol5 mgSyntestan®+Cortisonacetat50 mgCortison CIBA®Deflazocort12 mgCalcort ®Dexamethason1,5 mgz.B. Fortecortin®+Flucortolon10 mgz. B. Ultralan®+Hydrocortison40 mgz. B. Posterisan®Methylprednisolon8 mgz. B. Urbason®Paramethason4 mgPrednison10 mgz. B. Decortin®Prednyliden12 mgRimexolon**Rimexel®Triamcinolon8 mgz. B. Volon®+

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*Budesonid gibt es zwar auch als Tabletten, diese wirken jedoch vorwiegend lokal im terminalen Ileum/aufsteigenden Colon.

**Rimexolon wird nur lokal angewendet.

Eine Substitution ist selten indiziert, z.B. bei Addison-Krankheit. Die erforderlichen Dosen an Glucocorticoiden und Mineralocorticoiden helfen, wieder physiologische Verhältnisse zu erreichen, und haben weder für die Mutter noch für den exponierten Fetus Nebenwirkungen. Eine Langzeitbehandlung mit hohen therapeutischen Dosen bei allergischen, entzündlichen oder proliferativen Erkrankungen führt zu gravie renden mütterlichen Nebenwirkungen, wie z.B. Cushing-ähnlichen Symptomen und Osteoporose. Beim Absetzen kann es zum Nebennie-renrindenversagen kommen. Sollte eine Behandlung des Fetus notwendig sein, ist aufgrund des besseren plazentaren Übergangs insbesondere Dexamethason zu bevorzugen. Für eine systemische Dauertherapie der Mutter eignen sich fluorierte Corticoide dagegen nicht.

Teratogene und fetotoxische Effekte.

Die meisten Erfahrungen zu systemisch verabreichten Glucocorticoiden gibt es für Prednison und Pred-nisolon (die biologisch aktive Form von Prednison), insbesondere im 1. Trimenon. Im Tierversuch können Glucocorticoide teratogen wirken. Gaumenspalten lassen sich speziell bei Mäusen verursachen. Zur Frage der Lippen-Gaumen-Spalten beim Menschen konnten retrospektive Studien ein Risiko nicht vollständig ausschließen (Pradat 2003, Rodriguez-Pinilla 1998). Eine Meta-Analyse aller bisher publizierten Kohorten- und Fall-Kontroll-Studien (Carmichael 1999, Czeizel 1997, Fraser 1995, Robert 1994) ergibt ein signifikant erhöhtes Risiko für Spaltbildungen (Odds Ratio 3,4) bei nicht erhöhter Gesamtfehlbildungsrate (Park-Wyllie 2000). Eine neue prospektive kontrollierte Studie mit 311 im 1. Trimenon exponierten Müttern fand weder ein erhöhtes Gesamt-fehlbildungsrisiko, noch einen einzigen Fall von Lippen-Gaumen-Spalten (Gur 2004). Auch Hardy (2005) fand keine Assoziation zwischen oraler Steroidmedikation und Spaltbildungen. Zusammenfassend ist ein geringes Risiko für Gaumenspalten mit oder ohne Lippenbeteiligung nicht auszuschließen, wenn während der sensiblen Phase zwischen Woche 8 bis 11 mit Glucocorticoiden behandelt wird. Eine sichere Dosis lässt sich zwar nicht angeben, aber bei 10 bis 15 mg Pred-nisolon/Tag ist das individuelle Risiko extrem gering.

In Abhängigkeit von der Therapiedauer, Dosis und Indikation kann es bei Behandlung mit Glucocorticoiden zur intrauterinen Wachstums-retardierung (IUGR), zur Frühgeburt sowie zu vorübergehender Hypo-glykämie, Hypotonie und Elektrolytstörungen beim Neugeborenen kommen. In einer neueren Arbeit konnten weder beim Geburtsgewicht noch bei der Basiskonzentration von Cortisol und bei Cortisolwerten nach Stressinduktion durch Impfungen Unterschiede zwischen Kindern mit längerer Prednisolon-Exposition in der Schwangerschaft und solchen gesunder Mütter gefunden werden. Die Kinder wurden mindestens bis zum Alter von 4 Monaten untersucht (Miller 2004).

Induktion der Lungenreife.

Recht gut untersucht sind die Effekte von prä-natal verabreichten, plazentagängigen, halogenierten Glucocortico-iden, um die Lungenreifung zu fördern und ein Respiratory-Distress-Syndrom (RDS) beim Neugeborenen zu verhindern. Die Überlebensrate der Frühgeborenen steigt durch diese Therapie, und Hirnblutungen treten seltener auf. Eine Betamethason- oder Dexamethason-Therapie zur fetalen Lungenreifung zwischen Schwangerschaftswoche 24 und 33 führte in zwei Untersuchungen an über 140 Schwangeren in den Tagen nach Applikation bei den Betamethason exponierten Feten zu ausgeprägten, als Stresssymptome interpretierten Reaktionen, wie z.B. herabgesetzte Atem- und Körperbewegungen sowie eine eingeschränkte Variabilität der Herzfrequenz. Das Befinden der Neugeborenen war letztlich unbeeinträchtigt (Senat 1998, Mulder 1997). In einer retrospektiven Studie wurde ein vermehrtes Auftreten von gastrointesti-nalem Reflux bei Neugeborenen gefunden, die vorgeburtlich mit Stero-iden behandelt wurden (Chin 2003).

Der wehenfördernde Effekt sowie ein vorzeitiger Verschluss des fetalen Ductus arteriosus nach Gabe von Glucocorticoiden in der Spätschwangerschaft scheinen klinisch nicht relevant zu sein. Entgegen einzelner Mitteilungen tritt eine Neugeborenensepsis nach Induktion der Lungenreife mit Glucocorticoiden nicht gehäuft auf.

Langzeitbeobachtungen bis zum Alter von 12 bis 30 Jahren zeigten überdies keine körperlichen, intellektuellen und psychosozialen Auffälligkeiten nach Glucocorticoidanwendung zur Lungenreifung (Dalziel 2005, Dessens 2000, French 1999, Rotmensch 1999).

Bei drohender Frühgeburt nach Schwangerschaftswoche 28 wird heute eine einmalige Applikation von Glucocorticoiden für ausreichend gehalten. Wenn Schwangere Dexamethason bzw. Betamethason zur Lungenreifung des Fetus vor Woche 28 erhalten haben und später erneut eine Frühgeburt droht, kann eine zweite Gabe sinnvoll sein (RCOG 2004, NIH 2001). Nach Schwangerschaftswoche 34 ist eine medikamentöse Unterstützung der Lungenreifung in der Regel nicht notwendig.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Substitution mit Corticoiden ist auch in der Schwangerschaft selbstverständlich weiterzuführen. Die Induktion der Lungenreifung bei drohender Frühgeburt wird einmalig zwischen Schwangerschaftswoche 28 und 34 durchgeführt. Eine systemische Behandlung der Mutter mit Glucocorticoiden darf bei entsprechender Indikationsstellung auch in der Schwangerschaft durchgeführt werden. Prednison und Prednisolon sind hierfür Mittel der Wahl. Die Erhaltungsdosis sollte zwischen Woche 8 und 11 möglichst 10 mg/Tag nicht überschreiten. Notfallbehandlungen unterliegen selbstverständlich keinen Dosisbeschränkungen. Bei einer selten erforderlichen, höher dosierten Behandlung über viele Wochen sollte das fetale Wachstum sonographisch beobachtet werden. Dauert diese Therapie bis zur Geburt, muss eine Nebenniereninsuffizienz des Neugeborenen bedacht und ggf. behandelt werden.

2.15.10. Nebennierenmarkhormone

Siehe Kapitel 2.3.

2.15.11. Diabetes mellitus und Schwangerschaft

Diabetes mellitus ist der Sammelbegriff für heterogene Störungen des Stoffwechsels, deren Leitsymptom die chronische Hyperglykämie ist. Man unterscheidet im Wesentlichen drei Typen. Während Typ I auf einer gestörten Insulinsekretion beruht, sind Typ II und der Gestations-diabetes (GDM) durch eine gestörte Insulinwirkung gekennzeichnet. Beide Ursachen können auch gleichzeitig vorkommen.

Ein vor oder zu Beginn einer Schwangerschaft bestehender mütterlicher Diabetes mit ungenügender Blutzuckerkontrolle (HbA1c > 6,5 %) korreliert mit einer erhöhten Rate an Fehlbildungen. HbA1 markiert als „Blutzuckergedächtnis” die Blutzuckerstoffwechsellage der Patientin für die Dauer der Erythrozytenüberlebenszeit (120 Tage). Je höher der HbA1c ist, desto höher ist das Risiko. Bei einem HbA1c von 8,5 % wird ein Fehlbildungsrisiko von 4 % angegeben; liegt das HbA1c bei 10,5 %, steigt es auf 6 % an. Zu den häufigsten Fehlbildungen bei Kindern dia-betischer Mütter zählen Anomalien an Wirbelsäule und Extremitäten, am Herz-Kreislauf-System sowie Neuralrohrdefekte, seltener sind urogenitale Entwicklungsstörungen, gastrointestinale Fisteln und Atresien (Übersicht bei Briggs 2005, Loffredo 2001).

Bei diabetischen Schwangeren ist die Abortrate erhöht, die perinatale Mortalität liegt deutlich über dem Durchschnitt und die Frühgeburtenrate beträgt fast 20% (Arbeitsgemeinschaft 2004, Gamson 2004). Die neonatale Morbidität ist gekennzeichnet durch makrosome Neugeborene mit ungenügender Organreife, Mangelentwicklung und postparta-len Stoffwechselstörungen, insbesondere von Hypoglykämien. Bei allen Neugeborenen diabetischer Mütter muss eine Hypoglykämie ausgeschlossen werden.

Ein manifester Diabetes mellitus kann in der Schwangerschaft zu ute-roplazentaren Versorgungsproblemen und daraus resultierenden Erkrankungen der Mutter führen, wie z. B. Präeklampsie.

Die überwiegende Mehrheit der Diabeteserkrankungen des Typs II und auch von erstmals in der Schwangerschaft auftretendem Gestati-onsdiabetes (GDM) entwickelt sich auf dem Boden eines metaboli-schen Syndroms („Wohlstands”-Adipositas mit Hyperlipidämie, Hypertonie und Glucosetoleranzstörung). Am Anfang besteht eine Insulinresistenz der insulinabhängigen Gewebe, so dass erhöhte Insulinspiegel zur Verwertung von Glucose in den Geweben notwendig sind. Durch die Hyperinsulinämie wird das Hungergefühl erhöht, das wiederum zur erhöhten Nahrungsaufnahme, weiterer Adipositas etc. führt - ein Cir-culus vitiosus. Abnehmen führt zu sinkenden Insulinspiegeln und zu einer erhöhten Sensibilität und Dichte der Insulinrezeptoren. Eine Gewichtsreduktion auf einen Body-Mass-Index (BMI) möglichst von ≤27 kg/m2 sollte vor einer Schwangerschaft erreicht werden! Zum Risiko von vorbestehender Adipositas für die Schwangerschaft siehe auch Abschnitt 2.5.26.

Eine gute Stoffwechseleinstellung mit Normoglykämie ist das Ziel jeder Diabetestherapie in der Schwangerschaft, denn die diabetische Fetopathie geht auf Hyperglykämien der Mutter zurück, die auch beim Fetus zur Hyperglykämie führt. Dieser reagiert mit einer gesteigerten Insulinproduktion, die zu einer Beta-Zell-Hypertrophie/-Hyperplasie führt. Eine fetale Hyperinsulinämie begünstigt auch die Entwicklung eines Respiratory-Distress-Syndroms (RDS) durch Ausbildung hyaliner Membranen und Beeinträchtigung der Surfactantbildung in den fetalen Pneumozyten durch Eingriff in enzymatische Vorgänge. Bei Kindern von Müttern mit unzureichender Blutzuckereinstellung in der Schwangerschaft (meist beim unerkannten oder unzureichend behandelten GDM) ist das Risiko erhöht, bereits in der Pubertät oder im jungen Erwachsenenalter adipös zu werden oder einen Diabetes mellitus bzw. eine Glukosetoleranzstörung zu entwickeln. Übergewicht und Gestati-onsdiabetes nehmen weltweit in den Industrienationen zu, so dass inzwischen von einer Häufigkeit des GDM von bis zu 20 % ausgegangen wird. Die AWMF-Leitlinien empfehlen, bei jeder Schwangeren (mindestens) einen Glucosetoleranztest durchzuführen (Arbeitsgemeinschaft 2001).

Während der Schwangerschaft ändert sich die Insulinempfindlichkeit: In Woche 8–12 besteht eine erhöhte Insulinempfindlichkeit mit höherer Hypoglykämiegefahr, während in der zweiten Schwangerschaftshälfte die Insulinempfindlichkeit abnimmt, so dass oft eine Dosissteigerung notwendig wird. Sofort nach der Entbindung kehrt die ursprüngliche Insulinempfindlicheit zurück.

Empfehlung für die Praxis:

Bei Diabetes mellitus ist die exakte Einhaltung der Normoglykämie die beste Voraussetzung für eine ungestörte prä- und postnatale Entwicklung des Kindes und eine geringe mütterliche Morbidität. Dieses Ziel sollte möglichst schon vor einer geplanten Schwangerschaft erreicht werden. Jede schwangere Diabetikerin sollte unabhängig vom Typ des Diabetes fachgerecht interdisziplinär betreut werden und möglichst in einem Perinatalzentrum entbinden.

2.15.12. Insulin

Pharmakologie und Toxikologie.

Das Inselorgan, der endokrine Anteil des Pankreas, bildet und sezerniert Insulin, Glucagon und Somatostatin. Klinische Bedeutung besitzt vor allem die Störung der Insulinproduktion, Glucagon ist für die Gegenregulation bei Hypoglykämien wichtig. Humaninsulin ist im Gegensatz zu oralen Antidiabetika nicht plazentagängig. Eine bessere Blutzuckerkontrolle und Vorteile für das Befinden des Neugeborenen können erreicht werden, wenn in Form einer intensivierten Insulintherapie täglich mindestens dreimal präprandial ein kurzwirksames Insulin appliziert wird, eventuell ergänzt durch ein Langzeitinsulin zur Nacht, anstelle der zweimaligen Applikation eines Langzeitinsulins.

Die Substitutionstherapie mit humanem Insulin bei schwangeren Diabetikerinnen hat nach den sehr umfangreichen Erfahrungen keine embryotoxischen Wirkungen.

Das ideale Insulin für die Behandlung Schwangerer sollte ähnlich wie die natürliche Insulinsekretion des Pankreas zu einer guten glyk-ämischen Kontrolle bei der Mutter führen und nicht die Plazenta passieren. Außerdem sollte es keine oder kaum Antikörperbildung auslösen („not immunogenic”), denn es gibt Hinweise darauf, dass AntiInsulin-Antikörper im Gegensatz zu Insulin die Plazenta passieren können. Die mütterliche Morbiditätsrate soll durch ein neues Insulin nicht erhöht werden und eine bestehende diabetische Retinopathie sollte sich nicht verschlimmern (minimale IGF-I-Aktivität). In aller Regel erfolgt die Einstellung Schwangerer mit humanem Normalinsulin und Verzögerungsinsulin.

Seit einigen Jahren gibt es Insulinanaloga: kurzwirksames Insulin-lispro (HUMALOG®), Insulinaspart (NovoRapid®, NovoMix®), Insu-linglusilin (z.B. Apidra®) und die langwirksamen Präparate Insulin-glargin (Lantus®) und Insulindetemir (Levemir®).

Insulinlispro ist in vielen, meist kleineren retrospektiven und pro-spektiven Studien an insgesamt mehr als 500 Schwangeren nach den oben genannten Kriterien am besten untersucht (Wyatt 2005, Cypryk 2004, Garg 2003, Masson 2003, Scherbaum 2002, Persson 2002, Bhattacharyya 2001). Bisher wurde unter Insulinlispro keine erhöhte Fehlbildungsrate beobachtet, das Blutzuckertagesprofil gleicht dem von Humaninsulin, der Blutglucosewert 1 Stunde postprandial ist bei Insu-linlispro niedriger (Mecacci 2003). Daraus ist jedoch nicht generell abzuleiten, dass die Neugeborenenparameter besser ausfallen. In einer niederländischen Studie an 289 Schwangeren mit Typ-I-Diabetes wurde festgestellt, dass im Vergleich zu normalgewichtigen Kindern Insulinlispro in der Gruppe makrosomer Neugeborener mit 15% vs. 8% überrepräsentiert war (Evers 2002). Ein Fortschreiten der diabetischen Retinopathie unter Insulinlispro wurde bisher nicht beobachtet, ist aber auch noch nicht ausreichend untersucht (Loukovaara 2003, Buchbinder 2000). Nach dem Stand der heutigen Erfahrungen ist die Bildung von Insulinantikörpern bei Behandlung mit Insulinlispro und Humaninsulin ähnlich niedrig (Gamson 2004).

Insulinaspart ist bisher weniger untersucht. Eine multinationale europäische Studie vergleicht zz. die mütterlichen und fetalen Komplikationen bei Typ-I-Diabetikerinnen bei einer Therapie mit Insulinaspart und mit Humaninsulin (Actrapid®). Insulinglusilin und die langwirksamen Insulinanaloga wie Insulindetemir sind fast gar nicht untersucht. Aufgrund der Hinweise, dass sich eine Retinopathie unter Insulinglargin verschlechtern könnte, sollten die langwirksamen Insu linanaloga spätestens bei Feststellung der Schwangerschaft abgesetzt bzw. umgestellt werden (Übersicht Gamson 2004). Einzelne Fälle (Devlin 2002) berichten über schwere nächtliche Hypoglykämien unter Normalinsulin, die nach Umstellung auf Insulinglargin nicht mehr auftraten.

In der Erprobung befindet sich das kurzwirksame inhalierbare Insulin Pramlintid.

Empfehlung für die Praxis:

Ein Typ-I-Diabetes-mellitus muss schon vor einer Schwangerschaft mit Insulin gut eingestellt sein. Humaninsuline sind Mittel der ersten Wahl. Eine gut auf Insulinlispro eingestellte Frau muss in der Gravidität nicht zwangsläufig umgestellt werden. Langzeitanaloga sollten jedoch abgesetzt werden. Schwangere mit einem Typ-II-Diabetes oder einem Gestationsdiabetes, der diätetisch allein nicht ausreichend therapiert ist, sollten Humaninsulin erhalten. Auch bei grenzwertig erhöhten Blutglukosewerten und dem Vorliegen einer fetalen Makrosomie sollte mit einer Insulintherapie begonnen werden. Insulin tierischer Herkunft sollte während der Schwangerschaft wegen möglicher Antikörperbildung nicht verwendet werden. Bei schwangeren Diabetikerinnen, die bereits insulinpflichtig waren, kann der Insulinbedarf stark ansteigen. Zur Therapiekontrolle ist die Ultraschallbiometrie des wachsenden Fetus heranzuziehen. Da Glucocorticoide und Tokolytika die Kohlenhydrattoleranz der Mutter verringern, sind bei Gabe dieser Medikamente besonders sorgfältige Stoffwechselkontrollen anzuraten.

2.15.13. Orale Antidiabetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Orale Antidiabetika sind keine Hormone und wirken nicht substitutiv wie Insulin. Die überwiegend verwendeten Sulfonylharnstoffderivate stimulieren die noch funktionsfähigen β-Zellen des Pankreas. Zu ihnen gehören als Mittel der zweiten Generation Glibenclamid (= Glyburid; z. B. Euglucon® N), Glibornurid (Glu-tril®), Gliclazid (Diamicron Uno®), Glimepirid (z.B. Amaryl®), Glipi-zid und Gliquidon (Glurenorm). Zu den Sulfonylharnstoffen der ersten Generation zählen Acetohexamid, Chlorpropamid, Tolazamid und Tolbutamid (Orabet®).

Die Biguanidderivate Metformin (z. B. Glucophage®) und Phenfor-min vermindern die Glucosesynthese in der Leber, führen zu einer verzögerten Glucoseresorption aus dem Darm und zur verstärkten Gluco-seaufnahme in die Muskulatur.

Acarbose (Glucobay®) und Miglitol (Diastabol®) verringern als a-Glucosidase-Hemmstoffe die Kohlenhydratresorption im Darm. Dies ist ein umstrittener Weg der Diabetestherapie. Die Glinide Nateglinid (Starlix®) und Repaglinid (NovoNorm®) sind postprandiale Glucosere-gulatoren, die zu einer kurzfristigen Insulinsekretion aus den β-Zellen führen. Sowohl bei diesen Medikamenten wie auch bei den Glitazonen Pioglitazon (Actos®) und Rosiglitazon (z.B. Avandia®), die als so genannte „Insulin-Sensitizer” die Empfindlichkeit der peripheren Zellen für Insulin verbessern, fehlen Wirksamkeitsbelege bezüglich der diabetesspezifischen Spätfolgen. Evidenzbasierte, endpunktbezogene, positive Ergebnisse liegen nur für Insulin, Metformin und für Sulfonyl-harnstoffpräparate vor.

Muraglitazar (Pargluva®) ist wie die anderen Glitazone auch ein Aktivator von Peroxisomen-Proliferator-aktivierten-Rezeptoren (PPAR). Die Studienergebnisse zeigten ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Ereignisse und Todesfälle, so dass es von der US-amerikanischen Federal Drug Administration (FDA) bislang nicht zugelassen wurde.

Sitagliptin ist ein Inkretin-Mimetikum: Im Darm vorkommende Hormone (Inkretine) steigern bei Nahrungsaufnahme bedarfsgerecht die Insulinsekretion. Bei Diabetes werden weniger Inkretine als bei Gesunden produziert. Sitagliptin blockiert den normalerweise raschen Enzymabbau der Inkretine. Es ist noch nicht zugelassen.

Da orale Antidiabetika den Blutzucker nicht so zuverlässig regulieren wie Insulin, sind sie wenig geeignet für die Behandlung des Diabetes in der Schwangerschaft. Studien zur Anwendung in der Gravidität gibt es zu Glibenclamid und zu Metformin.

Glibenclamid

Beim Neugeborenen begünstigt es Hypoglykämien, wenn bis zum Ende der Schwangerschaft behandelt wird. Einige ältere Untersuchungen beobachteten erhöhte Fehlbildungsraten (Piacquadio 1991), die zunächst als Hinweise für ein teratogenes Risiko der oralen Antidiabe-tika interpretiert wurden (Towner 1995). Heute wird vermutet, dass die unter oralen Antidiabetika auftretenden Hyperglykämien selbst ein teratogenes Potenzial besitzen. Insofern sind auch substanzspezifische Unterschiede in der Plazentagängigkeit von untergeordneter Relevanz, z.B. ist Tolbutamid besser plazentagängig als Glipizid (Elliott 1994) und Glibenclamid geht nur minimal über (Koren 2001). Neuere Fallberichte beobachteten kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko, eine differenzierte Risikobeurteilung des teratogenen Potenzials erlauben sie jedoch nicht.

Randomisierte Untersuchungen fanden keine Unterschiede im Schwangerschaftsverlauf und beim Status der Neugeborenen bei mehreren 100 mit Glibenclamid behandelten Frauen mit Gestationsdiabetes im Vergleich zu Insulin. Die Therapie wurde jeweils nach der Embryogenese begonnen. Im Nabelschnurblut konnte Glibenclamid nicht nachgewiesen werden, die Insulinkonzentration war dort in beiden Gruppen gleich. Auch die Anzahl hypoglykämischer Kinder und das durchschnittliche Geburtsgewicht unterschieden sich nicht signifi kant (Jacobson 2005, Langer 2005, Kremer 2004). Jacobson (2005) beobachtete bei Glibenclamid signifikant häufiger eine Präeklampsie. Ob diese Befunde ausreichen, die bisherigen Empfehlungen für die Insulintherapie bei Gestationsdiabetes infrage zu stellen, erscheint fraglich (Greene 2000).

Metformin

Metformin stimuliert im Gegensatz zu Glibenclamid nicht die Insulinsekretion und führt auch nicht zur Hypoglykämie bei der Schwangeren. Bei übergewichtigen Diabetikern ist die Gabe eines Wirkstoffs, der zu einer erhöhten Insulinempfindlichkeit und zu einem verminderten Insulinbedarf führt, sinnvoller als die Gabe von Glibenclamid.

Metformin wird nicht nur bei Typ-II-Diabetikerinnen eingesetzt, sondern auch bei Frauen mit einem PCOS (polyzystisches Ovar-Syndrom) im Rahmen der Sterilitätsbehandlung, zur Senkung der erhöhten Abortrate und zur Vermeidung bzw. Therapie eines Gestationsdiabetes. Studien zur Verträglichkeit im 1. Trimenon sind rar. Glueck (2004) fand bei 126 Schwangerschaften keine Hinweise auf ein teratogenes Risiko. In mehreren Studien konnte eine Senkung der Abortrate bei Frauen mit einem PCOS nachgewiesen werden (Palomba 2005, Jakubowicz 2002). Kontrovers diskutiert wird, wie lange Metformin zur „Stabilisierung der Schwangerschaft” bei PCOS gegeben werden sollte. Bisher gibt es keine eindeutigen Belege dafür, dass eine Gabe über Schwangerschaftswoche 6 bis 8 hinaus zu besseren Ergebnissen führt. Die von Glueck et al., 2002, Glueck et al., 2002) postulierte präventive Wirkung hinsichtlich Gestationsdiabetes durch eine über das 1. Trimenon hinaus fortgesetzte Therapie konnte in einer randomisierten prospektiven Untersuchung nicht bestätigt werden (Vanky 2004). Hier sind weitere Studien notwendig.

Zu Rosiglitazon und Acarbose gibt es nur wenige Einzelfallbeschreibungen (Kalyoncu 2005, Yaris 2004), zu den übrigen Antidiabetika liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Empfehlung für die Praxis:

Auch eine Typ-II-Diabetikerin sollte schon bei Planung einer Schwangerschaft mit Insulin eingestellt werden. Eine dennoch weitergeführte Therapie mit oralen Antidiabetika rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Mit Ultraschallfeindiagnostik sollte die morphologische Entwicklung des Fetus kontrolliert werden. Es ist bisher nicht erwiesen, ob beim Gestationsdiabetes nach dem 1.Trimenon Glibencla-mid oder Metformin eine Alternative zum Insulin darstellen. Insulin ist nach wie vor die Therapie der Wahl. Wurde Metformin bei PCOS zur Unterstützung der Schwangerschaft gegeben, sollte es um Woche 6 bis 8 abgesetzt werden.

2.15.14. Estrogene

Pharmakologie und Toxikologie.

Nur während der Schwangerschaft wird außer Estron und Estradiol auch Estriol synthetisiert, das sonst nur als Metabolit auftritt. Physiologisch und auch pharmakologisch wirken Estrogene stimulierend auf das Wachstum von Uterus, Eileitern sowie besonders auf das Wachstum des Endometriums. Weiterhin bewirken sie eine Proliferation des Vaginalepithels, eine Zunahme der Zervixsek-retion und eine Weitstellung des Zervikalkanals. Die früher manchmal übliche Gabe zur Verbesserung der Wehenbereitschaft am Termin wurde durch wirksamere Pharmaka abgelöst.

Therapeutisch werden Estrogene heute zur hormonellen Kontrazeption, zur Substitution im Klimakterium und zur Malignombehandlung verwendet. Zu den verfügbaren Substanzen gehören Estradiol (z.B. Estrifam®) und seine Derivate Ethinylestradiol (Bestandteil der meisten estrogenhaltigen „Pillen”), Estriol (z.B. Estriol JENA-PHARM®) und Mestranol (in Esticia®). Polyestradiol sowie die Estrogene Fosfestrol, Chlorotrianisen und Epimestrol sind derzeit nicht zugelassen.

Die relativ niedrig dosierten Zubereitungen zur hormonalen Kontrazeption (Kombinationspräparate aus Estrogen und Gestagen) einschließlich der Notfallkontrazeption („Pille danach”) und Zubereitungen zur Behandlung einer Amenorrhö sind aufgrund ihrer häufigen (versehentlichen) Anwendung in der Frühschwangerschaft recht gut untersucht. Sie bergen offenbar kein nennenswertes Risiko (Ahn 2005, Raman-Wilms 1995, Källén 1991), auch nicht für Geschlechtsdifferenzierungsstörungen, wenn während des sensiblen Zeitraumes nach Schwangerschaftswoche 8 behandelt wurde.

Allerdings gibt es nach Fallberichten aus den 70er Jahren über Herzfehlbildungen, VACTERL-Syndrom u.a. im Zusammenhang mit der Einnahme oraler Kontrazeptiva in der Schwangerschaft vereinzelt auch neuere Publikationen, die eine erhöhte Rate von (Harnwegs-)Anoma-lien diskutieren (Li 1995).

Auswirkungen einer intrauterinen Exposition mit Estrogenen auf die spätere Fertilität konnten bisher nicht bestätigt werden. In einer Übersichtsarbeit wurden alle bisherigen Studien zu Störungen der männlichen Reproduktion infolge einer intrauterinen Estrogeneinwirkung analysiert. Hier wurden sowohl Medikamente der Mutter, physiologisch erhöhter Estrogenspiegel (z.B. bei Zwillingsschwangerschaften), vegetarische (Soja-)Diät (Soja enthält nichtsteroidale Phytoestrogene; siehe auch West 2005) und Umweltschadstoffe mit estrogenartiger Wirkung (Organochlorverbindungen wie PCB oder Dioxine; siehe auch Kapitel 2.23) berücksichtigt. Allenfalls beim Hodenkrebs, nicht jedoch bei Hypospadien, Hodenhochstand oder Spermienzahlen ließ sich eine gewisse Assoziation erkennen (Storgaard 2006). Eine ältere Publikation berichtet von abweichender psychosexueller Entwicklung pränatal exponierter Jungen, deren diabetische Mütter mit Estradiol und Progesteron behandelt worden waren (Yalom 1973). Es gibt keine Hinweise für vergleichbare Entwicklungsstörungen im Zusammenhang mit den heute üblichen „Pillen”.

Zur hoch dosierten Anwendung von Estrogenen, z.B. bei Malignomen, liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Empfehlung für die Praxis:

Während einer Schwangerschaft gibt es keine Indikation für die Behandlung mit Estrogenen. In der Frühschwangerschaft versehentlich eingenommene Kontrazeptiva erfordern weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Dies gilt für die heute üblichen niedrig dosierten Ein- oder Mehrphasenpräparate und die Behandlung einer Amenorrhö mit Ethinylestradiol und Norethisteronacetat. Die versehentliche Applikation hoch dosierter Präparate für andere Indikationen rechtfertigt ebenfalls keinen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft. Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte jedoch, zumindest bei wiederholter Anwendung, die normale Organentwicklung dokumentieren.

2.15.15. Gestagene

Pharmakologie und Toxikologie.

Progesteron wird von den Theka- und Luteinzellen der Ovarien gebildet, während der Schwangerschaft verstärkt auch von der Plazenta. Im fetalen Organismus wird Progesteron metabolisiert. Die Plazenta kann einzelne Metabolite enzymatisch wieder zu Progesteron oxidieren. Progesteron wird als Pregnandiol ausgeschieden und teilweise zu Pregnantriol abgebaut.

Als Arzneimittel werden folgende Substanzen angeboten: Chlorma-dinon (z.B. Chlormadinon Jenapharm®), Desogestrel (z.B. Cerazette®), Drospirenon (in Petibelle®, Yasmin®), Dydrogeston (Duphaston®), Gestonoron, Gestoden (in Femovan®, Minulet®), Hydroxyprogesteron (z.B. Proluton®), Levonorgestrel (z.B. Microlut®), Lynestrenol (z.B. Orgametril®), Medrogeston (Prothil®), Medroxyprogesteron (z.B. Clinofem®), Megestrol (Megestat®), Norethisteron (z.B. Gestakadin®, Primolut-Nor®), Norgestimat (z.B. in Cilest®) und Norgestrel (z.B. in Cyclo-Progynova®).

Seit etwa 40 Jahren werden Progesteron (z. B. Utrogest®) sowie halb-oder vollsynthetische Derivate (z.B. 17-Hydroxyprogesteron) zur Behandlung des drohenden Abortes eingesetzt. Bis heute gibt es jedoch keinen Wirkungsnachweis, deshalb ist das Behandlungskonzept überholt (ACOG 2003). Bessere Erfolgsquoten nach Progesteronbehandlung können vorgetäuscht sein, da die Patientinnen oft auch intensivärztlich und pflegerisch betreut werden. Ein Symposium der WHO über Arzneimittelbehandlung während der Schwangerschaft hat die Nutzlosigkeit dieser Therapie festgestellt, die in der Bundesrepublik Deutschland, in Frankreich und Italien verbreitet war, in Skandinavien hingegen nicht praktiziert wurde (WHO-Report 1984). Dennoch wird immer wieder beim drohenden Abort die Therapie mit Gestagenen vorgeschlagen, heute meistens mit dem natürlichen Progesteron. Eine aktuell noch diskutierte Indikation zur hormonellen Verhinderung eines Aborts ist die HCG-Therapie bei der seltenen Corpus-luteum-Insuffizienz.

Der Zusammenhang zwischen Hormontherapie und vermehrtem Auftreten von Hypospadien wird kontrovers diskutiert (Carmichael 2004, Källén 1992). Wenn überhaupt führen Gestagene nur äußerst selten zu dieser häufig auch spontan vorkommenden und meist geringfügigen Anomalie.

Die relativ niedrig dosierten Zubereitungen zur hormonalen Kontrazeption einschließlich der Notfallkontrazeption („Pille danach”) und Produkte zur Behandlung einer Amenorrhö sind aufgrund ihrer häufigen (versehentlichen) Anwendung in der Schwangerschaft recht gut untersucht. Sie bergen insbesondere hinsichtlich extragenitaler Fehlbildungen nach heutigem Wissen kein erkennbares Risiko (Ahn 2005, Brent 2000, Martinez-Frias 1998, Raman-Wilms 1995, Källén 1991). Allerdings gibt es nach Fallberichten aus den 70er Jahren über Herzfehlbildungen, VACTERL-Syndrom u.a. im Zusammenhang mit der Einnahme von oralen Kontrazeptiva in der Schwangerschaft vereinzelt auch neuere Publikationen, die eine erhöhte Rate von (Harnwegs-)-Anomalien diskutieren (Li 1995).

Die Notfallkontrazeption wird heute als reine Gestagentherapie mit 2 × 0,75 mg bzw. 1 × 1,5 mg Levonorgestrel (duofem®, Levogynon®) durchgeführt. Sicherheit, Verträglichkeit und Nebenwirkungen haben ein so günstiges Profil, dass in einigen Ländern, wie z.B. der Schweiz, eine verschreibungsfreie Abgabe erfolgt. Bei dieser Therapie wird der Eisprung verhindert und kein Abort induziert. Embryotoxische Wirkungen wurden, falls die Schwangerschaft doch weiter besteht, bisher nicht beschrieben (American Academy of Pediatrics 2005, Food and Drug Administration 2003).

Geschlechtsdifferenzierungsstörungen durch Gestagene in kontrazeptiver Dosis während des sensiblen Zeitraumes ab Schwangerschaftswoche 8 wurden nicht beobachtet. Wenn jedoch wiederholt deutlich höhere Dosen der 19-Nor-Gestagene mit ihrem androgenisie-renden Potenzial eingenommen wurden, kann eine vorübergehende Klitorisvergrößerung auftreten (Übersicht bei Briggs 2005).

Negative Auswirkungen dieser intrauterinen Exposition auf die Ferti-lität im Erwachsenenalter wurden bisher nicht vermehrt beobachtet. Die Entwicklung bis ins Jugendalter scheint nach großen Langzeituntersuchungen, z.B. zu Depotpräparaten mit Medroxyprogesteron („Dreimonatsspritze”), altersgemäß zu verlaufen (Pardthaisong 1992). Früher wurde nach Gabe androgener Gestagene (Norethisteronab-kömmlinge), in höherer Dosis als zur Kontrazeption heute üblich, eine Auswirkung auf das spätere geschlechtsspezifische Verhalten der Kinder angenommen.

Zur hoch dosierten Anwendung von Gestagenen, wie z.B. in der Malignomtherapie, liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Empfehlung für die Praxis:

Während einer Schwangerschaft gibt es keine stichhaltige Indikation für die Therapie mit Gestagenen. Dies gilt auch für das überholte Behandlungskonzept mit Progesteron bei drohendem Abort. Doch weder eine solche Therapie noch in der Frühschwangerschaft versehentlich eingenommene Kontrazeptiva erfordern einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Das gilt für die heute üblichen niedrig dosierten Ein- oder Mehrphasenpräparate, die Notfallkontrazeption mit Levonorgestrel und die Behandlung einer Amenorrhö mit Norethisteronacetat und Ethinylestradiol. Die (versehentliche) Applikation hoch dosierter Präparate für andere Indikationen rechtfertigt ebenfalls keinen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft. In einem solchen Fall kann mit Ultraschallfeindiagnostik die normale Organentwicklung dokumentiert werden.

2.15.16. Diethylstilbestrol

Pharmakologie und Toxikologie.

Diethylstilbestrol (DES) ist ein synthetisches nichtsteroidales estrogenaktives Arzneimittel, das in den 70er Jahren in den USA zur Therapie des drohenden Abortes und außerdem zur Begrenzung des Längenwachstums bei heranwachsenden Mädchen (Venn 2004) verordnet wurde. Großes internationales Aufsehen erregte die Entdeckung, dass bei Töchtern, deren Mütter während der Schwangerschaft DES erhalten hatten, im Adoleszentenalter vermehrt Adeno-karzinome der Vagina auftraten (Herbst 1975). Dies ist der einzige beim Menschen nachgewiesene Fall für vorgeburtlich ausgelöste Karzinome („transplazentare Karzinogenese”). Das Risiko für diese bei jungen Frauen sonst seltene Erkrankung wird mit bis zu 0,14% angegeben. Andere Krebsrisiken, wie z. B. für Brustkrebs, ließen sich nicht eindeutig nachweisen (Hatch 1998).

Mindestens 25 % der im 1. Trimenon pränatal exponierten jungen Frauen wiesen außerdem Anomalien an Scheide, Uterus oder Eileitern auf (Mittendorf 1995). Andere Untersucher konnten kein erhöhtes Risiko für Leiomyome und Ovarialzysten erkennen, sahen aber häufiger Parovarialzysten (Wise 2005). Bei männlichen Nachkommen besteht offenbar ein erhöhtes Risiko für Kryptorchismus, testikuläre Hypoplasie und abnorme Samenzellmorphologie (Mittendorf 1995). Ein erhöhtes Hypospadierisiko bei Söhnen, deren Mütter als Embryo selbst pränatal exponiert waren, wird kontrovers diskutiert (Storgaard 2006, Palmer 2005, Klip 2002). Des Weiteren gibt es Hinweise darauf, dass solche Frauen ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten und andere Schwangerschaftskomplikationen haben (Papiernik 2005).

Die Behandlung mit Diethylstilbestrol ist seit langem obsolet. Sie wurde in Mitteleuropa, im Gegensatz zu den USA, kaum praktiziert (Centers for Disease Control and Prevention 2006).

2.15.17. Androgene und Anabolika

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu den als Arzneimittel verfügbaren Androgenen zählen Mesterolon, Testolacton und Testosteron (Andriol®). Für diese Arzneimittelgruppe gibt es während der Schwangerschaft keine Indikation. Alle früher üblichen, z.B. psychosexuellen Gründe für eine Androgengabe bei Frauen, gelten heute als überholt. Auch die Anwendung zur Laktationshemmung wird schon lange nicht mehr praktiziert.

Zu den Anabolika gehören z. B. Clostebol, Metenolon (z. B. in Anti-Focal®), Nandrolon (z.B. Deca-Durabolin®) und Tibolon (Liviella®). Für diese Medikamente gibt es in der Schwangerschaft ebenfalls keine Behandlungsindikation. Im Zusammenhang mit Kraftsport und Bodybuilding werden jedoch „schwarz” importierte Präparate verwendet, die auch ohne entsprechende Deklaration Androgene bzw. Anabolika enthalten können. Sie wurden schon „versehentlich” während einer Schwangerschaft weiter genommen.

Die praktischen Erfahrungen zur pränatalen Verträglichkeit von Androgen- und Anabolika-Präparaten reichen für eine differenzierte Risikobewertung, auch bezüglich einer androgenisierenden Wirkung, nicht aus.

Empfehlung für die Praxis:

Androgene und Anabolika sind während der Schwangerschaft absolut kontraindiziert. Eine versehentliche Anwendung erzwingt jedoch keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Insbesondere bei wiederholter Anwendung sollte mit Ultraschallfeindiagnostik die Organentwicklung kontrolliert werden.

2.15.18. Antiestrogene, Antiandrogene und Danazol

Pharmakologie und Toxikologie.

Bicalutamid (Casodex®), Cyproteron (Androcur®; in Diane®35) und Flutamid (z.B. Fugerel®) gehören zu den Antiandrogenen. Formestan und Raloxifen (z.B. EVISTA®), ein selektiver Estrogenrezeptormodulator zur Behandlung der Osteopo-rose, sind antiestrogene Arzneimittel. Danazol ist ein androgen wirkender Gonadotropinhemmer. Zu Aminoglutethimid und Tamoxifen siehe Kapitel 2.13.17.

Cyproteronacetat ist das im reproduktionsfähigen Alter am häufigsten verschriebene Antiandrogen. In Kombination mit Ethinylestradiol wird es als kontrazeptive Pille (Diane®35) angeboten. Dieses Präparat wird besonders bei gleichzeitig bestehender Akne verschrieben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte 1995 wegen des Verdachts auf Lebertumoren die Anwendung von Diane®35 drastisch eingeschränkt. Das Präparat sollte nur noch bei Androgenisierungserscheinungen und Akne mit Narbenbildung verschrieben werden.

Die antiandrogene Wirkung von Cyproteronacetat kann theoretisch zur Feminisierung männlicher Feten führen. Doch selbst bei versehentlicher Fortführung der Behandlung mit täglich 2 mg (in Diane®35) bis in die sensible Phase über Schwangerschaftswoche 8 hinaus, ist eine Feminisierung nicht beobachtet worden. Vom Hersteller wurden 23 Schwangere mit männlichen Feten registriert, die während der (nahezu) gesamten Genitalentwicklungsphase 2 mg täglich eingenommen hatten und weitere 6 Schwangere, die sogar 25–100 mg Cyproteron täglich eingenommen hatten. Die 28 lebend geborenen Knaben waren normal entwickelt. Bei einem Spätabort wurden ebenfalls keine Entwicklungsstörungen festgestellt. Weitere Fallserien deuten ebenfalls nicht auf teratogene Effekte beim Menschen hin (eigene Daten und die des European Network of Teratology Information Services, ENTIS). Allerdings reicht der Umfang an Erfahrungen für eine differenzierte Risikobewertung nicht aus.

Danazol, ein synthetisches modifiziertes Androgen, leitet sich von Ethisteron ab und ist ein antiestrogener Hemmstoff. Danazol wurde zur Behandlung der Endometriose, bei benigner Knotenbildung in der Brust, hereditärem angioneurotischem Ödem und auch als Kontrazep-tivum eingesetzt. Zahlreiche Publikationen mit über 100 exponierten Schwangeren offenbaren ein erhebliches virilisierendes Risiko für weibliche Feten, wenn täglich mit 200 mg noch nach Schwangerschaftswoche 8 (Funktionsaufnahme der Androgenrezeptoren) behandelt wurde. Bei normalem innerem Genitale zeigten bis über 50% der pränatal exponierten Mädchen eine Klitorisvergrößerung oder das Vollbild eines weiblichen Pseudohermaphroditismus. Bei der späteren Entwicklung fanden sich keine weiteren Auffälligkeiten, wie z.B. Virilisierung oder Störungen des Sexualverhaltens (Übersicht bei Briggs 2005). Eine erhöhte Abortneigung nach Gabe von Danazol könnte auch durch die Endometriose als Grunderkrankung verursacht sein.

Die Wirkung der übrigen in diesem Abschnitt angesprochenen Anti-estrogene und Antiandrogene ist in der Schwangerschaft nicht untersucht, so dass eine differenzierte Risikobewertung nicht möglich ist.

Empfehlung für die Praxis:

Antiestrogene, Antiandrogene und Danazol sind in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert. Eine versehentliche Applikation rechtfertigt jedoch keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Durch Ultraschallfeindiagnostik sollte die ungestörte Organentwicklung zumindest bei höher dosierten Produkten bestätigt werden.

2.15.19. Mifepriston (RU486)

Pharmakologie und Toxikologie.

Mifepriston ist ein Progesteron- und Glu-cocorticoid-Antagonist. Es wurde 1999 als Abortivum in Deutschland zugelassen. Eine Dosis von 600 mg ist für den Abbruch einer Frühschwangerschaft erforderlich, in Kombination mit einem Prostaglan-dinpräparat sind 200 mg jedoch ebenso effektiv (Peyron 1993).

Zu den pharmakologischen Effekten des Mifepristons zählen unter anderem die Senkung der LH-(Luteinisierungshormon-)Sekretion, eine beschleunigte Gelbkörperregression und die Zunahme der Kontraktili-tät der Uterusmuskulatur. Auswirkungen auf die plazentare Produktion von Progesteron, Choriongonadotropin und humanem plazentaren Laktogen wurden ebenfalls beobachtet.

Mifepriston wurde wegen seines Progesteronantagonismus auch als monatlich einzunehmendes „Interzeptivum” (Wirksamkeit im Gegensatz zum Kontrazeptivum erst nach einer Konzeption) versucht. Es hat sich dabei allerdings als ebenso wenig zuverlässig erwiesen wie zur medikamentösen Beendigung extrauteriner Schwangerschaften. Außerdem wird der Einsatz zur Zervixreifung, Geburtseinleitung sowie bei Endometriose und Uterus myomatosus diskutiert.

Mifepriston überschreitet die Plazenta und beeinflusst tierexperimentell nicht die Konzentration an fetalem Progesteron, Estradiol oder Cortisol. Nur die Aldosteronkonzentration scheint anzusteigen.

Bezüglich Teratogenese sind die tierexperimentellen Ergebnisse widersprüchlich. In einer Fallserie mit etwa 70 Schwangerschaften, die nach Abbruchversuchen mit Mifepriston ausgetragen wurden, beobachtete man verschiedene Fehlbildungen, darunter 4 Kinder mit Klumpfuß (Sitruk-Ware 1998). Eine spezifische teratogene Wirkung lässt sich aus dieser Publikation und aus anderen Fallbeschreibungen, die mehrheitlich gesunde Neugeborene umfassen (Pons 1991, Lim 1990), nicht eindeutig ableiten. Generell kann jedoch der missglückte Versuch eines Schwangerschaftsabbruchs die fetale Entwicklung gefährden.

Empfehlung für die Praxis:

Falls eine Schwangerschaft nach vergeblicher Anwendung von Mifepriston ausgetragen wird, sollte eine Ultraschallfeindiagnostik die normale Organentwicklung bestätigen. Ein risikobegründeter Schwangerschaftsabbruch ist durch einen missglückten Abortversuch nicht zwingend indiziert (siehe Kapitel 1.15).

2.15.20. Clomifen

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei fehlender Ovulation ohne Hyperpro-laktinämie wird seit über zwei Jahrzehnten der Estrogenantagonist Clomifen (z. B. ClomHEXAL®, Dyneric®) zur Ovulationsauslösung eingesetzt. Eine Überdosierung, insbesondere in Kombination mit HCG (Humanes Choriongonadotropin), kann zur Überstimulierung der Ova-rien führen. Zu den unerwünschten Wirkungen zählen eine erhöhte Rate an Mehrlingsschwangerschaften und die Vergrößerung der Ova-rien. Die Wirkung beruht offenbar auf einer kompetitiven Besetzung der Estrogenrezeptoren im Hypothalamusbereich, die zu vermehrter LH-(Luteinisierungshormon-)Freisetzung führt.

Es gibt eine anhaltende Diskussion darüber, ob Clomifen Fehlbildungen, wie z.B. Neuralrohrdefekte, verursacht (Van Loon 1992). Ein Fallbericht beschreibt eine Glaskörperanomalie bei einem Kind, dessen Mutter 100 mg Clomifen bis Woche 6 eingenommen hatte (Bishai 1999).

In Japan wurden 1.034 durch Clomifen induzierte Schwangerschaften über einen Zeitraums von 5 Jahren beobachtet. Von den 935 lebend geborenen Kindern wiesen 2,3 % Fehlbildungen auf, eine gegenüber der Kontrollgruppe nicht erhöhte Rate (Kurachi 1983). Allerdings wurde nicht differenziert, ob nur vor oder auch nach Eintritt der Schwangerschaft mit Clomifen behandelt wurde. Die Fallsammlung eines Herstellers ergab bei 2.379 Clomifen-Patientinnen 58 Fehlbildungen (2,4%). Bei 158 Frauen fand die Clomifeneinnahme (auch) nach der Konzeption statt, in dieser Gruppe hatten 8 Kinder (5,1 %) Fehlbildungen. Eine Studie mit Daten eines Fehlbildungsregisters fand eine erhöhte Inzi-denz für Kraniosynostosen bei 20 Schwangeren, die Clomifen vor oder während der Schwangerschaft eingenommen hatten (Reefhuis 2002). Eine weitere ähnliche konzipierte Arbeit mit unbekannter Fallzahl stellte signifikant häufiger penoskrotale Hypospadien nach Clomifen fest (Meijer 2005). Ein erhöhtes individuelles Risiko lässt sich jedoch mit den derzeit vorliegenden Studienergebnissen nicht belegen.

Empfehlung für die Praxis:

Clomifen darf zur Ovulationsauslösung verordnet werden, wenn die Patientin auf das nicht vollständig entkräftete Risiko für Organentwicklungsstörungen hingewiesen wird, und wenn sie auch das deutlich erhöhte Vorkommen von Mehrlingsschwangerschaften (nicht nur Zwillinge) akzeptiert. Eine bestehende Schwangerschaft muss vor Beginn der Therapie ausgeschlossen werden.

2.15.21. Erythropoietin

Unter rekombinantem humanem Erythropoietin versteht man die biotechnologisch hergestellten Derivate Epoetin alfa (Eprex®, Erypo®), Epoetin beta (NeoRecormon®) und Darbepoetin alfa (Aranesp®). Alle drei haben dieselbe biologische Wirkung wie das körpereigene Erythropoietin, nämlich die Stimulation der Erythropoese.

Eythropoietine werden bei schwerer Anämie, z. B. bei chronischen Nierenerkrankungen und nach Nierentransplantation, eingesetzt, aber auch bei Krebs- und HIV-Therapie, sowie bei Thalassämie und bei the-rapieresistenter Anämie in der Schwangerschaft.

Rekombinantes humanes Erythropoietin ist nicht plazentagängig und hat sich in einer Reihe von Berichten und Fallserien als gut verträglich in der Schwangerschaft erwiesen. Ein nennenswertes Risiko für den Embryo/Fetus besteht nicht. Ob die in 4 Schwangerschaften beschriebene schwere mütterliche Hypertonie und Verschlechterung der Nierenfunktion der Schwangeren auf die Gabe von Erythropoietin zurückzuführen ist, konnte nicht abschließend geklärt werden (Briggs 2005).

Zu Darbepoetin alfa liegen weniger Erfahrungen in der Schwangerschaft vor als zu Epoetin, jedoch wurden negative Effekte bisher nicht beschrieben (Goshorn 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Bei zwingender Indikation dürfen Epoetin alfa oder Epoetin beta auch in der Schwangerschaft gegeben werden. Darbepoetin alfa sollte aufgrund der geringeren Erfahrung möglichst nicht eingesetzt werden.

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2.16. Narkotika, Lokalanästhetika und Muskelrelaxanzien

Narkosemittel passieren aufgrund ihrer guten Lipidlöslichkeit rasch die Blut-Hirn-Schranke und die Plazenta. Neben ihrer schlafinduzierenden Wirkung im Gehirn wirken sie häufig dämpfend auf das Atemzentrum. Daher besteht in der Perinatalphase die Gefahr einer verminderten Sauerstoffversorgung durch Hemmung der Spontanatmung des Neugeborenen. Erfreulicherweise gibt es keine Hinweise, dass unkompliziert verlaufende Narkosen beim Menschen zu pränatalen Entwicklungsstörungen führen. Weder die heute üblichen Injektionsnarkotika noch die Inhalationsnarkotika besitzen nach derzeitigem Wissensstand teratogene Eigenschaften. Allerdings können im Narkoseverlauf bei der Mutter auftretende Beeinträchtigungen der Atmung, des Kreislaufs, verstärkte Kontraktionen des Uterus oder Ereignisse wie eine maligne Hyperthermie auch den Fetus schädigen.

Obwohl es nur wenige epidemiologische Daten zu einzelnen Narkosemitteln gibt, wurden in einigen größeren Studien die Auswirkungen chirurgischer Eingriffe unter Anästhesie bei Schwangeren untersucht. Dabei wurden verschiedene Narkosemittel kombiniert. Keine dieser Studien fand signifikante Hinweise auf schädigende Auswirkungen (Ebi 1994, Duncan 1986, Brodsky 1980).

Einige Untersucher beobachteten eine erhöhte Abortrate nach Narkosen, es ist aber schwierig, dies den Narkosemitteln zuzuordnen. Tierexperimentelle Ergebnisse zu einzelnen Substanzen sind aufgrund der hohen Dosen und wiederholten Anwendungen nicht auf klinische Situationen einer Anästhesie übertragbar.

Lokalanästhetika, die entweder gespritzt oder aufgesprüht werden, galten lange als Mittel der Wahl in der Schwangerschaft, weil man annahm, dass sie am Ort der Applikation verbleiben und nicht zum Fetus übergehen. Doch auch diese Form der Anästhesie schließt Komplikationen nicht aus, da auch Lokalanästhetika je nach Ort und Durchblutung der Injektionsstelle den Fetus über den mütterlichen Kreislauf erreichen können.

Im Zusammenhang mit operativen Eingriffen verwendete Muskelrelaxanzien sind quartäre Ammoniumpräparate, die unter physiologischen Bedingungen stark ionisiert vorliegen und daher nur langsam die Plazenta überschreiten. Trotzdem kommt es zu einem nachweisbaren Übergang auf den Fetus.

2.16.1. Halogenierte Inhalationsnarkotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Desfluran (Suprane®), Enfluran, Halo-than, Isofluran (z. B. Forene®) und Sevofluran (Sevorane®) gehören zu den halogenierten Inhalationsnarkotika. In der Perinatalphase ist zum einen ihre relaxierende Wirkung am Uterus zu beachten, die zur Minderung der Wehentätigkeit führen kann, und zum anderen ihr atemdepressiver Effekt, vor allem bei Risikogeburten.

Halothan

Halothan ist eines der ältesten und am weitesten verbreiteten halogenierten Inhalationsnarkotika. Teratogene Wirkungen beim Menschen sind nicht bekannt. Im Tierversuch haben sich dagegen Skelett- und andere Anomalien, Minderwuchs, Verhaltensabweichungen und Absterben der Frucht gezeigt. Diese Auffälligkeiten wurden bei der üblichen Anwendung beim Menschen nicht beobachtet. Bei Gabe von Halothan um den Geburtstermin (z. B. Sectionarkosen) muss mit einer verstärkten Uterusrelaxation, einer erhöhten Blutungsgefahr sowie mit einer Atemdepression des Neugeborenen gerechnet werden. Unter den volatilen Anästhetika hat Halothan die stärkste kreislaufdepressorische Wirkung. Hohe Dosen können Herzrhythmusstörungen und Herzstillstand verursachen, besonders wenn zusätzlich a-sympathomimetische Tokolytika oder Katecholamine eingesetzt werden. Über Lebertoxizität wurde bei Wiederholungsnarkosen berichtet.

Enfluran

Enfluran ist ein fluorierter Ether, der mit einer Metabolisierungsrate von 2–5 % nur zu geringen Teilen verstoffwechselt wird. Die Anwendung bei Sectionarkosen wird vom Neugeborenen gut vertragen (Tunstall 1989, Abboud 1985). Tierexperimentell gibt es unter Versuchsbe-dingungen, die sich grundlegend von der klinischen Situation unterscheiden, teilweise embryotoxische Effekte. Teratogene Wirkungen beim Menschen sind nicht bekannt. Enfluran wird wegen der gegenüber Isofluran in fast allen Bereichen ungünstigeren Eigenschaften (Anflutung, Abflutung, Kreislaufdepression, Metabolisierungsrate) nur noch in wenigen Zentren für Narkosen benutzt.

Isofluran

Isofluran ist das Strukturisomer von Enfluran. Es gehört mit einer Metabolisierungsrate von nur 0,2%, genau wie Desfluran, zu den am wenigsten verstoffwechselten halogenierten Inhalationsnarkotika. Beilin und Mitarbeiter (1999) stellten bei Eiübertragungen im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation unter Isoflurannarkose keine verminderte Implantationsrate fest. Sectionarkosen unter Isofluran werden vom Fetus gut vertragen, ein leichter Anstieg der Bilirubinwerte beim Neugeborenen wurde diskutiert (De Amivi 2001). Tierexperimentell wurden unter Versuchsbedingungen, die sich grundlegend von der klinischen Situation unterscheiden, teilweise embryotoxische Effekte beobachtet. Teratogene Wirkungen beim Menschen sind nicht bekannt.

Desfluran

Desfluran weist von allen Anästhesiemitteln den niedrigsten Blut/Gas-und Gewebe/Blut-Verteilungskoeffizienten auf sowie die geringste Löslichkeit. Es ist das am schwächsten wirksame Narkosegas. Desfluran wird von allen halogenierten Inhalationsnarkotika am wenigsten ver-stoffwechselt, daher ist das toxische Potenzial gering. Wegen des schnellen Einschlafens und angenehmen Aufwachens der Patienten wird Desfluran häufig für Sectionarkosen benutzt, ohne dass Nachteile für die Neugeborenen oder die Mutter bekannt wurden. Es gibt zwei Fallberichte über maligne Hyperthermie. Teratogene Wirkungen beim Menschen sind nicht bekannt. Die uterusrelaxierende Wirkung ist abhängig von der Anästhesietiefe, ähnlich wie bei den übrigen haloge-nierten Inhalationsnarkotika. Trotz des schnellen Anflutens kann Des-fluran aufgrund seiner schwachen Wirksamkeit nicht als Einleitungsnarkotikum gewählt werden. Die für eine Narkose erforderlichen Konzentrationen von mehr als 6% würden die Atemwege reizen und könnten dadurch zu Atemanhalten führen.

Sevofluran

Sevofluran ist ein weiteres halogeniertes Anästhetikum, das als Halogen nur Fluorid enthält. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften ist der Anstieg im Blut etwas langsamer als bei Desfluran, aber schneller als bei allen anderen halogenierten Inhalationsnarkotika. Im Gegensatz zu Desfluran ist Sevofluran als Einleitungsnarkotikum gut geeignet. Die Metabolisierungsrate liegt bei 3–5%. Dadurch kommt es im Blut zum Anstieg von anorganischem Fluorid und im Atemkalk zur Bildung von so genanntem Compound A. Beide Substanzen haben zwar ein nephro-toxisches Potenzial, erreichen aber keine schädigenden Konzentrationen. Sevofluran wird heute in vielen geburtshilflichen Zentren als Standardnarkotikum bei der Sectio angewandt, ohne dass negative Einflüsse auf das Neugeborene beschrieben werden und auch teratogene Wirkungen sind beim Menschen nicht bekannt.

Empfehlung für die Praxis:

Die halogenierten Inhalationsnarkotika gehören in der Geburtshilfe zu den Standardnarkotika. Sie können bei Beachtung der möglichen charakteristischen Nebenwirkungen während der gesamten Schwangerschaft eingesetzt werden. Bei Anwendung unter der Geburt sind Uterusrelaxation und depressorische Auswirkungen auf das Neugeborene zu beachten.

2.16.2. Ether (Diethylether)

Pharmakologie und Toxikologie.

Ether (Äther zur Narkose) ist eine Flüssigkeit mit Siedepunkt bei 35 °C. Wegen seiner ungünstigen Eigenschaften, wie Explosivität von Ether-Luft-Gemischen, postnarkotischem Erbrechen und Erregungszuständen, wird Ether als Narkotikum nur noch selten eingesetzt. Ether erreicht den Fetus ungehindert, schon nach wenigen Minuten wird ein Konzentrationsausgleich erreicht. Das Ausmaß der Atemdepression beim Neugeborenen ist von Dauer und Tiefe der Narkose abhängig. Hinweise auf teratogene Eigenschaften beim Menschen liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Ether-Tropfnarkosen sind während der Schwangerschaft und in der Geburtshilfe nicht indiziert. Sie können höchstens dann eingesetzt werden, wenn im Notfall keine andere Narkosemöglichkeit zur Verfügung steht. Nach einer Ether-Tropfnarkose im 1. Trimenon sind weder ein risikobegründeter Abbruch der Schwangerschaft noch zusätzliche Diagnostik erforderlich (siehe Kapitel 1.15).

2.16.3. Lachgas

Pharmakologie und Toxikologie.

Lachgas (Stickoxidul, N2O) ist ein träge reagierendes Gas mit guter analgetischer und geringer narkotischer Wirkung. Es muss daher mit anderen Narkotika und/oder Muskelrelaxan-zien kombiniert werden.

Lachgas ist gegenüber den halogenierten Inhalationsnarkotika ein gut verträgliches Narkotikum, das weder deren negative Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System noch auf den Uterus besitzt. Unter der Geburt kann durch die Inhalation eines Lachgas-Sauerstoff-Gemisches eine schnelle und einfache analgetische Wirkung erzielt werden, die sich außerdem sehr gut steuern lässt. In seltenen Fällen kann auch Lachgas beim Neugeborenen eine Atemdepression hervorrufen, die eine Beatmung erforderlich macht (Langanke 1987).

Umfangreiche Studien über die Anwendung von Lachgas lassen bei über 1.000 Schwangeren keine teratogenen Effekte erkennen (Crawford 1986, Heinonen 1977). Andere Studien thematisieren Risiken bei der Anwendung während der Geburt. Taylor und Mitarbeiter (1993) stellten fest, dass höhere Dosen von Lachgas zu einem verzögerten Geburtsverlauf führen. Polvi und Mitarbeiter (1996) fanden Veränderungen im zerebralen Gefäßwiderstand des Kindes. Diese beiden Studien wurden jedoch kritisiert, weil sie nicht auf mögliche andere auslösende Umstände eingehen.

Empfehlung für die Praxis:

Lachgas ist bei kleinen operativen Eingriffen in der Schwangerschaft ein ideales Inhalationsnarkotikum. Bei geburtshilflichen Eingriffen ist auf einen möglichen atemdepressiven Effekt beim Neugeborenen zu achten. Unter der Geburt ist es das am schnellsten wirkende Analgetikum.

2.16.4. Inhalationsnarkotika, berufliche Exposition

Schwangeres OP-Personal ist am Arbeitsplatz trotz aller Möglichkeiten der Gasabsaugung und des hohen Luftaustauschs durch die Klimaanlage Narkosegasen ausgesetzt, die aus den Narkosegeräten und den Patienten austreten, wie Messungen bestätigt haben.

Da die gebräuchlichen Anästhesiegase die Plazenta leicht überschreiten, ist ein Risiko für das ungeborene Kind nicht auszuschließen (Herman 2000, Cordier 1992). Aus diesem Grunde gibt es Obergrenzen für die Belastung am Arbeitsplatz. In den USA ist für Lachgas eine maximal zulässige Raumluftkonzentation von 25 ppm festgesetzt, in Deutschland gelten noch 100 ppm als unbedenklich. Eine korrekte Einhaltung der maximal zulässigen Belastung durch Narkosegase ist in der Praxis nur schwer möglich. Kontrollmessungen müssen deshalb wiederholt durchgeführt werden.

Bei beruflich exponiertem Anästhesie- und OP-Personal wurde über erhöhte Abortraten berichtet, die auf die chronische Exposition mit Inhalationsnarkotika zurückgeführt wurden (Hemminki 1985, Vessay 1980). Später ließ sich der Verdacht in ausführlichen epidemiologischen Studien nicht eindeutig bestätigen und begleitende Faktoren wie Stress, Kaffeekonsum, Rauchen und angespannte Körperhaltung sowie vorbestehende Abortneigung wurden als auslösende Ursachen angenommen (Rowland et al., 1992, Rowland et al., 1995).

In verschiedenen Studien wurden ein geringeres Geburtsgewicht und ein kürzeres Gestationsalter festgestellt (Ericson 1979, Rosenberg 1978, Pharoah 1977, Cohen 1971). Die Langzeitentwicklung im Alter von 5 bis 13 Jahren wurde von Ratzon (2004) bei 40 Kindern untersucht, deren Mütter als Anästhesistinnen oder Schwestern im OP Restkonzentrationen von Narkosegasen ausgesetzt waren und mit 40 Kindern verglichen, deren Mütter in anderen Abteilungen im Krankenhaus arbeiteten. Es gab keine Unterschiede der allgemeinen Entwicklung weder bei den Neugeborenen noch bei den 5- bis 13-Jährigen. Jedoch wurden Einschränkungen bei der Grobmotorik, Aufmerksamkeitsdefizite und Hyperaktivität häufiger in der exponierten Gruppe beobachtet. Die Höhe der Exposition korrelierte mit Einschränkungen der Feinmotorik und einem niedrigeren Intelligenzquotienten. Jedoch sind die untersuchten Fallgruppen zu klein, um verbindliche Rückschlüsse zu erlauben.

Zusammengefasst ist die Datenlage zum Fehlbildungsrisiko bei beruflicher Exposition mit Narkosegasen beruhigend, während Auswirkungen auf Spontanaborte und andere Entwicklungsstörungen weiterer Untersuchung bedürfen.

Empfehlung für die Praxis:

Es ist für Schwangere unbedenklich, in OP's mit Absaugvorrichtung für Narkosegase zu arbeiten, wenn die Luftkonzentrationen gemessen und die maximal erlaubten Arbeitsplatzkonzentrationen nicht überschritten werden.

2.16.5. Injektionsnarkotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu den Injektionsnarkotika gehören Eto-midat ( z.B. Etomidat-Lipuro®, Hypnomidate®), Ketamin/Ketamin S (z.B. Ketamin®), Methohexital (Brevymital®, nicht mehr verfügbar), Propofol (Disoprivan®) und Thiopental (z.B. Trapanal®). Nach intravenöser Injektion erreicht die Konzentration eines Injektionsnarkotikums sofort ihren Maximalspiegel im Blut, der dann wegen der rasch einsetzenden Umverteilung und Ausscheidung schnell wieder abfällt. Die Wirkung im Gehirn setzt wegen des starken Blutflusses kurzfristig ein und klingt mit der Umverteilung schnell wieder ab. Alle Injektionsnarkotika passieren wegen ihrer hohen Lipidlöslichkeit rasch die Plazenta, werden aber vor Erreichen des fetalen Gehirns zunehmend im fetalen Blut verdünnt und zum Teil auch in der fetalen Leber aufgenommen. Daher bewirkt eine einmalige Bolusinjektion eines nicht zu hoch dosierten Injektionsnarkotikums keine Anästhesie des Fetus bzw. des Neugeborenen, während nach wiederholten Dosen mit einer depresso-rischen Wirkung beim Fetus gerechnet werden muss.

Die Konzentration im Neugeborenen ist bei Anwendung unter der Geburt umso geringer, je mehr Zeit zwischen Injektion des Narkotikums und der Geburt des Kindes verstreicht. Alle genannten Injektionsnarkotika können während der Schwangerschaft benutzt werden, sie werden nachfolgend einzeln vorgestellt.

Etomidat

Etomidat ist ein Imidazolderivat, das durch unspezifische Esterasen abgebaut wird. Es führt zu einem extrem schnellen Wirkungseintritt mit sehr raschem Abklingen (Halbwertszeit im Serum 3 Minuten). Die kurze Wirkdauer beruht ähnlich wie bei den Barbituraten auf Umverteilung vom gut durchbluteten Gehirn in schlechter durchblutete große Gefäßgebiete, nämlich Muskel- und Fettgewebe (Lipophilie). Etomidat besitzt keine kardiodepressorischen Eigenschaften, kann aber zu Myo kloni und Dyskinesien führen und wirkt hemmend auf die Nebennie-renrindenfunktion.

Ketamin

Ketamin ist ein rasch wirkendes Injektionsnarkotikum, das eine gute analgetische Wirkung besitzt und die Atmung kaum beeinflusst. Es gibt keine Studien zur Beeinflussung der fetalen Entwicklung beim Menschen. Aufgrund einer Verstärkung der Empfindlichkeit gegenüber Sympathikomimetika führt es zu deutlichen kardiovaskulären Effekten, wie z.B. Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck. Ketamin stimuliert dosisabhängig den Tonus und die Wehenfrequenz des Uterus und darf bei uteriner Hyperaktivität und drohender fetaler Hypoxie nicht eingesetzt werden. Hohe Dosen können fetale Funktionen beeinträchtigen und ein erweitertes Monitoring unter der Geburt erforderlich machen (Barak 1990, Reich 1989). Ketamin führt bei Kaiserschnittentbindungen zu teilweise therapiebedürftigen Angstzuständen in Folge von Horrorvisionen, was den Einsatz trotz seiner guten analgetischen Eigenschaften stark limitiert. Ketamin S wird eine in dieser Hinsicht bessere Verträglichkeit zugeschrieben.

Propofol

Propofol ist in Nordamerika heute das neben Thiopental am meisten angewandte Injektionsnarkotikum in der Schwangerschaft. Als Einleitungssubstanz stellt es eine geeignete Alternative zu Thiopental dar (Richardson 1991, Gin 1990 A & B). Für die Intubation zeichnet sich Propofol durch einen raschen Bewusstseinsverlust aus. Die kurze Aufwachzeit und die geringen Nebenwirkungen sind von großem Vorteil für die schwangere Patientin. Nach Injektion überwindet Propofol die Plazenta rasch, die fetalen Blutkonzentrationen entsprechen etwa 70% der mütterlichen Werte (Jauniaux 1998, Dailland 1989). Propofol wird rasch aus dem Kreislauf des Neugeborenen entfernt (Dailland 1990, Moore 1989, Valtonen 1989). In klinischen Untersuchungen fand sich bei Einleitung zur Sectio mit Propofol mit 2–2,8 mg/kg KG im Vergleich mit 4–5 mg/kg KG Thiopental kein Unterschied in den Apgar-Werten, den Säure-Basen-Parametern und dem neurologischen Zustand des Neugeborenen (D' Alessio 1998). In einer Studie, die den ENNS (Early neonatal neurobehavioral scale) benutzte (D'Alessio 1998, Celleno 1989), wurde bei Neugeborenen nach Sectionarkose mit Propofol im Vergleich zu Thiopental ein ungünstigeres Ergebnis bei einigen neurologischen Funktionen nachgewiesen. Diese Effekte zeigen sich aber nur zeitlich begrenzt. Gin und Mitarbeiter (1990 B) fanden dagegen, dass Propofol dem Thiopental als Einleitungsnarkotikum zur Sectio überlegen war. Blutdruckabfälle waren nicht häufiger zu beobachten als nach Thiopental. Wird die Gewinnung von Eizellen bei der In-vitro-Fertilisa-tion (IVF) in Propofol-Narkose vorgenommen, so hat dies keinen negativen Effekt auf den Schwangerschaftserfolg (Beilin 1999, Christiaens 1998).

Thiopental-Natrium

Thiopental-Natrium ist ein Thiobarbiturat, das sich durch schnellen Wirkungseintritt auszeichnet. Die kurze Wirkdauer ist durch Umverteilung bedingt. Anfangs reichert sich das Medikament wegen der guten Durchblutung im Gehirn an. Die anschließende Umverteilung in das Muskel- und Fettgewebe lässt die Konzentration im Gehirn rasch unter die narkotisch wirksame Schwelle abfallen. Da Thiobarbiturate den Uterustonus und die Wehentätigkeit nicht beeinflussen, bleibt nach der Geburt die Kontraktionsfähigkeit des Uterus erhalten. Außerdem wurden keine Interaktionen mit ß-Sympathikomimetika beschrieben. Thiobarbiturate lassen sich bereits eine Minute nach Injektion im fetalen Blut nachweisen. Die Konzentration liegt dabei nur gering unter der im mütterlichen Blut. Während der Geburt ist bei niedriger Dosierung (i.v bis 5 mg/kg KG) keine Beeinträchtigung des Fetus zu erwarten. Bei höherer Dosierung muss mit einer Atemdepression beim Neugeborenen gerechnet werden (Langanke 1987).

Empfehlungen für die Praxis:

Etomidat darf in der Geburtshilfe unter Beachtung der atemdepressiven Wirkung beim Neugeborenen eingesetzt werden. Insbesondere wegen der blutdrucksteigernden Wirkung ist Ketamin bei schwangeren Hypertonikerinnen und bei Präeklampsie kontraindiziert. Propofol darf als Anästhetikum sowohl in der Geburtshilfe als auch zur Narkoseeinleitung bei Operationen während der Schwangerschaft eingesetzt werden. Bei Neugeborenen ist die atemdepressive Wirkung zu beachten. Bei Kindern wurde nach mehrtägiger Sedierung mit Propofol ein Propofolsyndrom mit tödlichem Ausgang beschrieben. Daher sollte die Substanz zur Langzeitsedierung bei Schwangeren nicht benutzt werden. Auch Thiopental-Natrium kann sowohl in der Geburtshilfe als auch bei Narkoseeinleitungen während der Schwangerschaft eingesetzt werden. Beim Neugeborenen ist die atemdepressive Wirkung zu beachten. Gleiches gilt für das noch kürzer wirkende Barbiturat Methohexital (wird zurzeit nicht mehr hergestellt).

2.16.6. Lokalanästhetika

Pharmakologie und Toxikologie.

Lokalanästhetika bleiben nicht am Ort ihrer Applikation fixiert, sondern werden in Abhängigkeit von der Applikationsstelle und deren Gefäßreichtum resorbiert und gelangen über das Blut der Mutter zum Fetus. Sie haben neben ihrer eigentlichen Wirkung, der Unterbrechung der Nervenimpulsleitung, je nach (toxischer) Konzentration eine erregende bis krampfauslösende Wirkung auf das Zentralnervensystem, sie hemmen die Erregungsausbreitung am Herzen und erweitern die Blutgefäße. Bei schwangeren Patientinnen, die eine Epiduralanästhesie erhalten, beträgt die Häufigkeit systemisch toxischer Reaktionen durch Lokalanästhetika 1% im Vergleich zu 0,2–0,3% bei Nicht-Schwangeren. Die ZNS-Toxizität eines Lokalanäs-thetikums korreliert gut mit seiner anästhetischen Potenz. Bupivacain wirkt vierfach kardiotoxischer als Lidocain. Der Zusatz vasokonstrik-torischer Substanzen, wie z.B. Adrenalin oder Noradrenalin, kann die Wirksamkeit des Lokalanästhetikums erhöhen und die Blutspiegel durch die Verringerung der Absorptionsrate erniedrigen. Das bietet aber nicht nur Vorteile, sondern erhöht auch die Möglichkeit von Komplikationen. So können Gewebsnekrosen oder eine Gangrän resultieren. Metabisulfid, das adrenalinhaltigen Lokalanästhetikalösungen zugesetzt wird, um die Oxidation von Adrenalin zu vermeiden, wirkt zusätzlich neurotoxisch und ist eventuell verantwortlich für die Auslösung des so genannten Cauda-equina-Syndroms.

Generell werden Lokalanästhetika in allen Phasen der Schwangerschaft jedoch gut vertragen. Sie scheinen keine anhaltenden Auswirkungen auf die Neurophysiologie des Neugeborenen zu haben. Es wurden keine teratogenen Schäden nach Einsatz im 1. Trimenon beobachtet.

Lidocain

Lidocain, das am häufigsten eingesetzte Lokalanästhetikum, hat wegen des niedrigen pKa–Wertes (7,7 bis 7,8) einen schnellen Wirkungseintritt und überschreitet leicht die Plazenta. Ein negativer Einfluss auf die Schwangerschaft ist nicht bekannt. In einer Studie mit mehr als 1.200 Schwangeren fand sich keine Zunahme der Fehlbildungsrate (Heinonen 1977). Lidocain wird auch in der geburtshilflichen Periduralanäs-thesie eingesetzt. Es lindert den Geburtsschmerz, ohne die Wehenstärke oder die Mitarbeit der Gebärenden wesentlich zu beeinträchtigen. Auch bei dieser Anwendung gibt es einige wenige Berichte über negative Auswirkungen. Sie betreffen zeitlich begrenzte Veränderungen der fetalen kardiopulmonalen Anpassung (Bozynski 1987), Veränderungen von evozierten Potenzialen im Stammhirn (Bozynski 1989) und Temperaturregulationsstörungen mit Hyperthermie nach mehrstündiger Epiduralanalgesie (Macaulay 1992). In einigen Studien wurde die Periduralanästhesie mit Veränderungen des Verhaltens beim Neugeborenen in Zusammenhang gebracht. Neuere Studien haben jedoch gezeigt, dass solche Veränderungen selten und nur vorübergehend sind (Decocq 1997, Fernando 1997).

Bupivacain

Bupivacain ist das zurzeit am häufigsten verwendete Lokalanästheti-kum in der Geburtshilfe. Es hat eine starke Wirkung und ausgeprägte zentralnervöse und kardiotoxische Nebenwirkungen, die in der Schwangerschaft zusätzlich durch Progesteron verstärkt werden. Bupi-vacain kann zu einem Reentry-Phänomen mit Auslösung ventrikulärer Tachykardien und Kammerflimmern führen. Die Rate an toxischen Wirkungen konnte deutlich gesenkt werden, nachdem das 0,75%ige Bupi-vacain in der Geburtshilfe nicht mehr angewandt wurde. Der Hauptvorteil dieser Substanz liegt in der langen Wirkdauer (3–10 Stunden). Besonders in geringen Konzentrationen kommt es eher zur sensorischen als zur motorischen Blockade. Wegen der hohen Eiweißbindung ist die Plazentapassage gering.

Ropivacain

Ropivacain ist ein Lokalanästhetikum vom Amidtyp mit einer dem Bupivacain vergleichbaren Pharmakokinetik und Pharmakodynamik. Die vorzugsweise sensorische Blockade ist noch ausgeprägter als bei Bupivacain. Dennoch hat sich bei Ropivacain im Vergleich zu Bupiva-cain bisher kein Vorteil hinsichtlich geringerer Inzidenz motorischer Blockaden (die eine instrumentelle Entbindung notwendig machen) bei gleicher Anästhesiequalität nachweisen lassen (Eddleson 1996). Toxische und zentralnervöse Nebenwirkungen treten bei Ropivacain im Vergleich mit Bupivacain erst bei einer höheren Gesamtmenge an verabreichtem Lokalanästhetikum auf (Santos 1995). Die Austestung einer minimal lokalanästhetischen Konzentration (MLAC) konnte nachweisen, dass die anästhetische Potenz von Ropivacain um 30% geringer ist als die von Bupivacain.

Kombination Lokalanästhetika – Opioide

Ein Zusatz von Opioiden zu epidural verabreichten Lokalanästhetika bietet den Vorteil eines schnelleren Wirkungseintritts, einer verbesserten Analgesie und einer Reduktion des Bedarfs an Lokalanästhetika. Dadurch kann die Rate an motorischen Blockaden und instrumentellen Entbindungen gesenkt werden. Bei rückenmarksnahen Regionalanästhesieverfahren werden lipophile Opioide wie Sufentanil und Fen-tanyl bevorzugt, da sie schnell am Applikationsort aufgenommen werden, und dadurch die Analgesie regional begrenzt bleibt. Das Risiko einer späteren Atemdepression kann aufgrund einer kürzeren Liquor-verweildauer gesenkt werden. Andere opioidbedingte Nebenwirkungen, wie Übelkeit und Erbrechen, Atemdepression und Pruritus, treten seltener auf (Gogarten 1997). Lipophile Opioide wie Sufentanil werden jedoch leichter in das Gefäßsystem aufgenommen und können in signifikanten Konzentrationen im Plasma nachgewiesen werden. Beim Vergleich von Fentanyl mit Sufentanil führt Letzteres zur besseren Schmerzausschaltung und reichert sich trotz einer nachweisbaren Plazentapassage weniger ausgeprägt im Neugeborenen an (Loftus 1995). Eine Gesamtdosis von 30 μg Sufentanil epidural führt nicht zu einer klinisch relevanten neonatalen Beeinträchtigung (siehe auch Kapitel 2.1).

Empfehlungen für die Praxis:

Lokalanästhetika dürfen auch in der Schwangerschaft zur Infiltrations- und Leitungsanästhesie eingesetzt werden. Das gilt auch für Präparate mit Adrenalinzusatz. Bewährte Vertreter dieser Gruppe, wie z. B. in der Geburtshilfe Bupivacain, sind zu bevorzugen. Prilocain ist wegen des vergleichsweise hohen Risikos der Methämoglobinbildung zu meiden.

2.16.7. Muskelrelaxanzien

Pharmakologie und Toxikologie.

Muskelrelaxanzien werden immer dann in der Narkose eingesetzt, wenn sich durch Narkotika allein keine ausreichende Erschlaffung der Skelettmuskulatur erreichen lässt.

Alcuronium (Alloferin®), Atracurium (Tracrium®), Cisatracurium (Nimbex®), Mivacurium (Mivacron®), Pancuronium (Pancuronium duplex®), Rocuronium (Esmeron®) und Vecuronium (Norcuron®) gehören wie Tubocurarin zu den kompetitiv hemmenden Muskelrelaxanzien. Im Gegensatz zu den Narkotika und Lokalanästhetika passieren Muskelrelaxanzien wegen ihres hohen Dissoziationsgrades und ihrer geringen Lipidlöslichkeit die Blut-Hirn-Schranke und auch die Plazenta nur in geringem Ausmaß. Im Nabelschnurblut bzw. im fetalen Gewebe erreichen sie deshalb nur etwa 10 % der bei der Mutter gemessenen Konzentration. Die übertragenen Konzentrationen reichen nicht aus, um beim Fetus eine relaxierende Wirkung hervorzurufen. Es gibt jedoch einen Fallbericht über eine zehn Stunden anhaltende Neugebo-renenparalyse nach Gabe von 245 mg d-Tubocurarin zur Behandlung eines Status epilepticus bei der Mutter (Lusso 1993) und über eine an tierexperimentelle Beobachtungen erinnernde Arthrogrypose beim Kind nach Behandlung eines mütterlichen Tetanus mit Tubucurarin über 2,5 Wochen am Ende des 1. Trimenons (Jago 1970).

Teratogene Eigenschaften wurden bisher nicht beobachtet. Insbesondere Pancuronium hat sich in der Geburtshilfe bewährt. Bei einer Dosierung von 0,03 mg/kg wurden bei 800 Schnittentbindungen keine Nebenwirkungen an den Neugeborenen beobachtet (Langanke 1987). Es kann auch zur Relaxierung des Fetus bei intrauteriner Transfusion benutzt werden (Moise 1987).

Atracurium soll Pancuronium bei der direkten Relaxation des Fetus überlegen sein, wenn dieser wegen einer Anämie für eine intrauterine Transfusion vorbereitet werden soll (Mouw 1999). In einer anderen Untersuchung werden Vorteile des Vecuroniums bei dieser Anwendung beschrieben. Einschränkungen der fetalen Herzfrequenz sollen geringer als bei Pancuronium sein (Watson 1996).

Suxamethonium (Succinylbischolin; Lysthenon®, Pantolax®) ist ein depolarisierendes Muskelrelaxans, das durch die Plasmacholinesterase schnell abgebaut wird. Heinonen (1977) fand bei 26 Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Succinylcholin behandelt worden waren, keine Anomalien. Vorübergehende Atemdepression bei Neugeborenen wurde vereinzelt nach Succinylcholinbehandlung unter der Geburt beschrieben. Bei ca. 3–4% der Bevölkerung ist die Plasma-cholinesterase erniedrigt. Zusätzlich verringert sich die Aktivität dieses Enzyms am Ende der Schwangerschaft um bis zu 30%. Bei diesen Patientinnen kann es nach Succinylcholingabe zur Verlängerung der Wirkung und auch zur Apnoe beim Neugeborenen kommen (Cherala 1989). Solche Komplikationen sollten durch Anwendung der niedrigsten effektiven Dosis vermieden werden. Succinylcholin kann bereits bei Dosen von 1 mg/kg den Tonus des Uterus erhöhen oder die Wehentätigkeit stimulieren. Dieser unerwünschte Effekt ist bei drohender fetaler Hypoxie zu beachten.

Mivacurium ( Mivacron®) ist ein kurz wirkendes, nicht depolarisierendes Muskelrelaxans, das ebenso wie Succinylcholin durch Plasma-cholinesterase abgebaut wird. Wegen der häufig kurzen OP-Zeiten bei Kaiserschnitt bietet es sich als Muskelrelaxans an, führt aber bei einem Mangel an Plasmacholinesterase ebenso wie Succinylcholin zur Verlängerung der Wirkdauer.

Völlig andere Indikationen haben Präparate mit Clostridium botuli-num Toxin (BOTOX®, Dysport®), die beim Blepharospasmus und anderen fokalen Spastizitäten sowie bei primärer Hyperhidrosis appliziert werden. Systematische Untersuchungen zur Schwangerschaft liegen nicht vor. Anaphylaktoide Reaktionen sind nicht auszuschließen (siehe auch Botulismus in Abschnitt 2.22).

Empfehlung für die Praxis:

Im Rahmen der Narkose dürfen die üblichen Mus-kelrelaxanzien (Pancuronium, Suxamethonium) in der Schwangerschaft eingesetzt werden, dabei sollten möglichst niedrige Dosierungen gewählt werden. Clostridium botulinum Toxin sollte in der Schwangerschaft nicht verabreicht werden, da es sich nicht um eine vitale Indikation handelt. Eine dennoch erfolgte Exposition erfordert keine Konsequenzen, wenn die Mutter keine nennenswerten Nebenwirkungen hatte.

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2.17. Dermatika und Lokaltherapeutika

In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Arzneimittel in der Derma-tologie sowie andere häufig verwendete Lokaltherapeutika behandelt. Weitergehende Informationen zu einzelnen Arzneimitteln finden sich unter den Substanzbegriffen in anderen Abschnitten. Vaginaltherapeu-tika siehe Kapitel 2.14.11.

2.17.1. Schwangerschaftstypische Veränderungen an der Haut

Die Umstellung des Organismus in der Schwangerschaft führt an der Haut zu typischen morphologischen und funktionellen Veränderungen. Sie sind völlig normal und müssen nicht behandelt werden. Dazu gehören:

  • Pigmentierung: Auffallend ist im Gesicht das Auftreten einer fleckigen Hyperpigmentierung (Melasma), die sich bald nach der Geburt gewöhnlich spontan zurückbildet. Sie wird durch UV-Licht verstärkt, z.B. durch direkte Sonnenbestrahlung, und kann durch Anwendung von Sonnenschutzsalben gemildert werden. Außerdem verstärkt sich bei Schwangeren die Pigmentierung der Brustwarzen und der Warzenhöfe, die Umgebung des Nabels, der Achseln, des Genital- und Analbereiches. Allgemein nimmt die Lichtempfindlichkeit bei Schwangeren zu.

  • Striae: An Bauch, Hüften, Oberschenkeln und auch an den Brüsten treten in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft relativ häufig Striae distensae auf. Mit Zunahme des Leibesumfangs werden diese breiter und zahlreicher. Die Haut ist im Bereich der Striae dünn, schlaff und ohne Elastizität. Eine wirksame physikalische oder medikamentöse Prophylaxe ist nicht bekannt.

  • Fibrome: Weiche Fibrome treten besonders in der Hals- und Axilla-region vermehrt auf.

  • Gefäßveränderungen: Die Haut wird stärker durchblutet, fühlt sich wärmer an und die vasomotorische Erregbarkeit der Hautgefäße nimmt zu. Das führt zu rascherem Erröten bzw. Erblassen und zu einem verstärkten Dermographismus. Außerdem werden die Venen an Brust und Bauchhaut deutlicher sichtbar, und es können Varizen an den Beinen und der Vulva sowie Hämorrhoiden auftreten.

  • Hautdrüsen, Haare und Nägel: Besonders in der Frühschwangerschaft kann die Sekretion der Schweißdrüsen deutlich zunehmen. Eine bestehende Akne bessert sich häufig. Andererseits kann vom dritten Monat an eine akute Schwangerschaftsakne (Acne gravida-rum) auftreten, die sich im Wochenbett zurückbildet. Das Wachstum von Kopfhaar und Nägeln ist in der Schwangerschaft generell beschleunigt. Nach der Geburt kommt es im Rahmen einer erneuten Synchronisation des Haarwachstums zu einem oft bedrohlich er scheinenden Haarausfall. Dieses als postpartales Effluvium bezeichnete Phänomen ist physiologisch. Der Haarwuchs normalisiert sich üblicherweise innerhalb der folgenden Monate und bedarf keinerlei Therapie.

Externa werden in der Schwangerschaft vermehrt resorbiert. Dies gilt insbesondere bei entzündlich veränderter Haut und Wundflächen und kann zur Exposition des Fetus führen.

2.17.2. Antiinfektiva

Lokale Antibiotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Fusidinsäure (z. B. Fucidine®) ist ein fast ausschließlich äußerlich angewandtes Antibiotikum, über das trotz länger zurückliegender Markteinführung keine systematischen Untersuchungen zur pränatalen Verträglichkeit vorliegen. Es hat nur ein enges Wirkspektrum gegen grampositive Bakterien (Staphylokokken) und wird daher nicht für eine ungezielte Behandlung empfohlen. Grundsätzlich muss jede äußere antibiotische Therapie unter dem Aspekt kritisch geprüft werden, ob tatsächlich eine bakterielle Infektion vorliegt, die sich wirkungsvoller systemisch behandeln lässt. Außerdem sind Sensibilisierung und Resistenzbildung bei topischer Behandlung zu bedenken.

Von dem bakteriostatisch wirkenden Sulfonamid Natriumsulfacet-amid, das häufig in Kombination mit schwefelhaltigen Präparaten (siehe Abschnitt 2.17.9) zur Aknetherapie eingesetzt wird, werden bei topischer Anwendung etwa 4% perkutan resorbiert (Akhavan 2003). Weder zu Natriumsulfacetamid noch zu Sulfadiazin-Silber (z. B. Flam-mazine® Creme), das zur Infektprophylaxe und Behandlung von Verbrennungen eingesetzt wird, liegen systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor.

Zur lokalen Therapie mit Neomycin gibt es 12 prospektiv erfasste Fälle, davon 7 mit Exposition im 1. Trimenon. Über Fehlbildungen wurde nicht berichtet.

Zu den ausschließlich lokal angewandten Antibiotika Framycetin (Leukase®), Meclocyclin (Meclosorb® Creme), Mupirocin (z.B. Turi-xin® Salbe), Nadifloxacin (Nadixa® Creme), Neomycin (z.B. Nebace-tin®) und Tyrothricin (z. B. Tyrosur® Gel) liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Für kein Antibiotikum in äußerlicher Anwendung hat sich bisher ein Verdacht auf teratogene Effekte ergeben. Mittel, die systemisch unbedenklich sind, können, falls sinnvoll, auch für die lokale Therapie eingesetzt werden (siehe auch Kapitel 2.6).

Lokale Antimykotika

Siehe Abschnitt 2.6.34 und folgende.

Lokale Virustatika

Bei topischer Anwendung hat sich bisher für kein Virustatikum ein Verdacht auf teratogene Effekte ergeben. Dies gilt auch für das Virus-tatikum Aciclovir (z.B. Zovirax®). Generell ist die lokale antivirale Therapie von Herpes-simplex-Infektionen wegen möglicher Resistenzentwicklungen nicht zu empfehlen. Besser geeignet scheinen austrocknende Maßnahmen oder falls indiziert, eine systemische Therapie.

Im eigenen Datenbestand finden sich bei 35 prospektiv erfassten Schwangerschaften mit lokaler Aciclovir-Therapie, 21 davon mit Exposition im 1. Trimenon, keine Hinweise auf entwicklungstoxische Schäden. Auch die wesentlich umfangreicheren Erfahrungen mit der systemischen Anwendung von Aciclovir haben kein Risiko für das Ungeborene erkennen lassen (siehe Abschnitt 2.6.52).

Auch die lokale Behandlung von Condylomata acuminata (Feigwarzen) mit Podophyllotoxin (z.B. Condulox®, Wartec®), einem pflanzlichen Mitosehemmstoff (Robert 1994, Bargman 1988, Karol 1980), hat keine Hinweise auf Teratogenität ergeben (eigene Daten). Systematische Untersuchungen liegen allerdings nicht vor.

Über insgesamt 8 Schwangere mit einer äußerlichen Therapie mit dem Immunmodulator bzw. Virustatikum Imiquimod (Aldara®) wegen Condylomata acuminata oder anderer Warzen, davon 2 im 1. Trimenon, wird berichtet. Alle wurden von gesunden Kindern entbunden (Einarson 2006, Maw 2004). Von 5 eigenen prospektiv ausgewerteten Schwangerschaften mit lokaler Imiquimodtherapie endeten 2 mit einem Spontanabort. Bei den 3 Lebendgeborenen wurden keine Fehlbildungen beobachtet.

Zu den vorwiegend lokal eingesetzten Virustatika Foscarnet-Na-trium (z.B. Triapten®), Idoxuridin (z.B. Virunguent®), Penciclovir (Vectavir®), Tromantadin (Viru-Merz®) und Vidarabin liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Virustatika, die in der Schwangerschaft systemisch angewendet werden dürfen, sind in der Regel auch als Lokaltherapeutika unproblematisch (siehe Kapitel 2.6.52 bis 2.6.55).

Empfehlung für die Praxis:

Antiinfektiva dürfen bei entsprechender Indikation auch während der Schwangerschaft auf Haut und Schleimhäuten sowie an Auge und Ohr angewendet werden. Aus theoretischen Erwägungen sollten erprobte Substanzen bevorzugt und auf Chloramphenicol verzichtet werden. Bei großflächiger Anwendung müssen Präparate für die äußerliche Behandlung wegen der Gefahr der Resorption wirksamer Mengen genauso kritisch wie eine systemische Applikation bewertet werden. Bei Condylomata acuminata sind Kryotherapie oderTrichloressigsäure Behandlungsmethoden der Wahl in der Schwangerschaft.

2.17.3. Antiseptika und Desinfizienzien

Desinfizienzien sollten einerseits eine starke bakterizide oder bakterio-statische Wirkung besitzen und andererseits eine gute lokale Verträglichkeit an Haut, Schleimhäuten und Wundgewebe aufweisen. Außerdem sollten sie bei Resorption möglichst nicht zu systemischen, toxischen Effekten führen.

Alkohol

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei der lokalen Anwendung von Alkoholen in der Schwangerschaft - in der Praxis haben nur Ethanol und Iso-propylalkohol (Isopropanol) eine Bedeutung - wurden bisher keine toxischen Effekte beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Alkoholderivate sind ungefährlich und können als Desinfizienzien in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

Benzoylperoxid

Pharmakologie und Toxikologie.

Benzoylperoxid (z.B. Benzoyt®) wird insbesondere zur äußeren Aknebehandlung verwendet. Etwa 5 % werden resorbiert, in der Haut entsteht z.T. Benzoesäure daraus. Bei gleichzeitiger topischer Therapie mit Retinoiden werden diese vermehrt resorbiert. Benzoylperoxid wird auch in der Lebensmittel- und Kunst-stoffherstellung benutzt. Es liegen keine für eine Risikobewertung ausreichenden experimentellen oder epidemiologischen Daten vor. Trotz der umfangreichen Anwendung gibt es keine Hinweise auf teratogene Effekte.

Empfehlung für die Praxis:

Benzoylperoxid darf zur Aknebehandlung begrenzter Areale (z. B. Gesicht) eingesetzt werden.

Povidon-Iod

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei Anwendung von Povidon-lod (z. B. Betaisodona®, PVP-Iod-ratiopharm®) zur lokalen Desinfektion an der intakten Haut, an Wunden und Schleimhäuten sowie in Körperhöhlen muss mit dem Übertritt von Iod auf den Fetus gerechnet werden. Dies kann zu Funktionsstörungen der Schilddrüse beim Fetus führen (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer 1985; siehe Kapitel 2.3 und 2.15). Bei Vaginalspülungen unter der Geburt kann es zu einer vorübergehenden Erhöhung des TSH beim Neugeborenen als Zeichen einer passageren Hypothyreose kommen (Weber 1998). Hinweise auf teratogene Effekte bei vaginaler Anwendung in der Schwangerschaft haben sich in einer retrospektiven vergleichenden Untersuchung von fehlgebildeten und gesunden Kindern nach mütterlicher Povidon-Iod-Exposition nicht ergeben (Czeizel 2004). Andererseits ist eine ungestörte fetale Schilddrüsenfunktion wichtig für die ZNS-Differenzierung.

Empfehlung für die Praxis:

Iodhaltige Desinfizienzien dürfen in der Schwangerschaft nur kleinflächig für wenige Tage angewendet werden. Die Spülung von Körperhöhlen mit iodhaltigen Lösungen sollte unterbleiben. Eine dennoch erfolgte Anwendung ist nach heutigem Wissen nicht mit bleibenden Schäden verbunden.

Phenolderivate

Pharmakologie und Toxikologie.

Phenolderivate werden überwiegend in frei verkäuflichen Präparaten für die Mundspülung, die Hautdesinfektion und die perianale Desinfektion eingesetzt. Lösungen von Phenolderivaten wie Kresol (Lysol ®) und Thymol sowie von chlorierten Phenolderivaten (z.B. 4-Chlorkresol, Sagrotan®; Triclosan, z.B. in Sicor-ten plus®) sind in der Schwangerschaft als relativ sicher anzusehen. Sie sollten in einer Konzentration von nicht mehr als 2% und nur an der unverletzten Haut angewendet werden. Bei höheren Konzentrationen muss mit relevanter Resorption gerechnet werden.

Chlorhexidin (z.B. Lemocin CX®) ist bei Schwangeren zur Desinfektion von Haut und Schleimhäuten geeignet. Es hat sich zur Desinfektion der Scheide bei Geburten und des Abdomens beim Kaiserschnitt bewährt (Übersicht in Briggs 2005).

Mit dem neurotoxischen Phenolderivat Hexachlorophen ist dagegen Zurückhaltung in der Schwangerschaft angezeigt, da bei Behandlung größerer Flächen und mit Konzentrationen von mehr als 3% resorptive Vergiftungsbilder mit ZNS-Symptomatik bei den behandelten Patienten beobachtet wurden. In einigen tierexperimentellen Studien hat sich Hexachlorophen als teratogen gezeigt. In den letzten Jahrzehnten wurde in mehreren Publikationen der berufliche Kontakt mit Hexa-chlorophen kontrovers bezüglich möglicher fetotoxischer Wirkungen diskutiert. Eine ältere Untersuchung an 3.000 gewerblich exponierten Schwangeren fand keine Auffälligkeiten (Baltzar 1979), eine weitere retrospektive Untersuchung postulierte einen Zusammenhang zwischen mentaler Entwicklungsretardierung und beruflicher Exposition im letzten Schwangerschaftsdrittel (Roeleveld 1993).

Empfehlung für die Praxis:

Hexachlorophen ist in der Schwangerschaft zu meiden. Dennoch erfolgte (versehentliche) Anwendung erfordert keine Konsequenzen. Die übrigen Phenolderivate, wie z.B. Chlorhexidin, dürfen bei Schwangeren indikationsgerecht zur Desinfektion von Haut und Schleimhäuten eingesetzt werden.

Quecksilberverbindungen

Pharmakologie und Toxikologie.

Quecksilber kann aus Zubereitungen zur äußeren Anwendung (früher in Mercuchrom®) quantitativ resorbiert werden und ist potenziell entwicklungstoxisch (Lauwerys 1987).

Empfehlung für die Praxis:

Quecksilberhaltige Desinfizienzien sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte Anwendung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

Andere Antiseptika

Pharmakologie und Toxikologie.

Chinolinolsulfat (z.B. Leioderm®) zeigte experimentell mutagene Eigenschaften. Clioquinol (z.B. Linola-sept®) gehört zu den jodhaltigen Antiseptika. Dequaliumsalze (z.B. Evazol® Creme), die sowohl bei der Therapie von bakteriellen als auch mykoti-schen Infektionen der Haut Anwendung finden, stehen bisher nicht im Verdacht teratogen zu wirken, systematische Untersuchungen liegen jedoch nicht vor. Gentianaviolett oder Kristallviolett sind seit langem im Gebrauch und weit verbreitet. Tierexperimentell gibt es Hinweise auf karzinogene Eigenschaften und widersprüchliche Daten zur Terato-genese. Beide Effekte wurden beim Menschen bisher nicht bestätigt. Auch zu Pyoktanin wurden keine negativen Auswirkungen bei Anwendung in der Schwangerschaft beschrieben. Systematische Untersuchungen zur Pränataltoxizität liegen jedoch zu diesen Mitteln nicht vor, auch nicht zu dem bei eitrigen Infektionen lokal eingesetzten Antiseptikum Ethacridin (Rivanol®). Eigene Fallberichte ergaben keine Störungen bei den Neugeborenen.

Empfehlung für die Praxis:

Auf Chinolinol sollte verzichtet werden. Kleinflächige und kurzfristige Applikationen der anderen genannten Mittel sind bei entsprechender Indikation in der Schwangerschaft unbedenklich.

2.17.4. Glucocorticoide und nichtsteroidale Antiphlogistika

Pharmakologie und Toxikologie.

Bei langfristiger Anwendung oder bei Applikation auf größere Hautareale muss sowohl bei Glucocorticoiden (siehe auch Abschnitt 2.15.9) als auch bei nichtsteroidalen Antiphlogistika wie Bufexamac (z.B. Parfenac®) mit einer Resorption und dem Übergang auf den Fetus gerechnet werden. Speziell zu dem in der Der-matologie weit verbreiteten Gebrauch von Bufexamac liegen keine systematischen Untersuchungen in der Schwangerschaft vor. Da es ein nicht unerhebliches allergenes Potenzial hat, sollte die Therapieindikation nicht zu unkritisch gestellt werden. Nichtsteroidale antiphlogisti-sche Substanzen haben sich in der systemischen Anwendung bislang nicht als teratogen erwiesen, sie sind jedoch wegen ihrer prostaglandin-antagonistischen Effekte ab Woche 30 zu meiden (siehe auch Abschnitt 2.1.11).

Bei 363 Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft mit topischen Glucocorticoiden therapiert wurden, 170 davon im 1. Trimenon, war weder ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko noch ein Unterschied der Geburtsparameter gegenüber einer unbehandelten Kontrollgruppe nachweisbar (Mygind 2002).

Zu den lokalen Antiphlogistika Levomenol (z.B. in Sensicutan® Salbe) und Benzydamin (Tantum® Rosa Lösung, Tantum® Verde Lösung) liegen keine systematischen Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor, aber auch keine Hinweise auf teratogene Wirkungen.

Empfehlung für die Praxis:

Gegen eine zeitlich und flächenmäßig begrenzte externe Therapie mit Glucocorticoiden, Bufexamac oder anderen lokalen Antiphlogistika ist nichts einzuwenden.

2.17.5. Adstringenzien

Pharmakologie und Toxikologie.

Adstringenzien führen an Schleimhäuten und Wunden durch Eiweißfällung der oberflächlichen Schichten zur Abdichtung und Schrumpfung des Gewebes. Sie werden zur lokalen Behandlung entzündeter Schleimhäute und Wunden verwendet. Therapeutisch werden zwei Gruppen eingesetzt, gerbstoffhaltige Präparate wie Tannin (z. B. Tannalbin®) und verdünnte Lösungen von Metallsalzen wie Aluminium aceticum oder Zinksalze.

Empfehlung für die Praxis:

Für die Therapie mit Adstringenzien in der Schwangerschaft gibt es keine Kontraindikation, da mit deren Resorption nicht zu rechnen ist.

2.17.6. Antipruriginosa und ätherische Öle

Antiallergika und Lokalanästhetika

Antiallergika und Lokalanästhetika, die als Antipruriginosa zur lokalen Therapie zum Einsatz kommen, sind in der Regel kein Problem in der Schwangerschaft (siehe Kapitel 2.2 und 2.11).

Polidocanol

Pharmakologie und Toxikologie.

Polidocanol (z.B. Anaesthesulf®) wird äußerlich gegen Juckreiz aufgetragen. Außerdem benutzt man es intra-vasal zur Krampfaderverödung, bei Mundschleimhautläsionen, in vaginalen Spermiziden und in Kosmetika. Weitere Anwendung findet es in Wundbehandlungsmitteln, zum Teil in Kombination mit Benzethoni-um und Harnstoff (z.B. Brand- und Wundgel Medice® N). Teratogene Wirkungen wurden bei diesem weit verbreiteten Mittel bislang weder im Tierversuch noch beim Menschen beobachtet. Systematische Untersuchungen wurden bisher nicht publiziert.

Empfehlung für die Praxis:

Polidocanol kann auch von Schwangeren gegen Juckreiz verwendet werden.

Kampfer und Menthol

Pharmakologie und Toxikologie.

Auf der Haut hat Kampfer bei Aufbringen geringer Mengen einen abkühlenden und lokalanästhetischen Effekt, während durch intensives Einreiben die Hautdurchblutung gesteigert wird. Wegen dieser Wirkungen ist Kampfer zusammen mit anderen ätherischen Ölen in vielen hyperämisierenden Dermatika enthalten.

Menthol wird bei Juckreiz äußerlich angewendet.

Teratogene Wirkungen wurden bisher weder im Tierversuch noch beim Menschen beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Kampfer und andere ätherische Öle dürfen in der Schwangerschaft zum Einreiben verwendet werden.

2.17.7. Steinkohlenteerpräparate und Schieferölpräparate

Pharmakologie und Toxikologie.

Steinkohlenteerpräparate (z.B. Teer-Linola®-Fett), die vorwiegend zur Therapie der Neurodermitis eingesetzt werden, stehen bislang nicht im Verdacht, teratogen zu wirken. Eine retrospektive Untersuchung mit 23 exponierten Schwangeren ergab keinerlei Auffälligkeiten (Franssen 1999). Teerprodukte haben experimentell z.T. mutagene bzw. kanzerogene Eigenschaften gezeigt. Therapeutische Applikationen dieser schon lange benutzten Stoffgruppe haben beim Menschen bislang keine derartigen Hinweise erbracht.

Die Schieferölextrakte Ammoniumbituminosulfonat (z.B. Ichtho-lan®) und Natriumbituminosulfonat (Ichthosin®) werden bei (sub)-akuten und auch bei chronisch-entzündlichen Dermatosen und anderen Indikationen äußerlich angewendet. Systematische Untersuchungen zur Pränataltoxizität liegen nicht vor, jedoch auch keine Hinweise auf reproduzierbare teratogene Effekte beim Menschen. Auf Kombinationspräparate mit Chloramphenicol (z.B. Ichthoseptal®) sollte verzichtet werden.

Empfehlung für die Praxis:

Steinkohlenteerpräparate sollten in der Schwangerschaft möglichst nicht eingesetzt werden. Eine dennoch erfolgte (versehentliche) Anwendung erfordert jedoch keine Konsequenzen. Die flächenmäßig meist begrenzte Anwendung von Schieferölextrakten ist akzeptabel.

2.17.8. Lokale Immunmodulatoren zur Neurodermitis-Therapie

Tacrolimus und Pimecrolimus

Pharmakologie und Toxikologie.

Tacrolimus (z.B. Protopic®) und Pimecrolimus (z. B. Elidel®) werden zur lokalen Behandlung der Neurodermitis eingesetzt. Zwar gibt es zur lokalen Anwendung in der Schwangerschaft keine systematischen Studien, jedoch existieren umfangreiche Erfahrungen zur systemischen Anwendung von Tacrolimus als Immun-suppressivum nach Transplantationen (siehe Abschnitt 2.12.4), die nicht auf ein teratogenes Risiko hindeuteten.

Zu Pimecrolimus liegen keine ausreichenden Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor.

Empfehlung für die Praxis:

Tacrolimus darf bei strenger Indikationsstellung in der Schwangerschaft auf begrenzten Hautarealen angewendet werden. Eine Therapie mit Pimecrolimus sollte unterbleiben. Eine dennoch erfolgte Applikation begründet aber weder einen Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.17.9. Keratolytika

Salicylate und Harnstoffpräparate

Pharmakologie und Toxikologie.

Keratolytika werden zum Erweichen von Hornmaterial und zum Ablösen von Schuppen eingesetzt. Salicylate sind als Keratolytika in 2–10%iger Lösung (z.B. Squamasol®) oder in 30–50 %iger Lösung (z. B. in Vaseline zur Therapie von Verrucae vulga-ris) in Gebrauch, Harnstoffpräparate in 10%iger Zubereitung (z.B. Elacutan®). Systemische Wirkungen sind bei indikationsgerechter Anwendung auch in der Schwangerschaft nicht zu erwarten.

Empfehlung für die Praxis:

Die lokale Anwendung der genannten Keratolytika ist bei Schwangeren unbedenklich, wenn Behandlungszeitraum und -fläche begrenzt sind.

Calcipotriol und Dithranol

Pharmakologie und Toxikologie.

Calcipotriol (z.B. Psorcutan®) ist ein Vit-amin-D3-Derivat, das zur Therapie der Psoriasis sowohl extern als auch intern angewendet wird. Es führt zur Reduktion der Keratinozytenpro-liferation und hat auch immunmodulatorische Funktionen. Grundsätzlich ist in der Schwangerschaft eine D-Hypervitaminose zu vermeiden. Anwendungen im empfohlenen Dosisbereich (< 100 g/Woche einer 0,005 %igen Zubereitung) führen aber nach heutigem Wissen nicht zu einer Störung des Calcium-Stoffwechsels.

Systematische Untersuchungen zur Pränataltoxizität beim Menschen fehlen zu Calcipotriol ebenso wie zu Dithranol (z. B. Micanol®), das als antimitotische Substanz in der Schwangerschaft theoretisch suspekt ist, obwohl eine quantitative Resorption der üblicherweise 1–3 %igen Zubereitungen nicht wahrscheinlich ist.

Zu dem ausschließlich lokal angewendeten Vitamin-D-Derivat Tacalcitol (z.B. Curatoderm Salbe®) liegen keine ausreichenden Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor. Es ist ähnlich zu bewerten wie Calcipotriol.

Empfehlung für die Praxis:

Großflächige wiederholte Anwendungen mit den genannten Mitteln sollten bei resorptionsbegünstigender entzündlicher Veränderung der Haut unterbleiben.

Selendisulfid

Pharmakologie und Toxikologie.

Selendisulfid (z.B. Ellsurex® Paste) wird zur unterstützenden Therapie der Psoriasis sowie bei Pityriasis vesico-lor eingesetzt. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor, bisher gibt es keine Hinweise auf ein substantielles teratogenes Risiko.

Empfehlung für die Praxis:

Die lokale Anwendung von Selendisulfid ist in der Schwangerschaft auf kleinen Hautarealen und für einen begrenzten Behandlungszeitraum akzeptabel.

Azelainsäure

Pharmakologie und Toxikologie.

Die antibakteriell, antiphlogistisch und keratolytisch wirkende Azelainsäure (z.B. Skinoren®) wird in der Aknetherapie eingesetzt. Ungefähr 4–8% der kutan applizierten Dosis werden systemisch resorbiert. Im Tierversuch wirkte Azelainsäure selbst bei hohen Dosen nicht teratogen (Akhavan 2003). Systematische Untersuchungen zur Anwendung beim Menschen fehlen jedoch.

Empfehlung für die Praxis:

Azelainsäure sollte in der Schwangerschaft nur nach strenger Indikationsstellung auf begrenzten Hautarealen zum Einsatz kommen und nach Möglichkeit nicht im 1. Trimenon angewendet werden. Eine dennoch erfolgte Exposition rechtfertigt weder invasive Diagnostik noch einen Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15).

Schwefelhaltige Präparate

Pharmakologie und Toxikologie.

Schwefel (2–10%), der als Zusatz in Lotionen, Cremes, Pudern, Einreibungen benutzt wird, hat milde kera-tolytische und bakteriostatische Eigenschaften. Die Bioverfügbarkeit von topisch appliziertem Schwefel beträgt etwa 1% (Akhavan 2003). Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Schwefel darf bei entsprechender Indikationsstellung auf begrenzten Hautarealen auch in der Schwangerschaft zum Einsatz kommen. Systemische Wirkungen nach lokaler Therapie sind unwahrscheinlich.

Resorcinol

Pharmakologie und Toxikologie.

Resorcinol ist ein aromatischer Alkohol zur lokalen Therapie von Akne, seborrhoischer Dermatitis und Psoriasis. Es ist ebenfalls in Haarfärbemitteln und Kosmetika enthalten. Bisher gibt es keine Hinweise auf teratogene Effekte. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft fehlen jedoch.

Empfehlung für die Praxis:

Die topische Behandlung mit Resorcinol ist bei entsprechender Indikationsstellung in der Schwangerschaft auf begrenzten Hautarealen akzeptabel.

2.17.10. Retinoide zur Akne- und Psoriasistherapie

Pharmakologie.

Isotretinoin (13-cis-Retinsäure; Roaccutan®, Isotrex-Gel®) und Tretinoin (All-trans-Retinsäure; z. B. Cordes® VAS, Vesano-id®) sind natürliche Derivate des Vitamin A (Retinol). Sie werden bei äußerlicher und systemischer Anwendung seit über 20 Jahren mit großem Erfolg bei Akne eingesetzt. Tretinoin ist außerdem in systemischer Zubereitung zur Behandlung der promyelozytären Leukämie zugelassen. Retinsäure ist ein körpereigener Wachstumsfaktor, der in allen Zellen vorkommt und an spezifische Retinoidrezeptoren gebunden wird. Eine besonders wichtige Funktion hat die Retinsäure während der Embryonalphase, da sie u.a. die Entwicklung von Gehirn und Wirbelsäule steuert.

Retinoide stimulieren die Proliferation epidermaler Zellen, an der Haut lockern sie die Hornschicht auf und begünstigen auf diese Weise die Hautabschilferung. Isotretinoin führt zusätzlich zur Atrophie der Talgdrüsen. Diese Eigenschaften erklären die Wirksamkeit in der Akne-therapie. Die Halbwertszeit von Isotretinoin und seinem Metaboliten 4-oxo-Isotretinoin beträgt durchschnittlich 29 bzw. 22 Stunden, im Extremfall bis zu einer Woche (Nulman 1998).

Bei der Behandlung der Psoriasis haben sich Acitretin (Neotigason®) und das inzwischen aus dem Handel genommene Etretinat (Tigason®) bewährt. Beide führen zu lang anhaltend hohen Retinoidkonzentratio-nen im Körper. Dabei wird Acitretin zu Etretinat metabolisiert, dessen Halbwertszeit 80–175 Tage beträgt. Alkoholgenuss steigert die Umwandlung zu Etretinat (Larsen 2000).

Zu den synthetischen, polyaromatischen, rezeptorselektiven Retino-iden gehören Adapalen (Differin®), das zur Therapie einer schweren Acne vulgaris eingesetzt wird und Tazaroten (Zorac®) zur Behandlung der Psoriasis.

Für die topische Behandlung eines AIDS-assoziierten Kaposi-Sar-koms steht als neue Substanz 0,1%iges Alitretinoin-Gel (Panretin®) zur Verfügung, das durch Aktivierung von Retinoidrezeptoren das Wachstum von Tumorzellen hemmen soll.

Toxikologie.

Die ausgeprägten teratogenen Eigenschaften der Retinoide waren vor der Markteinführung tierexperimentell bekannt. Retinoide sind heute die beim Menschen am stärksten teratogen wirksamen Arzneimittel seit Thalidomid (Contergan®). Ihre Anwendung in der Schwangerschaft erhöht das Spontanabortrisiko und führt zum charakteristischen Retinoid-Syndrom: Fehlanlage der Ohren einschließlich Agenesie oder Stenose des Gehörgangs, Störungen der Gesichts- und Gaumenbildung, Mikrognathie, kardiovaskuläre Defekte und Entwicklungsstörungen im Bereich des Thymus und des ZNS, die von neurologischen Schäden mit Beteiligung von Augen und Innenohr bis zum Hydrozephalus reichen (Lammer et al., 1988, Larsen et al., 2000). Intelligenzdefizite wurden auch bei Kindern ohne erkennbare Fehlbildungen beobachtet (Adams 1991). Prospektive Studien zur mütterlichen Einnahme von Isotretinoin in der Schwangerschaft ergaben bis zu 40% Spontanaborte, vermehrt Frühgeburten und bis zu 35% große Fehlbildungen. Nachuntersuchungen der intrauterin mit Retinoid exponierten Kinder im Alter von 5–10 Jahren fanden eine hohe Rate an mentalen Retardierungen und speziellen Schwächen bei der visuell-räumlichen Verarbeitung. Bei 25% der Kinder mit Intelligenzdefekten wurden keine großen Fehlbildungen diagnostiziert (Adams 2004).

Vor allem in Nordamerika wurden durch Isotretinoin geschädigte Kinder geboren, obwohl wissenschaftliche Fachgesellschaften eindringlich auf das teratogene Risiko hingewiesen hatten, wie z.B. die Teratology Society der USA (1991). Offenbar funktionierte die vorgeschriebene Aufklärung in vielen Fällen nicht ausreichend (Honein 2000). An Hersteller und FDA wurden bis zum Jahre 2000 über 150 Fälle gemeldet. Zahlreiche Publikationen berichten über Einzelfälle oder kleine Fallserien, wie z.B. 14 in Kalifornien erfasste Schwangerschaften, von denen 5 mit einem Schwangerschaftsabbruch endeten, 4 mit einem Spontanabort und 5 mit Lebendgeburten. Eines der Kinder wies die bekannten Fehlbildungen auf, bei den anderen 4 Kindern waren keine nachweisbar (Honein 2001). Moericke (2002) beschreibt 2 Feten nach Schwangerschaftsabbruch, die zwar keine äußeren Fehlbildungen aufwiesen, jedoch Mittel- und Innenohranomalien.

Neben früheren Fallberichten zu multiplen Fehlbildungen bei Acitre-tin (z.B. De Die-Smulders 1995) wurde kürzlich ein weiterer Fallbe richt mit täglich 10 mg bis Woche 10 und typischer Embryopathie (Mikrozephalie, fasziale Dysmorphien, Vorhofseptumdefekt, bilaterale sensorineurale Taubheit) publiziert. Im Alter von 18 Monaten hatte das Kind eine persistierende Mikrozephalie sowie eine neurologische Ent-wicklungsretardierung (Barbero 2004). Geiger und Mitarbeiter (1994) berichteten über insgesamt 8 Schwangerschaften mit Acitretin, von denen 2 mit Schwangerschaftsabbruch, 4 mit Spontanabort und weitere 2 mit einer Lebendgeburt endeten. Einer der abortierten Feten wies typische Fehlbildungen auf. Die beiden Lebendgeborenen waren gesund, lediglich bei einem der Kinder waren Hörstörungen bei hohen Frequenzen auffällig. Von 67 Schwangerschaften mit präkonzeptioneller Acitretin-Behandlung (im Mittel 5 Monate vor der Konzeption) endeten 9 mit Spontanabort, 18 mit Schwangerschaftsabbruch und 40 mit einer Lebendgeburt. Vier Kinder wiesen unspezifische Fehlbildungen auf.

Bei 75 Frauen mit Etretinat-Therapie in der Schwangerschaft wurde über 29 Lebendgeborene berichtet, von denen 6 retinoidtypische und 3 unspezifische Fehlbildungen aufwiesen. Unter den 41 Schwangerschaftsabbrüchen fanden sich 5 Feten mit retinoidspezifischen und 2 mit anderweitigen Fehlbildungen, weitere 5 Schwangerschaften endeten mit einem Spontanabort. Unter 88 Lebendgeborenen von insgesamt 173 Fällen mit einer Etretinat-Therapie vor der Schwangerschaft (im Mittel 15 Monate vor Konzeption) waren bei 5 Kindern typische, bei 13 weiteren unspezifische Fehlbildungen nachweisbar. Auch bei 3 Schwangerschaftsabbrüchen wurden retinoidspezifische Fehlbildungen diagnostiziert (Geiger 1994).

In Postmarketing-Studien wurden 11 Fälle einer Acitretin-Behand-lung zum Zeitpunkt der Konzeption beim Vater erfasst. Fünf Schwangerschaften endeten mit der Geburt gesunder Kinder, 5 mit einem Spontanabort und 1 mit einem Schwangerschaftsabbruch (Geiger 2002).

Äußerliche Anwendung.

Fünf Fallbeschreibungen haben in den letzten Jahren den Verdacht aufkommen lassen, dass auch nach topischer Applikation von Tretinoin Vitamin-A-Säure-typische Fehlbildungen nicht sicher auszuschließen sind (Selcen 2000, Colley 1998, Navarre-Belhassen 1998, Lipson 1993, Camera 1992). Zwei kontrollierte Studien mit insgesamt etwa 300 Schwangeren erbrachten hingegen keine Hinweise auf teratogene Effekte (Shapiro 1997, Jick 1993). Die größere dieser Studien beruht jedoch auf Verordnungsprotokollen, von denen nicht zwingend auf eine tatsächlich erfolgte Anwendung der Mutter geschlossen werden kann. Außerdem erlauben Design und Fallzahlen dieser Studien noch nicht die Annahme einer Unbedenklichkeit (Martinez-Frias 1999). Eine neuere prospektive Studie mit 106 im 1. Trimenon äußerlich mit Tretinoin behandelten Frauen ergab weder ein erhöhtes Abort- noch ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko. Es fanden sich auch keine Hinweise auf eine erhöhte Inzidenz von retinoidverdächtigen kleinen Anomalien im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Die Studie gibt allerdings keine Angaben zur Dosis und Häufigkeit der lokalen Tretinoinbe-handlung (Loureiro 2005). Im eigenen Datenbestand haben wir 30 Schwangerschaften mit lokaler Tretinointherapie im 1. Trimenon pros-pektiv erfasst. Bis auf einen Abort endeten alle Schwangerschaften mit einer Lebendgeburt. Grobstrukturelle Fehlbildungen wurden nicht beobachtet.

Auch aufgrund pharmakokinetischer Daten ist ein nennenswertes teratogenes Risiko bei äußerlicher Anwendung nicht wahrscheinlich, wenn die behandelte Fläche nicht allzu groß ist: Die Resorptionsquote beträgt durchschnittlich 2 % und maximal etwa 6 % (van Hoogdalem 1998), die Konzentration der topischen Retinoidpräparate liegt bei 0,05%, ein nennenswerter Anstieg der endogenen Retinoidkonzentra-tionen im Plasma (2–5 μg/l) nach äußerer Anwendung wurde nicht beobachtet. Übliche tägliche Dosen sind maximal 2 g Salbe, die 1 mg Wirkstoff enthalten (0,05 %ig). Allerdings muss bedacht werden, dass stark entzündete Haut oder zusätzliche (desinfizierende) Anwendungen (z.B. mit Benzoylperoxid; siehe dort) die Resorptionsquote erhöhen können.

Das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) warnt vor der äußerlichen Applikation von Tretinoin in der Schwangerschaft (BfArM 1994). Eine topische Anwendung von Isotretinoin (Iso-trex-Gel®) ist genauso wie Tretinoin zu bewerten. Eigene Daten zur lokalen Isotretinoin-Anwendung umfassen 23 prospektiv erfasste Schwangerschaften. Nur eines von 18 Lebendgeborenen wies eine Fehlbildung (Gaumenspalte) auf.

Zur topischen Anwendung von Adapalen (Differin®) gibt es einen Fallbericht mit Therapie bis Woche 13, bei dem die Schwangerschaft nach sonographischer Diagnose zerebraler und okulärer Fehlbildungen, die als nicht retinoidtypisch bewertet wurden, abgebrochen wurde (Autret 1997). Im eigenen Datenbestand haben wir 6 prospektiv dokumentierte Schwangerschaften mit Adapalentherapie im 1. Trimenon, die alle mit der Geburt eines gesunden Kindes endeten.

In einer französischen prospektiven Studie wurden 94 Schwangerschaften mit topischer Retinoidtherapie (Tretinoin, Isotretinoin oder Adapalen) ausgewertet, dabei zeigte sich weder ein Hinweis auf ein erhöhtes Abortrisiko, noch war ein teratogenes Risiko nachweisbar (Carlier 1998). Allerdings wird weder nach Substanzen differenziert, noch gibt es Angaben zu Zeitpunkt und Dauer der Therapie.

Bei lokaler Anwendung von Tazaroten (Zorac®) werden 6% der applizierten Dosis perkutan resorbiert. Es hat eine Halbwertszeit von 17–18 Stunden. Seine Metaboliten sind hydrophil, so dass keine Anreicherung im Fettgewebe stattfindet. Nach Behandlung in der Schwangerschaft wurde über gesunde Kinder berichtet, allerdings ohne Angaben zu Therapiedauer und Dosis (Menter 2000). Wir überblicken 5 prospektiv erfasste Schwangerschaften mit Therapie im 1. Trimenon, von denen 2 mit einem Spontanabort und 3 mit der Geburt eines lebenden Kindes endeten, ein Neugeborenes wies ein kleines Hämangiom auf. Bei den anderen beiden fanden sich keine Auffälligkeiten (eigene Daten).

Zu Alitretinoin-Gel (Panretin®) liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Empfehlung für die Praxis:

Die systemische Therapie mit den Retinoiden Aci-tretin, Etretinat, Isotretinoin und Tretinoin ist in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert. Bei Frauen im gebärfähigen Alter ist eine Behandlung nur bei ausreichendem kontrazeptivem Schutz und nach Ausschluss einer Schwangerschaft erlaubt, wenn andere Therapieansätze wirkungslos waren. Eine sichere Kontrazeption muss nach Absetzen von Acitretin und Etretinat noch zwei Jahre weitergeführt werden und nach Absetzen von Isotretinoin noch einen Monat. Bei deutlichem Unterschreiten dieser Zeitvorgaben, insbesondere bei Behandlung in die Frühschwangerschaft hinein, ist eine erhebliche Schädigung der embryonalen Entwicklung möglich. Nach eingehender Analyse im Einzelfall muss eventuell ein Schwangerschaftsabbruch erörtert werden.

Die äußerliche Anwendung von Retinoiden ist während der Schwangerschaft ebenfalls kontraindiziert. Im Fall einer solchen Therapie in der Frühschwangerschaft ist ein risikobegründeter Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15) aufgrund des offenbar nur geringen, wenn überhaupt vorhandenen teratogenen Risikos nicht inidiziert. Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte jedoch angeboten werden.

2.17.11. Photochemotherapie und Fumarsäure-Präparate

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Photochemotherapie (PUVA-Therapie) der schwer verlaufenden Psoriasis erfolgt mit oraler Gabe oder -heute bevorzugt - äußerer Anwendung von 8-Methoxy-Psoralen (Methoxsalen; Meladinine®) und anschließender langwelliger WA-Bestrahlung. Durch das UV-Licht wird das Psoralen chemisch aktiviert, bindet stärker an DNS und schädigt die Zellen. Der zytotoxische Effekt der PUVA-Behandlung ist aufgrund der geringen Eindringtiefe des UV-Lichtes auf die Haut beschränkt.

Das European Network of Teratology Information Services ENTIS hat 41 Schwangerschaften analysiert, bei denen die systemische PUVA-Therapie mit 8-Methoxypsoralen durchgeführt wurde (Garbis 1995). In dieser Studie, in der sich die PUVA-Therapie auf das 1. Trimenon beschränkte, fanden sich ebenso wie in einer skandinavischen Studie (Gunnarskog 1993) keinerlei Hinweise auf embryotoxische Effekte.

Fumarsäure wird in geringen Mengen auch bei der Nahrungsherstellung z.B. als Antioxidanz verwendet, in der Psoriasis-Therapie sind hingegen nach Einschleichen Dosierungen von täglich einigen 100 mg üblich, die als Nebenwirkungen u.a. Leuko- und Lymphopenien verursachen können. Die Verträglichkeit für den Fetus wurde nicht untersucht. Wir überblicken 15 Schwangerschaften, bei denen in das 1. Tri-menon hinein eine Psoriasis mit Fumarsäure (Dimethylfumarat + Ethylhydrogenfumarat; Fumaderm®) behandelt wurde. Hinweise auf embryotoxische oder teratogene Effekte haben sich dabei nicht ergeben (1 Spontanabort, 1 Totgeburt, bei den 13 lebend geborenen Kindern fanden sich keine großen Fehlbildungen).

Empfehlung für die Praxis:

Die Photochemotherapie mit 8-Methoxypsoralen und UVA-Bestrahlung ist in der Schwangerschaft wegen möglicher mutagener Wirkungen kontraindiziert, auch eine Fumarsäure-Behandlung sollte unterbleiben. Eine dennoch erfolgte Anwendung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.17.12. Sexualhormone und Cyproteronacetat

Siehe auch Kapitel 2.15.

Cyproteronacetat

Pharmakologie und Toxikologie.

Androgene, wie z.B. Testosteron, haben eine direkte Wirkung auf Behaarung und Talgdrüsen; das verdeutlicht die juvenile Akne in der Pubertät. Aufgrund ihrer antiandrogenen Eigenschaften besitzen eine Reihe von Sexualhormonen, wie manche Gestagene und Estrogene und besonders der Antagonist Cyproteronacetat, eine aknehemmende Wirkung. Dieser Effekt wird therapeutisch genutzt. Am weitesten verbreitet ist die Kombination von Ethinylestra-diol und Cyproteronacetat in oralen Kontrazeptiva (Diane®35). Siehe auch Abschnitt 2.15.18.

Empfehlung für die Praxis:

In der Schwangerschaft ist die Akne-Therapie mit Sexualhormonen und ihren Hemmstoffen kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte Anwendung rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.17.13. 5-Fluorouracil

Pharmakologie und Toxikologie.

Das Zytostatikum 5-Fluorouracil (z. B. Efudix-Salbe®) wird systemisch in der Krebs-Therapie eingesetzt (siehe Kapitel 2.13). Bei lokaler Behandlung der vaginalen Condylomatose in der Frühschwangerschaft verursachte es keine embryotoxischen Effekte (Kopelman 1990, Odom 1990), gleiches gilt für die Behandlung von Warzen (eigene Daten). Diese Erfahrungen beruhen allerdings auf geringen Fallzahlen.

Empfehlung für die Praxis:

Die lokale Behandlung mit 5-Fluorouracil ist, mit Ausnahme einzelner Warzen (Verrucae vulgares), in der Schwangerschaft kontraindiziert, Salicylsäure sollte als Alternativ-Therapie geprüft werden. Die Behandlung von Condylomata sollte bis nach der Geburt verschoben werden oder andere Vorgehensweisen wie Kryotherapie und Trichloressigsäure gewählt werden. Die lokale Anwendung dieses Zytostatikums stellt jedoch keine Indikation für einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft oder invasive Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.17.14. Lithium

Pharmakologie und Toxikologie.

Lithium wird neben der oralen Therapie von bipolaren Störungen (siehe Abschnitt 2.11.11) auch zur lokalen Therapie einer seborrhoischen Dermatitis eingesetzt (z.B. Efadermin Salbe). Es besitzt eine antientzündliche Wirkung. Die perkutane Penetration ist sehr gering und Plasmakonzentrationen sind wesentlich geringer als nach oraler Aufnahme (Sparsa 2004).

Empfehlung für die Praxis:

Die äußerliche Behandlung mit Lithium ist aufgrund unzureichender Daten in der Schwangerschaft nicht zu empfehlen. Eine dennoch erfolgte Exposition rechtfertigt aber weder den Abbruch einer gewünschten Schwangerschaft noch invasive Diagnostik.

2.17.15. Krätze-und Läusemittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Zur äußerlichen Therapie der Krätze (Skabies) stehen Benzylbenzoat (Antiscabiosum®), Lindau (Jacutin®) und das Pyrethroid Allethrin („Bioallethrin”; Spregal®) zur Verfügung und zur innerlichen Anwendung Ivermectin (siehe Abschnitt 2.6.51). Bei Läusebefall werden Kokosöl (Aesculo®), Pyrethrumextrakt (Gold geist forte®), die Pyrethroide Allethrin (mit Wirkungsverlängerer Pipe-ronylbutoxid in Jacutin N®) und Pyrethrin sowie Lindan (Jacutin®, Delitex Haarwäsche N®) verwendet. Crotamiton (Crotamitex®) sowie das Pyrethroid Permethrin (z.B. Infectopedicul®, Infectoscab®) sind für die Behandlung von Skabies und Läusebefall zugelassen.

Aufgrund letal verlaufender Intoxikationen in den USA („Gasping-Syndrom” mit progressiver Enzephalopathie und schwerer metaboli-scher Azidose, Knochenmarkdepression und multiplem Organversagen) ist Benzylbenzoat in der Neonatologie in Verruf geraten. Allerdings wurde in den o.g. Fällen Benzylbenzoat als Spüllösung bei zentralen Kathetern verwendet. Nach äußerlicher Applikation ergaben sich bisher, abgesehen von Reizwirkungen auf Haut und Schleimhaut, weder im Tierversuch noch bei der Anwendung beim Menschen Hinweise auf nennenswerte Toxizität (Fölster-Holst 2000).

Crotamiton wird zu weniger als 1% der applizierten Dosis perkutan resorbiert. Eine Kumulation der Substanz war bisher nicht nachweisbar. Im Vergleich zu anderen Antiskabiosa soll es etwas weniger wirksam sein (Fölster-Holst 2000).

Bei Kokosöl ist ein toxisches Potenzial nicht anzunehmen (Richter 2005).

Lindan hat ein neurotoxisches Potenzial. Lindan 0,3%ig wird zu 10% perkutan resorbiert (Fölster-Holst 2000; siehe auch Abschnitt 4.12.7). Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass sich Lindan nicht nur im Fettgewebe, sondern auch im Hoden anreichern und zur Zerstörung von Leydig-Zellen führen kann (Suwalsky 2000). Nach europäischen Umweltrichtlinien darf es nur noch bis Ende 2007 verwendet werden.

Die synthetischen Pyrethroide Allethrin I, Permethrin und Pyrethrin haben längere Halbwertszeiten als das „natürliche” Pyrethrum, weshalb dieses bei der Therapie einer Pedikulose bevorzugt werden sollte. Permethrin wird zu etwa 2% perkutan resorbiert (Fölster-Holst 2000). Aufgrund seiner Langzeitwirkung wird es als effektiver angesehen als Pyrethrum, obwohl keine systematischen Studien zum Vergleich beider Substanzen vorliegen. Weltweit ist eine erhebliche Zunahme von Resistenzen gegen Pyrethroidderivate, einschließlich Permethrin festzustellen (Richter 2005). Die prospektive Untersuchung von 113 Schwangeren mit Anwendung von Permethrin-Shampoo, 31 im 1. Trimenon, ergab keinen Hinweis auf ein embryotoxisches Risiko (Kennedy 2005, Kennedy 2003). Zusammenfassend haben sich bei keinem der genannten Mittel teratogene Effekte nach üblicher Anwendung beim Menschen gezeigt.

Empfehlung für die Praxis:

Krätze sollte mit Crotamiton oder Benzylbenzoat und Läusebefall mit Kokosöl oder Pyrethrumextrakt behandelt werden. Alternativ kann auch 2,5% Essiglösung (Speiseessig 1:1 verdünnt) bei Läusen ver sucht werden. Synthetische Pyrethroide sind in der Schwangerschaft Mittel der zweiten Wahl. Lindan sollte gemieden werden. Eine bereits erfolgte Behandlung erfordert jedoch keine Konsequenzen.

2.17.16. Repellents

Pharmakologie und Toxikologie.

Mückenabschreckende Mittel (Repellents), wie z.B. Diethyltoluamid (DEET; z.B. Nobite® Hautspray) oder Icaridin (Bayrepel®, Autan®) werden durch Einreiben oder Spray auf die Haut aufgebracht. Perkutan können von DEET ca. 8 % bis maximal 17 % resorbiert werden (Sudakin 2003). Eine Mutter, die in Afrika während der gesamten Schwangerschaft neben einer Malariaprophylaxe mit Chloroquin ihre Arme und Beine täglich mit einer 25 %igen DEET-Lotion eingerieben hatte, brachte ein in seiner geistigen Entwicklung retardiertes Kind zur Welt (Schaefer 1992). Da DEET neurotoxische Eigenschaften besitzt und über die Haut resorbiert wird, schließen die Autoren einen kausalen Zusammenhang nicht völlig aus. Es gibt allerdings keine weiteren Berichte zu entwicklungstoxischen Schäden beim Menschen. In einer prospektiven randomisierten Doppelblindstudie fanden sich bei 449 Schwangeren, die im 2. und 3. Trimenon durchschnittlich 1,7 g/Tag DEET anwendeten, im Vergleich zur Kontrollgruppe keine Unterschiede in der Entwicklung der Neugeborenen. Bei 8 % der behandelten Frauen war DEET im Nabelschnurblut nachweisbar. Unterschiede in der Entwicklung der Kinder bis zum 1. Lebensjahr zeigten sich nicht (McGready 2001). Zur Anwendung von DEET im 1. Trimenon liegen keine systematischen Untersuchungen vor, nur 3 Einzelfallbeobachtungen mit gesund geborenen Kindern (eigene Daten). Icaridin hat ein geringeres toxisches Potenzial als DEET, systematische Untersuchungen zur Schwangerschaft liegen allerdings nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Von der bedenkenlosen, großflächigen Anwendung von Insektenrepellents vom Typ des DEET über längere Zeit ist in der Schwangerschaft abzuraten. In Gebieten mit hohem Malariarisiko, die während einer Schwangerschaft nur aus zwingenden Gründen besucht werden sollten, ist das mit der Anwendung von DEET verbundene Risiko für Mutter und Kind als eindeutig geringer einzuschätzen als das Risiko durch eine Malariainfektion. Pyrethro-idhaltige Repellents sind zu meiden. Wo immer möglich, sollten in der Schwangerschaft andere Repellents einschließlich Icaridin bevorzugt werden. Weder die Anwendung von DEET im 1. Trimenon noch von pyrethroidhaltigen Repellents erfordert einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft oder invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.17.17. Augen-, Nasen- und Ohrentropfen

Augen-, Nasen- und Ohrentropfen dürfen bei entsprechender Indikation generell auch in der Schwangerschaft angewendet werden. Allerdings gilt auch hier, dass eine wohl begründete Medikamentenwahl erfolgen sollte und sowohl fragwürdige Kombinationspräparate als auch (Pseudo-)Innovationen während der Schwangerschaft zu meiden sind. Im Zweifelsfall kann man sich an Empfehlungen zur systemischen Therapie in den entsprechenden Abschnitten orientieren.

Augentropfen und Glaukomtherapie

Insbesondere bei Augentropfen ist mit einer quantitativen Arzneimittelresorption über die Konjunktiven zu rechnen. Daher ist nicht auszuschließen und teilweise beobachtet worden, dass beispielsweise atro-pinartige Substanzen und Betarezeptorenblocker (siehe Abschnitt 2.8.2) als Augentropfen die fetale Herzfrequenz erhöhen bzw. senken können. Bedrohliche Situationen sind bei üblichen Dosen zum diagnostischen Weittropfen oder zur Glaukombehandlung nicht zu erwarten. Die ebenfalls zur Glaukomtherapie verwendeten Carboanhydra-sehemmer Brinzolamid (Azopt®), Dorzolamid (z.B. Trusopt®) und zur systemischen Anwendung Acetazolamid (z.B. Diamox®) sind zwar nicht systematisch untersucht, bisher haben sich jedoch bei den länger eingeführten Präparaten keine negativen Auswirkungen auf den Fetus gezeigt. Eigene Daten zu insgesamt ca. 10 prospektiv dokumentierten Schwangerschaften mit mütterlicher Brinzolamid- oder Dorzolamid- therapie deuten nicht auf ein embryotoxisches Risiko hin.

Die mütterliche Therapie mit 750 mg/Tag Acetazolamid (Diamox®) in den letzten 3 Tagen vor Entbindung führte bei einem mit 34 Wochen geborenen Kind zu Tachypnoe, respiratorisch-metabolischer Azidose, Hypoglykämie und Hypokaliämie. Die Serumkonzentration 5 Stunden nach der Geburt betrug 2,9 μg/ml, das entspricht beinahe der therapeutischen Konzentration bei Erwachsenen (3–10 μg/ml). Nach Normalisierung des pH-Wertes besserten sich die klinischen Symptome spontan. Am 11. Tag war kein Acetazolamid mehr nachweisbar, die weitere Entwicklung des Kindes verlief normal (Ozawa 2001). Bei den Neugeborenen von 12 Frauen, die wegen eines idiopathischen, erhöhten intrakraniellen Drucks mit durchschnittlich 500 mg/Tag Acetazolamid behandelt wurden, 9 davon im 1. Trimenon, waren keine Fehlbildungen oder andere Auffälligkeiten nachweisbar (Lee 2005).

Zu Latanoprost (z.B. XALATAN®) wurde über 10 prospektiv dokumentierte Behandlungen berichtet, 9 davon im 1. Trimenon. Eine Schwangerschaft endete mit einem Spontanabort. Die 9 reifgeborenen Kinder wiesen keine Fehlbildungen auf (De Santis 2004). Eine andere Publikation beschreibt 2 weitere Fälle mit Latanoprost, beide im 1. Trimenon bzw. in einem Fall während der gesamten Schwangerschaft. Beide Neugeborenen waren gesund. Bei einer Patientin wurde die Therapie mit Brimonidin und in beiden Fällen mit Timolol kombiniert (Johnson 2001). Unsere eigenen Daten zu 11 Schwangerschaften ergeben ebenfalls keine Hinweise auf Embryotoxizität.

Nach mütterlicher Therapie mit Bimatoprost (Lumigan®) verliefen 3 Schwangerschaften unauffällig (eigene Daten). Zu Travoprost (TRAVA-TAN®) liegen keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Da Prostaglandine den Uterustonus erhöhen und eine Minderperfusion des Fetus verursachen können, ist generell Zurückhaltung geboten. Falls ein schweres Glaukomleiden die lokale Behandlung mit Pro-staglandinderivaten unbedingt erfordert, sollte die Dosis so niedrig wie möglich gewählt werden.

Einem Fallbericht zufolge wurde nach mütterlicher Pilocarpin-Behandlung (z.B. Borocarpin®) über die gesamte Schwangerschaft ein gesundes Kind geboren (Johnson 2001). Cholinergika wie z.B. Pilo-carpin, Clonidin zubereitungen (z.B. Dispaclonidin®) oder Sympatho-mimetika, wie z.B. Brimonidin (Alphagan®) oder Dipivefrin (z.B. Glaucothil®) sind zwar nicht systematisch untersucht, haben aber bisher keine negativen Auswirkungen auf den Fetus gezeigt.

Anticholinergika und Mydriatika (z.B. Cyclopentolat, Homatropin oder Tropicamid) siehe Abschnitt 2.5.8.

Abschwellende Nasentropfen

Systematische Untersuchungen liegen zur Embryotoxizität von abschwellenden Nasentropfen oder -sprays nicht vor. Es haben sich auch in der Schwangerschaft sehr häufig verwendete Präparate mit Xy-lometazolin (z.B. Olynth®) und Oxymetazolin (z.B. Nasivin®) bisher nicht als riskant für den Fetus erwiesen, obwohl theoretisch (in hohen Dosen) eine Vasokonstriktion zur Versorgungsstörung beim Fetus führen könnte. Diese Nebenwirkung ist bei der üblichen Dosierung nicht zu befürchten. Eigene Daten zur mütterlichen Xylometazolin- Therapie mit 113 prospektiv erfassten Schwangerschaften, 77 davon im 1. Trime-non, lassen kein teratogenes Risiko erkennen. Viele Frauen – auch Schwangere – nehmen abschwellende Nasenpräparate häufig über mehrere Monate, statt der empfohlenen Begrenzung auf wenige Tage. Um Schäden an der Nasenschleimhaut zu vermeiden, sollten „Entzugs-strategien” angeboten werden.

Zu Indanazolin (Farial®), Naphazolin (z.B. Rhinex®), Tetryzolin (z.B. Tetrilin K/-E®) und Tramazolin (z.B. Rhinospray®) liegen keine ausreichenden Erfahrungen in der Schwangerschaft vor.

Andere Augen-, Nasen- und Ohren-Präparate

Glucocorticoide, Cromoglicinsäure, Antihistaminika, Antibiotika und Aciclovir sowie Filmbildner („künstliche Tränenflüssigkeit”), wie z.B. Povidon (z. B. Arufil®), dürfen indikationsgerecht angewendet werden. Aus grundsätzlichen Erwägungen sollte auf Chloramphenicol verzichtet werden.

Die nasale oder inhalative Anwendung von Budesonid und anderer Corticosteroide hat keine nennenwerte Teratogenität gezeigt (Källén 2003).

Bei 26 Frauen, die im Rahmen einer randomisierten Doppelblindstudie. Fluticason-Nasenspray benutzten, fand sich gegenüber der Place-bogruppe kein Unterschied in der Entwicklung der Neugeborenen (Ellegard 2001).

Zu dem neueren Ophthalmologikum Loteprednol (Lotemax®) gibt es bisher keine Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft. Es ist ähnlich zu bewerten wie andere lokale Glucocorticoide und für eine Kurzzeitanwendung akzeptabel, wenn keine anderen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen.

2.17.18. Hämorrhoidenmittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Hämorrhoidenmittel (Hämorrhoidensal-ben und Suppositorien) sind Lokaltherapeutika, die als Einzelstoffe oder in Kombination meistens Lokalanästhetika, Glucocorticoide, Antibiotika und Desinfizienzien enthalten. Diese Präparate werden auch zur Nachbehandlung operativer Eingriffe im rekto-analen Bereich eingesetzt.

Empfehlung für die Praxis:

Die üblichen Hämorrhoidenmittel haben sich in der Schwangerschaft als unbedenklich erwiesen.

2.17.19. Venentherapeutika

Aescin-Präparate (Rosskastanienextrakt) bei Venenbeschwerden sind in der Schwangerschaft bisher nicht als problematisch aufgefallen, aber nicht systematisch untersucht.

Eine Venenverödung bei Krampfadern, z. B. mit Polidocanol (Mac-rogollaurylether; z.B. Aethoxysklerol®), darf- falls zwingend erforderlich - auch während der Schwangerschaft durchgeführt werden.

2.17.20. Antihidrotika

Pharmakologie und Toxikologie.

Methenamin (z. B. Antihydral® Salbe) ist ein Lokaltherapeutikum, das als Salbe bei übermäßiger Schweißproduktion eingesetzt wird. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Die systemische Anwendung ist umstritten, bei lokaler Applikation ist jedoch nicht mit einer Resorption größerer Wirkstoffmengen zu rechnen. Zu intrakutan zu applizierenden Präparaten mit Clostridium botulinum Toxin (z.B. BOTOX®) siehe Abschnitt 2.16.

Empfehlung für die Praxis:

Methenamin darf bei entsprechender Indikation auf kleinen Flächen auch in der Schwangerschaft angewendet werden. Clostridium botulinum Toxin sollte nicht in der Schwangerschaft (bei primärer Hyperhi-drosis oder kosmetischen Indikationen) angewendet werden. Eine dennoch erfolgte Exposition erfordert keine Konsequenzen, wenn die Mutter keine nennenswerten Nebenwirkungen hatte.

2.17.21. Minoxidil

Minoxidil findet oral als Antihypertensivum Anwendung. Es hat eine vasodilatatorische Wirkung und wird lokal bei androgener Alopezie und anderen Arten von Haarausfall angewendet (z. B. Regaine® Frauen Lösung). Die Substanz ist lipophil, ihre perkutane Resorption soll 2–3 % betragen. Dabei werden Serumkonzentrationen erreicht, die weit unterhalb einer therapeutischen, antihypertensiv wirksamen Konzentration für Erwachsene liegen.

In einer prospektiven Studie wurden 17 Schwangere mit Minoxidil-Lösung behandelt, eines von 15 lebend geborenen Kindern wies eine Herzfehlbildung auf (Shapiro 2003). Zwei eigene prospektiv erfasste Schwangerschaften mit Exposition im 1. Trimenon endeten mit der Geburt gesunder Kinder.

Bei einer Frau, die seit einigen Jahren mindestens zweimal täglich Minoxidil lokal auf ihre Kopfhaut applizierte, diagnostizierte man beim Fetus Hirn-, Herz- und vaskuläre Fehlbildungen. Der pathologische Befund zeigte eine deutliche Herzvergrößerung mit einer distalen Stenose der Aorta, ein erheblich verlängertes Colon sigmoideum, eine Hirnventrikelerweiterung, zerebrale Hämorrhagien sowie ischämische Areale in der Plazenta (Smorlesi 2003).

In einer weiteren Publikation wird nach einer mehrjährigen lokalen 2 %igen Minoxidil-Behandlung über eine ausgeprägte kaudale Hypo-trophie des Fetus berichtet mit Aplasie der unteren Wirbelsäule, Fehlanlage der unteren Extremitäten und des harnableitenden Systems, kompletter Nierenagenesie und Ösophagusatresie (Rojansky 2002).

Da ausreichende Erfahrungen auch für die lokale Anwendung von Minoxidil in der Schwangerschaft nicht vorliegen, sollte auf eine län-gerfristige Anwendung verzichtet werden.

Gleiches gilt für Eflornithin (Vaniqa®), das zur äußerlichen Behandlung des Hirsutismus angeboten wird.

2.17.22. Kosmetika

Kosmetika, auch Haarkosmetika einschließlich Färben und Dauerwelle, dürfen, wenn es die Befindlichkeit der Schwangeren fördert, im üblichen Rahmen angewendet werden.

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2.18. Vitamine, Mineralien und Spurenelemente

Der veränderte mütterliche Stoffwechsel, das Wachstum des Fetus und die zusätzliche Speicherung einiger Vitamine in der Plazenta (insbesondere handelt es sich dabei um die Vitamine A, B1, B2, B3, B6, B12, C, Fol-säure), erhöhen sowohl den Vitaminbedarf als auch den Bedarf an Eisen und Iod in der Schwangerschaft. Die im Folgenden für den Tagesbedarf angegebenen Werte beziehen sich auf die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Bei ausgewogener und vielseitiger Ernährung ist eine zusätzliche Substitution von Vitaminen oder Mineralien nicht routinemäßig erforderlich, mit Ausnahme von Folsäure in der Frühschwangerschaft und Iodid.

Es wird kontrovers diskutiert, ob eine Substitution weitere Vitamine das Risiko von Fehlbildungen senkt (Groenen 2004, Krapels 2004, Shaw 2000). Es ist grundsätzlich ein größerer Wert auf gesunde und vielseitige Ernährung als auf eine Vitamin-Substitution in Form von Tabletten zu legen. Toxische oder teratogene Effekte durch Gabe hoher Dosierungen sind bisher nur für die Vitamine A und D bekannt.

2.18.1. Vitamin A (Retinol)

Pharmakologie.

Vitamin A (z.B. Vitamin-A-saar®) ist die Ausgangssubstanz für den Sehpurpur, außerdem benötigen epitheliale Zellen Vitamin A für das Wachstum und die Aufrechterhaltung ihrer Funktion. Einem bei uns seltenen Vitamin-A-Mangel werden Störungen der Lungenentwicklung bzw. eine erhöhte Inzidenz von Atemwegserkrankungen beim Kind zugeschrieben (Biesalski 2001). Der Tagesbedarf beträgt etwa 1 mg Retinol oder 2 mg β -Carotin. Vitamin A wird ähnlich wie Vitamin C im Embryo angereichert. Die Konzentration von Vitamin-A-Metaboliten im Serum ist bei Schwangeren im 1. Trimenon vermindert und beträgt zwischen 0,26 und 7,7 μg/l, in der zweiten Schwangerschaftshälfte steigt sie auf etwa 150% des Wertes nichtschwangerer Frauen an (Malone 1975).

Selbst nach 3-wöchiger Gabe von täglich 30.000 IE Vitamin A liegen die Spitzenwerte der Metaboliten Retinsäure und Isotretinoin höchstens geringfügig über den vorher gemessenen Konzentrationen (Wiegand 1998). Eckloff und Mitarbeiter (1991) wiesen bei einer Tagesdosis von 50.000 IE Vitamin A einen Anstieg der Plasmakonzentrationen von All-Trans-Retinoinsäure nach, die zu Isotretinoin metabolisiert wird.

Toxikologie.

In Kapitel 2.17 „Dermatika und Lokaltherapeutika” wird ausführlich beschrieben, dass Vitamin-A-Derivate, wie die Retinoide Isotretinoin und Acitretin, die zur Therapie schwerer Formen von Akne und Psoriasis eingesetzt werden, beim Menschen teratogen wirken und daher in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert sind.

Vor etwa 20 Jahren wurde erstmals diskutiert, dass Vitamin-A-Präpa-rate in Dosen über 25.000 IE pro Tag ähnlich wie die Retinoide beim Menschen teratogen wirken und das charakteristische „Retinoidsyn-drom” auslösen können (Rosa 1986). In Deutschland haben 1988 aufgrund einer Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes die Hersteller von Multivitaminpräparaten die Zusammensetzung ihrer Produkte so geändert, dass sie nicht mehr als 6.000 IE pro Tagesdosis enthalten. In anderen Ländern wurde ähnlich verfahren (Bundesgesundheitsamt 1988, Laschinski 1988, Teratology Society 1987). Die Unbedenklichkeit solch niedriger Dosen wurde verschiedentlich, u.a. durch die Studie von Dudas (1992) an Schwangeren in Ungarn, bestätigt. Eine Untersuchung des European Network of Teratology Information Services (ENTIS) ergibt erstaunlicherweise keine Hinweise auf eine teratogene Wirksamkeit selbst hoher, im 1. Trimenon genommener Vitamin-ADosen (10.000-300.000, Mittelwert 50.000 IE/Tag). Insbesondere können die in einer anderen Studie gemachten Beobachtungen nicht bestätigt werden, dass hohe Dosen, insbesondere solche über 40.000 IE/Tag, einen bestimmten Typ von ZNS-Anomalien verursachen (Rothman 1995). Die ENTIS-Studie ist mit 423 Schwangeren die bisher größte Vitamin-A-Studie (Mastroiacovo 1999). Weder unter den insgesamt 311 lebend geborenen Kindern, noch innerhalb der Hochdosisgruppe mit 120 Kindern, deren Mütter über 50.000 IE/Tag eingenommen hatten, zeigte sich gegenüber Kontrollgruppen eine erhöhte Fehlbildungsrate. Jedoch erlauben diese Fallzahlen aus statistischen Gründen nur den Ausschluss eines um den Faktor 2,8 erhöhten Risikos.

In einer neueren retrospektiven Studie wurden 126 Kinder mit kardiovaskulären Fehlbildungen mit 679 gesunden Kindern hinsichtlich Vitamin-A-Aufnahme der Mutter in den 12 Monaten vor Konzeption verglichen. Es fand sich ein etwa 9fach erhöhtes Risiko für eine Transposition der großen Gefäße beim Kind, wenn die Mutter mehr als 10.000 IE/Tag eingenommen hatte. Dieser Zusammenhang war jedoch nur für Tabletten oder Nahrungsergänzungsmittel nachweisbar, nicht für die Retinolaufnahme über Nahrungsmittel (Botto 2001). Man muss dazu kritisch anmerken, dass die Zahl der Mütter mit einer hohen Dosis in beiden Gruppen sehr gering war. Daher kann dieses Ergebnis allenfalls als Hypothese gewertet werden, die durch andere Studien bisher nicht bestätigt wurde.

Eine weitere Fall-Kontroll-Studie fand keinen Zusammenhang zwischen einer im Normbereich liegenden Vitamin-A-Aufnahme aus Leber oder Multivitaminprodukten und dem Auftreten von Spaltbildungen (Mitchell 2003).

Generell wird in der Schwangerschaft vor dem Verzehr von Leber gewarnt, da eine Portion (100 g), auch gebraten, bis zu 400.000 IE Retinol enthalten kann. Es gibt jedoch kaum klinische Hinweise darauf, dass der Verzehr von Leber zu Fehlbildungen beim Menschen führt. Das könnte daran liegen, dass Vitamin A bzw. der teratogene Metabolit All-trans-Retinolsäure nach Leberverzehr nur 1/20 jener Konzentrationsspitzen im Serum erreicht, die nach Einnahme standardisierter Vitamin-A-Dosen in Tablettenform gemessen wurden (Buss 1994).

β-Carotin, auch Provitamin A genannt, wird vom Organismus bedarfsgerecht zu Vitamin A (Retinol) umgebaut. Selbst hohe Dosen β-Carotin erhöhen die Retinolkonzentration im Serum nicht und beinhalten nach heutigem Wissen kein teratogenes Risiko (Polifka 1996).

Empfehlung für die Praxis:

Mehr als 6.000 IE Vitamin A pro Tag sollten Schwangere nicht zu sich nehmen. Grundsätzlich besteht bei ausgewogener Ernährung kein Grund, Vitamin A (in Tablettenform) zu substituieren. Ausnahme sind Erkrankungen mit nachgewiesener Mangelsituation, z.B. durch eingeschränkte intestinale Resorption. Wurden versehentlich Dosen über 25.000 IE/Tag verabreicht, ist keineswegs ein risikobegründeter Abbruch der Schwangerschaft indiziert (siehe Kapitel 1.15), sondern eine individuelle Risikobewertung unter Einbeziehung von Ultraschallfeindiagnostik. Auf den Genuss von Leber sollte in der Schwangerschaft, vor allem im 1. Trimenon, verzichtet werden. Den noch erfolgter Verzehr erfordert keine Konsequenz. Dies gilt auch für die Einnahme des unbedenklichen β-Carotins.

2.18.2. Vitamin B1 (Thiamin)

Pharmakologie und Toxikologie.

Thiamin (z.B. Vitamin B1®-ratiopharm) ist als Coenzym im Kohlenhydratstoffwechsel (Co-Carboxylase) wichtig. Der tägliche Bedarf wird mit 1–1,2 mg gedeckt. Der Vitamin-B1Bedarf steigt bei Schwangeren gering an, die Konzentration ist im fetalen Blut höher als im mütterlichen. Daten zur Hochdosistherapie in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Bisher gibt es keine Hinweise für toxische oder teratogene Effekte durch Überdosierungen, eine Kumulation ist auf Grund der kurzen Halbwertszeit nicht zu erwarten.

Empfehlung für die Praxis:

Bei ausgewogener Ernährung ist eine Substitution mit Vitamin B1 in der Schwangerschaft nicht erforderlich. Falls eine begründete Indikation zur Therapie besteht, sprechen derzeitige Erkenntnisse nicht gegen eine Behandlung.

2.18.3. Vitamin B, (Riboflavin)

Pharmakologie und Toxikologie.

Riboflavin (z. B. Vitamin B2 Jenapharm®) ist im Energiestoffwechsel ein wichtiges Coenzym. Der Tagesbedarf beträgt 1,2–1,5 mg. Bei Neugeborenen, deren Mütter im letzten Drittel der Schwangerschaft klinische oder laborchemische Anzeichen des Riboflavinmangels aufwiesen, waren keinerlei Entwicklungsstörungen nachweisbar (Heller 1974). Dieselbe Untersuchung zeigte, dass die Vitamin-B2-Konzentration im Nabelschnurblut 4-mal so hoch wie im mütterlichen Blut war. Ein aktiver plazentarer Transport von Vitamin B2 verhindert anscheinend Mangelzustände beim Fetus.

Diskutiert wird ein Riboflavinmangel als potenzieller Risikofaktor für eine Präeklampsie (Wacker 2000). Hinweise auf embryotoxische Schäden durch Überdosierungen beim Menschen liegen nicht vor, systematische Untersuchungen zu Auswirkungen einer Substitution in der Schwangerschaft allerdings auch nicht.

Empfehlung für die Praxis:

Eine generelle Substitution mit Vitamin B2 ist in der Schwangerschaft nicht erforderlich.

2.18.4. Vitamin B6 (Pyridoxin)

Pharmakologie und Toxikologie.

Pyridoxin (z. B. Hexobion®) ist das Coen-zym einiger Aminosäuredecarboxylasen und Transaminasen. Der Tagesbedarf wird mit 1,2–1,9 mg gedeckt. Die Vitamin-B6-Konzentra-tion im Blut der Mutter ist während der gesamten Schwangerschaft erniedrigt, dagegen sind die Konzentrationen im fetalen Blut etwa um das Dreifache höher (Cleary 1975). Das beruht auf einem aktiven Transport von Pyridoxin durch die Plazenta zum Embryo.

Vitamin B6 wird in Nordamerika, z.T. in Kombination mit Doxyl-amin, zur Therapie des Schwangerschaftserbrechens (Hyperemesis) eingesetzt (siehe Kapitel 2.4). Bei 123 Patientinnen mit üblicher Dosierung (1–4 Tabletten/Tag mit jeweils 10 mg Doxylamin und Pyridoxin) und 102 Patientinnen mit Hochdosistherapie (5–12 Tabletten/Tag mit jeweils 10 mg Doxylamin und Pyridoxin) fand sich kein Unterschied hinsichtlich mütterlicher Nebenwirkungen und bei den Geburtsparametern der Neugeborenen. Ein teratogenes Risiko war nicht zu erkennen (Atanckovic 2001).

Eine weitere Studie zeigte, dass die Therapie der Hyperemesis im 1. Trimenon mit 50 mg Pyridoxin intramuskulär kombiniert mit 10 mg Metoclopramid oral (bei Bedarf alle 6 h) der Monotherapie mit Pro-chlorperazin oder Promethazin überlegen war. Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko fand sich in keiner der 3 Gruppen (Bsat 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Die generelle Substitution mit Vitamin B6 ist nur ausnahmsweise, z. B. bei tuberkulostatischer Behandlung mit Isoniazid oder Therapie bei Morbus Wilson mit D-Penicillamin, erforderlich. Falls tatsächlich eine Therapieindikation besteht (z. B. neuropathische Schmerzen, Resorptionsstörungen), sprechen derzeitige Erkenntnisse nicht gegen eine Behandlung.

2.18.5. Vitamin B12 (Cyanocobalamin)

Pharmakologie und Toxikologie.

Vitamin B12 (Cyanocobalamin; z.B. Cytobion®) ist ein in tierischer Nahrung enthaltener Faktor, der zur Reifung der Erythroblasten notwendig ist und dessen Fehlen zu einer Megaloblastenanämie (Perniziosa) mit neurologischen Störungen führt. Zwar fällt im Verlauf der Schwangerschaft die Konzentration an Vitamin B12 im Serum gering ab, jedoch kommt es nicht zu einer Verminderung des in der mütterlichen Leber gespeicherten Vitamin B12(ca. 3.000 μg). Der Bedarf des Neugeborenen ist mit etwa 50 μg gespeichertem Vitamin B12 vergleichsweise gering. Die bei uns übliche Ernährung enthält 5–15μg Vitamin B12 pro Tag. Der tägliche Bedarf an Vitamin B12 beträgt bei nichtschwangeren Frauen 2 μg/Tag, während der Schwangerschaft steigt er auf 3 μg/Tag an.

Erhöhte Homocystein-Spiegel werden als Ursache für wiederholte Aborte (Reznikoff-Etievant 2002, Nelen 2000 A) und Präeklampsie im späteren Schwangerschaftsverlauf (Cotter 2001, Sanchez 2001) diskutiert. In einer dieser Arbeiten fand sich ein Zusammenhang mit einem Vitamin-B12-Mangel (Reznikoff-Etievant 2002).

Empfehlung für die Praxis:

Da schwangerschaftsbedingt kein Vitamin-B12-Mangel auftritt, ist eine Substitution mit Vitamin B12 nicht routinemäßig erforderlich. Sie kann allenfalls bei nicht ausgeglichener vegetarischer oder veganer Ernährung indiziert sein. Eine Vitamin-B12-Mangel-Anämie ist selbstverständlich in der Schwangerschaft weiter zu behandeln.

2.18.6. Folsäure

Pharmakologie und Toxikologie.

Folsäure (z. B. Folarell®, Folsan®) ist ein Vitamin, das für die Nukleinsäuresynthese wichtig ist und bei allen Zellteilungs- und Wachstumsprozessen, wie z.B. bei der Blutbildung und während der Embryonalentwicklung, sowie am Eiweißstoffwechsel beteiligt ist. Folsäure wird im Organismus in ihre biologisch wirksame Form, die Folinsäure, überführt. Der Tagesbedarf beträgt etwa 400 μg (0,4 mg). In der Schwangerschaft ist der tägliche Bedarf um etwa 0,3 mg/Tag gesteigert (McPartlin 1993). Bei ausgewogener Ernährung sind mangelbedingte Auswirkungen auf die mütterliche Blutbildung nicht zu befürchten. Beim seltenen, ausgeprägten Folsäuremangel kann sich hingegen eine makrozytäre Anämie entwickeln.

1965 wurde in England erstmals ein Zusammenhang zwischen einem relativen Folsäuremangel der Mutter und einer Zunahme von Neural-rohrdefekten, insbesondere von Spina bifida und Anenzephalie, erörtert (Hubbard 1965). 1980 ließen erste Studien vermuten, dass sich diese schwerwiegenden angeborenen Fehlbildungen durch Gabe von Multivit-aminpräparaten (Smithells 1980) bzw. Folsäure (Laurence 1981) verhindern lassen. Umfangreiche Untersuchungen in den USA (Mulinare 1988), Australien (Bower 1989), Kuba (Vergel 1990), England (Medical Research Council 1991) und Ungarn (Czeizel et al., 2004, Dudas and Czeizel, 1992) bestätigten eine protek-tive Wirkung der Folsäuresubstitution. In der ungarischen Studie lag die Häufigkeit von Neuralrohrdefekten bei Kindern von Frauen, die vor und während der Schwangerschaft ein Multivitaminpräparat eingenommen hatten, das eine tägliche Dosis von 0,8 mg Folsäure enthielt, um 50% (Czeizel 1992) bzw. 90% (Czeizel 2004) niedriger als in der Kontrollgruppe, die nur Spurenelemente eingenommen hatte (Czeizel 1992).

Besonders wirkungsvoll war die Folsäuresubstitution bei Schwangeren, die bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt zur Welt gebracht hatten (Teratology Society der USA 1994, Rosenberg 1992, Medical Research Council England 1991).

Obwohl der Zusammenhang zwischen Folsäuremangel und Neural-rohrdefekt nicht genau geklärt ist, bestätigen die meisten epidemiologischen Untersuchungen bis heute einen protektiven Effekt der Folsäure-substitution (Wald 2001, Li 2000). Auswirkungen auf den Methionin-stoffwechsel spielen neben dem eventuell ebenfalls relevanten Methio-ningehalt der mütterlichen Ernährung offenbar eine Rolle (Shaw 1997). Ein protektiver Effekt wird auch bei anderen Fehlbildungen diskutiert (Bailey 2005, Czeizel 2004, Koletzko 2004), wie z.B. kardialen Defekten (Czeizel 2004, Botto 2003) oder Analatresie (Myers 2001) sowie bei Aborten (Gindler 2001, Nelen 2000 B).

Man ist sich heute weitgehend einig, dass alle Frauen in der Frühschwangerschaft, möglichst schon ab Planung einer Schwangerschaft, bis zur Woche 8 täglich 400 μg Folsäure zusätzlich einnehmen sollen. Frauen mit Risikoanamnese (bereits Neuralrohrdefekte in der Familie aufgetreten) oder bei folatantagonistischer Therapie, z. B. mit bestimmten Antiepileptika, werden 4–5 mg/Tag empfohlen. Eine Überdosierung der Folsäure schädigt nach bisherigen Erfahrungen die embryonale Entwicklung nicht. Die Maskierung einer seltenen Vitamin-B12-Man-gelanämie durch eine Folsäureeinnahme ist zwar möglich, hat aber angesichts der zeitlich begrenzten Einnahme keine Bedeutung.

In manchen Ländern, wie z. B. Kanada und den USA, wird eine allgemeine Anreicherung von Nahrungsmitteln (Getreideprodukten) mit Folsäure vorgeschrieben und zwar mit etwa 1,5 mg/kg. In den USA wurde seit der Folsäureanreicherung über eine Abnahme der Neuralrohrdefekte um 19% (Honein 2001) und 26% (Mills 2004), in Kanada um 47 % (Persad 2001) berichtet. Auch in der Bundesrepublik Deutschland und anderen europäischen Ländern wird die Folsäureanreicherung von Nahrungsmitteln erörtert, da die Substitution mit Tabletten nur von wenigen Schwangeren praktiziert wird und die durchschnittliche Ernährung in Deutschland nur 200 μg/Tag statt der erforderlichen 400 μg enthält (BgVV 2000). In Deutschland befolgen nur 20% der Frauen, die eine Schwangerschaft planen, und bei nicht geplanten Schwangerschaften nur 9 % den Rat einer perikonzeptionellen Folsäureeinnahme. In den Niederlanden sind es hingegen über 50 % (Gärtner 1999). Häufig beobachtet man infolge unzureichender ärztlicher Beratung, dass Folsäure erst im späten 1. Trimenon und danach eingenommen wird. Die hochempfindliche Phase der Neuralrohrentwicklung ist aber schon mit 6 Wochen abgeschlossen.

Gelegentlich wird diskutiert, ob eine ausgewogene Ernährung für die Folsäureversorgung ausreicht. Epidemiologische Daten und Untersuchungen zum intraerythrozytären Folsäurestatus unter Berücksichtigung verschiedener Zufuhrbedingungen sprechen dagegen. Einerseits gibt es Hinweise darauf, dass Mütter von Kindern mit Neuralrohrdefek-ten einen pathologisch erhöhten Bedarf an Folsäure aufweisen, der deutlich über der mit „gesunder” Ernährung zugeführten Menge liegt. Andererseits ergab sich aus einer vergleichenden Untersuchung, dass nur Tabletten und angereicherte Nahrungsmittel, nicht aber diätetisch aufgenommene Folsäure zu einer signifikanten Verbesserung des Fol-säurestatus führen (Cuskelly 1996).

Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass nach kritischer Auswertung aller vorliegenden Daten auch heute noch Zweifel an der pro-tektiven Wirkung einer zusätzlichen Verabreichung von Folsäure in der Schwangerschaft geäußert werden (Källén 2002, Kalter 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Um die protektive Wirkung der Folsäure bei Neu-ralrohrdefekten zu nutzen, sollten möglichst schon bei der Planung einer Schwangerschaft sowie während der ersten 8 Wochen 0,4 mg/Tag eingenommen werden. Die Substitutionsdosis ist auf 4–5 mg/Tag zu erhöhen, wenn die Mutter bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt zur Welt gebracht hat oder wenn sie folsäureantagonistische Medikamente einnimmt, wie z. B. bestimmte Antiepilep-tika. Eine Folsäuremangelanämie ist in üblicher Weise auch während einer Schwangerschaft zu therapieren.

2.18.7. Nicotinsäure und Pantothensäure

Pharmakologie und Toxikologie.

Nicotinsäure und Pantothensäure sind weitere B-Vitamine, die sich u.a. in Nahrungsergänzungsmitteln finden. Der tägliche Bedarf für Nicotinsäure wird mit 13–15 mg, der für Pantothensäure mit 6 mg gedeckt. Bei ausgewogener Ernährung ist eine Substitution nicht erforderlich. Mangelzustände in der Schwangerschaft sind nicht bekannt, ebenso wenig wie Hinweise auf potenzielle teratogene Effekte.

Empfehlung für die Praxis:

Bei Schwangeren gibt es keine Indikation für die Substitution von Nicotin- oder Pantothensäure.

2.18.8. Nicotinamid

Pharmakologie und Toxikologie.

Nicotinamid (z.B. Nicobion®) ist ein Vit-amin-B-Derivat und Bestandteil mehrerer wichtiger Enzyme. Mangelzustände in der Schwangerschaft sind nicht bekannt.

Empfehlung für die Praxis:

Bei Schwangeren gibt es keine Indikation für die Gabe von Nicotinamid.

2.18.9. Panthenol

Pharmakologie und Toxikologie.

Panthenol (z. B. in Multi-Sanostol® Saft) ist ein Vitamin-B-Derivat und spielt eine wichtige Rolle im Intermediärstoffwechsel. Mangelzustände in der Schwangerschaft sind nicht bekannt.

Empfehlung für die Praxis:

Bei Schwangeren gibt es keine Indikation für die Gabe von Panthenol.

2.18.10. Vitamin C (Ascorbinsäure)

Pharmakologie und Toxikologie.

Vitamin C (z. B. Cebion®, Ctebe®) ist im zellulären Stoffwechsel zur Aufrechterhaltung des Oxidations-Reduk-tions-Gleichgewichts wichtig. Der Tagesbedarf an Vitamin C beträgt etwa 100 mg. Vitamin-C-Mangel führt zu Skorbut mit Störungen des Kollagenstoffwechsels und zur Blutungsneigung. Die Vitamin-C-Kon-zentration im fetalen Blut ist 3-mal so hoch wie im mütterlichen Blut, da sich nach dem plazentaren Übergang von Dehydro-ascorbinsäure VitaminC im Fetus anreichert (Malone 1975). Es ist nicht bekannt, ob Gaben von Vitamin C das Reduktions-Oxidations-Gleichgewicht des Fetus beeinflussen.

Diskutiert werden der Zusammenhang zwischen mütterlichem Vitamin-C-Mangel und einem erhöhten Risiko für Gestationsdiabetes (Zhang 2004 A und 2004 B) sowie eine Assoziation zwischen mütterlichem Vitamin-C-Spiegel bzw. einer protektiven Vitamin-C-Substitution im 2. und 3. Trimenon und vorzeitigem Blasensprung (Casanueva 2005, Tejero 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Die Gabe von Vitamin C ist in der Schwangerschaft nicht erforderlich, wenn die Ernährung ausgewogen ist.

2.18.11. Vitamin D und verwandte Substanzen

Pharmakologie und Toxikologie.

Als Vitamin D werden mehrere fettlösliche Vitamine zusammengefasst, die eine Schlüsselrolle im Calcium-stoffwechsel einnehmen: Vitamin D fördert die Resorption von Calcium und Phosphat aus dem Darm. Der Tagesbedarf wird mit etwa 5 μg Calciferol gedeckt (1 μg = 40 IE bzw. 1 IE = 0,025 μg). Bei Vitamin-D-Mangel kommt es zu Störungen des Knochenaufbaus, die sich bei Kindern als Rachitis und bei Erwachsenen als Osteomalazie manifestieren. Das für den Menschen wichtigste Derivat des Vitamin D, Vitamin D3 (Colecalciferol; z.B. D3-Vicotrat®, Vigantol®) ist in Milch, Lebertran und Butter enthalten, genau wie Vitamin D2 (Ergocalciferol). Colecalciferol und Ergocalciferol werden in der Haut unter Einwirkung von UV-Strahlen in die aktive Form des Vitamin D überführt. Im Fetus finden sich davon normalerweise 70–90% der mütterlichen Konzentration und deutlich über 100 % bei mütterlichem Vitamin-D-Mangel (Pitkin 1975). Weitere Derivate des Vitamin D sind Alfacalcidol (z. B. Bon-diol®) und Calcitriol (z.B. Decostriol®). Dihydrotachysterol (z.B. A.T. 10®) ist ein Analogon des Vitamin D, das bei Hypoparathyreoidismus und Pseudohypoparathyreoidismus gegeben wird. Studien zur Schwangerschaft liegen nicht vor. Da mit diesem Medikament jedoch physiologische Verhältnisse hergestellt werden sollen, ist für eine angemessene Dosierung auch in der Schwangerschaft zu sorgen.

Die Ergebnisse einer Longitudinalstudie bis zum Alter von 9 Jahren an 198 Mutter-Kind-Paaren deuten an, dass ein Vitamin-D-Mangel in der Spätschwangerschaft zu einer signifikant verminderten Knochenmineralisierung des gesamten Skeletts und speziell der Lendenwirbelsäule führen kann. Eine unterhalb des Normbereiches liegende Konzentration von Calcium im Nabelvenenblut scheint ebenfalls auf eine reduzierte Knochenmasse in der Kindheit hinzuweisen (Javaid 2006).

Empfehlung für die Praxis:

In der Schwangerschaft sind überhöhte Vitamin-D-Einnahmen kontraindiziert, da sie zu Hypercalcämie sowohl bei der Mutter als auch beim Neugeborenen führen können. Der Vitamin-D-Bedarf gesunder Frauen ist in der Schwangerschaft nicht erhöht und bedarf bei ausgewogener Ernährung keiner Substitution. Liegt ein nachgewiesener Mangel vor, muss bis zum Erreichen normaler mütterlicher Plasmakonzentrationen substituiert werden. Dies gilt auch für hohe Dosen im Fall einer behandlungspflichtigen X-chromosomal-domi-nant vererbten Vitamin-D-resistenten Rachitis. In einem solchen Fall scheint selbst ein genetisch gesunder Fetus nicht durch tägliche Vitamin-D-Dosen von 20.000 IE geschädigt zu werden. Liegt ein Phosphatdiabetes vor, ist eine Unterbrechung der Vitamin-D-Therapie zu erwägen, wenn die mütterliche Symptomatik es erlaubt. Im Fall einer Therapie mit einem der anderen o.g. dem Vitamin D verwandten Präparate ist ebenfalls darauf zu achten, dass physiologische Verhältnisse erreicht bzw. gewahrt werden. Generell müssen bei diesen Erkrankungen Calcium- und Phosphatkonzentrationen im Blut der Mutter und beim Neugeborenen regelmäßig kontrolliert werden.

2.18.12. Paricalcitol

Pharmakologie und Toxikologie.

Paricalcitol (Zemplar®) ist ein synthetisches Vitamin-D-Derivat, das zur Prävention oder Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus und zur Osteoporosebehandlung eingesetzt wird. Es senkt die Konzentration von Parathormon im Orga nismus, dabei können die Serumspiegel von Calcium und Phosphat ansteigen.

Da es sich um eine neue Substanz handelt, liegen keine Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft vor.

Empfehlung für die Praxis:

In der Schwangerschaft ist Paricalcitol kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte Applikation rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch. Die Calcium- und Phosphatspiegel sollten kontrolliert werden.

2.18.13. Vitamin E (Tocopherol)

Pharmakologie und Toxikologie.

Vitamin E (z.B. Optovit®) ist für den Menschen nicht essentiell und Mangelzustände sind nicht bekannt. Der Tagesbedarf an Vitamin E beträgt etwa 12 mg. Der normale Vit-amin-E-Bedarf wird mit der üblichen Nahrung gedeckt (10–20 IE/Tag bzw. 22–30 mg/Tag). Vitamin-E-Mangel in der Schwangerschaft wurde bisher nicht beobachtet.

Bei 82 prospektiv dokumentierten Schwangeren mit hoch dosierter Gabe von Vitamin E im 1. Trimenon (400-1.200 IE/Tag) war bei den Neugeborenen ein signifikant geringeres Geburtsgewicht gegenüber nicht exponierten Kontrollen zu verzeichnen. Dabei wurde nicht erwähnt, ob eine Adjustierung hinsichtlich der Schwangerschaftswoche bei Geburt erfolgte. Es fand sich kein erhöhtes Abort-, Frühgeburtsoder Fehlbildungsrisiko (Boskovic 2004 A& B).

Empfehlung für die Praxis:

Es gibt keine Indikation für die Gabe von Vitamin E in der Schwangerschaft.

2.18.14. Biotin

Pharmakologie und Toxikologie.

Biotin (z.B. Gabunat®) ist beim Menschen an verschiedenen Stoffwechselreaktionen beteiligt und verantwortlich für Haut- und Haarbildung und andere Wachstumsprozesse. Der tägliche Bedarf wird mit etwa 60 μg gedeckt. Bei ausgewogener Ernährung ist eine zusätzliche Substitution in der Schwangerschaft nicht erforderlich. Im mittleren Drittel der Schwangerschaft wurden beim Fetus 3- bis 17fach höhere Konzentrationen von Biotin im Blut gemessen als bei der Mutter (Mantagos 1998). Erfahrungen zur Einnahme überhöhter Dosierungen in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Im Tierversuch führte ein Biotinmangel zu Fehlbildungen. Beim Menschen gibt es bisher keine gesicherten Hinweise für teratogene Effekte durch Biotinmangelzustände (Zempleni 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Es gibt keine zwingende Indikation für die Gabe von Biotin in der Schwangerschaft.

2.18.15. Vitamin K

siehe Abschnitt 2.9.5.

2.18.16. Multivitaminpräparate

Pharmakologie und Toxikologie.

Multivitaminpräparate (z.B. Multi-bionta®) werden während der Schwangerschaft häufig verordnet oder von den Patientinnen auch ohne ärztliche Verordnung eingenommen.

Empfehlung für die Praxis:

Die prophylaktische Gabe von Multivitaminpräpa-raten ist bei gesunden Schwangeren umstritten, weil eine ausgewogene Ernährung ausreicht und die Vitamine A und D in hoher Dosis (bei unangemessenem Gebrauch der Präparate) für den Embryo toxisch sein können. Zur Notwendigkeit einer Folsäureprophylaxe siehe Abschnitt 2.18.6.

2.18.17. Eisen

Die Gesamtmenge an Eisen im menschlichen Körper beträgt 4–5 g, davon sind etwa 70 % im Hämoglobin (Hb) gebunden. Eisen wird aus dem Darm durch aktiven Transport mit Hilfe des Proteins Ferritin resorbiert. Im Blut liegt es gebunden an das Transportprotein Transferrin vor und gelangt in dieser Form über die Plazenta zum Fetus. Der Tagesbedarf an Eisen beträgt etwa 15 mg/Tag, bei Schwangeren 30 mg/Tag.

In der Schwangerschaft steigt der Eisenbedarf durch Zunahme des mütterlichen Blutvolumens sowie durch den Mehrbedarf von Fetus und Plazenta. Das mütterliche Plasmavolumen nimmt stärker zu als die Menge der Erythrozyten (Hämodilution), was zu einer Abnahme des Hb-Wertes um etwa 2 g/dl führt. Der Eisenbedarf des Embryos bzw. Fetus steigt während der Schwangerschaft von 4 mg/Tag auf 6,6 mg/Tag an. Der erhöhte Eisenbedarf in der Schwangerschaft wird durch die Nahrung nicht ausreichend gedeckt. Deshalb wird gespeichertes Eisen aus abgebautem Hämoglobin der Mutter mobilisiert.

Bei unkompliziertem Geburtsverlauf und Normalisierung des Blutvolumens erreicht der Hb-Wert am Ende des Wochenbettes wieder Normalwerte.

Pharmakologie.

Eisen(II)-Salze (z.B. Eisendragees-ratiopharm®) werden nach oraler Gabe gut resorbiert und sind für die Eisensubstitution der Schwangerschaft geeignet. Der Zusatz von Vitaminen und Spurenelementen zu oralen Eisen(II)-Präparaten hat keinen erwiesenen therapeutischen Nutzen. Kombinationspräparate mit Folsäure sind nicht zu empfehlen, da die Eisenresorption aus diesen Zubereitungen um bis zu 60% reduziert ist (Pietrzik 1988). Etwa 15–20% der Patientinnen, die Eisen-(II-)Präparate einnehmen, klagen über gastrointesti-nale Beschwerden, die bei vorbestehender morgendlicher Übelkeit zum Wechsel auf ein anderes Präparat oder zur Beendigung der Eisensubstitution zwingen können (Letzky 1983).

Die parenterale Applikation von Eisenpräparaten (Singh 2000) wie Eisen(III)-Gluconat-Komplex (Ferrlecit) ist nur bei ausgeprägter Anämie indiziert und macht in Kombination mit anderen Antianämika eine Transfusionstherapie in der Schwangerschaft weitgehend überflüssig.

Toxikologie.

Der Verdacht, dass nach Eisensubstitution in der Schwangerschaft die Fehlbildungsrate gering ansteigen könnte (Nelson 1971), hat sich in umfangreichen prospektiven Untersuchungen nicht bestätigt (DFG 1977, Royal College 1975). Zur Eisenintoxikation nach Überdosis siehe Kapitel 2.22.

Empfehlung für die Praxis:

In der Schwangerschaft ist eine Eisensubstitution ab einem Hb-Wert um 10 g/dl indiziert. Sie sollte oral mit einem Eisen(II)-Präpa-rat durchgeführt werden. Falls in Ausnahmefällen eine parenterale Eisensubstitution erforderlich ist, sollte sie intravenös mit einem Eisen(III)-Präparat erfolgen. Bei Überdosierung von Eisen in suizidaler Absicht ist auch in der Schwangerschaft das Antidot Deferoxamin indiziert.

2.18.18. Calcium

Pharmakologie und Toxikologie.

Etwa 99% des Calciums (Gesamtmenge 1.100-1.200 g) sind im Knochen enthalten, und zwar komplex gebunden als Phosphat und Hydroxyapatit. Der tägliche Calciumbedarf wird mit etwa 1.000 mg gedeckt. Der Calciumstoffwechsel und die fetale Knochenbildung sind vom mütterlichen Vitamin-D-Stoffwechsel und der schwangerschaftsbedingt veränderten Aktivität verschiedener Hormone abhängig (Parathormon, Calcitonin, Corticoide, Estrogene). Calcium wird aktiv durch die Plazenta zum Fetus transportiert. Im letzten Trimenon wird die Knochenbildung durch niedrige Parathormonkonzentrationen und hohe Calcitoninkonzentrationen im Fetus begünstigt. Der Fetus nimmt im Laufe der Schwangerschaft etwa 30 g Calcium auf. Diese Menge wird normalerweise ohne zusätzliche Gabe von Calcium-salzen während der Schwangerschaft aus dem mütterlichen Depot mobilisiert. Es wird jedoch allgemein vorgeschlagen, den täglichen Bedarf durch zusätzliche Gaben von etwa 500 mg/Tag zu ergänzen. Calcium sollte nicht als Phosphatsalz gegeben werden (Wadenkrämpfe!). Organische Salze sind zur Calciumsubstitution besser geeignet, wie z.B. Calciumcitrat (z.B. in Calcipot®), Calciumaspartat (Cal-ciretard®), Calciumgluconat (z.B. Tridin).

Ein Fallbericht beschreibt die mütterliche Calciumtherapie wegen Osteoporose mit einer Tagesdosis von 1.000 mg bis Woche 6 und die weitere Therapie mit täglich 3.000 mg, kombiniert mit einer Colecalcife-rolbehandlung bis zum Ende der (Drillings-)Schwangerschaft. In Woche 21 kam es zum Spontanabort eines Fetus, die beiden anderen Kinder wurden gesund geboren (Harsch 2001).

Empfehlung für die Praxis:

Sinnvoll ist die Einnahme von 500 mg Calcium pro Tag oder das Trinken von 1 Liter Milch, wobei die Milch neben dem Calciumbe-darf zusätzlich den täglichen Vitamin-D-Bedarf abdeckt.

2.18.19. Fluorid

Pharmakologie und Toxikologie.

Der Tagesbedarf an Fluorid beträgt etwa 3,1 mg. Es wird kontrovers diskutiert, ob eine zusätzliche Fluoridzufuhr während der Schwangerschaft mit täglich etwa 1 mg in Tablettenform (entspricht ca. 2 mg Natriumfluorid; z.B. in Fluoretten®) oder über fluoriertes Trinkwasser die Kariesinzidenz des Kindes senkt. Auf jeden Fall scheint eine solche Fluoridprophylaxe dem Fetus nicht zu schaden. Frühere Verdachtsmomente hinsichtlich reproduktionstoxischer Auswirkungen einer regelmäßigen Fluoridzufuhr, wie z.B. erhöhtes Risiko für Down-Syndrom, konnten nicht bestätigt werden.

Selbst hohe Fluoriddosen durch umweltbedingt kontaminiertes Trinkwasser (über 10 mg/l) verursachen offenbar keine Zunahme von Fehlbildungen. Eine in der zweiten Schwangerschaftshälfte induzierte Zahn- und Knochenfluorose beim Kind ist zwar theoretisch denkbar und in Einzelfällen nach extremer, anhaltender Exposition beschrieben worden. Sie ist nach versehentlicher Einnahme eines Osteoporoseprä-parates mit etwa 25 mg Fluorid (z.B. Ossiplex®) jedoch nicht zu erwarten.

Empfehlung für die Praxis:

Eine Fluoridsubstitution mit etwa 1 mg/Tag kann während der Schwangerschaft ohne Risiko für das Kind durchgeführt werden. Eine hoch dosierte Fluoridtherapie bei Osteoporose ist kontraindiziert. Versehentliche Applikation hoher Dosen rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.18.20. Strontium

Pharmakologie und Toxikologie.

Strontium (Protelos®) ist ein neueres Mittel zur Therapie der Osteoporose. Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Strontium ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte Applikation rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1).

2.18.21. Biphosphonate

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu diesen Osteolysehemmstoffen gehören Alendronsäure (Fosamax®), Clodronsäure (z.B. Bonefos®), Eti-dronsäure (z.B. Didronel®), Ibandronsäure (Bondronat®), Pamidron-säure (z.B. Aredia®), Risedronsäure (Actonel®), Tiludronsäure (Ske-lid®) und Zoledronsäure (Zometa®). Sie werden z.B. bei Paget-Krank-heit, postmenopausaler Osteoporose und anderen osteolytischen Prozessen angewendet. Systematische Untersuchungen zur Schwangerschaft liegen nicht vor. Tierexperimentelle Ergebnisse sprechen für einen möglichen plazentaren Übergang und Auswirkungen auf die fetale Skelettentwicklung (Ornoy 1998).

Ein Fallbericht zu täglich 10 mg Alendronsäure während der gesamten Schwangerschaft beschreibt ein gesundes Kind ohne Fehlbildungen, mit normaler Knochenstruktur sowie einer normalen Entwicklung bis zum 1. Lebensjahr (Rutgers-Verhage 2003).

Zur Therapie mit Zoledronsäure im 2.und 3. Trimenon existiert ein weiterer Fallbericht. Die Frau erhielt zusätzlich diverse Zytostatika im 1. Trimenon wegen eines Mammakarzinoms. Das Kind, mit 35 Wochen geboren, wies keine Fehlbildungen auf und war nach dem 1. Lebensjahr altersentsprechend entwickelt (Andreadis 2004).

In einer neueren prospektiven Studie wurden die Schwangerschaften von 15 Frauen mit Biphosphonat-Therapie, davon 9 mit Exposition im 1. Trimenon ausgewertet (Alendronsäure: 7, Etidronsäure: 5, Pamidron-säure: 1, Risedronsäure: 2). Die Schwangerschaften endeten mit 14 Lebendgeborenen und einem Spontanabort. Hinweise auf embryotoxische Effekte fanden sich nicht (Levy 2004).

Empfehlung für die Praxis:

Biphosphonate sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Eine Applikation im 1. Trimenon rechtfertigt jedoch weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.18.22. Andere Osteoporosemittel

Calcitonin

Pharmakologie und Toxikologie.

Calcitonin (z. B. CalciHEXAL®) ist ein vom Lachs gewonnenes Peptidhormon, das im menschlichen Körper außer von der Schilddrüse offenbar auch in der Plazenta, vom Fetus und in der laktierenden Brustdrüse gebildet wird. Im Nabelschnurblut ist die Konzentration höher als bei der Mutter. Therapeutisch wird dieses der Knochenresorption entgegen wirkende Mittel bei Osteoporose und Paget-Krankheit angewendet. Es gibt keine Studien zur Behandlung während der Schwangerschaft.

Cinacalcet

Pharmakologie und Toxikologie.

Cinacalcet (z.B. Mimpara®) ist ein Nebenschilddrüsenhormon-Antagonist und Calcimimetikum, das zur Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus eingesetzt wird. Die Reduktion von Parathormon im Blut korreliert mit der Senkung des Serumcalciumspiegels. Die Halbwertszeit von Cinacalcet beträgt 30–40 Stunden. Im Tierversuch gab es bisher keine Hinweise für teratogene Effekte. Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft beim Menschen existieren nicht.

Raloxifen

Pharmakologie und Toxikologie.

Raloxifen (z. B. EVISTA®) ist ein Anti-estrogen, das zur Prävention und Therapie der Osteoporose in der Post-menopause eingesetzt wird. Zur Therapie in der Schwangerschaft gibt es keine Erfahrungen.

Empfehlung für die Praxis:

Calcitonin, Cinacalcet und Raloxifen sind in der Schwangerschaft zu meiden. Eine Therapie im 1. Trimenon rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Ggf. sollte der Calciumspiegel kontrolliert werden.

2.18.23. Iodid

Siehe Abschnitt 2.15.5.

2.18.24. Spurenelemente

Pharmakologie und Toxikologie.

Spurenelemente, wie Chrom, Kupfer, Selen oder Zink müssen in der Schwangerschaft nicht routinemäßig substituiert werden.

Zink wird unter anderem zur Therapie des Morbus Wilson eingesetzt. In einer prospektiven Studie wurden 26 Schwangerschaften bei 19 Frauen ausgewertet, die während der gesamten Schwangerschaft wegen eines Morbus Wilson mit 3 × täglich 25–50 mg Zink behandelt wurden (normaler Tagesbedarf an Zink: 7–10 mg). Alle Schwangerschaften endeten mit Lebendgeburten. Zwar wies ein Kind eine Herzfehlbildung auf und ein anderes eine Mikrozephalie (Brewer 2000), ein teratogener Effekt lässt sich aus dieser kleinen Studie jedoch nicht ableiten.

Empfehlung für die Praxis:

Die Substitution von Spurenelementen wie Chrom, Kupfer, Selen und Zink ist in der Schwangerschaft, von nachgewiesenen Mangelzuständen oder einer tatsächlichen Indikation (z. B. Morbus Wilson) abgesehen, nicht erforderlich. Auch eine „Entgiftungsbehandlung” mit Selen sollte unterbleiben. Dennoch erfolgte Einnahmen dieser Spurenelemente erfordern keine Konsequenzen.

2.18.25. Fischleberöl (Lebertran, Omega-3-Fettsäuren)

Pharmakologie und Toxikologie.

Fischleberöl ist reich an essentiellen Fettsäuren, wie z. B. Docosahexanoinsäure. Ihm werden verschiedene pro-tektive Effekte zugeschrieben, wie z.B. hinsichtlich Dysmenorrhoe, Schwangerschaftshypertonus, Gestationsdiabetes, intrauteriner Wachs-tumsretardierung, postpartaler Depressionen sowie Senkung des Frühgeburtsrisikos und Förderung der kindlichen ZNS-Entwicklung (Saldeen 2004). Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Frühschwangerschaft gibt es nicht. Eine umfangreiche randomisiert-kontrollierte Studie hat eine Reduzierung des Wiederholungsrisikos für Frühgeburten nach Einnahme von Omega-3-Fettsäuren in der 2. Schwangerschaftshälfte nachgewiesen. Bei Zwillingsschwangerschaften hatte die Einnahme jedoch keinen Effekt (Olsen 2000). In einer kleinen retrospektiven Untersuchung wurde ein protektiver Effekt für eine Neurodermitis des Kindes bei Frauen mit Atopieneigung festgestellt (Dunstan 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Eine überzeugende Notwendigkeit zur Substitution mit Omega-3-Fettsäuren besteht bei ausgewogener Ernährung nicht.

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2.19. Alternative Heilmittel und Phytotherapeutika

Die Verträglichkeit alternativer Heilmittel in der Schwangerschaft ist bisher nicht systematisch untersucht. Es liegen auch keine Fallberichte über teratogene Schädigungen bei Einhalten der empfohlenen Dosierungen vor, sie sind zumindest bei Homöopathika auch nicht zu erwarten. Gegen Akupunktur ist ebenfalls nichts einzuwenden, wenn sie fachkundig in der Schwangerschaft praktiziert wird.

Nicht alle pflanzlichen Präparate sind harmlos: Bei Phytotherapeutika sollten therapeutische Dosen eingehalten und Tees nicht exzessiv genossen werden. Die Herkunft sollte deklariert sein, da Kontaminationen mit unerwünschten pflanzlichen Bestandteilen, Schwermetallen, wie z.B. Blei (Tait 2002) und Pestiziden sonst nicht auszuschließen sind. Nichtalkoholische Zubereitungen sollten bevorzugt werden.

2.19.1. Homöopathika

Pharmakologie und Toxikologie.

Für die Anwendung von Homöopathika in der Schwangerschaft liegen keine für eine Risikobewertung ausreichenden experimentellen oder epidemiologischen Daten vor. Trotz der umfangreichen Anwendung auch in der Schwangerschaft, gibt es bisher keine Einzelfallberichte mit Hinweisen auf teratogene Effekte.

Für die Anwendung einzelner Homöopathika werden in der Geburtshilfe folgende Indikationen angegeben, zu denen die Wirksamkeit in Studien geprüft wurde:

  • Caulophyllum D5 beim Vorliegen „falscher Wehen” bzw. Dystokien

  • die Kombination aus Aceta racemosa, Arnica, Caulophyllum, Gel-semium und Pulsatilla, jeweils in einer Potenz von D5, zur Therapie kontraktionsbedingter Schmerzen sowie

  • die Mischung aus Pulsatilla, Seeale, Caulophyllum, Aceta racemosa und Arnica ab 2 Wochen vor Geburtstermin und während der Geburt bei erhöhtem Risiko für uterine Kontraktionsstörungen.

Nur bei der zuletzt genannten Indikation wurde in einer Studie näher auf die Entwicklung der Neugeborenen eingegangen: die Apgar-Werte zeigten keine Unterschiede im Vergleich zur schulmedizinischen Therapie. Weiterhin fanden sich signifikant weniger Forceps-Entbindungen in der homöopathisch behandelten Gruppe. Bei der Häufigkeit der Kaiserschnitte waren keine Unterschiede nachweisbar (Hochstrasser 1994).

Eine Metaanalyse untersucht Caulophyllum zur zervikalen Reifung und Weheninduktion. Sie schließt 2 plazebokontrollierte Doppelblindstudien mit insgesamt 133 Frauen ein. Im Vergleich zur herkömmlichen Therapie fand sich kein Unterschied. Aussagen zu den Neugeborenen fehlen (Smith 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Homöopathika in der Schwangerschaft ist bei Dezimalpotenzen größer D2 akzeptabel. Bei D2 und D1 richtet sich die Entscheidung nach den Inhaltsstoffen.

2.19.2. Phytotherapeutika allgemein

Pharmakologie und Toxikologie.

Phytotherapeutika werden von Frauen in der Schwangerschaft ebenso gern angewendet wie Homöopathika. Eine Befragung von 139 Frauen ergab, dass 96% in der Schwangerschaft mindestens ein Naturheilmittel, meist ein Phytotherapeutikum, eingenommen hatten (Gut 2004). Allerdings sind auch hier systematische Untersuchungen zur Teratogenität und Embryotoxizität rar. Trotz der breiten Anwendung von pflanzlichen Therapeutika auch in der Schwangerschaft sind Hinweise oder Fallberichte zu teratogenen Effekten selten und zumindest bei Einhaltung der empfohlenen Dosierungen auch kaum zu erwarten.

Eine retrospektive Studie zur Anwendung von Phytotherapeutika konnte beim Vergleich mit „schulmedizinischen Therapeutika” kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko durch pflanzliche Substanzen nachweisen (Leung 2002). Eigene Daten umfassen 244 prospektiv dokumentierte Schwangerschaften, davon 142 mit Anwendung im 1. Trimenon. Ein teratogenes Risiko oder Hinweise auf vermehrte Spontanaborte lassen sich nicht beobachten.

Bei der Anwendung pflanzlicher Zubereitungen und Teedrogen sollte stets darauf geachtet werden, dass ihre Herkunft bekannt und die Inhaltsstoffe eindeutig deklariert sind. Vor einer Kontamination mit Pflanzenschutzmitteln oder toxischen Schwermetallen sowie mikrobi-eller Verunreinigung nicht zertifizierter Ware wird gewarnt (Ihrig 2005).

Auf alkoholische Zubereitungen sollte zumindest bei längerfristiger Therapie verzichtet werden. Ein Fallbericht beschreibt exzessiven Gebrauch von Phytopharmaka mit 19% Alkoholgehalt in der Frühschwangerschaft, angeblich ohne weitere Alkoholeinnahme. Das Kind wies typische Zeichen eines fetalen Alkoholsyndroms auf (Ernst 2002). Diese Kasuistik sollte eher als anekdotisch betrachtet werden, vergleichbare Berichte gibt es bisher nicht.

2.19.3. Aloe vera

Pharmakologie und Toxikologie.

Aloe vera wird extern eingesetzt zur Förderung der Wundheilung oder bei Hautproblemen und intern als Immunstimulans. Systematische Untersuchungen zur oralen Anwendung in der Schwangerschaft fehlen bisher. Aloe soll eine stimulierende Wirkung auf die Uterusmuskulatur haben, so dass theoretisch das Risiko für einen Spontanabort erhöht sein könnte (Ernst 2002). Die lokale Anwendung in der Schwangerschaft ist wahrscheinlich unproblematisch (Nordeng 2004).

Empfehlung für die Praxis:

Auf die orale Anwendung von Aloe vera sollte in der Schwangerschaft verzichtet werden.

2.19.4. Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium)

Pharmakologie und Toxikologie.

Bärentraubenblätter (z.B. Uvalysat®) werden zur Therapie von Harnwegserkrankungen eingesetzt. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft fehlen. Diskutiert werden eine Erhöhung des Uterustonus und eine damit verbundene Abortgefahr. Diese konnte aber im Tierversuch nicht nachgewiesen werden (Shipochliev 1981). Hinweise auf ein erhöhtes Abortoder Fehlbildungsrisiko beim Menschen liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Die kurzzeitige Anwendung üblicher Dosierungen von Bärentraubenblättern in der Schwangerschaft erscheint bei kritischer Indikationsstellung tolerabel.

2.19.5. Baldrian (Valeriana officinalis)

Pharmakologie und Toxikologie.

Baldrian (z.B. Baldrian Dispert®) wird bei Unruhe und Schlafstörungen eingesetzt.

Systematische Untersuchungen zur Schwangerschaft fehlen, jedoch gibt es trotz der breiten Anwendung bisher keine Hinweise auf terato-gene Effekte. Laut Monographie der Komission E des BfArM besteht keine eindeutige Kontraindikation für die Anwendung von Baldrian in der Schwangerschaft (Wichtl 2002). In 2 Fällen hatten nach Einnahme von Baldrian in suizidaler Absicht in Schwangerschaftswoche 20 die Kinder schwere mentale Schäden, jedoch hatte die Mutter in beiden Fällen noch zusätzliche Medikamente eingenommen. In 2 weiteren Fällen zeigten die Kinder keine Spätschäden (Briggs 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Baldrian in der Schwangerschaft ist bei kritischer Indikationsstellung akzeptabel.

2.19.6. Bromelain

Pharmakologie und Toxikologie.

Bromelain (z.B. Mucozym®, trauma-nase®) besteht aus proteolytischen Enzymen der Ananas und wird bei Schwellungszuständen nach Verletzungen und Operationen und zur Entzündungshemmung versucht. Systematische Untersuchungen zur Schwangerschaft gibt es nicht. Aufgrund der Zusammensetzung besteht kein ernsthafter Verdacht auf Schäden beim Ungeborenen nach Anwendung durch die Mutter.

Empfehlung für die Praxis:

Die kurzzeitige Anwendung üblicher Dosierungen von Bromelain in der Schwangerschaft erscheint bei kritischer Indikationsstellung tolerabel.

2.19.7. Echinacea (Echinacea angustifolia, Sonnenhut)

Pharmakologie und Toxikologie.

Echinacea (z. B. Echinacin®, Esberitox®) wird zur Stärkung der natürlichen Abwehrkräfte, insbesondere bei Erkrankungen der oberen Atemwege eingesetzt. Es kann zu allergischen Reaktionen führen. In einer plazebokontrollierten Studie ergab sich, dass Echinacea bei Rhinovirus-Infektionen nicht wirksam ist (Turner 2005). Die Ergebnisse einer kanadischen Studie zur Anwendung in der Schwangerschaft bei 206 Frauen, davon 112 im 1. Trimenon, deuten nicht auf ein teratogenes Risiko hin (Gallo 2001).

Empfehlung für die Praxis:

Die kurzzeitige Anwendung üblicher Dosierungen von Echinacea in der Schwangerschaft erscheint bei kritischer Indikationsstellung tolerabel.

2.19.8. Frauenwurzel (Caulophyllum thalictroides)

Pharmakologie und Toxikologie.

Frauenwurzel wird unter der Geburt zur Wehenförderung eingesetzt. Systematische Studien zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Im Tierversuch fanden sich Neu-ralrohrdefekte (Jurgens 2003). Beim Menschen liegen keine Hinweise über derartige Effekte vor. Zwei Fallberichte beschreiben toxische Auswirkungen unter der Geburt. Ein Kind wies post partum einen Myo-kardinfarkt mit Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Schock auf. Die Wirkung wurde den in der Frauenwurzel enthaltenen kardiotoxi-schen Alkaloiden wie Caulosaponin zugeschrieben, die eine Konstriktion der Koronarien bewirken sollen. Ein anderes Kind entwickelte postpartal Krampfanfälle, war beatmungspflichtig und zeigte Symptome einer Nierenschädigung (Ernst 2002).

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Frauenwurzel unter der Geburt sollte sehr kritisch und nur von Gynäkologen oder Hebammen mit Erfahrungen zu dieser Substanz durchgeführt werden. In der Schwangerschaft sollte Frauenwurzel nicht eingesetzt werden.

2.19.9. Gingko biloba

Pharmakologie und Toxikologie.

Gingko biloba (z. B. Rökan®, Tebonin®) wird verschiedentlich zur Verbesserung der Blutzirkulation, bei Konzentrationsstörungen, Schwindel, Tinnitus und in der Schwangerschaft zur Verbeserung der plazentaren Durchblutung und fetalen Oxygenie-rung empfohlen. Bisher liegen keine Hinweise für teratogene Effekte vor, systematische Untersuchungen fehlen jedoch (Jurgens 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Die kurzzeitige Anwendung üblicher Dosierungen von Gingko biloba in der Schwangerschaft erscheint bei kritischer Indikationsstellung tolerabel.

2.19.10. Ginseng (Eleutherococcus sentiosus)

Pharmakologie und Toxikologie.

Ginseng (z.B. Orgaplasma® Dragees) wird bei Stresserscheinungen, Müdigkeit und zur Stärkung des Immunsystems angewendet. Irrtümlicherweise wurde es in einem Fallbericht mit einer fetalen Androgenisierung assoziiert. Später wurde aber festgestellt, dass es sich um eine Fälschung handelte, und eine andere Substanz diesen Effekt verursachte (Jurgens 2003). Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Die kurzzeitige Anwendung von Ginseng erscheint zumindest nach dem 1. Trimenon akzeptabel, falls eine Behandlungsindikation wirklich gegeben ist.

2.19.11. Glyzyrrhizin (Glycyrrhiza glabra)

Pharmakologie und Toxikologie.

Glyzyrrhizin ist der Hauptinhaltsstoff des Süßholzstrauches (Glycyrrhiza glabra) und Bestandteil der Lakritze. Glyzyrrhizin kann über verschiedene Mechanismen den Abbau von Cortisol hemmen und zu einem erhöhten fetalen Cortisolspiegel führen. Theoretisch ist ein Zusammenhang mit einem geringeren Geburtsgewicht denkbar. In großen Mengen kann Glyzyrrhizin über die Wirkung auf den Mineralstoffwechsel zu einer Erhöhung des Blutdrucks, Ödemen, Muskelschwäche und Hypokaliämie führen.

In einer großen retrospektiven Studie wurden 1.049 Frauen zu ihrem Lakritzkonsum (starke „skandinavische Lakritze”) in der Schwangerschaft, dem Geburtsgewicht der Kinder sowie dem Schwangerschaftsalter bei Entbindung befragt. Bei starkem wöchentlichen Lakritzkonsum ab 500 mg Glyzyrrhizin war zwar keine signifikante Reduzierung des Geburtsgewichtes nachweisbar, es fand sich jedoch ein leicht erhöhtes Risiko für eine Geburt bereits vor 38 Wochen (Strandberg 2001).

In einer retrospektiven finnischen Studie wurden 95 Frauen mit frühgeborenen Kindern mit 107 Frauen mit Reifgeborenen hinsichtlich ihres Lakritzkonsums („skandinavische Lakritze”) verglichen. Es wurde festgestellt, dass bei starkem Lakritzkonsum ab wöchentlich 500 mg Glyzyrrhizin ein 2–3fach erhöhtes Frühgeburtsrisiko besteht. Es wird vermutet, dass Glyzyrrhizin einen lokalen Anstieg des Prostaglan-dinspiegels im Uterus bewirken und dadurch vorzeitige Wehen auslösen könne (Strandberg 2002). Die Methodik der Studie wurde jedoch wegen fehlender Adjustierung auf weitere Faktoren des Lebensstils kritisiert (Hughes 2003).

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz empfiehlt, den Konsum von Glyzyrrhizin speziell in der Schwangerschaft auf eine Menge von weniger als 100 mg pro Tag zu beschränken. Dies gilt besonders bei vorbestehendem Hypertonus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus. Übliche deutsche Lakritzware enthält 34–200 mg Glyzyrrhizin pro 100 g, kennzeichnungspflichtige Starklakritze mehr als 200 mg Glyzyrrhizin. 100 mg Glyzyrrhizin entsprechen etwa 1 g Süßholzwurzel oder ca. 50–400 g niedrig dosierter Lakritzware. Bei apothe-kenpflichtigen Teezubereitungen mit Süßholzwurzel wird bei Einhaltung der entsprechenden Dosierempfehlungen die Glyzyrrhizinmenge in der Regel nicht überschritten.

Empfehlung für die Praxis:

Bei der Einnahme glyzyrrhizinhaltiger Arzneimittel, Tees oder beim Konsum von Lakritze sollte darauf geachtet werden, dass in der Schwangerschaft eine tägliche Dosis von 100 mg nicht überschritten wird.

2.19.12. Himbeerblätter (Rubus idaeus)

Pharmakologie und Toxikologie.

Himbeerblättertee wird gelegentlich zur Therapie der morgendlichen Übelkeit in der Schwangerschaft sowie zur Vorbereitung auf die Geburt empfohlen.

Bei einer Untersuchung von 51 Frauen fand sich kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko (Ernst 2002). Bei Gabe von Himbeerblättertee zur Erleichterung und Verkürzung der Geburt bei 192 Frauen waren keine Nebenwirkungen nachweisbar. Eine Verkürzung der Geburt konnte in der ersten Phase nicht, in der zweiten Phase um 10 min registriert werden. Weiterhin fanden sich signifikant weniger Forceps-Entbindungen als in der Kontrollgruppe (Ernst 2002).

Empfehlung für die Praxis:

Himbeerblättertee darf in normalem Maβ auch in der Schwangerschaft konsumiert werden.

2.19.13. Ingwer (Zingiberis rhizoma)

Pharmakologie und Toxikologie.

Ingwerprodukte (z. B. Zintona®) werden häufig gegen Schwangerschaftsübelkeit und -erbrechen eingesetzt, bevorzugt im 1. Trimenon. Bei einer Untersuchung an 187 Schwangeren mit Ingwertherapie im 1. Trimenon war kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachweisbar. Die Wirksamkeit gegen die Übelkeit war nicht in allen Fällen zufriedenstellend (Portnoi 2003). In 4 anderen randomi-sierten plazebokontrollierten Doppelblindstudien zeigte sich jedoch, dass sowohl die Übelkeit als auch die Häufigkeit des Erbrechens mit Ingwer signifikant reduziert wurden (Willetts 2003, Keating 2002, Vutyavanich 2001, Fischer-Rassmusen 1990). Bis auf eine Arbeit ohne Hinweise zur Entwicklung des Neugeborenen (Keating 2002), fanden sich in den anderen 3 Studien keine Hinweise auf ein erhöhtes Abort- oder Fehlbildungsrisiko. Eine neuere randomisiert-kontrollierte Studie ermittelte keine Unterschiede in der Wirksamkeit und bei der Entwicklung der Neugeborenen gegenüber Vitamin B6 (Pyridoxin). Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko war nicht erkennbar (Smith 2004). Auch andere substanzspezifische Nebenwirkungen wurden bisher nicht beobachtet (Betz 2005).

Da Ingwer in vitro eine Hemmung der Thromboxansynthese bewirkt, nahmen einige Autoren an, dass er die Testosteron-Rezeptor-Bindungen beim Fetus beeinflussen und somit auf die Geschlechtsdifferenzierung im kindlichen Hirn einwirken könnte (Backon 1991). Dieser Effekt erscheint jedoch im üblichen Dosisbereich unwahrscheinlich. Im Tierversuch wurden in 2 Studien keine entsprechenden Effekte beobachtet (Weidner 2001, Wilkinson 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Ingwer bei Schwangerschaftsübelkeit und -erbrechen in üblicher Dosierung stellt kein Problem dar.

2.19.14. Johanniskraut (Hypericum perforatum)

Pharmakologie und Toxikologie.

Johanniskraut (z.B. Esbericum®) wird bei leichten depressiven Verstimmungen, psychovegetativen Störungen und nervöser Unruhe mit Erfolg eingesetzt (Nordeng 2004). Durch eine Induktion von Isoenzymen von Cytochrom P 450 (CYP 450) können Interaktionen mit anderen Arzneimitteln auftreten, z.B. eine Beeinträchtigung der Wirkung oraler Kontrazeptiva (siehe Abschnitt 2.11). Weiterhin wurden unter der Johanniskraut-Therapie Zyklusstörungen (Zwischenblutungen, Menstruationsunregelmäßigkeiten) beobachtet (Yue 2000). Im Tierversuch fanden sich keine Hinweise für teratogene Effekte (Jurgens 2003). Systematische Studien zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Bisher gibt es trotz häufiger Einnahme auch von Schwangeren keine Hinweise auf ein teratogenes Risiko und nach vorliegenden Einzelfallberichten auch keine Hinweise auf funktionelle Auffälligkeiten bei den Kindern.

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Johanniskraut bei depressiven Störungen in der Schwangerschaft ist akzeptabel. Außerhalb einer Schwangerschaft muss bei gleichzeitiger Einnahme von oralen Kontrazeptiva die kontrazeptive Wirkung durch kontinuierliche Einnahme monophasischer, niedrig dosierter Präparate verstärkt oder ein Intrauterinpessar benutzt werden.

2.19.15. Kampfer

Pharmakologie und Toxikologie.

Kampfer ist ein häufiger Zusatz in pflanzlichen Antihypotonika (interne Anwendung) und in externen Einreibungen. Im Tierversuch zeigten sich teratogene Wirkungen, jedoch erst im hochtoxischen Dosisbereich (Leuschner 1997). Beim Menschen gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass therapeutische Dosen teratogen sind, allerdings wurde dies nicht systematisch untersucht. Theroretisch kann Kampfer Spontanaborte auslösen. Es ist plazentagängig und der Fetus bildet noch keine Enzyme zur Hydroxylierung und Glucuronidie-rung von Kampfer (Rabl 1997).

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Kampfer ist in therapeutischer Dosierung bei entsprechender Indikationsstellung akzeptabel, jedoch sollte auf eine Anwendung im 1. Trimenon verzichtet werden. Eine dennoch erfolgte Applikation rechtfertigt weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.19.16. Mistel (Viscum album)

Pharmakologie und Toxikologie.

Mistelpräparate (z.B. Helixor®, Iscador®) werden zur Therapie von Malignomen eingesetzt. Praktische Erfahrungen zur Schwangerschaft liegen nur in einigen Fallbeobachtungen ohne Hinweise auf nennenswerte Schädigung des Ungeborenen vor. Bei In-vitro-Untersuchungen an Amnionflüssigkeit konnten nach hoch dosierter Zugabe von Viscum album (Iscador® P) keine zytogenetische Schädigung oder mutagenen Effekte nachgewiesen werden (Bussing 1995).

Als Nebenwirkung einer Misteltherapie kann es zur Fieberentwicklung kommen. Dies ist in der Schwangerschaft aufgrund der zumindest bei hohen Temperaturen möglichen Komplikationen primär nicht erwünscht (siehe Abschnitt 2.6.61).

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Mistelpräparaten in der Schwangerschaft sollte nur nach kritischer Indikationsstellung erfolgen.

2.19.17. Mönchspfeffer (Agnus castus)

Pharmakologie und Toxikologie.

Mönchspfeffer (Agnus castus; z.B. Agnucaston®, Agnolyt®) ist ein Pflanzenextrakt mit estrogenartiger Wirkung. Es kommt bei einer Vielzahl gynäkologischer Probleme zum Einsatz, z. B. Dysmenorrhoe, prämenstruellen Beschwerden oder Mastody-nie. Ein Fallbericht diskutiert, dass Mönchspfeffer über eine ovarielle Hyperstimulation zu einem erhöhten Spontanabortrisiko führen könnte (Cahill 1994). Es liegen keine Daten zur Bewertung des terato-genen Risikos vor.

Empfehlung für die Praxis:

Für die Anwendung von Mönchspfeffer besteht in der Schwangerschaft keine Indikation. Eine dennoch erfolgte Einnahme in der Frühschwangerschaft stellt keine Indikation für einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch oder invasive Diagnostik dar (siehe Kapitel 1.15).

2.19.18. Nachtkerzenöl

Pharmakologie und Toxikologie.

Nachtkerzenöl per os wurde bei drohender Übertragung und zur Verkürzung der Geburt empfohlen. In einer Studie wurden jeweils 54 Schwangere mit und ohne Einnahme von Nachtkerzenöl ab Woche 37 hinsichtlich der Dauer der Schwangerschaft und der Wehentätigkeit verglichen. Insgesamt fanden sich keine Unterschiede im Schwangerschaftsverlauf. Tendenziell fanden sich in der behandelten Gruppe sogar eine längere Geburtsdauer, eine Verzögerung des Blasensprungs und häufiger Anzeichen für einen Geburtsstillstand mit der Notwendigkeit zur Vakuumextraktion (Dove 1999). Zur Langzeitanwendung von Nachtkerzensamenöl (z.B. Epogam) wegen Neurodermitis in der Schwangerschaft liegen keine Erfahrungen vor.

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Nachtkerzenöl sollte sehr kritisch geprüft werden.

2.19.19. Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)

Pharmakologie und Toxikologie.

Rosskastanienextrakt (Aescin-Präparate) (z.B. Aescorin®, Venostasin®) kommt als Antiphlogistikum und Venen-therapeutikum zum Einsatz. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Schwangerschaft gibt es nicht, bisher jedoch auch keine Hinweise auf ein teratogenes Risiko.

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung von Rosskastanienextrakt sollte auch im 2. und 3. Trimenon sehr kritisch geprüft werden.

2.19.20. Salbei (Salvia officinalis)

Pharmakologie und Toxikologie.

Vor der Anwendung von Salbei als reinem ätherischem Öl oder alkoholischen Extrakten wird von der Komis-sion E des BfArM gewarnt. Die gelegentliche Anwendung als Gewürz oder in Form von Salbeitee ist wahrscheinlich unproblematisch. Systematische Untersuchungen zur Anwendung von Salbei in der Schwangerschaft liegen nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Salbei sollte nicht als reines ätherisches Öl oder in alkoholischen Zubereitungen in der Schwangerschaft genommen werden. Die gelegentliche Anwendung als Gewürz oder Tee ist zulässig.

2.19.21. Zimt

Pharmakologie und Toxikologie.

Zimt in der Schwangerschaft wurde aufgrund einer Studie kontrovers diskutiert, in der nach täglicher Einnahme von 1–6 g Zimt über 40 Tage ein Absinken des Nüchternserumglukosespiegels sowie vorübergehend der Triglyceride, des LDL-Cho-lesterins und des Gesamtcholesterins festgestellt wurde (Khan 2003). Diesen Effekt könnte man bei der Therapie eines Diabetes mellitus nutzen. Problematisiert wird allerdings auch eine mögliche fetale Hypo-glykämie bei häufigem Zimtkonsum in der Schwangerschaft.

Empfehlung für die Praxis:

Die gelegentliche Anwendung von Zimt in der Schwangerschaft stellt bei sonst ausgewogener Ernährung kein Problem dar.

2.19.22. Pflanzliche Carminativa

Pharmakologie und Toxikologie.

Pflanzliche Carminativa, wie Anis, Kümmel oder Pfefferminze sowie ihre entsprechenden Öle, sind in der Schwangerschaft nicht systematisch untersucht. Hinweise auf terato-gene oder embryotoxische Wirkungen liegen bisher nicht vor.

Empfehlung für die Praxis:

Pflanzliche Carminativa dürfen in der Schwangerschaft angewendet werden.

2.19.23. Andere Phytopharmaka und Kombinationspräparate

Pharmakologie und Toxikologie.

Gelomyrtol® ist ein Gemisch ätherischer Öle in Kapselform, das bei der Therapie der akuten oder chronischen Bronchitis oder Sinusitis Anwendung findet. Systematische Studien zur Anwendung in der Schwangerschaft liegen nicht vor, allerdings auch keine Fallberichte mit Hinweisen auf Teratogenität.

Phytodolor® wird aus Blättern und Rinde der Pappel (Polulus tre-mula), dem Kraut der Goldrute (Solidago virgaurea) und der Rinde der Esche (Fraxinus excelsior) im Verhältnis 3:1:1 gewonnen. Seine anti-phlogistische Wirkung wird bei der Therapie leichter bis mäßiger rheumatischer Beschwerden genutzt. Die Wirksamkeit wurde in randomi-sierten Doppelblindstudien nachgewiesen. In umfassenden toxikologischen Untersuchungen ergab sich kein Hinweis auf ein toxisches, mutagenes oder teratogenes Potenzial, auch nicht bei Langzeittherapie (Chrubasik 2002).

Sinupret® ist ein Gemisch aus Enzianwurzel, Schlüsselblumenwurzel, Gartensauerampferkraut, Holunderblüten und Eisenkraut, das zur Behandlung der akuten und chronischen Sinusitis oder Bronchitis eingesetzt wird. In Zusammenarbeit mit dem Geburtsregister Mainz wurden in einer Untersuchung von 762 Schwangerschaften mit Sinu-pret-Exposition keine Hinweise auf ein teratogenes oder embryotoxisches Risiko gefunden (Ismail 2003). Die Studie enthält allerdings keine Angaben zum Therapiezeitpunkt.

Zu anderen Phytopharmaka, wie z.B. Efeublättertrockenextrakt (z.B. Prospan®) und Pelargoniumwurzel (Umckaloabo®), gibt es keine ausreichenden Erfahrungen in der Schwangerschaft.

Empfehlung für die Praxis:

Die Indikation für o.g. Phytopharmaka sollte kritisch geprüft werden. Auf alkoholische Zubereitungen sollte verzichtet werden. Eine Behandlung in der Frühschwangerschaft erfordert keine zusätzliche Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.19.24. Pyrrolizidinalkaloide

Pharmakologie und Toxikologie.

Pyrrolizidinalkaloide sind bei Langzeitanwendung lebertoxisch. Pflanzen, die Pyrrolizidinalkaloide enthalten, sind z.B. Borretsch (Borago officinale), verschiedene Beinwellarten (Symphytum officinale), Kamille (Matricaria chamomilla), Huflattich (Tussilago farfara), verschiedene Kreuzkrautarten (z.B. Senecio vulga-ris) oder Pestwurz (Petasites hybridus).

Publiziert wurden 2 Fälle, in denen eine längere Einnahme von pyr-rolizidinalkaloidhaltigen Zubereitungen in der Schwangerschaft zu einer Leberschädigung mit venöser Verschlusskrankheit (Veno occlu-sive disease) und zum Tod des Kindes führte. Im ersten Fall trank die Mutter während der gesamten Schwangerschaft einen Pflanzentee, bei dem später festgestellt wurde, dass er Pyrrolizidinalkaloide enthielt (Ernst 2003). Zunächst war der Huflattich im Tee angeschuldigt worden, schließlich stellte sich heraus, dass die Ursache bei einer Verunreinigung mit Pestwurz lag. Im zweiten Fall hatte die Schwangere zum täglichen Kochen eine türkische Gewürzmischung verwendet, die diverse Pyrrolizidinalkaloide enthielt (Rasenack 2003). Eine südafrikanische Veröffentlichung soll über 20 Kinder mit Veno occlusive disease nach mütterlicher Einnahme pyrrolizidinalkaloidhaltiger Phytotherapeutika und hoher Mortalitätsrate beobachtet haben. Bei überlebenden Kindern entwickelte sich eine Leberzirrhose mit portaler Hypertension (Ernst 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Pflanzentees und anderen Zubereitungen mit ungeklärter Herkunft, bei denen Pyrrolizidinalkaloide enthalten sein könnten, sollten in der Schwangerschaft strikt gemieden werden.

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2.20. Diagnostika

2.20.1. Röntgenuntersuchungen

Röntgenstrahlen gehören zu den ionisierenden Strahlen. Die Dosis wird in rad oder in Gray (Gy) angegeben. 1 Gray = 100 rad = 100.000 mrad. In der Schwangerschaft ist vor allem die Uterusdosis bzw. die des Embryos relevant. Die im Zielorgan, dem Embryo, tatsächlich ermittelte Dosis wird in rem oder Sievert (Sv) angegeben. 1 Sievert = 100 rem = 100.000 mrem. Geht man vereinfachend davon aus, dass die emittierte Dosis der Embryonaldosis entspricht, dann ist 1 Sv = 1 Gy.

Dosisbereiche üblicher Röntgenuntersuchungen.

Die Fruchtdosis üblicher Röntgenuntersuchungen (einschließlich des Unterbauchs) liegt meist deutlich unterhalb 50 mSv Bei einer einzelnen Abdomen-, Beckenoder LWS-Aufnahme ohne Abschirmung ist die Gonadendosis häufig sogar niedriger als 2 mSv Diese Größenordnung gilt für Röntgenaufnahmen mit heute empfohlenem Filmmaterial und für digitale Aufzeichnung mit korrekt eingestellten Geräten. Bei mehreren Aufnahmen des Uterus im direkten Strahlengang muss die Gesamt-Uterusdosis berechnet werden. Dafür benötigt man u. a. die Röhrenspannung in kV (Kilovolt), die Dicke der Aluminiumfilter in mm, den Filter-Haut-Abstand in cm und die Strahlenrichtung. Längere Durchleuchtungszeiten bei Darmuntersuchungen oder Darstellung ableitender Harnwege können durchaus zu einer Uterusbelastung von 20 mSv führen. Die Uterusdosis bei Durchleuchtungsuntersuchungen ist stark von der Gerätetechnik und der Untersuchungstechnik abhängig (DGMP-Bericht 2002). Tabelle 2.2 geht vom ungünstigsten Fall aus und gibt die Höchstwerte pro Minute an, wenn der Uterus im direkten Strahlengang liegt. Die Werte variieren je nach Konstitution der Patientin (Durchmesser in cm) und nach Durchleuchtungsrichtung.

Tab. 2.2

Höchstwerte der Äquivalentdosisleistung für den Uterus in mSv/min bei Röntgendurch leuchtung mit Bildverstärker-Fernsehkette (nach DGMP-Bericht 2002).

Projektiona.p.a.p.a.p.p.a.p.a.p.a.lateralKonstitutiondünn, 17 cmnormal, 22 cmdick, 26 cmdünn, 17 cmnormal, 22 cmdick, 26 cmnormal, 36 cmÄquivalentdosisleistung1624408122032

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a. p. = anterior-posterior, p.a. = posterior-anterior

Die Uterusstrahlendosis bei Computertomographie (CT-Röntgen)- Untersuchungen einschließlich der neueren Spiral-CTs liegt häufig über 20 mSv, jedoch meist unter 50 mSv, wenn sich der Uterus im Strahlengang befand. Dies schließt zwei Untersuchungsgänge unter Einbeziehung des Unterbauchs einschließlich Übersichtsaufnahme (Scout) ein. Zur Dosisberechnung gehören u.a. die Röhrenspannung in kV, die Anzahl der Rotationen, die oberste und unterste Schicht mit Angabe des korrespondierenden Wirbelkörpers oder in cm oberhalb des Rumpfendes, die mAS (Milliamperesekunden) pro Rotation oder als Summenangabe für die gesamte Untersuchung, die Schichtdicke, der Vorschub und der gerätetypische so genannte Kerma-Wert, der die Dosis auf der Rotationsachse in freier Luft angibt und mit CTDILuft bezeichnet wird.

Die Streustrahlung bei Untersuchung anderer Körperregionen wie Oberbauch, Thorax, Extremitäten oder Zahnröntgen ist zu vernachlässigen, weil sie weit unter 1 mSv liegt.

Auswirkungen von Röntgenstrahlung.

Röntgenstrahlen können in Abhängigkeit von der Dosis und vom Entwicklungsstadium des Embryos Fruchttod, Fehlbildungen verschiedener Organsysteme, vor allem der Augen, allgemeine Wachstumsretardierung, Mikrozephalie und mentale Retardierung hervorrufen. Dies ist sowohl tierexperimentell als auch empirisch beim Menschen belegt (Brent 1999 A). In den ersten 5 Tagen nach Konzeption (also noch während der „Alles-oder-Nichts-Phase”) wird die niedrigste Letaldosis mit 10 rad (100 mGy) angegeben. Während der eigentlichen Embryogenese wird dieser Wert mit 25–50 rad, später mit über 100 rad (1 Gy) beziffert (Brent 1999 A). Schwere ZNS-Fehlbildungen während der frühen Embryogenese (18–36 Tage nach Konzeption) sollen erst ab 20 rad (200 mGy) zu erwarten sein. Mit bleibender Wachstumsretardierung rechnet man bei 25–50 rad. Mikrozephalie und mentale Retardierung wurden besonders nach Dosen oberhalb 20 rad zwischen Woche 10 und 17 beobachtet.

Die meisten Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass unterhalb einer Strahlendosis von 50 mGy, entsprechend 5 rad, mit keinem nennenswerten Anstieg des Fehlbildungsrisikos beim Menschen zu rechnen ist (Brent 1999 A, Sternberg 1973). Eine kürzlich veröffentlichte Studie beobachtet ein geringeres Geburtsgewicht im Zusammenhang mit Zahnröntgen in der Schwangerschaft und interpretiert dies als Folge einer Funktionsstörung der Schilddrüse, die beim Zahnröntgen ebenfalls getroffen werde (Hujoel 2004). Andere Autoren widersprechen dieser Hypothese und halten eher die zugrunde liegende Zahnerkrankung für ursächlich (Lockhart 2004).

Weitaus schwieriger als die Beurteilung des teratogenen Strahlenrisikos ist die Frage nach mutagenen und krebsauslösenden Effekten zu beantworten. Für mutagene Effekte gibt es keine Schwellendosis, unterhalb derer wie bei der Teratogenese kein Effekt zu erwarten ist. Punktmutationen ereignen sich bekanntermaßen auch spontan. Die zur Verdopplung der Punktmutationsrate führende Strahlendosis wird mit 100–200 rad (1–2 Gy) angegeben (Brent 1999 A, Neel 1999). Einerseits bedeutet eine Verdopplung der Mutationsrate eines bestimmten Gens noch keine Häufigkeitsverdopplung einer daran gekoppelten Erkrankung. Andererseits sollten die völlig unzureichenden Kenntnisse zu den Auswirkungen auf spätere Generationen zu großer Zurückhaltung bei der Definition unbedenklicher Expositionsgrenzwerte für die Gesamtbevölkerung führen (Brent 1999 A).

Bei den Eltern von etwa 500 an Neuroblastom erkrankten Kindern wurden Röntgenanwendungen vor der Schwangerschaft nicht häufiger durchgeführt als bei einer gesunden Kontrollgruppe (Patton 2004). In einer Studie an Zwillingsschwangerschaften ermittelten Harvey und Mitarbeiter (1985) bei einer Fetaldosis von 0,01 Sv einen Anstieg des Leukämierisikos um den Faktor 2,4. Lengfelder (1990) zieht bereits ein erhöhtes Leukämierisiko in Erwägung, wenn die zusätzliche pränatale Strahlenexposition des Embryos im Bereich der natürlichen Hintergrundbelastung von etwa 0,001 Sv liegt. Dagegen nehmen andere Autoren bei Exposition mit 0,02–0,05 Sv noch kein Risiko für den Embryo an (Boice 1999).

Wakeford und Mitarbeiter (2003) haben für Kinder unter 15 Jahren das relative und absolute Risiko errechnet, nach intrauteriner Strahlenexposition an einem Karzinom zu erkranken. Das absolute Risiko geben sie mit 8% pro Gray an. Ihre detaillierte Berechnung basiert auf der weltweit größten Datensammlung zum Karzinomrisiko durch intra-uterine Röntgenexposition, vorwiegend Pelvimetrie, dem Oxford Survey of Childhood Cancers (OSCC). Die Autoren leiten vergleichbare Risiko-Koeffizienten aus den japanischen Daten von Atombombenopfern ab und fassen zusammen, dass selbst für eine vergleichsweise niedrige Fetaldosis von 10 mSv, die in den 50er Jahren bei einer Röntgenaufnahme des Beckens erreicht wurde, bereits ein erhöhtes Risiko vorliegt. Andere Autoren halten solche Risikoannahmen für zu hoch. Sie berufen sich ebenfalls auf die nicht einmal 1.000 Überlebende umfassende Gruppe intrauterin exponierter Hiroshimaopfer und auf Verlaufsdaten von exponierten Kindern in Hiroshima. Diese nicht selten als Beleg für ein vergleichsweise niedriges Krebsrisiko nach radioaktiver Exposition zitierten Untersuchungen sind jedoch angesichts methodischer Mängel und der damaligen politischen Interessenlage der amerikanischen Untersucher kritisch zu bewerten.

Empfehlung für die Praxis:

Bei Anwendung bildgebender diagnostischer Verfahren im Bereich des Unterbauches sollte bei Frauen im gebärfähigen Alter primär auf Röntgenverfahren verzichtet werden, insbesondere wenn eine Schwangerschaft nicht sicher auszuschließen ist. Die mit „Nein” beantwortete Frage nach einer vorliegenden Schwangerschaft schließt eine solche bekanntermaßen nicht aus! Jede Röntgenuntersuchung des Unterbauchs, von deren Ergebnis nicht unmittelbar vital indizierte Therapiemaßnahmen abhängen, sollte sicherheitshalber nur in der ersten Zyklushälfte durchgeführt werden. Falls Röntgenun-tersuchungen unverzichtbar sind, darf nur mit den modernsten Geräten und unter optimalem Schutz der Fruchthöhle gearbeitet werden. Röntgenaufnahmen außerhalb der Genitalregion und der Fruchthöhle stellen weder eine Indikation für einen risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch für weitere Vorsorgemaßnahmen dar (siehe Kapitel 1.15). Dies gilt auch für die üblichen Rönt-genuntersuchungen, bei denen (versehentlich) der schwangere Uterus erfasst wird.

2.20.2. Radioaktive Isotope

Pharmakologie und Toxikologie.

In der Szintigraphie hat Technetium das Iod weitgehend ersetzt, bei der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) wird 18FDG (2-Fluoro-2-Deoxy-D-Glucose) i.v. appliziert.

Die Strahlendosis für den Embryo im Rahmen einer Szintigraphie ist abhängig von den Strahlungseigenschaften des Radionuklids, der appli-zierten Aktivität (Dosis) sowie dem Verteilungsmuster und Eliminationsverhalten des Radiopharmakons (DGMP-Bericht 2002). Sie kann nicht gemessen werden, sondern muss unter vereinfachenden Annahmen bezüglich der Anatomie der Patientin und der Biokinetik des Radiopharmakons einschließlich seiner Halbwertszeit berechnet werden. Dabei werden Dosiskoeffizienten für den Embryo bzw. Fetus in den verschiedenen Stadien der Schwangerschaft verwendet (0, 3, 6, 9 Monate). In Tabelle 2.3 wird jeweils der höchste ermittelte Wert übernommen. In der Regel fallen Dosiskoeffizient und Dosis vom Anfang zum Ende der Schwangerschaft hin ab.

Tab. 2.3

Energiedosis für den Embryo/Fetus bei ausgewählten diagnostischen und therapeutischen nuklearmedizinischen Verfahren. Für abweichende applizierte Aktivitäten sind die Dosiswerte entsprechend zu modifizieren (nach DGMP-Bericht 2002).

Organ bzw. MethodeRadio-nuklidRadio-pharmakonDosiskoeffizient μGy/MBqApplizierte Aktivität MBqEnergiedosis (Embryo/Fetus) mGyKnochen99mTcMDP, HDP6,17504,6Schilddrüse131IIodid7220,1Schilddrüse99mTcPertechnetat11750,8Nieren99mTcMAG3182003,6Lunge99mTcMikrosphären2,82000,6Therapie Hyperthyreose131IIodid7275054Therapie Struma maligna131IIodid724.000288

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Eine Besonderheit stellt der Iodstoffwechsel dar. Die Anreicherung von Radioiod in der fetalen Schilddrüse beginnt etwa 90 Tage nach der Konzeption. Obwohl Untersuchungen der Anreicherung und Retention in der Schilddrüse des menschlichen Fetus vorliegen, ist die zugehörige Dosimetrie nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet. Das Dosismaximum für die fetale Schilddrüse wird bei Gabe von Radioiod Mitte bis Ende des 2. Trimenons erreicht. Bei der Anwendung von 131I zur Therapie einer Hyperthyreose sind die Schilddrüsendosen bei Fetus und Mutter dann etwa gleich groβ. Tabelle 2.4 fasst die Ergebnisse entsprechender Berechnungen zusammen. Aus Tabelle 2.3 ergibt sich, dass diagnostische Anwendungen eine vergleichsweise geringe Fetaldosis bedingen. Da jedoch die Dosen, die bei der Therapie der Hyperthyreose und der Struma maligna mit 131I eingesetzt werden, 50–300 mGy betragen, ist eine solche Therapie für den Fetus sehr riskant. Wie Tabelle 2.4 zeigt, kann 131I schon bei diagnostischer Anwendung zu einer erheblichen fetalen Schilddrüsendosis führen. Die therapeutische Applikation von 131I bei der Mutter führt nach dem 1. Trimenon mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Ablation der fetalen Schilddrüse. Jedoch wurden, vor allem nach versehentlicher Anwendung in der Frühschwangerschaft, auch unauffällige Verläufe beobachtet. Das fetale TSH, durch Nabelschnurpunktion gewonnen, kann Aufschluss über die Einwirkung der mütterlichen 131I-Therapie auch bei noch (kompensiert) euthyreoten Feten und Hinweise auf eine postnatal erforderliche Thyroxinsupplementierung bis zur TSH-Normalisierung geben (Welch 1997).

Tab. 2.4

Fetale Schilddrüsendosis bei einmaliger Zufuhr des Radiopharmakons zu verschiedenen Zeitpunkten der Schwangerschaft (nach DGMP-Bericht 2002)

MethodeRadio-pharmakonApplizierte Aktivität MBqFetale Schilddrü sendosis mSv; 95 TageFetale Schilddrü sendosis mSv; 130 TageFetale Schilddrü sendosis mSv; 250 TageSD-Szintigraphie99mTc- Pertechnetat750,71,70,6SD-Szintigraphie123I Iodid10297027Radioiodtest131I Iodid28101.950760Therapie Hyperthyreose131I Iodid750300.000730.000280.000

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Der Radioiodtest wird heute fast ausschließlich vor einer Radioiodthe-rapie angewendet. Insgesamt ist die übliche nuklearmedizinische Diagnostik mit Werten von meist weniger als 10 mGy für den Embryo oder Fetus verbunden (DGMP-Bericht 2002, Adelstein 1999).

Eine in den Jahren vor der Schwangerschaft erfolgte therapeutische (ablative) Anwendung von 131Iod bei Hyperthyreose oder Schilddrüsenkarzinom hat laut mehrerer Studien mit einigen 100 ausgewerteten Schwangerschaften keine ungünstigen Auswirkungen auf die vor- und nachgeburtliche Entwicklung des Kindes (Bal 2005, Chow 2004, Read 2004, Schlumberger 1996). Von zahlreichen Kindern dieser Studien liegen Berichte zu ihrer Entwicklung bis ins Erwachsenenalter vor, ohne dass Hinweise auf Spätfolgen wie Karzinomentstehung oder genetische Defekte daraus erkennbar werden. Schlumberger und Mitarbeiter (1996) beobachten jedoch eine erhöhte Abortrate, wenn die Behandlung innerhalb eines Jahres vor der Schwangerschaft stattfand. Die Autoren diskutieren sowohl die Exposition der Gonaden als auch eine ungenügende Schilddrüsenhormoneinstellung nach der nuklear-medizinischen Therapie als Ursachen. Read und Mitarbeiter (2004) haben keine Fehlbildung bei 36 Schwangerschaften beobachtet, bei denen der Vater eine ablative Behandlung mit 131Iod in der Vorgeschichte angab.

Empfehlung für die Praxis:

Die diagnostische und therapeutische Anwendung von Radioisotopen während der Schwangerschaft ist kontraindiziert. Eine dennoch erfolgte diagnostische Exposition rechtfertigt jedoch weder einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15). Bei Anwendung von 131Iod in therapeutischer Dosierung bei Hyperthyreose oder Schilddrüsenkarzinom ist über diagnostische und therapeutische Konsequenzen individuell zu entscheiden. Ein Beratungszentrum für Medikamente in der Schwangerschaft sollte zu Rate gezogen werden (siehe Adressen in Kapitel 1.15).

2.20.3. Ultraschall

Seit rund 30 Jahren wird Ultraschall in allen Phasen der Schwangerschaft angewendet. Zahlreiche tierexperimentelle (Übersicht in Jensh 1999) und epidemiologische Untersuchungen (Übersicht in Ziskin 1999) haben die Auswirkungen auf den Fetus analysiert. Negative Effekte könnten in erster Linie durch lokale Hyperthermie ausgelöst werden. Obwohl Auffälligkeiten wie die Zunahme fetaler Bewegungsaktivität, vermindertes Geburtsgewicht, verzögerte Sprachentwicklung und vermehrte Linkshändigkeit als Folge von Ultraschalluntersuchungen von einzelnen Untersuchern erörtert wurden (Newnham 1993, Visser 1993), ließen sich diese Auswirkungen nicht bestätigen. Nachfolgeuntersuchungen an etwa 1.500 Kindern im Alter von 1–8 Jahren, deren Mütter 5-mal per Ultraschall zwischen Woche 18 und 38 untersucht worden waren, ergaben hinsichtlich Gewichtszunahme und anderer Entwicklungsparameter keine Auffälligkeiten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit nur einer Ultraschalluntersuchung (Newnham 2004). Gepulste Doppleruntersuchungen, Flowmessungen und Untersuchungen im 1. Trimenon erfordern eine höhere Energiedosis und können bei längerer Fokussierung eines Bereichs theoretisch eher zur Überwärmung embryonalen Gewebes und zu Entwicklungsschäden führen. Daher wird weiterhin empfohlen, Ultraschall nur medizinisch indiziert anzuwenden (Bly 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Ultraschalluntersuchungen im medizinisch notwendigen Umfang sind in der Schwangerschaft akzeptabel. Video- und Einzelbilddarstellungen fürs Familienalbum gehören nicht dazu.

2.20.4. Magnetresonanztomographie (MRT)

Bei der MRT werden Magnetfelder erzeugt, die sich nicht von anderen elektrischen Anwendungen einschließlich Radiowellen unterscheiden. Die Magnetfeldstärke wird für die Patienten mit 1,5 bis 2 Tesla [T] und für das Untersuchungspersonal mit 5–100 mT angegeben.

Die MRT wird seit rund 20 Jahren auch in der Schwangerschaft angewendet. Mittels MRT wurde z.B. die Plazenta lokalisiert, fetale Diagnostik betrieben und geprüft, ob die Beckenmaße eine vaginale Entbindung zulassen (De Wilde 2005). Die überwiegend im 2. und 3. Trimenon gemachten Erfahrungen haben bislang keine negativen Auswirkungen der dabei erzeugten elektromagnetischen Felder und des Gerätelärms auf den Fetus erbracht (Kok 2004, Brent 1999 B, Übersicht in Robert 1999, Brent 1993). Dies betrifft auch Nachuntersuchungen von Kindern im Alter von 3 bzw. 8–9 Jahren einschließlich Hör- und Sehtests (Kok 2004, Baker 1994). Untersuchungen an MRT-Personal ergaben keinen Anhalt für ein reproduktionstoxisches Risiko (Evans 1993).

Empfehlung für die Praxis:

In Abwägung potenzieller Risiken zwischen Rönt-gen-CT und MRT ist der MRT in allen Phasen der Schwangerschaft der Vorzug zu geben.

2.20.5. Bariumsulfat-Kontrastmittel

Zur röntgenologischen Darstellung des Magen-Darm-Traktes wird Bariumsulfat eingesetzt. Diese Verbindung ist unlöslich und wird im Darm nicht resorbiert. Es ist daher in der Schwangerschaft nicht mit einer Schädigung des Ungeborenen durch dieses Kontrastmittel zu rechnen.

2.20.6. Iodhaltige Kontrastmittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Zu den iodhaltigen Kontrastmitteln zählen Iobitridol (Xenetix®), Iodamid, Iodixanol (Accupaque™, Visipaque®), Iohexol (z. B. Omnipaque®), Iomeprol (Imeron®), Iopamidol (z. B. Uni-lux®, Solutrast®), Iopansäure, Iopentol (Imagopaque®), Iopodate (Biloptin®), Iopromid (Ultravist®), Iotalaminsäure (Conray®), Iotrolan (Isovist®), Iotroxinsäure (Biliscopin®), Ioversol (Optiray), Ioxaglin-säure (Hexabrix®), Ioxitalaminsäure (Telebrix®), Lysinamidotrizoat (z.B. in Peritrast®), Megluminamidotrizoat und Natriumamidotrizoat (kombiniert z. B. in Urografin®, Urovison®), Metrizamid und Metrizoat.

Bei den iodhaltigen Kontrastmitteln sind nieren- und gallengängige Präparate zu unterscheiden.

Gallenkontrastmittel sind lipophil. Das erleichtert ihre Ausscheidung über die Leber, bedingt jedoch auch eine gute Plazentagängigkeit. Mehr als 80 % der lebergängigen Kontrastmittel werden rasch über die Galle in den Darm ausgeschieden.

Zur Nieren- und Harnwegsdarstellung sowie zur Angiographie werden intravenös applizierbare hydrophile und vorwiegend nichtionische iodhaltige Kontrastmittel verwendet, die nur in geringem Umfang an Plasmaeiweiße gebunden sind und schnell über die Niere ausgeschieden werden. Der Anteil an freiem Iod im Kontrastmittel liegt unter 1 Promille der Kontrastmittelmenge und kann im Verlauf der Lagerung zunehmen. Nach Applikation ist im Organismus eine weitere enzymati-sche Freisetzung durch Deiodasen möglich. Freies Iodid kann die fetale Schilddrüse erreichen und dort gespeichert werden. Eine Iodüberla-dung kann ab Schwangerschaftswoche 12, wenn die fetale Schilddrüse ihre endokrine Funktion aufnimmt, eine vorübergehende Hypothy-reose verursachen (Übersicht in Webb 2005).

Empfehlung für die Praxis:

Die Anwendung iodhaltiger Kontrastmittel ist spätestens ab Schwangerschaftswoche 12 auf vitale diagnostische Indikationen zu beschränken.

2.20.7. Ultraschall- und Magnetresonanz-Kontrastmittel

Pharmakologie und Toxikologie.

Als Kontrastmittel wird bei der Ultraschalldiagnostik D-Galaktose (Echovist-200®, Echovist-300®) eingesetzt, von dem kein pränatal toxisches Risiko zu erwarten ist.

Gadopentetsäure (Magnevist®), Gadobensäure (MultiHance®), Ga-dodiamid (Omniscan®), Gadoteridol (ProHance®), Gadotersäure (Dotarem®) und Gadoxetsäure (Primovist®) sind ionische, paramagnetische Kontrastmittel, die bei der Magnetresonanzdarstellung (MRT) benutzt werden. Soweit untersucht, ergaben Tierversuche keine Hinweise auf teratogene Eigenschaften dieser Kontrastmittel. Auch die bisher vorliegenden Fallberichte zur Anwendung von Gadoliniumverb indungen beim Menschen (Webb 2005, Marcos 1997), vorwiegend nach dem 1. Trimenon, ergaben keine Hinweise auf Fetotoxizität.

Ferristen (Abdoscan®) ist aus theoretischen Erwägungen als unbedenklich zu betrachten.

Zum manganhaltigen Mangafodipir (Teslascan®) ist aufgrund unzureichender Erfahrungen keine Risikoabschätzung möglich.

Empfehlung für die Praxis:

Die genannten Kontrastmittel dürfen bei gegebener Indikation zur Diagnostik eingesetzt werden. Mangafodipir sollte aufgrund unzureichender Risikoabschätzung möglichst nicht angewendet werden.

2.20.8. Stabile Isotope

Pharmakologie und Toxikologie.

Für verschiedene Elemente konnten „stabile Isotope” entwickelt werden, die nicht radioaktiv strahlen und die sich im Atomgewicht vom ursprünglichen Element unterscheiden. Chemische Verbindungen, z. B. Arzneimittel, lassen sich nach Einbau stabiler Isotope mit analytischen Methoden, wie z.B. der Massenspektrome-trie, nachweisen. Weder im Tierexperiment (Spielmann 1986) noch beim Menschen wurden bislang embryotoxische Effekte beobachtet.

Empfehlung für die Praxis:

Aus reproduktionstoxikologischer Sicht bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung diagnostischer Verfahren mit stabilen Isotopen.

2.20.9. Farbstoffe

Pharmakologie und Toxikologie.

Speziell entwickelte Farbstoffe wurden zur Funktionsdiagnostik des Herz-Kreislauf-Systems, der Leber und der Niere eingesetzt. Es handelt sich z.B. um Bromsulphthalein, Evans-Blau, Indigokarmin, Kongorot, Methylenblau, Phenolrot, Tri-carbocyanin und Trypaflavin.

Methylenblau wird einerseits zur Therapie der Methämoglobinämie eingesetzt und diente andererseits bei Zwillingsschwangerschaften zur Differenzierung bei der Amniozentese sowie präpartal zur Lokalisierung eines Lecks der Fruchtblase. Als fetotoxische Wirkungen wurden Ileum- bzw. Jejunalatresien beschrieben. Diese sind wahrscheinlich Folge einer Perfusionsstörung im Dünndarm, die entweder hämolyse-bedingt ist oder mit der Vasoaktivität des Methylenblau zu erklären ist. Nach Anwendung am Ende der Schwangerschaft zeigten sich bei den Neugeborenen gehäuft Hämolyse mit neonataler Hyperbilirubinämie, Hautverfärbungen sowie Atemnotsyndrome (Gauthier 2000, Übersicht in Cragan 1999).

Vor allem Indigokarmin, aber auch Evans-Blau sind in zahlreichen Fällen mit guter Verträglichkeit zur Markierung bei Amniozentese verwendet worden. Indigokarmin ist dem Serotonin ähnlich, daher ist eine indirekt vasoaktive Wirkung nicht auszuschließen. Dennoch sind keine dem Methylenblau vergleichbaren Effekte bei über 150 dokumentierten Schwangerschaften beobachtet worden (Cragan 1993). Über die Wirkung der anderen Stoffe in der Schwangerschaft liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor.

Empfehlung für die Praxis:

Bei Schwangeren sollte außer bei vitaler Indikation auf den Einsatz diagnostischer Farbstoffe verzichtet werden. Die Anwendung von Methylenblau zur Markierung bei der Amniozentese ist kontraindiziert. Eine versehentliche Applikation rechtfertigt dennoch weder den risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft noch invasive Diagnostik (siehe Kapitel 1.15).

2.20.10. Andere Diagnostika

Fluorescein (z.B. Pancreolauryl-Test® N) wird als Diagnostikum am Auge, oral und intravenös (Angiographie) angewendet. Eine Fallsammlung mit über 100 Schwangeren, die mit Fluorescein angiographiert worden waren, erbrachte keine eindeutigen Hinweise auf fetale Unverträglichkeiten (Halperin 1990). Tierexperimente zeigten ebenfalls keine teratogenen Effekte. Die Substanz wurde nach Applikation am Auge in der Amnionflüssigkeit einer Schwangeren nachgewiesen.

Auch zur Retina-Angiographie und zur Messung des hepatischen Blutflusses mit Indocyaningrün (mit Natriumiodid in ICG-Pulsion®) liegen keine Hinweise auf Unverträglichkeit für das Ungeborene vor. Indocyaningrün konnte nicht im Nabelvenenblut nachgewiesen werden (Fineman 2001). Der Natriumiodidanteil von 5% der Trockenmasse kann bei üblicher Dosierung zu einer Iodiddosis von 700 μg/Tag führen, die bei der üblicherweise kurzfristigen bzw. einmaligen Anwendung keine fetale Schilddrüsensuppression bewirken sollte.

Hauttests wie Tuberkulintest (z.B. Tuberculin GT®), Multitest (z.B. Multitest Immignost®) oder Allergietests sind als unbedenklich zu betrachten.

Gleiches gilt für Enzymtests z.B. mit Secretin (Secrelux®).

Empfehlung für die Praxis:

Die genannten Diagnostika dürfen in der Schwangerschaft verwendet werden. Dies gilt auch für Fluorescein, wenn dies dringend erforderlich ist.

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2.21. Genussmittel und Drogen

2.21.1. Alkohol

Erst vor etwa 35 Jahren wurde ein schon seit Jahrhunderten bekannter Zusammenhang zwischen Alkohol in der Schwangerschaft und kindlicher Schädigung „wieder entdeckt”, ein Zusammenhang, der schon in der Bibel erwähnt und während der großen Gin-Epidemie 1720–1750 in England vom englischen Maler W. Hoggarth 1740 in seinem berühmten Bild „Gin-Lane” festgehalten wurde.

Im Gegensatz zu illegalen Drogen und zu Nikotin sind Alkohol und seine Abbauprodukte ein sicher Fehlbildungen erzeugendes, teratoge-nes Gift. Alkoholismus in der Schwangerschaft verursacht einen spezifischen Komplex angeborener organischer und funktioneller Entwicklungsstörungen. Dieser Zusammenhang wurde von den beiden Amerikanern Jones und Smith in Seattle 1973 erstmals wissenschaftlich belegt und als fetales Alkoholsyndrom (FAS) bezeichnet. Rasch wurde das Syndrom bei Kindern chronisch alkoholabhängiger Frauen weltweit diagnostiziert und es gilt heute als eine der führenden Ursachen für eine angeborene psychomentale Retardierung.

Pharmakologie und Toxikologie.

Alkohol wird rasch über die Mund- und Magenschleimhaut und vor allem im oberen Duodenum zu 70–80% aufgenommen. Er erreicht 30–60 Minuten nach Aufnahme seine höchste Serumkonzentration. Alkohol löst sich in allen Körperflüssigkeiten und verteilt sich in den verschiedenen Organen nach ihrem jeweiligen Wassergehalt. Er passiert ungehindert die Plazenta und erreicht im Gehirn infolge der hohen Permeabilität der Blut-Liquor-Schranke für Ethanol gleiche Konzentrationen wie im Blut.

Ethanol hemmt die Ausschüttung der Hormone Oxytozin und Vaso-pressin aus dem Hypophysenhinterlappen. Bei gesteigerter Wehentätigkeit führt Ethanol in hoher Dosis (> 2‰) sowohl nach intravenöser als auch nach oraler Gabe bei zwei Drittel der Schwangeren zur Wehenhemmung.

Die pränatale Schädigung durch chronischen Alkoholkonsum beruht auf der direkten teratogenen Wirkung von Ethanol und seines Abbauproduktes Acetaldehyd auf den Fetus. Das FAS und seine Varianten treten nur bei chronischer mütterlicher Alkoholkrankheit auf, wobei eine Korrelation zwischen FAS-Risiko und Fortschreiten der mütterlichen Alkohol-Krankheit besteht (Majewski 1978). Der eigentliche Schädigungsmechanismus ist auch heute trotz intensiver klinischer und tierexperimenteller Forschung noch nicht bekannt.

Die in einigen Tierversuchen beobachteten entwicklungstoxischen Auswirkungen paternaler Alkoholexposition ließen sich beim Men-schenbisher nicht belegen (Passar 1998). Beeinträchtigungen der männlichen Fertilität durch den Alkoholabusus sind allerdings erwiesen.

„Sozialer” Alkoholkonsum und „binge-drinking”.

Mögliche neurologische Folgen für das Kind durch regelmäßigen Konsum von 2–3 Drinks pro Tag während der Schwangerschaft lassen sich nur schwer dokumentieren. Eine Metaanalyse bei 24.000 Schwangerschaften zum Risiko von Fehlbildungen erbrachte bei Frauen mit 2–14 Drinks pro Woche kein erhöhtes Fehlbildungrisiko (Polygenis 1998). In der multizentrischen EUROMAC-Studie („European Maternal alcohol consumption study”; EUROMAC 1992) wurden bei ca. 6.000 Frauen der Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ermittelt und die neugeborenen Kinder kinderärztlich untersucht. Es fand sich bei durchschnittlich 120 g Alkoholkonsum pro Woche – das entspricht etwa einem Glas Wein pro Tag – im Vergleich zu den abstinenten Schwangeren ein signifikanter Unterschied in der Körperlänge. Weitere Auffälligkeiten im Verhalten und bei den kognitiven Leistungen konnten jedoch mit Hilfe der „Bailey Scales” nicht festgestellt werden. Andere Untersuchungen berichten über bleibende kognitive Störungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen, wenn ihre nicht alkoholkranken Mütter während der Schwangerschaft regelmäßig geringe Mengen an Alkohol (bis zu 7 Drinks pro Woche) konsumierten (Jacobson 1999). Streissguth fand bleibende psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten in einer großen prospektiven Kohortenstudie, in der sie die Kinder von 500 moderat trinkenden Frauen und 500 abstinenten Frauen verglich und bis zum 14. Lebensjahr untersuchte. Auch nach 14 Jahren waren bei den Jugendlichen Auffälligkeiten wie antisoziales Verhalten, Schulprobleme und Lernstörungen auf die pränatale Alkoholexposition zurückzuführen (Day 2002, Streissguth et al., 1991, Streissguth et al., 1994, Olson 1997).

Das so genannte „binge-drinking” oder das „Saturday-night drin-king”, also das gelegentliche heftige Trinken ist in der Schwangerschaft sicher gefährlicher für das Kind als das regelmäßige soziale Trinken geringer Mengen. So wiesen Bailey und Mitarbeiter (2004) nach, dass bei Alkohol trinkenden Schwangeren nicht nur die absolute Menge, sondern auch das Trinkmuster für die Schädigung des ungeborenen Kindes ausschlaggebend ist. In einer kontrollierten prospektiven Studie fand Nulman (2004) dosiskorrelierte Verhaltensstörungen noch im Vorschulalter bei sonst kognitiv nicht beeinträchtigten Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft „binge-drinking” praktizierten.

Fetal Alcohol Spectrum Disorder (FASD).

Unter dem Begriff Fetal Alcohol Spectrum Disorder (FASD) werden heute vor allem in den USA alle Formen der kindlichen Schädigung durch den chronischen Alkoholabusus während der Schwangerschaft zusammengefasst: Das klassische fetale Alkoholsyndrom (FAS) als schwerste Ausprägung, die fetalen Alkohol-Effekte (FAE) ohne die typische kraniofaziale Dysmorphie, die durch Alkohol bedingten funktionellen entwicklungsneurologischen Störungen (Alcohol Related Neurodevelopmental Disorders, ARND) und die als Alcohol Related Birth Defects (ARBD) bezeichneten Fehlbildungen.

Das fetale Schädigungsmuster hängt von der zeitlichen Intensität des mütterlichen Alkoholkonsums in der Schwangerschaft ab. So führt ein intensiver Alkoholmissbrauch in der Frühschwangerschaft eher zu den typischen kraniofazialen Dysmorphien und Organschädigungen, während heftiges Trinken in der späteren fetalen Phase der Schwangerschaft zu einer ausgeprägten neuronalen Schädigung des rasch wachsenden Gehirns mit der Folge psychomentaler und kognitiver Störungen sowie ausgeprägter Veränderungen des Verhaltens (FAE) führt. Schwere Alkoholikerinnen trinken in der Regel während der gesamten Schwangerschaft.

Die Häufigkeit des Auftretens eines klassischen fetalen Alkohol-Syn-droms bei einer alkoholkranken Schwangeren liegt bei 10–30% (Abel 1999, Majewski 1978), die Inzidenz eines FAS bei 1:1000 Geburten (Abel 1995). Diese Zahlen sind Schätzwerte und hängen stark vom sozialen Umfeld des jeweils untersuchten Kollektivs ab. Die Diagnose FAS wird bei Geburt selten und die Diagnose FAE in der Neugeborenzeit praktisch nie gestellt (Little 1990). Die Häufigkeit der weniger ausgeprägten FAE-Kinder ist sicher deutlich höher und liegt etwa bei 4–5:1000 Geburten (Schöneck 1992), dazu gibt es bisher keine größeren Studien.

Das klinische Bild des fetalen Alkoholsyndroms (FAS).

Das Bild eines voll ausgeprägten FAS ist gekennzeichnet durch eine prä- und postnatale Dystrophie, Mikrozephalie, mentale Retardierung und Minderwuchs. Dazu gehören: eine typische kraniofaziale Dysmorphie mit schmalen Lidspalten (Blepharophimose), schmalem Lippenrot, kurzem breiten Nasenrücken, langem unmodelliertem Philtrum und geringgradig dys-morphen Ohren sowie verschiedene fakultative Organschädigungen, insbesondere Herzfehler, Nierenfehlbildungen und Gaumenspalte sowie kleinere Hautveränderungen. Die Diagnose kann prima vista gestellt werden.

Kinder mit FAE weisen nur geringe dysmorphe Störungen auf, außerdem können ein Mikrozephalus, Minderwuchs, eine diskrete mentale Retardierung, Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) und oft ausgeprägte psychische Verhaltensauffälligkeiten beobachtet werden. Die Diagnose gelingt nur bei bekanntem mütterlichem Alkoholabusus.

Langzeituntersuchungen von Kindern mit FAS zeigen eine unerwartete Persistenz des klinischen Bildes. So bildet sich zwar die kraniofa-ziale Dysmorphie langsam zurück, aber Mikrozephalie, Minderwuchs, Aufmerksamkeitsstörungen und kognitive Defizite bleiben. Die Schulleistungen verschlechterten sich trotz erheblicher Förderung der Kinder durch ihre Pflegeeltern in einer 10-Jahres-„Follow-up”-Studie ebenso wie ihre soziale Integration. Während der Pubertät verstärken sich in der Regel die Probleme der betroffenen Kinder, so dass auch zu diesem Zeitpunkt noch an diese Diagnose zu denken ist (Streissguth 1996, Spohr et al., 1993, Spohr et al., 1994, Spohr et al., 1995, Steinhausen 1994). Bis ins Erwachsenenalter reichen die Folgen der intrauterinen Alkoholschädigung mit körperlichem Minderwuchs, mentalen Entwicklungproblemen und Anpassungsstörungen besonders in der Arbeitswelt (Autti-Ramo 2005, Steinhausen et al., 1995, Streissguth et al., 1991, Streissguth 1991). So konnten nur etwa 30 % aller in der Kindheit diagnostizierten FAS/FAE-Patienten als Erwachsene selbstständig leben und nur 20 % einen Beruf ausüben. Für die Prognose im Erwachsenenalter ergab die Diagnose FAE zum FAS keinen Unterschied; die FAE-Patienten hatten die eher ungünstigere Prognose, da sie oft sehr spät diagnostiziert wurden (Spohr 2005).

Auch aus diesem Grunde sollte man klinisch eher von einem FASD sprechen, da die Einteilung in Patienten mit FAS oder mit FAE keine sichere Abgrenzung von schweren gegenüber leichten klinischen Verläufen ermöglicht.

Empfehlungen für die Praxis:

Kein Alkohol während der Schwangerschaft! Da Alkohol ein erwiesenes Teratogen ist, muss vor regelmäßigem und auch vor gelegentlichem, exzessivem Genuss gewarnt werden. Chronischer Alkoholabusus während der Schwangerschaft führt zu einer lebenslangen Schädigung des betroffenen Kindes. Die Alkoholkrankheit gehört zu den wenigen Situationen, in denen ein risikobegründeter Schwangerschaftsabbruch mit der Patientin zu diskutieren ist (siehe Kapitel 1.15).

Eine ehemals alkoholkranke Frau kann bei Abstinenz in einer erneuten Schwangerschaft ein gesundes Kind zur Welt bringen. Eine alkoholkranke Frau kann auch durch Abstinenz während der Schwangerschaft das ungeborene Kind weitgehend vor schwerem Schaden schützen.

Die Einnahme von alkoholhaltigen Stärkungsmitteln und alkoholischen Zubereitungen von Medikamenten (bei Konzentrationen über 10%) ist zwar nicht mit einem Abusus vergleichbar, sie sollte aber dennoch vermieden werden.

2.21.2. Coffein

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Methylxanthinderivate Coffein und Theobromin besitzen eine stimulierende Wirkung auf das Zentralnervensystem sowie auf Herz, Kreislaufund Atmung. Sie sind die pharma-kologisch wirksamen Komponenten in einer Reihe von Getränken wie Kaffee, Tee, Kakao und Cola-Drinks. Man rechnet mit 100 mg Coffein in einer Tasse Kaffee, 50 mg in einer Tasse Tee, in Cola-Drinks ist es meist noch weniger. Espresso, Instantkaffee und andere Zubereitungen können aber auch mehr als 100 mg enthalten. Coffein ist auch Bestandteil von Medikamenten, z.B. Schmerzmitteln. Das Asthmamittel Theophyllin gehört ebenfalls zu den Methylxanthinen (siehe Kapitel 2.3).

Diese Xanthinderivate werden als lipophile Substanzen gut aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert, sie passieren die Plazenta und können bei stärkerem Coffeinkonsum eine vermehrte Aktivität des Fetus mit Zunahme der Atembewegungen und Veränderungen seiner Herzfrequenz einschließlich Arrhythmien hervorrufen. Nach bisheriger Erfahrung sind jedoch keine negativen Folgen für das Neugeborene und die weitere Entwicklung im Kindesalter zu erwarten (Castellanos 2002). Im Tierversuch führt Coffein in extrem hohen Dosen (200 mg/kg/Tag) zu geringfügigen Entwicklungsstörungen an den Phalangen. In den USA wurde daher 1980 mit Unterstützung der Gesundheitsbehörden, der Verbraucherverbände und der Kaffee- und Cola-Produzenten untersucht, ob coffeinhaltige Getränke auch bei Menschen Fehlbildungen hervorrufen können. Im Gegensatz zu den genannten Tierversuchen nehmen Erwachsene durchschnittlich nicht mehr als 2–5 mg/kg/Tag an Coffein zu sich. Ausführliche epidemiologische Studien in verschiedenen Ländern erbrachten keine Hinweise auf embryotoxische Effekte unter diesen Bedingungen (Christian 2001). Eine neue prospektive dänische Untersuchung fand eine leicht erhöhte Totgeburtenrate, wenn die Schwangere mehr als 8 Tassen Kaffee getrunken hatte (Wisborg 2003). Zahlreiche Publikationen befassen sich mit einer möglicherweise erhöhten Abortrate und intrauteriner Wachstumsretardierung bei Coffeingenuss (Signorello 2004, Leviton 2002). Eine Metaanalyse unter Einbeziehung von rund 50.000 Schwangeren ergab Hinweise auf eine leicht erhöhte Rate an Spontanaborten und wachstumsretardierten Kindern (IUGR), wenn die Mutter mehr als 150 mg Coffein pro Tag zu sich nahm (Fernandes 1998). Bis heute sind derartige Auswirkungen bei durchschnittlichem Konsum nicht eindeutig allein dem Kaffee zuzuschreiben und von anderen Einflüssen wie z.B. Rauchen und Alkohol zu trennen. In einer Untersuchung wurde nur bei männlichen Neugeborenen eine Reduktion des Geburtsgewichts beobachtet (Vik 2003). Der insgesamt schwache Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Fehlgeburten wurde auch damit begründet, dass Schwangerschaftsübelkeit ohnehin mit einem geringeren Fehlgeburtsrisko assoziiert ist und gleichzeitig das Kaffeetrinken verleidet.

Barr und Mitarbeiter (1991) konnten bei den Kindern von 500 Schwangeren keinen Effekt auf somatische Entwicklungsparameter und IQ bis zum Alter von 7,5 Jahren finden. Eine Beeinträchtigung der weiblichen Fertilität durch regelmäßigen Genuss größerer Mengen von Coffein wurde ebenfalls diskutiert.

Empfehlung für die Praxis:

Gegen den Konsum üblicher Coffeinmengen, also drei Tassen Kaffee normaler Stärke mit bis zu je 100 mg Coffein oder äquivalente Mengen von Tee oder anderen coffeinhaltigen Getränken, bestehen auch in der Schwangerschaft keine Bedenken. Wurden erheblich größere Mengen getrunken, erfordert dies keine zusätzliche Diagnostik. Im weiteren Schwangerschaftsverlauf sollte der Konsum jedoch reduziert werden.

2.21.3. Tabak und Rauchen

Pharmakologie und Toxikologie.

Tabakrauch ist ein Gemisch verschiedener Gase (hauptsächlich Kohlenmonoxid) und einer tröpfchen- und partikelhaltigen Phase, deren Hauptbestandteile Wasser, Nikotin und der so genannte Tabakteer (Gesamtheit der restlichen Bestandteile) sind. Nikotin ist das Hauptgenussgift des Tabaks. Eine 1 g schwere Zigarette enthält etwa 10 mg Nikotin, von denen etwa 10–15% (1-1,5 mg) im Rauch erscheinen. Nikotin wird über die Schleimhäute der Mundhöhle, der Atemwege und des Magen-Darm-Traktes resorbiert. Im Mundraum werden nur 25–50% aufgenommen, bei tiefem Inhalieren in der Lunge 90%. Nikotin hat eine Halbwertszeit von 2 Stunden, 90 % des aufgenommenen Nikotins werden in der Leber zu Hydroxynikotin und Cotinin (Halbwertszeit 20 Stunden) metaboli-siert. Nikotin passiert die Plazenta ungehindert und lässt die fetale Herzfrequenz ansteigen. Außer dem Schwermetall Cadmium wurden das Organochlorpestizid Hexachlorbenzol (HCB) und polychlorierte Biphenyle (PCB) im Serum der Neugeborenen vor der ersten oralen Nahrungsaufnahme nachgewiesen (Lackmann 2000). Statistisch signifikant waren die jeweiligen Konzentrationsunterschiede zwischen Kindern von aktiven und passiven Raucherinnen sowie von Frauen aus Nichtraucherhaushalten.

Fehlbildungen.

Rauchen ist embryo- und fetotoxisch, birgt aber offenbar kein erhebliches Fehlbildungsrisiko. Allerdings wird von zahlreichen Autoren ein Zusammenhang zwischen Rauchen während der Frühschwangerschaft und Lippen- und Gaumenspalten diskutiert (Little 2004 A & B, Zeiger 2004, Chung 2000, Romitti 1999), insbesondere bei gleichzeitigem Vorliegen eines Transforming-Growth-Factor-ct(TGF-ct)-Polymorphismus als Beispiel für das Zusammenspiel von genetischen und Umweltfaktoren bei der Teratogenese. In einer Metaanalyse von 24 internationalen Publikationen lieβ sich nachweisen, dass mütterliches Rauchen in der Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für nicht-syndromale orofaziale Spalten verbunden ist, wobei der Effekt konstanter und deutlicher bei Lippenspalten mit und ohne Gaumenbeteiligung war als bei isolierten Gaumenspalten (Deacon 2005). Das Risiko für Kinder von Raucherinnen mit genetischer Disposition (siehe oben) wird mit maximal 1:183 angegeben gegenüber einer Prävalenz in der Gesamtbevölkerung von etwa 1:500 (Chung 2000). In anderen Untersuchungen werden leicht erhöhte Risiken für Kraniosynostose (Honein 2000, Källén 1999), Gastroschisis (Martinez-Frias 1997), Harnwegsanomalien (Li 1996), Herzfehlbildungen (Wasserman 1996), Extremitätendefekten (Källén 1997, Wasserman 1996) und Klumpfuβ (Skelly 2002) erörtert, die bislang aber nicht als eindeutig erwiesen gelten.

Schwangerschaftskomplikationen.

  • Rauchen erhöht das Spontanabortrisiko offenbar nur gering, wenn man andere Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, Schwangerschaftsanamnese, Sozialstatus und chromosomalen Status berücksichtigt.

  • Eine Placenta praevia kommt bei Raucherinnen häufiger vor, selten wird auch eine Placentaabruptio dem mütterlichen Rauchen zugeschrieben. Das Risiko steigt mit der Zigarettenzahl und der Dauer des Rauchens. Die abruptiobedingte perinatale Mortalität ist unter den Kindern von Raucherinnen 2- bis 3-mal höher als bei Nichtraucherinnen. 10 % der Gesamtzahl dieser beiden Plazentastörungen sind durch Rauchen bedingt, der Mechanismus ist nicht eindeutig geklärt.

  • Rauchen verringert das Geburtsgewicht um durchschnittlich 200 g. Dieser Effekt ist abhängig von der Zahl täglich gerauchter Zigaretten. Unter Raucherinnen ist die Rate von Kindern mit zu geringem Geburtsgewicht (< 2.500 g) verdoppelt. Dieses Risiko ist höher unter Erstgebärenden und älteren Raucherinnen. Bei 20% aller untergewichtigen Kinder ist das niedrige Geburtsgewicht Folge des Rauchens. Bezieht man das Geburtsgewicht auf die Schwangerschaftswoche und betrachtet den Anteil intrauterin wachstumsretardierter Kinder (IUGR), ist dieser bei Raucherinnen 2,5fach erhöht. Für Erstgebärende und ältere Frauen ist das Risiko wiederum am höchsten. 30 % aller IUGR-Kinder sind Kinder von Raucherinnen. Frauen, die in der Frühschwangerschaft das Rauchen aufgeben, können Kinder mit normalem Geburtsgewicht erwarten (Übersicht in Werler 1997).

  • Frühgeburtlichkeit (< 37 Wochen) ist bei Raucherinnen im Durchschnitt auch dann noch 30% häufiger, wenn die o.g. Plazentations-störungen unberücksichtigt bleiben, dabei ist das Ausmaβ des Zigarettenkonsums maßgeblich. Frauen, die 20 Zigaretten täglich rauchen, haben ein doppeltes Risiko, einen Blasensprung vor der 33. Woche zu erleiden. Etwa 5 % aller Frühgeburten sind Folge des Rauchens. Eine Untersuchung zu Auswirkungen des Passivrauchens in der Schwangerschaft findet bei Nichtraucherinnen dann ein signifikant erhöhtes Frühgeburtsrisiko, wenn sie mindestens 7 Stunden täglich Rauch ausgesetzt waren (Hanke 1999). Experimentelle Untersuchungsergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Passivrauchen zu histologischen und grobstrukturellen fetotoxischen Schäden führen kann (Nelson 1999 A & B).

  • Die perinatale Mortalität (Fruchttod nach der 20. Woche und Kindstod bis 28 Tage nach der Geburt) ist bei Raucherinnen - bedingt durch das niedrige Geburtsgewicht, durch Frühgeburtlichkeit und Plazentationsstörungen um 30% erhöht. Wird das Geburtsgewicht nach Schwangerschaftswochen und dem jeweiligen Durchschnittsgewicht standardisiert, haben bei entsprechendem Geburtsgewicht Kinder von Raucherinnen ein höheres Risiko gegenüber Kindern von Nichtraucherinnen. 10 % aller Fälle von perinataler Mortalität sind als Folge des Rauchens anzusehen. Im Vergleich hierzu findet man bei Kindern von Müttern, die in großer Höhe leben, also ebenfalls unter Bedingungen mit verringertem Sauerstoffangebot, keine erhöhte perinatale Mortalität.

  • In Gebieten mit marginalem Iodmangel, dazu zählt u.a. auch die Bundesrepublik Deutschland, kann Rauchen beim Fetus bzw. Neugeborenen eine Schilddrüsenvergrößerung hervorrufen (Chanoine 1991).

Erkrankungen im Kindesalter.

  • Morbidität und Mortalität in der Kindheit sind im Zusammenhang mit Rauchen schwierig zu beurteilen, weil fast immer sowohl eine pränatale als auch eine postnatale Exposition besteht. Soweit bekannt, scheint Rauchen in der Schwangerschaft keine langfristigen Auswirkungen auf das postnatale Wachstum zu haben. Eine Untersuchung an Neugeborenen, die noch nicht direkt Rauch exponiert waren, hat gezeigt, dass Kinder von Raucherinnen häufiger Einschränkungen respiratorischer Funktionen aufwiesen. Ein kombinierter Effekt von prä- und postnataler Exposition auf die Entstehung von Nahrungsmittelallergien in den ersten 3 Lebensjahren wurde von einer Untersuchergruppe beobachtet (Kulig 1999). Eine weitere Publikation betont den prädiktiven Wert der Konzentration des Metaboliten Cotinin im Mekonium für das Risiko frühkindlicher Atemwegsinfektionen (Nuesslein 1999).

  • In einer prospektiven „Follow-up”-Studie konnte noch im Alter von 8 Jahren ein erhöhtes Risiko für Übergewicht nachgewiesen werden (Chen 2005). Eine vermehrte Infektneigung, besonders von Otitiden unter den Kleinkindern rauchender Mütter ist inzwischen allgemein akzeptiert. Auch Koliken kommen häufiger vor (Shenassa 2004). Im Vergleich zu nicht rauchenden Müttern führt Tabakkonsum während der Schwangerschaft zu einem 2fach höherem Risiko, dass die Kinder an SIDS (Sudden Infants Death Syndrome) sterben (Anderson 2005, Alm 1998).

  • Eine kanzerogene Wirkung mütterlichen Rauchens auf das Kind ist verschiedentlich untersucht worden. Die Ergebnisse bestätigen kein hohes Risiko. Es gibt jedoch Hinweise auf einen Zusammenhang mit kindlichen Hirntumoren, Leukämien und Lymphomen. Einige Studien beschreiben hierzu relative Risiken von mindestens 1,5–2 (Übersicht in Sasco 1999). Andere Untersuchungen finden keine Hinweise auf transplazentare Karzinogenese (Brondum 1999). In einer schwedischen prospektiven Studie, die insgesamt 1,4 Millionen Geburten einschloss, wurde der Zusammenhang von mütterlichem Rauchen in der Schwangerschaft und kindlichem Risiko für Hirntumoren untersucht. Die Autoren fanden bei den Raucherinnen einen signifikanten Anstieg der Häufigkeit von Hirntumoren, jedoch keinen Unterschied zwischen benignen und malignen Tumoren. Besonders betroffen waren 2–4-jährige Kinder. Die Autoren interpretieren eine mögliche Kausalität sehr vorsichtig (Brooks 2004).

  • Bei Neugeborenen rauchender Mütter lassen sich Metaboliten des tabakspezifischen Kanzerogens 4-(Methylnitrosamino)-1-(3-Pyridyl)-1-Butanon (NNK) nachweisen. Die mittlere Konzentration im Urin betrug etwa 10% des bei erwachsenen Aktivrauchern gemessenen Wertes, und es bestand eine positive Korrelation mit der Anzahl gerauchter Zigaretten und der Nikotin- und Cotininkonzentration im Urin. Außerdem wurden in den T-Lymphozyten der Kinder Mutationen im HPRT-Gen beobachtet, die für kindliche Leukämien und Lym-phome charakteristisch sind (Lackmann 1999).

Kognitive Entwicklung.

  • Aussagen zur Wirkung des Rauchens der Mutter auf die kognitive und Verhaltensentwicklung ihres Kindes sind nicht abschließend zu beurteilen, obwohl immer wieder Beeinträchtigungen erörtert werden. Täglich 10 und mehr Zigaretten in der Schwangerschaft sollen zu einer Verdopplung des Risikos führen, dass die Kinder im Alter von 8 Monaten noch nicht „lautmalen” können (Obel 1998). Fergusson und Mitarbeiter (1998) haben in einer Langzeitstudie über 15 Jahre bei 1.265 neuseeländischen Kindern einen Zusammenhang zwischen Rauchen während der Schwangerschaft und kindlichen Verhaltensproblemen nachgewiesen, ein Befund, der durch das Stillen von Raucherinnen nicht verursacht zu werden schien. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Cornelius (2001), der bei pränataler Tabakexposition unter prospektiv untersuchten Jugendlichen Defizite im verbalen Lernen, im Gedächtnis und der Augen-Hand-Koordination fand.

  • Eine Störung der kognitiven Entwicklung des Kindes nach mütterlichem Tabakkonsum während der Schwangerschaft konnte Breslau (2005) an einer großen Kohorte belegen, wobei sich der IQ von Nikotin exponierten Kindern und der Kontrollgruppe nicht generell unterschied. Dagegen hatten Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht einen geringeren IQ gegenüber normal gewichtigen Kontrollen. Die kognitive Störung war demnach ausschließlich auf das nikotininduzierte niedrigere Geburtsgewicht der Kinder zurückzuführen.

  • In einer kürzlich publizierten Fall-Kontroll-Studie wurde eine 3fach höhere Wahrscheinlichkeit für ein kindliches hyperkinetisches Syn-drom (HKS) festgestellt, wenn die Mutter in der Schwangerschaft rauchte (Linnet 2005). Dieses Ergebnis wurde nicht durch andere Faktoren beeinflusst, wie Auffälligkeiten in der Neugeborenenperi-ode, elterlichem sozioökonomischem Status oder einer psychiatrischen Familienanamnese.

Empfehlung für die Praxis:

Da der Fetus während aller Phasen der pränata-len Entwicklung durch Rauchen gefährdet ist, muss für die gesamte Schwangerschaft vom Rauchen abgeraten werden. Die oft geäußerte Empfehlung, sich auf maximal 5 Zigaretten pro Tag zu beschränken, ist wissenschaftlich nicht zu begründen und allenfalls als ein Kompromiss bei starken Raucherinnen anzusehen, denen eine Abstinenz nicht gelingt. Auch Passivrauchen soll möglichst vermieden werden.

2.21.4. Drogen (außer Alkohol) allgemein

Zu den wichtigsten Drogen gehören Halluzinogene, wie Marihuana bzw. Haschisch, LSD, Phencyclidin, Mescalin und Psilocybin, Stimulanzien, wie Kokain und Amphetamine und Opiate, also Heroin, Opium, Morphium und Codein. Die Schnüffelstoffe bilden eine eigene Gruppe.

Bei den „harten Drogen” Heroin und Kokain ist zu bedenken, dass gesundheitliche Auswirkungen auf das Ungeborene häufig durch eine Polytoxikomanie (Alkohol und Nikotin eingeschlossen) verstärkt werden. Im sozial vernachlässigten Umfeld können Mangelernährung, Infektionen und Traumatisierungen zusätzlich teratogen wirken. Daher sind bei drogenabhängigen Schwangeren Aborte, Frühgeburt, intraute-rine Wachstumsverzögerung und Fruchttod meistens nicht einer einzelnen Substanz anzulasten. Beim Neugeborenen lassen sich Drogen nicht nur im Urin, sondern ebenso zuverlässig im Mekonium mit radioimmunologischen Verfahren nachweisen.

2.21.5. Amphetamine

Pharmakologie und Toxikologie.

Aufgrund ihres vasokonstriktorischen Effekts bei hoher Dosis können Amphetaminabkömmlinge, z.B. in Speed und Ecstasy, ähnlich wie Kokain, zur Minderdurchblutung im Bereich der fetoplazentaren Einheit oder in einzelnen, sich gerade differenzierenden Organen des Fetus führen. Als Droge wird vorwiegend das (ZNS und Herz) stärker stimulierende Derivat Methylamphetamin benutzt, bekannt als Speed, Ice, Crank und Crystal. Im Tierversuch verursacht es Gaumenspalten, Exenzephalie und Augendefekte bei Mäusen, Schädelanomalien bei Kaninchen sowie Augenfehlbildungen und Verhaltensanomalien bei Ratten. Ältere Studien aus den 60er bis 80er Jahren mit etwa 400 Schwangeren erbrachten keine Hinweise darauf, dass beim Menschen sporadischer Konsum von amphetaminhalti-gen Drogen bei sonst intakten Lebensverhältnissen zur Häufung angeborener grobstruktureller Fehlbildungen führt, obwohl einzelne Fallberichte Fehlbildungen beschreiben (Übersicht in Golub 2005). In einer englischen Fallserie mit 136 prospektiv erfassten Ecstasy exponierten Schwangeren wurden 12 Kinder mit Entwicklungsanomalien bei insgesamt 78 Lebendgeborenen beschrieben. Es handelt sich dabei jedoch z. T. um kleine Anomalien (z. B. Fußdeformitäten), ein typisches Muster war nicht zu erkennen. Knapp die Hälfte der Mütter hatte zusätzlich Alkohol oder andere Drogen in nicht näher bezeichneter Menge zu sich genommen (McElhatton 1999). In einer weiteren Untersuchung an 228 Schwangeren wurde eine doppelt so hohe Rate kleiner Entwicklungsanomalien im Vergleich zu einer nicht exponierten Kontrollgruppe beobachtet. Hier zeigten sich in der Neugeborenenzeit gehäuft neurologische Auffälligkeiten einschließlich Störungen des Muskeltonus und Übererregbarkeit. Die Spontanabortrate war nicht erhöht, aber es ereigneten sich drei Totgeburten in der exponierten Gruppe (Felix 2000). Auch in dieser Untersuchung wurden neben Rauchen und Alkohol z. T. noch andere Drogen genommen. Niedrigeres Geburtsgewicht und Entzugserscheinungen wurden auch von weiteren Untersuchern beschrieben (Smith 2003).

Unter 65 bis zum 14. Lebensjahr nachuntersuchten Kindern wurden signifikant häufiger Lernschwierigkeiten in der Schule beobachtet. Allerdings betrieb ein Großteil der Mütter während der Schwangerschaft nicht nur Amphetaminabusus, sondern konsumierte zusätzlich Opiate und Alkohol, rauchte mehr als 10 Zigaretten täglich und befand sich in einer problematischen psychosozialen Lage. Nur 22% der Kinder lebten mit 14 Jahren noch bei ihren Müttern (Cernerud 1996).

Empfehlung für die Praxis:

Schwangere sollen Amphetamine unter allen Umständen meiden. Eine dennoch erfolgte Exposition rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Nach ausgeprägtem Konsum im 1. Trimenon sollte die normale Entwicklung des Fetus per Ultraschallfeindiagnostik bestätigt werden.

2.21.6. Cannabis

Pharmakologie und Toxikologie.

Marihuana, die Blätter der Cannabis-pflanze (indischer Hanf) mit dem harzartigen Extrakt Haschisch gehört außer Alkohol, Nikotin und Ecstasy zu den häufig in der Schwangerschaft konsumierten Drogen. Beim Rauchen sollen im Vergleich zu Tabak eine 5fach höhere Kohlenmonoxidkonzentration und ein 3fach höherer Teergehalt im Blut erreicht werden. Delta-9-Tetrahy-drocannabinol (THC), der wichtigste von mehreren 100 Wirkstoffen des Marihuanas, passiert die Plazenta und kann zur Abnahme der kindlichen Herzfrequenz führen. Die Fehlbildungsrate ist nach Genuss von Marihuana in der Schwangerschaft nicht höher; aber ein regelmäßiger Konsum erhöht möglicherweise die perinatale Sterblichkeit. Eine Metaanalyse ergab keine schlüssigen Hinweise auf eine Erniedrigung des Geburtsgewichts, zumindest bei moderatem, nur gelegentlichem Cannabisgenuss (English 1997). Wie bei anderen Drogen sind embryotoxische Effekte hier häufig nicht von zusätzlichen Einwirkungen wie z.B. Zigarettenrauchen zu unterscheiden. Es gibt bisher auch keine Hinweise, dass die in früheren tierexperimentellen Untersuchungen Marihuana zugeordneten Chromosomenbrüche klinische Relevanz besitzen.

Neugeborene können Entzugserscheinungen mit Zittrigkeit und Unruhe zeigen. Die Daten zur weiteren Entwicklung im Kindesalter sind uneinheitlich. Eine Langzeitstudie fand bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft regelmäßig, d.h. mehrfach pro Woche bis täglich Marihuana konsumiert hatten, im Alter von 4 Jahren eine signifikant beeinträchtigte Sprach- und Gedächtnisleistung (Fried 1990) sowie einen signifikant kleineren Kopfumfang auch bei älteren Kindern, obwohl die Geburtsmaße nicht auffällig waren (Fried 1999). Insgesamt werden die Abweichungen der kognitiven Entwicklung dieser Kohorte als subtil beschrieben (Fried 2001 A) und keine Auswirkungen auf das spätere Wachstum und die Pubertätsentwicklung gesehen (Fried 2001 B). Eine andere Langzeitstudie hat die Entwicklung von 606 Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft Alkohol oder Cannabis konsumiert hatten, im Alter von 10 Jahren anhand verschiedener Tests und der Beurteilung durch die Lehrer bewertet. Hatte die Mutter im 1. oder 2. Trimenon täglich Marihuana geraucht, fanden sich häufiger Einschränkungen bei den kognitiven Leistungen (Goldschmidt 2004). Auch diese Autoren bezeichnen die Ergebnisse insgesamt als subtil und bewerten die Übertragbarkeit auf andere Cannabis exponierte Schwangere zurückhaltend.

Empfehlung für die Praxis:

Schwangere sollen Marihuana unter allen Umständen meiden. Dennoch erfolgter Konsum rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Sporadischer Genuss begründet auch keine zusätzliche Diagnostik.

2.21.7. Kokain

Pharmakologie.

Kokain (Koks, Schnee) ist das Alkaloid Benzoylekgo-ninmethylester des Coca-Strauches (Erythroxylon coca), der hauptsächlich in den Anden wächst. Die Blätter enthalten etwa 1 % Kokain. In Europa ist die stimulierende Droge seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt. 1884 wurde Kokain als Anästhetikum eingeführt. Es ist den Lokalanästhetika chemisch verwandt und hat sich nur zur äußerlichen Anwendung in der Augen- und HNO-Heilkunde durchgesetzt. Crack ist die freie Base (free base) des Kokains und kann geraucht werden.

Kokain blockiert die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dop-amin an der Synapse und erhöht auf diese Weise die Katecholaminkon-zentration. Dies führt zu einem sympathikomimetischen und zentral stimulierenden Effekt.

Bei oraler Aufnahme wird Kokain wegen seiner vasokonstriktori-schen Wirkung und der hydrolytischen Spaltung im Magen nur langsam resorbiert. In der Leber wird es innerhalb von 2 Stunden zum unwirksamen Hauptmetaboliten Benzoylekgonin metabolisiert. Etwa 20 % werden unverändert über die Niere ausgeschieden. Die Resorption erfolgt intranasal innerhalb von 20 Minuten (Verzögerung durch Vasokon-striktion). Intravenöse Applikation oder Rauchen von Crack führen innerhalb weniger Minuten zum Wirkungseintritt.

Kokain findet sich in relativ hoher Konzentration in der Amnionflüs-sigkeit und die Konzentration fällt aufgrund der geringen Clearance nur langsam ab. Daher kann der Fetus auch über seine bis zur Schwangerschaftswoche 24 gut durchlässige Haut aus der Amnionflüssigkeit Kokain aufnehmen (Woods 1998).

Toxikologie.

In den USA wurde bei 4 bis 20 % aller Schwangeren ein Kokainkonsum ermittelt (Fantel 1990). Bis Anfang der 80er Jahre hielt man Kokain für eine pränatal nicht toxische Droge. Dann wurden zahlreiche Entwicklungsstörungen dem wiederholten Kokain- oder „ Crack-genuss” in der Schwangerschaft angelastet. Sporadischer Gebrauch in der Frühschwangerschaft bei intakten Lebensverhältnissen und ohne weitere schädigende Faktoren wie Alkohol, andere Drogen, Infektionen, Mangelernährung und Traumata scheint nach den bisher vorliegenden Erfahrungen das Fehlbildungsrisiko nicht nennenswert zu erhöhen.

Erwiesene Folgen des ausgeprägten Abusus sind eine erhöhte Abortrate, Frühgeburten, Totgeburten, intrauterine Wachstumsverzögerung und Mikrozephalie. Außerdem wurde über zerebrale Infarkte, nekroti-sierende Enterokolitis beim Neugeborenen, Fehlbildungen von Urogenital- und Skelettsystem sowie über intestinale Atresien und Infarkte berichtet (Eyler 1998 A, Hoyme 1990, Schaefer 1990, Mercado 1989, Chasnoff 1988). Das weite Spektrum der morphologischen Veränderungen kann durch eine Vasokonstriktion mit Minderdurchblutung der Plazenta und in fetalen Organen erklärt werden. Während der gesamten Schwangerschaft kann es infolgedessen zu (fokalen) Differenzierungsund Wachstumsstörungen kommen.

Trotz der Vielzahl publizierter Einzelschädigungen exponierter Kinder von Kokain abhängigen Müttern lieβ sich bis heute kein typisches Kokain-Syndrom definieren, wie z.B. das „Coke-Baby” mit charakteristischen persistierenden morphologischen und psychomentalen Folgen (Little 1996).

Kokain und „Crack” rufen bei Schwangeren stärkere Herz-Kreislaufund neurologische Wirkungen hervor als bei Nichtschwangeren. Es wird diskutiert, ob die Schädigung des Embryos nach Minderperfusion eine direkte Folge des Sauerstoffmangels ist oder eher durch hochreaktive, toxische Sauerstoffradikale nach Reperfusion des ischämischen Gewebes verursacht wird, denn im 1. Trimenon verfügt die feto-plazentare Einheit noch nicht über genügend schützende Antioxidan-tien.

Postnale Entwicklung.

Die akuten Symptome beim Neugeborenen sind weniger ausgeprägt als nach einem Heroinentzug: Schlafstörungen, Tremor, Trinkschwäche, Erbrechen, schrilles Schreien, Niesen, Tachyp-noe, weiche Stühle und Fieber. Darüber hinaus wurden in verschiedenen Studien Auffälligkeiten in neurologischen Tests bei Neugeborenen sowie spätere Verhaltensabweichungen, Entwicklungsstörungen, EEG-Veränderungen und vereinzelt plötzlicher Säuglingstod beobachtet (Eyler 1998 B).

Die Auffälligkeiten in der Neonatalzeit sind in der Regel nach einem Jahr nicht mehr nachweisbar. Zwar finden sich in sorgfältigen prospek-tiven Studien diskrete physiologische und entwicklungsneurologische Effekte, ihr Ausmaβ auf die kindliche Entwicklung ist jedoch nicht ausreichend zu bewerten (Schiller 2005). Bandstra et al., 2002, Bandstra et al., 2004) fanden in einer prospektiven Longitudinalstudie an 200 Kindern bis zum 7. Lebensjahr, dass auch schwere Kokain-Exposition während der Schwangerschaft nicht eindeutig als unabhängiger Risikofaktor für die mentale und psychomotorische Entwicklung sowie für die Entwicklung des Verhaltens der Kinder nachzuweisen war. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Beeghly und Mitarbeiter (2006) in einer Untersuchung zur Sprachentwicklung im Alter von 6 und 9,5 Jahren. Eine Literaturanalyse der von 1994–2000 publizierten Arbeiten ermittelt in 37 prospektiven Studien zu Kindern bis zum 6. Lebensjahr keinen überzeugenden Beweis dafür, dass pränatale Kokainexposition mit einer entwicklungsschädigenden Störung assoziiert ist. Viele der Symptome, die für kokainspezifisch gehalten wurden, waren eher mit anderen pränatalen Faktoren korreliert, wie Tabak, Marihuana, Alkohol und der Qualität der kindlichen Lebensbedingungen (Frank 2001). Richardson (1996) und Messinger (2004) stellten fest, dass Frauen, die während der Schwangerschaft Kokain einnahmen, eher an Stress und Ernährungsstörungen litten, öfter alleinstehend waren und dazu neigten, zusätzlich Marihuana, Tabak, Alkohol und Tabletten zu konsumieren. Zusammengefasst muss man davon ausgehen, dass Kokainkonsum eine Hochrisikoschwangerschaft bedingt. Die beim Kind beobachteten mentalen und motorischen Defizite sind nicht nur direkte Folge dieser „chemischen” Exposition sondern assoziiert mit den anderen o.g. Risikofaktoren und dem häufig resultierenden niedrigen Geburtsgewicht.

Empfehlung für die Praxis:

Da Kokain potenziell entwicklungstoxisch ist, darf es während der gesamten Schwangerschaft nicht konsumiert werden. Kokainkonsum rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Bei wiederholter Anwendung, vor allem unter problematischen Lebensbedingungen, sollte durch eine Ultraschallfeindiagnostik die normale Entwicklung des Fetus überprüft werden.

2.21.8. LSD

Pharmakologie und Toxikologie.

In älteren Arbeiten wurde der Verdacht geäußert, das Halluzinogen LSD (Lysergsäurediethylamid) könne Fehlbildungen an Augen, Gehirn und Skelett verursachen (Übersicht in Schardein 2000). Auch über Chromosomenbrüche wurde berichtet. Die im Wesentlichen in Einzelfallberichten beschriebenen klinischen Auffälligkeiten können nicht als erwiesen angesehen werden. Allerdings sind die vorliegenden Daten für eine differenzierte Risikobewertung unzureichend.

Empfehlung für die Praxis:

Schwangere sollen LSD unter allen Umständen meiden. Ein dennoch erfolgter Konsum rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Bei wiederholter Exposition im 1. Trimenon sollte eine Ultraschallfeindiagnostik die normale Entwicklung des Fetus bestätigen.

2.21.9. Mescalin

Pharmakologie und Toxikologie.

Mescalin ist ein Halluzinogen aus mexikanischen Kakteen. Tierexperimentelle Ergebnisse zur Teratogenese sind widersprüchlich; zur pränatalen Toxizität beim Menschen gibt es keine Erfahrungen. Chromosomenanomalien konnten in einer Untersuchung ausgeschlossen werden.

Empfehlung für die Praxis:

Schwangere sollen Mescalin unter allen Umständen meiden. Ein dennoch erfolgter Konsum rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Nach wiederholter Exposition im 1. Trimenon sollte eine Ultraschallfeindiagnostik die normale Entwicklung des Fetus bestätigen.

2.21.10. Opiate

Pharmakologie und Toxikologie.

Die Abhängigkeit von Opiaten einschließlich Heroin ist auch unter Schwangeren nicht selten. Im Gegensatz zu Alkohol und Kokain haben Heroin und andere Opiate offenbar kein teratogenes Potenzial. Die häufig beobachtete Untergewichtigkeit der Neugeborenen kann - zusammen mit Frühgeburt, vorzeitigem Blasensprung und der für Opiate charakteristischen Atemdepression - zu einer erhöhten perinatalen Sterblichkeit führen. Die Begleitumstände während der Schwangerschaft, d.h. andere Drogen einschließlich Alkohol, die Ernährungslage der Mutter, Lebensstil, Infektionen (HIV, Hepatitis B und C) und Traumata („Beschaffungskriminalität”), sind ebenso entscheidend für den Ausgang der Schwangerschaft wie die Höhe des Opiatkonsums.

Bei den Neugeborenen können die schweren, meist 24–72 Stunden nach Geburt auftretenden Entzugssymptome mit Atemnotsyndrom, Hyperirritabilität, Tremor, Diarrhö, Erbrechen, Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus und z.T. therapierefraktäre zerebrale Krampfanfälle ohne Behandlung zum Tod führen. Bei 10 % der Kinder treten Symptome bis hin zu zerebralen Krampfanfällen erst verzögert nach 1 bis 5 Wochen auf. Das Risiko für lebensbedrohliche Entzugssymptome ist besonders hoch, wenn die Abhängigkeit der Mutter nicht bekannt ist und ein zuverlässiges Monitoring sowie die rechtzeitige medikamentöse Prophylaxe mit Opiaten (Morphin) nicht eingeleitet werden. Nach erfolgreicher Therapie der Entzugssymptome sind bleibende Defekte offenbar nicht zu erwarten. Jedoch scheint der plötzliche Kindstod (SIDS) bei pränatal Opiat exponierten Kindern häufiger aufzutreten als in Kontrollgruppen nicht exponierter Kinder. Ein akuter Opiatentzug während der Schwangerschaft kann Fruchttod und vorzeitige Wehen auslösen.

Gute Erfolge wurden mit der Umstellung der Schwangeren auf die Ersatzdrogen Methadon bzw. Levomethadon (L-Polamidon®) (Halbwertszeit 15–60 Stunden) erzielt. Neonatale Atemdepression und Entzugssymptome treten auch unter Methadon und anderen Ersatzdrogen auf. Es gibt Hinweise dafür, dass die Entzugssymptomatik nach Methadon sogar schwerer und länger verläuft als nach intrauteriner Heroin-Exposition. Am wirksamsten und verträglichsten wird der Säugling mit einer oralen Opiatzufuhr therapiert (Arlettaz 2005, Jackson 2004, Siddappa 2003).

Obwohl es plausibel erscheint, dass die Entzugserscheinungen mit der mütterlichen Dosis am Ende der Schwangerschaft korrelieren, konnten Berghella und Mitarbeiter (2003) keine signifikanten Unterschiede zwischen Methadon substituierten Schwangeren mit täglich 40, 60 oder 80 mg erkennen.

Zu den in den letzten Jahren vermehrt diskutierten alternativen Ersatzdrogen gehört Buprenorphin (Halbwertszeit 2–4 Stunden). Nach den Erfahrungen an über 300 Schwangeren scheint die Entzugssymptomatik im Vergleich zum Methadon milder zu verlaufen (Übersicht bei Johnson 2003, Kayemba-Kay's 2003, Schindler 2003). Als Ursache dafür wird ein geringerer plazentarer Transfer diskutiert (Nanovskaya 2002, Rohrmeister 2001).

Andere Therapiekonzepte bei Heroin-abhängigen Schwangeren betreffen Naltrexon-Implantate (Hulse 2004).

Anders als bei alkoholgeschädigten Kindern ist die neurologische und kognitive Entwicklung offenbar stärker durch das soziale Umfeld in den ersten Lebensjahren beeinflusst als durch den Umfang der prä-natalen Opiat-Exposition. Intakte Familienverhältnisse z.B. durch Adoption nach der Geburt erlauben offenbar eine weitgehend normale intellektuelle Entwicklung der Kinder (Ornoy 2001, Coles 1993).

Nur Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität (ADHD) traten auch bei adoptierten Kindern noch häufiger auf als bei unbelasteten Kontrollkindern, allerdings mit 37 % deutlich seltener als bei den im Drogenumfeld verbliebenen Kindern (67%). Dies ergab eine Nachuntersuchung von 5-bis 10-jährigen Kindern (Ornoy 2001).

Empfehlung für die Praxis:

Akuter Opiatentzug ist während der Schwangerschaft zu vermeiden. Bei Heroinabhängigkeit ist eine Einstellung auf Methadon oder Buprenorphin zu empfehlen. Die Substitution erfordert eine genaue Dosisti-trierung und sollte nur von erfahrenen Ärzten vorgenommen werden. Die tägliche Methadon- oder Buprenorphindosis muss sich am vorangegangenen Drogenkonsum und an der Stärke der Entzugssymptome orientieren. Zusätzlicher Drogenkonsum kann durch Screening im Urin nachgewiesen werden. Durch umfangreiche soziale Hilfestellung muss versucht werden, die Beschaffungskriminalität zu beenden. In aussichtslosen Fällen ist rechtzeitig auf eine Adoption bzw. auf eine Pflegefamilie hinzuarbeiten (siehe oben). Neugeborene müssen ggf. über mehrere Wochen beobachtet werden, damit auch verzögert auftretende schwere Entzugserscheinungen mit Opiaten behandelt werden können.

2.21.11. Phencyclidin

Pharmakologie und Toxikologie.

Phencyclidinpiperidin (PCP, Angel Dust) ist ein Arylcyclohexylamin und gehört zu den Halluzinogenen. Es wurde 1957 als intravenös zu verabreichendes Anästhetikum eingeführt und wegen unerwünschter Wirkungen wieder vom Markt genommen. Bis 1979 war es noch als Veterinärarzneimittel (Sernylan®) erhältlich, das auch in der Drogenszene verwendet wurde. Phencyclidin ist leicht herstellbar und ein billiges Streckmittel für andere Drogen (LSD, Mescalin, Kokain). Es wird per os eingenommen oder mit Marihuana, Tabak und Oregano vermischt geraucht.

Phencyclidin hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin, Noradrena-lin und Serotonin im ZNS und blockiert postsynaptisch Acetylcholin. Abhängig von Dosis und Wirkort kann Phencyclidin anregend oder dämpfend wirken. Bei schwerer Intoxikation stehen die sympathomi-metische Wirkung und depressorische Effekte auf das ZNS im Vordergrund.

Nach oraler Aufnahme wird Phencyclidin rasch im Dünndarm resorbiert. Der Wirkungseintritt erfolgt 15 Minuten nach oraler Einnahme oder 2–5 Minuten nach dem Rauchen. Die Lipophilie begünstigt eine Anreicherung im Fettgewebe und im ZNS, daher dauert die Wirkung trotz einer Plasmahalbwertszeit von nur 1 Stunde 4–6 Stunden.

In einzelnen Fällen wurden im Zusammenhang mit Phencyclidin-abusus Mikrozephalie, Gesichtsasymmetrie und ein komplexes intra-und extrakraniales Fehlbildungssyndrom beschrieben, ohne dass sich bisher eine kausale Beziehung belegen lieβ. Intrauterine Wachstumsre-tardierung und postnatale Interaktionsdefizite sowie andere neurologische Abweichungen wurden ebenso beobachtet wie opiattypische Entzugserscheinungen. Nachuntersuchungen an 62 Kindern im Alter von einem Jahr erbrachten keine Auffälligkeiten gegenüber einer Kontrollgruppe (Wachsmann 1989). Tierexperimentell wurde eine Degeneration fetaler Kortexneurone beschrieben (Übersicht in Schardein 2000).

Empfehlung für die Praxis:

Schwangere sollen Phencyclidin unter allen Umständen meiden. Ein dennoch erfolgter Gebrauch rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Eine Ultraschallfeindiagnostik sollte die normale Entwicklung des Fetus bestätigen.

2.21.12. Psilocybin

Pharmakologie und Toxikologie.

Psilocybin ist ein Halluzinogen aus Pilzen („magic mushrooms”). Es gibt keine ausreichenden Erfahrungen in der Schwangerschaft, die eine differenzierte Risikobewertung erlauben. Auf der anderen Seite wurden bisher keine reproduzierbaren Anomalien im Zusammenhang mit Psilocybin-Einnahme beschrieben.

Empfehlung für die Praxis:

Schwangere sollen Psilocybin unter allen Umständen meiden. Ein dennoch erfolgter Konsum rechtfertigt keinen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). Nach wiederholter Exposition im 1. Trimenon sollte eine Ultraschallfeindiagnostik die normale Entwicklung des Fetus bestätigen.

2.21.13. Schnüffelstoffe

Pharmakologie und Toxikologie.

Die allgemeinen toxischen Wirkungen höherer Dosen organischer Lösungsmittel wie Toluol, Benzin, „Nitro-verdünner” und chlorierte Kohlenwasserstoffe am ZNS, an Leber und Nieren sind bekannt.

Fallbeschreibungen vermitteln den Eindruck, dass nach Toluol-Schnüffeln in der Schwangerschaft ein dem fetalen Alkoholsyndrom (Abschnitt 2.21.1) ähnlicher Komplex an Entwicklungsauffälligkeiten auftreten kann, einschließlich Retardierung von körperlichem Wachstum, Mikrozephalie, kraniofazialen Dysmorphien sowie Störungen der motorischen und kognitiven Fähigkeiten (Jones 1998, Wilkins-Haug 1997, Hersh 1985). Außerdem wurden bei über der Hälfte von 35 untersuchten Schwangeren vorzeitige Wehen und Frühgeburten beobachtet (Wilkins-Haug 1997). Toluol und andere organische Lösungsmittel wurden auch hinsichtlich ihrer Auswirkungen am Arbeitsplatz untersucht. Dort fand man z.T. Hinweise auf erhöhte Spontanabortraten (Bukowski 2001, Taskinen 1994), die bei Toluol schnüffelnden Schwangeren so nicht beobachtet wurden (Bukowski 2001).

Empfehlung für die Praxis:

Das Schnüffeln von Lösungsmitteln in der Schwangerschaft ist unter allen Umständen zu meiden. Sporadischer Abusus rechtfertigt nicht zwangsläufig einen risikobegründeten Schwangerschaftsabbruch (siehe Kapitel 1.15). In schweren Fällen ist dieser aber zu diskutieren. Mit Ultraschallfeindiagnostik sollte die fetale Entwicklung kontrolliert werden.

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2.22. Vergiftungen und Toxine

2.22.1. Schwangerschaftsverlauf nach Vergiftungen

Zur Einwirkung tierischer und pflanzlicher Toxine sowie Vergiftungen durch Arzneimittel und Chemikalien und ihrer Therapie in der Schwangerschaft liegen vorwiegend Einzelfallberichte vor (z.B. Bailey 2003, McElhatton 2001, Little 1998, Czeizel et al., 1997, Dao et al., 1997, Tenenbein 1994). Daher ist eine differenzierte Risikobewertung schwierig.

Eine epidemiologische Studie aus Ungarn untersucht den Schwangerschaftsverlauf von 109 Frauen, die wegen akuter Vergiftungen während verschiedener Phasen der Schwangerschaft im Krankenhaus behandelt wurden. In 70 % der Fälle handelte es sich um Suizidversuche, meist mit Arzneimitteln (Czeizel 1988). Von den 96 lebend geborenen Kindern wiesen 7 Fehlbildungen auf, nur bei 2 Kindern schien ein kausaler Zusammenhang plausibel. Bei der Beurteilung aller Entwicklungsparameter war der mit 6,5 % erhöhte Anteil geistig retardierter Kinder der einzig signifikante Befund, der aber aufgrund der kleinen Fallzahl nicht verallgemeinert werden sollte. In einer späteren, deutlich erweiterten Untersuchung desselben Autors findet sich ebenfalls keine signifikant erhöhte Fehlbildungsrate. Das gilt auch für die 27 Schwangeren, die zwischen Woche 5 und 10 hohe Medikamentendosen in sui-zidaler Absicht eingenommen hatten (Czeizel 1997). In einer dänischen Publikation zu 122 Schwangeren fand man zwar eine verdoppelte Rate an Spontanaborten aber kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko und keine Zunahme der Frühgeburten (Flint 2002).

2.22.2. Behandlung von Vergiftungen in der Schwangerschaft

Häufig wird die Frage gestellt, wie eine Schwangere nach Suizidversuch behandelt werden sollte. Dabei spielen sowohl die Sorge um eine spezifische Embryotoxizität der eingenommenen Noxe eine Rolle als auch die Unbedenklichkeit der indizierten Antidotbehandlung. Bisherige Erfahrungen belegen, dass eine Gefährdung des Fetus primär von der Noxe und nicht von der Antidot-Behandlung ausgeht. Dies wurde z. B. bei Methanol-Intoxikation ebenso beobachtet wie bei Überdosen von Paracetamol und Eisenpräparaten.

Andererseits gibt es praktisch zu keinem Antidot epidemiologische Studien im 1. Trimenon, die die Verträglichkeit der Therapie für den Embryo belegen. Die vorliegenden Fallberichte und Fallserien geben bislang jedoch keinerlei Hinweise auf Teratogenität oder Fetotoxizität, abgesehen vom Chelatbildner Penicillamin, der Ethanol therapie und Methylenblau (nach Injektion in die Amnionhöhle). Zum Chelatbildner Dimercaprol (2,3-dimercaptopropanol, synonym: British Anti-Lewisite = BAL) liegen mehrere Fallberichte zur Anwendung bei Arsen- und Bleivergiftung vor, die keine Hinweise für ein embryotoxisches Risiko geben (Bailey 2003). Der chemisch verwandte, in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Chelatbildner 2,3-Dimer-capto-1-propansulfonsäure (DMPS; Dimaval®) ist analog zu bewerten. Allerdings ist bei jeder länger dauernden Chelattherapie zu bedenken, dass auch essentielle Nahrungsbestandteile, wie z.B. Zink eliminiert werden und sich daraus potenziell riskante Mangelzustände für den Fetus ergeben können.

Umfangreichere Erfahrungen gibt es zu Antidotsubstanzen, die vor allem bei anderen Indikationen eingesetzt werden (z. B. Atropin, Pyrid-oxin).

Bei der auch in der Schwangerschaft häufiger beschriebenen Paracet-amolvergiftung in suizidaler Absicht besteht das Risiko der mütterlichen und fetalen Leberschädigung. Die Therapie mit dem Antidot Ace-tylcystein (Fluimucil Antidot) richtet sich wie bei Nichtschwangeren nach der eingenommenen Menge Paracetamol oder der Paracetamol- Konzentration im Serum der Mutter (McElhatton 1996). Acetylcystein überwindet die Plazenta und ist auch beim Fetus als Antidot wirksam (Horowitz 1997).

Auch bei Eisenvergiftungen in suizidaler Absicht würde das Unterlassen einer Antidottherapie mit Deferoxamin (Desferal®) Mutter und Fetus gefährden (McElhatton 1991, Olenmark 1987).

Empfehlung für die Praxis:

Grundsätzlich muss jede Schwangere mit einer Intoxikation so behandelt werden wie eine Nichtschwangere, d. h. alle therapeutischen Maßnahmen, die aus klinisch toxikologischer Sicht indiziert sind, sollten Anwendung finden. Allerdings sollte die Entgiftungsbehandlung aktuellen Richtlinien folgen. Die in den folgenden Kasuistiken beschriebenen Therapiemaßnahmen sind nicht immer aktuell, da es sich z.T. um „historische" Berichte handelt. Aufgrund neuer Erkenntnisse haben sich die Therapieempfehlungen bei Vergiftungen in den vergangenen Jahren teilweise grundlegend geändert. Da es den Rahmen dieses Buches sprengen würde, darauf einzugehen, sollten im Bedarfsfall kompetente Giftinformationszentren gefragt oder Fachbücher (z.B. Mühlendahl 2003) konsultiert werden.

2.22.3. Chemikalien

Arsen

Mehrere Fallberichte beschreiben Arsenvergiftungen bei Schwangeren nach dem 1. Trimenon. In den meisten Fällen waren die Neugeborenen gesund, sogar bei intoxikationsbedingten Enzephalopathien der Mutter. Es wurden jedoch auch letale Verläufe berichtet und Frühgeburten mit kurz darauf verstorbenem Neugeborenen (Bollinger 1992, Daya 1989, Lugo 1969, Kantor 1948).

Kohlenmonoxid (CO)

CO überwindet die Plazenta und kann im fetalen Blut zu vergleichbaren Konzentrationen wie im mütterlichen führen. Empirische Beobachtungen, tierexperimentelle Ergebnisse und theoretische Berechnungsmodelle zeigen, dass im Fetus mit einer mehrstündigen Verzögerung sowohl beim Anfluten als auch beim Abbau des CO zu rechnen ist. Erst nach etwa 14]–24 Stunden wird ein Gleichgewicht erreicht, die Eliminationshalbwertszeit ist beim Fetus 4- bis 5-mal länger als bei der Mutter (Übersicht in Barlow und Sullivan 1982).

ZNS-Schäden beim Fetus werden insbesondere dann beschrieben, wenn die Mutter bewusstseinseingeschränkt war bzw. eine Grad-4-oder -5-Symptomatik aufwies, auch dann, wenn sie sich rasch wieder erholte. Zu den möglichen späteren klinischen Auffälligkeiten beim Kind zählen mentale und motorische Entwicklungsretardierungen, aber auch schwere zerebralparetische Schädigungen. Der reife Fetus reagiert empfindlicher auf die CO-Intoxikation als der Embryo während der Organogenese.

Eine geringgradige akute Exposition der Mutter mit vorübergehenden, leichten Symptomen wie Kopfschmerzen und Übelkeit (entsprechend Grad 1–2) oder die chronische CO—Exposition, z.B. im Rahmen der beim Rauchen üblichen Belastungen (1 Packung Zigaretten/Tag oder bis etwa 30 ppm Raum—bzw. Stadtluft aufgrund gewerblicher—oder Umwelt—Exposition), resultiert in mütterlichen COHb-Konzentra—tionen von 2–10% und ist offenbar nicht mit fetalen Schäden assoziiert (Koren 1991, Übersicht in Barlow 1982). Der Fetus einer Raucherin toleriert eine zusätzliche CO-Exposition keineswegs besser, weil er bereits daran gewöhnt ist, denn seine Kompensationsfähigkeit ist möglicherweise schon ausgeschöpft.

Seit über 70 Jahren (Maresch 1929) gibt es Berichte über CO-Vergif-tungen in der Schwangerschaft, die sowohl unauffällige Verläufe, als auch Fruchttod und ZNS-Defekte beschreiben (Aubard 2000, Kopelman 1998, eigene Beobachtungen).

Abgesehen von den ZNS-Schäden sind teratogene, also fehlbildungs-auslösende Wirkungen des CO unwahrscheinlich.

Bedenken zur fetalen Verträglichkeit der Therapie der CO-Vergiftung mit der hyperbaren Oxygenierung wegen möglicher Retinaschädigung oder vorzeitigem Verschluss des Ductus arteriosus wurden geäußert, aber nicht bestätigt (Silverman 1997). Auf jeden Fall ist eine unterbehandelte schwere CO-Intoxikation das größere fetotoxische Risiko.

Empfehlung für die Praxis:

Aufgrund der stark verzögerten Kinetik des CO im fetalen Organismus und dem daraus resultierenden erhöhten Risiko hypoxischer ZNS-Schädigung beim Kind muss die Indikation zur hyperbaren Oxygenierung bei Schwangeren mit CO-bedingten Bewusstseinseinschränkungen großzügig gestellt werden. Die Therapie sollte länger durchgeführt werden, als es Symptome und CO-Konzentrationsverlauf bei der Mutter nahe legen. Jede Schwangere mit Bewusstseinseinschränkung durch CO, mit einer über 20 % liegenden COHb-Konzentration oder mit Abweichungen der fetalen Herzfrequenz (Dezele-rationen, Tachykardie, silente Herzfrequenz) muss so rasch wie möglich hyperbar behandelt werden und bis zum Beginn der Therapie 100% Sauerstoff erhalten. Da CO den Fetus stark verzögert erreicht und nur sehr langsam wieder abgebaut wird, ist auch ein um viele Stunden verzögerter Behandlungsbeginn bei bereits einsetzender Spontanbesserung mütterlicher Symptome noch sinnvoll und indiziert!

Methanol

Eine Methanol-Vergiftung in der Schwangerschaft kann den Fetus bei länger bestehender Azidose sekundär schädigen. Obwohl Methanol plazentagängig ist, scheint der Fetus zunächst durch seine langsamere Verstoffwechselung des Methanols zu dessen toxischen Metaboliten wie Formaldehyd relativ geschützt zu sein. Die klassische Therapie mit Ethanol i.v. exponiert natürlich auch den Fetus mit Alkohol und ist aufgrund der nicht auszuschließenden neurologischen Folgen, die vom „Binge-Drinking" und von der Tokolyse mit Alkohol bekannt sind, nicht als völlig unbedenklich zu bewerten. Daher wird neuerdings auch Fomepizol als alternatives Antidot vorgeschlagen (Velez 2003). Auf jeden Fall darf weder bei Methanol noch bei Ethylenglykol eine (Alko-hol-)Therapie aus falscher Rücksicht auf den Embryo unterbleiben (Tenenbein 1997). Ein Fallbericht mit Methanol-Intoxikation in der Spätschwangerschaft beschreibt ein gesundes Neugeborenes nach Behandlung der Mutter mit Ethanol, Hämodialyse und Alkalisierung (Hantson 1997). In einem weiteren Fall verstarben die Mutter und das per Sectio in Woche 30 entbundene Kind einige Tage nach der Geburt. Bei der azidotischen Mutter (pH 7,17) wurde nach 36 Stunden eine Alkohol-Therapie begonnen und erst am 3. Tag mit Fomepizol behandelt. Im Blut des azidotischen Neugeborenen (pH 6,9) fanden sich mit 61,6 mg/dl Methanol ähnliche Konzentrationen wie bei der Mutter (Belson 2004).

Organophosphate

Einige Fallberichte schildern akzidentelle und suizidale Überdosierungen mit unterschiedlichem Ausgang. Eine Mutter in Schwangerschaftswoche 19 berichtete, zwei Stunden nach Aufnahme von Chlorpyrifos in suizidaler Absicht keine Kindsbewegungen mehr gespürt zu haben. Nach anfänglicher Magenspülung wurde erst 10 Stunden später eine Intensivtherapie begonnen. Inzwischen war der Fetus verstorben. Außer niedrigen mütterlichen Pseudocholinesterase-Spiegeln fanden sich hohe Konzentrationen an Chlorpyrifos im fetalen Blut. Einige weitere Fälle einer Organophosphat-Intoxikation bei Schwangeren endeten mit der Geburt gesunder Kinder. In diesen Fällen erfolgte eine rasche Therapie, u.a. mit Atropin und Pralidoxim (Kamha 2005, Sebe 2005A). Eines dieser Kinder entwickelte sich bis zum Alter von 4 Jahren unauffällig.

Paraquat

In Berichten über 9 Schwangere, die in suizidaler Absicht größere Mengen des Herbizids Paraquat eingenommen hatten, wurde geschildert, dass kein Fetus und nur zwei Mütter die Intoxikation überlebten. Die Paraquat-Konzentrationen waren im Fetus höher als im mütterlichen Serum (Talbot 1987). Ein weiterer Fallbericht beschreibt die Einnahme von 80]–100 ml Paraquat in suizidaler Absicht in Schwangerschaftswoche 6. Die Mutter wurde erfolgreich u.a. mit Hämodialyse behandelt. Die Schwangerschaft schien sich unbeeinträchtigt weiter zu entwickeln, wurde aber in Woche 9 abgebrochen. Im embryonalen Gewebe fanden sich 0,25 μg/g und in der Amnionflüssigkeit 0,05 μg/ml Paraquat. Die mütterlichen Serumwerte sollen zu diesem Zeitpunkt deutlich darunter gelegen haben (initial waren es 4,8 μg/ml). Die Autoren diskutieren einen größeren Schutz des Embryos gegenüber Paraquat im Vergleich zum reifen Fetus. Sie weisen darauf hin, dass insbesondere bei Intoxikationen in der späteren Schwangerschaft der dann ohnehin stärker gefährdete Fetus ein für die Mutter riskantes Reservoir für rückflutendes Paraquat darstelle und unter diesem Aspekt ein Schwangerschaftsabbruch erörtert werden müsse (Tsatsakis 1996). Eine Ausnahme ist der Bericht über die Geburt eines reifen, gesunden und sich bis zum Alter von 5 Jahren normal entwickelten Mädchens, dessen Mutter in Schwangerschaftswoche 27 eine Überdosis Paraquat zu sich nahm und anschließend mit Kohle-Hämoperfusion, Hochdosis-Cyclo-phosphamid und Methylprednisolon behandelt wurde (Jenq 2005).

Thallium

Über rund 20 Fälle von Thalliumingestion in suizidaler Absicht oder zur Provokation eines Aborts wird berichtet, sowie kürzlich über einen Fall mit chronischer Intoxikation durch ein thalliumhaltiges Rodentizid am Arbeitsplatz. Die meisten Kinder überlebten die mütterliche Vergiftung bei adäquater Therapie der Mutter. Außer Alopezie scheinen Frühgeburt und intrauterine Wachstumsretardierung, nicht aber Fehlbildungen mögliche Folgen einer pränatalen Exposition - auch im 1. Trime-non - zu sein (Hoffmann 2000).

Wasserintoxikation

Vereinzelt gibt es Berichte zur Wasserintoxikation unter der Geburt, z. B. den Fall eines 6 Stunden alten Neugeborenen, das durch Krämpfe und eine Hyponatriämie mit 121 mmol/l auffiel (Mutter: 126 mmol/l). In diesem Fall hatte die Mutter wenige Stunden vor der Geburt 3 Liter Wasser getrunken. Die weitere Entwicklung des Kindes war unauffällig (West 2004).

2.22.4. Arzneimittel

Acetylsalicylsäure

Zur Überdosis mit Acetylsalicylsäure (ASS) in der Schwangerschaft gibt es nur wenige Verlaufsdokumentationen. Ein Fallbericht zur Einnahme von 16 g ASS in Woche 38 beschreibt bei der Mutter nach stationärer Aufnahme einen Salicylat-Spiegel von 31,7 mg/dl. Wegen fetaler Hypoxie mit Bradykardie bis 60/min und späten Dezelerationen wurde eine Entbindung per Kaiserschnitt vorgenommen. Die direkt davor ermittelte ASS-Konzentration bei der Mutter betrug nur noch 14 mg/dl. Beim Neugeborenen waren es jedoch 35,2 mg/dl. Der Nabelarterien-pH betrug 7,49, pCO2 27 mmHg und Bikarbonat 18 mmol/l, die weitere Entwicklung des Kindes bis zur Entlassung war unauffällig (Anonymus 2001).

Das teratologische Beratungszentrum Newcastle in Großbritannien hat 101 Schwangerschaften nachverfolgt. In 26 Fällen hatte die Mutter ausschließlich ASS genommen, in 75 Fällen Kombinationspräparate oder zusätzlich andere Medikamente. Nur ein Kind wies eine Fehlbildung (Fußdeformität) auf, 82 Neugeborene waren gesund (McElhatton 2001). Die in manchen Fällen bei der Mutter gemessenen ASS-Spiegel lagen über denen, die im Tierversuch bereits teratogene Schäden induzieren. Entwickelte die Mutter keine schweren toxischen Symptome, so traten weder fetale Blutungen noch Spontanaborte oder intrauteriner Fruchttod auf. Diese Befunde stehen im Gegensatz zu der in anderen Studien beobachteten Zunahme der Spontanabortrate nach therapeutischer Anwendung von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) wie ASS, Ibuprofen etc. (Li 2003, Nielsen 2001). Palatnick (1998) postulierte, dass aufgrund höherer Sensibilität gegenüber ASS der Fetus gefährdeter sei als die Mutter.

Empfehlung für die Praxis:

Generell muss die Mutter bei entsprechend hohen ASS-Spiegeln wie eine Nichtschwangere behandelt werden. Ein Schwangerschaftsabbruch aus Furcht vor einer Schädigung der Frucht ist i.A. nicht gerechtfertigt.

Antidepressiva

Trizyklische Antidepressiva, wie z.B. Amitriptylin und Dothiepin, können in Überdosis schwere toxische Symptome einschließlich Herzrhythmusstörungen und Krampfanfälle verursachen und hierüber auch den Fetus gefährden. In einer Fallserie des teratologischen Beratungszentrums Newcastle in Großbritannien mit 18 Schwangeren, die zwischen 150 und 1.000 mg Amitriptylin eingenommen hatten, kam es in 16 Fällen zur Geburt eines gesunden Kindes, ein intrauteriner Frucht-tod - wurde registriert und eine Schwangerschaft abgebrochen (McElhatton 2001). Von den gesunden Neugeborenen hatten 6 Mütter die Überdosis im 1. Trimenon eingenommen, 8 im 2. (davon hatten 3 mittlere bis schwere Vergiftungssymptome) und 2 im 3. Der intrauterine Fruchttod ereignete sich kurz nach einer Mischintoxikation mit schwerer Symptomatik in Woche 24.

Von 21 Schwangeren (ebenfalls Newcastle) mit Dothiepin-Überdosis nahmen 10 die Medikamente im 1. Trimenon, 8 im 2. und 3 im 3. ein. Zwei Mütter entwickelten schwere Vergiftungssymptome, eine hatte Krampfanfälle. Achtzehn gesunde Neugeborene wurden registriert, ein Neugeborenes wies ein systolisches Herzgeräusch auf (Exposition in Woche 23, zusätzlich Alkoholproblematik), jeweils eine Schwangerschaft endete mit Spontanabort und Abbruch. Zu den abortierten Feten lagen keine Untersuchungsbefunde vor.

Im Zusammenhang mit dem Serotoninwiederaufnahme-Hemmstoff Fluoxetin wurden ebenfalls 21 Schwangerschaften mit Überdosis nachverfolgt. In 16 Fällen erfolgte die Einnahme im 1. Trimenon. Unter diesen waren 13 Neugeborene unauffällig, 3 Kinder zeigten Auffälligkeiten: 1 kavernöses Hämangiom, 1 Hautanhängsel am Ohr plus Nävus an der Wange, 1 schwere ZNS-Fehlbildung. Da alle drei Mütter eine Mischintoxikation aufwiesen, ist ein kausaler Bezug zu Fluoxetin nicht ohne weiteres herzustellen (McElhatton 2001). Inzwischen liegen im Zentrum in Newcastle Informationen zu 160 Schwangeren mit Überdosierungen von Antidepressiva vor, die weiterhin keine Hinweise auf spezifische Effekte erkennen lassen (McElhatton, pers. Mitteilung 2003).

Empfehlung für die Praxis:

Da bei schwerer mütterlicher Symptomatik mit Krampfanfällen und Bewusstlosigkeit ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen besteht, muss die Mutter wie außerhalb der Schwangerschaft behandelt werden. Ein Schwangerschaftsabbruch aus Furcht vor einer Schädigung der Frucht ist nicht generell gerechtfertigt.

Bromide

Eine neonatale Bromid-Intoxikation mit Hypotonie und späterer normaler Entwicklung nach Einnahme einer hohen Dosis durch die Mutter am Ende der Schwangerschaft belegt die Anreicherung dieser Substanz im Fetus (Pleasure 1975).

Carbamazepin

Eine Carbamazepin-Intoxikation in Schwangerschaftswoche 33 in sui-zidaler Absicht führte zum Koma der Patientin und wurde mit Kohle und Plasmapherese behandelt. Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Fetus zeigten sich nach der Geburt nicht, Apgar und Nabelarterien-pH waren normal (Saygan-Karamursel 2005).

Colchicin

In Schwangerschaftswoche 34 nahm eine Frau 8 mg/kg Colchicin ein. Das Kind wurde 10 Stunden später per Sectio geboren, war gesund und wies nur einen sehr niedrigen Colchicinspiegel im Serum auf (< 5 ng/ml). Trotz intensivmedizinischer Maßnahmen verstarb die Mutter (Blache 1982).

Diazepam

Fallsammlungen zu Diazepam-Intoxikationen haben bisher kein spezifisches entwicklungstoxisches Risiko erkennen lassen (Cerqueira 1988). Ein Fallbericht beschreibt eine Schwangere in Woche 33, die ca. 100 mg eines Benzodiazepins, wahrscheinlich Diazepam eingenommen hatte. In ihrem Serum fanden sich 175 μg/l des Benzodiazepins, im Urin 303 μg/l. In der Kinetokardiotokographie etwa 8 Stunden nach Ingestion sah man erwartungsgemäß Phasen silenter bis eingeschränkt undulatorischer Oszillation der fetalen Herzfrequenz. Darüber hinaus fanden sich unmittelbar nach Klinikaufnahme Dezelerationen, die nicht mit Uteruskontraktionen einhergingen, sondern mit Phasen gesteigerter Kindsbewegungen. Die Basalfrequenz war dabei nicht besonders auffällig. Nach etwa 6 Stunden hatte sich dies, als Normalisierung gedeutet, wieder umgekehrt, d.h. es folgten Akzelerationen auf die Kindsbewegungen. Dieses von der Lage der Schwangeren unabhängige Phänomen wurde als passagere Hypoxämie infolge der Intoxikation gedeutet (Heinrich 1996).

Digitalis

Ein Fallbericht beschreibt eine Digitalis-Intoxikation mit 8,9 mg Digi-toxin im 7. Schwangerschaftsmonat. Nach Spontangeburt in Woche 30 verstarb das Kind am 3. Lebenstag. Beidseits fanden sich hämorrhagi-sche Infarkte der Nieren und degenerative neuronale Veränderungen im ZNS, die als hypoxische Folge der anhaltenden Bradykardie gewertet wurden (Sherman 1960).

Eisenpräparate

Es gibt mehrere Publikationen zur Eisen-Überdosierung in der Schwangerschaft (Tran et al., 2000, Tran et al., 1998, McElhatton et al., 1998, McElhatton et al., 2001, Lacoste1992 , Dugdale 1967). In einer Fallserie wurden 85 Schwangere mit Überdosis nachverfolgt. Sechs waren im 1. Trimenon exponiert, 37 im 2. und 41 im 3. Insgesamt gab es 73 Neugeborene ohne Fehlbildungen, 5 davon waren Frühgeborene, eines hatte einen angeborenen Genitalherpes und ein anderes - nach mütterlicher Eisen-Intoxikation in Schwangerschaftswoche 36/37 - einen ausgeprägten Neugebore-nenikterus. Fünf Kinder wiesen unterschiedliche Fehlbildungen auf, alle waren im 2. oder 3. Trimenon exponiert. Zwei Spontanaborte in Woche 22 und 29 wurden beobachtet, einer nach unmittelbar vorangehender Vergiftung, ein anderer nach einem Abdominaltrauma. Fünf Schwangerschaften wurden abgebrochen. Serumeisenspiegel wurden in 51 Fällen ermittelt, davon lagen 21 im mittleren toxischen Bereich (60]–89 mol/l) und 8 im hochtoxischen (>90 mol/l) (McElhatton 1998).

Eine Chelattherapie mit intravenös verabreichtem Deferoxamin ist indiziert, wenn der Serumeisenspiegel über 55 mol/l liegt, oder wenn eine Überdosis anzunehmen ist und die Schwangere krampft, bewusst-los oder im Schock ist. In diesen Fällen ist keine Serumeisenbestimmung abzuwarten.

In der o.g. Fallserie erhielten 41 Frauen Deferoxamin und 20 eine andere Entgiftungsbehandlung (Ipecac 10, Magenspülung 6, Aktivkohle 3, Bikarbonat 1). Alle Mütter überlebten. Es wurden keine toxischen Effekte durch Deferoxamin beobachtet. Ähnliche Ergebnisse wurden von anderen Autoren beschrieben (Khoury 1995, Turk 1993).

Empfehlung für die Praxis:

Ein erhebliches Risiko ist für den Fetus nicht gegeben, wenn die Mutter wie eine Nichtschwangere nach einer Eisenintoxikation adäquat behandelt wird. Allerdings sind aufgrund der geringen Fallzahlen zum 1. Trimenon keine abschließenden Aussagen zur Teratogenität zu machen. Ein Schwangerschaftsabbruch aus Furcht vor einer Schädigung der Frucht ist nicht gerechtfertigt.

Haloperidol

Nach einer Überdosis von 300 mg Haloperidol in Schwangerschaftswoche 34 wurden für einige Tage verminderte Kindsbewegungen im Ultraschall beobachtet. Das in Woche 39 geborene Kind entwickelte sich bis zum 18. Lebensmonat normal (Hansen 1997).

Ibuprofen

Zur Überdosierung von Ibuprofen in der Schwangerschaft gibt es nur wenige Verlaufsdokumentationen. In einer Fallserie mit 60 Schwangerschaften fanden sich ein Kind mit einer nicht teratogen verursachten Fehlbildung des weichen Gaumens (Überdosis in Woche 27), 4 Spontanaborte und 16 Schwangerschaftsabbrüche (McElhatton 2001). Inzwischen liegen bei McElhatton Informationen zu 100 Schwangeren mit einer Überdosis Ibuprofen vor. Von 73 Lebendgeborenen wiesen drei Kinder kardiale Anomalien auf. Dies sind zwar mehr als erwartet, die Fallzahl ist aber zu gering, um daraus einen Beleg für eine kausale Assoziation abzuleiten (McElhatton, pers. Mitteilung 2003). Die von anderen Autoren (Li 2003) nach therapeutischer Anwendung von NSAID beobachtete erhöhte Spontanabortrate wird in dieser Fallserie nicht bestätigt.

Empfehlung für die Praxis:

Schwangere mit Überdosierung von Ibuprofen müssen ebenso wie Nichtschwangere behandelt werden. Ein Schwangerschaftsabbruch aus Furcht vor einer Schädigung der Frucht ist nicht gerechtfertigt.

Paracetamol

Beim Erwachsenen wird Paracetamol zu einem aktiven Metaboliten verstoffwechselt, der in hohen Konzentrationen hepatotoxisch wirkt und nur begrenzt durch Konjugation mit Glutathion entgiftet werden kann. Diese Konjugationsleistung scheint der Fetus mit fortschreitender Schwangerschaft besser zu bewältigen. Die Metabolisierung des Paracetamols erfolgt in der fetalen Leber 10-mal langsamer als in der des Erwachsenen. Hierdurch bildet der Fetus weniger toxische Metabolite und ist dadurch relativ geschützt.

Vom teratologischen Beratungszentrum Newcastle in Großbritannien wurden 450 Schwangere mit Paracetamol-Überdosis erfasst und nachverfolgt (McElhatton 2001), davon 40 mit Kombinationspräparaten, die zusätzlich Dextropropoxyphen enthielten. In 140 Fällen erfolgte die Einnahme im 1. Trimenon.

Insgesamt 11 Kinder wiesen verschiedenartige Fehlbildungen auf, die nicht für eine Kausalbeziehung zwischen Einnahme und Auffälligkeit sprachen, zumal die Exposition jenseits des 1. Trimenons lag. Die Spontanabortrate war mit 8–10% nicht erhöht. Keines der Neugeborenen oder der untersuchten abortierten Feten wies Zeichen einer Leber- oder Nierenschädigung auf. Dies trifft auch auf ein Kind zu, dessen Mutter in Schwangerschaftswoche 32/33 zweimal so hohe Paracetamoldosen eingenommen hatte, dass eine Lebertransplantation erwogen wurde (Rosevaer 1989).

Soweit Daten zu Acetylcystein als Antidot vorliegen, deuten diese nicht auf eine spezifische entwicklungstoxische Eigenschaft hin.

Empfehlung für die Praxis:

Wie auch außerhalb einer Schwangerschaft muss in Abhängigkeit von der Serumkonzentration des Paracetamols unverzüglich mit einer Antidottherapie begonnen werden, und zwar im Interesse von Mutter und Fetus. Ein Aufschieben dieser Therapie hat in einzelnen Fällen zum Absterben des Fetus bzw. zum Tod der Mutter geführt. Andererseits gibt es keine Hinweise auf Fetotoxizität, wenn toxische Symptome bei der Mutter ausbleiben oder toxische Serumspiegel nicht erreicht werden. Daher ist in den weitaus meisten Fällen einer Paracetamol-Überdosis ein Schwangerschaftsabbruch aus Furcht vor einer Schädigung der Frucht nicht gerechtfertigt.

Podophyllotoxin

Podophyllotoxin, in hoher Dosis äußerlich aufgetragen, hat bei einzelnen Schwangeren zu psychiatrischer Symptomatik geführt, zu einem mütterlichen Todesfall, einem intrauterinen Fruchttod (Stoudemire 1981, Slater 1978, Montaldi 1974, Chamberlaine 1972, Ward 1954) und einer Fehlbildung mit Beteiligung von Extremitäten, Herz und Ohr nach Exposition zwischen Schwangerschaftswoche 5 und 9 (Karol 1980).

2.22.5. Tierische Gifte

Über etwa 90 Fälle von Schlangenbissen bei Schwangeren wird in der Literatur berichtet, nur in einem Teil davon wird der Verlauf detailliert beschrieben (Sebe 2005B, Langley 2004, Nasu 2004, Dao 1997, Pantanowitz 1996). Außerdem gibt es einige wenige Kasuistiken zu Spinnenbissen (Pantanowitz 1996). Genaueres zur Wirksamkeit der verschiedenen speziesabhängigen Neurotoxine, Zytotoxine und Hämatotoxine auf den Fetus ist nicht bekannt. Berichtet wird z. B. über vier Frauen in Sri Lanka, von denen in Schwangerschaftswoche 32 bis 34 je zwei von Kobras und Vipern gebissen wurden (James 1985). Drei der Frauen zeigten keine Vergiftungssymptome, sie bemerkten jedoch übereinstimmend eine starke Abnahme der Kindsbewegungen. Auch die fetale Herzfrequenz sank. Nach Gabe spezifischer Antiseren normalisierten sich Kindsbewegungen und Herzfrequenz innerhalb von 24 Stunden. Diese drei Mütter brachten termingerecht gesunde Kinder zur Welt. Die vierte Schwangere bemerkte ebenfalls innerhalb der ersten 24 Stunden eine Verlangsamung der Kindsbewegungen, sie wurde jedoch erst mit Antiserum behandelt, nachdem sich ein schweres Vergiftungsbild mit Hämolyse und Nierenversagen entwickelt hatte. Kurz darauf kam es zu einer Totgeburt. Die von den Schwangeren übereinstimmend beobachtete Verminderung der Kindsbewegungen zeigt, dass Schlangengift den Fetus anscheinend schon bei niedrigen Dosen erreicht, selbst wenn bei der Mutter keine Vergiftungssymptome zu beobachten sind. In einer anderen Fallserie mit vier Schwangeren in Burkina Faso kam es bei zweien zu einem intrauterinen Fruchttod. Eine dieser beiden Mütter starb selbst infolge einer schweren Gerinnungsstörung und Anämie (Dao 1997). Bei einer ebenfalls deutlich symptomatischen Mutter mit starker Beinschwellung, Okulomotoriusparese und Rhab-domyolyse nach Vipernbiss in Woche 10 kam es trotz Intensivtherapie zum Fruchttod (Nasu 2004).

Nur in einem Fall wird über Fehlbildungen eines Kindes berichtet, nachdem die Mutter im 3. Monat von einer Viper gebissen wurde. Das Kind hatte einen Hydrozephalus und zahlreiche andere Anomalien und starb kurz nach der Geburt (Pantanowitz 1996). Ein teratogenes Potenzial beim Menschen lässt sich aus dieser Kasuistik nicht ableiten. Zum intrauterinen Fruchttod bzw. Spontanabort kommt es in etwa der Hälfte der über 60 publizierten Verläufe. Der Anteil ist bei den mit Anti-serum Behandelten sogar etwas höher. Dies kann jedoch durch den zu unterstellenden schwereren Krankheitsverlauf verursacht sein. Auch Frühgeburt und Plazentaablösung mit oder ohne Koagulopathie können Folge von Schlangenbissen sein.

Zwei Kasuistiken zu Spinnenbissen (Schwarze Witwe) in der Schwangerschaft berichten über gesunde Neugeborene. Die Mütter waren mit Antiserum und symptomatisch behandelt worden (Übersicht in Pantanowitz 1996). Antiseren stehen bislang nicht im Verdacht, entwicklungstoxisch zu wirken. Sie können jedoch im Falle einer mütterlichen Anaphylaxie mittelbar auch den Fetus gefährden.

Ein Fallbericht über ein Kind mit multiplen Fehlbildungen, dessen Mutter im 3. Schwangerschaftsmonat von einer Biene gestochen wurde (Schneegans 1961), hat anekdotischen Charakter und belegt selbstverständlich keinen Kausalzusammenhang.

Empfehlung für die Praxis:

Die Behandlung mit Antiseren nach Schlangenoder Giftspinnenbissen darf nicht wegen der Schwangerschaft unterbleiben. Sie kann auch bei Fehlen von Vergiftungssymptomen der Mutter indiziert sein, wenn Unregelmäßigkeiten der fetalen Herzaktion oder eine Abnahme der Kindsbewegungen beobachtet werden.

2.22.6. Pilze

Nach Pilzvergiftung mit dem hochgiftigen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) erlitt eine Patientin im ersten Schwangerschaftsdrittel einen Abort (Kaufmann 1978). Das zyklische Oktapeptidtoxin Alpha-Ama-nitin hemmt die Proteinsynthese und kann über die Plazenta hinweg die fetale Leber schädigen. In einem weiteren Fall brachte eine Patientin nach Vergiftung im 8. Monat und erfolgreicher Behandlung mit Plas- mapherese ein gesundes Kind zur Welt (Belliadro 1983). Im Blut der zuletzt genannten Patientin ließ sich Alpha-Amanitin nachweisen, in der Amnionflüssigkeit gelang der Nachweis jedoch nicht. In weiteren Publikationen zu über 20 Knollenblätterpilz-Vergiftungen in der Schwangerschaft ergab sich bei adäquater Therapie der Mutter kein Anhalt für entwicklungstoxische Wirkungen (Schleufe 2003, Timar 1997). Ein gegenüber einer Kontrollgruppe niedrigeres durchschnittliches Geburtsgewicht wurde beobachtet (Timar 1997). Die Fallzahl ist allerdings zu gering, um dies eindeutig als intoxikationsbedingte intra-uterine Wachstumsretardierung zu interpretieren.

2.22.7. Andere pflanzliche Gifte

Obwohl eine große Zahl pflanzlicher Giftstoffe im Tierexperiment in einzelnen Spezies teratogen wirkt, wie z. B. Aflatoxine und Cytochala-sin B und D, gibt es bisher keine sicheren Anhaltspunkte dafür, dass diese Giftstoffe auch beim Menschen Fehlbildungen hervorrufen (Übersicht in Schardein 2000). In einer Untersuchung fand sich jedoch ein Zusammenhang zwischen erniedrigtem Geburtsgewicht und dem Nachweis von Aflatoxin im mütterlichen Blut (de Vries 1989).

Pflanzliche Heilmittel werden auch in der Schwangerschaft häufig eingenommen. Ein Bericht über ein Kind mit Androgenisierungs-erscheinungen nach mütterlicher Ginseng therapie (Koren 1990) lässt erahnen, dass ggf. auch pflanzliche Gesundheitsprodukte kritisch beobachtet werden müssen. Dafür spricht auch eine Publikation über Leberschäden bei einem Neugeborenen, dessen Mutter große Mengen Pflanzentees zu sich genommen hatte, die Pyrrolizidinalkaloide enthielten (Roulet 1988). Huflattich (z.B. in Bronchialtees) gehört zu den Pflanzen mit derartigen Alkaloiden. „Verunreinigungen" von Pflanzentees mit pyrrolizidinhaltigem Pestwurz werden ebenfalls diskutiert, stellen aber sicherlich nur bei exzessivem anhaltenden Konsum ein Problem dar (siehe auch Kapitel 2.19).

Wie langwierig die Klärung hypothetischer Assoziationen zwischen Fehlbildungen und Giften in Nahrung oder Heilmitteln pflanzlicher Herkunft sein kann, wird an dem von Renwick (1972) vermuteten Zusammenhang zwischen Neuralrohrdefekten (Exenzephalie, Spina bifida) und dem Verzehr von bräunlich verfärbten Kartoffeln deutlich. Es dauerte fast ein Jahrzehnt, bis zweifelsfrei gezeigt werden konnte, dass die genannten Fehlbildungen nicht Folge des Verzehrs von (verdorbenen) Kartoffeln waren (Übersicht in Schardein 2000).

2.22.8. Bakterielle Endotoxine

Zu bakteriellen Toxinen, wie sie bei Lebensmittelvergiftungen z.B. durch Staphylokokken, E. coli und Salmonellen vorkommen, noch zu anderen bakteriellen Toxinen (z.B. Diphtherie) gibt es Berichte über spezielle embryotoxische Auswirkungen nach Erkrankung der Mutter in der Schwangerschaft (Übersicht in Schardein 2000). Über 4 Mütter mit Botulismus im 2. oder 3. Trimenon wird berichtet (Polo 1996, Robin 1996, St Clair 1975). Keines der Kinder wies Schäden durch diese für die Mutter lebensbedrohliche Erkrankung auf. In einem Fall (Polo 1996) wird ausdrücklich erwähnt, dass die einzigen Bewegungen bei der zeitweise völlig gelähmten Mutter die des Fetus waren. Offenbar überwindet das Botulinum-Toxin die Plazenta nicht.

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2.23. Industriechemikalien und Umweltbelastungen

Zur Umwelt gehören die belebte und unbelebte Umgebung des Menschen. Umwelteinflüsse auf die Schwangere umfassen Fremdstoffe in der Atemluft, in der Nahrung und auf der Haut, im häuslichen Umfeld oder am Arbeitsplatz. Zu den Umwelteinflüssen gehören ferner physikalische Einwirkungen, wie ionisierende Strahlung, elektromagnetische Felder, Lärm, Ernährungs-, Freizeit- und Arbeitsgewohnheiten. Da die Wohnung formal betrachtet in Deutschland zur Umwelt gehört, werden Belastungen durch Schadstoffe in Raumluft durch die Umweltgesetzgebung geregelt.

2.23.1. Schadstoffe im Umfeld der Schwangeren

Für Schadstoffe in der Umwelt und chemische Substanzen am Arbeitsplatz sind Auswirkungen auf die vorgeburtliche Entwicklung viel schlechter untersucht als für Arzneimittel. Eine Unterscheidung zwischen Umwelt- und Arbeitsplatzschadstoffen ist nicht sinnvoll, da viele Umweltschadstoffe aus industriellen Prozessen freigesetzt werden. Bei der Risikobewertung von Umweltchemikalien kann deshalb zunächst auf die Informationen über gesundheitliche Risiken von Industriechemikalien zurückgegriffen werden. Diese sind nach dem Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben und werden im so genannten „Sicherheitsdatenblatt" zusammengefasst. Toxikologische Informationen beruhen überwiegend auf Ergebnissen von Tierexperimenten, nur in einigen Fällen liegen zusätzlich Ergebnisse von retrospektiven, epidemiologischen Studien vor, bei denen meistens aussagefähige Daten zum Ausmaß der Exposition fehlen (Übersicht in Schardein 2000, Spielmann 1986, Barlow 1982). Da nach der gesetzlichen Regelung für Industriechemikalien nur bei einem begründeten Verdacht reproduktionstoxikologische Tierexperimente durchgeführt werden müssen, fehlen nach Schätzungen des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) diese Daten bei 80 % der ca. 30.000 Industriechemikalien, die in der EU in einer Menge von jährlich mehr als 1 Tonne produziert werden (Höfer 2004).

Grundsätzlich ist es beruhigend, dass mit den verfügbaren epidemiologischen Methoden kein erhöhtes Fehlbildungsrisikos bei der in Mitteleuropa durchschnittlich vorkommenden Exposition mit Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt feststellbar ist. Kritischer zu sehen sind allerdings Industriegebiete, in denen beispielsweise Schwermetalle, persistierende Organochlorverbindungen oder organische Lösungsmittel verarbeitet werden mit potenziellen Auswirkungen auf die Fertilität, die Abortrate sowie die Entwicklung der Hirnleistung und des Immunsystems, Symptome, die teilweise erst im Kindes- oder Erwachsenenalter nachweisbar sind. In Einzelfällen wurde bei Vergiftungen der Mutter mit solchen Stoffen auch das ungeborene Kind schwer geschädigt. Deshalb sind der sorglose Umgang mit Schadstoffen und die unkritische Weiterbeschäftigung einer Schwangeren an potentiell belasteten Arbeitsplätzen weder aus medizinischer noch aus arbeitsrechtlicher Sicht akzeptabel.

In Deutschland werden die Maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen (MAK-Werte) für Industriechemikalien von der MAK-Werte-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geregelt (DFG 2005). Seit 1986 gibt die MAK-Werte-Kommission auch Empfehlungen für den Umgang mit Industriechemikalien in der Schwangerschaft am Arbeitsplatz, die kontinuierlich überarbeitet werden, und die wir auch als Grundlage der Bewertung ansehen. In diesem Kapitel werden einleitend die wichtigsten Schadstoffe mit ihren Wirkungen in der Gravidität vorgestellt und anschließend werden die MAK-Werte in der Schwangerschaft, soweit sie vergeben wurden, diskutiert.

2.23.2. Quecksilber (siehe auch Abschnitt 4.18.2)

Im Gegensatz zu den in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich gemessenen Konzentrationen von < 1 μg/l Quecksilber (Hg) im Blut, finden sich in Schweden und Japan aufgrund häufigeren Verzehrs belasteter Meerestiere höhere Durchschnittswerte, bei den Inuit (Eskimos) wurden sogar über 16 μg/l Hg im mütterlichen Blut und über 35 μg/l im Nabelschnurblut gemessen (Bjerregard und Hansen 2000).

Anorganisches Hg kann die Plazenta kaum überwinden, reichert sich aber in ihr an. Hingegen gelangt organisches Hg fast ungehindert durch die Plazenta. Hg findet sich vorwiegend in Gehirn, Leber und Niere. Die Höhe der Hg-Konzentration in den Organen des Fetus und Neugeborenen korreliert mit der Zahl der Amalgam-Füllungen der Mutter (Schiele 1999). Eine neuere Untersuchung zum Hg-Gehalt im Haar von Neugeborenen und ihren Müttern findet zwar erhöhte Konzentrationen bei Amalgam-Füllungen, jedoch keine Unterschiede zwischen Frauen mit alten Füllungen und Frauen, die während der Schwangerschaft neue Amalgam-Füllungen erhielten (Lindow 2003).

Hg-Vergiftungen in der Schwangerschaft.

Schwere vorgeburtliche Schädigungen durch organisches Hg wurden in den 50er Jahren in Minamata, Japan beobachtet. Stark Hg-haltige Industrieabwässer führten nach Methylierung des Hg durch Bakterien zur Anreicherung in Fischen. Mütter, die vor und besonders während der Schwangerschaft hochgradig belastete Fische verzehrt hatten, bemerkten meist nur leichte Parä-sthesien. Nach überwiegend normalem Schwangerschaftsverlauf waren die Kinder bei der Geburt unauffällig, aber im Alter von etwa sechs Monaten entwickelten sie Zeichen einer beginnenden, z.T. letal verlaufenden Zerebralparese. Neben diesen Symptomen der fetotoxischen Hirnschädigung, die in leichten Fällen nur durch mäßig ausgeprägte mentale Retardierung auffiel, kamen bei manchen Kindern noch Herz-, Skelett-, Augen- und Ohrfehlbildungen hinzu (Überblick bei Schardein 2000). Die Hg-Konzentration im Blut der Minamata-Kinder lag bei über 1.000 μg/l.

Berufliche Exposition.

Zahnärztliches Personal hat beruflich Kontakt mit Hg, daher wurden Störungen der Fruchtbarkeit vermutet. Eine kleine Studie mit Messung der individuellen Hg-Belastung fand eine signifikante Zunahme der Abortrate (Sikorski 1987), andere Untersuchungen konnten diesen Effekt nicht bestätigen. Eine Häufung von Fehlbildungen, mentaler Retardierung und anderen Funktionsstörungen ließ sich in keiner dieser Arbeiten nachweisen (Schardein 2000).

Mentale Entwicklung nach „normaler" Exposition.

Untersuchungen an 182 Schwangeren auf den Färöer Inseln zeigten, dass der Verzehr von Seefischen und stark belastetem Fleisch und Fett von Meeressäugern bei Säuglingen zu einer konzentrationsabhängigen Verschlechterung neurologischer Testergebnisse führte (Steuerwald 2000). Auch über kognitive Defizite bei 7-jährigen Kindern wurde im Zusammenhang mit mütterlichem Verzehr belasteter Fische berichtet (Grandjean 1997). Eine Untersuchung an 740 „normal exponierten" Mutter-Kind-Paaren auf den Seychellen erbrachte hingegen keine mit der Methylquecksilber-Exposition korrelierenden Entwicklungsdefizite bis zum Alter von 9 Jahren (Myers 2003). Das Bundesinstitut für Risikoabschätzung (BfR, früher BGA) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA (European Food Safety Authority (EFSA). Risikobewertung für Quecksilber in Fisch für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen: //www.efsa.eu.int/science/contam-panel/catindex-de.html

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