7.5/10
Originaltitel: Hanna
USA, DE, GB | 2011 | 102 Min. | FSK: ab 16
Action, Thriller, Drama
Regie: Joe Wright
Drehbuch: David Farr, Seth Lochhead
Besetzung: Saoirse Ronan, Eric Bana, Tom Hollander, Olivia Williams, Jason Flemyng, Cate Blanchett u.a.
Kinostart: 26.05.11
DVD/Blu-Ray VÖ: 08.12.11
Links zum Film:
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Wikipedia | film zeit
Bilder © Sony Pictures
Worum geht’s?
Tief in verschneiten finnischen Wäldern lebt Teenagerin Hanna abgeschnitten von der Außenwelt mit ihrem Vater, der sie mit hartem Training ausbildet wie eine Soldatin. Bereit für ihre erste Mission tritt sie im Alleingang erstmals hinaus in die Welt und reist quer durch Europa, während CIA-Agentin Marissa Wiegler und ihre Handlanger sie erbarmungslos jagen. Nach und nach enthüllt Hanna die Geheimnisse um Wiegler, ihre Familie und ihre eigene Identität.
Wie ist der Film?
Hauptdarstellerin Saoirse (asgesprochen: „Sierschä“) Ronan dürfte den Meisten aus Peter Jacksons „In meinem Himmel“ geläufig sein. Ihren Durchbruch, sowie eine Oscarnominierung, erzielte sie 2008 im Kriegs- und Liebesdrama „Abbitte“ von Regisseur Joe Wright, der eben auch für „Wer ist Hanna?“ verantwortlich zeichnet und die hochtalentierte Jungdarstellerin für ihren bisher größten und eindrucksvollsten Auftritt ein zweites Mal heranzog. Eric Bana („Hulk“, „München“) geht in seiner Rolle ebenfalls auf und hat als beinharter Trainer sowie liebender Vater vielleicht sogar einen seiner bis dato sympathischsten Leinwandauftritte. Die über Kritik nahezu erhabene Cate Blanchett glänzt als tragischer Bösewicht. Amüsant abgerundet wird die Besetzung durch skurrile Nebenfiguren, wie etwa der von Tom Holland („Der Solist“) gespielte Auftragskiller im merkwürdigen Outfit.
Weil das Drehbuch nur das Nötigste enthüllt, behält der Film stets seine interessante, leicht surreale Stimmung. Die elektronische Musikuntermalung von The Chemical Brothers funktioniert bestens und verleiht der ohnehin schon aufgeweckten Inszenierung voller komplexer Kamerafahrten einen zusätzlichen originellen Touch. „Wer ist Hanna?“ ist ein trotz auf den ersten Blick altbekannter Zutaten inspiriertes und erfrischendes, kurzweiliges und atmosphärisches Action-Drama mit spannenden Kulissen, attraktiver Besetzung und interessanten Charakteren, das an den richtigen Stellen auch mal Humor beweist und sich durch gewitzte Märchen-Anleihen sowie behutsam integrierte Coming-of-Age-Elemente auszeichnet. Einer der ersten Hoffnungsträger für das zur Hälfte abgelaufene Kinojahr 2011.
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Wie lange wird die Menschheit noch existieren? Gibt es intelligentes Leben auf anderen Planeten? Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es Gott? Und: was haben die Illuminati damit zu tun? Fragen, die sich irgendwann jeder einmal stellt. Wir beschäftigen uns diesmal jedoch mit einer ganz anderen. Wir fragen uns heute nämlich: Wer zum Teufel ist Hanna?
Wer den Trailer gesehen hat, weiß schon mal so viel: Hanna (Saorise Ronan) ist ein hübsches, unscheinbares Mädchen, das von ihrem Vater (Eric Bana) in einer kleinen finnischen Waldhütte ohne Elektrizität oder fließendem Wasser aufgezogen wird. Ach, ja – und nebenbei wird sie von ihm in diversen Kampftechniken, dem Umgang mit allen möglichen Waffen und der Anwendung mehrerer Sprachen ausgebildet. Eine ganz normale Erziehung eben. Auf dem Weg zu ihrer ersten Mission nach Deutschland wird sie nicht nur von der CIA, sondern auch von brutalen Söldnern sowie deren Auftraggeberin Marissa Wiegler (Cate Blanchett) gejagt und darf somit ihr ganzes Repertoire an Kampfkünsten anwenden und sich nebenbei noch auf die Suche nach ihrer Herkunft bzw. ihrer wahren Identität machen. Ein ganz normales Teenagerleben eben.
Zugegebenermaßen ist weder die kurze Zusammenfassung, noch der Trailer selbst sonderlich aufregend. Ein Kind, das zum Profikiller ausgebildet wird, haut mittlerweile niemanden mehr aus den Socken und ebenso eine vom Hass zerfressene, skrupellose CIA-Agentin mit deutschen Wurzeln, die ohne mit der Wimper zu zucken alles tut und jeden beseitigt, nur um an dieses Kind zu kommen. Umso überraschender bzw. unerwartet ist jedoch, dass der Film von der ersten Sekunde an spannend, intelligent, authentisch und vor allem mit hervorragenden Schauspielern besetzt ist. Allen voran natürlich Saorise Ronan als Hanna: Die irische Schauspielerin hat ja schon im zarten Alter von 13 bewiesen, dass sie ein Ausnahmetalent ist – da heimste sie nämlich zum ersten Mal eine Oscarnominierung (für Abbitte) ein. Cate Blanchett kann sowieso Alles und Jeden hervorragend spielen und auch Eric Bana überzeugt als Ex-CIA Agent.
Obwohl der Film Wer ist Hanna? heißt, steht diese Frage glücklicherweise nicht immer im Vordergrund. Das Spannungslevel des gesamten Handlungsverlaufs ist konstant derart hoch, dass man sich immer wieder daran erinnern muss, dass man ja wirklich nicht weiß, wer dieses äußerlich zerbrechliche Mädchen eigentlich ist. Regisseur Joe Wright ist hier ein ganz besonderes Werk gelungen. Neben den Schauspielern hat vor allem auch der Location-Scout grandiose Arbeit geleistet. Die Drehorte sind nicht nur clever, sondern vor allem ungewohnt künstlerisch gewählt – egal ob man sich im eiskalten finnischen Wald, in einem Märchenhaus oder gar im Rachen eines Wolfes befindet (wortwörtlich!) – Kamera und Schnitt sind stellenweise so beeindruckend, dass man eher an einen Experimentalfilm als an einen typischen Hollywood- Actionthriller denkt. Auch die zahlreichen Kampfszenen und Verfolgungsjagden sind erfrischend anders, denn hier lautet das Motto Realismus statt Übertreibung. Der Fokus liegt nicht auf Slow-Motion-Bullet-Time oder Superkräften inklusive halsbrecherischen (Stuntmen-)Sprüngen über entgleiste Zugwaggons, sondern um glaubhafte, clevere Faustkämpfe, in denen Wright beweist, dass Action nicht immer mit viel sinnentleerten Explosionen daherkommen muss und gezielt eingesetzt viel stimmiger und vor allem authentischer wirkt. Sahnehäubchen des ganzen Spektakels sind diverse Metaphern im Setdesign und ein toller Chemical Brothers-Soundtrack. Der Film ist alles andere als ein typisch billiges Actionvergnügen, vielmehr wagt er sich trotz nicht allzu innovativer Handlung in viele Ebenen, die man oftmals in (Hollywood-) Blockbustern vermisst: Kameratiefe, Perspektivenspiel, Spannung durch Schnitt und Action durch Musik. Wer ist Hanna? erzählt Thrill und Abenteuer in einer tiefergehenden Weise, als man es (im bisherigen Kinojahr) gewohnt sind.
Bleibt zum Abschluss noch die entscheidende Frage: Wenn der Film so grandios ist, warum dann nicht 10 Punkte? Nun, um in den Olymp der filmischen Perfektion aufzusteigen, muss man auf ganzer Linie überzeugen. Bei all der Liebe zum Detail, zur experimentellen Kamera und hervorragenden Schauspielleistung: Der Zuschauer wird leider nicht vollständig aufgeklärt. Weder die Motive der Charaktere, noch die wirklichen Umstände um das Mysterium ‚Hanna‘ werden entschlüsselt, was in Anbetracht des Titels ja fast einer Themenverfehlung gleicht. Negativ fällt auch die Darstellung der (deutschen) Bösewichte auf: nur weil als Drehort Berlin gewählt wurde, muss doch bitte nicht gleich eine Gruppe halbstarker Nazi- Skins und ihr Chef, ein Jogginganzug- tragender Quotenossi auftauchen, oder? Absolut unnötig! Dennoch ist Wer ist Hanna? ein ernst gemeinter Filmtipp – Wenn schon nicht im Kinosessel, dann zumindest zuhause auf der Couch mit einem Kübel selbstgemachtem Mikrowellenpopcorn sichten! Sofern man bis zum DVD-Release warten kann.
Regie: Joe Wright, Drehbuch: Seth Lochhead, David Farr, Darsteller: Saoirse Ronan, Cate Blanchett, Eric Bana, Olivia Williams, Tom Hollander, Laufzeit: 111 Minuten, Filmstart: 27.05.2011